Die Messung des Zinsrisikos mit internen Modellen
Zusammenfassung
Die vorliegende Bachelor-Thesis vermittelt einen Einblick in die Messung des Zinsrisikos mit internen Modellen von Banken, wobei der Fokus auf dem von J.P. Morgan 1996 eingeführten und bis heute umfangreich eingesetzten Value at Risk (VaR) liegt. Dieser hat sich mittlerweile bei der Messung von Marktrisiken zum Marktstandard etabliert und wird ausdrücklich von Aufsichtsbehörden empfohlen und für interne Risikomodelle vorgeschrieben, weshalb im einleitenden Teil der Arbeit die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an interne Modelle kurz skizziert werden.
Risiken aus Finanzinstrumenten resultieren aus der unbekannten Entwicklung von Risikofaktoren, von denen der Wert eines Portfolios abhängig ist. Für zinssensitive Finanzinstrumente ist dies primär die Zinskurve, deren zukünftige Entwicklung Einfluss auf den Barwert von Anleihen sowie auf die in dieser Arbeit behandelten symmetrischen Zinsderivate (Swaps, Futures, Forwards) hat. Kreditrisiken jeglicher Art sind nicht Gegenstand der Untersuchung.
Aus diesem Grund wird im ersten Teil der Arbeit die Dynamik der Zinsstrukturkurve analysiert, wobei nicht makroökonomische Erklärungsansätze herangezogen, sondern vielmehr die stochastischen Eigenschaften der Zinsstruktur untersucht werden.
Im Hauptteil der Arbeit wird der Value at Risk zur Messung von Zinsrisiken vorgestellt und anschließend auf ein Portfolio aus Anleihen und Zinsderivaten angewendet. Die barwertige Betrachtung von Handelsbuchpositionen steht hier im Vordergrund, wobei das Varianz-Kovarianz-Verfahren und die Monte-Carlo-Simulation im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.
In Abschnitt vier werden Defizite des Value at Risk aufgezeigt und alternative Risikomaße vorgestellt. Vor dem Hintergrund, inwieweit zusätzliche Informationen für das Risikoreporting gewonnen werden können, werden die Konzepte der Lower-Partial-Moments und Drawdowns analysiert und umgesetzt. Abschließend werden die Kernelemente der Arbeit besonders unter Berücksichtigung ihrer Praxisrelevanz kritisch diskutiert. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der TabellenIII
Verzeichnis der AbbildungenIII
Verzeichnis der AbkürzungenIV
Verzeichnis der SymboleVI
1.Einleitung1
1.1Problemstellung und Gegenstand der Untersuchung1
1.2Aufsichtsrechtliche Anforderungen an interne Modelle2
2.Die Dynamik der Zinsstrukturkurve4
2.1Ermittlungder Zinsstrukturkurve4
2.2Analyse der Zinsstrukturkurve6
2.2.1Shift, Twist und […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Tabellen
Verzeichnis der Abbildungen
Verzeichnis der Abkürzungen
Verzeichnis der Symbole
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Gegenstand der Untersuchung
1.2 Aufsichtsrechtliche Anforderungen an interne Modelle
2 Die Dynamik der Zinsstrukturkurve
2.1 Ermittlung der Zinsstrukturkurve
2.2 Analyse der Zinsstrukturkurve
2.2.1 Shift, Twist und Hump
2.2.2 Hauptkomponentenanalyse
2.3 Quantifizierung des Zinsrisikos mittels Sensitivitäten
3 Value at Risk-Konzepte für Zinsrisiken
3.1 Einführung und Besonderheiten des Value at Risk für Zinsrisiken
3.2 Bestimmung der Inputparameter
3.2.1 Cash Flow Mapping
3.2.2 Volatilität und Korrelation in der Zinsstruktur
3.3 Value at Risk mittels Sensitivitäten
3.3.1 Delta-Approximation
3.3.2 Delta-Gamma-Approximation
3.4 Varianz-Kovarianz-Verfahren
3.4.1 Vorgehensweise
3.4.2 Value at Risk mittels Diskontfaktoren
3.4.3 Value at Risk mittels Cash Flow Diskontierung
3.4.4 Value at Risk mittels Basis Point Value
3.4.5 Cornish-Fisher-Approximation
3.5 Monte-Carlo-Simulation
3.5.1 Vorgehensweise
3.5.2 Simulation korrelierter Risikofaktoren
3.5.3 Value at Risk mittels Monte-Carlo-Simulation
3.5.4 Value at Risk mittels Student-t-Verteilung
4 Alternative Risikomaße im Kontext des Zinsrisikoreporting
4.1 Defizite des Value at Risk
4.2 Alternative Risikomaße
4.2.1 Lower-Partial-Moments
4.2.2 Drawdowns
5 Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Erklärung
Verzeichnis der Tabellen
Tabelle 1: Qualität des internen Modells und Anstieg des Faktors M
Tabelle 2: Cash Flow Mapping des Portfolios
Tabelle 3: Annualisierte Volatilitätsprognosen
Tabelle 4: Inputparameter zur linearen VaR-Berechnung
Tabelle 5: Inputparameter für die korrelierte VaR-Berechnung
Tabelle 6: BPV-Vektor des Portfolios
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Zinsstrukturkurve (AA) am 30.07.2007
Abbildung 2: Shift der Zinsstrukturkurve
Abbildung 3: Twist der Zinsstrukturkurve
Abbildung 4: Hump der Zinsstrukturkurve
Abbildung 5: Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse (3 Monate)
Abbildung 6: Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse (3 Wochen)
Abbildung 7: Entwicklung der Euro-Swapkurve (3 Monate)
Abbildung 8: Konvexität und lineare Approximation
Abbildung 9: VaR der Portfoliowertänderung
Abbildung 10: OLS-Parameterschätzung für die 1y-Zerorate
Abbildung 11: Annualisierte Volatilitätsprognosen der 5y-Zerorate
Abbildung 12: Delta-Gamma-Approximation
Abbildung 13: VaR95% als Vielfaches der Portfoliovolatilität
Abbildung 14: Monte-Carlo-Simulation der korrelierten Zerorates
Abbildung 15: Portfoliorendite der Monte-Carlo-Simulation mit Zerorates
Abbildung 16: Normalverteilung und Student-t-Verteilung (4 Freiheitsgrade)
Abbildung 17: Bivariate Gauß-Copula der 2y- und 8y-Zerorate
Abbildung 18: Student-t-verteilte Portfoliorendite der Monte-Carlo-Simulation
Abbildung 19: Shortfall-Bereich der empirischen Verteilung der Portfoliorendite
Abbildung 20: CVaR des Zinsportfolios
Abbildung 21: Maximum-Drawdown und lokaler Drawdown
Abbildung 22: Verteilung aller Drawdowns
Abbildung 23: Time-Under-The-Water des MD in Abhängigkeit von
Verzeichnis der Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Verzeichnis der Symbole
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Gegenstand der Untersuchung
Die vorliegende Bachelor-Thesis vermittelt einen Einblick in die Messung des Zinsrisikos mit internen Modellen von Banken, wobei der Fokus auf dem von J.P. Morgan 1996 eingeführten und bis heute umfangreich eingesetzten Value at Risk (VaR) liegt. Dieser hat sich mittlerweile bei der Messung von Marktrisiken zum Marktstandard etabliert und wird ausdrücklich von Aufsichtsbehörden empfohlen und für interne Risikomodelle vorgeschrieben, weshalb im einleitenden Teil der Arbeit die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an interne Modelle kurz skizziert werden.
Risiken aus Finanzinstrumenten resultieren aus der unbekannten Entwicklung von Risikofaktoren, von denen der Wert eines Portfolios abhängig ist. Für zinssensitive Finanzinstrumente ist dies primär die Zinskurve, deren zukünftige Entwicklung Einfluss auf den Barwert von Anleihen sowie auf die in dieser Arbeit behandelten symmetrischen Zinsderivate (Swaps, Futures, Forwards) hat. Kreditrisiken jeglicher Art sind nicht Gegenstand der Untersuchung.
Aus diesem Grund wird im ersten Teil der Arbeit die Dynamik der Zinsstrukturkurve analysiert, wobei nicht makroökonomische Erklärungsansätze herangezogen, sondern vielmehr die stochastischen Eigenschaften der Zinsstruktur untersucht werden.
Im Hauptteil der Arbeit wird der Value at Risk zur Messung von Zinsrisiken vorgestellt und anschließend auf ein Portfolio aus Anleihen und Zinsderivaten angewendet. Die barwertige Betrachtung von Handelsbuchpositionen steht hier im Vordergrund, wobei das Varianz-Kovarianz-Verfahren und die Monte-Carlo-Simulation im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.
In Abschnitt vier werden Defizite des Value at Risk aufgezeigt und alternative Risikomaße vorgestellt. Vor dem Hintergrund, inwieweit zusätzliche Informationen für das Risikoreporting gewonnen werden können, werden die Konzepte der Lower-Partial-Moments und Drawdowns analysiert und umgesetzt. Abschließend werden die Kernelemente der Arbeit besonders unter Berücksichtigung ihrer Praxisrelevanz kritisch diskutiert.
1.2 Aufsichtsrechtliche Anforderungen an interne Modelle
Im Folgenden sollen die Anforderungen von Basel II an interne Risikomodelle von Finanzinstituten, welche zum 01.Januar 2007 in nationales bzw. europäisches Recht umgesetzt worden sind, kurz skizziert werden. Ziel der Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel II) ist die Verpflichtung der Banken ihre typischen finanzwirtschaftlichen Risiken (Kredit-, Marktpreis- und operationelle Risiken) zu messen, zu steuern und mit Eigenkapital zu unterlegen.
Die risikoadäquate Bewertung der Geschäftssituation soll zur Gewährleistung der Stabilität des Finanzsektors beitragen. Der Baseler Ausschuss befürwortet in diesem Zusammenhang den Einsatz interner Risikomodelle zur Messung der Marktpreisrisiken von Kreditinstituten auf Basis des Value at Risk. Die Ausgestaltung des verwendeten internen Modells liegt dabei jedoch im Verantwortungsbereich der Banken (Basle Committee on Banking Supervision, 2004, S.44), wobei die nationalen Aufsichtsbehörden eine regelmäßige Überprüfung des internen Modells durchzuführen haben. Die Berechnung des Marktpreisrisikos auf Value at Risk Basis dient dabei der Bestimmung der Eigenkapitalanforderungen, die in der „ersten Säule“ der Basel II Richtlinien geregelt sind (Fricke, 2006, S.20).
Dabei muss der Value at Risk mit einem Signifikanzniveau von (vgl. Abschnitt 3.1) für eine Haltedauer von zehn Tagen berechnet werden. Die Berechnung soll dabei mindestens auf Grundlage von Daten der letzten 250 Handelstage basieren. Die Eigenkapitalanforderung für Marktpreisrisiken des Zeitpunktes ergibt sich dann durch:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Multiplikator M wird dabei auf M = 3 gesetzt, wobei dieser in Abhängigkeit von der Qualität des Modells auf bis zu M = 4 erhöht werden kann (Basle Committee on Banking Supervision, 2005, S.8). Die Prognosegüte des Modells wird durch Backtesting ermittelt. Dabei werden die Ein-Tages VaR-Prognosen mit den hypothetisch eingetretenen Ein-Tages Verlusten, die bei unverändertem Portfolio eingetreten wären (Clean Backtesting), verglichen.
Die Anzahl der Überschreitungen des eingetretenen Verlustes steht mit der Erhöhung des Multiplikators in folgendem Zusammenhang:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Qualität des internen Modells und Anstieg des Faktors M
Eine schlechte Prognosegüte des internen Modells führt zu erhöhter Bindung von Eigenkapital und somit zu steigenden Kapitalkosten. Der Freiraum zur Aufnahme weiterer Risiken und damit die Möglichkeit zur Generierung von Erträgen wird eingeschränkt (Fricke, 2006, S.23).
Des Weiteren gibt es nach Basel II die Möglichkeit das „Standardverfahren“ zur Ermittlung des Eigenkapitalbedarfs anzuwenden, wobei sämtliche Marktpreisrisiken in die Risikokategorien Zinsen, Aktien, Währungen und Rohstoffe unterteilt werden und in der Regel pauschal mit 8% an Eigenkapital zu unterlegen sind (Basle Comittee on Banking Supervision, 2004, S.6).
Da das Standardverfahren jedoch Korrelations- und damit Diversifikationseffekte nicht berücksichtigt, ist es für die Messung und Steuerung des Marktpreisrisikos nicht geeignet. Es soll vielmehr kleineren Banken als Erleichterung dienen.
In Deutschland wurde Basel II durch die seit dem 01.Januar 2007 gültige Solvabilitätsverordnung in nationales Recht umgesetzt. Sie löste den bis dato gültigen „Grundsatz I über die Eigenmittel der Institute“ ab.
2 Die Dynamik der Zinsstrukturkurve
2.1 Ermittlung der Zinsstrukturkurve
Die Messung und Steuerung des Zinsrisikos ist wesentlich schwieriger und komplizierter als bei Risiken, die aus der unsicheren Entwicklung von Aktienpreisen, Wechselkursen oder Rohstoffen resultieren. Zum einen stellen Zinssätze unterschiedlicher Laufzeiten jeweils einen eigenen Risikofaktor für zinssensitive Finanzinstrumente dar, zum anderen gibt es in jeder Währung eine Vielzahl von Zinskurven, die unterschiedlichen Bonitäten gerecht werden (Hull, 2007, S.79).
Um die Dynamik der Zinsstruktur zu analysieren, muss im ersten Schritt die Zinsstrukturkurve aus am Markt gehandelten Finanzinstrumenten ermittelt werden. Die Zinsstrukturkurve bildet das Verhältnis zwischen Laufzeit und interner Rendite (IRR) des berücksichtigten Finanzinstruments ab.
Dabei werden jeweils die Marktquotierungen der liquidesten Kontrakte herangezogen. Für Laufzeiten bis zu drei Monaten sind dies am Geldmarkt gehandelte Cash Deposits. Für Laufzeiten von drei Monaten bis zu zwei Jahren werden die impliziten Zinssätze aus EURIBOR-Futures herangezogen und für längere Laufzeiten die am Kapitalmarkt gehandelten Zinsswaps.
Renditen für kurze Laufzeiten sind direkt am Markt ablesbar. EURIBOR-Futures implizieren demgegenüber eine Forwardrate, einen in der Zukunft beginnenden Zinssatz. Die Umrechnung von Forwardrates in Zerorates[1] erfolgt am Geldmarkt durch (Besant et al., 2003, S.10):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei der Swapkurve handelt es sich um eine Couponkurve, das heißt es werden Par- Yields notiert, die den NPV des jeweiligen Zinsswaps gleich null werden lassen. Mit der Methode des Bootstrapping lassen sich aus am Markt quotierten Swaprates die Zerorates errechnen. Im Folgenden wird das Bootstrapping anhand eines Beispiels erläutert. Die Zerorate für ein Jahr sei bekannt. Über einen Zwei-Jahres Zinsswap gegen 6-Monats-EURIBOR lässt sich die Zerorate für zwei Jahre wie folgt berechnen (Besant et al., 2004, S.6):
Im ersten Schritt wird der PV des ersten Coupons der Festsatzseite des Swaps berechnet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im zweiten Schritt wird der vom Barwert des zu Par notierenden Swaps subtrahiert, um den Barwert des zweiten Coupons inklusive der Rückzahlung des Nominalbetrages zu erhalten:
Jetzt lässt sich die Zerorate für zwei Jahre ermitteln:
Mit dieser Vorgehensweise können also sukzessive die Zerorates für verschiedene Laufzeiten aus am Markt beobachteten Preisen für Zinsswaps errechnet und somit die komplette Zinsstrukturkurve aufgebaut werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Zinsstrukturkurve (AA) am 30.07.2007, Quelle: Reuters
2.2 Analyse der Zinsstrukturkurve
2.2.1 Shift, Twist und Hump
Für zinssensitive Portfolios führt eine Änderung des Zinsniveaus im Regelfall zu Barwertänderungen. Aus diesem Grund wird im Folgenden die Dynamik der Zinsstrukturkurve der jüngeren Vergangenheit ausgewertet, wobei weniger makroökonomische Erklärungsansätze[2] herangezogen, sondern vielmehr die stochastischen Eigenschaften der Zinskurve analysiert werden.
Grundsätzlich lassen sich drei typische Bewegungen der Zinsstruktur beobachten, welche nahezu die gesamte Dynamik der Zinsstruktur abdecken. Dies ist zum einen der Shift, also eine Parallelverschiebung der Zinskurve, bei dem die Zinsen aller Laufzeiten um ungefähr den gleichen absoluten Betrag steigen bzw. fallen. Dieses Szenario ist am häufigsten zu beobachten (Deutsch, 2004, S.623).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Shift der Zinsstrukturkurve
Des Weiteren kommen Drehungen in der Zinskurve (Twist) vor. Dabei ändert sich die Steigung der Zinskurve. Meist wird hierbei die Drehung der Zinskurve in einem langfristigen Kapitalmarktzins beobachtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Twist der Zinsstrukturkurve
Die dritte Variante ist der so genannte Hump (oder auch Peak). Hierbei steigen die Zinsen für kurze und lange Laufzeiten, während sich Zinsen für mittlere Laufzeiten absenken (oder umgekehrt). Dieses Szenario ist oftmals am Geldmarkt zu beobachten (Bühler et al., 1996, S.60). Gründe können z.B. veränderte Volatilitätserwartungen oder Ungleichgewichte von Angebot und Nachfrage in bestimmten Laufzeiten sein (Phoa, 1999, S.31).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Hump der Zinsstrukturkurve
2.2.2 Hauptkomponentenanalyse
Die relevante Fragestellung, die sich an die empirischen Beobachtungen der verschiedenen Szenarien einer Bewegung der Zinsstruktur anschließt, ist, wie wahrscheinlich ein Eintreten der unterschiedlichen Szenarien in der Zukunft sein wird. Ein populäres statistisches Verfahren aus der Zeitreihenanalyse zur Untersuchung der treibenden Faktoren der Zinsstruktur ist die Hauptkomponentenanalyse. Dieses Verfahren extrahiert aus einer (multivariaten) Zeitreihe die relevanten Komponenten, welche die stochastische Dynamik der untersuchten Zeitreihen bestimmen. Das heißt, man modelliert nicht die Zinsen für jede einzelne Laufzeit als Risikofaktoren, sondern reduziert die stochastische Entwicklung der Zinsstruktur auf wenige Variablen als treibende Faktoren (Deutsch, 2004, S.615 ff.).
Die Originaldaten, in der vorliegenden Analyse jeweils die täglichen Log-Returns der Zerorates der Euro-Swapkurve für Laufzeiten von einem bis 30 Jahren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
werden also in ihrer Dimension reduziert, indem die auf neue Variablen [3] transferiert werden. Die Varianz der neuen Variablen wird im Folgenden maximiert, unter der Nebenbedingung, dass diese mit den restlichen neuen Variablen unkorreliert sind. Die Hauptkomponenten werden anschließend ihrer Größe nach geordnet. Die Korrelationsstruktur einer multivariaten Zeitreihe wird also durch die Hauptkomponentenanalyse in ihrer Dimension reduziert, und Abhängigkeiten werden offen gelegt.[4]
Vor dem Hintergrund, dass in späteren Abschnitten die Messung und Schätzung von kurzfristigen Zinsrisiken im Vordergrund stehen wird, und es aus ökonomischen Gründen sinnvoll erscheint, Daten der jüngeren Vergangenheit zur Prognose kurzfristiger Szenarien zu berücksichtigen (Fabozzi, 1996, S.106), werden für die Euro-Swapkurve Hauptkomponentenanalysen für die Zeiträume von drei Wochen und drei Monaten durchgeführt.
Auffällig dabei ist, dass die stochastische Dynamik bereits durch drei Hauptkomponenten vollständig erklärt werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse für die Euro-Swapkurve vom
01.05.2007 - 30.07.2007
Für die Euro-Interbankensätze über einen Untersuchungszeitraum von drei Monaten, kann somit 94% der Dynamik durch die erste Hauptkomponente erklärt werden. Für einen Untersuchungszeitraum von drei Wochen sogar knapp 96%.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse für die Euro-Swapkurve vom
09.07.2007 - 30.07.2007
Die Interpretation der Ergebnisse ist folgende: Die erste Hauptkomponente kann als mittleres Zinsniveau interpretiert werden. Die Schwankung dieser Haupt-komponente stellt also eine Parallelverschiebung der Zinskurve dar. Die zweite Hauptkomponente, deren Bewegung zu jener der ersten Hauptkomponente unkorreliert ist, repräsentiert den Twist in der Zinskurve. Die dritte Hauptkomponente kann entsprechend als Hump interpretiert werden (Deutsch, 2004, S.623).[5] Parallel- Shift, Twist und Hump entsprechen also den drei ersten Hauptkomponenten der Zinsstruktur.
Die Ergebnisse der Analyse sind bei Betrachtung der Entwicklung der Euro- Swapkurve für die erwähnten Zeiträume ersichtlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Entwicklung der Euro-Swapkurve vom 01.05.2007 - 30.07.2007
Die Tatsache, dass ein Großteil der Zinsstrukturkurvenbewegungen auf Parallelverschiebungen zurückzuführen ist, erklärt die in der Praxis weit verbreitete Messung des Zinsrisikos mit Sensitivitätskennzahlen wie der Duration oder des Basis Point Value.
Zu beachten ist, dass die Hauptkomponentenanalyse lediglich Auskunft über die Form der dominierenden Szenarien gibt. Über die Stärke der Bewegung, z.B. in Form von Volatilität, kann jedoch nicht geschlossen werden (Phoa, 1999, S.20). Eine detaillierte Analyse von Volatilität und Korrelation in der Zinsstruktur folgt in Abschnitt drei im Rahmen der Bestimmung der Inputparameter für die Value at Risk Zinsrisikomessung.
Außerdem macht die Analyse lediglich Aussagen über die Veränderung der Zinsstrukturkurve auf Tagesbasis. Über sehr kurzfristige Bewegungen in der Zinsstruktur, die mittels Arbitrage schnell egalisiert werden, lässt die Hauptkomponentenanalyse keine Rückschlüsse zu. Besonders Humps sind untertägig häufig zu beobachten.
2.3 Quantifizierung des Zinsrisikos mittels Sensitivitäten
Sensitivitätskennzahlen zielen darauf ab, Auskunft über das barwertige Zinsrisiko zu geben, welches als die negative Differenz zwischen den Barwerten vor und nach einer Änderung der Zinsstrukturkurve definiert ist (Wiedemann, 2004, S.5).
Das traditionelle Zinsrisikomanagement fokussiert sich auf die Risiken, die aus einer Parallelverschiebung der Zinskurve resultieren. Mit der Kennzahl der Duration bzw. modified Duration werden Barwertänderungen aufgrund einer Parallelverschiebung der Zinskurve linear approximiert. Die gerade vorgestellten Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse der Euro-Swapkurve für unterschiedliche historische Beobachtungszeiträume rechtfertigen die Anwendung der Duration.
Analytisch ist die Duration die erste Ableitung des Barwertes eines festverzinslichen Wertpapiers bezüglich des Marktzinses (Heidorn, 2002, S.61):
Der Barwert eines Bonds bzw. der fixen Seite eines Swaps, dessen Zinsrisiko durch Duplizierung in ein Portfolio aus Couponbond und Floater analysiert werden kann, ist gegeben mit:
wobei an dieser Stelle die Duration ersichtlich wird, bei der jeder einzelne Cash Flow mit seiner Laufzeit gewichtet und anschließend deren Summe durch den Barwert der Gesamtposition geteilt wird. Die Duration kann also als Zeitmaß interpretiert werden, das angibt, wann die Hälfte des zeitlich gewichteten Barwertes an den Investor geflossen ist (Heidorn, 2002, S.59):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dann lässt sich die absolute Preisveränderung der festverzinslichen Position für eine Zinsänderung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenapproximieren mit:
In der wissenschaftlichen Literatur wird bei der Analyse von Zinsrisiken mit Hilfe der Duration kritisch angemerkt, dass diese Konvexitätseffekte von festverzinslichen Positionen nicht berücksichtigt (Fabozzi, 1996, S.51). Der Anteil der Konvexität an der Preisveränderung eines festverzinslichen Finanzinstruments ist jedoch so gering, dass im traditionellen Zinsrisikomanagement das Hauptaugenmerk auf dem Konzept der Duration liegen sollte. Für merkliche Effekte der Konvexität sind sehr starke Zinsänderungen nötig (Heidorn, 2002, S.63). Folgende Abbildung soll den geringen Anteil der Konvexitätseffekte bei einem festverzinslichen Wertpapier verdeutlichen. Für Portfolien, die ausschließlich aus festverzinslichen Wertpapieren und symmetrischen Zinsderivaten bestehen, also keinen Optionscharakter haben, gilt die Beziehung entsprechend.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Konvexität und lineare Approximation[6]
Eine weitere Möglichkeit zur Messung des Zinsrisikos auf Basis von Sensitivitäten bietet das Konzept des BPV. Dabei wird die Auswirkung einer Änderung des Marktzinsniveaus um einen Basispunkt auf den Barwert des Portfolios simuliert, im Folgenden am Beispiel einer dreijährigen Anleihe:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Man legt bei der BPV-Analyse also keine Tangente an die Rendite-Kurs-Kurve sondern bewertet das Wertpapier nach einer (hypothetischen) Parallelverschiebung der Zinskurve neu, man „bewegt“ sich somit auf der Rendite-Kurs-Kurve. Zwar wird bei diesem Verfahren die Konvexität berücksichtigt, trotzdem sind auch hier lediglich Parallelverschiebungen der Zinskurve darstellbar. Sensitivitätskennzahlen eignen sich somit gut zur schnellen und unkomplizierten Zinsrisikomessung, wie sie vorwiegend im Handel benötigt und angewendet wird. Jedoch bleiben bei der Analyse des Zinsrisikos mittels Sensitivitäten die Volatilitäten und Korrelationen der Zinskurve unberücksichtigt. Ebenso lassen sich die Effekte großer Zinsbewegungen nur für lineare Portfolien simulieren. Zudem werden empirisch gewonnene Häufigkeitsverteilungen bzw. theoretische Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Änderung von Risikofaktoren nicht berücksichtigt (Ullrich, 2003, S.149).
3 Value at Risk-Konzepte für Zinsrisiken
3.1 Einführung und Besonderheiten des Value at Risk für Zinsrisiken
Ziel des Value at Risk ist es, mögliche Wertänderungen eines Portfolios aufgrund von Änderungen von Marktparametern, d.h. der das Portfolio beeinflussenden Risikofaktoren, zu quantifizieren.
Der Value at Risk für ein Portfolio gibt an, welcher Verlust mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau - c), in einem bestimmten Zeitraum (Haltedauer -) nicht überschritten wird (Jorion, 2001, S.22).
Da Risikofaktoren die Portfoliowertänderung induzieren, ist es üblich die Risikofaktoren durch stochastische Prozesse zu modellieren und dann durch geeignete Bewertungsmodelle die induzierten Wertänderungen des Portfolios zu errechnen, um so die Wahrscheinlichkeitsverteilungen und deren Quantile zu bestimmen (Deutsch, 2005, S.53).
Für die Wahrscheinlichkeit , dass der Portfolioverlust größer als das zur Wahrscheinlichkeit gehörige Quantil () einer Verteilungsfunktion Fx ist, bestimmt man durch Invertieren der Verteilungsfunktion das gesuchte Quantil:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für die Verteilung von Risikofaktoren, und bei linearer Abhängigkeit des Portfoliowertes von den relevanten Risikofaktoren folglich auch für die Verteilung der Portfoliowertänderung, wird oft der Einfachheit halber die Standardnormalverteilung bei der VaR-Berechnung zugrunde gelegt.
Der Value at Risk ist dann genau die zu dieser Wahrscheinlichkeit gehörende Verlustobergrenze, die im zu prognostizierenden Zeitraum nicht überschritten wird, d.h. er ist gleich dem negativen Quantil zur Wahrscheinlichkeit :
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: VaR der Portfoliowertänderung
Somit ist der Value at Risk ein Downside-Risikomaß, d.h. er fasst Risiko als mögliche negative Abweichung vom Erwartungswert des Portfolios auf. Dieser wird für kurze VaR-Schätzungen (z.B. 1-10 Tage) meist null gesetzt.
Die Anwendung des Value at Risk auf Zinsrisiken ist jedoch wesentlich komplizierter als bei Aktien- oder Währungskursrisiken. Dies liegt daran, dass am Markt eine Vielzahl von Anleihen mit unterschiedlichen Ausstattungen (z.B. Laufzeiten) gehandelt werden, so dass es nicht möglich ist alle individuell und unabhängig voneinander zu bewerten (Jendruschewitz, 1999, S.101).
Außerdem entsprechen sich bei Aktien-, Währungs-, und Rohstoffrisiken die Risikofaktoren und der Portfoliowert (solange keine optionalen Komponenten vorhanden sind), so dass der Value at Risk vergleichsweise einfach und ohne den „Umweg“ einer Bewertungsformel zu bestimmen ist. Über die Normalverteilungsannahme von Aktien-, Währungs-, und Rohstoffrenditen lässt sich das zugehörige Quantil schnell bestimmen.
Bei Zinsrisiken beeinflussen jedoch die Zinssätze verschiedener Laufzeiten als Risikofaktoren den Portfoliowert. Jeder Zinssatz stellt somit einen eigenen Risikofaktor dar. Außerdem folgen Zinsen nicht dem gleichen stochastischen Prozess wie Aktien. Vielmehr schwanken Zinssätze um einen langfristigen Durchschnitt (Mean-Reversion), so dass die stochastische Modellierung mit einem einfachen Random-Walk-Modell für VaR-Schätzungen über eine längere Haltedauer (z.B. drei Monate) nicht angemessen ist. Zu erwartende Erträge von Bonds sollten außerdem berücksichtigt werden (Wiedemann, 2004, S.13). Des Weiteren geht die Preisvolatilität bei Anleihen im Zeitablauf zurück, da die Rückzahlung bekannt ist.
3.2 Bestimmung der Inputparameter
3.2.1 Cash Flow Mapping
Um eine Value at Risk-Berechnung durchzuführen, wird im ersten Schritt das relevante Portfolio bestimmt. Dies wird in der folgenden Anwendung ein Portfolio aus:
- Nominal 100 Mio., 5% Euro-Anleihe (AA), Restlaufzeit 8 Jahre, long
- Nominal 120 Mio., 4,8% Payer-Swap gegen 6-Monats-EURIBOR,
Restlaufzeit 6 Jahre
- Nominal 50 Mio., 5,5% Euro-Anleihe (AA), Restlaufzeit 10 Jahre, short
- Nominal 100 Mio., 6x9 FRA[7], long
- Nominal 80 Mio., 6% Euro-Anleihe (AA), Restlaufzeit 9 Jahre, long sein.
Außerdem wird für eine Value at Risk-Berechnung die Annahme einer Haltedauer benötigt. Üblich sind in der Praxis ein oder zehn Tage, wobei in wenig liquiden Märkten die Haltedauer optimalerweise der Dauer der Liquidation oder des Hedging des zu analysierenden Portfolios entsprechen sollte (Jorion, 2001, S.20).
Dadurch, dass sich die Varianz von Risikofaktoren bei Normalverteilungsannahme proportional zur vergehenden Zeit verhält, kann der Ein-Tages VaR leicht in einen Zehn-Tages VaR umgerechnet werden (Deutsch, 2004, S.26).
[...]
[1] Zinskonventionen werden im Folgenden nicht mit der für die Praxis notwendigen Konsequenz berücksichtigt.
[2] Die Makroökonomie sieht grundsätzlich drei Erklärungsansätze für die Abhängigkeit des Zinssatzes von der Laufzeit, die sich alle auf Präferenzen von Investoren beziehen (Fabozzi, 2006). Dies ist zum einen die Erwartungshypothese, welche besagt, dass die Anlage in einer langfristigen Anleihe im Gleichgewicht dem erwarteten Ertrag aufeinander folgenden kurzfristigen Anlagen entspricht (Bundesbank, 2006, S.18). Die Liquiditätspräferenzhypothese besagt, dass für länger laufende Papiere eine Liquiditäts-/ bzw. Laufzeitprämie gezahlt wird. Sie rechtfertigt dadurch einen im Durchschnitt positiven Verlauf der Zinskurve. Der dritte Ansatz ist die Marktsegmentierungs-hypothese, die aussagt, dass unterschiedliche Zinssätze in verschiedenen Laufzeiten, jeweils das Ergebnis von laufzeitabhängigem Angebot und Nachfrage sind.
[3] Die sogenannten Hauptkomponenten.
[4] Für die detaillierte Konzeption der Hauptkomponentenanalyse und deren Anwendung auf die
Zinsstruktur vgl. z.B. Deutsch (2004), Alexander (2001) oder Hull (2006).
[5] Zu ähnlichen Ergebnissen, d.h. dass mehr als 90% aller Zinskurvenbewegungen auf Parallel-Shifts zurückzuführen sind, kommt u.a. Frye (1997) für US-Treasuries für den Zeitraum von 1989-1995.
[6] Analysiert wurde ein Couponbond (5%) mit einer (Rest-) Laufzeit von acht Jahren und AA-Bonität, der auf der vom 30.07.2007 gegebenen Swapkurve bewertet wird. Anschließend wurden Parallel-verschiebungen der Zinskurve simuliert.
[7] Forward Rate Agreement: Vereinbarung über einen Zinssatz (Forwardrate), der für eine zukünftige Periode gelten soll. Ein FRA setzt sich aus einer Vorlaufperiode (1-18 Monate) und dem eigentlichen Absicherungszeitraum (3-12 Monate) zusammen (Heidorn, 2002, S.77).
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2007
- ISBN (eBook)
- 9783836611855
- DOI
- 10.3239/9783836611855
- Dateigröße
- 593 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Frankfurt School of Finance & Management – Centre for Practical Quantitative Finance, Studiengang Betriebswirtschaftslehre
- Erscheinungsdatum
- 2008 (April)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- zinsrisiko value risk lower partial moments monte-carlo-simulation
- Produktsicherheit
- Diplom.de