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Krisen-PR bei politischen Parteien

©2002 Magisterarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Schwarze Kassen, anonyme Spender, Schmiergeld, „Kölner Klüngel“ – kaum ein anderer Bereich des öffentlichen Lebens wird so oft mit Affären und Skandalen konfrontiert, wie die Politik. Da auf diese ein enormes Maß an öffentlichem Interesse und medialer Aufmerksamkeit gerichtet ist, ist hier der Umgang der Politiker und Parteien mit ihren vermuteten oder tatsächlichen Verfehlungen von besonderer Bedeutung. Der „Megatrend zur Mediengesellschaft“ zwingt die politischen Akteure zudem immer stärker, ihr Handeln und ihre Ziele den (potentiellen) Wählern über die Medien zu vermitteln und dabei den Eindruck der Transparenz und Glaubwürdigkeit zu erwecken.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, vor diesem Hintergrund die Grundlagen der Public Relations (PR) bei Krisen zu erläutern und ihre Bedeutung für die politischen Parteien in Deutschland aufzuzeigen.
Gang der Untersuchung:
Nach einer Einführung in die Grundbegriffe der Public Relations und der Abgrenzung zu anderen Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit werden die Unterschiede und Besonderheiten von Polit-PR im Vergleich zur „klassischen“ PR von Unternehmen aufgezeigt, bevor ein kurzer Überblick die Entwicklungen und Probleme der politischen Öffentlichkeitsarbeit behandelt (Kapitel 2).
Die funktionalen Aufgaben und die bedeutendsten methodischen Ansätze der Krisen-PR bilden den Kern des dritten Kapitels. Dabei wird insbesondere auf die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Ansätze für die politische PR eingegangen. Zudem wird auch die Bedeutung des erfolgreichen Umgangs in der medial vermittelten Öffentlichkeit mit Affären und Skandalen erläutert. Es wird dabei nicht nur die Rolle der Krisen-PR als Instrument gegenüber der Öffentlichkeit näher betrachtet, sondern auch ihre Relevanz für die Geschlossenheit und Kampagnefähigkeit der Parteien, die letztendlich mitendscheidend für das „Unternehmensziel“ sind: Die erfolgreiche (Wieder-)Wahl und die daraus resultierende Möglichkeit, die eigenen politischen Konzepte umsetzen zu können.
Anhand der bis dahin erfolgten Darstellungen wird das Verhalten der einzelnen relevanten Akteure inner- und außerhalb des Parteiensystems bei den jüngsten Partei-Affären analysiert (Kapitel 4).
Daraus resultierend kategorisiert und analysiert das fünfte Kapitel die Fehler, welche die Parteien bei der Konzeption und Umsetzung von Krisen-PR in den letzten Jahren begangen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 11394
Erhard, Michael: Krisen-PR bei politischen Parteien
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Münster, Universität, Magisterarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Krisen-PR bei politischen Parteien
1.
Einleitung
3
1.1.
Problemstellung
und
Themenabgrenzung
3
1.2.
Aufbau
der
Arbeit
4
1.3.
Literatur-
und
Quellenlage
6
2.
Grundlagen
der
Parteien-PR
7
2.1.
Begriffsdefinition
PR
7
2.2.
Abgrenzung zu anderen Feldern der Öffentlichkeitsarbeit
8
2.2.1.
Marketing
9
2.2.2. Werbung
10
2.2.3. Public Affairs
11
2.2.4. spin doctoring
12
2.2.5.
Propaganda 13
2.2.6.
Zusammenfassung
14
2.3.
Grundlegende Aufgaben der Polit-PR
14
2.3.1. Beeinflussung der öffentlichen Aufmerksamkeit
15
2.3.2.
Image-Konstruktion
16
2.3.3. Kompetenzzuweisung
18
2.4.
Unterschiede der Parteien-PR im Vergleich zur ,,klassischen" PR
19
2.4.1.
Die
Partei
19
2.4.2.
Die
Zielgruppen
20
2.4.3. Das mediale Interesse
21
2.4.4. Die politischen Konkurrenten
22
2.5.
Entwicklungen und Probleme der politischen PR
23
2.5.1.
Einflussnahme
auf
politische
Inhalte 23
2.5.2.
Inszenierung
statt
Inhalt?
25
2.5.3.
PR
als
Thema
der
PR
26
2.5.4.
,,image
wars"
28
3.
Grundlagen der Krisen-PR
29
3.1. Klassische
Aufgaben
der
Krisen-PR
29
3.1.1.
Vorsorge
29
3.1.2.
Schadenserkennung
31
3.1.3.
Agieren
statt
reagieren
32
3.1.4. Vertrauen
schaffen
32
3.1.5.
Einflussnahme auf das agenda setting
33
3.1.6.
Schnelle
Abwicklung
34

3.2. Klassische
Methoden
der
Krisen-PR
34
3.2.1.
Verheimlichung
35
3.2.2.
Ablenkung 36
3.2.3.
Aufklärung
37
3.2.4.
Entschuldigung
38
3.3.
Besonderheiten bei Affären im politischen System
39
3.3.1.
Partei
39
3.3.2.
Politische
Konkurrenten
41
3.3.3.
Öffentlichkeit
und
Medien 42
3.4.
Die Bedeutung der Krisen-PR für Parteien
43
4.
Der Umgang der Parteien mit Krisen
44
4.1.
Die
betroffene
Partei
45
4.1.1. Krisen-Verursacher
45
4.1.2.
Parteiführung
49
4.1.3.
Partei-Basis 55
4.1.4. PR-Abteilungen
57
4.2.
Parlamente
und
Ausschüsse
58
4.3.
Medien
und
Öffentlichkeit
61
4.4.
Justiz
63
5.
Fehler der Krisen-PR der Parteien
67
5.1.
Fehlende
Krisenprävention
67
5.2.
Personalrekrutierung
69
5.3.
Fehlendes
Krisenmanagement 71
5.4.
Fehlende
Medienstrategie
72
5.5.
Glaubwürdigkeitsfalle 72
5.6.
Beratungsresistenz
73
5.7.
Fehlende
Konsequenzen
74
6.
Schlussbetrachtung
77
7.
Anhang:
Literatur-
und
Quellenverzeichnis
79
7.1.
Monografien
und
Aufsätze
79
7.2.
Lexika, Handbücher und Literaturverzeichnisse
85
7.3.
Zeitungs-
und
Zeitschriftenartikel
86
7.4.
Rundfunk-Sendungen
92
7.5.
Presse-Erklärungen
der
Parteien
92
7.6.
Internet-Adressen
93
7.7.
Sonstiges
94

1. Einleitung
,,Nicht so sehr die Krise eines Unternehmens, einer
Organisation oder einer Partei ist das Problem, sondern die
Wirkung, die durch dilettantische PR-Arbeit die Krise
verstärkt."
1
Ralf-Dieter Brunowsky, ehem. Chefredakteur Capital
1.1. Problemstellung und Themenabgrenzung
Schwarze Kassen, anonyme Spender, Schmiergeld, ,,Kölner Klüngel" ­ kaum
ein anderer Bereich des öffentlichen Lebens wird so oft mit Affären und
Skandalen konfrontiert, wie die Politik. Da auf diese ein enormes Maß an
öffentlichem Interesse und medialer Aufmerksamkeit gerichtet ist, ist hier der
Umgang der Politiker und Parteien mit ihren vermuteten oder tatsächlichen
Verfehlungen von besonderer Bedeutung. Der ,,Megatrend zur Medien-
gesellschaft"
2
zwingt die politischen Akteure zudem immer stärker, ihr
Handeln und ihre Ziele den (potentiellen) Wählern über die Medien zu ver-
mitteln und dabei den Eindruck der Transparenz und Glaubwürdigkeit zu
erwecken.
3
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, vor diesem Hintergrund die Grundlagen
der Public Relations (PR) bei Krisen zu erläutern und ihre Bedeutung für die
politischen Parteien in Deutschland aufzuzeigen.
Die zentrale Frage dabei lautet: Welche Aufgaben hat die Krisen-PR für die
Parteien und wie wurden und werden ihre Möglichkeiten bei Partei-Affären
genutzt?
1
Zitiert nach: Johanssen, Klaus-Peter: Krise ­ Katastrophe oder produktiver Vorgang?, in: Becker-
Sonnenschein, Stephan / Schwarzmeier, Manfred: Public Relations. Vom schlichten Sein zum
schönen Schein?, Wiesbaden, 2002, S.75;
2
Merten, Klaus: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, Bd.1 Grundlagen der
Kommunikationswissenschaft, Münster, 1999, S.21;
3
Meyer spricht dabei von ,,Mediokratie", s.: Meyer, Thomas: Mediokratie. Die Kolonisierung der
Politik durch die Medien, Franfurt a.M., 2001; vgl.: Sarcinelli, Ulrich: Repräsentation oder Diskurs?
Zur Legitimität und Legitimationswandel durch politische Kommunikation, in: Zeitschrift für
Politikwissenschaft 2/98 S. 547ff.; vgl.: Noelle-Neumann, Elisabeth / Schulz, Winfried / Wilke,
Jürgen (Hrsg.): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation, Frankfurt a.M., 1997, S. 84f.;
3

Unter Krisen-PR wird dabei die ,,PR-mäßige Vorbereitung eines Unter-
nehmens [...] auf einen sozial relevanten Störfall" und der anschließende
Umgang mit diesem verstanden.
4
Dabei wird die Analyse der (Nicht-)Bewältigung der Skandale und Affären der
jüngsten Vergangenheit im Vordergrund stehen, um die aktuellen Ent-
wicklungen der PR in diesem Bereich erläutern zu können. Der Fokus ist
dabei auf die Versuche der Parteien gerichtet, mittels medial vermittelter
Öffentlichkeitsarbeit ihr jeweils durch Krisen bedrohtes Image
5
zu wahren,
beziehungsweise zu verbessern.
Um die Vergleichbarkeit ­ so weit möglich ­ zwischen den Mechanismen der
Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen und Parteien zu gewährleisten, sollen
dabei in erster Linie Partei-intern verursachte Skandale und Affären
behandelt werden, die Parteistrukturen an sich treffen, wie beispielsweise
das System der ,,schwarzen Kassen" innerhalb der CDU oder der ,,Kölner
Klüngel".
6
Der Umgang der Parteien-PR mit Verfehlungen einzelner Partei-
mitglieder, mit allgemeinen politischen Problemen (Arbeitslosigkeit, Staats-
verschuldung, Naturkatastrophen etc.) oder die ­ zumindest nominell - nicht
parteilich beeinflusste Öffentlichkeitsarbeit der Regierungen oder Ministerien
können nur in Einzelfällen mit erläutert werden.
1.2. Aufbau der Arbeit
Nach einer Einführung in die Grundbegriffe der Public Relations und der
Abgrenzung zu anderen Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit werden die
Unterschiede und Besonderheiten von Polit-PR im Vergleich zur ,,klas-
sischen" PR von Unternehmen aufgezeigt, bevor ein kurzer Überblick die
Entwicklungen und Probleme der politischen Öffentlichkeitsarbeit behandelt
(Kapitel 2).
4
Merten, Klaus: Das Handwörterbuch der PR (2 Bd.), Frankfurt a.M., 2000, S.178; die genauere
Definition von PR erfolgt aufgrund ihrer Komplexität in den folgenden Kapiteln; In dieser Arbeit
werden die für Unternehmen geltenden Definitionen von PR ­ so weit nicht anders erläutert - auf die
Parteien übertragen;
5
zur Definition von Image in diesem Zusammenhang: Jarren, Otfried / Saxer, Ulrich / Sarcinelli,
Ulrich: Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen, 1998, S. 657; und:
Merten, 2000, S. 104-110; und: Kamm, Susanne / Martini, Bernd-Jürgen (Hrsg.): PR von A-Z, URL:
http://www.pr-guide.de/knowh/grun/grun.htm; s. auch Kapitel 2.3.2.;
6
Hauptaufgabe von Krisen-PR bei Wirtschaftsunternehmen ist in der Regel der Umgang mit
Unternehmenskrisen (Insolvenzen, Produktmängel, Umweltschäden etc.); Persönliche Verfehlungen
von (leitenden) Mitarbeitern spielen dabei eine meist nur untergeordnete Rolle;
4

Die funktionalen Aufgaben und die bedeutendsten methodischen Ansätze
der Krisen-PR bilden den Kern des folgenden dritten Kapitels. Dabei wird
insbesondere auf die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Ansätze für
die politische PR eingegangen. Zudem wird auch die Bedeutung des
erfolgreichen Umgangs in der medial vermittelten Öffentlichkeit mit Affären
und Skandalen erläutert. Es wird dabei nicht nur die Rolle der Krisen-PR als
Instrument gegenüber der Öffentlichkeit näher betrachtet, sondern auch ihre
Relevanz für die Geschlossenheit und Kampagnefähigkeit der Parteien, die
letztendlich mitendscheidend für das ,,Unternehmensziel" sind: Die erfol-
greiche (Wieder-)Wahl und die daraus resultierende Möglichkeit, die eigenen
politischen Konzepte umsetzen zu können.
Anhand der bis dahin erfolgten Darstellungen wird das Verhalten der
einzelnen relevanten Akteure inner- und außerhalb des Parteiensystems bei
den jüngsten Partei-Affären analysiert (Kapitel 4). Aufgrund der Komplexität
der jeweiligen Sachverhalte und der Vielzahl der beteiligten Akteure kann
dabei jedoch nicht empirisch jede PR-Maßnahme bei jedem der behandelten
Fälle aufgeführt werden. Vielmehr liegt der Schwerpunkt auf den grund-
legenden Verhaltensweisen, die mit Hilfe einzelner Beispiele verdeutlicht
werden. Da auf dem Weg zur Öffentlichkeit sich die PR in erster Linie der
Massenmedien bedient ­ beziehungsweise bedienen muss -
7
, liegt es nahe,
deren Berichterstattung über die Ereignisse nicht nur als Spiegel der PR-
Aktivitäten der Parteien zu betrachten, sondern zugleich als Indikator für die
Qualität der Krisen-PR.
8
Daraus resultierend zeigt das fünfte Kapitel die Fehler auf, welche die
Parteien bei der Konzeption und Umsetzung von Krisen-PR in den letzten
Jahren begangen haben.
7
zur grundlegenden Ausrichtungen und den Zwängen der Verhältnisses zwischen PR und
Massenmedien: Birchmeier, Eliane / Köcher, Alfred: Public Relations? Public Relations! Konzepte,
Instrumente und Beispiele für erfolgreiche Unternehmenskommunikation, Köln,1992; und: Albers,
Markus: Modern, medientauglich, ratlos, in: Welt am Sonntag vom 21.07.2002, S.10;
8
zum Verhältnis zwischen politischer PR und Massenmedien: Jarren, Otfried / Röttger, Ulrike:
Politiker, politische Öffentlichkeitsarbeiter und Journalisten als Handlungssystem. Ein Ansatz zum
Verständnis politischer PR, in: Rolke, Lothar / Wolff, Volker (Hrsg.): Wie die Medien die
Wirklichkeit steuern und selber gesteuert werden, Opladen, 1999, S. 199-219; Opherden, Rainer /
Schweda, Claudia: Journalismus und Public Relations. Grenzbeziehungen im System lokaler
politischer Kommunikation, Wiesbaden, 1995;
5

1.3. Literatur- und Quellenlage
Während die Krisen-PR als eigenständige Disziplin aus dem Bereich der
Wirtschaft mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist und zahlreiche Publi-
kationen zu diesem Themenkomplex erschienen sind,
9
ist sie für den Bereich
der politischen Öffentlichkeitsarbeit wissenschaftlich noch weitgehend un-
erschlossen. Daher wird in den folgenden Kapiteln weitgehend auf Literatur
zur ,,klassischen" Krisen-PR von Unternehmen zurückgegriffen.
Die Besonderheiten des politischen Systems ermöglichen jedoch nicht immer
eine exakte Übernahme der in der Wirtschaft etablierten Ansätze und
Instrumente. Die Gründe hierfür und die dementsprechend daraus resul-
tierenden Unterschiede werden jedoch im Laufe der Arbeit näher erläutert.
Aufgrund der Aktualität der Ereignisse rund um die einzelnen Partei-Affären
kann zudem häufig nur auf Zeitungs- und Zeitschriftenartikel oder elektroni-
sche Publikationen zurückgegriffen werden. Wegen des Umfangs der me-
dialen Berichterstattung über die jeweiligen Vorgänge ist es jedoch nicht
möglich, eine umfassende empirische Medienbeobachtung für die behandel-
ten Zeiträume durchzuführen. Durch die breit gestreute Auswahl der verwen-
deten Medienberichte kann aber dennoch ein aussagekräftiger Überblick
über die Berichterstattung gewährleistet werden.
10
Während der Entstehungszeit dieser Arbeit erschienene Werke zum Thema
wurden ­ soweit möglich - mit einbezogen.
9
Überblick und aktuelle Entwicklungen: Krisennavigator, URL: http://www.krisennavigator.de; und:
Pfoertnerloge, Informationen und Quellen zum Thema Public Relations, URL:
http://www.pfoertnerloge.de; Literaturübersicht: Kombüchen, Stefan / Wienand, Edith: PR +plus,
Fernstudium Public Relations. Literatur zur PR und zu PR-verwandten Themen, Heidelberg, 2001;
10
Neben Rundfunkmeldungen werden insbesondere Artikel aus folgenden Zeitungen und
Zeitschriften herangezogen: Bild-Zeitung (Bild), Der Spiegel, die tageszeitung (taz), Die Welt, Die
Zeit, Focus, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Frankfurter Rundschau (FR), Süddeutsche
Zeitung (SZ), u.a.;
6

2. Grundlagen der Parteien-PR
2.1. Begriffsdefinition
Der bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts von Carl Hundhausen in
Deutschland eingeführte Begriff der Public Relations wurde lange Zeit als
,,Modeerscheinung" abgetan.
11
Die von Albert Oeckl 1964 formulierte Über-
setzung ,,Öffentlichkeitsarbeit" erlangte die weiteste Verbreitung im deutsch-
sprachigen Raum.
12
Daher wird hier ­ im Gegensatz zum anglo-amerika-
nischen Raum ­ Öffentlichkeitsarbeit häufig mit Public Relations gleichge-
setzt.
13
Dabei ist allerdings zu beachten, dass unter Öffentlichkeitsarbeit
prinzipiell jede Maßnahme im Umgang mit Informationen nach außen fällt,
während sich PR nach übereinstimmender Lehrmeinung durch eine zu
Grunde liegende (längerfristige) Strategie des Kommunikationsmanagements
auszeichnet.
14
Aufgrund dieser Führungsfunktion sind interne und externe PR-Abteilungen ­
sowohl bei Unternehmen, als auch bei Parteien ­ zumeist direkt dem Vor-
stand unterstellt und übernehmen die Koordination der de facto meist unter-
geordneten Einheiten wie beispielsweise den Pressestellen.
15
Generell ist PR ,,geplante Auftragskommunikation". Sie ,,plant und steuert
dazu Kommunikationsprozesse für Personen und Organisationen mit deren
Bezugsgruppen in der Öffentlichkeit."
16
,,Sie [die PR, d. Verf.] vertritt die Interessen ihrer Auftraggeber im Dialog
informativ und wahrheitsgemäß, offen und kompetent. Sie soll Öffentlichkeit
herstellen, die Urteilsfähigkeit von Dialoggruppen schärfen, Vertrauen aufbauen
und stärken und faire Konfliktkommunikation sichern. Sie vermittelt beiderseits
11
Hundhausen, Carl: Public Relations. Ein Reklamekongress für Werbefachlaute der Banken in den
USA, in: Die Deutsche Werbung 19/1937, S.1054; vgl. Kückelhaus, Andrea: Public Relations: Die
Konstruktion von Wirklichkeit, Opladen, 1998;
12
Oeckl, Albert: Handbuch der Public Relations, München, 1964; vgl.: Weeser-Krell, Lothar M.:
Marketing. Einführung, München, 1991, S.143f.; die Anzahl der Übersetzungs- und
Definitionsversuche insgesamt ist mittlerweile unüberschaubar, vgl.: Merten, 2000, S. 250;
13
vgl.: Avenarius, Horst: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation,
Darmstadt, 1995, S.3;
14
zur Definition und den Bestandteilen und Instrumenten dieser Strategien: Bircher, Bruno:
Langfristige Unternehmensplanung. Konzepte Erkenntnisse und Modelle auf systemtheoretischer
Grundlage, Bern, 1976, S. 94f.; zum Begriff Öffentlichkeit/Öffentlichkeitsarbeit vgl.: Faulstich,
Werner: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, München, 2000, S. 51-55;
15
vgl. PR-Definition der Deutschen Public Relations Gesellschaft, URL:
http://www.dprg.de/dprg/ber/f_ber.htm;
16
ebd.
7

Einsicht und bewirkt Verhaltenskorrekturen. Sie dient damit dem
demokratischen Kräftespiel."
17
Inwieweit jedoch immer der eben zitierte Anspruch der Deutschen Public
Relations Gesellschaft (DPRG) erfüllt wird, ist insbesondere beim Umgang
mit Krisen heftig umstritten
.
18
Unabhängig davon, ob nun Unternehmens- bzw. Partei-eigene PR-Abteilun-
gen (inhouse-PR) oder externe PR-Agenturen mit dem Kommunikations-
management beauftragt sind, haben sich folgende Kernbereiche der PR
herauskristallisiert (,,AKTION-Formel"):
· Analyse, Strategie, Konzeption (Sachstands- und Meinungs-Analy-
sen, Ziel-/Strategie-Entwicklung, Programmplanung)
· Kontakt, Beratung, Verhandlung
· Text und kreative Gestaltung, (Informationserarbeitung und ­gestal-
tung, Aufbereitung in Informationsträgern)
· Implementierung (Entscheidung, Ausplanung von Maßnahmen, Kos-
ten und Zeitachse)
· Operative Umsetzung
· Nacharbeit, Evaluation (Effektivitäts- und Effizienzanalysen, Korrek-
turen)
19
Dass bei diesem breit gefächerten Aufgabenbereich die PR des öfteren
Überschneidungen mit anderen Bereichen des Umgangs mit Mitarbeitern,
Kunden und Medien aufweist, liegt auf der Hand.
2.2. Abgrenzung zu anderen Feldern der Öffentlichkeitsarbeit
Die Abgrenzung der politischen Öffentlichkeitsarbeit (PR) zu anderen
Bereichen des Kommunikationsmanagements ist umstritten. Während bei-
spielsweise Tenscher Propaganda, Marketing, Werbung und Lobbying als
17
ebd.;
18
vgl.: Avenarius, Horst: Dürfen die Fetzen fliegen? Ein Versuch über die ethischen Grenzen der PR,
in: Becker-Sonnenschein, Stephan / Schwarzmeier, Manfred: Public Relations. Vom schlichten Sein
zum schönen Schein?, Wiesbaden, 2002, S. 49-70; auf PR-Methoden, die den Ansprüchen
,,Offenheit", ,,Wahrheit" etc. in der Regel nicht gerecht werden, wird insbesondere in Kapitel 3.2.
eingegangen;
19
DPRG, URL:http://www.dprg.de/dprg/ber/f_ber.htm;
8

Bestandteile der PR betrachtet
20
, ziehen andere Wissenschaftler und
Praktiker mehr oder weniger klare Trennlinien zwischen diesen Bereichen,
die in den folgenden Abschnitten kurz umrissen werden.
2.2.1. Marketing
PR und Marketing haben zwar langfristig gesehen das gleiche Ziel: Die
Existenzsicherung des Unternehmens (bzw. den politischen Wahlerfolg einer
Partei). Die Wahl der Methoden unterscheidet jedoch beide Bereiche der
Öffentlichkeitsarbeit. Während
,,das Marketing das gesamte Unternehmen auf die Erfordernisse der Märkte
ausrichtet, konzentrieren sich PR auf die situationsgerechte Positionierung des
Unternehmens in der Öffentlichkeit. PR umfassen somit einen größeren Bereich
in der Unternehmenswelt als das marktgerichtete Denken und Handeln des
Marketings."
21
Das so formulierte Verhältnis zwischen PR und Marketing ist jedoch heftig
umstritten. Beispielsweise gibt es gegensätzliche Auffassungen darüber, ob
PR nun eine Teilfunktion des Marketings, oder Marketing eine Teilfunktion
der PR sei.
22
So wird im häufig im sogenannten marketing-mix, der Produktpolitik,
Preispolitik, Vertriebspolitik und Kommunikationspolitik umfasst, die PR als
Teilbereich der Kommunikationspolitik bezeichnet.
23
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Marketing auf den
Absatzmarkt fixiert ist, während PR darüber hinaus auch kommunikations-
und gesellschaftsorientierte Ziele verfolgt. Dies spiegelt sich beispielsweise
in der Tatsache wider, dass sich die Public Relations auch des Mittels der
wechselseitigen Kommunikation zwischen Unternehmen (bzw. Partei) und
Öffentlichkeit bedienen, während das Marketing auf die einseitige
20
Tenscher, Jens: Politik für das Fernsehen ­ Politik im Fernsehen. Theorien, Trends und
Perspektiven, in: Sarcinelli, Ulrich (Hrsg.): Politikvermittlung und Demokratie in der
Mediengesellschaft, Bonn, 1998, S. 188;
21
Birchmeier / Köcher, 1992, S. 37f.;, vgl.: Pflaum, Dieter / Pieper, Wolfgang: Lexikon der Public
Relations, Landsberg a. L., 1989, S. 248f.;
22
Birchmeier / Köcher, 1992, S.38f.;, vgl.: Wöhe, Günter: Einführung in die Allgemeine
Betriebswirtschaftslehre, München
20
2000, S. 482-485 und 595f.; Bruhn, Manfred: Marketing.
Grundlagen für Studium und Praxis, Wiesbaden,
5
2001, S. 236f.; und: Meffert, Heribert: Marketing.
Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte ­ Instrumente ­ Praxisbeispiele,
Wiesbaden,
9
2000, insbes. S. 8-16;
23
z.B.: Bruhn, 2001, S. 29-31;
9

(asymmetrische) Kommunikation vom Unternehmen (bzw. der Partei) zur
Öffentlichkeit beschränkt bleibt.
24
In der neueren Forschung ist mittlerweile jedoch auch von einem
,,Paradigmenwechsel in der Marketingwissenschaft"
25
die Rede. Dieser führt
hin zum sogenannten Beziehungsmarketing. Dies soll eine langfristige
Bindung des Kunden an das Unternehmen bewirken und bedient sich dabei
stark der Elemente, die sich bereits im Bereich der Public Relations bewährt
haben, so dass die Ziehung einer klaren Trennlinie zwischen beiden
Bereichen immer schwerer möglich wird.
26
2.2.2. Werbung
Im Gegensatz zur PR, die mittels langfristig geplanter (strategischer)
Kommunikation alle für ein Unternehmen relevanten gesellschaftlichen
Gruppen von dessen Qualitäten überzeugen will, zielt die Werbung als
kurzfristig ,,überredend" wirkende Form der Öffentlichkeitsarbeit aus-
schließlich auf die Käufer beziehungsweise Wähler (persuasive Kom-
munikation).
27
Ähnlich wie beim Verhältnis zwischen PR und Marketing gibt es auch hier in
der Wissenschaft konträre Ansichten über die gegenseitige Über- bzw.
Unterordnung von Werbung und PR.
28
Taktische Werbemaßnahmen (Wahlspots, Anzeigen, Plakate etc.) sind in der
Regel Instrumente der Kommunikationspolitik, die kurzfristig im Rahmen
einer umfassenderen PR-Strategie eingesetzt werden. ,,Werbung und PR
sind jedoch keine Alternativen, sondern ergänzen sich zu einem
Kommunikationsmix".
29
Diese Unterscheidung, ob Kommunikations-Instrumente im Einzelfall nun
der Werbung oder der PR zuzuordnen sind, ist insbesondere im politischen
Bereich nicht nur rein analytischer Natur, sondern von elementarer
juristischer Bedeutung. Aufgrund der geltenden rechtlichen Bestimmungen ist
es Staatsorganen untersagt, bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit Werbung für
24
vgl. ebd, S.237f.;
25
ebd., S. 31;
26
ebd, S. 31-33; vgl.: Merten, 2000, S.184;
27
vgl.: Merten, 2000, S. 342;
28
vgl.: Weeser-Krell, 1991, S.143;
29
Birchmeier / Köcher, 1992, S.43f.;
10

politische Parteien zu betreiben, was insbesondere immer wieder kurz vor
anstehenden Wahlen zu Auseinandersetzungen zwischen Regierung-
(sparteien) und der parlamentarischen Opposition führt.
30
2.2.3. Public Affairs
Der Begriff der Public Affairs (PA) definiert laut Merten die ,,Gestaltung der
betrieblichen Beziehung zur sozial und politisch aktuellen Umwelt zur
Verbreitung gesellschaftspolitischer Informationen nach außen und innen."
31
Darunter wird jedoch ­ wie auch bei den Political Relations ­ in erster Linie
die spezialisierte PR-Arbeit von Unternehmen, Verbänden und Organisa-
tionen in Richtung politischer Parteien, Staatsorganen und Verwaltungen
verstanden.
32
PA wird dabei häufig als die Unterstützung von Lobbyarbeit durch PR im
politischen Umfeld bezeichnet.
33
Inwieweit die PR von politischen Parteien mit der Zielgruppe von anderen
Politikern, Staatsorganen oder der Verwaltung innerhalb des politischen Sys-
tems zum Bereich der Public Affairs zugeordnet werden kann, ist bislang
wissenschaftlich nicht behandelt worden.
34
Der durch die mediale Berichterstattung über die Aktivitäten des Frankfurter
PR-Beraters und Lobbyisten Moritz Hunzinger
35
teilweise erweckte Eindruck,
dass PR-Berater per se Lobbyisten seien, ist aber falsch. Zwar dienen PR-
Maßnahmen häufig als unterstützendes Werkzeug für Lobby-Arbeit, doch ist
die Verquickung dieser beiden Bereiche, wie im Fall Hunzinger geschehen,
eine Ausnahmeerscheinung.
36
Der Vorsitzende der DPRG, Jürgen Pitzer,
spricht sogar davon, dass Hunzingers ,,unübliches Geschäftsgebaren" für die
30
s. BverfGE 44,125, BverfGE 63,260; vgl.: Bentele, Günter: Politische Öffentlichkeitsarbeit, in:
Sarcinelli, Ulrich (Hrsg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn, 1998,
S. 132;
31
Merten, 2000, S. 246;
32
vgl.: Merten, 2000, S. 234; vgl.: Pflaum / Pieper, 1989, S.236f.; und: Avenarius, 1995, S. 295f.;
33
s. Public Affairs Council, Washington D.C.: http://www.pac.org/whatis/index.htm;
34
Merten spricht beispielsweise bei PA von ,,PR von Organisationen"; da politische Parteien per se
Organisationen sind, werden sie hierbei zumindest nicht ausgenommen; Herbst spricht bei Parteien
von ,,political relations", Herbst, Dieter: Public Relations. Das professionelle 1x1, Berlin, 1997, S.21;
35
Hunzinger Information AG, URL: http://www.hunzinger.de;
36
vgl.: Gebauer, Matthias: Verfangen im eigenen Netz. PR-Berater Hunzinger und der Scharping-
Skandal, URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,205958,00.html; und: Christmann,
Holger: Sorry, Mister President, http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp? tpl=uptoday/
content.asp&arttype=SP&doc={6C523F53-4D37-4844-8102-64C12676A075}&rub={76B8D537-
8E0E-4970-B366-37AC8DAA545F};
11

Branche eine derartige Belastung sei, dass ,,personelle Konsequenzen
bezüglich Hunzingers " seitens der DPRG in Erwägung gezogen würden.
37
2.2.4. spin doctoring
Der Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts in den USA geprägte Begriff
des spin doctors beschreibt im engeren Sinne ,,Medienberater exponierter
politischer Akteure".
38
Die ,,Professionalisierung der Wahlkämpfe"
39
führt seit circa zwei Jahr-
zehnten dazu, dass die Spitzenkandidaten bei US-Präsidentschaftswahlen
ihren persönlichen hochspezialisierten Beratern immer größeres Gewicht bei
der Konzeption der Wahlkämpfe einräumen. Die Aufgabe des spin doctoring
wandelt sich dabei von der (versuchten) Beeinflussung von Journalisten (z.B.
unmittelbar nach Pressekonferenzen) hin zur direkten Einflussnahme auf
politische Positionen der Kandidaten. Dies erfolgt in den USA in enger
Zusammenarbeit mit den political consultants, die aufgrund von Meinungs-
forschungsbefunden die Themenagenda des jeweiligen Kandidaten festlegen
und dessen inhaltliche Positionen auf die erwartete öffentliche Zustimmung
oder Ablehnung ,,abklopfen.
40
Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten mit ihrem Zwei-Parteiensystem
und einer anderen politischen Kultur, sind die Wahlkampfberater in Deutsch-
land allerdings bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, politische Pro-
gramme inhaltlich zu beeinflussen.
41
37
ARD, 31.07.2002, 23:00-23:30, Gabi Bauer; zu Gast: Moritz Hunzinger;
38
Merten, 2000, S.303; über die Herkunft des spin doctoring aus dem Kommunikationsmanagement
von Regierungen in Kriegszeiten: Esser, Frank: Spin doctoring. Rüstungsspirale zwischen politischer
PR und politischem Journalismus, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 3/2000, Stuttgart,
2000, S. 17 ­20;
39
s. Holtz-Bacha, Christina: Massenmedien und Wahlen: Die Professionalisierung der Kampagnen,
http://www.das-parlament.de/2002/15_16/Beilage/004.html;
40
s. Esser, 2000, S. 18f.; vgl.: Kocks, Klaus: Politische Philosophie: Was oder worüber spinnt ein
spin-doctor?, in: Kocks, Klaus: Glanz und Elend der PR. Zur praktischen Philosophie der
Öffentlichkeitsarbeit, Wiesbaden, 2001, S. 137-148;
41
vgl.: Tartler, Jens: Michael Spreng: Stoibers Mann für die Schlüsselbegriffe, URL:
http://www.ftd.de/pw/de/1014399102768.html?nv=arser; über die Unterschiede des spin doctoring in
Deutschland und den USA: Esser, 2000, S. 17-22; vgl.: Althaus, Marco: Wahlkampf als Beruf. Die
Professionalisierung der Political Consultants in den USA, Frankfurt a.M., 1998, insbes. S. 74-83;
und: Jarren, Otfried: Kann man mit Öffentlichkeitsarbeit die Politik ,,retten"? Überlegungen zum
Öffentlichkeits-, Medien- und Politikwandel in der modernen Gesellschaft, in: Zeitschrift für
Parlamentsfragen 4/94, S. 672; vgl.: Morris, Dick: The New Prince. Machiavelli updated for the 21st
Century, Los Angeles, 1999; und: Esser, Frank / Fan, David / Reinemann, Carsten: Spin doctoring in
British and German election campaigns. How the press is beeing confrontes with a new quality of
political PR, in: European Journal of Communication 2/2000, London, 2000, S. 209 ­ 239;
12

Spin doctoring als spezialisierte Form der politischen PR beschränkt sich seit
einiger Zeit insbesondere in den USA immer weniger nur auf Wahlkampf-
zeiten. Die Hilfe der externen PR-Profis wird ­ häufig auch unter der Be-
zeichnung ,,Medienberater" ­ bei Versuchen der Krisenbewältigung, bei-
spielsweise von US-Präsident Bill Clinton im Lewinsky-Skandal, in Anspruch
genommen.
42
Mittlerweile wird auch von einigen Experten die zumeist längerfristig
angelegte Image-Beratung für Spitzenpolitiker ­ beispielsweise für Bundes-
finanzminister Hans Eichel durch Klaus-Peter Schmidt-Deguelle oder für den
ehemaligen Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping durch Moritz
Hunzinger ­ zum spin doctoring gezählt.
43
Gegenstand des spin doctoring ist jedoch nicht das Image einer gesamten
Partei, einer Fraktion oder einer Regierung, sondern immer das eines
Politikers in exponierter Stellung. Die daraus resultierenden Probleme, wie
eine schwierigen Koordination mit der Öffentlichkeitsarbeit der Partei und den
spin doctors der anderen Spitzenpolitiker aus der entsprechenden Partei,
werden im Laufe der Arbeit noch angesprochen.
2.2.5. Propaganda
Propaganda ist zugleich ein Bereich der Public Relations und ein Sonderfall
politischer Werbung.
44
Aufgrund historisch bedingter negativer Konno-
tationen, die dem Begriff anhaften, wird die Verwendung von Propaganda in
Deutschland zumeist rundweg abgelehnt.
45
In den Vereinigten Staaten wird dagegen Propaganda als elementarer
Bestandteil der staatlichen Information Operations insbesondere seit dem
42
s. Esser, 2000, S.21;
43
vgl.: Leif, Thomas: ,,Institution" spin doctor. Interview mit Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, in:
Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 3/2000, Stuttgart, 2000, S. 37 ­ 45; Suchsland,
Rüdiger: Cool am Pool oder der Schlag ins Wasser, URL: http://www.das-parlament.de/2001/
44/Panorama/2001_44_039_6816.html; und: Lochmann, Günther: Wie gefährlich sind Berater für die
Politik?, in: Welt am Sonntag vom 21.07.2002, S.3;
44
Merten, 2000, S.244; vgl.: Ronneberger, Franz / Rühl, Manfred: Theorie der Public Relations. Ein
Entwurf, Opladen, 1992, S. 252f.;
45
siehe Definition der DPRG, URL: http://www.pr-guide.de/knowh/grun/grun.htm; und Buß, Eugen:
Propaganda. Anmerkungen zu einem diskreditierten Begriff, (Herausgegeben von der DPRG-
Landesgruppe NRW, Schriftenreihe PR-Kolloquium, Heft 4), Wuppertal, 1992;
13

Beginn des ,,Krieges gegen den Terror" nach den Anschlägen vom 11.
September 2001 angesehen.
46
In Abgrenzung zur PR ist ,,Propaganda [...] die Infiltrierung zweckbestimmter
Auffassungen ohne Vorbehalte und ohne Rücksicht auf den objektiven
Wahrheitsgehalt."
47
Propaganda teilt daher weder die grundlegenden Methoden noch die Ziele
der Public Relations beziehungsweise der Öffentlichkeitsarbeit. Lediglich die
entsprechenden Mittel und Instrumente (Pressearbeit, Präsentationen etc.)
werden teilweise von beiden verwendet.
48
2.2.6. Zusammenfassung
Aus heutiger Sicht hat PR die Aufgabe der (langfristigen) Überzeugung,
Propaganda die Funktion der Manipulation und Werbung die der (kurz-
fristigen) Überredung.
49
Aufgrund der bereits beschriebenen Interdependenzen und der Verwendung
teilweise gleicher oder ähnlicher Instrumente sind allerdings die genauen
Grenzen zwischen diesen Bereichen nicht immer deutlich zu ziehen.
2.3. Grundlegende Aufgaben der Polit-PR
In den folgenden Kapiteln werden die wichtigsten Funktionen skizziert, die
Public Relations in der Politik erfüllen. Diese Funktionen sind in ihren Grund-
zügen für Unternehmen und politische Parteien identisch:
- Erhöhung des Bekanntheitsgrades
- Herstellung von Vertrauen
- Herstellung von Akzeptanz
- Image-Pflege
50
Ziel dieser PR-Anstrengungen ist im politischen System letztendlich die
Stimmenmaximierung, um dem Auftraggeber ­ in diesem Fall einer Partei -
46
vgl.: Rötzer, Florian: Das Pentagon will für bessere Propaganda sorgen, Telepolis vom 20.02.2002,
URL: http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/11882/1.html, und: Rötzer, Florian: Aus für die
Propaganda-Abteilung des Pentagon, Telepolis vom 27.02.2002, URL: http://www.heise.de/tp/
deutsch/special/info/11952/1.html;
47
siehe Definition der DPRG, URL: http://www.pr-guide.de/knowh/grun/grun.htm;
48
zu den Instrumenten der PR: Merten, 2000, S. 133 - 146;
49
Merten, zitiert nach: Wehmeier, Stefan: PR und Propaganda: Eine Mesalliance, URL:
http://www.pr-guide.de/prfor/arch/ar4-99_3.htm;
50
vgl.: Merten, 2000, S. 252;
14

die (Wieder-)Wahl zu sichern und ihm so zu ermöglichen, sein politisches
Programm umzusetzen.
51
Um den Themenrahmen nicht zu sprengen, soll im folgenden Teil jedoch nur
auf die unmittelbar für die Krisen-PR der Parteien relevanten Aspekte
eingegangen werden.
2.3.1. Beeinflussung der öffentlichen Aufmerksamkeit
Da mittlerweile für den ,,normalen" Bürger weite Teile der Politik de facto nur
noch als Medienereignisse stattfinden, ist es für die Parteien und die
politischen Akteure insgesamt von elementarer Bedeutung, eine möglichst
große Medienpräsenz zu erreichen. Diese enge Verknüpfung der politischen
Realität mit der von der potentiellen Wählerschaft wahrgenommenen
Medienrealität ist eine elementare Grundlage der politischen Öffentlichkeits-
arbeit.
52
Dabei ist es die primäre Aufgabe der PR, die ,,kommunikative Bringschuld"
53
der Politik gegenüber der Öffentlichkeit zu erfüllen. Ziel hierbei ist es, ,,die
eigene Botschaft und die eigenen Repräsentanten in der Berichterstattung
über Politik, in Nachrichtensendungen, in Talk-Shows, in Interviews oder
durch Pressemitteilungen unterzubringen."
54
Dennoch ist der Begriff der Öffentlichkeit nur unzulänglich definiert. Für die in
dieser Arbeit behandelten Rolle von Public Relations ist am ehesten die
Beschreibung von Öffentlichkeit als ,,Gesamtheit aller Zielgruppen" von Be-
deutung.
55
Um diese Zielgruppen ­ im Falle der Parteien sind dies in erster
51
vgl.: Pauli-Balleis, Gabriele: Polit-PR. Strategische Öffentlichkeitsarbeit politischer Parteien. Zur
PR-Praxis der CSU, Zirndorf, 1987, S. 19f.;
52
vgl.: Noelle-Neumann, Elisabeth: Wirkung der Massenmedien auf die öffentliche Meinung, in:
Noelle-Neumann, Elisabeth / Schulz, Winfried / Wilke, Jürgen (Hrsg.): Fischer Lexikon Publizistik
Massenkommunikation, Frankfurt a.M., 1997, S. 519-571; Röttger, Ulrike: Campaigns (f)or a better
world?, in: Röttger, Ulrike (Hrsg.): PR-Kampagnen. Über die Inszenierung von Öffentlichkeit,
Wiesbaden, 2002, S. 17; vgl: Merten, 2000, S. 206-224; und: Schulz, Winfried: Politische
Kommunikation. Theoretische Ansätze und Ergebnisse empirischer Forschung, Opladen, 1997, S. 86-
106;
53
Sarcinelli, Ulrich: Politikvermittlung und Wahlen ­ Sonderfall oder Normalität des politischen
Prozesses? Essayistische Anmerkungen und Anregungen für die Forschung, in: Bohrmann, Hans /
Jarren, Otfried / Melischek, Gabriele / Seethaler, Josef (Hrsg.):Wahlen und Politikvermittlung durch
Massenmedien, Opladen, 2000, S. 26;
54
Machnig, Matthias: Politik im Fernsehen, URL: http://www.spd.de/servlet/PB/-s/97rzfdycf2301
p3u3wys3tin21u4n8os/menu/1010769/;
55
Merten, 2000, S. 211; vgl.: Merten, Klaus / Westerbarkey, Joachim: Public Opinion und Public
Relations, in: Merten, Klaus / Schmidt, Siegfried J. / Weischenberg, Siegfried (Hrsg.): Die
Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft, Opladen, 1994, S.
196-204;
15

Linie (potentielle) Wähler, die eigenen Parteimitglieder und Sympathisanten ­
zu erreichen, muss eine kontinuierliche Ansprache über die Medien
gewährleistet sein.
56
Um dies gewährleisten zu können, ist es die Aufgabe der PR, die politischen
Inhalte und Ereignisse medien- und insbesondere kameragerecht zu in-
szenieren, um so die Chancen auf mediale Berichterstattung zu erhöhen.
57
2.3.2. Image-Konstruktion
Ziel aller PR-Strategien ist es, ein positives Gesamtbild des Auftraggebers zu
erreichen, das Image. Dieses ist ,,eine kollektive, fiktionale Vorstellung von
einem Objekt, das aus zahlreichen wertenden Einzelinformationen zusam-
mengesetzt ist und in diffuser Form bekannt ist oder bekannt zu sein
scheint."
58
Die wichtigsten Eigenschaften eines Images sind dabei:
- Vereinfachung durch Typologisierung
- Verallgemeinerung von Einzelerfahrungen
- Überverdeutlichung
- Positive oder negative Bewertung
59
Durch die Vereinfachung sind Images einprägsam und zugleich für PR-
Strategen relativ einfach planbar und umsetzbar. Aufgrund dieser Eigen-
schaften dienen sie als hilfsweiser Ersatz für Faktenwissen der Öffent-
lichkeit.
60
Dies bedeutet, dass sich die Einschätzung des Image-Trägers
durch die Rezipienten nicht an dessen tatsächlichen Eigenschaften orientiert,
sondern an seinem wesentlich leichter verständlichen Image. Entscheidend
sind also nicht die eigentlichen Fakten, sondern deren Wahrnehmung durch
die Öffentlichkeit.
Zentrale Aufgabe der PR ist es daher, anhand von Stärken-Schwächen-
Analysen der Parteien bzw. Politiker ,,ein Konzept zu entwickeln, dass in der
56
Merten, 2000, S.213;
57
vgl.: Marcinkowski, Frank: Politikvermittlung durch Fernsehen und Hörfunk, in: Sarcinelli, Ulrich:
Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn, 1998, insbes. S.178-183;
über die Problematik dieser Entwicklungen: siehe Kap. 2.5;
58
Merten, 2000, S.104; vgl.: n.N.: Imagebildung als Hauptaufgabe der Kommunikation, URL:
http://www.agenturcafe.de/life_science/index_12422.htm
59
Jarren / Saxer / Sarcinelli, 1998, S. 657;
60
Merten, 2000, S. 104;
16

Regel vom vorhandenen Ist-Image zu dem wünschenswerten Soll-Image
hinführt".
61
Da in der Regel jedoch komplexe politische Sachfragen der Öffentlichkeit nur
schwer zu vermitteln sind, versuchen PR-Strategen durch Personalisierung,
Polarisierung und starke Vereinfachung (die bis hin zum völligen Fehlen des
Inhalts gehen kann), Images aufzubauen. Beispiel hierfür ist der von der SPD
im Bundestags-Wahlkampf 1998 propagierte Slogan von ,,Schröder als
Kanzler der Neuen Mitte". Zwar kann bis zum jetzigen Zeitpunkt niemand
diese "Neue Mitte" exakt definieren, doch hatte und hat sie, im Gegensatz
zum damaligen Amtsinhaber Helmut Kohl, das Image ­ und damit auch
Gerhard Schröder und seine Partei - ,,dynamisch und zukunftstauglich" zu
sein.
62
Um zu verhindern, dass diese mit erheblichem Aufwand konstruierten
Images beschädigt werden, muss die PR dafür sorgen, dass nach Mög-
lichkeit keine Störungen dieses positiven Gesamtbildes des Produktes
(Partei, Kandidat, Regierung etc.) auftreten. Dabei nutzt die PR neben
Instrumenten der Werbung und des Produktmarketings auch immer mehr
das Event-Marketing. Augenfällig wird dies in Deutschland erstmals beim
SPD-Parteitag vom 17. April 1998, der aufgrund seiner nahezu perfekten
Inszenierung für die Medien auch als ,,Leipziger Krönungsmesse" oder
,,Leipziger Hollywood" bezeichnet wird.
63
Dabei ist zu beachten, dass die Inszenierung nicht nur die Gestaltung der
Halle und die Auswahl der Video-Clips und der Hintergrund-Musik umfasst,
sondern bis hin zur exakten Vorgabe der Kamera-Einstellungen geht. Der
reale Kanzlerkandidat Gerhard Schröder soll so bei diesem Parteitag das
Image eines ,,hyperrealen Superhelden" erhalten.
64
Wie erfolgreich diese Inszenierung ist, zeigt sich daran, dass das in
bedeutenden Teilen bei diesem Parteitag aufgebaute bzw. verstärkte Image
von Schröder die politischen Inhalte überstrahlt und entscheidend zur
61
Merten / Westerbarkey, 1994, S. 207;
62
vgl.: Althaus, Marco: Strategien für Kampagnen. Klassische Lektionen und modernes Targeting, in:
Althaus, Marco: Kampagne! Neue Strategien für Wahlkampf, PR und Lobbying, Münster, 2002, S.
15f.;
63
Dörner, Andreas: Politainment. Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft, Frankfurt a.M., 2001,
S. 123-129;
64
ebd.
17

letztendlich erfolgreichen Außendarstellung des Kandidaten und seiner Partei
mit beiträgt.
65
Die Bedeutung von (fernsehtauglichen) Bildern ist hierbei nicht zu
unterschätzen.
66
Die Bemühungen der Parteien gehen dabei mittlerweile so
weit, dass sie nicht nur bemüht sind, sich selbst möglichst perfekt zu
inszenieren, sondern auch Anstrengungen unternehmen, um die Insze-
nierung des politischen Gegners zu stören oder zumindest zu behindern. Die
erfolgreichen Versuche von SPD-Politikern nach dem Finale der Fußball-WM
2002 zwischen Deutschland und Brasilien, ein gemeinsames Foto von
Unions-Kanzlerkandidat Edmund-Stoiber und dem deutschen Nationaltorwart
Oliver Kahn zu verhindern, zeigt diese Entwicklung überdeutlich.
67
Ziel dieser
Aktion war, einen von der SPD befürchteten Image-Transfer
68
vom trotz der
Final-Niederlage für Erfolg und Leistung stehenden Torhüter Kahn auf den
Politiker Stoiber zu unterbinden.
2.3.3. Kompetenzzuweisung
Diese Image-orientierte Personeninszenierung beinhaltet jedoch die Gefahr,
dass sie bei Fragen des politischen Inhalts schnell an Glaubwürdigkeit
verliert und nach einer gewissen Zeit ins Negative umschlägt. Personen-
bezogene politische Inszenierungen können daher mittel- und langfristig nur
erfolgreich sein, wenn in der Öffentlichkeit dem entsprechenden Politiker und
seiner Partei auch die nötigen fachlichen Kompetenzen für den inszenierten
Politikbereich zugeordnet werden.
69
Wenn dies erreicht wird und das Publikum einem Politiker aufgrund seines
Images eine herausragende Kompetenz zuschreibt, hat dies zur Folge, dass
dieser Politiker einerseits vermehrt in den Medien Gelegenheit geboten
bekommt, seine Sicht der Dinge zu erläutern und er so in der Öffentlichkeit
65
ebd.
66
vgl.: Nürnberger, Frank: Image-Building mit Bildern. Fotografie und kamerataugliche Events
planen und steuern, in: Althaus, Marco: Kampagne! Neue Strategien für Wahlkampf, PR und:
Wiebusch, Dagmar: Politische Kommunikation. Gratwanderung zwischen Information und
Inszenierung. in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 3/2000, Stuttgart, 2000, S. 78f.;
Lobbying, Münster, 2002, S. 132f.; und:
67
s. Deggerich, Markus: Fröhliches Furzen, URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/
0,1518,203937,00.html;
68
vgl. Merten, 2000, S.112;
69
Roth, Dieter: Kompetenzzuschreibung und Inszenierungsmöglichkeiten, in: Pitz, Gerhard / Siller,
Peter (Hrsg.); Politik als Inszenierung. Zur Ästhetik des Politischen im Medienzeitalter, Baden-Baden,
2000, S. 123;
18

stärker wahrgenommen wird. Andererseits profitiert die entsprechende Partei
insofern davon, als ihr aufgrund der Kompetenzzuschreibung des Politikers
selber eine erhöhte Kompetenz auf dem entsprechenden Gebiet zuge-
schrieben wird.
Außerdem wird in der Regel versucht, vom Kernkompetenzfeld ­ bei den
,,Grünen" ist dies beispielsweise die Umweltpolitik ­ einen Kompetenztransfer
auf andere Politikfelder zu bewirken. Exemplarisch hierfür steht der Versuch
der Grünen, als Gesamtpartei von der Person und dem Image des Außen-
ministers Joseph ,,Joschka" Fischer zu profitieren.
70
Diese an sich inhaltlich meist nicht zu rechtfertigenden Entwicklungen kön-
nen nur deshalb erfolgreich sein, da ein Großteil der Bevölkerung mit den
fachlichen Zusammenhängen zumeist nicht vertraut ist und sich somit am
von den Medien übermittelten Image orientiert und auf dieser Grundlage den
einzelnen Politikern und Parteien Kompetenzen zuschreibt.
2.4. Unterschiede der Parteien-PR im Vergleich zur
,,klassischen" PR
Während die Grundzüge von Public Relations im politischen und wirt-
schaftlichen Bereich nahezu identisch sind, gibt es bei einzelnen Rahmen-
bedingungen doch teilweise erhebliche Unterschiede. Der Satz ,,Politik ist
nicht Persil" bewahrheitet sich immer wieder, auch wenn in den Medien des
öfteren der Eindruck erweckt wird, dass Polit-PR keine relevanten Unter-
schiede zur gewerblichen Markenkommunikation aufweise.
71
Aus diesem
Grund werden in den folgenden Abschnitten zunächst die Parteien und an-
schließend deren Zielgruppen und das mediale und politische Umfeld be-
handelt.
2.4.1. Die Partei
Während bei Public Relations-Kampagnen für Unternehmen in der Regel die
Marke und/oder ein Produkt im Mittelpunkt stehen, ist dies bei politischen
Parteien deutlich komplexer.
70
deutlich erkennbar z.B. unter http://www.gruene-partei.de/rsvgn/rs_rubrik/0,,698,00.htm;
71
Behrent, Michael: Politik ist nicht Persil. Und politische Kommunikation ist nicht Marken-
Kommunikation, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 3/2000, Stuttgart, 2000, S. 81;
19

Bei Markenkommunikation kann von den PR-Experten bereits im Vorfeld
massiv Einfluss auf die Produktgestaltung ausgeübt werden, was später die
Vermarktung entschieden erleichtert. Bei Parteien als bereits eingeführten
Marken ist dies nicht ­ oder nur in sehr eingeschränktem Maße - möglich.
72
Hinzu kommt, dass Politik an sich ein sich ständig wandelndes und unein-
heitliches Produkt ist, und somit ­ im Gegensatz zur ,,klassischen" Produkt-
PR - ständig neue Anforderungen an die PR-Arbeit gestellt werden.
Aufgrund der bei den meisten Parteien gegebenen Binnenpluralität der
Meinungen ihrer Mitglieder und auch Spitzenpolitiker hat politische PR zu-
dem die schwierige Aufgabe, in der Öffentlichkeit trotz aller innerparteilichen
Differenzen und Unterschiede den Eindruck der Geschlossenheit, einer Cor-
porate Identity der Partei und ihrer Vertreter, zu erwecken.
73
Dies ist insofern von entscheidender Bedeutung, da eine Partei im
Gegensatz zu Produkt-Marken, ohne in der Öffentlichkeit in Erscheinung tre-
tende Repräsentanten nicht vorstellbar ist. Kaum ein Wähler wird eine Partei
wählen, ohne nicht zumindest einen ihrer (Spitzen-)Kandidaten zu kennen,
während beispielsweise der durchschnittliche Kunde sehr wohl Nivea-Pro-
dukte einkauft, ohne zu wissen, wie der Vorstandsvorsitzende der Beiersdorf
AG heißt.
74
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Hauptunterschiede
zwischen Parteien-PR und herkömmlicher Marken- bzw. Produkt-PR in der
Schnelllebigkeit politischer Themen, der starken Heterogenität der Parteien
und dem hohen Personalisierungsgrad der Politik liegen.
2.4.2. Die Zielgruppen
75
Während Unternehmen bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit den Konsumenten im
Mittelpunkt haben, ist dies bei Parteien der Wähler. Dabei bedienen sich seit
einigen Jahren politische Kampagnen immer stärker des von der Wirtschaft
entwickelten Instruments des targeting, da sich eine immer größer werdende
72
vgl.: ebd., S. 82f.; vgl.: Stauss, Frank: Wählt Markenpolitik! Werbung und ihre Rolle in der
politischen Kampagne, in: Machnig, Matthias (Hrsg.): Politik ­ Medien ­ Wähler. Wahlkampf im
Medienzeitalter, Opladen, 2002, S. 223;
73
vgl.: Merten, 2000, S. 59-63; Wiebusch, 2000, S. 75 ­ 80; und: Behrent, 2000, S. 82f.;
74
vgl.: Stauss, 2002, S. 227f.;
75
in der Fachliteratur häufig als ,,Teilöffentlichkeiten" bezeichnet; s. Merten, 2000, S. 380;
20

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783836613941
Dateigröße
856 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Philosophische Fakultät, Politikwissenschaft
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0
Schlagworte
parteiaffären public relations krisenkommunikation spendenskandale
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