Die Bedeutung der Hausbankbeziehung für die Finanzierung mittelständischer Unternehmen
Schwerpunkt: Unternehmensgründung und Unternehmensnachfolge
Zusammenfassung
Das Hausbankprinzip wird in der Literatur als ein für die Finanzierung mittelständischer Unternehmen charakteristisches und prägendes Merkmal angesehen. Nicht nur in der Nachkriegszeit war die Beziehung zwischen mittelständischen Unternehmen und ihren Hausbanken von Vertrauen und enger Zusammenarbeit geprägt. Auch heute können sowohl Banken als auch Unternehmen von einer vertrauensvollen Beziehung zehren. Das Ziel dieser Arbeit ist es, festzustellen, was die Hausbankbeziehung in der heutigen, von starkem Wettbewerb gezeichneten, Zeit ausmacht und welche Bedeutung sie vor allem für die Lebensphase der Unternehmensgründung und der Unternehmensnachfolge hat.
Gang der Untersuchung:
Um einen Überblick zu erhalten, wird im zweiten Kapitel, der Begriff mittelständische Unternehmen in Deutschland näher definiert und das typische Finanzierungsverhalten der Mittelständler beschrieben und erläutert. Das dritte Kapitel befasst sich dann mit der Hausbankbeziehung an sich. Neben einer geschichtlichen Einordnung zur Herkunft des Prinzips werden Merkmale des Hausbankprinzips aufgezeigt und die unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten vorgestellt.
Im vierten Kapitel wird anhand von empirischen Erkenntnissen geklärt, ob eine Hausbankbeziehung durch die Anzahl der Bankverbindungen eines Unternehmens beeinflusst wird und ob es Unterschiede in der Zahl der Bankverbindungen bei kleinen, mittleren und großen Unternehmen gibt. Außerdem beschäftigt sich dieses Kapitel damit, welchen Einfluss die Beziehung auf die Konditionengestaltung, die Besicherung und die Kreditverfügbarkeit ausübt.
Im fünften Kapitel soll der Leser über die Bedeutung der Hausbankbeziehung für die Finanzierung der Unternehmensgründung aufgeklärt werden. Zur Einordnung in den aktuellen Zusammenhang wird zuerst die starke wirtschaftliche Bedeutung von Unternehmensgründungen in den Vordergrund gestellt. Da die einzelnen Gründungsunternehmen erhebliche Unterschiede aufweisen, werden die Unterschiede aufgezeigt und anschließend eine Einteilung in vier Gründungsformen vorgenommen. Durch diese Einteilung gestaltet sich die Beurteilung der Bank und des Unternehmens verständlicher. Es wird unter anderem deutlich, welche Unternehmen von den Banken im Rahmen einer Hausbankbeziehung Unterstützung bei der Gründung erfahren und von welchen Unternehmen eine solche Unterstützung überhaupt gewünscht wird. Das sechste Kapitel, welches die Bedeutung der Hausbankbeziehung für die […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Mittelstand in Deutschland
2.1 Definition Mittelstand
2.2 Finanzierungsverhalten
3 Hausbankbeziehung
3.1 Entwicklung des Hausbankprinzips
3.2 Charakterisierung der Hausbankbeziehung
3.3 Bewertung der Hausbankbeziehung aus Sicht der Beteiligten
3.3.1 Sichtweise des Unternehmens
3.3.2 Sichtweise der Bank
4 Empirische Ergebnisse
4.1 Anzahl der Bankverbindungen
4.2 Einfluss der Hausbankbeziehung auf die Kreditbedingungen
4.2.1 Konditionengestaltung
4.2.2 Besicherung
4.2.3 Kreditverfügbarkeit
5 Unternehmensgründung
5.1 Aktuelle Entwicklungen
5.2 Gründungsformen
5.3 Beurteilung aus Sicht der Bank
5.3.1 Strategische Aspekte
5.3.2 Verhaltensweisen in der Praxis
5.3.3 Engagement der Sparkassen-Finanzgruppe
5.4 Beurteilung aus Sicht des Unternehmens
5.4.1 Allgemeine Erläuterungen
5.4.2 Segmentspezifische Erkenntnisse
6 Unternehmensnachfolge
6.1 Aktuelle Entwicklungen
6.2 Perspektive der Hausbank
6.3 Weg zur erfolgreichen Übergabe
6.4 Finanzierungslösungen der Hausbank
7 Resümee
Anhang
Literaturverzeichnis
Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Quantitative Abgrenzungskriterien für Unternehmen
Abbildung 2: Merkmale der Hausbankbeziehung
Abbildung 3: Cross Selling als Ansatz für die Akquise und dauerhaft gute Ergebnisse
Abbildung 4: Anzahl der Bank- und Hauptgeschäftsverbindungen
Abbildung 5: Segmentierung der Gründer nach Renditeaspekten
Abbildung 6: Anstöße für die Nachfolgeplanung
Abbildung 7: Entwicklung der Eigenkapitalquoten von Unternehmen
Abbildung 8: Beschreibung der Unterstützungsleistungen für Gründer
1 Einleitung
Das Thema dieser Bachelorarbeit lautet „Die Bedeutung der Hausbankbeziehung für die Finanzierung mittelständischer Unternehmen. Schwerpunkt Unternehmensgründung und Unternehmensnachfolge.“ Das Haubankprinzip wird in der Literatur als ein für die Finanzierung mittelständischer Unternehmen charakteristisches und prägendes Merkmal angesehen. Nicht nur in der Nachkriegszeit war die Beziehung zwischen mittelständischen Unternehmen und ihren Hausbanken von Vertrauen und enger Zusammenarbeit geprägt. Auch heute können sowohl Banken als auch Unternehmen von einer vertrauensvollen Beziehung zehren. Das Ziel dieser Arbeit ist es, festzustellen, was die Hausbankbeziehung in der heutigen, von starkem Wettbewerb gezeichneten, Zeit ausmacht und welche Bedeutung sie vor allem für die Lebensphase der Unternehmensgründung und der Unternehmensnachfolge hat.
Um einen Überblick zu erhalten, wird im zweiten Kapitel, der Begriff mittelständische Unternehmen in Deutschland näher definiert und das typische Finanzierungsverhalten der Mittelständler beschrieben und erläutert. Das dritte Kapitel befasst sich dann mit der Hausbankbeziehung an sich. Neben einer geschichtlichen Einordnung zur Herkunft des Prinzips werden Merkmale des Hausbankprinzips aufgezeigt und die unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten vorgestellt. Im vierten Kapitel wird anhand von empirischen Erkenntnissen geklärt, ob eine Hausbankbeziehung durch die Anzahl der Bankverbindungen eines Unternehmens beeinflusst wird und ob es Unterschiede in der Zahl der Bankverbindungen bei kleinen, mittleren und großen Unternehmen gibt. Außerdem beschäftigt sich dieses Kapitel damit, welchen Einfluss die Beziehung auf die Konditionengestaltung, die Besicherung und die Kreditverfügbarkeit ausübt.
Im fünften Kapitel soll der Leser über die Bedeutung der Hausbankbeziehung für die Finanzierung der Unternehmensgründung aufgeklärt werden. Zur Einordnung in den aktuellen Zusammenhang wird zuerst die starke wirtschaftliche Bedeutung von Unternehmensgründungen in den Vordergrund gestellt. Da die einzelnen Gründungsunternehmen erhebliche Unterschiede aufweisen, werden die Unterschiede aufgezeigt und anschließend eine Einteilung in vier Gründungsformen vorgenommen. Durch diese Einteilung gestaltet sich die Beurteilung der Bank und des Unternehmens verständlicher. Es wird unter anderem deutlich, welche Unternehmen von den Banken im Rahmen einer Hausbankbeziehung Unterstützung bei der Gründung erfahren und von welchen Unternehmen eine solche Unterstützung überhaupt gewünscht wird. Das sechste Kapitel, welches die Bedeutung der Hausbankbeziehung für die Finanzierung von
Unternehmensnachfolgen thematisiert, beginnt ebenfalls mit einer Einordnung in den wirtschaftlichen Zusammenhang, bevor die Intentionen der Hausbanken erörtert werden. Herausgestellt werden speziell die Aufgaben der Hausbank und des Firmenkundenbetreuers, der gerade bei der Unternehmensnachfolge eine herausragende Rolle einnimmt. Mit einer Beschreibung über den Verlauf und die Voraussetzungen einer erfolgreichen Unternehmensübergabe, schließt das sechste Kapitel ab. Den Schluss dieser Bachelorarbeit bildet anschließend ein Fazit mit einem Ausblick auf die zukünftige Bedeutung von Hausbankbeziehungen für die Finanzierung mittelständischer Unternehmen.
2 Mittelstand in Deutschland
In diesem Kapitel werden kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland beschrieben und charakterisiert, denn sie stellen eine der tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft dar.
2.1 Definition Mittelstand
Es gibt keine einheitliche Gruppe, die als Mittelstand bezeichnet werden kann.[1] Als qualitatives Kriterium für den Mittelstand wird in der Regel die Einheit von Eigentum und Leitung angesehen. Weitaus häufiger werden in der Gesetzgebung und der Literatur allerdings quantitative Kriterien zu Grunde gelegt.[2] Die geläufigste Definition des Begriffes „Mittelstand“ geht auf das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) zurück. Das Institut unterscheidet Unternehmen quantitativ nach Beschäftigtenzahl und Jahresumsatz. Aus diesen Merkmalen ergeben sich Kategorien für kleine, mittlere und große Unternehmen.[3]
Neben der Definition des IfM gibt es auch Abgrenzungskriterien im § 267 HGB und seit dem 01. Januar 2005 eine Empfehlung der europäischen Union zur Definition von kleinen und mittleren Unternehmen. Ein Vergleich der unterschiedlichen Abgrenzungskriterien ist in Abbildung 1 zu finden. Für diese Arbeit wird die Definition des IfM zu Grunde gelegt, da das überwiegende Datenmaterial, welches zur Verfügung steht, sich auf diese allgemein gültige Definition bezieht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Quantitative Abgrenzungskriterien für Unternehmen[4]
Im Jahr 2006 waren in Deutschland 3,57 Millionen mittelständische Unternehmen tätig. Nach der Definition Mittelstand des IfM, sind in Deutschland 99,7% aller Unternehmen zum Mittelstand zu zählen. Diese Unternehmen stellen 70% aller Arbeitsplätze zu Verfügung, bilden 80% aller Auszubildenden aus, sind für mehr als 50% der Bruttowertschöpfung verantwortlich und erbringen rund 45% des Steueraufkommens.[5] Kleine und mittlere Unternehmen haben eine große Bedeutung für das gesamtwirtschaftliche System Deutschlands. Sie bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, denn 89,3% der mittelständischen Unternehmen gehören allein zu den kleinen Unternehmen.[6]
KMU besitzen überwiegend einen geringen Marktanteil, verfügen über begrenzte Technologien, Produkte und Dienstleistungen und spezialisieren sich häufig auf einen bestimmten Kundenkreis.[7] Kennzeichnend für mittelständische Unternehmen sind kurze Informationswege. Es wird durch sie eine flexiblere Handlungsfähigkeit ermöglicht, die bei großen Konzernen in diesem Maße nicht erkennbar ist. Bezeichnend für den Mittelstand ist weiterhin die enge wirtschaftliche und gesellschaftliche Bindung an einen Standort. 80% der Unternehmen setzen sich karitativ für die Region ein und der Großteil der Mittelständler bevorzugt Banken, in unmittelbarer Nähe der Betriebe.[8] Die Marktführerschaft der Sparkassen-Finanzgruppe im inländischen Kreditgeschäft, liegt beispielsweise in dieser engen Bindung zur Region begründet.[9] Im nächsten Kapitel wird deutlich, durch welches Finanzierungsverhalten sich die mittelständischen Unternehmen auszeichnen.
2.2 Finanzierungsverhalten
Den mittelständischen Unternehmen stehen durch Eigenfinanzierung oder Fremdfinanzierung unterschiedliche Möglichkeiten offen, ihren Kapitalbedarf zu decken. Der klassische Bankkredit als Variante der Fremdfinanzierung ist, neben der Innenfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen, seit Jahren die Hauptfinanzierungsquelle für mittelständische Unternehmen.[10] Obwohl Banken kleinen und mittleren Unternehmen alternative Finanzierungsinstrumente, wie Beteiligungsfonds, Genussscheine, Nachrangdarlehen oder stille Beteiligungen zur Verfügung stellen, die bis vor kurzem nur Großunternehmen und Konzernen vorbehalten waren, sind diese für die meisten KMU ohne Bedeutung und werden mehrheitlich abgelehnt.[11] Zu begründen ist das Verhalten damit, dass mittelständische Unternehmer sehr großen Wert auf ihre Unabhängigkeit legen. Ihre Kapitalgeber sollten möglichst keinen Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens bekommen.[12] Lediglich 18% der KMU können sich vorstellen mehr als 30% ihrer Bankverbindlichkeiten durch alternative Finanzierungsinstrumente zu ersetzen, so dass insgesamt eine hohe Relevanz der Bankbeziehungen für die Finanzierung von KMU festzustellen ist. Dies zeichnet sich auch durch die starke Nutzung von Kontokorrentkrediten und Leasingverbindlichkeiten aus.[13]
Der Verschuldungsgrad nimmt mit der Größe der Unternehmen ab.[14] Gegensätzlich verhält es sich mit der Eigenkapitalquote. Bei kleineren Unternehmen befinden sich die Eigenkapitalquoten im Vergleich zu Großkonzernen auf einem sehr niedrigen Niveau.[15] Viele Unternehmer sind aber selbst verantwortlich für die geringe Eigenkapitalquote, da sie häufig keine Ziele und Strategien für die Eigenkapitalausstattung definieren und dadurch ihre Finanzplanung
vernachlässigen.[16] Das eigentliche Vermögen der mittelständischen Wirtschaft ist in den Vorräten und den Forderungen gegenüber Kunden zu finden.[17] Für die Banken hat das Eigenkapital aber eine hohe Priorität, da es für mögliche Verluste haftet und damit die Rückzahlung des Fremdkapitals garantiert.[18] Positiv ist deshalb zu bewerten, dass sich die Eigenkapitalquoten in den letzten Jahren leicht verbessert haben.[19] Einen Überblick dazu liefert der Anhang 1 dieser Arbeit.
3 Hausbankbeziehung
Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung, die die Hausbankbeziehung im Laufe der Jahre bereits erfahren hat und die Merkmale, die die Beziehung zwischen Hausbanken und Unternehmen auszeichnen. Die Ausführungen enden mit einer Übersicht über unterschiedliche Sichtweisen der beteiligten Geschäftspartner.
3.1 Entwicklung des Hausbankprinzips
Das im internationalen Vergleich einmalige deutsche Hausbankprinzip ist aus der historischen Entwicklung der Unternehmensfinanzierung gewachsen.[20] Im Zuge der industriellen Revolution entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts das Universalbanksystem als Finanzierungsquelle für Unternehmen. Während der Weimarer Republik und vornehmlich im Dritten Reich verlor der Kapitalmarkt, wegen starker staatlicher Regulierungen und hoher Kursschwankungen, als externe Finanzierungsquelle an Bedeutung.[21] Der sich anschließende wirtschaftliche Aufschwung der Nachkriegszeit brachte günstige Fremdkapitalzinsen mit sich und zeichnete sich durch sinkende Eigenkapitalquoten deutscher Unternehmen aus. Die steuerliche Gesetzgebung behinderte die Finanzierung mittels Eigenkapital und förderte die Aufnahme von Fremdkapital, so dass die Banken somit den Wiederaufbau finanziert haben.[22] Das alles führte in Deutschland zu einem engen, von Vertrauen geprägten Verhältnis zwischen Banken und Firmenkunden.[23]
Zur Jahrtausendwende wandelte sich das Hausbankprinzip. Im Zuge der Globalisierung nahmen Kapitalmarktaktivitäten wieder zu und Beteiligungsgesellschaften setzten sich bei Investoren und finanzbedürftigen Unternehmen durch. Die Mehrzahl der Kreditinstitute wandte sich dem Investmentbanking zu.[24] Anfang des neuen Jahrtausends folgte dann auf Grund der angespannten Wirtschaftslage für die Kreditinstitute ein starker Rückgang der Erträge aus dem Provisionsgeschäft. Bedingt durch die Vielzahl an Not leidender Kredite, reagierten die Kreditinstitute mit restriktiverer Kreditvergabe, strenger Kreditüberwachung und dem Eingeständnis einer in der Vergangenheit nicht risikogerechten Margengestaltung. Dieses Verhalten hat aus Sicht vieler mittelständischer Unternehmen zum Vertrauensverlust in den Hausbankbeziehungen geführt.[25]
Die Hausbankbeziehungen haben sich im Laufe der Jahre gelockert, sie leben aber weiterhin vom Dialog über Sorgen, Pläne und Erfolge zwischen dem Firmenkundenberater und dem Unternehmer. Gerade in Zeiten eines immer schnelleren Wandels kann diese Beziehung von beiden Seiten genutzt und intensiviert werden. Somit ist die Hausbank als Begleiter über den kompletten Lebenszyklus von der Gründungsphase, über die Wachstumsphase und schließlich zur Nachfolgephase ein stabilisierendes Element der bewährten Langfristkultur in der Bundesrepublik Deutschland und sollte weiterhin gepflegt werden.[26] Welche Merkmale und Funktionen einer Hausbankbeziehung in der heutigen Zeit beigemessen werden, wird in den folgenden Ausführungen näher erläutert.
3.2 Charakterisierung der Hausbankbeziehung
Wichtig für die mittelständische Wirtschaft sind nicht nur ausreichend finanzielle Mittel, sondern eine gesunde und langfristig angelegte Partnerschaft mit den Kreditinstituten. Eine solche Partnerschaft bietet finanzielle Berechenbarkeit und Sicherheit, welche die Voraussetzungen für unternehmerisches Handeln darstellen.[27] Definiert werden kann das Hausbankprinzip als eine enge und langfristige Verbindung zu einer oder wenigen Banken. Hausbanken haben den größten, oft dominierenden Anteil an der Fremdfinanzierung von Unternehmen und bei der Nutzung von anderen Finanzdienstleistungen. Kennzeichen einer festen Bankbeziehung sind neben der Langfristorientierung, die partnerschaftliche Ausrichtung und der Einfluss der Bank.[28] Eine Beschreibung dieser einzelnen Merkmale liefert die Abbildung 2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[Abbildung 2: Merkmale der Hausbankbeziehung][29]
Der hohe Einfluss zeichnet sich durch die besondere Verantwortung der Bank in Krisensituationen aus. In solchen Situationen führt das Vertrauen der Hausbank in das Unternehmen dazu, dass die zur Verfügung gestellten Kreditvolumina von der Hausbank prolongiert, beziehungsweise eher noch ausgebaut werden. Dieses Phänomen wird als Versicherungsfunktion bezeichnet und stellt einen besonderen Vorteil der Hausbankbeziehung dar.[30]
Große Bedeutung hat auch die Förderung des Informationsaustausches, denn der Kreditmarkt weist Merkmale auf, die ihn vom Gütermarkt deutlich unterscheiden. Leistung und Gegenleistung fallen bei Krediten zeitlich auseinander. Es entsteht eine Informationsasymmetrie zwischen
Kreditgeber und Kreditnehmer bezüglich der Kreditrückzahlung. Derartige Asymmetrien können zu einer restriktiven Kreditvergabe der Banken führen. Durch einen intensiven Informationsaustausch vermag eine langfristige Hausbankbeziehung diese Asymmetrien zu verringern und beim Unternehmen zu einer höheren Kreditverfügbarkeit und unter Umständen sogar zu besseren Konditionen führen.[31] Auch die Bank kann von diesem Vorteil zehren, denn sie hat kaum Kosten für Informationsbeschaffung und -verwertung.[32]
Bank und Kunde haben im Laufe der Geschäftsbeziehung regelmäßig Kontakt zueinander. Durch das Abschließen gemeinsamer Verträge und die daraus resultierende enge Zusammenarbeit ist auch das Verhältnis zwischen den Mittelständlern und ihren Banken meist vertrauensvoll und konstruktiv. Es wird eine gemeinsame Historie aufgebaut, aus der zahlreiche Informationen entnommen werden können.[33]
3.3 Bewertung der Hausbankbeziehung aus Sicht der Beteiligten
Da jeder Geschäftspartner mit unterschiedlichen Intentionen eine solche Geschäftsbeziehung eingeht, weichen die Sichtweisen mitunter stark voneinander ab. Dieses Kapitel soll dem Leser, die jeweilige Perspektive ein Stück näher bringen.
3.3.1 Sichtweise des Unternehmens
Mittelständische Unternehmer haben bestimmte und vielfältige Erwartungen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Hausbank. Die nach Meinung zahlreicher Unternehmen fünf wichtigsten Anforderungen an die Hausbank werden nachfolgend beschrieben. Die Kreditversorgung ist mit Abstand die bedeutendste Bankdienstleistung, denn diese stellt für die Unternehmen die Grundlage für Wachstum dar. An zweiter Stelle ist die reibungslose Abwicklung des Zahlungsverkehrs zu erwähnen, ohne die eine funktionsfähige Geschäftstätigkeit kaum möglich wäre. Daran schließt sich als dritte Erwartung, die Aufgabe der Liquiditätsoptimierung an. Überziehungen sind zu vermeiden, freie Mittel anzulegen und Forderungen zeitnah einzubringen. Als
vierter Anspruch sei die Beratung über unterschiedliche, den Lebensphasen des Unternehmens entsprechende, Finanzierungsformen genannt. Die Internationalisierung des deutschen Kapitalmarktes, zunehmender Wettbewerb und die Vielfalt der Finanzierungen ermöglichen den KMU heute eine erweiterte Auswahl von Bankdienstleistungen. Auch wenn die meisten Unternehmer, wie in Kapitel 2.2 beschrieben, auf die klassischen Finanzierungsformen zurückgreifen, ist deren Bereitschaft sich für alternative Lösungen zu entscheiden, umso höher, je besser sie darüber informiert wurden. Als fünfte Anforderung nannten die Unternehmen den Zugang zu öffentlichen Mitteln über ihre Hausbank.[34]
Bei all diesen Erwartungen kommt dem Firmenkundenbetreuer der Hausbank eine herausragende Rolle zu. Wenn eine Bank vom Kunden wahrgenommen werden will, dann sollte die Beratung qualitativ hochwertig sein.[35] Die Verlässlichkeit und damit verbunden die personelle und strategische Kontinuität bilden unabdingbare Voraussetzungen.[36] Das fachliche Know how des Kundenberaters und seine Fähigkeit mit dem Kunden in einen strategischen Dialog einzutreten, macht die Hausbankbeziehung zu etwas Besonderem. Der Betreuer erkennt den Bedarf des Kunden und ist in der Lage eine vertrauensvolle und persönliche Beziehung zu ihm aufzubauen.[37] Gelobt werden insbesondere kurze Bearbeitungszeiten, gute Kenntnisse des Beraters über die Situation des Unternehmens und die Bereitschaft der Zusammenarbeit auch in schlechten Zeiten. Nachteilig machen sich Eigenschaften wie bürokratische Strukturen, unverständliche Entscheidungen und eine hohe Personalfluktuation der Firmenkundenbetreuer bemerkbar, die ein Grund dafür sein können, dass Unternehmer mit konkurrenzsensiblen Informationen sparsam umgehen.[38]
Ein aus Unternehmersicht wesentlicher Nachteil in der Hausbankbeziehung besteht in der Abhängigkeit des Unternehmens von einer bestimmten Bank.[39] Ein Problem kann für das Unternehmen in dieser Konstellation entstehen, wenn die betreffende Bank eine Kreditlinie streicht. Diese Streichung kann bei anderen Banken als negatives Signal aufgefasst werden, obwohl die Gründe für die Streichung nicht zwingend beim Unternehmen liegen müssen. Dies führt unter Umständen dazu, dass auch andere Banken nicht gewillt sind, dem Unternehmen einen Kredit zu gewähren. Die Hausbank könnte diese Situation ausnutzen und einen höheren Kreditzins verlangen, als dieser eigentlich üblich wäre. In der Literatur wird dieses Thema als „hold up“ Problematik bezeichnet.[40]
Bei mittelgroßen Unternehmen sind solche Exklusivbankbeziehungen allerdings nicht üblich. Im Normalfall haben die Unternehmen eine Hauptbankbeziehung mit mehreren Nebenbankbeziehungen. Die Beziehung zur einzelnen Bank gestaltet sich lockerer und der Kreis der Banken ist größer, so dass sich die Abhängigkeit und damit die „hold up“ Problematik verringert.[41]
Aufschlussreich ist die Stellungnahme der Mittelständler zum Thema des Kreditzugangs in der heutigen Zeit. Einen erschwerten Zugang zu Krediten stellten rund 40% der befragten KMU in den Jahren 2002 und 2003 fest.[42] Es wurde deutlich, dass die Kreditinstitute aus Unternehmersicht teils mit Zurückhaltung bei der Kreditvergabe reagierten und schärfere Konditionen festlegten. Kunden von Großbanken waren davon häufiger betroffen.[43]
Deutlich positiver sahen diesen Sachverhalt Unternehmen der ASU Unternehmerumfrage, die im Dezember 2006 durchgeführt wurde. Hier war ein Trend zu erkennen, dass Kreditinstitute leichter Kredite vergeben als dies früher der Fall war.[44] Zu erkennen ist daran, dass sowohl die Unternehmer als auch die Kreditinstitute auf einem guten Weg sind. Auch wenn das gegenseitige Verständnis nicht immer vorhanden ist, haben viele Unternehmer erkannt, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit die gesellschaftliche Akzeptanz der Partner voraussetzt.[45] Besonders deutlich wird dies, durch die Aussage der Kreditnehmer, dass sie selbst auch nicht untätig bleiben wollen, um den Kreditzugang zu verbessern. So wollen 48% ihre Eigenkapitalquote erhöhen, denn eine gute Beziehung zu einer Bank könne heute kaum mehr als Eigenkapitalersatz angesehen werden.[46] Für eine verbesserte Transparenz sprachen sich 32% aus und 25% der Befragten haben sich zum Ziel gesetzt, ihr Unternehmens-Management zu verbessern.[47]
In der Unternehmerschaft gibt es auch Kritiker, die von der Hausbankbeziehung nicht überzeugt sind. Diese bevorzugen die Möglichkeit direkter Geldaufnahme am Kapitalmarkt. Allerdings lassen Kritiker oft außer Acht, dass 98% aller deutschen Unternehmen zu klein für diese Art der Kapitalaufnahme sind und viele sich zudem vor Offenlegungspflichten scheuen. Andere stellen sich lediglich die Frage, welche Art der Finanzintermediation die preisgünstigste Variante ist. Die Vorteile der Hausbankbeziehung geraten bei jenen meist in Vergessenheit.[48]
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die günstigen Konditionen und der schnelle Kapitalzugang bei den Unternehmern, bedingt durch den starken Wettbewerb, an Bedeutung gewinnen werden. Für den Großteil der Mittelständler wird aber die Hausbankbeziehung und damit verbunden eine gute und persönliche Vertrauensbasis, weiterhin einen hohen Stellenwert einnehmen und somit dem Wettbewerb standhalten.[49] Im nächsten Kapitel wird deutlich, wie sich die Meinung der Banken zum Thema der Hausbankbeziehung verhält.
3.3.2 Sichtweise der Bank
Auch aus Sicht der Banken hat sich die einst sehr enge Kunde-Bank-Beziehung gelockert. Die Hausbank wird aber trotz zunehmendem Einfluss kapitalmarktorientierter Finanzierungsmöglichkeiten nicht an Bedeutung verlieren. Ganz im Gegenteil, denn die Kreditvergabe, als Kernkompetenz deutscher Banken, bleibt weiterhin von Belang und wird unverzichtbar für ausgeglichene Finanzierungsstrukturen sein. Zusätzlich werden die Banken aber eine beratende und vermittelnde Rolle von Produkten und Lösungen einnehmen, so dass sich auch das Aufgabenverständnis von Kreditinstituten verändern und den neuen Gegebenheiten anpassen wird.[50]
Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Ertragssituation im deutschen mittelständischen Firmenkundengeschäft im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich ist. Gründe dafür sind der Rückgang der Zinsmarge in Deutschland und die schlechte konjunkturelle Situation der letzten Jahre. Die Banken mussten auf diese veränderten Rahmenbedingungen reagieren und so entstand die Entwicklung vom risikoreichen, aber bilanzwirksamen Zinsgeschäft hin zum weniger riskanten, dafür aber bilanzunwirksamen Provisionsgeschäft. Aus Abbildung 3 geht hervor, dass Cross Selling Potenziale, als viel versprechende Ansätze für die Akquise oder für dauerhaft gute Ergebnisse beim Kunden, zunehmend an Bedeutung gewonnen haben.[51]
[...]
[1] Vgl. Hennerkes (2002), S. 1268.
[2] Vgl. Segbers (2007), S. 58 f.
[3] Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2007), S. 12 f.; Segbers (2007), S. 62.
[4] Abbildung in Anlehnung an Berens/ Högemann/ Segbers (2005), S. 9.
[5] Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2007), Diagnose Mittelstand, S. 12 f.; Fentz (2005), S. 7; Schäfer
(2003), S. 169.
[6] Vgl. Reichmann / Pyszny (2006), S. 5; Schäfer (2003), S. 172; Schneck (2006), S. 16; Steegmann (2006), S. 11.
[7] Vgl. Schneck (2006), S. 14.
[8] Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2007), S. 14; Hommel/ Schneider (2004), S. 579.
[9] Vgl. Segbers (2007), S. 72.
[10] Vgl. Hommel/ Schneider (2004), S. 579; Lichtblau/ Röhl (2004), S. 61; Segbers (2007), S. 391.
[11] Vgl. Arnsfeld/ Hieb (2004), S. 666; Sparkassen-Finanzgruppe (2007), Geschäftsbericht 2006.
[12] Vgl. Arnsfeld/ Hieb (2004), S. 664; Ernst &Young (2007), S. 22.
[13] Vgl. Hommel/ Schneider (2004), S. 580; Segbers (2007), S. 65.
[14] Vgl. Lichtblau/ Utzig (2002), S. 327 f.; Segbers (2007), S. 64.
[15] Vgl. Schneck (2006), S. 18; Lichtblau/ Utzig (2002), S. 327 f.; Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2007),
Diagnose Mittelstand, S. 5.
[16] Vgl. Schneck (2006), S. 22.
[17] Vgl. Lichtblau/ Utzig (2002), S. 327 f.
[18] Vgl. Schneck (2006), S. 17.
[19] Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2007), Diagnose Mittelstand, S. 4 f.
[20] Vgl. Steegmann (2006), S. 77.
[21] Vgl. Steegmann (2006), S. 85.
[22] Vgl. Flach (2002), S. 1252.
[23] Vgl. Steegmann (2006), S. 77.
[24] Vgl. Steegmann (2006), S. 89.
[25] Vgl. Hommel/ Schneider (2004), S. 577; Steegmann (2006), S. 89 f.
[26] Vgl. Brockmann/ Frien (2003), S. 23; Müller (2002), S. 1265 ff.
[27] Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2007), Diagnose Mittelstand, S. 15.
[28] Vgl. Flach (2002), S. 1252; Hansmann/ Richter/ Rose (2006), S. 37f.; Kley (2004), S. 178.
[29] Abbildung in Anlehnung an Steegmann (2006), S. 78.
[30] Vgl. Elsas (2001), S. 270; Kley (2004), S. 170; Müller (2002), S. 1265; Paul (2004), S. 423; Segbers (2007), S.
393 f.
[31] Vgl. Hommel/ Schneider (2004), S. 578; Kley (2004), S. 178; Körting (2001), S. 38; Müller (2002), S. 1265; Paul
(2004), S. 423.
[32] Vgl. Elsas (2001), S. 21.
[33] Vgl. Elsas (2001), S. 19; Hartmann-Wendels/ Pfingsten/ Weber (2007), S. 148; Hennerkes (2002), S. 1269.
[34] Vgl. Arnsfeld/ Hieb (2004), S. 667; Brockmann/ Frien (2003), S. 18 f.; Fentz (2005), S. 8; Flach (2002), S. 1252;
Frien (2006), S. 13; Hennerkes (2004), S. 364.
[35] Vgl. Hennerkes (2002), S. 1269.
[36] Vgl. Frien (2006), S. 10.
[37] Vgl. Frien (2006), S. 21; Hennerkes (2004), S. 365 ff.
[38] Vgl. Brockmann/ Frien (2003), S. 17; Frien (2006), S. 8; Hennerkes (2002), S. 1269.
[39] Vgl. Hommel/ Schneider (2004), S. 578; Kley (2004), S. 178.
[40] Vgl. Hommel/ Schneider (2004), S. 578; Kley (2004), S. 171; Körting (2001), S. 52.
[41] Vgl. Frien (2006), S. 16; Kley (2004), S. 171 f.
[42] Vgl. Brockmann/ Frien (2003), S. 9; Hommel/ Schneider (2004), S. 580.
[43] Vgl. Brockmann/ Frien (2003), S. 9.
[44] Vgl. Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (2006), Mittelstandsfinanzierung durch Banken, S. 6.
[45] Vgl. Hennerkes (2002), S. 464.
[46] Vgl. Kley (2004), S. 178.
[47] Vgl. Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (2006), Mittelstandsfinanzierung durch Banken, S. 8.
[48] Vgl. Müller (2002), S. 1265 f.
[49] Vgl. Arnsfeld/ Hieb (2004), S. 665; Frien (2006), S. 9.
[50] Vgl. Flach (2002), S. 1252 f.; Steegmann (2006), S. 91.
[51] Vgl. Flach (2002), S. 1253; Frien (2006), S. 45; Segbers (2007), S. 74 f.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2007
- ISBN (eBook)
- 9783836610902
- DOI
- 10.3239/9783836610902
- Dateigröße
- 1.3 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe Bonn – Studiengang Bachelor of Finance, Bachelor of Finance
- Erscheinungsdatum
- 2008 (März)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- mittelstand hausbankbeziehung unternehmensgründung unternehmensnachfolge finanzierung