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Der Betriebs(-teil)übergang (§ 613a BGB) im Wandel der Rechtsprechung von EuGH und BAG unter Berücksichtigung der Folgen für die gestalterische Praxis

©2007 Diplomarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Wandel der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitgeist der Globalisierung erfordert mehr denn je eine größere Flexibilität der Unternehmensorganisation. Eine freie Marktwirtschaft ist nicht denkbar ohne die Fähigkeit der beteiligten Unternehmen, sich nicht nur in ihrem externen Verhalten, sondern auch hinsichtlich ihrer internen Struktur auf veränderte Marktverhältnisse einzustellen.
Die Übertragung eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Rechtsträger ist in der Praxis regelmäßig mit Restrukturierungsmaßnahmen verbunden, die auch den Wegfall von Arbeitsplätzen zur Folge haben.
Das Erfordernis permanenter Anpassung ergibt sich sowohl aus veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen, wie z.B. der Konsolidierung von Branchen, aber auch durch einzelwirtschaftliche Aspekte, wie beispielsweise Fehlentscheidungen von Führungskräften. Auf Frist werden nur die Unternehmen erfolgreich am Markt agieren, die sich wettbewerbsfähig aufstellen und somit die Herausforderung der Unternehmensrestrukturierung annehmen.
Das Thema Betriebsübergang ist angesichts der Umstrukturierungen von Unternehmen in der deutschen Wirtschaft und des immer bedeutsamer werdenden Dienstleistungssektor ein Dauerbrenner in der Beratungspraxis.
Es gehört indes zu den Errungenschaften einer sozialen Marktwirtschaft, dass die von solchen Veränderungen betroffenen Arbeitnehmer nicht bloßes Objekt derartiger Marktprozesse, sondern mit eigenen Rechtspositionen ausgestattet sind.
Seinen Ursprung findet das Recht des Betriebsübergangs in dem frühen Befund, dass das Kündigungsschutzrecht leicht umgangen werden konnte, wenn der neue Inhaber eines Betriebes diesen im Wege des asset deals erwarb. Denn in diesem Fall bestand zunächst keine Pflicht des neuen Inhabers zur Übernahme der Arbeitnehmer des alten Inhabers. Die Verträge waren ja an die Person des Arbeitgebers, nicht an den „Betrieb“ gebunden. Eine soziale Marktwirtschaft konnte diese offene Flanke im Kündigungsschutzrecht nicht bestehen lassen.
Der deutsche Gesetzgeber fügte daher schon im Jahr 1972 den § 613a in das BGB ein, um diesem empfundenen Missstand abzuhelfen.
Seitdem wird unablässig darum gerungen, wann ein „Betriebsübergang“ vorliegt und damit die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer zu unveränderten Bedingungen von dem alten Inhaber auf den neuen Inhaber von Gesetzes wegen übergehen.
Indes ist das deutsche Arbeitsrecht seit geraumer Zeit unumkehrbar auch in das Kraftfeld […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Markus Pfefferle
Der Betriebs(-teil)übergang (§ 613a BGB) im Wandel der Rechtsprechung von EuGH
und BAG unter Berücksichtigung der Folgen für die gestalterische Praxis
ISBN: 978-3-8366-1378-1
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Hochschule Pforzheim, Pforzheim, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008

[I]
Inhaltsverzeichnis
Teil 1 :
Der Betriebsübergangstatbestand ( § 613 a BGB )
im Spiegel der Rechtsprechung des EuGH und des BAG
... 1
I.) Bedeutung des EG-Rechts für das deutsche Arbeitsrecht
... 1
1.) Wirkung von Richtlinien
... 1
a.) allgemeines ...
1
b.) im Verhältnis zum Bürger / Staat
... 1
2.) Gebot der richtlinienkonformen Auslegung
... 2
a.) Verankerung im EGV
... 2
b.) Folgen für deutsche Gerichte
... 2
c.) Art. 234 I EGV
... 2
3.) Rangverhältnis
... 3
a.)
Anwendungsvorrang
... 3
b.) Ermächtigungsgrundlage
Art. 23 I 2 , 59 II 1 GG
... 3
c.) Auswirkung auf EuGH- Entscheidungen
... 3
4.) Kritische Würdigung der Auslegung von Richtlinien durch
den EuGH
... 3-4
II.) Die Richtlinie 2001/23/EG zum Betriebsübergang
...
4
1.) Interessenausgleich AN Erwerber
... 4-5
2.) Stellung Arbeitnehmer
... 5
3.) sachlicher Anwendungsbereich (
Art. 1 Ziff.1 lit. a.)
... 5
III.) Tatbestandsvoraussetzungen des § 613a BGB
... 6
1.) allgemeines
... 6
2.) Voraussetzungen
...7

[II]
3.) Entwicklung der Rechtsprechung von BAG und EuGH bis 1997
...7
a.) BAG
...7
aa.) Betriebsbegriff
...7
.) Betriebsteil
...7
bb.) Merkmal ,,Übergang"
...7
b.) EuGH
...8
aa.) ,,Spijkers"- Urteil
...8
bb.) weitere EuGH- Urteile
... ..9
cc.) ,,Christel Schidt
" ... 9
4.) Rechtsprechung des EuGH und BAG seit 1997
... ................................................. 9
a.) EuGH - Urteil ,,Ayse Süzen" vom 11.3.1997
...9
aa.) Kernaussagen
...9-10
bb.) Wendepunkt der Rechtsentwicklung
...10
cc.) Kritik
...11
b.) weitere EuGH ­ Urteile
...12
c.) BAG- Rechtsprechungsänderung mit Urteil vom 22.5.1997
...12
aa.)
Übernahme eines nach ,,Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des
Personals" nach BAG ...12
bb.) Kritik an der BAG ­ Rechtsprechung
...13
d.) Folgen des ,,Süzen" Urteils des EuGH und der daran
anknüpfenden BAG-Rechtsprechung für die gestalterische
Praxis .
...14
e.) Neukodifizierung der Richtlinie 2001/23/EG vom 12.3. 2001
... 14
f.) Rechtssicherheit durch ,,Süzen"- Urteil
... 14

[III]
5.) Zwischenergebnis
...15
a.) Der Betriebsteil als wirtschaftliche Einheit
...15
aa.) Erläuterung
...15
bb.) Übergang Teileinheit
... 15
b.) Identitätswahrende Fortführung des Betriebsteils als
wirtschaftliche Einheit
...16
6.) Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit in
Abgrenzung zur bloßen Funktionsnachfolge ( in den Fällen
der erstmaligen oder erneuten Auftragsvergabe )
...16
a.) Allgemeines
... 16
b.) Relevanz der Abgrenzung
...17
c.) problematische Anwendungsbereiche
... 17
d.) Differenzierung nach Art der Tätigkeit ( als Folge der
,,Süzen"- Entscheidung )
...17
aa.) betriebsmittelarme Tätigkeiten
... 17-18
bb.) betriebsmittelgeprägte Tätigkeiten
...18
e.) Die ,,eigenwirtschaftliche Nutzung" auftraggebereigener
Betriebsmittel als Kriterium zur Abgrenzung von
Funktionsnachfolge und Betriebsübergang in der
bisherigen BAG ­ Rechtsprechung
... 19
aa.) Begriffsdefinition
...19
bb.) gestalterische Hinweise
... 19-20
cc.) Rechtsprechungsänderung .
... 20
dd.) EuGH- Urteil ,,Abler"
...20
dda.) Kritische Würdigung der ,,Abler"- Entscheidung
...21
ddb.)
Fazit / Praxisfolge aus der ,,Abler" Entscheidung
...23
ee.) Die Entscheidung ,,Güney-Görres" des EuGH .
... ...........................24
eea.) Sachverhalt und Entscheidungsgründe
... 24
.)
Sachverhalt
...24
.) Entscheidungsgründe
...25

[IV]
eeb.) Einordnung der Entscheidung
...25
eec.) Kritische Würdigung der Entscheidung
... 26
.) Wortlaut der RL
...26
.) Ziele der RL
...26
.) Alternativlösungen
...27
.)
Alternativlösungen
...27
eed.) Konsequenz der Entscheidung
...28
ff.) Reaktion des BAG auf ,,Güney Görres"
...29
ffa.) Überblick der Entscheidungen
...29
.) Zurechnung der Betriebsmittel .
... 29
ffb.) Auffassung Willemsen/ Müntefering :
1. Schritt : Abgrenzung nach Betriebssphäre
...30
.) Eingliederung in betriebliche Arbeitsorganisation
...30
(1) Forschungsschiff-Fall
...30
(2) Flughafen-Fall
...30
ffc.) 2. Schritt :Bedeutung der sächlichen Betriebsmittel
des Auftragnehmers für die Identität der
wirtschaftlichen Einheit .
...31
.) ,,Kern der Wertschöpfung"
...31
.) Konkretisierung dieses Kriteriums
...31
(1) betriebsmittelarme Tätigkeiten
...31
(2) betriebsmittelgeprägte Tätigkeiten
...32
ffd.) Ermittlung der wesentlichen (identitätsprägenden)
Betriebsmittel
... ..............................................32
.) Wesentlichkeit bei ,,großen" Betriebsmitteln
...32
.) Bestimmung der Wesentlichkeit in anderen Fällen
...32
(1) Unverzichtbarkeit
...32
(2) auf freiem Markt nicht erhältlich
...32
ffe.) Kritische Würdigung der BAG ­Rechtsprechung
...33

[V]
fff.) abschließende Anmerkungen zur jüngsten
BAG-Rechtsprechung
...35
.) anderer Lösungsansatz
...35
.) Vorteile für die Gestaltungspraxis
...35
2. Teil : Gestaltungsoptionen im Zusammenhang mit § 613a BGB
...36
I.) Maßgeblicher Zeitpunkt für den Übergang eines Betriebs(-teils)
...37
1.)
Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs
...37
2.) Übergang der Inhaberschaft
...37
3) a.) Bestimmung des Zeitpunktes
...37
b.) Stichtagsregelungen
...38
II.) Zuordnungs- und Versetzungsoptionen
...38
1.) a.) Grundsätzliches
... 38
b.) Gestaltungsspielraum bzgl. Leistungsträger / ,,Underperformer"
...39
2.) tatsächlicher Nachweis der Durchführung einer solchen
Organisationsänderung
...39
3.) Einklang mit kollektivrechtlichen (Tarifvertrag) und
individualrechtlichen Vorgaben
a.) missbräuchliche Gestaltungen
...39
b.) Versetzungen i.S.d. §§ 95 III , 99 BetrVG
...39
c.) Zuordnungsentscheidung jenseits einer Versetzung
...40

[VI]
III.) Kündigungen im Zusammenhang mit Betriebs(- teil)übergang
und die Gestaltung der Sozialauswahl
...40
1.) Betriebsbedingte Kündigung durch den Veräußerer
nach § 613a IV 1 BGB ?
...40
a.) Komplementärfunktion des § 613a Abs. 4 ggü. Abs. 1
... ............40
b.) Reichweite Kündigungsverbot
...40
c.) Kündigung vor Betriebsübergang, um überhaupt einen
Betriebsübergang zu ermöglichen
...41
d.) punktuelle Streitgegenstandstheorie
...41
2.) Verhältnis von § 1 KSchG und § 613a Abs. 4 BGB .
...41
a.) § 613a Abs. 4 S.1 BGB als eigenes Kündigungsverbot
im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG
...41
b.) Schutzbereich des § 613a IV 1 BGB
...42
c.) ,,Verbrauch" des Schutzzweckes des § 613 a IV BGB
...42
3.) ist der durch die Arbeitnehmerzahl gem. § 23 I KSchG
vermittelte Kündigungsschutz nach §§ 1 ff. KSchG ein
Recht i.S. des § 613a I 1 BGB ?
...43
a.) Auffassung BAG
...43
b.) Praxisfolgen
...44
4.) ,,Vergleichbarkeit" im Rahmen der sozialen Auswahl nach § 1 III
KSchG
...44
a.) arbeitsplatzbezogene Merkmale
... 44
aa.) tatsächliche Einsetzbarkeit
...44
bb.) rechtliche Einsetzbarkeit
... .............................45
cc.) ,,arbeitsvertragliche Austauschbarkeit" und
horizontale Vergleichbarkeit
...45
b.) Fehler bei der Sozialauswahl
...45
aa.) Aufgabe der ,,Domino-Theorie" durch BAG
...45

[VII]
5.) Zusammenhang zwischen der Betriebsstruktur einerseits
und dem Wirkungskreis der Sozialauswahl andererseits
...46
a.) Versetzungsklauseln und AGB- Kontrolle
...46
b.) Versetzungsklauseln und kündigungsrechtl. Folgen
...46
c.) Standortbezogene Direktionsklauseln
...47
aa) bestimmter Betriebsteil
...47
bb) bestimmter Standort
...47
d.) Unternehmensweite Versetzungsklauseln
...47
aa) arbeitsvertraglich vereinbarten Einsatzbereich
...47
bb.) unternehmens-/konzernweite Versetzungsklausel .
...48
) Ansicht BAG
...48
) Vorbehalt eines betriebsübergreifenden
Versetzungsrechts
... 48
.) § 1 II 2 KSchG als Ultima-ratio-Grundsatz
... 48
.) Umgehung der Sozialauswahl nach § 1 III KSchG
...48
.) ,,Rosinen-Theorie" für Arbeitgeber
...49
(1) Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB )
unternehmensweiter Versetzungsklauseln /
,,kündigungsrechtliche Kompensation"
...49
e.) Konzernversetzungsklauseln
... .............................................49
f.) Arbeitsverträge ohne (ausdrückliche) Regelung zur
standortbezogenen Versetzbarkeit
...50
g.) Konsequenzen für die Vertragsgestaltung
...50
h.) Resümee zur Sozialauswahl
...51
IV.) Widerspruchsrecht nach § 613a VI BGB
...51
1.) Einführung
...51
2.) a.) ,,Rechtsfolgenverweigerungsrecht" .
...52
b.) bedingungsfeindliches Gestaltungsrecht
...
...
52
c.) konkludenter Widerspruch
... 52
3.) Vereinbarungen über einen Verzicht auf Widerspruchsrecht
...53

[VIII]
4.) Konsequenzen für die den Widerspruch
ausübenden Mitarbeiter
...53
a.) Rechtsfolgen des wirksam ausgeübten Widerspruchs
aa.) Widerspruch vor Betriebsübergang
...53
bb.) Widerspruch nach Betriebsübergang
.) herrschende Meinung ( ex tunc
-
Lösung )
...54
.) Mindermeinung (ex nunc-Lösung)
...54
.) Stellungnahme
...54
cc.) Widerspruchsrecht nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses
...55
dd.) EXKURS
.) §§ 812 ff. BGB / ,,faktisches Arbeitsverhältnis"
...55
.) Annahmeverzugsansprüche( § 615 BGB )
...55
EXKURS Ende
...55
b.) Zwischenergebnis
... 56
aa.) Verhinderung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses
auf den Erwerber
...56
bb.) Arbeitsplatz wandert trotzdem zum Erwerber
...56
cc.) Kündigungsverbot des § 613a IV 1 BGB /
Betriebsübergang ist also nur ,,äußerer Anlass"
der betriebsbedingten Kündigung
...56
dd.) Übertragung (Produktions-)Betriebe
...57
ee.) Übertragung betriebsmittelarmer
(Dienstleistungs-)Betriebe
...57

[IX]
c.) Wirksamkeit betriebsbedingter Kündigungen durch den
Veräußerer, wenn dieser Neueinstellungen während der
Widerspruchsfrist vorgenommen hat
...57
aa.) maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und soziale
Rechtfertigung nach § 1 II 1 KSchG ...57
bb.) Ansicht BAG für den Teilbetriebsübergang
...58
.) Kritik
...58
d.) Auswirkung des Widerspruchsrechts auf die
Sozialauswahl (§ 1 III KSchG)
...59
aa.) Grundsätzliches
...59
bb.) Sozialauswahl u. Übergang ganzer Betrieb
...59
cc.)
Sozialauswahl u. Übergang Teilbetrieb
...59
cca.) BAG bisher : Berücksichtigung der
Widerspruchsgründe
...59
ccb.) Rechtslage seit Änderung des
§ 1 III KSchG zum 01.01.04
...60
.) Teilbetriebsübergang und Betriebsspaltung
... ..6o
(1.) Widerspruch und Kündigung nach
Betriebsabspaltung
...60
(2.) Widerspruch und Kündigung vor
der Betriebsabspaltung
(a.) ist AN durch den Widerspruch
mit einem Manko belastet ?
...60
(.) Meinungen
...60
(.) Gesetzeswortlaut
... .60
(.) Kritik
...61
(.) Alternativlösung
...61

[X]
V.) Auflösung der Teilbetriebsstrukturen im Veräußerer ­
Betrieb
...61
VI.) Zerschlagung der übernommenen wirtschaftlichen
Einheit durch den Erwerber
...62
1.) a.) tatsächliche Fortführung
...62
b.) Neustrukturierung
...62
c.) ,,Zerschlagungsmodell"
...62
VII.) Belegschaftswechsel durch Austauschkündigung
...63
1.) Allgemeines
...63
2.) Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe .
...63
3.) a.) betriebliche Erfordernisse i.S. von § 1 II KSchG :
innerbetrieblichen / außerbetriebliche Gründe .
...64
b.) unternehmerische Entscheidung
...64
aa.) Grundsatz der freien Unternehmerentscheidung
... .........64
.) Überprüfbarkeit von bisher im Betrieb durchgeführten
Arbeiten an ein anderes Unternehmen
...64
.) rechtsmissbräuliche Unternehmerentscheidung
...65
bb.) Prüfobliegenheit der Arbeitsgerichte
...65
VIII.) Arbeitnehmerüberlassung ( Leiharbeit )
...65
1.) Einsatz der Veräußerer - Mitarbeiter als Leiharbeitnehmer im
übergegangenen Betriebsteil
...65
a.) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und betriebsbedingte
Änderungskündigung
...65
b.) Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nur
zu geringerem Entgelt
...66
2.) Rechtsbeziehungen bei Leiharbeit
...66

[XI]
IX.) Einschaltung einer Beschäftigungs- und
Qualifizierungsgesellschaft ( BQG ) (,,über Bande spielen" )
... ............66
1.) Zweck von BQG
...67
2.) Funktionsweise ,,BQG-Modell"
...67
3.) dreiseitiger Vertrag
...67
4.) Zentrales Problem : Aufhebungsverträge
a.) Unwirksamkeit
...68
aa.) Einräumung rechtlich unverbindlicher
Chance / ,,Dörries-Scharmann-Rechtsprechung" /
,,Risikogeschäft"
...68
bb.) Lemgoer Modell
...69
5.) BQG und § 1 III KSchG
...69
6.) a.) Widerruf des Aufhebungsvertrags
nach §§ 355, 312 I 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB
...69
b.) Anpassung / Aufhebung des Aufhebungsvertrags
nach § 313 BGB
...7o
7.) BQG- Modell und Wiedereinstellungsanspruch
...70
Resümee
...70
ANHANG
RL 2001/23/EG
§ 613 a BGB
§ 1 KSchG

[XII]
Literaturverzeichnis
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Heinz- Josef/
Hohenstatt,
Klaus-Stefan/
Schweibert,
Ulrike/
Seibt,
Christoph H. :
Umstrukturierung und Übertragung von
Unternehmen , 2.A. München 2003
(zit.: Willemsen/Hohenstatt u.a., Kap., Rn. )
Worzalla, Michael
:
Neue Spielregeln bei Betriebsübergang - Die
Änderungen des § 613a BGB , NZA 2002
,
S.353
­
358;

[a]
Einführung
Der Wandel der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitgeist der Globalisierung erfordert
mehr denn je eine größere Flexibilität der Unternehmensorganisation .
Eine freie Marktwirtschaft ist nicht denkbar ohne die Fähigkeit der beteiligten
Unternehmen, sich nicht nur in ihrem externen Verhalten, sondern auch hinsichtlich
ihrer internen Struktur auf veränderte Marktverhältnisse einzustellen .
Probleme im Zusammenhang mit Betriebsübergängen sind daher von hoher
Praxisrelevanz . .
Mittlerweile wird die gesamte Unternehmenstruktur in Frage gestellt .
Aktuelles Beispiel hierfür ist die Deutsche Telekom .
Im März 2007 fällt der Startschuss für das wohl schwierigste Umbauprojekt in der
deutschen Wirtschaft : die Telekom auf Weltklasseservice zu trimmen .
Die geplante Strukturreform sieht vor, rund 50.000 Mitarbeiter der Festnetzsparte T-
Com ­ das sind knapp ein Drittel der gesamten Konzernbelegschaft in Deutschland ­
Mitte 2007 in drei eigenständige Service - Gesellschaften auszulagern .
,,Das ist der größte Outsourcing-Deal , den die Branche je gemacht hat", so der
Kommentar eines Marktteilnehmers .
Es gehört indes zu den Errungenschaften einer sozialen Marktwirtschaft, dass die von
solchen Veränderungen betroffenen Arbeitnehmer nicht bloßes Objekt derartiger
Marktprozesse, sondern mit eigenen Rechtspositionen ausgestattet sind .
Nun hat der EuGH mit der Entscheidung Güney-Görres vom 15. 12. 2005
eine
bewährte Rechtsprechung des BAG zum Betriebsübergang obsolet gemacht und die
Karten des Betriebsübergangsrechts damit neu gemischt.
Wenn also EU-Richtlinien mitsamt ihrer Auslegung durch den EuGH und die
Anwendung der zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Vorschriften durch
deutsche Gerichte aufeinanderstoßen, wird Rechtssicherheit zu einem knappen Gut.
Das zeigen die in letzter Zeit ­ in Reaktion auf die jüngste EuGH- Rechtprechung -
ergangenen Entscheidungen des BAG zum Recht des Betriebsübergangs mit aller
Deutlichkeit.

[b]
Daher wird mit der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, die
arbeitsrechtlichen ( Teil 1 ) und gestalterischen (Teil 2 ) Aspekte im Zusammenhang
mit Betriebs(-teil)übergängen darzustellen .

[- 1 -]
Teil 1 : Der Betriebsübergangstatbestand ( § 613 a
BGB ) im Spiegel der Rechtsprechung des
EuGH und des BAG
I.) Bedeutung des EG-Rechts für das deutsche Arbeitsrecht
1.) Wirkung von Richtlinien
a.) Das Betriebsübergangsrecht ist ein gutes Beispiel für die
zunehmende Bedeutung des Rechts der Europäischen
Gemeinschaft für das deutsche Arbeitsrecht .
Mit der Richtlinie über den Betriebsübergang verabschiedete die
EG am 14.2.1977 eine der ersten arbeitsrechtlichen Richtlinien .
Die Betriebsübergangsrichtlinie wurde am 29.6.1998 geändert
und mit der Richtlinie 2001/23/EG vom 12.3.2001 neu gefasst
1
.
Die Richtlinien auf dem Gebiet des Arbeitsrechts sehen lediglich
Mindestregelungen vor, das heißt die Mitgliedstaaten sind
befugt, einen höheren Arbeitnehmerschutz im nationalen Recht
beizubehalten oder zu treffen (vgl. Art 8 RL 2001/23/EG ) .
b.) Den Bürgern wird durch die Richtlinie grundsätzlich keine
unmittelbare Rechtsposition gewährt . Sie verpflichtet lediglich
die Mitgliedstaaten, solche Rechtspositionen zugunsten ihrer
Bürger einzurichten
2
. Dabei gibt die Richtlinie mehr oder
minder konkret das zu erzielende Ergebnis vor und überlässt
den Mitgliedstaaten die Wahl der Form und der Mittel ( Art.
249 III EG ) . Die Richtlinie vereinheitlicht das Recht also nicht,
sondern sie bewirkt lediglich eine Angleichung
3
.
In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte die Transformation
1
Richtlinie 77/187/EWG v. 14. 2. 1977, ABlEG Nr. L 61 v. 5. 3. 1977, S.
26, geändert durch die Richtlinie 98/50/EG v. 29. 6. 1998, ABlEG Nr. L 201 v.
17. 7. 1998, S. 88, neu kodifiziert durch die Richtlinie 2001/23/EG
v. 12. 3. 2001, ABlEG Nr. L 82 v. 22. 3. 2001, S. 16 (s. Anhang ) ;
2
Weth/Kerwer JuS 2000,S. 426
3
Calliess / Ruffert , EUV/ EGV Art. 249 Rn 48 f. ;

[- 2 -]
der Richtlinie 2001/23/EG in nationales Recht (vgl. Art 249 III
EG ) im Wesentlichen durch § 613a BGB .
Mit der Umsetzung wird also der Richtlinieninhalt Bestandteil
der nationalen Rechtsordnung .
2.) Gebot der richtlinienkonformen Auslegung
a.) Gleichwohl verliert der Richtlinieninhalt mit der
Transformation nicht seine europarechtliche ,,Herkunft"
4
, denn
Behörden und Gerichte sind zur richtlinienkonformen
Auslegung verpflichtet
5
. Der EuGH leitet dieses Instrument aus
Art. 10 II i.V.m. Art. 249 III EG ab
6
.
Das Gebot einer richtlinienkonformen Auslegung des
nationalen Rechts ist dem EG-Vertrag immanent, da dem
nationalen Gericht dadurch ermöglicht wird, im Rahmen seiner
Zuständigkeit die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts
zu gewährleisten, wenn es über den bei ihm anhängigen
Rechtsstreit entscheidet
7
.
b.) Dieses Auslegungsinstrument bedeutet also, dass ein
deutsches Gericht die von ihm anzuwendenden deutschen
Rechtsvorschriften so auszulegen hat, dass das von der
Richtlinie verbindlich vorgegebene Ziel erreicht werden kann .
Auf diese Weise fließen die Wertungen der nicht unmittelbar
anwendbaren Vorschriften des Europarechts in die
Interpretationsspielräume des nationalen Rechts ein
8
.
c.) Durch Art. 234 I EG ist dem EuGH im Verhältnis zu den
Gerichten der Mitgliedstaaten die abschließende
Entscheidungsbefugnis über die Auslegung des Vertrages sowie
über die Gültigkeit und die Auslegung der dort genannten
4
So Balze/Rebel/Schuck Rn 345
5
statt vieler EuGH Slg. 1994, I- 3325, 3357 ­ Faccini Dori
6
EuGH , Slg. 1990, 4135 ­ Marleasing ; Calliess/ Ruffert, EUV/ EGV Art. 249 Rn. 115 ;
7
vgl.
insbes. EuGH NZA 2006, 909 Rn 109 ; NZA 2004, 1145 Rdnr. 114
8
Weth/Kerwer S. 427 ;

[- 3 -]
abgeleiteten gemeinschaftsrechtlichen Akte übertragen worden
9
3.) Rangverhältnis
a.) Es gilt, dass dem Europarecht der Vorrang gebührt
10
.
Nationales Recht, das mit Primär-oder Sekundärrecht
unvereinbar ist, ist zwar nicht nichtig, es darf jedoch im Fall
einer Kollision nicht angewandt werden (sog.
Anwendungsvorrang )
11
. Der Vorrang ergibt sich mittelbar aus
Art. 10 UA 2 , Art.12 und Art. 249 EG
12
.
b.) Die Ermächtigung zu einer verbindlichen Entscheidung im
Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens beruht auf den
der Europäischen Union durch die Zustimmungsgesetze gem.
Art. 23 I 2 , 59 II 1 GG übertragenen Kompetenzen
13
.
c.) Der Vorrang erstreckt sich auch auf Entscheidungen des
EuGH . Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Deutschland haben
deshalb ebenso wie die deutschen Gerichte die
Betriebsübergangs-Richtlinie und die hierzu ergangenen
Entscheidungen des EuGH als zwingendes Recht zu beachten
14
.
4.) Kritische Würdigung der Auslegung von Richtlinien durch
den EuGH
15
Wenn in jüngster Zeit gerade bei arbeitsrechtlichen Richtlinien
kaum große Begeisterung über die Überlagerung des deutschen
Arbeitsrechts durch europäisches Recht aufkommt, so liegt dies
weniger an der gemeinschaftsrechtlichen
Harmonisierungskompetenz selbst, als an der überraschenden
Art und Weise, wie Richtlinien vom EuGH ausgelegt werden .
9
BVerGE 52, 187, 200
10
vgl. Grundsatzurteil EuGH , Slg. 1964, 1251,1269 - Costa/ENEL;
Slg. 1978, 629 f ­ Simmenthal II ; BVerGE 73, 339, 374f. ­ Solange II
11
Calliess / Ruffert, Art. 249 EUV/EGV Rn 24 ;
12
Balze/Rebel/Schuck Rn 347 ;
13
BVerGE 73, 339, 375
14
Balze/Rebel/Schuck aaO.
15
s. zum Ganzen Hailbronner, NZA 2006, S. 811, 815

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836613781
DOI
10.3239/9783836613781
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Pforzheim – Wirtschaft, Wirtschaftsrecht
Erscheinungsdatum
2008 (Juni)
Note
1,7
Schlagworte
funktionsnachfolge güney-görres kündigung widerspruchsrecht betriebsübergang
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Titel: Der Betriebs(-teil)übergang (§ 613a BGB) im Wandel der Rechtsprechung von EuGH und BAG unter Berücksichtigung der Folgen für die gestalterische Praxis
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