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Ist Europa ein optimaler Währungsraum?

Eine Analyse unter Berücksichtigung der EU-Osterweiterung

©2008 Bachelorarbeit 62 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Bereits im Jahr 1961 stellte Robert A. Mundell fest: „The optimum currency area is not the world“ und legte zeitgleich den Grundstein zur Theorie optimaler Währungsräume, im folgenden OCA-Theorie (Optimum Currency Areas-Theorie) genannt. Die OCA-Theorie untersucht, unter welchen Voraussetzungen der Verzicht auf den Wechselkurs als Anpassungsinstrument auf exogene Schocks innerhalb eines gemeinsamen Währungsraumes, die später näher erläutert werden, sich als akzeptabel und unter Umständen als vorteilhaft erweisen kann.
Im Allgemeinen versteht man unter einem Währungsraum ein geografisches Gebiet, in dem eine einheitliche Währung anerkannt ist. Dieses Gebiet kann sich auf einen Staat beschränken oder mehrere Länder umfassen. Sofern das Gebiet mehrere Länder umfasst, handelt es sich um eine Währungsunion, wie beispielsweise die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU).
Das Kriterium der Optimalität ist gekennzeichnet durch das Erreichen eines internen und externen Gleichgewichts für das gesamte Währungsgebiet. So ist ein optimaler Währungsraum durch eine niedrige Inflation und niedrige Arbeitslosigkeit definiert (internes Gleichgewicht) und zugleich durch eine möglichst ausgeglichene Zahlungsbilanz (externes Gleichgewicht).
Aufgrund der Tatsache, dass innerhalb einer Währungsunion unwiderruflich fixierte Wechselkurse zwischen den Teilnehmerstaaten vereinbart sind und zugleich flexible Wechselkurse zur übrigen Welt existieren, besteht das größte Problem einer Währungsunion darin, die oben genannten wirtschaftspolitischen Ziele unter Aufrechterhaltung eines fixierten Wechselkurses zu erreichen und zu erhalten. Dieses Problem ergibt sich verstärkt aus einer wachsenden Teilnehmeranzahl einer Währungsunion.
Im Falle der EWWU wäre hier die Erweiterung der Europäischen Union (EU) zu betrachten und auf ihre Auswirkungen zu untersuchen. Die EU-Erweiterungen im Jahr 2004 und 2007 vergrößerten die Europäische Union um zehn mittel- und osteuropäische Länder (MOEL). Durch die Übernahme des Acquis Communautaire ist eine Einführung des Euros für diese Länder unabdingbar. Slowenien konnte als erstes Land der EU-Osterweiterung am 1. Januar 2007 den Euro als offizielles Zahlungsmittel einführen. Die im weiteren Verlauf zu betrachtenden und zu untersuchenden MOEL beschränken sich hier auf die verbleibenden sieben Mitgliedsstaaten (MOEL-7) der ersten EU-Erweiterung vom 1. Mai 2004: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Alexander Charles
Ist Europa ein optimaler Währungsraum?
Eine Analyse unter Berücksichtigung der EU-Osterweiterung
ISBN: 978-3-8366-1321-7
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Universität Duisburg-Essen, Standort Duisburg, Duisburg, Deutschland,
Bachelorarbeit, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
II
Tabellenverzeichnis
III
Symbolverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
V
1
Einleitung
1
2
Die Theorie optimaler Währungsräume
2
2.1 Feste vs. flexible Wechselkurssysteme
3
2.2 Symmetrische und Asymmetrische Schocks
4
2.3 Die traditionellen Ansätze
6
2.3.1
Faktormobilität
6
2.3.2
Offenheit
8
2.3.2
Diversifikation
11
2.4 Der integrative Ansatz: Kosten-Nutzen-Analyse
11
2.4.1
Kosten einer Währungsunion
12
2.4.2
Nutzen einer Währungsunion
13
3
Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
14
3.1 Die Mitgliedsstaaten der EWWU im Jahr 2008
15
3.2 Nominale Konvergenz: Die Maastricht-Kriterien und
der Stabilitäts- und Wachstumspakt
16
3.3 Reale Konvergenz: Realwirtschaftliche Strukturen und
Lebensstandards
19
4
Die EU Osterweiterung
21
4.1 Die MOEL im Fokus der Maastricht-Kriterien
22
4.2 Die MOEL im Fokus der Theorie optimaler Währungsräume
26
4.2.1
Asymmetrische Schocks
26
4.2.2
Faktormobilität
30
4.2.3
Außenhandel: Offenheit und Diversifikation
34
4.2.4
Wechselkursregime
38
4.3 Änderungen des makroökonomischen Entscheidungsrahmens
für die Eurozone und die MOEL durch die EU-Osterweiterung
39
5
Fazit
43
Anhang
46
Literaturverzeichnis
47

II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1
Aggregierter Nachfrage- und Angebotsschock
4
Abbildung 2
Faktormobilität als Anpassungsinstrument auf
asymmetrische Nachfrageverschiebung
8
Abbildung 3
Preisniveauvariation in Abhängigkeit vom Offen-
heitsgrad
9
Abbildung 4
Trade-off zwischen Offenheitsgrad und Kosten einer
Währungsunion
10
Abbildung 5
Optimaler Umfang einer Währungsunion
12
Abbildung 6
Mitgliedsstaaten der EWWU
46
Abbildung 7
EWU-Beitrittsszenario für die MOEL
15
Abbildung 8
Anteil der Publikationen über eine bessere MOEL-
Konjunkturzyklenkorrelation mit der EZ im Vergleich zu
Griechenland, Irland und Portugal
29
Abbildung 9
Schockkorrelation der EWU-Gründungsmitglieder im
Vergleich zu den MOEL
30
Abbildung 10
Arbeitslosenquoten, 2004-2007
33
Abbildung 11
Konvergenz der MOEL-Arbeitslosenquoten zur EZ bzw.
EU- 27, 2007
34
Abbildung 12
Wertschöpfung je Wirtschaftssektor der MOEL im
Vergleich zur EZ
36
Abbildung 13
Stimmenanteile im EZB-Rat in Abhängigkeit von der
Anzahl der NZB-Präsidenten
42
Abbildung 14
Stimmengewicht des EZB-Direktoriums in Abhängigkeit
von der Anzahl der NZB-Präsidenten
43

III
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1
Makroökonomische Werte der MOEL
22
Tabelle 2
Konvergenzerfüllung nach den Maastricht-Kriterien
22
Tabelle 3
Preisniveauentwicklung der MOEL
23
Tabelle 4
Öffentliche Finanzen der MOEL, 2006
24
Tabelle 5
Wechselkursregime der MOEL
25
Tabelle 6
Langfristige Zinssätze der MOEL
26
Tabelle 7
Schockkorrelation der MOEL
27
Tabelle 8
Metadaten der Analyse von Fidrmuc, Korhonen von 2006
28
Tabelle 9
Ausländische Bevölkerung aus den MOEL-8 in der EU-15,
2003-2006
32
Tabelle 10 Ausländische Bevölkerung aus Bulgarien und Rumänien in
der EU-15, 2003-2005
32
Tabelle 11 Bisherige Angleichung der Lebensstandards und Dauer des
Erreichens von 70% des EU-Durchschnitts
33
Tabelle 12 Offenheitsgrad und Außenhandel der MOEL, 2005
35

IV
Symbolverzeichnis
Veränderung
D
Nachfragegerade
n
Anzahl der Mitgliedsstaaten
P
Preisniveau
S
Angebotsgerade
Y
Output
Indizes:
*
optimal
A, B
Länder
kfr.
kurzfristig
lfr.
langfristig
O
offen
G
geschlossen
0, 1, 2
verschiedene Ausprägungen

V
Abkürzungsverzeichnis
ALQ
Arbeitslosenquote
AUT
Österreich
BEL
Belgien
BGR
Bulgarien
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BS-Effekt
Balassa-Samuelson-Effekt
CBR
Currency-Board-Regelung
CZE
Tschechien
DEU
Deutschland
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
ESP
Spanien
EST
Estland
ESVG
Europäisches System Volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen
EU
Europäische Union
EU-15
EU mit 15 Teilnehmern, 1995-2004
EU-25
EU mit 25 Teilnehmern, 2004-2006
EU-27
EU mit 27 Teilnehmern, seit 2007
EWU
Europäische Währungsunion
EWWU
Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
EZ
Eurozone
EZB
Europäische Zentralbank
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
FIN
Finnland
FRA
Frankreich
FTD
Financial Times Deutschland
GK
Grenzkosten
GN
Grenznutzen
GRC
Griechenland
HUN
Ungarn
ITA
Italien
KKS
Kaufkraftstandards
LTU
Litauen
LUX
Luxemburg
LVA
Lettland

VI
MOEL
Mittel- und osteuropäische Länder: MOEL-7 mit
Bulgarien und Rumänien, seit 2007
MOEL-7
MOEL mit Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei,
Tschechien und Ungarn, 2004-2006
MOEL-8
MOEL-7 mit Slowenien, 2004-2006
NDL
Niederlande
NZB
Nationale Zentralbank
OCA
Optimum Currency Areas
POL
Polen
PRT
Portugal
ROU
Rumänien
SVK
Slowakei
SVN
Slowenien
ToT
Terms of Trade
VAR-Modell
Vektorautoregressives Modell
WKM I
Wechselkursmechanismus I
WKM II
Wechselkursmechanismus II

1
1
Einleitung
Bereits im Jahr 1961 stellte Robert A. Mundell fest: ,,The optimum currency
area is not the world"
1
und legte zeitgleich den Grundstein zur Theorie optima-
ler Währungsräume, im folgenden OCA-Theorie (Optimum Currency Areas-
Theorie) genannt. Die OCA-Theorie untersucht, unter welchen Voraussetzun-
gen der Verzicht auf den Wechselkurs als Anpassungsinstrument auf exogene
Schocks innerhalb eines gemeinsamen Währungsraumes, die später näher
erläutert werden, sich als akzeptabel und unter Umständen als vorteilhaft er-
weisen kann.
Im Allgemeinen versteht man unter einem Währungsraum ein geografisches
Gebiet, in dem eine einheitliche Währung anerkannt ist. Dieses Gebiet kann
sich auf einen Staat beschränken oder mehrere Länder umfassen. Sofern das
Gebiet mehrere Länder umfasst, handelt es sich um eine Währungsunion, wie
beispielsweise die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU).
Das Kriterium der Optimalität ist gekennzeichnet durch das Erreichen eines
internen und externen Gleichgewichts für das gesamte Währungsgebiet. So
ist ein optimaler Währungsraum durch eine niedrige Inflation und niedrige Ar-
beitslosigkeit definiert (internes Gleichgewicht) und zugleich durch eine mög-
lichst ausgeglichene Zahlungsbilanz (externes Gleichgewicht).
2
Aufgrund der Tatsache, dass innerhalb einer Währungsunion unwiderruflich
fixierte Wechselkurse zwischen den Teilnehmerstaaten vereinbart sind und
zugleich flexible Wechselkurse zur übrigen Welt existieren, besteht das größte
Problem einer Währungsunion darin, die oben genannten wirtschaftspoliti-
schen Ziele unter Aufrechterhaltung eines fixierten Wechselkurses zu errei-
chen und zu erhalten. Dieses Problem ergibt sich verstärkt aus einer
wachsenden Teilnehmeranzahl einer Währungsunion.
Im Falle der EWWU wäre hier die Erweiterung der Europäischen Union (EU)
zu betrachten und auf ihre Auswirkungen zu untersuchen. Die EU-Erweiterun-
gen im Jahr 2004 und 2007 vergrößerten die Europäische Union um zehn
mittel- und osteuropäische Länder (MOEL). Durch die Übernahme des Acquis
Communautaire
3
ist eine Einführung des Euros für diese Länder unabdingbar.
Slowenien konnte als erstes Land der EU-Osterweiterung am 1. Januar 2007
den Euro als offizielles Zahlungsmittel einführen. Die im weiteren Verlauf zu
1
Mundell (1961), S. 659
2
Vgl. Herrmann (2001), S. 11, S.22; Traud (1996), S. 2 ff.
3
Acquis Communautaire: Gemeinschaftlicher Besitzstand der Mitgliedsstaaten der EU, d.h. alle
gültigen Verträge und Rechtsakte der EU; Vgl. Europa (2008), [1]

2
betrachtenden und zu untersuchenden MOEL beschränken sich hier auf die
verbleibenden sieben Mitgliedsstaaten (MOEL-7) der ersten EU-Erweiterung
vom 1. Mai 2004: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Tschechien und
Ungarn, sowie auf die zwei jüngsten Mitgliedsstaaten vom 1. Januar 2007:
Bulgarien und Rumänien.
Durch die zukünftige Integration der MOEL in die Europäische Währungsunion
(EWU) ergeben sich u. a. folgende Fragen: Welche Voraussetzungen sind für
eine EWU-Teilnahme zu erfüllen? In wieweit scheinen die MOEL zur Teil-
nahme an der Europäischen Währungsunion geeignet zu sein? Wann ist mit
einem Beitritt der einzelnen Volkswirtschaften zu rechnen? Welche Änderun-
gen ergeben sich durch die Teilnahme der MOEL an der EWU, für die derzei-
tigen EWU-Teilnehmer und für die MOEL selbst? Und stellt die zukünftige
EWU einen optimalen Währungsraum dar?
Ziel dieser Arbeit ist es, unter Rückgriff auf die OCA-Theorie Antworten auf die
gestellten Fragen aufzuzeigen. Auf diesem Wege werden deshalb in Kapitel 2
zunächst die Ursprünge und grundlegenden Ansätze der OCA-Theorie erör-
tert. Kapitel 3 liefert dann einen Überblick über die derzeitigen und zukünftigen
EWU-Teilnehmerstaaten und gibt die Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Euro-Einführung an. In Kapitel 4 wird die Eignung der MOEL zur Teilnahme an
der EWU unter Berücksichtigung der Maastricht-Kriterien und der OCA-
Theorie analysiert, um im Fazit die zentrale Frage nach der Optimalität des
zukünftigen europäischen Währungsraumes zu beantworten.
2
Die Theorie optimaler Währungsräume
In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden die ersten An-
sätze zu den Möglichkeiten, auf externe volkswirtschaftliche Schocks unter
Beibehaltung fester Wechselkurse zu reagieren und diese innerhalb eines
Währungsraumes zu absorbieren. Während in den Pionierarbeiten von
Mundell, McKinnon und Kenen der Schwerpunkt der Betrachtung auf die
Kosten gerichtet ist, welche durch den Verlust des makroökonomischen An-
passungsinstrumentes des flexiblen Wechselkurses bei volkswirtschaftlichen
Schocks entstehen, so ist der integrative Ansatz auf einen Vergleich zwischen
den entstehenden Kosten und den Nutzeneffekten eines einheitlichen Wäh-
rungsraumes ausgerichtet.
4
4
Vgl. Traud (1996), S. 4

3
2.1
Feste vs. flexible Wechselkurssysteme
Die OCA-Theorie ist eng verbunden mit der Wahl zwischen den beiden ex-
tremsten Formen von Wechselkurssystemen
5
, da je nach Wechselkurssystem
die Abschaffung von Zahlungsbilanzungleichgewichten auf ganz unterschied-
liche Art und Weise erfolgt.
In einem System flexibler Wechselkurse erfolgt der Ausgleich durch eine Auf-
bzw. Abwertung der Währung und somit kommt es zu einer Verschlechterung
bzw. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit nationaler Waren. Dies führt
über die Handelsbilanz zu einem Zahlungsbilanzausgleich. Ein wesentlicher
Vorteil flexibler Wechselkurssysteme ist die Aufrechterhaltung einer eigen-
ständigen Geldpolitik und dadurch die Steuerung wirtschaftspolitischer Ziele.
Nachteilig wirkt sich dagegen die Unsicherheit von Wechselkursvolatilitäten
auf Handelskontrakte aus.
In einem System fester Wechselkurse ist die Zentralbank nur bei auftretenden
Zahlungsbilanzungleichgewichten zu Interventionen verpflichtet. Des Weiteren
verliert die Zentralbank die Autonomie, durch geeignete geldpolitische Maß-
nahmen die Erreichung nationaler wirtschaftspolitischer Ziele zu beeinflussen.
Der Vorteil eines Festkurssystems besteht in der Disziplinierung der Zentral-
bank, durch die eine inflationsfördernde Geldpolitik eingeschränkt wird.
6
Aufgrund der bisherigen Entwicklung des internationalen Währungssystems
wird erkennbar, dass flexible Wechselkurse aus Zusammenbrüchen fester
Wechselkurssysteme resultierten.
7
Die Meinungen über den optimalen
Flexibilitätsgrad des Wechselkurssystems sind polarisiert; während eine Viel-
zahl von Ökonomen fixierte Wechselkurse bevorzugen, weist Milton Friedman
bereits 1953 auf die Notwendigkeit von flexiblen Wechselkursen hin, um die
nationale Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität zu gewährleisten
8
: ,,Instability of
exchange rates is a symptom of instability in the underlying economic
structure. Elimination of this symptom by administrative freezing of exchange
rates cures none of the underlying difficulties and only makes adjustment to
them more painful."
9
5
Vgl. Herrmann (2001), S.10, S.20
6
Die dargelegten Vor- und Nachteile der verschiedenen Wechselkurssysteme stellen nur einen
kleinen Ausschnitt der Diskussion über beide Wechselkurssysteme dar; ausführlich vgl.
Krugman, Obstfeld (2006), S. 663 ff.
7
Vgl. Krugman, Obstfeld (2006), S. 623 ff.
8
Vgl. Friedman (1953), S. 157 ff.
9
Friedman (1953), S. 158

4
Friedman behandelt ausführlich vier geeignete Ausgleichsmechanismen
10
,
wobei sich Wechselkursänderungen am ehesten als Anpassungsinstrument
an gesamtwirtschaftliche Veränderungen eignen.
11
Die Relevanz flexibler
Wechselkurse
wird
aufgrund
zunehmender
internationaler
Handels-
verflechtungen immer bedeutsamer, da die Anpassungsmechanismen
Preisniveau- und Nominallohnänderungen, Änderungen der Währungs-
reserven und direkte Kontrollen keine Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit
zulassen.
12
2.2
Symmetrische und Asymmetrische Schocks
Ein exogener Schock ist ein nachhaltiger und unerwarteter realwirtschaftlicher
Impuls auf der aggregierten Angebots- bzw. Nachfrageseite, wie
beispielsweise eine massive Verteuerung von Rohöl. Anhand dieses Beispiels
wird ersichtlich, dass Länder ohne eigene Förderung wesentlich stärker von
diesem Impuls betroffen sind als Länder mit nationalem Vorkommen.
Aufgrund der unterschiedlichen Wirkung handelt es sich um einen
asymmetrischen Schock. Dagegen verursacht ein symmetrischer Schock
gleichgerichtete Wirkungen in den Mitgliedsstaaten einer Währungsunion
aufgrund einer hohen Korrelation zwischen den Konjunkturzyklen der
Währungsunionsteilnehmer.
13
Die folgende Abbildung zeigt die Wirkungen
asymmetrischer Angebots- und Nachfrageschocks mit aggregierten Größen.
Abb. 1: Aggregierter Nachfrage- und Angebotsschock
In Anlehnung an Bayoumi, Eichengreen (1993), S. 199
10
Vgl. Friedman (1953), S. 160ff.
11
Vgl. Friedman (1953), S. 172 f.
12
Vgl. Friedman (1953), S. 196 ff.
13
Vgl. Belke, Hebler (2002), S.74 ff.; Weimann (2005), S. 28
P
P
a) Positiver Nachfrageschock
b) Positiver Angebotsschock
Y
Y
1
D
0
D
.
kfr
S
0
D
.
lfr
S
2
P
1
P
2
P
1
P
0
2
Y
Y
=
1
Y
2
Y
0
Y
0
P
1
Y
0
P
.
0
kfr
S
.
1
kfr
S
.
0
lfr
S
.
1
lfr
S

5
Bei Auftreten eines permanenten positiven Nachfrageschocks (Abb. 1 a)
kommt es zu einer Rechtsverlagerung der Nachfragegeraden D, wodurch sich
ein kurzfristiges Gleichgewicht in gestiegenen Preis- und Einkommensniveau
1
P
und
1
Y
ergibt. Langfristig steigt das Preisniveau aufgrund des vertikalen
Verlaufs der langfristigen Angebotsgeraden auf
2
P
und das Einkommen kehrt
zum Ursprungsniveau zurück:
2
0
Y
Y
=
. Auf lange Sicht wirkt sich ein Nach-
frageschock lediglich auf das Preisniveau aus, das Beschäftigungsniveau
bleibt unverändert. Dagegen ändert ein positiver Angebotsschock (Abb. 1 b)
sowohl das kurzfristige (
.
kfr
S
) als auch das langfristig aggregierte Angebot
(
.
lfr
S
) und wirkt sowohl auf das Preis- als auch Einkommensniveau.
Bayoumi, Eichengreen haben das Konzept der Symmetrie der Störungen ein-
geführt und stellen dar, dass bei symmetrischen Schocks auf Wechselkurs-
änderungen verzichtet werden kann, da gleichgerichtete geldpolitische Maß-
nahmen der Zentralbank zum Ursprungsgleichgewicht führen.
14
Bezogen auf
die Abgrenzung eines optimalen Währungsraumes, sind eine hohe Korrelation
der Konjunkturzyklen und eine hohe Anpassungsgeschwindigkeit an exogene
Schocks ein übergeordnetes Kriterium.
15
Sofern asymmetrische Schocks
auftreten, die nicht bzw. nicht effektiv durch alternative Anpassungs-
mechanismen ausgeglichen werden können, entsteht ein Anpassungsdruck
auf den nominalen Wechselkurs. Um die Kosten des Verzichts auf flexible
Wechselkurse messbar zu machen, haben die beiden oben genannten
Ökonomen einen Index entworfen, der die jeweiligen Unterschiede der
Handelsstruktur eines Landes mit denen der anderen Mitgliedsstaaten misst.
16
Es ist zu beachten, ob Asymmetrien zwischen den potentiellen Mitgliedern
bestehen und ob sich bestehende Asymmetrien durch eine Währungsunion
abbauen lassen. Hierbei ist auf eine mögliche Zunahme von inter- bzw. intra-
industriellem Handel einzelner Volkswirtschaften eines Währungsraumes zu
achten. Während inter-industrieller Handel aufgrund eines gesteigerten
Spezialisierungsgrades die Wirkung asymmetrischer Schocks verstärkt,
bewirkt intra-industrieller Handel besonders nach Einführung einer
Währungsunion tendenziell eine konjunkturelle Anpassung der Mitglieds-
staaten.
17
14
Vgl. Bayoumi, Eichengreen (1993), S. 195 ff.
15
Vgl. Fuest, Matthes (2005), S. 6 f.
16
Vgl. Bayoumi, Eichengreen (1997), S. 761 ff.
17
Vgl. Traud (1996), S. 72 f.

6
Die Gefahr von Kosten bei asymmetrischen Schocks innerhalb einer
Währungsunion besteht primär im Verzicht der Mitglieder auf eine autonome
Geldpolitik. Die übergeordnete Zentralbank steht nach einem asymmetrischen
Schock vor einem Dilemma; während in manchen Teilen einer Währungs-
union eine expansive Ausrichtung notwendig wird, so ist in anderen Gebieten
eine kontraktive Ausrichtung erstrebenswert.
18
Aufgrund der notwendigen,
unterschiedlichen geldpolitischen Impulse besteht das Risiko innerhalb einer
Währungsunion mit zu großen Asymmetrien, dass eine supranationale
Zentralbank nicht in der Lage ist, ihre Ziele erfolgreich zu verfolgen. Unter
diesen Voraussetzungen liegt kein optimaler Währungsraum vor und eine
pareto-optimale Situation wäre bei Verzicht auf eine Währungsunion für die
betreffenden Länder möglich. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass sich
die von der Zentralbank einheitlich festgelegte Geldpolitik als Quelle interner
asymmetrischer Störungen erweist. Dies ist der Fall, wenn aus den
Maßnahmen der Zentralbank asymmetrische Reaktionen in den Mitglieds-
staaten entstehen. Ursachen für asymmetrische geldpolitische Trans-
missionen können in der Produktions- und Finanzstruktur, sowie der Zins-
elastizität der Löhne und des Preisniveaus liegen.
19
2.3
Die traditionellen Ansätze
Die traditionellen Ansätze der OCA-Theorie untersuchen die Existenz und
Effizienz alternativer Anpassungsprozesse innerhalb einer Währungsunion
beim Auftreten exogener Schocks als Substitut für das Anpassungsinstrument
eines flexiblen Wechselkurses.
20
Im Sinne der traditionellen Kriterien liegt ein
optimaler Währungsraum vor, wenn die Anpassungsfähigkeit der Mitglieder
einer Währungsunion hoch genug ist, um bei Störungen auch ohne flexible
Wechselkurse die Optimalitätskriterien zu erfüllen.
21
Im Folgenden werden alternative Anpassungsprozesse an sektorale und
globale Störungen aufgezeigt und kurz kritisch beurteilt.
2.3.1 Faktormobilität
Das 2-Länder-Modell von Robert A. Mundell, dem Urvater der OCA-Theorie,
betrachtet Länder, in denen in der Ausgangslage Vollbeschäftigung und eine
ausgeglichene Zahlungsbilanz herrschen. Mit diesem Modell werden die
Wirkungen eines asymmetrischen Nachfrageschocks in einem System fester
18
Vgl. Weimann (2005), S. 28
19
Vgl. Clausen (2001), S. 18 ff.
20
Vgl. Herrmann (2001), S. 21 ff.; Traud (1996), S. 9 f.; McKinnon (1963), S. 717
21
Vgl. Traud (1996), S. 10

Details

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Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836613217
DOI
10.3239/9783836613217
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Duisburg-Essen – Wirtschaftswissenschaft, Studiengang Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2008 (Mai)
Note
2,1
Schlagworte
oca-theorie europäische währungsunion optimum currency area währungsgebiet euroraum
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