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Lebenserzählungen von Angehörigen einer deutschen Minderheit

Eine Analyse narrativer biografischer Interviews mit Sinti und Roma

©2006 Diplomarbeit 179 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die folgende Arbeit befasst sich mit biografischen Interviews von Sinti und Roma, die narrativ erhoben wurden. Da ich im Rahmen meines Studiums auf die Minorität der Sinti und Roma in Deutschland über eine Arbeit zu neuen kommunalen Sicherheitskonzepten und kommunalem Verordnungsrecht aufmerksam wurde und bei meinen Recherchen feststellen musste, dass ein großes empirisches Defizit in der Sozialwissenschaft in Bezug auf dieser Gruppe besteht, lag es nahe die Arbeit in diesem Bereich anzusiedeln. Weiterhin fiel mir auf, dass sich ein großer Teil der Literatur mit Vorurteilen und ihrer Entstehung in der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Sinti und Roma beschäftigt und die eigentlichen Betroffenen ausblendet. Mir schien es aus eigenen Interessenakzentuierungen adäquat, meine Diplomarbeit empirisch zu gestalten, um die Realitätskonstruktionen der betroffenen Angehörigen der Minderheit zu erforschen. So entstand diese Arbeit aus den Überlegungen heraus, über diese gesellschaftliche Minderheiten und ihre Beziehungen zur Mehrheitskultur zu forschen. Mir war von vornherein klar, dass es schwierig sein würde, Kontakte herzustellen und eine große Anzahl von Interviews zu bekommen. So versuchte ich über Einrichtungen der sozialen Arbeit, Unterstützergruppen und nicht zuletzt über Interessenvereinigungen an Interviewpartner zu kommen. Dies gestaltete sich sehr schwierig und nahm einen Großteil der Zeit in Anspruch. Im Endeffekt war die Ausbeute an Interviews ernüchternd, da man zwei Interviews nicht als fundierte empirische Basis ansehen kann, doch ist die Qualität dieser beiden Interviews so außergewöhnlich, dass sie Rückschlüsse auf Sinnkonstruktionen, Handlungsschemata und soziale Realitäten des Individuums und der Minderheit zulassen.
Wegen der geringen Datenbasis beschränken sich die Schwerpunkte in dieser Arbeit auf die empirische Methodik und auf die Dateninterpretation.
Gerade in der Semantik von Begrifflichkeit finden sich Stereotypen und Vorteile wieder, so dass ich erst einmal auf die sprachliche Definition der Minderheit für diese Arbeit eingehe, um im folgenden Teil, die Handlungsentlastetheit bei empirischen Arbeiten zu thematisieren, die ich anhand der Entstehung und Konstruktion der gesellschaftlichen omnipotenten Zigeunerstereotype aufzeigen will. Die handlungsentlastete Erhebung und Interpretation empirischer Daten kann nur unter einem selbstreflektorischen Prozess gelingen, der die eigenen Sinn- und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Zum Begriff und zur Gruppe der Zigeuner und seiner Verwendung in der folgenden Arbeit

Das Problem der Handlungsentlastetheit und die metaphysische Entwicklungsgeschichte der Zigeuner stereotypen
Herkunft
Das Ende des Mittelalters und der Beginn der Neuzeit bis zum 17. Jahrhundert
Die verschärfte Verfolgung nach dem dreißigjährigen Krieg.
Die Romantik und der Rassismus der Aufklärung. Ein Zeitabriss bis zur zweiten Reichsgründung
Die Verfolgung im Kaiserreich und in der Weimarer Republik
Das 3.Reich
Wiedergutmachung, Bürgerrechtsbewegung, Rostock

Zugangsprobleme bei Randgruppen

Vorüberlegungen zum Forschungsdesigns
Die drei Modi theoretischer Erkenntnis
Subjektivismus
Objektivismus
Praxelogische Erkenntnisweise
Kritik am Subjektivismus
Kritik am Objektivismus

Unterschiede quantitativer und qualitativer empirischer Sozialforschung
Quantitative Methode
Qualitative Methode

Warum Narrativ herangehen?

Das narrative Interview
Grundgedanken und Erzählzwänge
Kondensierungszwang
Detaillierungszwang
Gestaltschließungszwang
Folge der Zwänge

Aufbau eines narrativen Interviews (mehrer Phasen)
Vorbereitung
Einleitung
Erzählung
Nachfragen
Gesprächsabschluss/“Small talk“
Der Interviewer und seine Rolle

Vor- und Nachteile dieses Erhebungsverfahrens
Vorteile
Nachteile

Exkurs: Neue technische Möglichkeiten für die Erfassung und Transkription von Interviews

Prozessstrukturen in Biografien, die durch die Stegreiferzählung hervorgelockt werden

Das Arbeitsbündnis
Die Analyse des Arbeitsbündnisses
Die Übertragung und Gegenübertragung im Arbeitsbündnis

Theoretische methodische Voraussetzung einer Auswertung
Soziologische substanztheoretische Auffassungen
Interpretatives Paradigma
Natural Sociology/History
Symbolischer Interaktionismus
Ethnomethodologie
Konstruktivismus
Phänomenologie
Hermeneutik

Auswertungsverfahren
Feldtagebuch, Postskript, Transkript
Bestimmung der Textart
Sequenzanalyse
Analyseebenen

Nur eine Methode!?

Fallanalyse Biographie
Interview 1
Zur Familie
Zum Erzähler
Interview 2
Zur Familie
Zum Erzähler

Überschneidungen
Fallanalyse Nationalbewusstsein
Fallanalyse Kulturalität
Fallanalyse Auswirkungen 2. Weltkrieg bzw. Auschwitz

Fazit
Literaturliste
Bücher
Zeitschriften
Internet
Transkriptionsregeln
Erklärung

Anhang1:
Transkript Interview1
Postskript Interview1

Anhang2:
Transkript Interview2
Postskript Interview2 S.

Vorwort

Die folgende Arbeit befasst sich mit biografischen Interviews von Sinti und Roma, die narrativ erhoben wurden. Da ich im Rahmen meines Studiums auf die Minorität der Sinti und Roma in Deutschland über eine Arbeit zu neuen kommunalen Sicherheitskonzepten und kommunalem Verordnungsrecht aufmerksam wurde und bei meinen Recherchen feststellen musste, dass ein großes empirisches Defizit in der Sozialwissenschaft in Bezug auf dieser Gruppe besteht, lag es nahe die Arbeit in diesem Bereich anzusiedeln. Weiterhin fiel mir auf, dass sich ein großer Teil der Literatur mit Vorurteilen und ihrer Entstehung in der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Sinti und Roma beschäftigt und die eigentlichen Betroffenen ausblendet. Mir schien es aus eigenen Interessenakzentuierungen adäquat, meine Diplomarbeit empirisch zu gestalten, um die Realitätskonstruktionen der betroffenen Angehörigen der Minderheit zu erforschen. So entstand diese Arbeit aus den Überlegungen heraus, über diese gesellschaftliche Minderheiten und ihre Beziehungen zur Mehrheitskultur zu forschen. Mir war von vornherein klar, dass es schwierig sein würde, Kontakte herzustellen und eine große Anzahl von Interviews zu bekommen. So versuchte ich über Einrichtungen der sozialen Arbeit, Unterstützergruppen und nicht zuletzt über Interessenvereinigungen an Interviewpartner zu kommen. Dies gestaltete sich sehr schwierig und nahm einen Großteil der Zeit in Anspruch. Im Endeffekt war die Ausbeute an Interviews ernüchternd, da man zwei Interviews nicht als fundierte empirische Basis ansehen kann, doch ist die Qualität dieser beiden Interviews so außergewöhnlich, dass sie Rückschlüsse auf Sinnkonstruktionen, Handlungsschemata und soziale Realitäten des Individuums und der Minderheit zulassen.

Wegen der geringen Datenbasis beschränken sich die Schwerpunkte in dieser Arbeit auf die empirische Methodik und auf die Dateninterpretation.

Gerade in der Semantik von Begrifflichkeit finden sich Stereotypen und Vorteile wieder, so dass ich erst einmal auf die sprachliche Definition der Minderheit für diese Arbeit eingehe, um im folgenden Teil, die Handlungsentlastetheit bei empirischen Arbeiten zu thematisieren, die ich anhand der Entstehung und Konstruktion der gesellschaftlichen omnipotenten Zigeuner stereotype aufzeigen will. Die handlungsentlastete Erhebung und Interpretation empirischer Daten kann nur unter einem selbstreflektorischen Prozess gelingen, der die eigenen Sinn- und Verstehenskategorien deutlich werden lässt. Deshalb ist es unerlässlich sich seiner Vorurteile bewusst zu werden.

Die Problematik von subjektivistischen und objektivistischen Handlungsschemata und Sinnkonstruktionen hat Pierre Bourdieu schon sehr früh in seinen Arbeiten thematisiert. Er sprach von einer Interiorisierung der Exteriorität und der Exteriorisierung der Interiorität, die er in einer wissenschaftlichen Theorie der Praxis, der praxeologischen Herangehensweise, als Grundlage seiner Habitustheorie vereinigte. Die Problemstellung von Gegensatzpaaren und ihre Überwindung dienen dieser Arbeit als Vorüberlegung, da die Thematik dieselbe geblieben ist.

Die Frage nach der Forschungsmethode, quantitativ versus qualitativ, und ihrer Unterschiede in der empirischen Sozialforschung münden in der qualitativen Methode des narrativen Interviews. Nachdem die Grundgedanken mit ihren Erzählzwängen (nach Fritz Schütze) abgehandelt werden, folgt der Aufbau eines narrativen Interviews anhand eines Phasenmodells, um letztendlich die Vor- und Nachteile dieser Erhebungsmethode zu erläutern.

Den Überlegungen zu generierenden Auswirkungen von Prozessstrukturen in Biografien (ebenfalls nach Fritz Schütze) folgen Gedanken zur Struktur der Interaktion im Interview, die sich mit dem Begriff Arbeitsbündnis beschreiben lassen und aufzeigen sollen, wie stark der Datengehalt von den Interaktionen im Interview abhängig ist. Der nächste Bereich setzt sich mit theoretisch methodischen Grundlagen auseinander, die als Voraussetzung für die Auswertung gesehen werden, da sie verschiedene Konzepte von Realitätskonstruktionen der qualitativen Sozialforschung wiedergeben. Ihnen schließt sich die Beschreibung einer Auswertungsmethode an und endet in einem Plädoyer für einen situativ angewandten Methodenmix.

Den Abschluss dieser Arbeit bilden Fallanalysen und ihre Interpretationen zur Biografie, Nationalbewusstsein, Kulturalität und der Auswirkung des Nationalsozialismus auf die Generation der nachgeborenen Sinti und Roma.

Diese Arbeit wurde in geschlechterspezifischer Schreibweise verfasst. Da ich als Autor dem männlichen Geschlecht angehöre wurde diese Arbeit im männlichen Genus formuliert. Es ist nötig, dies explizit zu erwähnen, da es im deutschsprachigen Raum eine für die Hälfte der Bevölkerung vorherrschenden nichtzutreffenden Genus gibt, der so in anderen z.B. den slawischen Sprachkulturen nicht existiert. Gerade als Sozialwissenschaftler sollte uns die Bedeutung der Sprache mit ihren Auswirkungen auf Handlungsschemata und Realitätskonstruktionen sowie der Konsequenzen dies für die gesellschaftliche Situation der Geschlechter bewusst sein.

Zum Begriff und zur Gruppe der Zigeuner nd seiner Verwendung in der folgenden Arbeit

Die Bezeichnung Zigeuner wird von vielen Angehörigen der Minderheit als diskriminierend empfunden. Die Semantik des Wortes ist über Jahrhunderte mit stereotypen Bildern gefüllt worden, so dass der Begriff negative Emotionen hervorruft. Welche Mythen und Vorurteile diesem Wort anhaften, wird im folgenden Punkt mit der Beschreibung der geschichtlichen Entstehung der rassistischen Vorurteile näher beleuchtet. Die mehreren Genozidversuche in der deutschen Geschichte wurden alle aus den im Wort begründeten Attributen legitimiert, so dass die bloße Zugehörigkeit zu der Gruppe der Zigeuner für die physische Vernichtung ausreichte. Selbst der Begriff Zigeuner, dessen Herkunft ungeklärt ist, unterliegt Interpretationsversuchen, die von den übermächtigen negativen Stereotypen beeinflusst werden.

Die heute gängige und politisch korrekte Bezeichnung, die auf eine Dekonstruktion des herrschenden Zigeuner bildes abzielt, lautet Sinti und Roma und wurde in dieser Art und Weise vom gleichnamigen Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in die Bürgerrechtsdiskussion eingebracht. Diese Begrifflichkeit des Sinti und Roma ist aber ebenfalls umstritten[1], da sie unter anderem die Zigeunergruppe der Jenische völlig außen vor lässt.

Die Bezeichnung Roma[2] wurde 1981 auf dem Roma Weltkongress in Göttingen als Terminus für die internationale Selbstbezeichnung festgelegt.[3]

Die Sinti sind ein Teil der Romagemeinschaft, da sie einen Romanes- Dialekt sprechen. Die Selbstbezeichnung Sinti, wird von den Nachfahren der Gruppe von Roma verwendet, die vor mehreren Hunderten Jahren in das heutige Deutschland einwanderten. Neben ihnen gibt es natürlich auch noch die kleineren Gruppen der deutschen Roma, die in den letzten 150 Jahren vorwiegend aus den östlichen Nachbarländern nach Deutschland migriert sind.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Vorfahren der Roma aus dem indisch-pakistanischen Grenzgebiet stammen. Dafür, „wieso und weshalb“ sich die Vorfahren auf den Weg nach Europa machten, gibt es keine Beweise, nur Hypothesen, auf die ich nicht weiter eingehen werde.

Der Anteil der Minderheit an der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ist verschwindend klein, sie umfasst zwischen 70.000-100.000 Menschen. Europaweit gehen die Schätzungen von 6 bis 8 Millionen Menschen aus. Weltweit zählt die Minderheit der Roma nicht mehr als 10 Millionen Angehörige. Die Zahlen variieren stark, da sie auf Schätzungen basieren.[4]

Diese Minderheit umfasst eine Vielzahl von Gruppen, die kulturelle Unterschiede aufweisen, verschiedene soziale Strukturen und Formen im Familienverband und in den Sitten haben, so dass nicht von einer homogenen Gruppe ausgegangen werden kann. Den größten Teil der Minderheit verbindet die gleiche Sprache, das Romanes, auch wenn jede Gruppe ihren eigenen Dialekt pflegt. Wichtigste Integrationspunkte der Roma/ Zigeuner gruppen sind der gleiche Sprachstamm, die ursprüngliche Herkunft und vor allem die gemeinsame Geschichte der Verfolgung und Diskriminierung.[5]

Das gängige, religiös begründete Vorurteil, daß Zigeuner" ihrem Wesen nach " einem Wandertrieb unterliegen ist durch Statistiken aus der K. und K-Monarchie widerlegt. Der allergrößte Teil der Welt Roma Bevölkerung ist -sofern man im Postfordismus noch von Sesshaftigkeit reden kann- sesshaft.

Trotz der Kritik an dem Begriff Sinti und Roma wird diese Bezeichnung, gerade im Hinblick auf die negative Kernsemantik des Wortes Zigeuner, in dieser Arbeit verwendet. Der Begriff Zigeuner wird in dieser Arbeit kursiv gesetzt und in dem Sinne beibehalten, wie er von anderen zur Bestimmung von Gruppen und Individuen verwendet wird. Interessanterweise wurde die Bezeichnung bei Gesprächen mit Angehörigen der Minderheit oft als Eigenbezeichnung verwendet, indem die ihr anhängige negative Semantik ausgeblendet wurde.[6]

Das Problem der Handlungsentlastetheit und die metaphysische Entwicklungsgeschichte der Zigeuner stereotypen

Im folgenden Teil wird auf die geschichtliche Entstehung des Zigeuner bildes eingegangen. Es soll die Schwierigkeit einer grundvoraussetzenden Handlungsentlastetheit bei einer empirischen Arbeit mit Sinti und Roma verdeutlichen, da die Stereotypen keiner nennenswerten Dekonstruktionen in der öffentlichen Diskussion unterliegen. Ihre Omnipotenz, kann negative Auswirkungen auf die Interviewsituation und eine spätere Auswertung haben sofern sie nicht bewusst verstanden und erkannt werden. So ist es unerlässlich eine Analyse der gesellschaftlichen Konstruktion des Zigeuners vorzunehmen, um seine eigenen diffusen und unterschwelligen Vorurteile zu erkennen und zu Dekonstruieren. Es ist eine konstitutive, immens wichtige und dem Forschungsprozeß verpflichtende Arbeit. Es ist eine Unterstützung einer obligaten Selbstanalyse und Selbstkritik, die gerade in der Interviewphase helfen soll, eine Bespiegelungsgefahr von stereotypen Wunschvorstellung auf das Gegenüber zu vermeiden. Weiterhin ist es unerlässlich, objektivistische gesellschaftspolitische Konstruktionen offen zu legen und sich seiner Auswirkungen nicht nur auf den Interviewpartner, sondern auch auf sich selbst bewusst zu machen. „... die Handlungen anderer Personen als einem bestimmten, im Wissensbestand der jeweiligen sozialen Gruppe verfügbaren Handlungsmuster zugehörig zu identifizieren und sie unter dieses Deutungsmuster, wie und so weit es dem Verstehenden vertraut ist, zu subsumieren.“[7]

So habe ich gerade der Vorbereitung der Funktion der Handlungsentlastetheit, eine sonst in der empirischen Sozialforschung eher vernachlässigten und in den individualistischen, auf das Subjekt des Forschers, abgewälzten Findungsprozess einen großen Rahmen eingeräumt, der sich in dieser Arbeit wiederspiegelt. Das übliche, „Zum Forschungsobjekt“, muss bei einer qualitativen empirischen Arbeit über Randgruppen die Handlungsentlastetheit thematisieren, auch wenn sie das „beeinflussende“ Vorwissen vergrößern kann. Da die Handlungsentlastetheit nur eine philosophische Größe sein kann, wird der Versuch einer Näherung durch Selbstreflexion und –kritik die Erhebungs- und Auswertungsphase positiv beeinflussen.[8] Das in Sich- und den Herrschaftsstrukturen liegende konstruierende der Handlung, sollte näherungsweise[9] betrachtet werden und sollte durch Funktionsanalyse in Entlastetheit umgesetzt werden.

Herkunft

Die ursprüngliche Heimat der Roma, im Grenzgebiet zwischen Indien und Pakistan, wurde mithilfe ihrer Sprache bestimmt und im Gebiet der Da-rdu-Dialekte des Sanskrit ausgemacht. Die Wanderbewegung der Roma muss sich in der Zeit des 5. bis 11. Jahrhunderts in mehreren Wellen vollzogen haben und über Persien, Armenien, des griechischen Kleinasien, nach Europa und letztendlich nach Deutschland geführt haben. Diese Erkenntnis verdanken Sprachwissenschaftler den Worten im Romanes, die aus den durchwanderten Sprachkulturen übernommen wurden.[10] Scheinbar wurden die Roma seit ihrem Auszug durch Verfolgung, Ausweisung und aus ökonomischen Druck zum Weiterwandern gezwungen. Dieser „Fluch“ verfolgt viele Roma Europas bis in die heutige Zeit.

Das Ende des Mittelalters und der Beginn der Neuzeit bis zum 17. Jahrhundert

Zum Ende des Mittelalters, mit dem beginnenden 15. Jahrhundert, werden Sinti erstmalig urkundlich im deutschen Raum erwähnt. Sie waren christliche Religionsflüchtlinge vor dem sich immer weiter ausbreitenden islamisch-türkischen Osmanenreich und werden als solche auch in „Deutschland“ aufgenommen. Die Ihnen entgegengebrachte Gastfreundschaft umfasste manchmal Natural- und Geldgaben, die in Stadtchroniken und städtischen Haushaltsbüchern dokumentiert wurden. Für ihre Reise durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation bekommen Sie von vielen Fürsten und dem König und späteren Kaiser Sigesmund so genannte Geleitbriefe, die es ihnen erlauben, die Fürstentümer unbeschadet zu passieren. Diese Geleitbriefe sind in dieser Zeit ein wichtiges Instrument für Reisende, die, wie die Sinti, keiner Obrigkeit Untertanen waren und somit keinen „schützenden“ Feudalherren hatten. Die Selbstdarstellung als Religionsflüchtling in Verbindung mit dem Schutzbrief gab den Sinti eine exklusive Stellung, die sie vor Stigmatisierung aus ökonomischen Gründen oder dem Status des "elenden" Fremden schützte. Somit war eine politisch rechtliche Duldung dokumentiert, welche die Sinti vor offenen Feindseligkeiten schützte. Ihnen wurde die christliche "Nächstenliebe" von weltlichen und kirchlichen Herren gewährt. Die Akzeptanz basierte auf einer religiös-moralischen Konstruktion.[11]

Die Sinti waren überwiegend im Metall verarbeitenden Handwerk, dem Gewerbehandel und der Schaustellerei tätig. Durch die schnelle Befriedigung der lokalen Märkte waren sie ökonomisch gezwungen, der Arbeit hinterher zu ziehen. Die Metall verarbeitenden Sippen waren als Waffenproduzenten bei der Obrigkeit gern gesehen[12].

Mit der beginnenden Neuzeit endet diese religiöse Solidarität und Toleranz und mündet in der allumfassenden Vogelfrei-Erklärung der Sinti. Es ist das erste Mal, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe ausreichte, um diesem Bann unterworfen zu werden. Vorurteile und Gerüchte halfen der Obrigkeit, die Sinti als Gruppe für rechtlos zu erklären und ihnen nach dem Leben zu trachten. Hierbei half die zu dieser Zeit vorherrschende Türkenhysterie, da man den Sinti vorwarf, Spione der Moslems zu sein. Dieses Spionagestigma verfolgt die Sinti und Roma bis heute.[13] Der Spionagevorwurf bediente sich der Fremdenfeindlichkeit, die sich an Äußerlichkeiten festmachte und gepaart war mit an den Antijudaismus angelehnten religiös behafteten Gerüchten, die den Menschen die türkische Bedrohung vor Augen führen sollte. Die Obrigkeit instrumentalisiert diese Vorurteile für ihre Zwecke, um Kriegssteuern, Türken-oder Gemeindepfennig genannt, erheben zu können, und konstruierte ein umfassendes und fassbares Feindbild des Spions, Kollaborateurs und Saboteurs. Die Bedrohung durch die Türken wurde mithilfe eines neuen Mediums für die gebildeten Schichten, der Zeitung, bis zur Hysterie angeheizt.[14] Das Medienereignis (Buch, Zeitung) ermöglichte es dem Individuum, die Herstellung von angebotenen und vorausgesetzten Haltungen zu reproduzieren.[15] Der Vorwurf der Zauberei wurde schon sehr früh erhoben und ist in Johann Hardliebs "Buch aller verbotenen Kunst" aus dem Jahr 1456 zu entnehmen.[16] Es bleibt nicht bei dem im 15. Jahrhundert erhobenen –und sehr gefährlichen- Zaubereivorwurf. So entstehen religiös behaftete Geschichten, dass die Zigeuner der Heiligenfamilie auf ihrer Flucht nach Ägypten die Herberge versagten und darum „ewig rastlos“ zum wandern verdammt seien, oder dass ein Sinto die Nägel für Jesus Kreuzigung geschmiedet hatte, sie sich auf einer Bußfahrt befänden, da ihre Vorfahren vom Christentum abgefallen waren, dass sie wegen ihrer "schwarzen" Hautfarbe mit dem Teufel im Pakt stünden, oder dass sie Juden seien, die sich vor den Pogromen des 13. Jahrhunderts in Erdlöcher geflohen hätten und nun, nachdem sie den Löchern wieder entstiegen seien, dunkle Haut bekommen hätten. Die Vorlage der antijudaistischen Stereotypen mit ihren Projektionsgehalten kann bei diesen instrumentalisierten Geschichten nicht verleugnet werden und hat letztendlich die frühere, schützende religiösmoralische Konstruktion, aus demselben Mechanismus heraus, ins Gegenteil umgewandelt: Aus Nächstenliebe wurde Hass. Ein kulturelles Muster von Ausgrenzung wurde geboren und etabliert, was einem Ausschluss der Zigeuner aus der christlichen Gemeinschaft gleichkam- trotz ihrer christlichen Religion, aber eigentlich den Ausschluss aus der noch zu bildenden Nation meinte. Ihnen wurde der Status eines außerstaatlichen Fremden zugewiesen.[17] Nachdem die türkische Bedrohung Mitteleuropas abgewendet worden war, wurde der Bann der Vogelfreiheit beibehalten und neuerlich bestätigt. Diesmal wurde nicht die Spionage als Vorwand angeführt, sondern Müßiggang, faules Herumziehen und sich von Gaunerrein Ernähren. Die Zigeuner seien ein „diebisches Volk“, die anständige sesshafte Untertanen, die einer redlichen Arbeit nachgehen, bedrohen würden.[18] Mit ihrer Entrechtung durch die „Vogelfrei-Erklärung“ wurden die Sinti in die Illegalität getrieben, so dass sie sich in einem permanenten Fluchtzustand befanden, den man ihnen nun als Müßiggang, Faulheit und Gaunerei vorwarf. Die "Eigengruppe" hingegen waren anständige und sesshafte Untertanen, die ihrer redlichen Arbeit nachgingen und von der "Außengruppe" bedroht wurden. Hier zeigen sich die der Neuzeit anhängenden neuen Attribute einer sich neu definierenden Arbeitsmoral, die mithilfe einer "Wir-Konstruktion" ein Bestrafungsszenario für Außenstehende manifestiert und so eine disziplinarische und festigende Funktion hatte. Michel Foucault beschreibt es wie folgt: „... das Prinzip des Nicht-Müßiggangs. Es ist verboten, eine Zeit zu verlieren, die von Gott gezählt und von den Menschen bezahlt wird.“[19] Diese neue Form der Disziplinierung traf alle die, die noch "frei" waren oder des Müßiggangs bezichtigt wurden. Anhand der Bettlerverordnungen und dem Einsetzen von "Bettelvögten ", die seit Mitte des 15. Jahrhunderts schrittweise von vielen großen Städten eingeführt wurden, lässt sich erkennen, wie die neue Moral der Arbeit durchgesetzt werden sollte. Einheimische arbeitsunfähige Bettler wurden notdürftig versorgt, einheimische arbeitsfähige Bettler wurden zur Arbeit gezwungen und fremde Bettler sollten, da sie der lokalen Obrigkeit nicht unterstanden, vertrieben werden. Das mittelalterliche Prinzip "Stadtluft macht frei" ging über in eine von der herrschenden Klasse dirigierten Ordnungspolitik, die zu einer verschärften Verfolgung von Zigeunern (nach der Erklärung der Vogelfreiheit) und fremden Landfahren/Vaganten führte.[20] Die im christlichen Glauben verhaftete Armenfürsorge wich dem Prinzip einer neuen Arbeitsmoral, die auf Arbeitsamkeit und Zeit basierte und zu einem Instrument der Sozial- und Selbstdisziplinierung des(r) Individuums(en) wurde. „Die Zeit durchdringt den Körper und mit der Zeit durchsetzten ihnen alle minitiösen Kontrollen der Macht.“[21] Die Niederschriften der "Vogelfrei-Erklärungen" konstituieren die Grundelemente des bis heute gültigen Antiziganismus und seine kernsemantischen Bedeutung des Wortes Zigeuner. Die Instrumentalisierung einer unabhängigen Bevölkerungsgruppe zu sozialpolitischen Zwecken hilft in der Krise des Feudalismus, die sozialökonomischen Umwälzungen für die Entwicklung der Neuzeit voranzutreiben und das durch die Pest und Aufstände entstandene, sich den Herrschaftsstrukturen entziehende Vagantentum zu disziplinieren und der feudalen Herrschaftshegemonie wieder einzuverleiben. Es umfasst somit, wie Wulf D. Hund es nennt, eine doppelte Herrschaftsfunktion, die Mobilisierung gegen äußere Feinde und ein "ideologisches Drohpotenzial" für arbeitende Klassen durch die Aussonderung und Stigmatisierung der entwurzelten Unterschichten. Diese Mechanismen führten- aus heutiger Sicht fast logischerweise- nach Auschwitz und sind bis heute aktiv.[22] Franz Maciejewski formuliert es wie folgt: „Die Geburt der Stereotypen ist vielmehr ein Vorgang, der aus der Dynamik des westlichen Zivilisationsprozesses rekonstruiert werden muss- als ein Moment des Fortschrittes selbst.“[23] In der Neuzeit werden die Grundlagen der modernen bürgerlichen Gesellschaft gelegt, der ökonomische Prozess des Wandels von der Agrar- zur Kapitalwirtschaft. Die hierzu benötigte Grundlage ist eine kapitalistisch formierte Arbeits- und Disziplinargesellschaft, die auf einer neuen territorialstaatlich, nationalbildenden institutionellen Form von Herrschaft basiert. Der Subjektwandel zum Untertanen/Staatsbürger kann nur funktionieren, wenn alte Verhaltenskodexe der Geschlechterbeziehungen zu Gunsten einer stärkeren Akzentuierung der Patriarchalstrukturen durchlaufen werden, um ein wissenschaftlich-weltliches Weltbild mit einem rationalen Lebensethos durchzusetzen. Dieser politökonomische und soziokulturelle Strukturwandel muß von einem krisenhaften Umbau der Ich-Identität des Subjektes begleitet worden sein. „Eben diese Formierung des neuen Subjekts (als Untertanen, Bourgeois und Citoyen) ist es, der die gesellschaftliche Konstruktion des "Zigeuner" wie ein Schattenbild folgt. Dieses Bild trägt die Handschrift der Machtelite ebenso wie die Spuren des Unterbewussten in der Kultur.“[24] Die dem heutigen Staatswesen innewohnenden Facetten werden in dieser "neuen Zeit" installiert. Im Unterbewussten kam der Wunsch auf, das Gefängnis der neu installierten Hörigkeiten zu durchbrechen und dieser äußerte sich im Hass gegen die "herrenlosen Zigeuner", in die das “moralisch versklavte“ Subjekt seine unterdrückten Gefühle, Wünsche und Fantasien projizierte. Diese Selbstverfolgung im Anderen drängte auf der politisch-rechtlichen Ebene darauf, die vermeintlichen nicht konformen "Zigeuner" aus der neu zu gründenden Gemeinschaft auszuschließen. Diese Selbstverfolgung wird um so deutlicher, je mehr sich das Zigeuner stereotyp ausbildet und die unerwünschten Identitätsbeeinflussenden Elemente der sich neu formierenden (bürgerlichen) Gesellschaft und ihrer Subjekte auf die Sinti und Roma projiziert werden. Die vermeintliche, dem Sinti und Roma innewohnende antibürgerliche Kultur entspringt der Abspaltung der fremd gewordenen Selbstanteile, die das eigene Unbehagen an der neuen (Untertanen-/bürgerlichen-) Kultur wiedergibt.

Erikson beschreibt diese Hassgefühle als Schutzfunktion des Individuums vor der Zerstörung der Bande mit der Eigengruppe. Das Refugium der übergebenen Über-Ich[25] Vorurteil des sich formierenden Zigeuner stereotyp findet seine Aktivierung in dem Gefühl, von „äußeren Feinden“ bedroht zu werden. Das Individuum ist in dieser Phase für jede Art von Hassprojektionen anfällig. Vermeintliche Bedrohungen der Intimität mit der Eigengruppe erwidert das Individuum mit einer Distanzierung. Sie hat die Bereitschaft, solche Kräfte und Menschen abzulehnen, zu ignorieren oder zu vernichten, deren Wesen das eigene Wesen zu gefährden scheinen. Dieser starke Aggressionstrieb wird gerne erzeugt und verwendet, um Polarisierungen hervorzurufen oder auszunutzen.[26] Um den Aggressionstrieb gegen die Sinti zu verstärken, wird die Stigmatisierung in Verordnungen niedergeschrieben, ein Muster, welches bis heute beibehalten wurde. Das schüren und kanalisieren der Vorurteile dient der Herrschaftssicherung und geht einher mir der Nationenbildung. Die Funktion des Zigeuner stereotyp unterliegt einem Wandel innerhalb des Verordnungsrechts. Werden die Sinti im 16. und 17. Jahrhundert noch mit anderen der "neuen Ordnung" devianten Gruppen im Verordnungsrecht aufgeführt, wandeln sich diese ab dem 18. Jahrhundert zu reinen Zigeuner verordnungen. Die zeitgenössische Literatur zeichnet sich durch Reproduktion - oder ganz einfaches und profanes Abschreiben, von Stereotypen, Vorurteilen und neuen Andichtungen aus. So kann im Wechselspiel von Literatur und Verordnungsrecht die Wiedergabe der Stigmatisierungen nachvollzogen werden, die als eine frühe Form des Rassismus bezeichnet werden kann.[27]

Diese erste große Verfolgungswelle der Sinti und Roma in Deutschland endete mit dem beginnenden dreißigjährigen Krieg.

Trotz allem, kam die deutsche Kleinstaaterei, der Aberglauben der Bevölkerung und die wirtschaftlichen und kulturellen Interessen des einfachen Volkes den Sinti bei ihrer Verfolgung zugute. Trotz der Erklärung der Vogelfreiheit, die sich über das gesamte Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erstreckte, konnte gerade durch die Kleinstaaterei keine koordinierte Verfolgung der Sinti organisiert werden, was ihnen immer wieder die Möglichkeit zur Flucht ermöglichte. Die einfache Bevölkerung, die durch die staatlich geförderten Schauergeschichten verunsichert wurden, fürchtete die Rache eines Zigeuner fluches, so dass Sie ihrer neuen staats(bürgerlichen) Pflicht der Denunziation vielerorts nicht nachkamen. Ein weiterer Aspekt, der dafür spricht, dass die einfache Bevölkerung die Verfolgung eher widerwillig unterstützt haben muss, ist die Tatsache, dass die Sinti durch ihre Gewerbe-, Schausteller- und Handwerkertätigkeit einen überregionalen Warenaustausch, eine Versorgung mit Metallgütern und kulturelle Möglichkeiten für die einfachen Leute gewährleisteten. Die wichtigste Untermauerung dieser Thesen, ist und bleibt das Überleben von Sintigruppen nach einer 120jährigen Verfolgung.

Die verschärfte Verfolgung nach dem dreißigjährigen Krieg.

In einem Zeitraum von 1497 bis 1774 sind 146 "Zigeuner edikte" nachgewiesen von, denen die meisten nach dem dreißigjährigen Krieg erlassen wurden. Die Verfolgung, Hinrichtung und Versklavung der Sintibevölkerung nahm einen bis dahin nicht gekanntes Ausmaß an. 1710 verschärft Preußen seine Verfolgung, die per Dekret die Hinrichtung aller Erwachsenen über 16 Jahre befahl. Die Kinder sollten versklavt werden. Auch für dieses Dekret werden die altbekannten Stereotypen zitiert und erweitert. So veröffentlichte kurz vor dem eben genannten Dekret ein Autor namens Thomasius eine viel beachtete Chronik, die einerseits die altbekannten Zigeuner stereotypen reproduzierte und andererseits neue Stigmatisierung hinzufügte. So wurde das bis heute beliebte Vorurteil des „Kinder klauen“ geboren, was sich wiederum am antijudaistischen Kinder-Ritualmord orientierte. Hinzu kam das bis heute in Polizeikreisen weit verbreitete Gerücht auf, die Sprache der Sinti sei eine geheime Sprache der Gauner. Die gesellschaftlichen Strukturen der Sinti und Roma standen für andere stigmatisierte, außenstehende Individuen der Gesellschaft offen, so dass ihnen ihr Verhalten als Indiz für kriminelle Bandenbildung vorgehalten wurde. Es kam zu einer Synonymisierung des Landstreicher- und Zigeuner begriffs.[28] Diese Integrationsleistung ist umso bemerkenswerter, da sie eine wie auch immer geartete "Klassensolidarität" der Verfolgten offenbarte, die sich am christlichen Selbstverständnis der "Caritas " anlehnte. Die neuerlichen Genozidversuche wurden strukturiert und umfassend durchgeführt, da die weiterentwickelten, re- und neuorganisierten staatlichen Strukturen der Neuzeit die Effizienz erhöhte, nachdem sie sich von dem dreißigjährigen Krieg erholt hatten. Neben ausgesetzten Kopfprämien auf Sinti und Roma wurden "Zigeuner jagden" organisiert. Das erklärte Ziel war die Ausrottung der Sinti und Roma und wurde für die damalige Zeit mit beispielsloser Grausamkeit, durchgeführt. Gerade diese Verfolgung trieb viele Sinti in die Kriminalität und Illegalität, damit sie ihr Überleben sichern konnten. Die Pauschalisierung der Begriffe Räuberbanden und Zigeunersippe half der Vorurteilskonstruktion einer dem Zigeuner innewohnenden, angeborenen Kriminalität.[29] Gerade dieser hervorgehobene Kriminalitätsfaktor diente zur Rechtfertigung, Legitimation und Erweiterung der staatlichen Exekutive und half, das eigentliche Moment, die Herrschaftssicherung, zu konterkarieren. Der "Überbau" inszenierte sich als Beschützer und Retter in dem instrumentalisierten Bedrohungsszenario.

Die Romantik und der Rassismus der Aufklärung. Ein Zeitabriss bis zur zweiten Reichsgründung

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts sind zwei neue stereotypenbildende Strömungen zu beobachten. Einerseits die in der Literatur und Kunst aufkommende Romantik und andererseits die philosophisch-rationale Aufklärung. Die in der Romantik formulierten naturalistischen Wünsche ergänzen das vorherrschende Zigeuner stereotyp und spiegeln die eigenen Sehnsüchte wieder. Dieser "positive" Antiziganismus verbindet den Drang zur Natur mit der romantischen Mythen- und Märchenwelt und gibt dem Zigeuner bild eine neue vermeintlich positivistische Facette, die sicher dazu beigetragen hat, die grausame Verfolgung abzumildern. Trotz und gerade wegen dieser positivistischen, auf die Natur bezogenen Naturalverbindungen bleiben die Stereotypen vom "Fremden "und "Anderen " unaufgelöst. Im Gegenteil, sie verstärkt die Sicht auf Unterschiedlichkeit und hilft argumentativ dem aufkommenden Rassismus.

Die neuen rationalen Gedanken der Aufklärung wirken sich auf das Staatswesen aus und befreien das Bild des Untertanen/Staatsbürgers von seiner christlichen Ausschließlichkeit. Diese emanzipatorischen Prozesse betreffen in erster Linie die jüdische Bevölkerung, werden aber auch auf die Sintibevölkerung erweitert. Der neue Gedanke, dass ein Staat viele Staatsbürger braucht, führte dazu, dass die Sinti einem verordneten Assimilationsprozess unterzogen werden. Der erfolglose Ausrottungs- und Vernichtungsprozess der Sinti wird in einen von den vorherrschenden Zigeuner bildern beeinflussenden Assimilationsprozesses kanalisiert, der den Sinti das Lebensrecht durch Umerziehung und Missionierung, Zwangsarbeit und Sesshaftmachung wieder zuspricht.[30] Begünstigt die Aufklärung die Integration von neuen Staatsbürgern/Untertanen, beginnt sie andererseits die obskure Fremdenfeindlichkeit zu strukturieren und sie in der Theorie der Rasse aufgehen zu lassen. Sinti werden wegen ihrer dunklen Haut, des von der Romantik erzeugten Bildes des naturverbundenen Nomaden und nicht zuletzt des immer noch vorherrschenden überkommenen Zigeuner stereotyps als "niedere Rasse" eingestuft[31].

Dieser neue Gedanke der rassischen Überlegenheit der weißen Rasse mündet im imperialistischen Eurozentrismus. Die Ambivalenz der staatsbürgerlichen Zwangsassimilation und der rassistisch zugeordneten "Minderwertigkeit" spiegelt eine unerwünschte Integration von Sinti und Roma wieder. Dieses Ordnungsdenken der Rassennomenklatur der "Minderwertigkeit" wird mithilfe der aufkommenden Ethnologie als Wissenschaft historisch untermauert, indem behauptet wird, dass die Sinti Nachfahren der aus Indien stammenden niedersten Kaste der Parias seien, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gibt.

Mit der Aufklärung, wechselt das Bild des Antiziganismus von einem überwiegend religiös motivierten in einen rassistisch orientiertes, das den Sinti eine " bürgerliche Verbesserung" durch intensive und langandauernde Erziehung absprach und sie mit den gewohnten Schemen an den Rand der Gesellschaft stellte und ihnen die Emanzipation verweigerte.[32]

Als Preußen 1842 eine kommunal organisierte Armenfürsorge einrichtet, wird diese staatliche Unterstützung an der Sesshaftigkeit festgemacht. Dies führte dazu, dass die Kommunen daran interessiert waren Sinti und Roma an einer Ansiedlung zu hindern, da sie bei dieser Gruppe automatisch von Armenfürsorgeberechtigten ausgingen. Diese sich staatlich entgegenlaufenden Konzepte der Ansiedlung und Vertreibung haben sich bis in die heutige Zeit gehalten. Mitte des 19. Jahrhunderts kommt es zu einer Einwanderungswelle von Roma, die aus der Leibeigenschaft der Walachei und Moldau entlassen wurden. Eine weitere Verschlechterung der sozialökonomischen Situation tritt mit der fortschreitenden Industrialisierung ein, die vielen Sinti- und Roma- Familien die wirtschaftliche Grundlage entzieht, da sie dem Preisdiktat der neu industrialisiert gefertigten Waren nichts entgegenzusetzen haben.

Die Verfolgung im Kaiserreich und in der Weimarer Republik

Zigeuner, Bekämpfung der Zigeuner plage, Zigeuner unwesen, Zigeuner bande, Zigeuner horde, Zigeuner gesetze, Zigeuner und nach Zigeuner art herumziehende Person sind alles Begriffe, die im Kaiserreich und der Weimarer Republik im Verordnungsrecht wiederzufinden sind. Allein diese Begriffe zeigen, dass eine staatliche Fortführung der Sesshaftmachung nach dem aufklärerischen Prinzip der Gleichheit aller Untertanen und Staatsbürger in der Legislative, Judikative und nicht zuletzt in der Exekutive keine Umsetzung gefunden hatte - zumindestens für die Sinti und Roma. Eine Rechtssicherheit war trotz der gesetzlichen Lage zu keinem Zeitpunkt gewährleistet. Vor allem die pauschale kriminalisierende Vorverurteilung, als rassistischer Moment der Zigeuner verordnungen, zeigt die seit Jahrhunderten aufgespeicherten Mechanismen der Konstruktion des faulen, müßiggehenden und von Gaunerei lebenden "Fremden". Gerade das in Preußen ambivalente staatliche Konzept der Sesshaftmachung mit der gleichzeitigen Vertreibungspolitik wurde nun im ganzen Deutschen Reich praktiziert. Der moderne Staat mit seinem gewachsenen Beamtenapparat führte zu einer Erweiterung der bürokratischen Reglementierungen. Dieser neuen "Bürokratie der Statistik", waren die Sinti und Roma schutzlos ausgeliefert. Um Wandergewerbescheine zu bekommen, die dazu berechtigten, mobile Geschäfte zu tätigen, von denen viele Sinto- und Rom-Familien ökonomisch lebten, musste die "deutsche" Staatsbürgerschaft nachgewiesen werden beziehungsweise vorhanden sein. Gerade den neuen eingewanderten, aus Osteuropa stammenden Roma wurde die Staatsbürgerschaft versagt, was dem Entzug der ökonomischen Grundlage gleichkam. Viele Roma und Sinti wurden wegen der (unterstellten) fehlenden deutschen Staatsbürgerschaft als Ausländer, aus dem Deutschen Reich abgeschoben. Das alte und immer noch aktuelle Stereotyp des Fremden fand hier seine Anwendung.

Die Rechtlosigkeit spiegelte sich am besten an der für Sinti und Roma gegründeten Sonder- und Geheimpolizeien der Länder wieder. Vorreiter war das Königreich Bayern, das sich anschickte, eine für diese Zeit einzigartige totale Überwachung der Sinti und Roma zu installieren. Die lückenlose Erfassung von personenbezogenen Daten mithilfe der Kirchen[33], der Ausstellung von Zigeuner ausweisen mit der Verpflichtung diese permanent mit sich zu tragen -die interessanterweise als ein Vorläufer unserer heutigen Personalausweise anzusehen sind- und die Verpflichtung aller Polizeidienststellen einer sofortigen telegrafischen Meldung von Zigeuner bewegungen an eine zentrale Koordinationsstelle der Sonderpolizei, zeigt eine, für diese Zeit neue herrschaftssichernde Überwachungsqualität, deren Konzept des Totalitären im Staate bis heute Anwendung findet. Der zu Grunde gelegten statistischen Datenerhebungen in Verbindung mit modernsten Überwachungs- und Auswertungskonzepten sind die Früchte einer Jahrhunderte langen Indoktrination der gesellschaftlichen Konstruktion des Zigeuners, die sich in einem manischen Bedrohungsszenario äußern. Dieses Datenmanagement des „Controlling der Diskriminierungen“ über Input- und Outputmechanismen wird eine paradoxe Steigerung finden, in dem rationalen industriellen Charakter des „KZ-Komplexes“ der in der arbeitsteiligen Vernichtung von menschlichem Leben endete. Für einen funktionierenden industriellen Fertigungsprozess benötigt man eine Verwaltung, die Daten erhebt, die Organisation, Machbarkeit und Umsetzung plant und leitet. Für die Vernichtung der Sinti und Roma war die Vorarbeit schon sehr früh abgeschlossen, lediglich der politische Wille war noch nicht gegeben, aber auch dies sollte sich mit der Machtergreifung der Nazis ändern.

Diese lückenlose Erfassung von Daten und die im Verordnungsrecht verankerten Reglementierungen der Sinti und Roma in der Kaiser- und Weimarer Zeit wird es dem Nationalsozialismus leicht machen, die Diskriminierung und Vernichtung der Minderheit durchzuführen. So haben sich die Nazis bis circa 1935 auf die rechtliche Situation und ihrer Möglichkeiten der kaiserlichen und Weimarer Gesetzgebung zurückziehen können, die z. B. die Kasernierung von Familien, die Einweisung von nicht straffällig gewordenen Arbeitslosen Sinti und Roma wegen (angeborener) arbeitsscheue in Arbeitshäuser und der Verdachtsunabhängigen Personenkontrollen ohne eine richterliche Zustimmung vorsah.

Das 3.Reich

Himmlers Vernichtungsbefehl, die "Zigeuner frage aus dem Wesen dieser Rasse heraus in Angriff zu nehmen", soll den Antagonismus des nationalsozialistischen völkischen Gedankens der indogermanischen Rasse lösen helfen. Wegen ihrer nachgewiesenen indischen Abstammung müssten die Sinti und Roma eigentlich als Arier gelten. Die anthropologische Rassenhygiene wird zur Auflösung des Antagonismus herangezogen, die die These der "rassischen minderwertigen Elemente" einer Rasse konstruiert und so einen formalen Ausschlussgrund aus der "Volksgemeinschaft" eröffnet. Wieder einmal sind es die stereotypen Bilder der angeblichen angeborenen Kriminalität, die den Sinti und Roma, diesmal als angeborenes "asoziales und kriminelles Verhalten", mit einem "erbminderwertigen Rassengemisch" eine genetische Minderwertigkeit attestiert. „Mythische Axiome und die exakte Ratio genetischer Forschung sind heillos miteinander verquickt: Anthropologen kreieren den fiktiven nordischen Idealmenschen und messen reale Schädel mit dem Millimetermaß nach.“[34] Alle "Volksschädlinge "werden entmenschlicht und "ausgemerzt". Die zu Grunde gelegten Konstrukte gehen von einer Vermischung der ursprünglichen arischen Gene der Sinti- und Romagemeinschaften aus. Diese "erbmindernde" Vermischung soll durch die Aufnahme von sogenannten Kriminellen und Asozialen während der letzten Jahrhunderte, als sie selbst verfolgt waren und sich mit anderen Verfolgten solidarisierten und zusammenschlossen, vollzogen worden sein. Sofern ein Sinto oder Rom der unmögliche Beweis der "Reinrassigkeit" gelungen wäre, hätte dieser den anderen Arier gleichgestellt werden müssen. Da diese Gutachten ausschließlich die "Rassenhygienische und Erbbiologische Forschungsstelle im Reichsgesundheitsamt“ ausstellte, die gleichzeitig damit beauftragt war den Antagonismus aufzulösen, waren es überwiegend „Todesurteile“, die erstellt wurden. Diese zentrale anthropologische Institutionen war mit der "Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeuner unwesens Amt V des Reichssicherheitshauptamtes" vernetzt. Diese Sonderpolizei hatte dieselben Befugnisse und Aufgaben wie die Gestapo bei der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, nur dass sie auf die Bevölkerungsminderheit der Sinti und Roma beschränkt war. Die Verfolgung und Zuführung oblag der "normalen"Zigeuner polizei, die Vernichtung übernahm die Todesmaschinerie des SS-Staates.

Wiedergutmachung, Bürgerrechtsbewegung, Rostock

Der Verfolgung und Vernichtung fielen ca. 500.000 Sinti und Roma in Europa zum Opfer. Die wenigen deutschen Sinti und Roma, die überlebt hatten, standen vor dem absoluten Nichts. Ihr Hab und Gut war beschlagnahmt worden und die Familie als soziale Sicherungseinrichtung bestand nicht mehr. Gerade die jungen Überlebenden traf das Schicksal noch härter, da das von Generation weitergetragene ökonomische Wissen der Familie nicht mehr Bestand hatte und/oder die wirtschaftliche Grundlage vom nationalsozialistischen Staat geraubt worden war. Sinti und Roma waren nicht selten Opfer von Ausgrenzung und Diskriminierung durch andere KZ-Gefangene. Diese Ausgrenzung und Diskriminierung setzte sich in den Opferverbänden dahingehend fort, dass es keine nennenswerte Vertretung oder politische Arbeit für eine nachholende Emanzipation und Dekonstruktion der Zigeuner stereotypen gab, geschweige eine Einforderung von Wiedergutmachung. Nicht einmal eine Thematisierung oder Hinweis zu der Analogie der Shoa gab es. Durch die fehlende Aufarbeitung einer gesellschaftlichen Diskussion der versuchten Vernichtung aller Sinti und Roma blieben die tradierten Bilder unangetastet. Die Opfer wurden in der Bundesrepublik Deutschland, wie gewohnt, einer Sonderbehandlung ausgesetzt, ohne dass es zu Widerstand der demokratischen Institutionen kam. Wiedergutmachung wurde häufig durch altbekannte stereotype Begründungen abgelehnt. Begründungen, wie sie seien wegen ihrer Kriminalität ins KZ gekommen, sie seien Spione gewesen wegen ihres Wandertriebes, gar Leugnung der Vernichtung oder die fehlende oder abgesprochene formalistische Begründung der deutsche Staatsbürgerschaft, waren alles Ausschlusskriterien für das Bundesentschädigungsgesetz.[35] Es kam häufig vor, dass Gutachten der Nazizeit vor Gericht Verwendung fanden oder neuerliche Gutachten von exakt den Zigeuner polizeistellen erstellt wurden, die für die Deportation der Sinti und Roma in die KZ’s verantwortlich waren. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass diese Sonderpolizeistellen lediglich einen neuen Namen bekamen, jedoch personell unberührt blieben und gemäß Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als verfassungswidrige Sonderpolizei eingestuft werden mussten. Das alte Zigeuner bild des "Sozialschmarotzers" und "Volksschädlings" drängte die stark traumatisierten Überlebenden noch stärker an den Rand der Gesellschaft.

Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts begann die Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma ihre Arbeit als Interessenvertretung der Minderheit. Erster Schritt war die Installierung der eigenen Bezeichnung der Minderheit als Sinti und Roma, um die Dekonstruktion des Wortes Zigeuner zu forcieren und eine vorurteilsfrei gesellschaftliche Diskussion anzustoßen. Die Selbstdarstellung als deutsche Minderheit soll das überkommene Vorurteil, "fremd" oder "anders" zu sein, auflösen und richtig stellen.

Anfang der neunziger Jahre wurde abermals die Zigeuner stereotype aus gesellschaftspolitischen Gründen funktionalisiert, um das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen. Nach gut einem Jahrzehnt der Bürgerrechtsarbeit von Sinti und Roma für die Dekonstruktion der Diskriminierungsfaktoren muss diese, Eliten[36] gesteuerte, Instrumentalisierung zur Herrschaftssicherung als größter Rückschlag gesehen werden. Dieser in Rostock gezeigte fanatisch auf Hassprojektionen aufbauende Antiziganismus verschließt sich allen rationalen Argumentationsversuchen. „Ein undefinierbares soziales Unbehagen, das Gefühl, von einer nicht greifbaren Verschwörung aggressiver Feinde bedroht zu werden, die Vorstellung einer unstreitigen Überlegenheit der Eigengruppe aufgrund anthropologisch oder moralisch begründeter Höherwertigkeit („Ethnozentrismus“), hierarchisch-autoritärer Ordnungdsklischees und eine sozial destruktive Tendenz, die mit Vorliebe gegenüber als „fremd“ definierten gesellschaftlichen Minoritäten losbricht, solche Einstellungen sind bestimmend für den voreingenommenen, für faschistische Propaganda besonders anfälligen Charakter.“[37] Dies zeigt das Dilemma, indem sich die emanzipatorische Arbeit der Sinti und Roma Verbände befindet.

Zugangsprobleme bei Randgruppen

Die Zugangsprobleme bei Randgruppen sind enorm groß und äußern sich in einer Diskrepanz von Absichtserklärungen und Forschungsrealität.

Oft führt die Wahl der Methode, erzeugt durch die Angst vor den Forschungsobjekten und aus einer mangelnden Handlungsentlastetheit, dazu, dass Funktionen der Methode als zu eliminierende Störfaktoren angesehen werden. Diese eliminierende Funktionalisierung der Methode als Abgrenzung gegenüber den Forschungsobjekten muss nicht verwerflich sein, sofern die Wahl bewusst getroffen und die Ergebnisse unter Berücksichtigung der Situation interpretiert werden.

Häufig kann ein Desinteresse der potenziellen Probanten registriert werden. „Aufgrund der Lebensbedingungen von Randgruppen gestaltet sich der Zugang zum Forschungsfeld oft für beide Seiten als undurchsichtige Situation, in der das Verhältnis von "Geben und Nehmen " ungeklärt ist.“[38]

Ein weiteres Problem stellt sich bei der Kontaktaufnahme über Institutionen dar, da der Forscher als Repräsentant der Institution gesehen wird und der Interviewte eine Erwartungshaltung an das Interview in vorgegebenen hierarchisch strukturierten und ritualisierten Interaktionsmustern des „Arzt-Patient-Verhältnisses“ erwartet und sich dementsprechend verhält. Die von beiden Seiten gewünschte Offenheit basiert auf gegensätzlichen Wünschen, die wiederum diese Offenheit verhindern.

So sind realistische Anfertigung von Dokumenten über strukturelle und persönliche Zugangsprobleme eine Grundvoraussetzung für das Ergebnis, da sie die erhobenen Daten im Kontext interpretierbar machen können.[39]

Vorüberlegungen zum Forschungsdesign

Eine Sozialwissenschaft, darf nicht auf die bloße Aufdeckung objektiver Strukturen konditioniert werden, auch wenn diese strukturalisierte Wahrheit der Erfahrungen diese beinhalten. Andererseits sollten natürlich objektive Strukturen nicht ignoriert werden zu Gunsten eines "losgelösten" subjektiven Beziehungsgeflechts[40] oder einer unreflektierten Betrachtung der Funktionen der Sprache innerhalb der gesellschaftlichen Bedingungen[41]. Der vermeintlich unvereinbare Dualismus auf der metatheoretischen Ebene des Subjektivismus und des Objektivismus und der Versuch Pierre Bourdieus eines metatheoretischen Modells der Theorie der Praxis, mit der Überwindung des „Widerspruchs“ auf empirischer Ebene, soll der Vorüberlegung für ein geeignetes Forschungsdesign dienen. Die drei Modi theoretischer Erkenntnis, die die Grundlage sozialwissenschaftlicher Arbeit darstellen, werden nun skizziert.

Der „dritte Modus“, welchen Bourdieu in seiner Arbeit konstruierte, soll die Vorteile der ersten beiden Modi, Subjektivismus und Objektivismus, vereinigen. Die sich hieraus ergebende Herangehensweise der „praxiologischen Erkenntnistheorie“ bildet die Grundlage der soziologischen Analysen der bourdieuschen Habitusformationen. Der Habitus ist ein zentraler Punkt in der Sozialtheorie Bourdieus und wurde aus ethnosoziologischen Studien entwickelt, die Bourdieu in der algerischen Kabylei Ende der 50‘er Jahre des letzten Jahrhunderts und in seiner Heimatregion, in den französischen Pyrenäen, zu Verwandschaftsverrhältnissen, Ehrverhalten und symbolischer Organisation des Hauses tätigte.

Der Habitus ist eine erworbene Haltung oder besser gesagt „Gehabe“ und ist als beschreibende Theorie auf alle Gesellschaften übertragbar. Der sozialisatorische Habitus wird durch klassenspezifische Kompetenzen und gruppenspezifische Präferenzen und Verbindlichkeiten der herrschenden Sozialstruktur bestimmt. Sie ist die Verinnerlichung der äußeren Welt und die Veräußerung der inneren Welt[42]. Dieser Verinnerlichung von sozialen Einflüssen steht eine Reproduktion bei der Veräußerung gegenüber. Die „Veräußerung“ ist ein System individueller spontaner, unbewußter, impliziter Dispositionen, die Denken, Wahrnehmung, Empfindung und Handeln erzeugen und sich in Handlungsschemata äußern. Diese Handlungs- Denk- und Wahrnehmungsschemata werden sehr stark durch frühsozialisatorische Einflüsse indoktriniert, die das Individuum in Ablaufmatrizen gespeichert hat und analog überleitet.[43] Die Inkorporierung von Kultur, Geschichte und Sozialem in die individuelle Organisation des „sozialen Menschen“ ist ein Grundkonzept für die Entwicklung des Habitus.

Die drei Modi theoretischer Erkenntnis

Bourdieu geht auf den Grundsätzlichen Gegensatz in der Wissenschaft, der zwischen dem Objektivismus und den Subjektivismus, ein. Jedes epistomologische Feld, das um ein Gefüge paralleler Gegensatzpaare organisiert ist, läßt die Infragestellung des Objektivismus zunächst zwangsläufig als die Rehabilitierung des Subjektivismus erscheinen und umgekehrt.[44] Vereinfacht gesagt geht es um verschiedene erkenntnistheoretische Ansätze, um einen metatheoretischen Dualismus von Objektivismus und Subjektivismus, der in der Fragestellung nach der Relation von Theorie und Praxis mündet. Diese methodologischen Unterschiede manifestieren sich in der Sozialwissenschaft in Gegensatzpaaren: Individuum und Gesellschaft, Lebenswelt und System, Interaktionismus und Funktionalismus, Phänomenologie und Strukturalismus etc..[45] Bourdieus Ansatz der praxeologischen Erkenntnistheorie vereinigt systematisch die relativen Wahrheiten der in falscher Opposition stehenden erkenntnistheoretischen „Schulen“.

Subjektivismus

„Die Erkenntnisweise, die wir die phänomologische nennen wollen (oder, wenn man in Begriffen gegenwärtiger existierender Schulen sprechen möchte: die „interaktionistische“ oder „ethnomethodologische“), expliziert die Wahrheit der primären Erfahrungen mit der sozialen Welt, d.h. das Vertrauensverhältnis zur vertrauten Umgebung. Sie begreift die soziale Welt als eine natürliche und selbstverständlich vorgegebene Welt, sie reflektiert Ihrer Definition nach nicht auf sich selbst und schließt im Weiteren die Frage nach den Bedingungen ihrer eigenen Möglichkeiten aus.“[46] Der subjektivistisch phänomenologische Ansatz beschreibt eine Erscheinung, die der Wissenschaft direkt zugänglich ist, hierzu zählen die praktisch erlebten Handlungen und Interaktionen, die sich in Ideen, Erwartungen, Wissen, vorgestellten Ziele und Plänen des Individuums äußern. Also primär Erfahrungen sozialer Akteure im Sinne einer praktischen Auffassung der sozialen Welt. Dieser subjektivistische Ansatz registriert, wie Bourdieu es beurteilt, nur einen vorwissenschaftlichen Zustand, der die deskriptive, oberflächlich bleibende Reproduktion der Alltagserfahrungen als Wissenschaft ausgibt. Die mangelnde Distanz zu den Erkenntnissen führt, wie Bourdieu es bezeichnet, zu einer „Bestandsaufnahme des krud Gegebenen“, der die Gesellschaftswissenschaft der herrschenden Ordnung gleichsetzt.[47]

Der phänomenologisch subjektivistischen Erkenntnistheorie fehlen jegliche Kenntnisse der objektiven Strukturen und der objektiven Wahrheit der sozialen Welt und unmittelbarer Erfahrungen des Individuums.

Objektivismus

Den Objektivismus sieht Bourdieu in ausgeprägter Weise im Strukturalismus realisiert. Dies bedeutet, dass die praktische und primäre Erfahrung, ohne die subjektiv-praktischen Beziehungen zu integrieren, strukturiert werden. Die Suche nach den objektiven Bedeutungen, den Strukturen und Wahrheiten der Sozialen Welt stehen im Mittelpunkt, so dass die primären Erfahrungen des Individuums ihrer Unmittelbarkeit beraubt werden.[48] Durch die Konstruktion von objektiven Relationsmodellen geht der Strukturalismus über die phänomenologische Wiedergabe primärer Alltagserfahrungen hinaus. Die objektivistische Erkenntnis stellt die explizite Frage nach den besonderen Bedingungen der Möglichkeiten der phänomenologischen Erfahrungen, klammert jedoch in Gegenzug die selbstkritische Frage nach den eigenen Bedingungen der Möglichkeiten objektiver Erkenntnis aus. Hieraus resultiert eine schroffe Diskontinuität zwischen wissenschaftlicher und praktischer Erkenntnis.

Praxeologische Erkenntnisweise

Bourdieus Ansatz der praxeologischen Erkenntnistheorie ist die Beschreibung der Praxis als Praxis. Dabei geht es nicht um die Infragestellung der Möglichkeiten objektivistischer erkenntnistheoretischer Ansätze, noch um die fortwährende Ignoranz des Objektivismus gegenüber spezifischen Eigenarten subjektiver- praktischer Erkenntnistheorien. Im Gegenteil, der praxeologische Ansatz versucht „das Beste“ aus beiden Erkenntnismodi herauszuziehen und überschreitet den provisorischen Objektivismus, der das Grundkonzept einer wissenschaftlichen Arbeit ist, die sich in einer ersten Struktur unter Ausklammerung der Primärerfahrungen der Probanden darstellt, indem er ausgesiebte subjektivistische Erkenntnisse wieder miteinbezieht. „Die praxeologische Erkenntnis annulliert nicht die Ergebnisse des objektiven Wissens, sondern bewahrt und überschreitet sie.“[49]

Freilich wird der Bruch mit den beiden Erkenntnismodi forciert, doch nur um den scheinbaren Widerspruch der Erkenntnisweisen zu überwinden. Hierbei werden die Grenzen des Subjektivismus („eingeborene Erfahrungen“) und Objektivismus (nicht reflektierte Beobachterposition) aufgezeigt.[50] Bei der Habitustheorie Bourdieus sind die subjektiven Erkenntnis- und Wissensformen des Individuums „auf deren alltagspraktische Wirksamkeit bei der Reproduktion bzw. Transformation sozialer Wirklichkeit“[51] unerläßlich und spielen eine große grundlegende Rolle für die soziale Welt.

Die kritizistische Herangehensweise der bourdieuschen praxeologischen Erkenntnisgewinnung äußert sich sehr stark in der Analyse der Grenzen des Objektivismus und des Subjektivismus, also der Illusion absolutistischen Wissens und einer Illusion einer unmittelbaren Erkenntnis. Hieraus resultierend soll die praxeologische Erkenntnisweise die beiden sich gegenseitig ergänzenden Einseitigkeiten des Subjektivismus und Objektivismus vereinigen und als Mittel fungieren. Hierzu bezieht Bourdieu als konstitutiven Bestandteil, die vom Objektivismus ignorierten, sozialen Akteure mit ihren praktischen, primären Erfahrungen der sozialen Welt und deren Alltagskenntnissen, die aufgrund ihrer Wichtigkeit als grundsätzlicher Faktor von wissenschaftlichen Analysen nicht vernachlässigt werden dürfen, mit ein.

Die praxeologische Erkenntnisweise erklärt die gegensätzliche Beziehung zwischen den objektivistischen System objektiver Beziehungen und den zugrundeliegenden subjektivistisch- strukturierten Verhaltenskodexen.

Hier setzt die Habitustheorie von Bourdieu an; er schreibt dazu: „... Interiorisierung der Exteriorität und der Exteriorisierung der Interiorität.“[52] Mit anderen Worten sind die sich objektivierten gesellschaftlichen Verhältnisse in Personen und „Dingen“ manifestiert, werden von jedem schleichend aufgenommen und bilden ihre jeweilige dauerhafte Beziehung zur Welt und zu den anderen.[53] Die Verinnerlichung der äußeren Welt bei gleichzeitiger Veräußerlichung der inneren Welt hat den Charakter des Habitus als Produkt und Produzent von Praxis, als offenkundiges strukturiertes und strukturierendes Prinzip.

Das Problem einer wissenschaftlichen Theorie der Praxis wird bei ihrer Herangehensweise deutlich. Es wird davon ausgegangen, dass der Forscher als außenstehendes handlungsentlastetes Subjekt- also entbunden von ökonomischen und sozialen Zwängen der Praxis- die Alltagspraxis aus einer distanzierten Perspektive des Unbeteiligtseins betrachtet und objektive Strukturen mit subjektivistischen Erkenntnissen praxeologisch auswertet. Hierin zeigt sich die Problematik von Theorie und Praxis als Gegensatz „theoretischer“ wissenschaftlicher Praxis und „praktischer“ alltäglicher Praxis. Bourdieu zielt darauf hin mit seiner praxeologischen Erkenntnistheorie den Gegensatz von Theorie und Praxis auf einem theoretischen Gegensatz von wissenschaftlicher Praxis und praktischer Praxis fortzuführen.

Die praxeologische Erkenntnistheorie ist mit der objektivistischen Erkenntnistheorie verwandt, indem sie genau wie die objektivistische das Objekt mittels einer Konstruktion zu erfassen versucht. Sie bedient sich aber der Vorteile der subjektivitisch-phänomenologischen Erkenntnistheorie und durchbricht die präkonstruierten Strukturen und wissenschaftlichen Konventionen des Dualismus. Eine sich darauf aufbauende Sozialwissenschaft ist dem Kritizismus verhaftet und reduziert sich nicht mehr auf die Konstruktion von Konstrukten der Handelnden im sozialen Feld oder der Abweisung einer jeden Theorie der Theorie. Sie gibt keine Beiträge vorwissenschaftlicher Repräsentationen der sozialen Welt zur Wissenschaft, mehr als Wissenschaft von der sozialen Welt aus. Weiterhin darf die Sozialwissenschaft nicht auf die Aufdeckung objektiver Strukturen eingeengt werden, sondern muß durch die Rehabilitierung alltagspraktischen Handelns und Erkennens ergänzt werden. Die praxeologische Theorie der Praxis sollte als erster Überwindungsmechanismus gesehen werden, der den Dualismus von Subjektivismus und Objektivismus überwinden soll. Hierauf aufbauend sollte die Praxeologie durch weitere Konzepte ergänzt werden.[54]

[...]


[1] Die Diskussionen und die Kritik an der "neuen" Bezeichnung Sinti und Roma, ist sehr gut an den Streitigkeiten über die Verwendung der Bezeichnung Zigeuner an dem in Berlin geplanten Holocaust-Denkmal zu verfolgen. Die beiden größten Verbände, der " Zentralrat Deutscher Sinti und Roma "und die "Sintiallianz Deutschland" blockieren sich gegenseitig bei der Inschrift des Denkmals für die ermordeten Angehörigen der Minderheit, da die einen auf die Bezeichnung „ Zigeuner “ bestehen und die anderen diese kategorisch ablehnen.

[2] Roma ist aus dem Romanes und bedeutet: " Mensch (vorwiegend den auf männlichen bezogen) oder Mann "

[3] siehe Bauer, Rudolph; Bura, Josef; Lang, Klaus (Hg); Veröffentlichungen zur Situation der "Zigeuner" in der Bundesrepublik Deutschland Nr. 3, Universität Bremen, Fachbereich 6; Bremen; 1982; S. 9 ff

[4] siehe Marten-Gotthold, Dörte; Der Schutz der Sinti und Roma in der Bundesrepublik Deutschland als ethnische Minderheit gemäß Art. 3 Abs. 3 GG; Peter Lang Verlag Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien; 1998; S.20 und siehe Reimesch, Christian; Vergessene Opfer des Nationalsozialismus? Zur Entschädigung von Homosexuellen, Kriegsdienstverweigerern, Sinti und Roma und Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland; Verlag für Wissenschaft und Kultur (WiKu-Verlag); Berlin; 2003; S. 98

[5] siehe Koch, Ute; Herstellung und Reproduktion sozialer Grenzen Roma in einer westdeutschen Großstadt; VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden; 2005; S.11 und siehe Marten-Gotthold, Dörte; Der Schutz der Sinti und Roma in der Bundesrepublik Deutschland als ethnische Minderheit gemäß Art. 3 Abs. 3 GG; Peter Lang Verlag Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien; 1998; S.19 und 21

[6] siehe Koch, Ute; Herstellung und Reproduktion sozialer Grenzen Roma in einer westdeutschen Großstadt; VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden; 2005; S.11

[7] Meinefeld, Werner in Flick, Uwe; von Kardorff, Ernst; Steinke, Ines (Hg.); Qualitative Forschung Ein Handbuch; Rowohlt Taschenbuch Verlag; Reinbek; 2000; S.271

[8] Siehe Meinefeld, Werner in Flick, Uwe; von Kardorff, Ernst; Steinke, Ines (Hg.); Qualitative Forschung Ein Handbuch; Rowohlt Taschenbuch Verlag; Reinbek; 2000; S.268ff

[9] Hier will ich mich der Analogie der mathematischen Grenzwertbetrachtung bedienen, die es „nur“ zu einer Näherung an das zu 100% Richtige Ergebnis schaffen kann. So bleibt das genäherte Ergebnis von der Sache her immer „falsch“, ist aber doch „richtig“.

[10] siehe Marten-Gotthold, Dörte; Der Schutz der Sinti und Roma in der Bundesrepublik Deutschland als ethnische Minderheit gemäß Art. 3 Abs. 3 GG; Peter Lang Verlag Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien; 1998; S.22 und siehe Wippermann, Wolfgang; »Wie die Zigeuner« Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; ELEFANTEN PRESS Verlag Berlin; 1997; S.51

[11] siehe Franz Maciejewski in Giere, Jacqueline (Hg.); Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners. Zur Genese eines Vorurteils; Campus Verlag Frankfurt/Main, New York; 1996; S.14

[12] siehe Marten-Gotthold, Dörte; Der Schutz der Sinti und Roma in der Bundesrepublik Deutschland als ethnische Minderheit gemäß Art. 3 Abs. 3 GG; Peter Lang Verlag Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien; 1998; S.22f und siehe Wippermann, Wolfgang; »Wie die Zigeuner« Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; ELEFANTEN PRESS Verlag Berlin; 1997; S.52f und siehe Gilsenbach, Reimar; O DJANGO, SING DEINEN ZORN!; BASISDRUCK 1993; S.43ff

[13] Während der postjugoslawischen Kriege, gerieten Roma immer wieder zwischen die Fronten. Ihnen wurde Spionage und Kollaboration von allen Krieg führenden Parteien vorgeworfen. Die schlimmsten Vertreibungen fanden während des letzten Konfliktes im Kosovo statt. (Siehe hierzu Zülch, Tilman, Bis der letzte „Zigeuner“ das Land verlassen hat Massenvertreibung der Roma und Aschkali aus dem Kosovo; Gesellschaft für bedrohte Völker, 3.Aufl; 1999)

[14] siehe Wippermann, Wolfgang; »Wie die Zigeuner« Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; ELEFANTEN PRESS Verlag Berlin; 1997; S.54

[15] siehe Steinert, Heinz; Kulturindustrie; Westfälisches Dampfboot; 2. Aufl.; Münster; 2002; S.17

[16] siehe Wippermann, Wolfgang; »Wie die Zigeuner« Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; ELEFANTEN PRESS Verlag Berlin; 1997; S.53

[17] siehe ebd.; S.58 und siehe Giere, Jacqueline u.a; "Zwischen Romantisierung und Rassismus" Sinti und Roma 600 Jahre in Deutschland Handreichung zur Geschichte, Kultur und Gegenwart der deutschen Sinti und Roma; Herausgeber Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und Verband Deutscher Sinti und Roma Landesverband Baden-Württemberg; Stuttgart; 1998; S.15f

[18] siehe Wippermann, Wolfgang; »Wie die Zigeuner« Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; ELEFANTEN PRESS Verlag Berlin; 1997; S.54f

[19] Foucault, Michel; Überwachen und Strafen Die Gehurt des Gefängnisses; Suhrkamp Taschenbuch Verlag; 1. Aufl.; Frankfurt am Main; 1994; S.197

[20] siehe Wippermann, Wolfgang; »Wie die Zigeuner« Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; ELEFANTEN PRESS Verlag Berlin; 1997; S.51

[21] Foucault, Michel; Überwachen und Strafen Die Gehurt des Gefängnisses; Suhrkamp Taschenbuch Verlag; 1. Aufl.; Frankfurt am Main; 1994; S.195

[22] siehe Hund, Wulf D. (Hg.); Zigeuner Geschichte und Struktur einer rassistischen Konstruktion; DISS, Duisburg Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung; Duisburg; 1996; S.16f

[23] Franz Maciejewski in Giere, Jacqueline (Hg.); Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners. Zur Genese eines Vorurteils; Campus Verlag Frankfurt/Main, New York; 1996; S.12

[24] siehe ebd.; S.12 und siehe Bielefeld, Uli (Hg.); Das Eigene und das Fremde: neuer Rassismus in der Alten Welt?; Junius Verlag (Hamburger Institut für Sozialforschung); 2.Aufl.; Hamburg; 1992; S. 104-105 und siehe Hund, Wulf D. (Hg.); Zigeunerbilder Schnittmuster rassistischer Ideologie; DISS, Duisburg Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung; Duisburg; 2000; S. 19-21

[25] Diese Moralinstanz die Freud das Über-Ich nennt kann den Moralisten, der nicht Gut und Richtig sondern Willkür und Macht in sein Über-Ich introjeziert hat, dazu anleiten andere Menschen zu unterdrücken und rachsüchtig zu sein. In Erikson, Erik H.; Identität und Lebenszyklus; Suhrkamp Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main; 1973; S.95

[26] siehe Erikson, Erik H.; Identität und Lebenszyklus; Suhrkamp Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main; 1973; S.156ff

[27] Es beinhaltet die rassistischen Hauptkomponenten der strukturierten Zuweisung von negativen sozialen Kompetenzen.

[28] Dieser Vorwurf wird von den Nationalsozialisten dazu benutzt werden, die genetische Minderwertigkeit der Sinti und Roma zu konstruieren, um sie der industriellen Vernichtung der "KZ-Industrie" zuzuführen.

[29] siehe Wippermann, Wolfgang; »Wie die Zigeuner« Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; ELEFANTEN PRESS Verlag Berlin; 1997; S.62-66

[30] siehe Franz Maciejewski in Giere, Jacqueline (Hg.); Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners. Zur Genese eines Vorurteils; Campus Verlag Frankfurt/Main, New York; 1996; S.22

[31] Exkurs Rassismus: Die Hautfarbe wird zu einem zentralen Punkt der Klassifikation, da sie durch ihre Sinneswahrnehmung Verstandeskategorien aktiviert, die wiederum Resultat einer sozialen Konstruktion sind. So werden die Menschen der Kontinente nach Farben sortiert und hierarchisch nach der Ware Arbeitskraft geordnet. Als Beispiel, wurde die Indigene Bevölkerung Amerikas wegen ihres nomadischen Verhaltens als Jäger- und Sammlergesellschaft noch unter den an Müßiggang gewöhnten Schwarzafrikaner eingestuft, wogegen die weiße europäische Rasse wegen ihres "zivilisatorischen Arbeitsethos" die Krone der Schöpfung darstellt. Diese Kulturalisierung der Biologie verschleiert das eigentlich Gemeinte, die Entsubjektivierung des Menschen zu einem reinen Objekt der Güterkategorien. (siehe Franz Maciejewski in Giere, Jacqueline (Hg.); Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners. Zur Genese eines Vorurteils; Campus Verlag Frankfurt/Main, New York; 1996; S.23 und siehe Bielefeld,Uli (Hg.); Das Eigene und das Fremde: neuer Rassismus in der Alten Welt?; Junius Verlag (Hamburger Institut für Sozialforschung); 2.Aufl.; Hamburg; 1992; S. 113 und siehe Hund, Wulf D. (Hg.); Zigeunerbilder Schnittmuster rassistischer Ideologie; DISS, Duisburg Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung; Duisburg; 2000; S. 11)

[32] siehe Franz Maciejewski in Giere, Jacqueline (Hg.); Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners. Zur Genese eines Vorurteils; Campus Verlag Frankfurt/Main, New York; 1996; S.23 und siehe Giere, Jacqueline u.a; "Zwischen Romantisierung und Rassismus" Sinti und Roma 600 Jahre in Deutschland Handreichung zur Geschichte, Kultur und Gegenwart der deutschen Sinti und Roma; Herausgeber Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und Verband Deutscher Sinti und Roma Landesverband Baden-Württemberg; Stuttgart; 1998; S.23

[33] Die Kirchen war die Institution die Geburtsnachweisen und Familienverhältnissen verwaltet

[34] siehe Gilsenbach, Reimar; O DJANGO, SING DEINEN ZORN!; BASISDRUCK; 1993; S.81

[35] siehe Reimesch, Christian; Vergessene Opfer des Nationalsozialismus? Zur Entschädigung von Homosexuellen, Kriegsdienstverweigerern, Sinti und Roma und Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland; Verlag für Wissenschaft und Kultur (WiKu-Verlag); Berlin; 2003; S. 98-130

[36] Den Pogrom von Rostock ging eine politisch gewollte und instrumentalisierte Eskalation voraus, die im Endeffekt das gewünschte Resultat ergab.

[37] Rath, Norbert; Adornos Kritische Theorie Vermittlungen und Vermittlungsschwierigkeiten; Ferdinand Schönigh; Paderborn; München; Wien; Zürich; 1982; S.131.

[38] Christian von Wolffersdorf-Ehlert in Flick, Uwe (Hg.); Handbuch der qualitativen Sozialforschung; Psychologie Verlag; Weinheim; 1991; S.389

[39] siehe Christian von Wolffersdorf-Ehlert in Flick, Uwe (Hg.); Handbuch der qualitativen Sozialforschung; Psychologie Verlag; Weinheim; 1991; S.388-391 und Koch, Ute; Herstellung und Reproduktion sozialer Grenzen. Roma in einer westdeutschen Großstadt; VS Verlag für Sozialwissenschaften; Wiesbaden; 2005; S. 10f

[40] Hier ist das loslösen von objektivistischen Strukturen (Hierarchien) zugunsten eines Interaktionismus gemeint

[41] Die phänomologische Konzeptualisierung der Alltagserfahrungen, die auf der Alltagssprache aufbaut.

[42] Siehe Bourdieu, Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main, 1979; S.147

[43] siehe Bourdieu Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main, 1979; S.169

[44] siehe Bourdieu Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main, 1979; S. 139

[45] siehe Schwingel, Markus; Pierre Bourdieu zur Einführung, Junius Verlag; 3. Aufl.; Hamburg; 2000; S.39ff.

[46] Bourdieu, Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main; 1979; S. 147

[47] siehe Bourdieu, Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main; 1979; S. 150

[48] siehe Bourdieu, Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main; 1979; S. 147

[49] Bourdieu, Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main; 1979; S. 148

[50] siehe Bohn Cornelia; Habitus und Kontext. Ein kritischer Beitrag zur Sozialtheorie Bourdieus; Westdeutscher Verlag; Opladen; 1991; S.53

[51] Schwingel, Markus; Pierre Bourdieu zur Einführung, Junius Verlag; 3. Aufl.; Hamburg; 2000; S.48

[52] Bourdieu, Pierre; Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kapylischen Gesellschaft; Suhrkamp Verlag; Frankfurt am Main; 1979; S. 147

[53] siehe Mörth, Ingo; Fröhlich, Gerhard (Hg.); Das symbolische Kapital der Lebensstile, Kultursoziologie der Moderne nach Pierre Bourdieu; Campus Verlag; Frankfurt/Main, New York; 1994; S.40

[54] siehe Schwingel, Markus; Pierre Bourdieu zur Einführung, Junius Verlag; 3. Aufl.; Hamburg; 2000; S.56

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836610438
DOI
10.3239/9783836610438
Dateigröße
919 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Gesellschaftswissenschaften, Studiengang Politikwissenschaften
Erscheinungsdatum
2008 (März)
Note
2,7
Schlagworte
minderheiten sinti roma zigeuner verfolgung
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Titel: Lebenserzählungen von Angehörigen einer deutschen Minderheit
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