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Partizipation im SEMCO Managementsystem und die daraus resultierenden Chancen für Führungskräfte im sozialen Bereich

©2007 Studienarbeit 43 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Wer wie ich an einer Weiterbildungsmaßnahme mit Schwerpunkt "Organisation und Führung" teilnimmt, kommt am Thema Mitarbeiterführung nicht vorbei. Zurerlernten Theorie und der abstrakten Vorstellung wie Mitarbeiterführung eigentlich funktionieren sollte, reihen sich bei mir viele Bilder von Führungskräften, Fachdiensten und Bereichsleitern aus meiner bisherigen beruflichen Laufbahn ein.
Ich bin dabei nur wenigen begegnet, die die Vertretung von Unternehmensinteressen, partizipative und demokratische Mitarbeiterführung und Selbstmanagement in gleichem Maße bedienten.
Einer der drei Bereiche, die im Übrigen noch viel differenzierter untergliedert werden könnten, wurde immer vernachlässigt. Nun dachte ich bisher, dass Partizipation eigentlich am ehesten in der sozialen Arbeit stattfinden könnte. Schließlich sind diese Mitarbeiter darauf geschult im Umgang mit ihren "Arbeitgebern" - den Klienten - partizipativ zu agieren. Es müsste es ihnen doch leicht fallen, diese Ansätze auch in Teams oder über die verschiedenen Hirarchiebenen zu leben. Ohne zu behaupten, dass es echte Partizipation in der sozialen Arbeit nicht gibt, muss ich mit Bedauern feststellen, dass ich bisher noch nicht in Einrichtungen gearbeitet habe, in denen flächendeckend so gehandelt wurde.
Mit umso größerem Erstaunen bin ich beim Stöbern in einem Buchladen über das Buch, "das SEMCO2 System - Management ohne Manager" gestolpert. Ich habe angefangen zu lesen, und nicht mehr damit aufgehört. Da schafft es ein Industrieunternehmen im korrupten Brasilien, in dem ja ganz andere Arbeitsbedingungen herrschen als hier in Deutschland und Arbeitsrecht und andere Mitarbeiterrechte wenig gelten, mit partizipativem Ansatz gewinnbringend zu arbeiten. Mit dem zusätzlichen Effekt, dass sich die Mitarbeiter wohl fühlen, stolz sind, in diesem Unternehmen tätig zu sein und gleichzeitig das Unternehmen selbst von motivierten Mitarbeitern in allen Geschäftsbereichen profitiert. Ist das ein Ausnahmeunternehmen oder ist es möglich von SEMCO´s Unternehmensstrategien und Mitarbeiterführungskonzepten zu lernen, und sie möglicherweise in angepasster Form zu übernehmen? Sind die Methoden der Mitarbeiterführung aus einem Industrieunternehmen so einfach auf den sozialen Bereich übertragbar oder steht SEMCO nur für ein abstraktes und kaum zu realisierendes Konzept? Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung3
2.Die Entstehung von SEMCO4
3.Der Generationenwechsel4
4.Der neue […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Elke Kückmann
Partizipation im SEMCO Managementsystem und die daraus resultierenden Chancen
für Führungskräfte im sozialen Bereich
ISBN: 978-3-8366-1200-5
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Diakonisches Institut Reutlingen, Reutlingen, Deutschland, Studienarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung: ... 3
2. Die Entstehung von SEMCO: ... 4
3. Der Generationenwechsel: ... 4
4. Der neue Weg: ... 7
4.1. Selbstmanagement: ... 10
4.2. Partizipation als neuer Führungsansatz: ... 13
4.3. Die ,,runde" Pyramide: ... 16
4.3.1. Alte Form der Leitungspyramide: ... 17
4.3.2. Neue Form ,,Runde Pyramide: ... 18
5. Stärken und Schwächen des SEMCO Ansatzes: ... 20
5.1. Stärken des SEMCO Ansatzes: ... 20
5.2. Schwächen des SEMCO Ansatzes: ... 21
6. Von SEMCO zu Unternehmen im sozialen Bereich: ... 22
6.1. Selbstmanagement: ... 23
6.2. Umsetzung von Partizipation als neuen Führungsansatz: . 24
6.3. Umsetzung der runden Pyramide: ... 26
7. Was bedeutet das für mich in einer Leitungsfunktion: ... 29
7.1. Selbstmanagement: ... 29
7.2. Umsetzung von Partizipation als neuen Führungsanasatz: 33
7.3. Runde Pyramide: ... 34
8. Fazit: ... 35
9. Anhang: ... 37
10. Quellenverzeichnis: ...
...
. 40
11. Literaturverzeichnis: ... 40
12. Abbildungsverzeichnis: ... 41

Facharbeit von Elke Kückmann: Partizipation im SEMCO Managementsystem
3
1. Einleitung:
Wer wie ich an einer Weiterbildungsmaßnahme mit Schwerpunkt ,,Organisation
und Führung" teilnimmt, kommt am Thema Mitarbeiterführung nicht vorbei. Zur
erlernten Theorie und der abstrakten Vorstellung wie Mitarbeiterführung eigentlich
funktionieren sollte, reihen sich bei mir viele Bilder von Führungskräften
1
,
Fachdiensten und Bereichsleitern aus meiner bisherigen beruflichen Laufbahn ein.
Ich
bin
dabei
nur
wenigen
begegnet,
die
die
Vertretung
von
Unternehmensinteressen,
partizipative
und
demokratische
Mitarbeiterführung und Selbstmanagement in gleichem Maße bedienten.
Einer der drei Bereiche, die im Übrigen noch viel differenzierter
untergliedert werden könnten, wurde immer vernachlässigt.
Nun dachte ich bisher, dass Partizipation eigentlich am ehesten in der sozialen
Arbeit stattfinden könnte. Schließlich sind diese Mitarbeiter darauf geschult im
Umgang mit ihren ,,Arbeitgebern" - den Klienten - partizipativ zu agieren. Es
müsste es ihnen doch leicht fallen, diese Ansätze auch in Teams oder über die
verschiedenen Hirarchiebenen zu leben. Ohne zu behaupten, dass es echte
Partizipation in der sozialen Arbeit nicht gibt, muss ich mit Bedauern feststellen,
dass ich bisher noch nicht in Einrichtungen gearbeitet habe, in denen
flächendeckend so gehandelt wurde.
Mit umso größerem Erstaunen bin ich beim Stöbern in einem Buchladen über das
Buch, ,,das SEMCO
2
System ­ Management ohne Manager" gestolpert. Ich habe
angefangen zu lesen, und nichtmehr damit aufgehört. Da schafft es ein
Industrieunternehmen im korrupten Brasilien, in dem ja ganz andere
Arbeitsbedingungen herrschen als hier in Deutschland und Arbeitsrecht und
andere Mitarbeiterrechte wenig gelten, mit partizipativem Ansatz gewinnbringend
zu arbeiten. Mit dem zusätzlichen Effekt, dass sich die Mitarbeiter wohl fühlen,
stolz sind, in diesem Unternehmen tätig zu sein und gleichzeitig das Unternehmen
selbst von motivierten Mitarbeitern in allen Geschäftsbereichen profitiert. Ist das
ein
Ausnahmeunternehmen
oder
ist
es
möglich
von
SEMCO´s
1
Einheitliche Schreibweise für beide Geschlechter.
2
SEMCO steht für Semler & Company.

Facharbeit von Elke Kückmann: Partizipation im SEMCO Managementsystem
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Unternehmensstrategien und Mitarbeiterführungskonzepten zu lernen, und sie
möglicherweise in angepasster Form zu übernehmen? Sind die Methoden der
Mitarbeiterführung aus einem Industrieunternehmen so einfach auf den sozialen
Bereich übertragbar oder steht SEMCO nur für ein abstraktes und kaum zu
realisierendes Konzept?
2. Die Entstehung von SEMCO:
1954 von Antonio Curt Semler, dem Vater des heutigen Geschäftsführers Ricardo
Semler gegründet, entstand in einem Hinterhof von Sao Paulo eine Herstellerfirma
für Zentrifugen, die schon bald marktführend in Brasilien war. In den Zeiten des
Wirtschaftswunders der 60er Jahre beschäftigte Antonio Curt Semler 110
Mitarbeiter und machte Zweimillionen Dollar Umsatz im Jahr. Als Brasilien auf die
Schiffsbauindustrie setzte stieg auch SEMCO auf diesen Zug auf und war schon
bald Hauptlieferant von Schiffspumpen. In den 80er Jahren bezifferte
sich der Umsatzanteil in der Schiffbranche auf 90%. Dies wurde dem
Unternehmen in der damaligen Wirtschaftskrise, von der vor allem die
Schifffahrtsindustrie betroffen war, fast zum Verhängnis. Das Unternehmen hatte
nicht auf Diversifikation gesetzt und die Manager haben auf die guten
Beziehungen zur Schiffahrtsindustrie gebaut, ohne auf die deutlichen Zeichen
einer sich anbahnenden Wirtschaftskrise zu reagieren. SEMCO brauchte dringend
neue Ansätze, um nicht in Konkurs zu geraten.
3. Der Generationenwechsel:
Im Jahr 1982 stieg Ricardo Semler nach Abschluss seines
Jurastudiums in die Firma ein. Er bekam den Titel des
Vorstandsassistenten, hatte aber nicht viel zu sagen. Der Führungsstil
bei SEMCO war zu dieser Zeit steif und hierarchisch. Entscheidungsprozesse
waren lang und unterlagen vielen Genehmigungen. Das Unternehmen setzte auf
,,alt bewährtes", sah Streiks und Arbeitskämpfe als persönlichen Angriff und
machte um Innovationen und Diversifikation einen großen Bogen. Die

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Arbeitsauffassung von Vater und Sohn Semler unterschied sich in vielerlei
Hinsicht. Ricardo wollte sich im Unternehmen nicht unersetzlich machen und
lieber öfters von zu hause aus arbeiten. Er trennte Privates von Beruflichem strikt,
was für seinen Vater und dessen Manager nicht nachvollziehbar war. Er wurde
aufgrund seiner ,,neumodischen Ideen" in wichtige Entscheidungsprozesse nicht
einbezogen. Es kam mehr und mehr zu Spannungen zwischen Curt und Ricardo
Semler. Letztlich war Ricardo Semler an dem Punkt angekommen, das
Unternehmen zu verlassen und eigene Wege zu gehen. Da reagierte sein Vater
und übergab ihm die Firma mit dem Kommentar "mach Deine Fehler
lieber so lange ich noch am Leben bin!"
3
an seinen Sohn. Er nahm sich
drei Wochen Auszeit und gab Ricardo Semler so die Möglichkeit die von ihm
angestrebten Veränderungen durchzusetzen. Dieser entließ innerhalb eines
Tages 60% der Top ­ Manager des Unternehmens, und zwar diejenigen, die nicht
offen waren für Veränderungen und vergeblich auf einen neuen 5 Jahres-Plan
warteten, der die Schiffsindustrie wieder aufleben lassen sollte. Er stellte neue
Mitarbeiter ein und mit ihnen kamen neue Ideen. So setzte das Unternehmen
Anfang der 80er Jahre auf eine neue Managementkultur und ein exaktes
Finanzcontrolling. Es wurden Listen und exakte Kontrollverfahren entwickelt, mit
denen Probleme gelöst werden konnten, die das Unternehmen oft vorher gar nicht
hatte. Es war nun möglich die Leistungseffizienz eines jeden Mitarbeiters
einheitlich zu beurteilen. Es wurden Werksausweise ausgegeben und
unangemeldete Taschenkontrollen bei allen Mitarbeitern durchgeführt. Ricardo
Semler reiste durch die ganze Welt, um bekannte und erfolgreiche Unternehmen
der unterschiedlichsten Branchen aufzukaufen. Sein Ziel: SEMCO sollte größer
und besser werden. Auf Unternehmensphilosophien und humanitäre Aspekte
nahm er dabei wenig Rücksicht. Ansätze zu mehr Partizipation für Mitarbeiter
keimten schon damals in ihm auf, wie zum Beispiel beim Kauf des Hobart Werkes
1984, als er die bisherige Mitarbeiterschaft komplett übernommen hatte
und ihnen zukünftig Führungsrollen zugestand. Doch als der
Aufschwung sich nicht sofort abzeichnete, interpretierte er dies als
3
SEMCO System S. 36

Facharbeit von Elke Kückmann: Partizipation im SEMCO Managementsystem
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fehlenden Ehrgeiz der Mitarbeiter und setzte auf eine straffe Führung und mehr
Disziplin. Die Motivation der Hobart Mitarbeiter stieg dadurch genauso wenig wie
deren Produktivität. Im Jahr 1985 wurde Semler mehr und mehr bewusst, dass
sich sein Management in zwei Hälften spaltete. Da waren zum einen die
Autokraten: Sie herrschten heroisch und glaubten, dass der einfache Arbeiter
ohne Gesetze, Ordnung und eine straffe Organisation nicht arbeitswillig seien.
Zum anderen gab es den Kreis der Manager, die auf Partizipation setzten und
darauf, dass Mitarbeiter, die geschätzt und einbezogen werden, sich mehr mit
ihrem Unternehmen identifizieren und dadurch effizienter und zum Wohle des
Unternehmens arbeiten würden. Der heroische Führungsstil seiner der ersten
Gruppe bereitete ihm zunehmend Unbehagen. Auch er bemerkte eine inzwischen
wachsende Unlust und Frustration an sich. Das war neu für ihn, hatte er Arbeit
doch in all den Jahren immer mit Freude, Ehrgeiz und Enthusiasmus assoziiert.
Ricardo Semler beschreibt hierzu eine Parabel:
Drei Steinmetzen wurden gefragt was für eine Arbeit sie verrichten. Der erste
sagte, er werde dafür bezahlt Steine zu behauen. Der zweite erwiderte, er gestalte
mit Hilfe einer besonderen Technik Steine auf eine ungewöhnliche Weise, und
dann begann er seine handwerklichen Fähigkeiten zu vorzuführen. Der dritte
Steinmetz lächelte nur und meinte: Ich baue Kathedralen.
4
Kurzum, er wollte sein Unternehmen nicht nach dem Vorsatz: ,,Arbeite
oder Du wirst gefeuert!" führen. Viel mehr war ihm daran gelegen, dass
die Mitarbeiter durch eigenen Antrieb produktiv waren. Mitarbeiter, die
sich mit dem Unternehmen und Ihrer Arbeit identifizieren können - er wollte
,,Kathedralenbauer". Ihm war nun bewusst, dass sein Unternehmen langfristig nur
funktionieren konnte, wenn die Mitarbeiter Bedingungen vorfinden in denen Sie
produktiv sein können, weil sie sich wohl fühlen.
4
SEMCO System, Seite 71.

Facharbeit von Elke Kückmann: Partizipation im SEMCO Managementsystem
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4. Der neue Weg:
Semler strebt einen radikalen Kurswechsel an, und verabschiedet sich sowohl von
uneinsichtigen Aristokraten wie auch deren Führungsansätzen. Er vereinfacht das
Budgetsystem und reduziert die Kostenstellen, da die darin enthaltenen Zahlen
und Fakten für kaum einen Mitarbeiter plausibel und überschaubar waren.
Stattdessen setzt Ricardo Semler auf die Kompetenz der einzelnen
Abteilungsleiter. Diese wurden nun aufgefordert, zum Monatsende eine Schätzung
ihrer Ausgaben und Einnahmen abzugeben und diese dann ein paar Tage später
mit den aktuellen Zahlen zu vergleichen. So konnten sie leicht feststellen wie gut
ihr Überblick über ihren Geschäftsbereich ist.
Sicherheitskontrollen und Stempeluhren hatten
ausgedient. Semler setzt auf Vertrauen zu den
Mitarbeitern. Er bezeichnet es als wiedersinnig,
den Mitarbeitern vorzumachen, dass alle im
Unternehmen eine große Familie sind und sie
dann am Werkstor wie Diebe zu behandeln.
Nur weil 2-3% der Belegschaft sich am
Werkseigentum bedient, dürfen die anderen 97% der Mitarbeiterschaft, die
ehrliche Absichten haben, nicht darunter leiden.
Er
tauscht
Privilegien
wie
spezielle
Führungskräfteparkplätze
und
Kleidervorschriften für Arbeiter und das middle Management
5
gegen Freiheiten wie
die eigene Arbeitsplatzgestaltung und flexible Arbeitszeiten für alle Mitarbeiter. Im
Jahr 1989 setzte sich Ricardo Semler mit den einzelnen Werken und
Teilbereichen zusammen und regte seine Mitarbeiter an, Unternehmenskomitees
zu bilden, um künftig ihre Arbeitsbedingungen selbständig zu verhandeln und zu
gestalten. Wichtig war ihm die Freiwilligkeit aller Mitarbeiter im Bezug auf
Beteiligung, Inhalte und die Auswahl der Komiteemitglieder. Die Idee war
revolutionär. Den Mitarbeitern wurde freie Hand gelassen. Trotzdem stellte sich
der Prozess der Komiteebildung und die anschließende Komiteearbeit zuerst
schleppend dar. Zu lang war die Zeit in der den Mitarbeitern das vorbestimmte
5
Mittlere Führungsebene in Unternehmen.
Abbildung 2: Überlebenshandbuch von SEMCO.

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Arbeiten ohne das Recht und die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung oder
die Möglichkeit einer Mitgestaltung von Arbeitsbedingungen abverlangt wurde. Die
Arbeiter waren misstrauisch, ob Semler es ernst mit ihnen meinte oder sie Gefahr
liefen für ihre freie Meinungsäußerung sanktioniert zu werden. Doch nach einiger
Zeit wurden diese Komitees immer effektiver und organisierten ihre Arbeit
zunehmend selbständiger. Sie übernahmen Verantwortung für das Unternehmen,
initiierten und leiteten Personalthemen, Produktveränderungen, Arbeitszeitmodelle
und berieten sich bei anstehenden Entlassungen. Sie setzten sich
Produktionsziele und akquirierten neue Märkte. Kurz um sie handelten
eigenverantwortlich und mit unternehmerischem Denken.
Im nächsten Schritt legte Ricardo Semler
seinen Mitarbeitern alle Konzerndaten offen.
Er
bietet
interessierten
Mitarbeitern
Schulungen
zum
Umgang
mit
betriebswirtschaftlichen
und
unternehmerischen Themen an, damit sie die
ihnen zugänglichen Daten auch lesen und
verwenden konnten. Er setzt hierbei auf
echtes Wissensmanagement, bei dem
Wissen nicht nur der mittleren und oberen Managementebene zugestanden und
zugetraut wird, sondern jeder im Unternehmen die Möglichkeit hat,
Unternehmensstrategien nachzuvollziehen und kritisch zu hinterfragen. Auch im
Kundenkontakt setzt SEMCO auf Transparenz, legt Konzerndaten offen und
erstellt klare Rentabilitätsrechnungen.
Mitarbeiter bestimmen die Höhe Ihres Gehaltes selbst. Was sich abstrakt anhört,
funktioniert in der Praxis hervorragend. Denn auch die Gehälter eines jeden
Mitarbeiters, egal welcher Rangstufe im Unternehmen, ist für alle anderen
Mitarbeiter einsehbar und somit auch mit deren tatsächlichen Arbeitsinhalten offen
vergleichbar. Dies hat zur Folge, dass die meisten Mitarbeiter ihr Gehalt sehr
realitätsnah festlegen und sich selten überhöhte Geldsummen zuweisen. Der
zweite Effekt ist der, dass Mitarbeiter derselben Ebene oder mit demselben
Grundberuf nicht automatisch in derselben Gehaltsklasse sind. Hiermit
Abbildung 3: Überlebenshandbuch von SEMCO.

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verabschiedet sich das Unternehmen von den starren Regeln der Qualifizierung
und der schulischen Bildung. Jeder Mitarbeiter soll ganz gleich seines
Bildungsstands oder des erlernten Berufes durch Motivation und Engagement die
Möglichkeit haben in jedem von ihm angestrebten Bereich tätig zu sein. Semler
verlangt sogar ausdrücklich, dass jeder Mitarbeiter im Turnus von 2-5 Jahren
seine Stelle wechselt, um sich neue Herausforderungen zu stellen und sein
Wissen einem neuen Bereich zugute kommen zu lassen. So vermischen sich
unterschiedliche Wissenseindrücke, Persönlichkeiten und Ansichten. Zudem
fördert diese Art von Jobrotation eine gelebte Fehlerkultur, indem jeder Mitarbeiter
an die Erfahrung anknüpfen kann, wie es ist, ab und an auf neuem Terrain zu
stehen und auf die Hilfe und Rücksicht seiner Kollegen angewiesen zu sein.
Ricardo Semler ermöglicht und fordert die Eigeninitiative der Mitarbeiter sowohl
bei der Auswahl eines geeigneten neuen Handlungsfeldes, der Einarbeitung und
Netzwerkarbeit in diesem, sowie die Einweisung eines neuen Mitarbeiters in die
bisherigen Aufgaben und Tätigkeiten. Dieses System reguliert sich auf eine
erstaunlich simple Weise. Denn jeder Mitarbeiter ist daran interessiert, einen
möglichst passenden Mitarbeiter als eigene Nachfolge zu suchen, um sein
bisheriges Arbeitsfeld weiterhin gut versorgt zu wissen und seinen Ruf nicht durch
einen ungeeigneten Kandidaten zu schädigen.
Das Unternehmen unterstützt die Mitarbeiter mit umfassenden Fort- und
Weiterbildungsmaßnahmen, damit Schulbildung und Berufswahl für sie
nicht als Sackgasse gelten. Gelichzeitig profitiert SEMCO davon
qualifizierte und flexible Mitarbeiter zu beschäftigen, die durch ihr
Wissen und Können dem Unternehmen einen Benefit bescheren.
Mitarbeitern, die in die Selbständigkeit wechseln wollen bietet SEMCO die
Chance, für das Unternehmen als ,,Satelittenunternehmen" tätig zu werden und
SEMCO mit Waren zu beliefern. SEMCO bietet seinen Mitarbeitern ein Startkapital
und verkauft, beziehungsweise vermietet ihnen die benötigten Maschinen und
Werkzeuge zu günstigen Konditionen. Auch eine Unterweisung in Themen wie
Kostensteuerung, Preisbildung, Instandhaltung und Lagerhaltung wird den
Mitarbeitern als Starthilfe angeboten. Satellitenmitarbeiter werden zu SEMCO
Zulieferern mit der Möglichkeit auch andere Firmen mit Waren zu beliefern. Die

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Idee der ,,Satelittenunternehmen" half SEMCO in schweren wirtschaftlichen Zeiten
den Menschen, die entlassen werden mussten, anderweitig eine
Beschäftigungsmöglichkeit zu bieten. Heute stehen diese Unternehmen
wirtschaftlich auf eigenen Beinen. Ihre Größe ist ihnen hierbei sehr von nutzen,
denn sie sind nah am Markt und somit am Bedarf und den aktuellen
Veränderungen und Wünschen der Kunden.
Es gibt noch eine Menge Neuerungen die Ricardo Semler und seine im Vorstand
vertretenen Mitbefürworter eines neuen Weges durch Demokratie und
Partizipation in der kommenden Zeit ausprobiert und erfolgreich im Unternehmen
etabliert haben. Auf drei wichtige Veränderungen und Denkansätze möchte ich im
Folgenden gerne näher eingehen.
1. Selbstmanagement:
2. Partizipation als neuen Führungsansatz:
3. Die ,,runde" Pyramide:
4.1.
Selbstmanagement:
Wie schon im letzten Abschnitt beschrieben, akquirierte Ricardo Semler Anfang
der 80er Jahre eine Firma nach der anderen. Er hatte Geschäftstermine in der
halben Welt. Stress und Hektik, ein unregelmäßiger Schlaf- und Essensrhythmus
wirkten sich zunehmend negativ auf seine Gesundheit aus. Dies machte sich
durch Symptome wie Übelkeit, Schwindel, Halsschmerzen und letztlich häufige
Ohnmachtsanfälle bemerkbar. Auf einer Geschäftsreise in den USA hatte er
erneut einen Zusammenbruch. Er wurde von einem hiesigen Arzt
behandelt, der ihm anhand seiner Symptome nicht wie üblich
Medikamente verschrieb. Er konfrontierte ihn mit seinem ungesunden
Zeit- und Selbstmanagement und machte ihm klar, dass sein Körper sein
bisheriges Programm nicht mehr lange mitträgt, ohne bleibende Schäden
davonzutragen. Die Einnahme eines Medikaments mit der Gewissheit einer
Heilung wäre Ricardo Semler lieber gewesen als dieser Rat. Bis zu diesem
Zeitpunkt hatte er sein Büro selten vor Mitternacht verlassen. Geschäftsreisen
gingen in wenigen Tagen über verschiedene Städte, Länder und Kontinente.
Sportliche Aktivitäten und Ausgleichsprogramme wie Kino oder Theaterbesuche

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836612005
DOI
10.3239/9783836612005
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Diakonisches Institut für Soziale Berufe Reutlingen – Organisation und Führung
Erscheinungsdatum
2008 (April)
Note
1,5
Schlagworte
semco management system partizipation organisation selbstmanagement führung
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