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Strategieimplementierung

Forschungsstand und Entwicklungstendenzen

©2008 Diplomarbeit 74 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Strategieimplementierung ist zentraler Bestandteil des Strategischen Managementprozesses und von entscheidender Bedeutung für den Unternehmungserfolg. So wird häufig ausgeführt, dass die effektive Implementierung einer eher mittelmäßigen Strategie in jedem Fall der mittelmäßigen Implementierung einer guten Strategie überlegen ist.
Die vorliegende Arbeit soll gezielt auf das Forschungsfeld der Strategieimplementierung eingehen und Erkenntnisse der jüngeren Vergangenheit zusammenführen, um einen aktuellen Stand der Forschung beschreiben zu können. Dabei sollen auch Entwicklungstendenzen der Vergangenheit identifiziert und mögliche zukünftige Trends formuliert werden. Die Arbeit soll so einen Beitrag zur Bestandaufnahme der Forschungsrichtung leisten. Es wir dabei bewusst in Kauf genommen, Detailfragen oder Diskussionen nicht in vollem Umfang darstellen zu können. Aufgrund des Umfangs des Themas, wären Aussagen über Entwicklungen und übergreifende Trends im Rahmen dieser Arbeit sonst nicht möglich. Auch wird die explizite Diskussion von Instrumenten und Methoden der Strategieimplementierung, die gerade in praxisorientierten Veröffentlichungen Beachtung finden, hier ausgeklammert, zumal entsprechende Konzepte in der Regel theoretische Erkenntnisse aufgreifen bzw. widerspiegeln. Die Arbeit konzentriert sich daher auf theoretische Weiterentwicklungen der Implementierungsforschung und empirische Untersuchungen.
Im Speziellen sollen die folgenden Forschungsfragen die Untersuchung leiten und im Verlauf der Arbeit beantwortet werden:
Welche neuen Erkenntnisse wurden in den letzten zehn Jahren in der Implementierungsforschung vor dem Hintergrund kontingenztheoretischer Überlegungen gewonnen?
Welche grundsätzlichen Entwicklungstendenzen sind in diesem Zeitraum in der Implementierungsforschung zu beobachten?
Welche zukünftigen Trends und Perspektiven können aufgrund des identifizierten Forschungsstands formuliert werden?
Um diese Fragen beantworten zu können, sollen im ersten Schritt der relevante Kontext und begriffliche Grundlagen dieser Arbeit geklärt werden (Kapitel 2). Dazu wird zunächst die Strategieforschung im Allgemeinen vorgestellt und die Beziehung zwischen Formulierung und Implementierung einer Strategie thematisiert. Auf Basis einer Diskussion von Aufgaben und Inhalten der Implementierung wird abschließend eine geeignete Diskussion des Implementierungsbegriffs formuliert.
Im Anschluss werden die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Kontext und begriffliche Grundlagen
2.1 Strategie- und Implementierungsforschung
2.2 Strategieimplementierung im Strategischen Managementprozess
2.3 Definition Strategieimplementierung

3 Theoretische Grundlagen
3.1 Kontingenztheoretische Überlegungen
3.2 Strategie als Kontingenzfaktor
3.3 Weiterentwicklungen und Erweiterungen
3.4 Bedeutung für die Implementierungsforschung
3.5 Kritische Würdigung und Diskussion

4 Forschungsstand und Entwicklungstendenzen
4.1 Vorgehensweise der Untersuchung
4.2 Kontingenzfaktor Struktur
4.3 Kontingenzfaktor Management
4.4 Kontingenzfaktor Kultur
4.5 Kontingenzfaktor Politik & Kommunikation

5 Trends und Forschungsperspektiven

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang: Details zur Vorgehensweise der Untersuchung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Strategieimplementierung ist zentraler Bestandteil des Strategischen Managementprozesses und von entscheidender Bedeutung für den Unternehmungserfolg. So wird häufig ausgeführt, dass die effektive Implementierung einer eher mittelmäßigen Strategie in jedem Fall der mittelmäßigen Implementierung einer guten Strategie überlegen ist (Sterling 2003, S.27).

Die vorliegende Arbeit soll gezielt auf das Forschungsfeld der Strategieimplementierung eingehen und Erkenntnisse der jüngeren Vergangenheit zusammenführen, um einen aktuellen Stand der Forschung beschreiben zu können. Dabei sollen auch Entwicklungstendenzen der Vergangenheit identifiziert und mögliche zukünftige Trends formuliert werden. Die Arbeit soll so einen Beitrag zur Bestandaufnahme der Forschungsrichtung leisten. Es wir dabei bewusst in Kauf genommen, Detailfragen oder Diskussionen nicht in vollem Umfang darstellen zu können. Aufgrund des Umfangs des Themas, wären Aussagen über Entwicklungen und übergreifende Trends im Rahmen dieser Arbeit sonst nicht möglich. Auch wird die explizite Diskussion von Instrumenten und Methoden der Strategieimplementierung, die gerade in praxisorientierten Veröffentlichungen Beachtung finden, hier ausgeklammert, zumal entsprechende Konzepte in der Regel theoretische Erkenntnisse aufgreifen bzw. widerspiegeln. Die Arbeit konzentriert sich daher auf theoretische Weiterentwicklungen der Implementierungsforschung und empirische Untersuchungen.

Im Speziellen sollen die folgenden Forschungsfragen die Untersuchung leiten und im Verlauf der Arbeit beantwortet werden[1]:

- Welche neuen Erkenntnisse wurden in den letzten zehn Jahren in der Implementierungsforschung vor dem Hintergrund kontingenztheoretischer Überlegungen gewonnen?
- Welche grundsätzlichen Entwicklungstendenzen sind in diesem Zeitraum in der Implementierungsforschung zu beobachten?
- Welche zukünftigen Trends und Perspektiven können aufgrund des identifizierten Forschungsstands formuliert werden?

Um diese Fragen beantworten zu können, sollen im ersten Schritt der relevante Kontext und begriffliche Grundlagen dieser Arbeit geklärt werden (Kapitel 2). Dazu wird zunächst die Strategieforschung im Allgemeinen vorgestellt und die Beziehung zwischen Formulierung und Implementierung einer Strategie thematisiert. Auf Basis einer Diskussion von Aufgaben und Inhalten der Implementierung wird abschließend eine geeignete Diskussion des Implementierungsbegriffs formuliert.

Im Anschluss werden die Kontingenztheorie und relevante Weiterentwicklungen als geeignete theoretische Grundlagen in Bezug auf die Strategieimplementierung vorgestellt (Kapitel 3). Ausgehend von der Darstellung allgemeiner kontingenztheoretischer Überlegungen soll hier die grundsätzliche Verbindung zum Strategischen Management beschrieben und die Bedeutung des Forschungsansatzes für die Implementierungsforschung erläutert werden. Den Abschluss bildet eine kritische Würdigung dieser theoretischen Ansätze.

Zur Beantwortung der oben formulierten Fragen werden im Folgenden der Forschungsstand und die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit anhand aktueller Erkenntnisse beschrieben (Kapitel 4). Dazu werden relevante Veröffentlichungen aus ausgewählten Fachzeitschriften herangezogen und auf ihren Beitrag für die Implementierungsforschung hin untersucht. Die Analyse konzentriert sich dabei auf bestimmte Kontingenzfaktoren und berücksichtigt theoretisch-argumentative wie auch empirische Arbeiten. Auf Basis dieser Erkenntnisse sollen im Anschluss allgemeine Trends der Implementierungsforschung identifiziert werden (Kapitel 5). Dazu werden die zuvor beschriebenen Entwicklungstendenzen und Veränderungen der letzten Jahre zusammengeführt und diskutiert. Zum Abschluss soll auf mögliche Forschungsperspektiven hingewiesen werden.

Die Arbeit schließt mit einer kurzen Zusammenfassung, die den Gang der Arbeit reflektiert und noch einmal abschließend die zu beantwortenden Forschungsfragen aufgreift (Kapitel 6).

2 Kontext und begriffliche Grundlagen

Das folgende Kapitel soll den für diese Arbeit relevanten Kontext präsentieren und grundlegende Begriffe klären. Zunächst wird dazu kurz das Forschungsgebiet des Strategischen Managements im Allgemeinen thematisiert, um grundsätzliche Forschungsrichtungen aufzeigen und die Implementierungsforschung entsprechend einordnen zu können. Im Anschluss soll die Strategieimplementierung als zentrales Ele­ment des Strategischen Managementprozesses näher erläutert werden. Diese relativ globale Betrachtung wird abschließend um eine Diskussion verschiedener Definitionen des Begriffs „Strategieimplementierung“ ergänzt, um die tatsächlichen Aufgaben und Inhalte der Implementierung verdeutlichen zu können.

Ziel des folgenden Kapitels ist es somit, ein einheitliches Verständnis über Kontext und relevante Begrifflichkeiten zu schaffen. Zudem soll der Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit inhaltlich sinnvoll abgegrenzt werden.

2.1 Strategie- und Implementierungsforschung

Das Strategische Management als Grundlage und Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist eine vergleichsweise junge wirtschaftswissenschaftliche Disziplin. Erst in den 1960er-Jahren kann eine Entwicklung als eigenständiges Forschungsgebiet beobachtet werden (Hungenberg 2004, S.3). Der Forschungsfokus hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt: Nach anfänglichen Untersuchungen zur unternehmerischen und finanzorientierten Planung, wurden in den 1980er-Jahren Markt, Wettbewerb und Unternehmungsumwelt thematisiert (Ramos-Rodriguez/Ruiz-Navarro 2004). Diese marktorientierte Perspektive wurde in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend durch ressourcenorientierte Untersuchungen verdrängt (ebd.). In diesem Zusammenhang ist zudem auf den heterogenen Charakter des Forschungsgebiets hinzuweisen. So wurden Methoden und Erkenntnisse verschiedener teilweise verwandter Disziplinen, von der Spieltheorie bis zur Psychologie, integriert und haben so die Entwicklung entscheidend geprägt (Hungenberg 2004, S.57). In Bezug auf die Strategieimplementierung ist insbesondere auf eine enge Verbindung zur Organisationstheorie hinzuweisen (Hrebeniak/Joyce 2001, S.604). Auf eine weitergehende und detaillierte Auseinandersetzung mit der Evolution der Strategieforschung soll hier allerdings verzichtet und gezielt auf einzelne für die Beantwortung der Forschungsfragen und somit für die Implementierungsforschung relevante Aspekte der hier skizzierten Entwicklung eingegangen werden[2].

In Bezug auf das Strategische Management und die Strategieforschung ist dabei zunächst auf zwei unterschiedliche Forschungsrichtungen hinzuweisen: die Strategieinhaltsforschung und die Strategieprozessforschung (engl. „strategy content research“ und „strategy process research“). Diese Differenzierung zwischen inhalts- und prozessorientierter Forschung geht auf Bourgeois (1980) zurück, der die unterschiedliche Ausrichtung der Forscher durch deren heterogenen wissenschaftlichen Hintergrund begründet sah (Dess/Lumpkin 2001, S.3). Während so beispielsweise volkswirtschaftlich orientierte Forscher eher an der Frage nach dem Strategieinhalt und der Positionierung der Unternehmung in einem umwelt- oder marktbezogenen Kontext interessiert sind, konzentrieren sich verhaltenswissenschaftlich geprägte Forscher eher auf den Strategieprozess und die damit verbundenen Interaktionen zwischen Individuen, deren Beziehungen und Entscheidungen (Bourgeois 1980, S.26). Die Unterscheidung zwischen „process“ und „content“ hat in der Empirie und zahlreichen Publikationen Beachtung gefunden und soll näher erläutert werden[3].

Der Fokus der Strategieinhaltsforschung („strategy content“) liegt auf der Frage, was eine Unternehmung in Bezug auf die Strategie entscheidet (Knyphausen-Aufseß 1996, S.38). Inhaltliche Aspekte und die eigentliche Strategie als Ergebnis eines Strategieprozesses stehen im Vordergrund der Analyse, die sich auf Unternehmung, Umwelt und die Schnittstelle zwischen beiden fokussiert (Chakravarthy/Doz 1992, S.5). Es soll so entschieden werden, welche strategische Position unter bestimmten Umweltbedingungen zu einer optimalen Performance der Unternehmung führt (ebd.). Unterschiedliche Strategietypen werden auf Ihren möglichen Beitrag zum Unternehmungserfolg untersucht. Mögliche Beispiele sind u.a. Diversifikations-, Akquisitions-, Kostensenkung und Internationalisierungs- oder Globalisierungsstrategien. Zu den zentralen Werken der inhaltsorientierten Forschung zählt u.a. Porter (1980), der mit seinen generischen Unternehmungsstrategien (Kostenführerschaft, Diversifikation) mögliche vorteilhafte Entwicklungsrichtungen einer Unternehmung aufzeigt. An dieser Stelle ist zudem auf die Strategietypologie nach Miles/Snow (1978) hinzuweisen. Die Autoren unterscheiden vier zu beobachtende Muster bzw. typische Ausprägungen von Strategien (Prospector, Analyser, Defender und Reactor) und entsprechende Ausrichtungen der Unternehmungen (Miles/Snow 1978, S.551ff.). Diese Strategietypen werden in der Literatur häufig zitiert und auch - wie die Untersuchung zeigen wird - in der aktuellen Empirie regelmäßig genutzt.

Die Strategieprozessforschung („strategy process“) konzentriert ihre Anstrengungen hingegen auf die Frage, wie Strategien erreicht und implementiert werden, d.h. wie in Unternehmungen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden (Knyphausen-Aufseß 1996, S.38). Untersuchungsgegenstand der Prozessforschung sind damit primär Entscheidungsprozesse („strategic decision making“) und Veränderungsprozesse („strategic change“) (Dess/Lumpkin 2001, S.4f.)[4]. Es soll so die Frage beantwortet werden, wie die optimale Strategie geformt, validiert und schließlich implementiert wird (Chakravarthy/Doz 1992, S.5). Die Prozessforschung berücksichtigt dabei durchaus den Inhalt und die Arten von Entscheidungen (Schendel 1992, S.2). In relevanter prozessorientierter Literatur finden so die Themen strategischer Wandel, Entscheidungsprozesse und Entscheidungsfindung, die Implementierung von Strategien und ein übergreifender Strategischer Managementprozess von der Definition bis zur Realisierung einer Strategie entsprechend Beachtung (Johnson 2007, S.16). Zu zentralen Werken können u.a. Pettigrew (1985) und Quinn (1980) gezählt werden, die sich umfassend mit dem Prozess des Strategischen Managements, Entscheidungs- und Veränderungsprozessen auseinander setzen (Pettigrew 1992, S.6f.). Aufbauend auf einem zunächst linearen und vollständig rationalen Prozessverständnis, entwickelten insbesondere Mintzberg (1979) und Quinn (1980) einen inkrementell geprägten Managementprozess, der mit einer nicht vollständigen Rationalität und begrenzten kognitiven Fähigkeiten des Managements realistischere Annahmen trifft und die formulierte Kritik an vorherigen Überlegungen aufgreift (Hungenberg 2004, S.13).

Die hier beschriebene klare Unterscheidung zwischen „strategy content“ und „strategy process“ ist dabei nicht unumstritten (Barney 1992, S.56). So wird aus Perspektive des Ressourcenbasierten Ansatzes argumentiert, dass allein die Existenz von geeigneten Ressourcen bzw. Fähigkeiten für Wettbewerbsvorteile und die Definition einer darauf aufbauenden Strategie nicht ausreichen (ebd.). Es müssen gleichzeitig auch Fähigkeiten vorhanden sein, die notwendig sind, um die so definierte vorteilhafte Position auch erreichen und die Strategie umsetzen zu können (Schendel 1992, S.2f.). Während so zwar eine Untersuchung des Strategieprozesses unabhängig von Inhalten möglich ist, führt die Konzentration auf Inhalte ohne Berücksichtigung der anschließenden Realisierung zu Problemen.

Diese Arbeit orientiert sich aufgrund der Themenstellung und der entwickelten Forschungsfragen im weiteren Verlauf der Untersuchung an der Strategieprozessforschung. Im Fokus steht daher zunächst die Frage, wie eine Strategie innerhalb der Unternehmung entwickelt und realisiert wird. Zu betrachten ist daher der Prozess des Strategischen Managements, in den insbesondere die Strategieimplementierung in einem nächsten Schritt einzuordnen ist. Dieses soll im folgenden Abschnitt erfolgen.

2.2 Strategieimplementierung im Strategischen Managementprozess

Ausgehend von der vorhandenen Literatur der Strategieprozessforschung soll in diesem Abschnitt ein generischer Prozess des Strategischen Managements vorgestellt werden. Dabei soll auf einzelne Phasen des Prozesses und auf etwaige Diskussionen mit Relevanz für den weiteren Verlauf dieser Arbeit eingegangen werden. Die dabei gewählte rational-entscheidungsorien­tierte Prozessperspektive ist im deutschen wie auch im angloamerikanischen Raum die wohl am weitesten verbreitete Basis für Konzeptionen im Strategischen Management und erscheint vor dem Hintergrund der formulierten Forschungsfragen als geeignete Perspektive (Raps 2004, S.20).

Das Strategische Management kann als Prozess verstanden werden, in dessen Zentrum sowohl die Formulierung als auch die Umsetzung von Strategien steht (Hungenberg 2004, S.9f.). Dieser Prozess umfasst diverse Aktivitäten, die dazu beitragen strategische Ziele der Unternehmung zu entwickeln und zu erreichen, und die in der Regel einzeln zu identifizierenden Phasen eines Strategischen Managementprozesses zugeordnet werden können (Dess/Lumpkin 2001, S.4). Diese Phasenstruktur ist u.a. auf die Arbeit von Nutt (1983) zurückzuführen, der ein theoretisches Referenzmodell entwickelt und im Rahmen seiner Studie überprüft (Welge/Al-Laham 2006, S.83). Das Modell unterscheidet die Phasen der Formulierung, Konzeptentwicklung, Detaillierung, Evaluation und der Implementierung (ebd.). Eine entsprechende oder zumindest ähnliche Unterteilung findet sich wohl in nahezu jedem grundlegenden Lehrbuch zum Strategischen Management, so z.B. auch bei Hungenberg (2004). Der Autor unterscheidet die Phasen der Strategischen Analyse, der Strategieformulierung und Auswahl und der Strategieimplementierung (Hungenberg 2004, S.10). Ein vergleichbares Verständnis des Strategieprozesses findet sich auch bei Welge/Al-Laham (2006), die folgende Schritte eines Strategischen Managementprozesses definiert: Strategische Zielplanung, Strategische Analyse, Formulierung und Bewertung, Strategieimplementierung und Strategiekontrolle (Welge/Al-Laham 2006, S.96f.). Die Zielplanung umfasst hier die Entwicklung von Vision und Zielen, die Analyse bezieht sich auf Unternehmung und Umwelt gleichermaßen und die Formulierung fasst die Entwicklung, Abstimmung und Selektion der eigentlichen Strategie zusammen. Die Implementierung beziehen die Autoren auf eine Umsetzung und Durchsetzung der Strategie, während die Kotrolle die Ausrichtung auf formulierte Ziele sicherstellen soll (ebd.). Alternative Modelle beschreiben ebenfalls zunächst die Phase einer strategischen Analyse und Auswahl sowie eine darauf folgende Phase der Strategieumsetzung, die beide im Rahmen eines Feedbacksystems durch ein strategisches Controlling begleitet werden (Pearce/Robinson 2007, S.291f.). Steinmann/Schreyögg (2002) unterteilen den Prozess in die Phasen Umweltanalyse, Unternehmungsanalyse, strategische Optionen, strategische Wahl, strategische Programme und Realisation (Steinmann/Schreyögg 2002, S.172). Auch hier ist eine strategische Kontrolle parallel zum gesamten Prozess vorgesehen (ebd.).

Charakteristisch für alle hier vorgestellten und auch andere häufig genutzte Prozessmodelle ist die klare Trennung von Strategieformulierung und Strategieimplementierung. Diese Trennung kann auf die so genannte Harvard- bzw. die Planning-/Design-School zurückgeführt werden (Knyphausen-Aufseß 1996, S.38). Entsprechende Ausführungen sind u.a. in den Veröffentlichungen von Learned et al. (1965) und Andrews (1971) zu finden (ebd.). Kern der Überlegungen dieser Denkschule war es, die Strategie „im Klassenraum“ zu entwickeln, während eine Umsetzung Anderen außerhalb des Klassenraums zufiel (Mintzberg 1990, S.184f). Analog wird an der Unternehmungsspitze die Strategie der Unternehmung entwickelt, während die restliche Organisation allein mit der Umsetzung dieser Strategie beauftragt wird - Bourgeois/Brodwin (1984) sprechen hier auch von der Differenzierung zwischen Denkenden („thinkers“) und Handelnden („doers“) (Bourgeois/Brodwin 1984, S.242).

Die Beziehung zwischen Strategieformulierung und -implementierung wurde von verschiedenen Autoren diskutiert (Bower 1982, Mintzberg 1990). Auch wenn an dieser Stelle eine umfangreiche Behandlung der Sichtweisen unterschiedlicher Denkschulen und der grundsätzlichen Diskussion zwischen Planern und Inkrementalisten (vgl. u.a. Bresser 1998, S.519) zu weit führen würde, sollen kurz zentrale Argumente und wichtige Überlegungen vorgestellt und diese auf Implikationen für die vorliegende Arbeit untersucht werden.

Insbesondere Mintzberg (1990) kritisiert die Trennung von Strategieformulierung und Strategieimplementierung („think first, then do“) und argumentiert, dass das Management weder über notwendige vollständige Informationen verfügt, noch die Zukunft ausreichend sicher prognostizieren kann (Mintzberg 1990, S.186). Die Ausführungen Mintzbergs über emergente, nicht explizit geplante Strategien einer Unternehmung münden in der Diskussion des Begriffs der „Strategieentwicklung“ („strategy formation“), den Mintzberg als Alternative zur plandeterminierten Formulierung und der entsprechenden Abgrenzung der Implementierung anführt (Mintzberg 1990, S. 146ff.). Andere Autoren kritisieren diese von Mintzberg geforderte Zusammenfassung bzw. die gemeinsame Betrachtung von Formulierung und Implementierung (Hrebeniak/Joyce 2001, S.603). So sind beide Prozessschritte zwar logisch eng miteinander verbunden, so dass ein überragender Unternehmungserfolg auch nur nach dem erfolgreichen Durchlaufen beider Phasen zu erreichen ist (Wheelen/Hunger 2008, S.46). Gleichzeitig sind Formulierung und Implementierung aber komplementär, weitgehend voneinander unterscheidbar und können daher auch separat in der Forschung diskutiert werden (Bresser 1998, S.519). Eine strikte Trennung und eine vollkommen isolierte Analyse sind so aufgrund der engen Beziehung zwischen Formulierung und Implementierung zwar wenig sinnvoll, gleichzeitig ist aber eine Zusammenfassung ebenfalls nicht funktional und eher verwirrend (Hrebeniak/Joyce 2001, S.603). Die Strategieformulierung und die Strategieimplementierung sollten so als die zwei Seiten einer Medaille verstanden werden, die praktisch wie theoretisch eng miteinander verbunden sind und denen beiden die notwendige Beaachtung geschenkt werden sollte (Wheelen/Hunger 2008, S.46). Auch wenn nicht alle Autoren so weit wie Mintzberg (1990) gehen, wird in der Regel festgestellt, dass der Strategische Managementprozess keine strikte Abfolge klar trennbarer sequentieller Prozessschritte bzw. Phasen, sondern ein eher iterativer und sich teilweise auch überlappender Prozess ist (Welge/Al-Laham 2006, S.97). Problematisch an einem entsprechenden Phasenmodell werden so allgemein die Unterstellung einer zeitlichen, logischen oder systematischen Reihenfolge von Entscheidungen sowie die möglicherweise realitätsferne klare Abgrenzung einzelner Phasen gesehen (Witte 1968). Bereits vor einigen Jahren wurde zudem darauf hingewiesen, dass die hier aufgezeigte Grenze zwischen Strategieformulierung und -implementierung zunehmend zu verschwimmen scheint (Knyphausen-Aufseß 1996, S.39). Die strikte Trennung zwischen Formulierung und Implementierung ist somit offenbar eher gedanklicher Natur und wohl primär aus didaktischen Gründen sinnvoll (Raps 2004, S.24). In der Realität sind so beide Prozessphasen zwar separate und unterscheidbare Teile des Strategieprozesses, beeinflussen sich im Rahmen eines kontinuierlichen Managementprozesses aber stetig gegenseitig (Hrebeniak/Joyce 2001, S.603).

Unabhängig von dem Ergebnis dieser Diskussion und von einer Einigung über die Beziehung zwischen Formulierung und Implementierung, kann gesagt werden, dass im Rahmen des Strategischen Managementprozesses grundsätzlich irgendwann eine Implementierung bewältigt werden muss - selbst inkrementell entwickelte Strategien erfordern begleitende Implementierungsaktivitäten (Bresser 1998, S.519). Aufgrund des unbestrittenen sachlogischen Zusammenhangs zwischen beiden Prozessphasen ist allerdings auf die feste Reihenfolge hinzuweisen: erst mit Beginn wenigstens erster Formulierungsaufgaben, existiert logischerweise etwas zu Implementierendes (Welge/Al-Laham 2006, S.19). Ob die Implementierung aber nach oder bereits während der Strategieformulierung beginnt, ist für den weiteren Verlauf dieser Arbeit nicht entscheidend. Die Strategieimplementierung wird somit für den weiteren Verlauf dieser Arbeit ganz allgemein als eine auf die Strategieformulierung aufbauende Phase des Strategischen Managementprozesses verstanden und wird trotz möglicher Vorbehalte separat betrachtet.

Nachdem der relevante Kontext umschrieben und eine grobe Einordnung der Strategieimplementierung in einen allgemeinen Strategischen Managementprozess erfolgt ist, soll im Folgenden die Implementierung selbst definiert werden.

2.3 Definition Strategieimplementierung

Der folgende Abschnitt soll der Frage nach Inhalte und tatsächlichen Aufgaben der Strategieimplementierung nachgehen und diese beantworten. Dazu sollen verschiedene Definitionen des Begriffs „Strategieimplementierung“ vorgestellt und diskutiert werden, um so verdeutlichen, was konkret unter der „Implementierung einer Strategie“ verstanden wird. Mit dem Abschnitt sollen ein einheitliches Verständnis über das Thema und zentrale Begrifflichkeiten erreicht und der eigentliche Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sinnvoll eingegrenzt werden.

Zunächst ist anzumerken, dass sich in der Prozess- bzw. Implementierungsforschung bisher keine allgemeingültige Definition des Begriffs „Strategieimplementierung“ durchgesetzt hat (Raps 2004, S.27f.). Die Interdisziplinarität und Offenheit des Forschungsgebiets und der Einfluss unterschiedlichster Forschungsperspektiven auch auf entsprechende Definitionen erschwert aufgrund jeweils verfolgter Forschungsziele und Ausrichtung offenbar die Entwicklung eines einheitlichen Begriffsverständnisses (Hrebeniak/Joyce 2001, S.604). Die Annäherung an eine möglichst eindeutige, trennscharfe und für diese Arbeit zielführende Definition soll daher zunächst über die Identifikation von Aufgaben innerhalb der Implementierungsphase erfolgen.

Während bspw. Ansoff (1988) die Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten, die Diagnose der Managementkapazität, die Planung strategischer Veränderungen, die Balance zwischen strategischer Flexibilität und operativer Steuerung sowie den Umgang mit Widerständen im Rahmen der Implementierung (also ein Krisen- und Konfliktmanagement) als zentrale Aufgaben der Strategieimplementierung sieht (Ansoff 1988, S.163ff.), setzen andere Autoren davon abweichende Schwerpunkte. Forscher der schon angesprochenen Harvard-School um Learned und Andrews sehen die Anpassung von Strukturen und Systemen, die Anpassung verhaltensbezogener Komponenten und die personelle und organisatorische Gestaltung der obersten Führungsebene als wichtige Inhalte der Implementierungsphase (Learned et al. 1965). Hrebeniak/Joyce (2001) greifen die Anpassung von Strukturen und Systemen auf und bezeichnen die Entwicklung einer effektiven Organisation und einer geeigneten Kultur als Aufgabe der Implementierung (Hrebeniak/Joyce 2001, S.605). Es wird deutlich, dass sich die Implementierung einer Strategie offenbar aus eher verhaltensbezogenen und sachbezogenen Elementen zusammensetzt. Von einigen Autoren wird hier sogar explizit zwischen Durchsetzung, also der Erreichung einer verhaltensbezogenen Akzeptanz und Realisierung einer Strategie durch die Organisation, und Umsetzung, der Spezifizierung und Konkretisierung einer entwickelten Strategie, differenziert (Kolks 1990, S.79). Bresser (1998) führt aus, dass gerade diese sachorientierten Aufgaben zentrale Aktivitäten einer Implementierung sind und nennt Programme, Prozeduren und Budgets als Beispiele für die Operationalisierung der Strategie (Bresser 1998, S.519). Es wird in diesem Zusammenhang auch von kurzfristigen Aktionsplänen, Taktiken und Arbeitsanweisungen oder Vorschriften und einer damit einhergehenden Übersetzung einer theoretischen Strategie in tatsächlich umsetzbare Handlungen gesprochen (Pearce/Robinson 2007, S.291f.). Die Autoren bezeichnen die Implementierung daher auch als Aktionsphase („action phase“) des Strategischen Managements (ebd.). Einige Autoren (vgl. Floyd/Woolridge 1992, Wind/Robertson 1983) beschränken sich in ihren Ausführungen teilweise auf diesen Sachaspekt, vernachlässigen die Verhaltenskomponente und beschreiben Strategieimplementierung als Ausführung eines zuvor eindeutig artikulierten strategischen Plans (Noble 1999, S.119).

Die Ausführungen über Aufgaben und Inhalten der Implementierung deuten darauf hin, dass eine Strategieimplementierung zu Veränderungen führt oder als Transformation von einem Ist- zu einem Soll-Zustand verstanden werden kann (Raps 2004, S.27). Welge/Al-Laham (2006) sprechen daher auch (sehr allgemein) von Lern- und Veränderungsprozessen im Rahmen einer Strategieimplementierung (Welge/Al-Laham 2006, S.73ff.). Die folgenden häufig zitierten Definitionen bündeln die oben ausgeführten Gedanken und sollen das bisher entwickelte Verständnis von „Strategieimplementierung“ detaillieren. Die Definitionen sollen dabei die Grundlage für eine im Anschluss zu entwickelnde eigene Definition bilden.

- de Witt/Meyer (2004, S.208): „[The field addresses] the existence of various factual and personnel change barriers which have to be identified and handled by implementation. Implementation management is barrier management.“
- Hungenberg (2004, S.10): „Um Strategien zu verwirklichen, müssen in einem Unternehmen konkrete Handlungen geschehen. Aufgabe der Implementierungsphase im Rahmen des Strategischen Managements ist daher sicherzustellen, dass diese Handlungen auch erfolgen. [...] Die Implementierung sorgt dafür, dass die angestrebte Strategie auch umgesetzt wird.“
- Hrebeniak/Joyce (1984, S.3): „Implementation is a series of interventions concerning organizational structures, key personnel actions, and control systems designed to control performance with respect to desired ends.“
- Kotler (2001, S.36): „Implementation is the process that turns plans into action assignments and ensures that such assignments are executed in a manner that accomplishes the plan’s stated objectives.“
- Stonich (1982, S.XVII): „In der Formulierung wird die künftige strategische Stoßrichtung des Unternehmens vorgegeben, während die Strategieimplementierung determiniert, wie ausgehend vom Status quo die Transformation zur zukünftigen Soll-Positionierung zu vollziehen ist.“
- Welge/Al-Laham (2006, S.23): „[Die Strategieimplementierung] umfasst alle Aktivitäten in einer Unternehmung, die darauf gerichtet sind, die geplante Strategie umzusetzen, also z.B. Gestaltung der Strukturen und Prozesse in einer Unternehmung oder die Auswahl der Führungskräfte, die für die Strategieimplementierung verantwortlich sind.“
- Wheelen/Hunger (2008, S.40): „Strategy implementation is the sum total of the activities and choices required for the execution of a strategic plan. It is the process by which objectives, strategies and policies are put into action through the development of programs, budgets and procedures.“

Nach der Betrachtung dieser alternativen Definitionen kann zunächst zusammenfassend festgehalten werden, dass die folgenden Komponenten in unterschiedlicher Ausprägung und Gewichtung in den verschiedenen Definitionen aufgegriffen werden und eine offenbar dominante Rolle bei der Umschreibung der Inhalte und Aufgaben der Strategieimplementierung spielen. Die Merkmale sollen dabei nicht als exklusiv oder voneinander vollständig unabhängig verstanden werden und als Orientierung für die zu entwickelnde Definition dienen.

I. Eine Implementierung beschreibt die Umsetzung strategischer Pläne durch die Konkretisierung und einer anschließenden Operationalisierung im Rahmen von Programmen, Vorschriften und Budgets.
II. Eine Implementierung beschreibt die Durchsetzung strategischer Pläne und damit die Überwindung von Widerständen und die Erreichung einer Akzeptanz für die umzusetzende Strategie innerhalb der Unternehmung.
III. Eine Implementierung beschreibt Veränderungen und bezieht sich dabei nicht nur auf das Verhalten von Unternehmungsmitgliedern, sondern auch auf Systeme, Strukturen und Prozesse der Unternehmung.
IV. Eine Implementierung beschreibt zudem Kontroll- und Überwachungsprozesse, die die Umsetzung definierter Maßnahmen kontinuierlich überprüfen, um die Erreichung geplanter Ziele und die strategische Ausrichtung sicherzustellen.

Die Konkretisierung und Operationalisierung strategischer Pläne (I.) ist aus theoretischer Perspektive weniger spannend (Bresser 1998, S.519) und soll daher in der weiteren Untersuchung ausgeklammert werden. Auch die Kontroll- und Überwachungsprozesse im Rahmen der Implementierung (IV.) sollen keine besondere Berücksichtigung finden, da es sich hier um eine generelle Managementaufgabe handelt (Steinmann/Schreyögg 2002, S.175), die nicht speziell oder ausschließlich mit der Implementierung einer Strategie zu assoziieren ist. Diese Arbeit wird somit einen Schwerpunkt auf den Aspekt strategiebedingter Veränderung legen (III.). Damit eng verbunden ist die Frage, wie diese Veränderungen innerhalb einer Unternehmung durchgesetzt und realisiert werden (II.), so dass auch dieser Komplex entsprechend berücksichtigt werden soll. Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit soll daher „Strategieimplementierung“ wie folgt definiert und verstanden werden:

„Die Strategieimplementierung beschreibt die Durchsetzung und Realisierung strategieinduzierter Maßnahmen und Anpassungen innerhalb einer Unternehmung.“

Mit obigen Ausführungen und dieser Definition ist der Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit eindeutig umschrieben und abgegrenzt. Im weiteren Verlauf der Untersuchung ist so beispielsweise zu klären, welche Erkenntnisse in Bezug auf anzupassende Elemente und Implikationen für den Implementierungserfolg die aktuelle Literatur liefert. Bevor diese Fragen untersucht werden, soll im folgenden Kapitel zunächst die dafür notwendige theoretische Basis gelegt werden.

3 Theoretische Grundlagen

Das folgende Kapitel wird auf Basis der soeben dargelegten grundsätzlichen Erläuterung zum Verständnis der Strategieimplementierung, ein geeignetes theoretisches Fundament schaffen, das als Ausgangspunkt für die Untersuchung aktueller Veröffentlichungen und die Beantwortung der Forschungsfragen dienen kann. Der auszuwählende Forschungsansatz muss dazu verschiedenen Anforderungen gerecht werden und gemäß obiger Ausführungen beispielsweise strukturelle wie auch interpersonelle Aspekte aufgreifen und unterschiedliche Analyseebenen vereinen können. Zudem wäre es aufgrund der Charakteristika der untersuchten Thematik sinnvoll, auch interdisziplinäre Ansätze integrieren und somit ein entsprechend übergreifendes Erklärungspotential zu bieten. Im Zusammenhang mit der Implementierung von Strategien wird hier häufig die Kontingenztheorie angeführt und kann zudem als dominierender theoretischer Ansatz der Strategieimplementierung verstanden werden (Bresser 1998, S.520). Auch die vorliegende Arbeit wählt diesen Forschungsansatz als theoretische Basis. Im Folgenden wird daher ausgeführt, wie die Kontingenztheorie bzw. entsprechende Weiterentwicklungen die angesprochene Anforderungen erfüllen und somit die Auswahl als geeignete Grundlage bestätigen. Das Kapitel soll zunächst allgemeine kontingenztheoretische Überlegungen vorstellen, auf deren Bedeutung für die Strategieforschung eingehen und ergänzend Weiterentwicklungen des Forschungsansatzes präsentieren. Den Abschluss finden die Ausführungen zur Theoriebasis in einer Erläuterung des Bezugs zur Strategieimplementierung und einer kritischen Würdigung des Ansatzes.

Ziel des Kapitels ist es somit, vor dem Hintergrund der Kontingenztheorie eine theoretische Basis aufzuzeigen und zu erläutern, die geeignet ist, Elemente und Beziehungen innerhalb der Implementierungsforschung zu erfassen und so die Einordnung neuer Erkenntnisse unterstützt.

3.1 Kontingenztheoretische Überlegungen

Allgemein und sehr abstrakt formuliert, beschreibt die Kontingenztheorie die Beziehung zwischen zwei Variablen, die von einer dritten Variablen abhängig ist (Donaldson 2001, S.5f.). So kann keine direkte Interaktion zwischen den zwei betrachteten Variablen valide nachgewiesen werden ohne einen moderierenden Einfluss der dritten Variablen zu berücksichtigen (ebd.). Übertragen auf eine Unternehmung wird so in ersten kontingenztheoretischen Überlegungen versucht, die Existenz unterschiedlicher Strukturen von Organisationen zu erklären und eine Beziehung zur Effektivität herzustellen. Die in diesen Arbeiten untersuchten Abhängigkeiten beziehen sich dabei primär auf den externen Kontext und die moderierende Wirkung der Umwelt (Lawrence/Lorsch 1967, S.186f.). Die Kontingenztheorie wendet sich damit vom klassischen Verständnis ab, dass es den „einen besten Weg“ für eine Unternehmung gibt und versucht vielmehr die Frage zu beantworten, wie eine Unternehmung effektiv auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren kann (Donaldson 2001, S.3).

Als grundlegende kontingenztheoretische Arbeit kann Burns/Stalker (1961) angeführt werden. Die Autoren sehen in der Struktur einer Unternehmung einen geeigneten Mechanismus, um auf umweltbedingte Unsicherheiten und eine entsprechende Dynamik reagieren zu können (Shenhar 2001, S.396). Als Struktur werden dabei die Aufbau- und Ablauforganisation verstanden, die sich u.a. mit dem Grad der Zentralisierung, der Spezialisierung und der Formalisierung beschreiben lassen (Keats/O’Neill 2001, S.2). Aufgrund dieser Ausrichtung der Untersuchung, wird auch von einer „structural contingency theory“ gesprochen (Donaldson 2001, S.4). Burns/Stalker (1961) weisen in ihrer Untersuchung auf eine direkte Beziehung zwischen Unternehmungsstruktur und Umwelt und die notwendige Anpassung der Struktur an die durch diesen Kontingenzfaktor definierten Bedingungen hin (Lawrence/Lorsch 1967, S.187f.). Stabile Umwelten führen so zu einer deutlich mechanistischeren Organisationsstruktur, d.h. einer hohen Zentralisierung und Formalisierung, während gerade in dynamischen Umwelten eher organische und dezentral organisierte Strukturen genutzt werden (Keats/O’Neill 2001, S.2). Dieser Zusammenhang wird damit begründet, dass sich in einer sich wenig oder langsam verändernden Umwelt und bei entsprechenden Routineoperationen eine hierarchische Organisationsform anbietet, während beispielsweise für Innovationen eher dezentrale Strukturen und Entscheidungsprozesse notwendig sind (Donaldson 2001, S.2).

Während gerade erste Arbeiten zur Kontingenztheorie somit primär versuchten, Strukturen von Unternehmungen zu erklären, haben Lawrence/Lorsch (1967) erstmals explizit auch die Wirkung auf die Leistung der Unternehmung thematisiert (Galbraith/Kazanjian 1986, S.30). Diese auf Burns/Stalker (1961) aufbauende Untersuchung zielt nur mittelbar auf die Begründung der Organisationsstruktur ab und versucht stattdessen zu erklären, unter welchen Bedingungen bzw. durch welche Anpassungen eine bessere Unternehmungsleistung zu erwarten ist. Die Leistung bzw. Effektivität der Organisation wird hier durch eine Stimmigkeit zwischen den Charakteristika der Unternehmung und den untersuchten Kontingenzfaktoren begründet (Lawrence/Lorsch 1967, S.209). Der Effekt der unabhängigen (Charakteristika der Unternehmung) auf die abhängige Variable (Leistung der Unternehmung) hängt demnach von der Stimmigkeit mit einer dritten, moderierenden Variablen (Umwelt und Kontext) ab (Donaldson 2001, S.5f). Als „Leistung“ oder Effektivität der Unternehmung können dabei auch die Effizienz oder die Mitarbeiterzufriedenheit, also andere Formen des Outputs verstanden werden (ebd.).

Im Rahmen der Weiterentwicklung des Ansatzes wurden alternative Kontingenzfaktoren diskutiert und untersucht. Neben der Umwelt und den Umweltbedingungen haben dabei zunächst insbesondere die Technologie und die Unternehmungsgröße Beachtung in Literatur und Forschung gefunden (Galbraith/Kazanjian 1986, S.28). Woodward (1965) hat den Zusammenhang zwischen Technologie und Struktur untersucht und führt aus, dass eine Anpassung der Prozesse an die genutzte Technologie einen Einfluss auf die Unternehmungsperformance hat (Lawrence/Lorsch 1967, S.190f.). Diese Aussagen wurden später empirisch widerlegt und dabei u.a. von Child/Mansfield (1972) auf die Unternehmungsgröße als alternativen Kontingenzfaktor verwiesen (Galbraith/Kazanjian 1986, S.29). So konnten beispielsweise in größeren Unternehmungen bürokratische und mechanistischere Strukturen identifiziert werden, die u.a. klare Regeln für die Entscheidungsfindung und formale Kontroll- und Delegationsprozesse umfassen und sich so in erster Linie für repititive Operationen eignen (Donaldson 2001, S.21).

[...]


[1] Erläuterungen und Begründungen zur Auswahl der hier erwähnten Theoriebasis und des gewählten Analysezeitraums finden sich in Kapitel 3 bzw. 4.

[2] Weiterführende und umfangreiche Untersuchungen zur Entwicklung des Strategischen Managements finden sich u.a. bei Knyphausen-Aufseß 1996 und Ramos-Rodriguez/Ruiz-Navarro 2004.

[3] Diese klare Trennung zwischen Prozess und Inhalt und deren Stellenwert für die Strategieforschung wird z. B. auch durch die Veröffentlichung entsprechender Sonderausgaben zu „process research“ und „content research“ durch das Strategic Management Journal unterstrichen (vgl. Strategic Management Journal, Special Issues Sommer/Winter 1991 und 1992).

[4] Weitergehende Ausführungen mit besonderem Bezug auf Veränderungsprozesse finden sich beispielsweise in den Arbeiten von Van de Veen (1992) und de Witt/Meyer (2004).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836614658
DOI
10.3239/9783836614658
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Betriebswirtschaft, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2008 (Juni)
Note
2,0
Schlagworte
strategieimplementierung management managementprozess kontingenztheorie kontingenzfaktoren
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Titel: Strategieimplementierung
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