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Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze

©1997 Diplomarbeit 142 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Erddruck ist eine der wichtigsten Größen für den Nachweis der Standsicherheit und der Bemessung von Bauwerken des Grundbaus. Seit annähernd zwei Jahrhunderten beschäftigt sich die Forschung mit Methoden zur Bestimmung des Erddrucks.
Eine der ersten Erddrucktheorien wurde 1773 von Coulomb veröffentlicht. Coulomb stellte fest, daß für die Erddruckkraft auf eine Wand zwei Grenzwerte existieren. Infolge der Verschiebung vom Erdreich weg erhält man den Kleinstwert, der als die aktive Erddruckkraft Ea bezeichnet wird. Der Größtwert, die passive Erddruckkraft Ep, ergibt sich durch die Verschiebung der Wand gegen das Erdreich. Die entsprechenden Grenzwerte erhielt Coulomb aus Extremwertbetrachtungen an Bruchmodellen. Die Größe der Wandbewegung zum Erreichen des Grenzgleichgewichtes blieb dabei unberücksichtigt. Neuere Erkenntnisse zeigten jedoch, daß sich bei einer Annahme von ebenen Gleitflächen und großer Reibungswinkel unzutreffend große Erdwiderstandsbeiwerte ermitteln lassen.
Die gegenwärtig verwendeten Erddrucktheorien werden eingesetzt, um die Standsicherheit eines Bauwerkes durch den Ausschluß des Auftretens bestimmter Bruchmechanismen nachzuweisen. Die dabei angesetzten Erddruckkräfte, die für die Standsicherheitsnachweise ausreichend sind, eignen sich aber im allgemeinen nicht für die Bemessung im Gebrauchszustand, bei der die auftretenden Verformungszustände berücksichtigt werden müssen. Ein gestiegenes Anforderungsprofil an Grundbauwerken durch wirtschaftliche und funktionale Aspekte erfordert eine Untersuchung des Erddrucks im Gebrauchszustand, bei der die wichtigen Einflußgrößen erfaßt werden müssen.
Eine Möglichkeit, die aufgestellten Erddrucktheorien zu überprüfen bzw. neue Erddrucktheorien zu entwickeln, besteht in der Durchführung von Modellversuchen. Dabei wurde und wird der Einfluß folgender Faktoren untersucht: 1. Abhängigkeit von der Wandbewegungsart, 2. Einfluß des Wandreibungswinkels, 3. Einbindetiefe der Wand, 4. Abhängigkeit vom Reibungswinkel, 5. Einfluß der Lagerungsdichte D bei Untersuchung von Sand als Bodenmaterial, 6. Verformungsverhalten, 7. Bruchmechanismen.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Anwendung der Methode der Finiten Elemente. Die ständige Verbesserung von Hard- und Software läßt die Methode der Finiten Elemente als praxistaugliche Alternative heranwachsen.
Vorteile sind in der Anwendung von Berechnungsmodellen zu sehen, die eine Interaktion zwischen Bauwerk und Baugrund […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jürgen Schmitt
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz
nichtlinearer Materialgesetze
ISBN: 978-3-8366-1267-8
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, Braunschweig,
Deutschland, Diplomarbeit, 1997
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
i
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Analytische Methoden zur Bestimmung des Erdwiderstandes
4
2.1
Mohr-Coulomb
(1773)
4
2.2
Krey
(1936)
4
2.3
Ohde
(1938)
5
2.4
Caquot-Kerisel
(1956)
5
3
Erddruckversuche
7
3.1
Franzius
(1928)
7
3.2
Narain,
Saran,
Nandakumaran
(1969)
8
3.3
Roscoe
(1970) 11
3.4
Laumans
(1977)
12
3.5
Vogt
(1984)
14
3.6
Mao
(1993)
16
3.7
Wittlinger
(1994)
18
3.8
Bartl
(1997)
20
3.9 Zusammenstellung Erddruckversuche
23
4 Elastoplastische Stoffgesetze der Boden- und Felsmechanik
24
4.1
Grundlagen
24
4.1.1
Fließkriterium
24
4.1.2
Fließregel
24
4.1.3
Verfestigungs-
und
Entfestigungsregel
26
4.2
Invarianten
29
4.3
Mohr-Coulomb
Kriterium
32
4.4
Drucker-Prager
Kriterium
36
4.5
Braunschweiger
Kappenmodell 39
4.6
Zusammenstellung
elastoplastischer
Stoffgesetze
43

Inhaltsverzeichnis
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
ii
5 Implementierung elastoplastischer Stoffgesetze in das FE-Programm ANSYS
44
5.1
Einführung
44
5.2
Analyse
des
Fortranquellcodes
USERPL.F
45
5.3 Programmierung elastoplastischer Stoffgesetze über die Benutzerschnittstelle UPF
46
5.3.1 Flußdiagramm für die Umsetzung der elastoplastischen Stoffgesetze über
46
die Benutzerschnittstelle UPF
5.3.2 Beschreibung der Eingabedaten für die Anwendung der elastoplastischen
47
Stoffgesetze
5.3.3
Berechnung
der
TRIAL-Spannungen
48
5.3.4 Abprüfung des 1. Fließkriteriums und Berechnung der Dehnungsinkremente
49
5.3.5
Umformung
der
Tangentensteifigkeitsmatrix
5
0
5.3.6 Abprüfung des 2. Fließkriteriums bei Anwendung des entwickelten
51
Braunschweiger Kappenmodells mit einer volumetrischen Fließbedingung
und Berechnung der Dehnungen
5.4 Einbinden des Fortranquellcodes in das FE-Programm ANSYS
53
5.5 Verifikation der programmierten elastoplastischen Stoffgesetze anhand eines
54
FE-Modells
6 Vergleichsberechnungen FE-Erddruckmodell nach Schweiger
58
6.1 Modellaufbau und Materialkennwerte
58
6.2 Vergleich und Beurteilung der
Berechnungsergebnisse
59
6.3
Zusammenstellung
der
Berechnungsergebnisse 62
7 Umsetzung von Erddruckversuchen in ein FE-Modell
74
7.1 Erddruckversuche von Narain, Saran und Nandakumaran
74
7.1.1 Zusammenstellung von Bodenkennwerten und Materialparametern
74
7.1.2
Aufbau
des
FE-Modells
76
7.1.3 Vergleich und Beurteilung der Berechnungsergebnisse mit den
77
Versuchsergebnissen
7.1.3.1
Parallelverschiebung
77
7.1.3.2
Kopfpunktverschiebung 78
7.1.3.3
Fußpunktverschiebung
79

Inhaltsverzeichnis
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
iii
7.1.4
Zusammenstellung
des
Berechnungsergebnisse
81
7.1.4.1
Parallelverschiebung
81
7.1.4.2
Kopfpunktverschiebung
88
7.1.4.3
Fußpunktverschiebung
98
7.2
1g-Modellversuch
von
Bartl
108
7.2.1 Zusammenstellung von Bodenkennwerten und Materialparametern
108
7.2.2
Aufbau
des
FE-Modells
109
7.2.3 Vergleich und Beurteilung der Berechnungsergebnisse mit den
110
Versuchsergebnissen
7.2.4
Zusammenstellung
der
Berechnungsergebnisse
111
8 Analytische Berechnung des Erdwiderstandes
113
8.1 Erddruckversuche von Narain, Saran und Nandakumaran
113
8.2
1g-Modellversuch
von
Bartl
114
9 Gegenüberstellung und Beurteilung der bestimmten Erddruckverteilungen
116
10 Zusammenfassung
125
11
Literaturverzeichnis
128

Bezeichnungen
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
iv
Bezeichnungen
E
0
Resultierende des Erddruhedrucks
E
a
Resultierende des aktiven Erddrucks
E
ah
horizontaler Anteil der Resultierende des aktiven Erddrucks
E
p
Resultierende des passiven Erddrucks
E
ph
horizontaler Anteil der Resultierende des passiven Erddrucks
k
0
Beiwert für den Erdruhedruck
k
ah
Beiwert für den aktiven horizontalen Erddruck
k
ph
Beiwert für den passiven horizontalen Erddruck
Wandreibungswinkel
G Schubmodul
K Kompressionsmodul
E Elastizitätsmodul
E
s
Steifemodul
µ
Querdehnzahl
Wichte
p
a
atmosphärischer
Druck
c' effektive
Kohäsion
' effektiver
Reibungswinkel
' effektiver
Dilatanzwinkel
In dieser Arbeit werden die effektive Spannungen untersucht. Zur Vereinfachung wird für c' nur c, für
' nur
und für
' nur
geschrieben.
F Fließkriterium
Q plastisches
Potential
d
plastischer
Proportionalitätsfaktor
Lode
Winkel
I
1
1. Invariante des Spannungstensors
I
2
2. Invariante des Spannungstensors
I
3
3. Invariante des Spannungstensors
J
1
1. Invariante des deviatorischen Spannungstensors S

Bezeichnungen
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
v
J
2
2. Invariante des deviatorischen Spannungstensors S
J
3
3. Invariante des deviatorischen Spannungstensors S
Spannungstensor
S
deviatorischen Spannungstensors
trial
fiktiver
Spannungstensor
e
elastische
Dehnungen
p
plastische
Dehnungen
d
e
Inkrement der elastischen Dehnung
d
p
Inkrement der plastischen Dehnung
[D] Tangentensteifigkeitsmatrix (Spannungsdehnungsmatrix)
w
p2
plastische
Arbeit
dw
p2
Inkrement der plastischen Arbeit
A x B tensorielle Verknüpfung zweier Tensoren
ABC Kommandos und Begriffe des FE-Progamms ANSYS werden im Schriftgrad FETT
dargestellt.
Vorzeichendefinition: Die in den Bildern dargestellten Erddruckspannungen sind mit den in der
Bodenmechanik üblichen Vorzeichen definiert. Die Druckspannungen besitzen ein positives bzw. die
Zugspannungen ein negatives Vorzeichen. Abweichend davon werden die Spannungen und
Dehnungen in den FE-Plots (Bilder 7.25 bis 7.26, 7.45 bis 7.52 und 7.72 bis 7.78) für
Druckbeanspruchungen negativ bzw. für Zugbeanspruchungen positiv dargestellt, da die Methode der
Finiten Elemente nach [39] ursprünglich zum Einsatz bei statischen und dynamischen Berechnungen
in der Strukturmechanik entwickelt wurde und auch heute dort noch am häufigsten angewendet wird.

1 Einleitung
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
1
1 Einleitung
Der Erddruck ist eine der wichtigsten Größen für den Nachweis der Standsicherheit und der
Bemessung von Bauwerken des Grundbaus. Seit annähernd zwei Jahrhunderten beschäftigt sich die
Forschung mit Methoden zur Bestimmung des Erddrucks.
Eine der ersten Erddrucktheorien wurde 1773 von Coulomb [18] veröffentlicht. Coulomb stellte fest,
daß für die Erddruckkraft auf eine Wand zwei Grenzwerte existieren (Bild 1.1). Infolge der
Verschiebung vom Erdreich weg erhält man den Kleinstwert, der als die aktive Erddruckkraft E
a
bezeichnet wird. Der Größtwert, die passive Erddruckkraft E
p
, ergibt sich durch die Verschiebung der
Wand gegen das Erdreich. Die entsprechenden Grenzwerte erhielt Coulomb aus
Extremwertbetrachtungen an Bruchmodellen. Die Größe der Wandbewegung zum Erreichen des
Grenzgleichgewichtes blieb dabei unberücksichtigt. Neuere Erkenntnisse zeigten jedoch, daß sich bei
einer Annahme von ebenen Gleitflächen und großer Reibungswinkel unzutreffend große
Erdwiderstandsbeiwerte ermitteln lassen [52].
Wandbewegung vom
Wandbewegung zum
Erdreich weg
Erdreich hin
Bild 1.1 Zusammenhang zwischen Erddrucklast und Wandbewegung, [25]
Die gegenwärtig verwendeten Erddrucktheorien werden eingesetzt, um die Standsicherheit eines
Bauwerkes durch den Ausschluß des Auftretens bestimmter Bruchmechanismen nachzuweisen. Die
dabei angesetzten Erddruckkräfte, die für die Standsicherheitsnachweise ausreichend sind, eignen sich
aber im allgemeinen nicht für die Bemessung im Gebrauchszustand, bei der die auftretenden
Verformungszustände berücksichtigt werden müssen [31]. Ein gestiegenes Anforderungsprofil an
Grundbauwerken durch wirtschaftliche und funktionale Aspekte erfordert eine Untersuchung des
Erddrucks im Gebrauchszustand, bei der die wichtigen Einflußgrößen erfaßt werden müssen.

1 Einleitung
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
2
Eine Möglichkeit, die aufgestellten Erddrucktheorien zu überprüfen bzw. neue Erddrucktheorien zu
entwickeln, besteht in der Durchführung von Modellversuchen. Dabei wurde und wird der Einfluß
folgender Faktoren untersucht :
·
Abhängigkeit von der Wandbewegungsart
·
Einfluß des Wandreibungswinkels
·
Einbindetiefe der Wand
·
Abhängigkeit vom Reibungswinkel
·
Einfluß der Lagerungsdichte D bei Untersuchung von Sand als Bodenmaterial
·
Verformungsverhalten
·
Bruchmechanismen
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Anwendung der Methode der Finiten Elemente. Die ständige
Verbesserung von Hard- und Software läßt die Methode der Finiten Elemente als praxistaugliche
Alternative heranwachsen.
Vorteile sind in der Anwendung von Berechnungsmodellen zu sehen, die eine Interaktion zwischen
Bauwerk und Baugrund widerspiegeln. Dabei lassen sich eindeutige Erkenntnisse über das
Tragverhalten und die Verformungskinematik gewinnen. Durch Variationsrechnungen können
Konstruktionsalternativen entworfen werden, die durch Vergleich zu einem optimierten Entwurf
führen.
Der Nachteil besteht durch den Einfluß von Randbedingungen und der Wahl des geeigneten
Stoffgesetzes. Das Kontinuum des Bodens wird als halbunendlich ausgedehnt angenommen. Für die
Berechnung mit der Methode der Finiten Elemente ist ein endlicher Berechnungsausschnitt notwendig.
Die Wahl des Berechnungsausschnittes bzw. das Setzen der Randbedingungen muß so gewählt
werden, daß der Bereich in dem keine Spannungs- bzw. Verformungsveränderungen auftreten, mit
dem FE-Modell erfaßt werden können.
Für die Beschreibung des nichtlinearen Spannungsdehnungsverhaltens des Bodens muß ein geeignetes
Stoffgesetz gewählt werden. In der Bodenmechanik kommen dabei hauptsächlich elastoplastische
Stoffgesetze zum Einsatz.
In dieser Arbeit werden zunächst in einer kurzen Zusammenfassung analytische Methoden zur
Ermittlung der Erdwiderstandes beschrieben. Das darauffolgende Kapitel stellt Modellversuche zur
Bestimmung des Erddrucks und Versagensbilder chronologisch mit Versuchsaufbau und
Versuchsergebnis dar. Darauf folgt eine Darstellung elastoplastischer Stoffgesetze, die für eine
FE-Berechnung von Erddruckversuchen verwendet werden. Im nächsten Schritt werden die zuvor
beschriebenen elastoplastischen Stoffgesetze programmiert und in das kommerzielle FE-Programm
ANSYS implementiert. Mit Testbeispielen werden die elastoplastischen Stoffgesetze verifiziert. Durch

1 Einleitung
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
3
die Umsetzung von Erddruckversuchen in ein FE-Modell wird die Übertragbarkeit von
Versuchsergebnissen auf ein FE-Modell in Abhängigkeit der Wahl des Stoffgesetzes analysiert.
Abschließend werden die Ergebnisse aus analytischer Berechnungsmethode, Erddruckversuch und FE-
Berechnung gegenübergestellt und beurteilt.

2 Analytische Methoden zur Bestimmung des Erddrucks
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
4
2 Analytische Methoden zur Bestimmung des Erdwiderstandes
2.1 Mohr-Coulomb (1773)
Bild 2.1 Ebene Gleitfläche von Coulomb, [52]
In der Erddrucktheorie von Coulomb erhält man durch die Annahme einer ebenen Gleitfläche und daß
die Resultierende im unteren Drittelspunkt der Wandhöhe angreift (Bild 2.1), den maßgebenden
Erdwiderstandsbeiwert k
p
. Der Erdwiderstand ist ein Extremalwert und wird als Minimalwert der
möglichen Erdwiderstände in Abhängigkeit vom Gleitfächenwinkel bestimmt.
2.2 Krey (1936)
Bild 2.2 Kreisgleitfächen nach Krey, [52]
Krey verwendete 1936 einen durchgehenden Kreis als Gleitfläche (Bild 2.2). Die Resultierende greift
dabei im unteren Drittelspunkt der Wand an. Unter Berücksichtigung der Gleichgewichtsbedinungen
wird mit den getroffenen Annahmen der kleinste Erdwiderstand gesucht. Eine Übereinstimmung
ergibt sich, wenn die Wand sich über einen Punkt über der Wand dreht (Bild 2.2).

2 Analytische Methoden zur Bestimmung des Erddrucks
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
5
2.3 Ohde (1938)
Bild 2.3 Teilweise spiralförmige Gleitfläche nach Ohde, [52]
Ohde [60] entwickelte 1938 ein Verfahren bei dem die Gleitfläche aus einen ebenen und einen
gekrümmten, entsprechend einer logarithmischen Spirale, Anteil besteht (Bild 2.3). Die Bruchfigur
wird mit zwei Winkeln
1
und
2
festgelegt, die von einer Kombination des Reibungswinkels
' und
des Wandreibungwinkels
p
abhängig sind. Die Resultierende des Erddrucks wird im unteren
Drittelspunkt der Wandhöhe angenommen. Die Kraft Q geht im gekrümmten Teil der Gleitfläche
durch einen Pol. Über die Summe der Momente um den Pol wird die Größe der
Erddruckresultierenden ermittelt. Bei großen Wandreibungswinkeln ist mit diesem Verfahren eine
schnelle Zunahme der Erddwiderstandsbeiwerte festzustellen [52].
2.4 Caquot-Kerisel (1956)
Bild 2.4 Bruchfigur zur Plastizitätstheorie von Caquot-Kerisel, [52]
In der Plastizitätstheorie nach Caquot-Kerisel von 1956 wird angenommen, daß sich der gesamte
Gleitkörper in jedem Punkt im Grenzzustand befindet. Die Gleitfläche besteht aus einem gekrümmten
und geraden Teil. Der Kopfpunkt der Wand wird als ,,Ähnlichkeitszentrum" für Spannungsellipsen
angesehen. Durch die Beschreibung des Spannungszustandes in den Punkten, die jeweils auf einem
vom Kopfpunkt ausgehenden Strahl liegen, und unter der Voraussetzung, daß die Spannungen an der

2 Analytische Methoden zur Bestimmung des Erddrucks
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
6
Wand und in jedem dieser Strahlen mit der Tiefe geradlinig zunehmen (Bild 2.4), lassen sich durch ein
Näherungsverfahren die Gleitfläche und der Erdwiderstand ermitteln.

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
7
3 Erddruckversuche
3.1 Franzius (1928), [32]
An der ,,Hannoverschen großen Versuchseinrichtung", die eine Abmessung von 7,15 m Länge, 2 m
Höhe und 2 m Breite hatte (Bild 3.1), wurden 1928 Versuchsreihen zur Bestimmung des passiven
Erddrucks durchgeführt. Die Versuchseinrichtung besaß an den Längsseiten Fenster, an denen die
Bruchfiguren des Sandes beobachtet werden konnten. In 40 Versuchen untersuchte Franzius, wie sich
bei einer Fußpunktdrehung die Kraft infolge der Wandverschiebung veränderte. Die waagrechten und
senkrechten Kräfte wurden mit Dynamometern gemessen, während die Verschiebung der Wand mit
einer Meßtafel bestimmt wurde. Ein Versuch dauerte 3 bis 4 Stunden.
Bild 3.1 Systemlängenschnitt und Grundriß des Erddruckkastens, [32]
Die Wandrauhigkeit wurde bei Annahme einer glatten und einer rauhen Wand analysiert. Den Sand
baute Fanzius in einem feuchten Zustand und in einem Zustand ,in dem der Sand ständig unter Wasser
stand, ein. Neben der Unterscheidung zwischen der Wandrauhigkeit und der Wichte des Sandes,
variierte man die Füllhöhen des Sandes.
Bild 3.2 Kraftwegkurven von Erddruckversuchen mit ,,rauher Druckwand" und stark eingestampften sehr feuchtem Sand,
Füllhöhe = Druckwandhöhe = 1,80 m, [32]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
8
Die Ergebnisse wurden in Kraft-Weg-Kurven aufgetragen (Bild 3.2). Bei der Annahme einer glatten
Wand war der Erdwiderstand kleiner als bei der rauhen Wand. Die Versuche mußten nach einem
Verschiebungswert von 120 mm vor dem theoretischen Ende eines Verschiebungswerts von 200 mm
abgebrochen werden. Bei rauher Wand bildeten sich mehrere Gleitflächen aus, während bei der als
glatt angenommen Wand meist nur eine Gleitfläche zu erkennen war. Die Ergebnisse zeigen, daß das
Arbeiten mit ebenen Gleitflächen bei passiven Erddruck und rauher Wand nicht korrekt ist, da die
berechneten Erwiderstände zu hoch sind. Bei Annahme einer glatten Wand fand sich eine bessere
Übereinstimmung mit der Theorie nach Coulomb.
3.2 Narain, Saran, Nandakumaran (1969), [58]
Das Erddruckmodell bestand aus einem Kasten (Bild 3.6) mit den Abmessungen mit den
Abmessungen 4 ft 11 in. x 2 ft 11 in. x 2 ft (1,50 m x 0,90 m x 0,60 m). Der Kasten war an den beiden
Längsseiten verglast. Die Wand mit den Abmessungen 19,5" x 24,5" x ½" (49,5 cm x 0,62 cm x 1,27
cm) konnte über eine Schraubvorrichtung bewegt werden. Dabei waren drei Verschiebungsarten der
Wand möglich (Drehung um den Kopfpunkt, Drehung um den Fußpunkt, Parallelverschiebung). Der
Erdwiderstand wurde mit vier elektrischen Widerstandsspannungsmeßaufnehmer gemessen. Man
untersuchte locker und dicht gelagerten Sand. Die Verschiebungen wurden in Inkrementen von je 5
mm aufgebracht.
Bild 3.3 Ansicht des Erddruckmodells, [58]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
9
Bild 3.4 Erdwiderstand bei Parallelverschiebung der Wand, [58]
Bild 3.5 Erdwiderstand bei Drehung um den Fußpunkt der Wand, [58]
Bild 3.6 Erdwiderstand bei Drehung um den Kopfpunkt der Wand, [58]
In Bild 3.4 bis 3.6 sind die gemessenen Spannungen an drei Meßaufnehmer für die drei Arten der
Wandverschiebung dargestellt. Bei Parallelverschiebung der Wand ergab sich für alle Meßpunkte ein
gleichmäßiger großer Spannungszuwachs, unabhängig ob sich um eine locker oder dicht gelagerten
Sand handelte (Bild 3.4). Dagegen waren für eine Fußpunktdrehung (Bild 3.5) andere

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
10
Spannungsverschiebungslinien im Vergleich von locker zu dicht gelagertem Sand zu sehen. Während
beim locker gelagerten Sand die Spannungen an den drei Meßaufnehmern gleichermaßen groß
abfielen, sackten bei dem dicht gelagerten Sand die Spannungen auf den identischen Wert ab. Der
locker gelagerte Sand konnte größere Verschiebungen aufnehmen, bis ein Bruchzustand eintrat. Im
Gegensatz dazu waren die maximalen Spannungswerte beim dicht gelagerten Sand größer. Bei der
Kopfpunktdrehung (Bild 3.6) erhielt man für die aufgebrachten Verschiebungen für locker bzw. dicht
gelagerten Sand maximale Spannungen von der gleichen Größenordnung. Der obere Meßaufnehmer
zeigte für den locker gelagerten Sand eine leichte Spannungszunahme.
Bild 3.7 Bruchfigur bei Parallelverschiebung der Wand, [58]
Bild 3.8 Bruchfigur bei Drehung um den Fußpunkt der Wand, [58]
Bild 3.9 Bruchfigur bei Drehung um den Kopfpunkt der Wand, [58]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
11
Die im Versuch beobachteten Bruchfiguren sind in den Bildern 3.7 bis 3.9 dargestellt. Beim dicht
gelagerten Sand waren die Bruchkörper größer als bei locker gelagerten Sand. Die Form der
Bruchkörper war bei beiden Lagerungsdichten ähnlich.
3.3 Roscoe (1970), [3]
In Cambridge simulierte man in einem Glaskasten von 2,40 m Länge, 1,50 m Höhe und 19 cm Breite
einen ebenen Verformungszustand. Die 33 cm hohe mit Sandpapier beklebte Modellwand war mit
18 Spannungsmeßzellen ausgestattet. Untersucht wurde die Auswirkung einer Kopfpunktdrehung und
einer Fußpunktdrehung auf den Erdwiderstand. Die örtlichen Verschiebungen infolge der
Wandverschiebung bestimmte man durch in den Sand eingebaute Bleikugeln (2 mm Durchmesser und
2 cm Abstand voneinander). Die jeweilige Lage der Bleikugeln wurde mit einem ,,automatisch
arbeitenden Gerät koordinatenmäßig" erfaßt.
Bild 3.10 Spannungsverteilung hinter der Wand bei Drehung um den Fußpunkt a-c) dichte Lagerung, d-f) lockere Lagerung /
bei Drehung um den Kopfpunkt a-c) dichte Lagerung, d-f) lockere Lagerung, [3]
Die Ergebnisse sind in verschiedenen Kraft- Verschiebungs- bzw. Dehnungslinien in Abhängigkeit
von der Lagerungsdichte und der Art der Wandverschiebung dargestellt.

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
12
Bei dicht gelagerten Sand erhielt man den Größtwert bei Drehung um den Fußpunkt, während man für
die Drehung um den Kopfpunkt nur 40 % des Maximalwertes erreichte. Für den locker gelagerten
Sand wurden bei Drehung um den Fuß 20 % und bei Drehung um den Kopf 50 % der Maximalwerte
der bei dicht gelagerten Sand gemessen (Bild 3.10).
Bild 3.11 Linien gleicher Scherverformungen bei einem Erdwiderstandsversuch mit Drehung um den Fußpunkt, [3]
Die Verformungsbilder zeigten bei locker gelagertem Sand keine Bruchfuge. Es war nur eine
Verdichtung des Sandes zu erkennen. Eine Bruchfuge entstand bei dichter Lagerung des Sandes,
unabhängig von Art der Drehung. Die Bruchfuge bildete sich vom Fußbereich der Wand
progressiv zur freien Oberfläche aus (Bild 3.11).
Die Übertragbarkeit der Ergebnisse der Modellversuche auf die Wirklichkeit wurde auf Stützmauern
bis zu 10 m Höhe beschränkt.
3.4 Laumans (1977), [51]
In einem 1,15 m hohen, 2,04 langen und 1,20m breiten Modellkasten wurde eine 80 cm hohe
Modellwand am Kopfpunkt verschoben. Die Wand war im Sand als eingespannt angenommen
(Bild 3.12) und nicht wie bei anderen Erddruckversuchen gelenkig gelagert.

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
13
Bild 3.12 Modellwand mit Belastungsvorrichtung, [51]
Der Querbalken der Wandaufhängung wurde auf einem kugelgelagerten Schlitten und durch eine
Seilzugverbindung synchron mit dem Vorschub des Wandkopfes vorwärts bewegt. Dadurch blieben
die Zugstäbe während der Wandverschiebung senkrecht. Die Modellwand bestand aus zwei
Wandtafeln mit jeweils 10 waagerechten Lamellen. Das statische Verhalten der Wandtafeln entsprach
dem einer Gelenkkette. Es wurde ein Sand mit zwei unterschiedlichen Lagerungsdichten untersucht.
Die Lasten wurden über DMS-Kraftaufnehmer, die Verschiebungen über induktive Wegaufnehmer
gemessen.
Bild 3.13 Erddruckverteilung, [51]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
14
In Bild 3.13 ist die Erddruckverteilung für den aktiven und den passiven Erddruck in Abhängigkeit
vom Verdrehungswinkel
aufgetragen. Die Erddruckänderungen waren für den aktiven Erddruck
schon bei kleinen Wandverdrehungen abgeschlossen. Betracht man den passiven Erddruck, so ist ein
starker Erddruckzuwachs in Abhängigkeit vom Verdrehungswinkel festzustellen. Beim Vergleich mit
der Theorie nach Coulomb waren in den unteren Punkten ein deutlich geringerer Erddruck zu messen.
Die Erwartung, daß sich bei genügend großer Wandverdrehung in allen Bereichen der Grenzwert des
passiven Erddrucks erreichen läßt, konnte nicht bestätigt werden.
3.5 Vogt (1984), [79]
Die Untersuchung erfolgte im Zusammenhang mit der Fragestellung, ob eine zyklische
Wandbewegung zu einer Zunahme des Erdwiderstands führt.
Der großmaßstäbliche Modellversuch wurde an einer 4 m hohen und 9 m langen Wand im Freigelände
durchgeführt (Bild 3.14). Die Wand bestand aus 9 Stahlbetonfertigteilen, welche durch einen Stahl-
rahmen miteinander verbunden waren. Die drei mittleren Wandteile waren mit Erddruckaufnehmern
ausgestattet.
Bild 3.14 Einbauten hinter der großen Modellwand Schnitt im Pressenbereich, Aufsicht Einbauten hinter Modellwand,
Schnitt durch Versuchsgrube, [79]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
15
Um eine quantitative Aussage über die Größe des Erddrucks treffen zu können, wurden Meßsysteme
verschiedener Hersteller verwendet. Der gesamte Erdwiderstand konnte mit neun Kraftmeßdosen
gemessen werden. Die Wandkopfverschiebung realisierte man mit drei hydraulischen Pressen. Mit
4 Meßuhren und 3 Potentiometern bestimmte man die Verformungen. Die horizontalen
Verschiebungen innerhalb der Sandhinterfüllung registierte man mit 14 Potentiometern. Ein spezielles
Steuerungssystem für die hydraulischen Pressen erlaubte eine genaue und gleichmäßige Bewegung
des Wandkopfes mit Toleranzen von 0,02 mm (Bild 3.14).
Die Verwendung verschiedener Meßsystemen brachte nicht die erwartete quantitative Aussage über
die Größe des Erddrucks. Die Meßunterschiede betrugen bis zu 30 % zwischen den verschiedenen
Meßsystemen. Die gleichgerichtete Anzeige aller Meßsysteme ließ dagegen ein abgesicherte
qualitative Aussage zu.
Nach der fertigen Hinterfüllung der Wand stellte sich ein Gesamterddruck ein, der zwischen den
theoretischen Werten des aktiven Erddrucks und des Erdruhedrucks lag.
Bei linear zunehmender Wandverschiebung nahmen die Verschiebungen im Sand nichtlinear zu. Die
Verschiebungen im Sand waren aber kleiner als die Wandverschiebungen. Bei zyklischer
Wandverschiebung und zunehmender Zyklenzahl nahm die Amplitude der Verschiebungen im Sand
ab.
Bild 3.15 Entwicklung der Erddruckverteilung bei zunehmenden Wandkopfverschiebungen, [79]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
16
Bei zunehmender Verschiebung des Wandkopfes stieg der Erdwiderstand auf die Wand (Bild 3.15).
Die Erddruckverteilung änderte sich im Vergleich zum linearen Verlauf des Erdruhedrucks
wesentlich. Im oberen Wandbereich nahm der Erdwiderstand stark zu. Am Wandfuß nahm der
Erdwiderstand geringfügig ab. Der Schwerpunkt der Erddruckkraft wanderte nach oben.
Die zyklische Beanspruchung zeigte keine signifikante Zunahme des passiven Erddrucks. Die
Erddruckverteilung veränderte sich nur unwesentlich.
3.6 Mao (1993), [52]
Mit der Versuchsanlage war es möglich, die drei Wandbewegungsarten Parallelverschiebung,
Kopfpunktdrehung und Fußpunktdrehung zu simulieren (Bild 3.16). Die Einbindetiefen betrugen
zwischen 10 und 25 cm. Die Wand besaß eine Breite von 19,5 cm. Der Versuchsbehälter hatte die
Maße 19,8 cm x 50,0 cm x 77,5 cm (Bild 3.17). Dabei wurden die Modellversuche mit unbehinderter,
verhinderter und gesteuerter Vertikalbewegung der belasteten Wand durchgeführt. Die Auswirkungen
der Parallelbewegung der Wand untersuchte Mao nicht nur mit trockenem, sondern auch mit feuchtem
Sand und Sand unter Wasser.
Die vertikalen und die horizontalen Kräfte wurden mit Wägezellen als Kraftaufnehmer bestimmt. Die
Messung der Verschiebungen erfolgte mit induktiven Wegaufnehmern.
Bild 3.16 Versuchsanordnungen, [52]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
17
Bild 3.17 Konstruktion der Versuchsanlage bei Parallelbewegung, [52]
Die Mobilisierung des Erdwiderstandes wurde in Abhängigkeit des Sättigunggrades und der
Lagerungsdichte analysiert (Bild 3.18). Der Wandreibungswinkel, der bei der Berechnung des Erd-
widerstandsbeiwertes einfließt, ist in Abhängigkeit von der Wandbewegungsart ermittelt worden.
Bild 3.18 Erddruck bei verschiedenen Lagerungsdichten und Wandreibungswinkeln, [52]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
18
Der größte Erdwiderstand wurde bei einer Parallelbewegung, der kleinste bei Drehung um den
Fußpunkt der Wand mobilisiert.
Für jede Bewegungsart gab es einen zugehörigen Wandreibungswinkel. Für die Kopfpunktdrehung
ergab sich ein Winkel von
p
= -
1 3
/
' . Bei Drehung um den Fußpunkt erhielt man einen Winkel
von bei
p
= -
2 3
/
' . Der Wandreibungswinkel für die Parallelbewegung lag zwischen den Werten
für Kopf- und Fußpunktdrehung. Bei Drehung um den Kopfpunkt war der größtmögliche
Wandreibungswinkel stets kleiner als der Reibungswinkel
' .
Die Resultierende des Erdwiderstandes lag bei Parallelbewegung höher als bei der Drehung um den
Kopfpunkt, aber tiefer als bei der Drehung um den Fußpunkt der Wand.
Abhängig von der Bruchform und der Wandreibung ergaben sich für jede Wandbewegungsart
unterschiedliche Bruchmuschellängen.
3.7 Wittlinger (1994), [85]
Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Erddruckversuchen mit dem Bodenmaterial Sand
untersuchte Wittlinger einen bindigen Boden. Die Versuche fanden im Freigelände mit einer
Druckplatten-Expansionsvorrichtung statt. Der Versuchsaufbau wurde für eine parallele
Wandverschiebung und eine für Kopfpunktverschiebung konzipiert. Es wurden seitlich zwei Schlitze
eingefräst, um einen ebenen Verformungszustand zu simulieren.
Bild 3.19 Versuchseinrichtung für Fußpunktdrehung, [85]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
19
Die Belastungseinrichtung bestand aus drei Lastplatten. Die beiden äußeren Lastplatten waren am
Kopfende mit einem Querträger fest verschraubt. Die mittlere Lastplatte hatte am Kopfende nur über
zwei Kraftmeßdosen Kontakt mit dem Querträger, um somit die Vertikalkomponenten des Erddrucks
meßtechnisch aufzunehmen. Die vertikale Verschiebung der Belastungseinrichtung sollte bei allen
Versuchen v
vert.
0 cm betragen. Deswegen wurden die Kräfte infolge Wandreibung über vier Anker
vertikal abgetragen. Vier hydraulische Pressen verschoben die Modellwand.
Die Kräfte wurden horizontal über drei und in vertikaler Richtung über zwei Wägezellen gemessen.
Zusätzlich wurden die horizontalen passiven Erddruckkräfte der mittleren Lastplatte über 3 hydrau-
lische Kraftmeßgeber erfaßt. Die horizontalen passiven Erddruckkräfte des Gesamtsystems gaben 4
hydraulische Kraftmeßgebern an den äußeren Lastplatten an. Des weiteren wurde über den
Pressendruck der Hydraulikeinrichtung die horizontalen passiven Erddruckkräfte des Gesamtsystems
gemessen.
Die Verschiebungsmessungen erfolgten in horizontaler und vertikaler Richtung mit Hilfe von
elektronischen Wegaufnehmern.
Bild 3.20 Mobilisierter horizontaler Erdwiderstand in Abhängigkeit der Wandbewegung, Parallelverschiebung, [85]
Der Bruchkörper wurde durch acht vertikal ausgerichtete Wegaufnehmer abgetastet. Um Aussagen
über Verformungen und Abschervorgänge innerhalb des Bruchkörpers machen zu können, bohrte
Wittlinger zusätzlich zur elektronischen Meßerfassung fünf Schlitzsondierlöcher
2,0 cm und
verfüllte diese mit Sand.
In Abhängigkeit von der horizontalen Verschiebung untersuchte Wittlinger die Mobilisierung der
horizontalen Erdwiderstandskraft (Bild 3.20). Die Versuche wurden bis zum Bruch gefahren. Eine
Bruchfigur ist in Bild 3.21 dargestellt.

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
20
In DIN 4085 Bild 7 wird für den passiven Erddruck bei nichtbindigen Böden bei einer Drehung um
den Fußpunkt mit 75 % des Erddrucks bei einer Parallelverschiebung angegeben. In den Versuchen
ergab sich ein Wert zwischen 70 % und 80 %.
Bild 3.21 Ausgegrabener Bruchkörper mit freigelegten Sandschlitzen, Parallelverschiebung, [85]
3.8 Bartl (1997), [11]
Die Versuchsanlage besitzt eine Abmessung von 1,80 m Länge x 1,00 m Breite x 0,86 m Höhe. Die
100 cm breite und 56 cm hohe Versuchswand ist zur Verringerung des Einflusses der
Kastenseitenwand in drei Wandteile aufgeteilt (Bild 3.22). Die beiden Seitenwände sind 30 cm breit.
Die Mittelwand besitzt eine Breite von 40 cm. An der Mittelwand wurde die resultierende
Erddruckkraft mit Normal- und Tagentialkraftaufnehmern gemessen. An einer der beiden Seitenwände
bestimmte man den Normalanteil der Erddruckkraft.
Bild 3.22 Versuchswand, [11]

3 Erddruckversuche
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21
In die Meßwand sind zur Ermittlung der Erddruckverteilung 8 Meßdosen eingebaut, die über die
Gesamtbreite von 40 cm verteilt sind (Bild 3.23). Die Wandteile sind einzeln normal und tangential
auf einer Rückwand gemeinsam gelagert und gemeinsam bewegt.
Bild 3.23 Prinzipschnitte Versuchswand, [11]
In dem Erddruckversuch wurde der Einfuß unterschiedlicher Wandoberflächen bei einer
Kopfpunktdrehung untersucht. Bei den drei unterschiedlichen Wandoberflächen handelte es sich um
ein Folienlaminat, dem polierten Aluminium der Versuchswand und der mit Schleifpapier Körnung 40
beklebten Versuchswand.
Bild 3.24 Passiver Erddruck e
pn
(z) und Angriffshöhe z
R
von E
pn
, [11]

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
22
Die unterschiedlichen Wandoberflächen beeinflußten den passiven Erddruck nicht signifikant,
deswegen wurden Mittelwerte aus den drei Versuchen gebildet.
Für die Wandbewegungsart der Kopfpunktverdrehung ermittelte man die Grenzverschiebung s
G
, für
die der Maximalwert der Horizontalkomponente der Erdwiderstandsresultierenden E
ph
auftritt. Im
Mittel lag die Grenzverschiebung s
G
bei s
G
= 0,037 h. Die DIN 4085 gibt eine Wert von s
G
= 0,05 h
bis 0,06 h an. Die normierte Erddruckverteilung und die Angriffshöhe der Erddruckresultierenden ist
in Bild 3.24 dargestellt.
Ein Einfluß der drei unterschiedlichen Wandoberflächen auf
·
den Betrag der Normal- bzw. Horizontalkomponenten der passive Erddruckkraft
·
die Verteilung der Normalkomponente des Erddrucks über die Wandhöhe
·
die Erddruckneigung der Gesamtwand
·
die Verteilung der Erddruckneigung über die Wandhöhe
war nicht erkennbar.
Ergebnisse für andere Grundformen der Wandverschiebung sind hier nicht dargestellt, da diese im
einem laufenden Forschungsvorhaben untersucht werden.

3 Erddruckversuche
Anwendung numerischer Methoden zur Bestimmung der Erddruckverteilung bei Ansatz nichtlinearer Materialgesetze
23
3.9 Zusammenstellung der Erddruckversuche
In Bild 3.25 sind die in den vorangegangenen Abschnitten 3.1 bis 3.8 beschriebenen
Erddruckversuche zusammengestellt.
Literatur
Bodenart
Art der Wandbewegung
variierte Parameter
Abmessungen Erddruckversuch
Franzius
(1928), [32]
Sand
Drehung um Fußpunkt
Wandreibungswinkel,
Einfüllhöhen Sand,
Wichte Sand,
Sand feuchter Zustand /
ständig unter Wasser
7,15 m x 2,00 m x 2,00 m
Narain
(1969), [58]
Sand
Drehung um Fußpunkt,
Drehung um Kopfpunkt,
parallele Wandverschiebung
Lagerungsdichte Sand
1,50 m x 0,90 m x 0,60 m
Roscoe
(1970), [3]
Sand
Drehung um Fußpunkt,
Drehung um Kopfpunkt
Lagerungsdichte Sand
2,40 m x 1,50 m x 0,19 m
Laumanns
(1977), [51]
Sand
Drehung um Fußpunkt
Lagerungsdichte Sand
1,15 m x 2,04 m x 1,20 m
Vogt
(1984), [79]
Sand
Drehung um Fußpunkt
monotone / zyklische
Wandbewegung
Abmessungen Modellwand
4,00 m x 9,00 m
Mao
(1993), [52]
Sand
Drehung um Fußpunkt,
Drehung um Kopfpunkt,
parallele Wandverschiebung
Lagerungsdichte Sand,
Sättigungsgrad Sand,
Wandreibungswinkel
0,198 m x 0,50 m x 0,775 m
Wittlinger
(1994), [85]
bindiger
Boden
Drehung um Fußpunkt,
parallele Wandverschiebung
7,50 m x 2,00 m x 3,35 m
Bartl
(1997), [11]
Sand
Drehung um Kopfpunkt
Wandreibungswinkel
0,86 m x 1,00 m x 1,80 m
Bild 3.25 Zusammenstellung Erddruckversuche

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1997
ISBN (eBook)
9783836612678
DOI
10.3239/9783836612678
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig – Bauingenieurwesen, Grundbau und Bodenmechanik
Erscheinungsdatum
2008 (April)
Note
1,0
Schlagworte
bodenmechanik erddruck numerik stoffgesetze ansys
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