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Verbriefungen als Finanzierungsmöglichkeit für den deutschen Mittelstand

©2006 Diplomarbeit 129 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Markt der Verbriefungen hat sich in den letzten zehn Jahren rasant entwickelt. Allerdings betrafen diese Transaktionen bis jetzt eher den Immobilienmarkt oder große Unternehmen.
In Deutschland bildet aber der Mittelstand die tragende Säule der Wirtschaft. Er sorgt für die Hälfte des BIP und den Großteil der Arbeitsplätze. Bis jetzt finanzierte sich der deutsche Mittelstand hauptsächlich über Bankkredite bei seiner Hausbank. Besonders im Zuge der Diskussion zu BASEL II wird immer öfter die Befürchtung ausgesprochen, dass der Mittelstand in Zukunft auf diesem Wege nur noch schwer an Fremdkapital kommen werde.
Problemstellung:
Diese Arbeit soll untersuchen, ob das Instrument „Verbriefungen“ für mittelständische Unternehmen eine interessante Alternative zum klassischen Bankkredit darstellt. Dabei soll diskutiert werden, ob die Hausbanken ihre Rolle als langfristiger Finanzierungspartner behalten können (und wollen), oder ob für Mittelstand-Unternehmen mittel- bis langfristig die Möglichkeit entsteht, sich mit dem Instrument „Verbriefungen“ direkt über den Kapitalmarkt zu finanzieren.
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet eine Umfrage unter Investmentbanken, Kreditbanken und mittelständischen Unternehmen mit dem Ziel, die jeweiligen Präferenzen der betroffenen Akteure zu ermitteln und zu prüfen, inwieweit sie übereinstimmen.
Verbriefungen sind ein modernes Finanzmarktinstrument, das in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung erfahren hat. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass auf der Grundlage relativ unsicherer und oft illiquider Assets liquide Wertpapiere beliebiger Bonität erstellt werden können. Üblicherweise wird eine Anleihe emittiert, die zu mehr als 80% aus einer Tranche besteht, die das höchstmögliche Rating AAA hat. Das wird vor allem durch Overcollateralization und Nachrangigkeit mehrerer Tranchen innerhalb einer Anleihe erreicht.
In Abhängigkeit von dem Ziel, das durch eine Verbriefungstransaktion erreicht werden soll - Refinanzierung, Risikovermeidung oder die Entlastung des regulatorischen Eigenkapitals können unterschiedliche Ausprägungen von Transaktionen - True-Sale-Verbriefung, ABCP, synthetische Verbriefung, Whole Business Securitisation - gewählt werden.
Während das Instrument „Verbriefungen“ von Kreditbanken schon jetzt zur Finanzierung des Mittelstandes indirekt benutzt wird – durch die Verwendung ihrer Kredite an mittelständische Unternehmen als Asset bei einer Transaktion – […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Mark Lübinski
Verbriefungen als Finanzierungsmöglichkeit für den deutschen Mittelstand
ISBN: 978-3-8366-0981-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

III
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... IV
Tabellenverzeichnis ... IV
1
Motivation... 1
2
Einführung und Grundbegriffe ... 2
2.1
Typische Verbriefungstransaktionen ... 2
2.1.1 True-Sale-Verbriefung... 2
2.1.2 ABCP... 6
2.1.3 Synthetische Verbriefung ... 7
2.1.4 Whole Business Securitisation ... 9
2.1.5 Rechtliche Probleme... 10
2.2
Bedeutung des Verbriefungsmarktes... 11
2.3
Motivation für Verbriefungen... 14
2.3.1 Refinanzierung... 14
2.3.2 Verbriefungen als Risikovermeidungsstrategie... 15
2.3.3 EK-Regelungen als treibende Kraft von Verbriefungstransaktionen ... 20
3
Finanzierung des Mittelstandes ... 21
3.1
Finanzierungsprobleme des Mittelstandes... 21
3.2
Klassische Finanzierungsinstrumente... 21
3.2.1 Finanzierung aus dem Eigenkapital... 21
3.2.2 Bankkredit... 21
3.2.3 Andere Finanzierungsmöglichkeiten ... 21
3.3
Besonderheiten bei Verbriefungstransaktionen für den Mittelstand ... 21
3.3.1 Verbriefungskonstruktionen mit indirekter Wirkung ... 21
3.3.2 Verbriefungskonstruktionen mit direkter Wirkung ... 21
3.3.2.1
Verbriefung von Forderungen ... 21
3.3.2.2
Verbriefungen mit einer ertragsabhängigen Verzinsung ... 21
3.4
Vergleich unterschiedlicher Finanzierungsmöglichkeiten ... 21
4
Infrastruktur ... 21
4.1
True Sale Initiative ... 21
4.2
Technische Infrastruktur... 21
5
Umfrage ... 21
5.1
Technische Realisierung... 21
5.2
Präferenzen der Investoren ... 21
5.3
Präferenzen der Kreditbanken ... 21
5.4
Präferenzen der Mittelständler... 21
5.5
Ergebnisse... 21
6
Zusammenfassung ... 21
Glossar ... 21
Anhang: XML... 21
Quellenverzeichnis ... 21
Danksagung ... 21

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Grundstruktur einer True-Sale-ABS. ... 3
Abbildung 2: Detaillierte Darstellung einer True-Sale-ABS. ... 6
Abbildung 3: Grundstruktur einer synthetischen ABS-Transaktion. ... 8
Abbildung 4: Grobe Systematik der ABS-Formen... 13
Abbildung 5: Spreadverlauf in Basispunkten. ... 14
Abbildung 6: Volatilität der Jahresrenditen von Dow Jones. ... 18
Abbildung 7: Kredite an das verarbeitende Gewerbe (Veränderung gegenüber dem
Vorjahr in Prozent). ... 21
Abbildung 8: Grundstruktur einer PROMISE-Transaktion... 21
Abbildung 9: Risikotransfer in Europa nach Assetklassen 2004... 21
Abbildung 10: Revolvierende Konstruktion mit mehreren Beteiligten... 21
Abbildung 11: Vorschlag zu einer Verbriefungskonstruktion mit einer
ertragsabhängigen Verzinsung ... 21
Abbildung 12: Struktur von ,,Driver One". ... 21
Abbildung 13: Überblick über die Software TXSuite. ... 21
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Volatilität als Risikomaß ... 16
Tabelle 2: Verbriefung der kmU Risiken 2000-2004 in Mio. . ... 21
Tabelle 3: Vergleich unterschiedlicher Finanzierungsmöglichkeiten ... 21
Tabelle 4: Verbesserung des Reportings durch die Einführung eines
standardisierten Ratings... 21
Tabelle 5: Zahlungsbereitschaft in Abhängigkeit von der Stärke der Bindung... 21

Kapitel 1: Motivation
1
1 Motivation
Der Markt der Verbriefungen hat sich in den letzten zehn Jahren rasant entwickelt.
Allerdings betrafen diese Transaktionen bis jetzt eher den Immobilienmarkt oder
große Unternehmen.
In Deutschland bildet aber der Mittelstand die tragende Säule der Wirtschaft. Er
sorgt für die Hälfte des BIP und den Großteil der Arbeitsplätze. Bis jetzt finan-
zierte sich der deutsche Mittelstand hauptsächlich über Bankkredite bei seiner
Hausbank. Besonders im Zuge der Diskussion zu BASEL II wird immer öfter die
Befürchtung ausgesprochen, dass der Mittelstand in Zukunft auf diesem Wege nur
noch schwer an Fremdkapital kommen werde.
Diese Arbeit soll untersuchen, ob das Instrument ,,Verbriefungen" für mittelstän-
dische Unternehmen eine interessante Alternative zum klassischen Bankkredit
darstellt. Dabei soll diskutiert werden, ob die Hausbanken ihre Rolle als langfris-
tiger Finanzierungspartner behalten können (und wollen), oder ob für Mittelstand-
Unternehmen mittel- bis langfristig die Möglichkeit entsteht, sich mit dem In-
strument ,,Verbriefungen" direkt über den Kapitalmarkt zu finanzieren.
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet eine Umfrage unter Investmentbanken, Kre-
ditbanken und mittelständischen Unternehmen mit dem Ziel, die jeweiligen Präfe-
renzen der betroffenen Akteure zu ermitteln und zu prüfen, inwieweit sie überein-
stimmen.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
2
2 Einführung und Grundbegriffe
In diesem Abschnitt soll erklärt werden, was Verbriefungen sind und worauf die
Erfolge des Instruments in den letzten zehn Jahren zurückzuführen sind.
2.1
Typische Verbriefungstransaktionen
In dieser Arbeit werden unter den Begriffen ,,Verbriefungen" und ,,Asset Backed
Securities"
1
, kurz ABS, handelbare Wertpapiere verstanden, die durch Vermö-
gensgegenstände besichert sind. Sind Vermögensgegenstände z.B. illiquide Kredi-
te einzelner Banken, so entstehen durch ABS-Transaktionen daraus hochliquide
Wertpapiere mit allen dadurch verbundenen Vorteilen wie z.B. fairen Preisen und
der Möglichkeit, das Engagement schnell zu liquidieren. Auch wenn eine Verbrie-
fungstransaktion beliebig ausgestaltet werden kann, haben sich im Laufe der Jahre
zwei Grundstrukturen herausgebildet: die True-Sale-Transaktion, bei der die As-
sets vom Originator tatsächlich verkauft werden und die synthetische Transakti-
on, die sich dadurch auszeichnet, dass die Assets selbst beim Originator verblei-
ben und nur die aus diesen Assets resultierenden Risiken am Markt platziert wer-
den. Diese und andere übliche Verbriefungskonstruktionen werden in diesem Ka-
pitel detailliert vorgestellt.
2.1.1 True-Sale-Verbriefung
Bei einer True-Sale-Verbriefung werden Assets an eine Zweckgesellschaft (SPV ­
Special Purpose Vehicle) verkauft. Diese Konstruktion soll am Beispiel einer
Forderungsverbriefung dargestellt werden.
Eine Gesellschaft (Originator) besitzt viele Forderungen, die in der Zukunft zu-
rückgezahlt werden. Wenn sie aber schon jetzt Geld bracht oder keine Risiken
tragen will, die mit möglichen Ausfällen der Forderungen zusammen hängen,
kann sie diese Forderungen an eine eigens dafür gegründete Zweckgesellschaft ­
SPV ­ verkaufen. Diese Gesellschaft mit einem Eigenkapital von einigen Tausend
1
Im Bereich der Verbriefungen hat sich die englische Terminologie etabliert. Deswegen werden
die entsprechenden Begriffe kursiv dargestellt und am Ende dieser Arbeit in einem Glossar erklärt.
Eine wörtliche Übersetzung ist wegen der teilweise sehr speziellen Bedeutung der englischen
Begriffe entweder nicht möglich oder gibt die Bedeutung nicht genau wieder.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
3
Euro, die selbst oft über keine weiteren Aktiva verfügt, könnte den Kaufpreis aus
eigenen Mitteln nicht bezahlen. Sie emittiert zur Finanzierung dieses Kaufes eine
Credit-Link-Note (CLN)-Anleihe, die sie am Kapitalmarkt platziert.
Abbildung 1: Grundstruktur einer True-Sale-ABS.
1
Finanzinvestoren, die diese Anleihe kaufen, erhalten Zahlungen, die an die Zah-
lungen der Forderungsschuldner gebunden sind. D.h., wenn die Schuldner gar
nicht oder nur zum Teil zahlen, entstehen bei den Käufern der CLN Ausfälle. Der
Originator ist dagegen von diesen Zahlungsausfällen nicht mehr betroffen. Die
liquiden Mittel für Coupons und Tilgungen werden aus den Zahlungen generiert,
die die Forderungsschuldner ursprünglich an den Originator zahlen mussten.
Warum sollen die Finanzinvestoren eine bedingte Anleihe einer kleinen Zweckge-
sellschaft kaufen? Der erste Grund liegt in der sogenannten Overcollateralization.
Das Forderungsportfolio, das an die SPV übertragen wurde, ist betragsmäßig grö-
ßer als die emittierte Anleihe. Das heißt, die ersten Ausfälle werden nicht von
Investoren getragen, sondern gehen sozusagen zulasten der ,,Substanz". Ein der
Overcollateralization ähnlicher Effekt kann auch durch eine zusätzliche Garantie
erreicht werden, die der Originator vergibt oder gegen eine Gebühr von anderen
Marktteilnehmern geben lässt. Dadurch kann eine deutliche Kreditverbesserung
1
In Anlehnung an Achleitner (2002), S. 425. Die gestrichelte Linie bedeutet, dass die Zahlungen
nur durchgeleitet werden.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
4
(Credit Enhancement) erreicht werden, wodurch die Konstruktion für den Origi-
nator insgesamt günstiger wird.
Der zweite Grund liegt in der besonderen Strukturierung der Anleihe.
1
Die CLN
besteht aus mehreren Tranchen. Mögliche Verluste werden zuerst von den Käu-
fern der untergeordneten ­ nachrangigen ­ Tranchen getragen, während die Zah-
lungen zuerst den Käufern der übergeordneten ­ vorrangigen ­ Tranchen zugute
kommen. Nachrangige Tranchen dienen damit den übergeordneten als zusätzliche
Sicherheit. Das führt dazu, dass die Käufer dieser Tranchen unterschiedlich ent-
lohnt werden und diese Tranchen auch unterschiedliche Ratings erhalten. Die ,,un-
terste", gegenüber allen anderen nachrangige Tranche ­ First Loss Piece (FLP) ­
erhält normalerweise kein Rating. Es gibt mehrere Gründe, diese besonders ris-
kante Tranche zu kaufen:
·
Bis zur Feststellung des Credit Events erhält der Käufer Zinszahlungen,
die im Vergleich zu anderen Tranchen besonders hoch ausfallen. Weil die
endgültige Feststellung relativ lange dauern kann, besteht die Möglichkeit,
dass er seine dann zu tragenden Verluste durch die Zinszahlungen über-
kompensiert.
·
Der Käufer kann Risiken anders bewerten als der Originator und die A-
genturen.
·
Der Käufer hat andersartige Risiken im Portfolio und will bewusst be-
stimmte Risiken derart kaufen, dass das Gesamtportfolio danach ein insge-
samt günstigeres Rendite-Risiko-Profil aufweist.
Manchmal ist es auch sinnvoll, dass der Originator selbst den FLP kauft.
2
Für den
Originator wird die Transaktion dadurch insgesamt günstiger, weil er weniger
Risiko abgibt. Gleichzeitig soll er dadurch zur besseren Überwachung der Kredite
bewegt werden.
3
Wenn der Verkäufer den FLP nicht behält, entstehen ihm durch
die Überwachung der Kredite und das Eintreiben von Zahlungen nur Kosten, weil
er alle Risiken aus Forderungen abgesichert hat. Der Originator hat somit keinen
Anreiz, mehr Überwachung zu leisten als vertraglich zugesichert und durch den
1
Solche Strukturierung wird meistens von einer anderen Bank - dem Arranger durchgeführt (Em-
se (2005), S. 33).
2
Dies ist insbesondere bei synthetischen ABS der Fall, siehe Kapitel 2.1.3.
3
Ranné (2005), S. 48ff.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
5
Trustee
1
kontrolliert (Moral Hazard). Auch könnte er geneigt sein, Kredite
schlechterer Schuldner zu verbriefen, wenn er für Ausfälle gar nicht haftet.
2
Da Verluste ,,von unten nach oben" anfallen, erreicht die oberste Tranche einer
Transaktion eine sehr gute Bonität. Grundsätzlich kann bei einem ausreichend
großen Credit Enhancement und einigen nachrangigen Tranchen auch ein AAA-
Rating
3
erreicht werden. Dabei besteht diese Tranche aus Forderungen an Unter-
nehmen, von denen jedes einzelne kaum auch nur ein B-Rating hat.
Ratings werden bei einer Verbriefungstransaktion oft von mehreren Rating-
Agenturen vergeben. Die Agenturen besuchen vor der Emission den Originator,
um seine Abläufe zu prüfen. Dabei werden Geschäftsmodell des Originators, Art
der generierten Aktiva, Geschäftsabläufe bei der Forderungsgenerierung und not-
wendige Änderungen für die Transaktion geprüft. Jens Linder, Vice President von
Moody's, benutzte für Originatoren bei einem Vortrag am 5. Juli 2005 in Ham-
burg sogar den Ausdruck ,,Createur de risque", womit er zum Ausdruck brachte,
dass spätere Risiken in der Verbriefung zum großen Teil schon bei der Kreditver-
gabe entstanden sind. Diese erste Untersuchung wird z.B. von Moody's-Analysten
grundsätzlich vor Ort durchgeführt und dauert bis zu einem Tag. Nachdem die
Assets für die Transaktion fest stehen, vergeben die Agenturen ein vorläufiges
Rating, das bei Verkaufsgesprächen benutzt werden kann. Nach der Emission
wird ein endgültiges Rating vergeben, das dann regelmäßig während der Laufzeit
(z.B. vierteljährlich) erneuert wird.
Die Zahlungen der Forderungsschuldner müssen bearbeitet und an die Käufer der
CLN weiter geleitet werden. Das ist die Aufgabe des Servicers. Originator und
Servicer können ein und dieselbe Bank sein, vor allem wenn der Originator selbst
eine Bank ist, die Kredite selbst günstig verwalten kann. Bei dieser Konstruktion
spart sie die Gebühr ein, die sie sonst an den Servicer zahlen müsste.
Interessant ist auch die Frage, wer der Eigentümer der SPV werden soll. Damit
eine strikte Trennung zwischen dem Originator und der SPV gewährleistet wird,
1
Der Ablauf der Transaktion wird von einer unabhängigen Instanz ­ dem Trustee ­ überwacht.
2
Dieser Aussage kann allerdings nur bedingt zugestimmt werden, weil ein Originator, der ein
solches Verhalten einmal an den Tag legt, bei der nächsten Transaktion mit höheren Zinsen be-
straft wird.
3
AAA entspricht einer Einjahresausfallquote von 0,01%, AA ­ 0,03%, A ­ 0,07% und BBB ­
0,22% (Spielberg et al. (2004), S. 332).

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
6
darf der Originator selbst nicht der Eigentümer der Zweckgesellschaft sein. Die
Gesellschaften werden deswegen oft an Stiftungen übertragen.
1
Da die Zahlungen der Forderungsschuldner und die CLN-Coupons zeitlich nicht
immer übereinstimmen, wird eine Kreditlinie für die SPV oft beim Originator,
Servicer oder einem anderem Akteur am Kapitalmarkt vereinbart. Abbildung 2
erweitert die Grundstruktur einer True-Sale-ABS, wie sie in der Abbildung 1 dar-
gestellt war, um alle Beteiligten:
Abbildung 2: Detaillierte Darstellung einer True-Sale-ABS.
2
2.1.2 ABCP
Eine spezielle Form der True-Sale-Verbriefung bilden so genannte Asset-Backed
Commercial Papers (ABCP), bei denen viele kurzfristige Forderungen als Assets
dienen.
1
In Abschnitt 4.1 wird eine Verbriefungskonstruktion von TSI dargestellt, wo die SPV an drei
gemeinnützige Stiftungen übertragen wird. Die Anzahl drei ist deswegen wichtig, damit kein
Großkredit (50% bei einem Partner) entsteht.
2
Darstellung angepasst aus Achleitner (2002), S. 425.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
7
Dabei kauft die SPV Forderungen von einem oder mehreren Forderungsverkäu-
fern auf und emittiert kurzfristige Geldmarktpapiere, die ABCP, bei denen diese
Forderungen als Assets dienen. Wegen der kurzfristigen Art der Forderungen stellt
sich sofort die Frage, ob der Aufwand einer SPV-Gründung bei dieser Konstrukti-
on noch gerechtfertigt ist. Wenn die Zweckgesellschaft nach der Tilgung der aus-
gegebenen Wertpapieren liquidiert werden müsste, wäre dies tatsächlich nicht der
Fall. Eine ABCP muss deswegen revolvierend gestaltet werden, indem dieselbe
SPV die Rückzahlungen für den Kauf immer neuer Forderungen verwendet und
die Tilgungen einer Anleihe durch die Ausgabe neuer Commercial Papers finan-
ziert. Die SPV wird also nicht für eine Anleihe gegründet, sondern dient einem
ABCP-Programm. Eine solche SPV wird meistens von Banken (die dann ,,Sponso-
ren" heißen) gegründet und heißt Conduit. Die Vereinbarungen werden oft für
eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren abgeschlossen und definieren auch die Qua-
lität der Forderungen, die abgetreten werden dürfen. Außerdem tritt bei vielen
Handelsforderungen ein Problem der Zeitinkongruenz auf. Während die ABCP
eine feste Laufzeit hat, können Forderungsschuldner nicht ganz pünktlich zurück-
zahlen, so dass es zu Verzögerungen kommen kann, ohne dass ein Credit Event
auftritt. Oft gewähren die Sponsoren deswegen eine 364-Tage Liquiditätslinie in
der Höhe der ABCP-Emission.
1
Umgekehrt ist es nicht gesichert, dass z.B. alle 90
Tage eine neue ABCP am Markt platziert werden kann, weswegen der Sponsor
dann als temporärer Käufer einspringen muss.
2
2.1.3 Synthetische Verbriefung
Bei einer synthetischen Verbriefung werden nicht die Aktiva selbst an die SPV
übertragen, sondern bleiben in der Bilanz des Originators. Bei einer solchen
Transaktion wird nur das Risiko übertragen. Die SPV gewährt normalerweise dem
Originator eine CDS-Garantie und emittiert eine CLN-Anleihe, die sie am Kapi-
talmarkt platziert. Mit dem Erlös aus der Emission und der CDS-Gebühr kauft sie
sehr sichere Anlagen (z.B. Staatsanleihen), deren Coupons dann zusammen mit
1
Alenfeld (2002), S. 18.
2
Emse (2005), S. 37.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
8
weiteren CDS-Zahlungen des Originators eine stetige Cashflow-Quelle bilden.
Diese Cashflows werden an die Anleihe-Käufer ausgeschüttet.
Investoren, die eine Anleihe kaufen, bekommen entsprechend auch keine Zahlun-
gen der Forderungsschuldner. Als einzige Sicherheit dienen bei dieser Transaktion
die sicheren Anlagen, die die SPV gekauft hat und als Collateral hält.
Abbildung 3: Grundstruktur einer synthetischen ABS-Transaktion.
Bei der Transaktion treten ansonsten die gleichen Akteure auf, wie bei einer True-
Sale-ABS-Transaktion.
Die türkise Markierung in Abbildung 3 illustriert einen interessanten Aspekt syn-
thetischer ABS. Da der Collateral aus Wertpapieren sehr hoher Bonität besteht,
kann die vorrangige Tranche eine Bonitätsstufe erreichen, die über AAA liegt.
1
Diese Tranche wird deswegen als Super Senior Swap bezeichnet. Sie wird nicht
als Teil der CLN-Anleihe realisiert, sondern vom Originator direkt bei OECD-
1
Das Rating dieser Tranche wird deswegen manchmal auch mit AAA+ angegeben, auch wenn es
kein solches offizielles Rating gibt. Für das Transaktionsdesign bedeutet dies, dass Ausfälle für
Käufer dieser Tranche erst dann relevant werden, wenn die untergeordnete AAA-Tranche kom-
plett ,,aufgebraucht" wird.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
9
Banken über einen CDS abgesichert, wobei die Sicherungsgeber wissen, dass Ver-
luste erst dann zu tragen sind, wenn alle unteren Tranchen der CLN ausfallen. Da-
her ist die Absicherung für den Originator besonders günstig und da eine OECD-
Bank als Swap-Partner auftritt, reduziert sich auch das zu unterlegende Eigenkapi-
tal des Originators.
Diese Reduzierung des zu hinterlegenden Eigenkapitals und die dadurch mögliche
regulatorische Arbitrage, die in Abschnitt 2.3.3 näher besprochen wird, sind wich-
tige Gründe für synthetische ABS. Während eine True-Sale-ABS sowohl der Absi-
cherung als auch der Refinanzierung dient, wird durch eine synthetische ABS nur
eine Absicherung erreicht,
1
während sonst alles ,,beim Alten" bleibt ­ die Bilanz
wird nicht verkürzt und der Originator bleibt Eigentümer der Forderungen. Au-
ßerdem waren True-Sale-Verbriefungen speziell in Deutschland bis vor kurzem
wegen einiger nicht gelöster rechtlicher Probleme nur schwer realisierbar.
2
2.1.4 Whole Business Securitisation
Whole Business Securitisation (WBS) ist eine Verbriefungsart, bei der nicht die
Assets eines Unternehmens an die Zweckgesellschaft verkauft werden, sondern
ein wesentlicher Teil der zukünftigen Cashflows des Unternehmens selbst für eine
bestimmte Zeit an die Zweckgesellschaft übertragen wird. Bei größeren Unter-
nehmen kann auch nur ein Teil des Geschäfts verbrieft werden. Dann muss dieser
Teil rechtlich und vor allem betriebswirtschaftlich von dem nicht besicherten Teil
getrennt werden. Sonst entsteht beim Kreditnehmer sofort ein Anreiz, die Kosten
möglichst dem verbrieften und die Erträge dem nicht verbrieften Teil der Gesell-
schaft zuzuordnen. Bei mehreren unterschiedlichen WBS-Tranchen entsteht ge-
nauso ein Problem der Zuordnung der Cashflows zu der jeweiligen Tranche.
Ein anderes Problem bei WBS ist die eigentliche Bewertung der zukünftigen
Cashflows. Während Fitch annimmt, dass nur große und ertragsstabile Unterneh-
men WBS durchführen können, die am besten in Märkten mit hohen Marktein-
trittsschranken tätig
1
Das so abgesicherte Portfolio dient aber als eine gute Sicherheit, falls der Originator einen Kredit
auf dem Kapitalmarkt aufnehmen will.
2
In Großbritannien dagegen gibt es fast nur True-Sale-Verbriefungen.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
10
sind, also z.B. Versorger und Betreiber von Infrastruktureinrichtungen,
1
war in
den letzten Jahren zu beobachten, dass auch weniger ertragsstabile Unternehmen
erfolgreich eine WBS abgeschlossen haben, wie z.B. der Diamantengroßhändler
,,Rosy Blue N.V.", die Formel 1-Rennserie oder der London City Airport.
2
In ge-
wisser Weise können sogar die von der CareerConcept AG initiierten ,,Bildungs-
fonds", bei denen Studenten sich für ein ,,Stipendium" von ca. 1000 EUR pro
Monat oder 30 000 EUR Sofortauszahlung bereit erklären, für eine begrenzte Zeit
einen vertraglich festgelegten Teil ihres zukünftigen Gehalts an die Organisatoren
abzutreten, als eine WBS-Transaktion betrachtet werden.
3
Da bei einer WBS keine Risiken transferiert werden, sondern ein Investor sogar
eher unternehmerische Risiken eingeht, haben diese Transaktionen bei BASEL II
keine EK-entlastende Wirkung und werden im Framework nicht betrachtet.
2.1.5 Rechtliche Probleme
Bei allen besprochenen ABS-Konstruktionen müssen einige rechtliche Probleme
geklärt werden.
4
Im Fall einer Insolvenz des Originators gibt es normalerweise
keine Auswirkung auf die Wertpapiere. Die SPV bleibt bei einer synthetischen
Transaktion im Besitz des Collaterals, und bei einer True-Sale-ABS im Besitz der
Assets. Bei einer Insolvenz des Servicers in einer True-Sale-ABS kann das Prob-
lem dadurch gelöst werden, dass die Forderungen nicht in die Insolvenzmasse
fallen. Nach altem Insolvenzrecht war dies nicht immer so. Durch die Einführung
eines Refinanzierungsregisters im letzten Jahr (Aufnahme des Abschnittes 2a
bzw. §§ 22a ff. in die KWG)
5
wird das Problem gelöst, indem die entsprechenden
Aktiva durch die Eintragung in dieses Register nicht mehr zur Insolvenzmasse
gehören.
6
Ein weiteres Problem könnte eine Insolvenz der SPV darstellen, was
allerdings wegen fehlender operativer Tätigkeit sehr unwahrscheinlich ist. Trotz-
1
Fitch (2004), S. 2.
2
Verbriefungen weniger sicherer Unternehmen bringen aber auch erhebliche Risiken mit sich, wie
die Transaktion ,,Welcome Break" gezeigt hat (o.V. (2004c), S. 6).
3
O.V. (2005b).
4
Eine ausführliche Auflistung rechtlicher Probleme mit Lösungsansätzen findet sich in Hommel
(2005), S. 16ff.
5
BGBl (2005b), S. 2814ff.
6
Insbesondere §22j KWG in BGBl (2005b), S. 2816.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
11
dem wird für diesen Fall oft eine Garantie des Originators oder einer anderen
Bank vergeben.
Weitere rechtliche Probleme können sich aus Bankgeheimnis- und Datenschutz-
bestimmungen
1
sowie aus dem Steuerrecht ergeben. Bankgeheimnis- und Daten-
schutzregelungen wird dadurch Rechnung getragen, dass alle Daten anonymisiert
werden und die Kunden schon beim Vertragabschluss auf die mögliche Verbrie-
fung hingewiesen werden. Steuerrechtlich war z.B. zu klären, ob auf die Zinsen,
die bei einer True-Sale-ABS von der SPV nur durchgeleitet werden, Gewerbe-
steuer zu zahlen ist. Dieses Problem wurde zwar mit der Neuregelung der Gewer-
besteuer-Durchführungsverordnung
2
, und in diversen BMF-Schreiben
3
für die
Verbriefung von Bankforderungen im Sinne des §1 KWG entschärft. Die Diskus-
sion für andere Fälle dauert noch an.
4
Es wäre außerdem wünschenswert, ver-
bindliche Steuerauskünfte zu geplanten Transaktionen ex ante zu erhalten, was bei
den deutschen Finanzbehörden im Gegensatz z.B. zu den Niederlanden noch nicht
möglich ist.
5
Die steuerlichen Aspekte können aber durch die Gründung eines
SPV im Ausland (z.B. auf den Cayman Islands) gelöst werden.
Bei der WBS kommt zu genannten Aspekten noch das Problem der rechtlichen
Kontrolle über den Cashflow hinzu.
6
2.2
Bedeutung des Verbriefungsmarktes
Die Idee der Verbriefungen entstand in den USA am Anfang der 1970-er Jahre.
Damals galt dort das Regionalbankenprinzip, d.h. die Banken, die Hypotheken-
kredite vergeben durften,
7
konnten nur in ihrem Heimatstaat operieren. Gleichzei-
tig entwickelte sich zu diesem Zeitpunkt nur in den westlichen Bundesstaaten eine
starke Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen. Die Banken, die im Osten ope-
1
So entschied z.B. das OLG Frankfurt am 25.05.04, dass Forderungen aus Darlehensverträgen mit
Privatpersonen nur mit deren Zustimmung abgetreten werden können (Nordhues und Stumpf
(2004)).
2
Änderung von § 19 Abs. 3 Satz 2 GewStDV, BGBl (2003), S. 1551.
3
Z.B. o.V. (2004a), S. 6 und o.V. (2004b), S. 2.
4
Bechtold und Glüder (2005), S. 377f.
5
O.V. (2004e), S. 66.
6
Klüwer und Marschall (2005), S. 9.
7
In den USA galt zwischen 1933 und 1999 der Glass-Steagall Act, welcher das Banksystem in
klare Sektoren ­ Investmentbanken, Geschäftsbanken, Sparkassen ­ trennte, wobei nur bestimmte
Banken überhaupt Hypotheken vergeben durften (Bär (1997), S. 364).

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
12
rierten, hätten zwar über Mittel zur Kreditvergabe verfügt, durften aber keine ver-
geben.
Außerdem gab es damals noch kein langfristiges Refinanzierungsinstrument, da
die Amerikaner das Instrument des Pfandbriefes in seiner deutschen Form nicht
kannten. Die Banken mussten ihre (langfristigen) Hypothekendarlehen durch
(kurzfristige) Bankeinlagen refinanzieren (Fristeninkongruenz), was in Zeiten
hoher Zinsvolatilität ein hohes Zinsänderungsrisiko bedeutete.
1
Die US-Regierung hat darauf reagiert und einen Sekundärmarkt für Hypotheken-
kredite geschaffen. Es wurden die staatliche Government National Mortgage As-
sociation (GNMA ­ ,,Ginnie Mae"), die quasi-staatliche Federal National Mortga-
ge Association (FNMA
2
­ ,,Fannie Mae") und die Federal Home Loan Mortgage
Corporation (FHLMC ­ ,,Freddie Mac") gegründet. Bei der ersten Transaktion
1970 wurde eine durch Hypotheken besicherte Anleihe emittiert, die durch die
GNMA garantiert wurde und deswegen ­ ohne explizites Rating ­ die höchste
Bonität hatte.
Mitte der 70-er Jahre kamen die ersten Transaktionen, bei denen statt staatlicher
Garantien, Credit Enhancements als Sicherheit galten. Mitte der 80-er kamen in
den USA die ersten nicht-MBS-Transaktionen auf den Markt.
In Deutschland wurde die erste Transaktion Ende 1990 durch die KKB Bank AG
durchgeführt. Allerdings stieß sie beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen
(heute BaFin) auf Bedenken.
3
Als Folge stellten alle Banken, die Verbriefungen
schon geplant hatten, diese bis zum April 1995 zurück.
Die ersten synthetischen Transaktionen kamen 1999 mit ,,Geldilux 1999-1" und
,,CAST 1999-1". Wegen einiger rechtlicher Probleme der True-Sale-
Konstruktionen, die zum Teil schon in Abschnitt 2.1.3 angesprochen wurden, ha-
ben sich in Deutschland seitdem gerade die synthetischen Konstruktionen beson-
ders etabliert.
Inzwischen haben sich unterschiedlichste Formen der Verbriefungen herausgebil-
det:
1
Achleitner (2002), S. 423.
2
Die FNMA bestand seit 1938, wurde aber 1968 in die ,,neue" FNMA und GNMA aufgeteilt.
3
Emse (2005), S. 23.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
13
Abbildung 4: Grobe Systematik der ABS-Formen.
1
In Europa entwickelt sich der Markt erst seit Mitte der 90-er Jahre stark. Betrug
das Gesamtvolumen der Transaktionen im Jahr 1998 noch knapp 50 Mio. Euro, so
waren es im Jahr 2004 schon knapp 250 Mio.,
2
wobei die Neuemissionen am eu-
ropäischen ABS-Markt 2004 zum ersten Mal die Neuemissionen von nicht gesi-
cherten investment-grade Unternehmensanleihen überstiegen.
3
In Deutschland ist
das Wachstum besonders ausgeprägt, was auch damit zusammenhängt, dass der
Anteil der deutschen ABS am gesamten europäischen ABS-Markt immer noch
recht klein ist. So wuchs dieser Anteil in den ersten drei Quartalen 2005 im Ver-
gleich zur Vorperiode von 1,4% auf 9,4%. Allerdings ist diese spektakuläre Stei-
gerung durch das niedrige Niveau der Vorperiode und eine Verbriefung von Pen-
sionen der Deutschen Post AG verzerrt.
4
Das Wachstum des europäischen Gesamtmarktes führte zur Zunahme der Konkur-
renz und dadurch auch dazu, dass die Spreads gesunken sind. Die folgende Abbil-
1
Verkürzt nach Emse (2005), S. 11. Abkürzungen sind im Glossar erklärt.
2
Barth (2005), S. 2.
3
Reich (2005).
4
O.V. (2006g).

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
14
dung zeigt den Spreadverlauf für die wichtigsten Transaktionsarten zwischen An-
fang 2004 und Mitte 2005:
Abbildung 5: Spreadverlauf in Basispunkten. Quelle: DZ Bank
1
.
Sowohl die dynamische Marktentwicklung als auch die sinkenden Preise lassen
die Vermutung zu, dass die Bedeutung der Finanzierung über Verbriefungen in
Zukunft auch weiterhin zunehmen wird.
2.3
Motivation für Verbriefungen
2.3.1 Refinanzierung
Die wichtigste Funktion für Verbriefungen ist die günstigere (Re-)finanzierung.
Bei einer True-Sale-ABS erhält der Originator sofort liquide Mittel, bei einer syn-
thetischen Konstruktion entsteht durch die Transaktion eine sehr gute Sicherheit,
die der Originator dann beim Ersuchen um einen Kredit einsetzen kann. Bei einer
WBS erhält ein Unternehmen sogar liquide Mittel, ohne sich in Gefahr zu bege-
ben, in einer zukünftigen wirtschaftlich schweren Lage zahlungsunfähig zu wer-
den, nur weil es keine Zinszahlungen leisten kann. Es ist an dieser Stelle anzu-
merken, dass es sich für eine Bank mit A-Rating nicht lohnt, einen Kredit an ein
Unternehmen mit gleichem oder besserem Rating zu vergeben, weil die Refinan-
zierung der Bank dann teurer sein wird, als die Konditionen, die sie von z.B. ei-
nem AA-Schuldner verlangen kann. Durch das Credit Enhancement kann die be-
1
Aus o.V. (2005d), S. 7.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
15
sicherte Anleihe der Bank z.B. ein AAA-Rating erreichen, was die Bank in die
Lage versetzt, Kredite an Unternehmen zu vergeben, die ein besseres Rating ha-
ben als sie selbst.
2.3.2 Verbriefungen als Risikovermeidungsstrategie
Zahlreiche psychologische Experimente zeigen, dass Menschen sich in einer Viel-
zahl von Situationen risikoavers verhalten.
1
So suchen auch Akteure am Kapital-
markt nach Möglichkeiten, Risiken zu minimieren. Im Kreditvergabegeschäft ist
zwischen mindestens drei Grundarten von Risiko zu unterscheiden: Einerseits
dem Kreditrisiko, das in dieser Arbeit primär wichtig ist, dem Marktrisiko und
dem operationellen Risiko.
2
Beim Kreditrisiko handelt es sich um ein Gegenparteirisiko. Dies bedeutet i.w.S.
die Gefahr, dass sich die Bonität des Kreditnehmers verschlechtert. Dadurch wird
ein Kredit gar nicht (Ausfallrisiko) oder nur zum Teil zurückgezahlt.
An dieser Stelle sollen zuerst gängige Ansätze zur Risikobewertung und Risiko-
vermeidung kritisch diskutiert werden. Danach wird gezeigt, welche Vorteile das
Instrument ,,Verbriefungen" für die Risikovermeidung hat.
Schon die Definition des Begriffs ,,Risiko" ist auf Finanzmärkten nicht eindeutig.
3
Beim Versuch, das Risiko mathematisch zu quantifizieren, kommen sehr unter-
schiedliche Risikomaße zustande. Besonders zwei Kategorien von Risikomaßen
werden in der wissenschaftlichen Diskussion zu Kapitalmärkten unter dem Beg-
riff ,,Risiko" benutzt:
4
·
Varianzen-basierte Risikomaße und
·
Downside-Risikomaße
Volatilität
Das bekannteste Risikomaß unter den varianzen-basierten Maßen ist die Volatili-
tät, die eine durchschnittliche Abweichung der realisierten Werte (oft ­ Rendite)
1
Kahneman und Tversky (1979), S. 279.
2
Schierenbeck (2001), S. 4ff. In dieser Arbeit wird nur ein kleiner Teil seiner umfassenden Klassi-
fizierung wiedergegeben.
3
Steiner und Perridon (1997), S. 98ff.
4
Poddig (2000), S. 122ff.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
16
bezogen auf einen bestimmten Zeitraum darstellt. Die empirische Volatilität ist
bei Berechnung mit realisierten stetigen Renditen als
=
-
=
n
i
empir
r
r
n
Vola
1
2
)
(
1
(1) und ihre theoretische Entsprechung als
=
-
-
=
n
i
r
r
n
Vola
1
2
)
(
1
1
(2) definiert
1
unter der Annahme, dass die Schätzwerte auf eine festgelegte Weise verteilt sind.
2
Die Volatilität wird oft als Synonym zum ,,Risiko am Kapitalmarkt" benutzt, auf
ihr basiert z.B. auch die Portfolio-Optimierung nach Markowitz.
3
Bei diesem Maß
sollte aber beachtet werden, dass jede ­ also auch eine positive ­ Abweichung von
einem Erwartungswert als Risiko angesehen wird. In Bezug auf Kreditportfolios
ergibt sich dadurch ein mindestens fragwürdiges Ergebnis, wie das folgende Zah-
lenbeispiel zeigt:
Portfolio 1 Portfolio 2
Rendite vom Kredit 1
1
-5
Rendite vom Kredit 2
1
-5
Rendite vom Kredit 3
1
-5
Rendite vom Kredit 4
1
-5
Rendite vom Kredit 5
1
-5
Rendite vom Kredit 6
1
-5
Rendite vom Kredit 7
1
-5
Rendite vom Kredit 8
1
-5
Rendite vom Kredit 9
1
0
Rendite vom Kredit 10
1
12
Rendite vom Kredit 11
1
12
Rendite vom Kredit 12
1
12
Rendite vom Kredit 13
1
12
Rendite vom Kredit 14
1
12
Rendite vom Kredit 15
1
12
Rendite vom Kredit 16
1
12
Rendite vom Kredit 17
40
12
Mittelwert
3,29411765 3,29411765
Volatilität
9,17647059 8,28723118
Tabelle 1: Volatilität als Risikomaß
1
Schlittgen (2003), S. 137.
2
Meistens wird angenommen, dass sie normalverteilt sind.
3
Markowitz (1952), S. 77ff.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
17
Tabelle 1 stellt zwei imaginäre Kreditportfolios mit der gleichen erwarteten Ren-
dite und die Volatilität der Renditen
1
dar. Während es beim Portfolio 1 keine Aus-
fälle gab und beim Portfolio 2 fast die Hälfte (47%) aller Kredite nicht vollständig
zurückgezahlt wurde, legt die Nutzung der Volatilität als Risikomaß nahe, Portfo-
lio 2 auszuwählen.
Wenn das Risiko über die Volatilität berechnet wird, sind historische Daten oft
die einzige Entscheidungsgrundlage der Bank, was zu falschen Konditionen füh-
ren kann, weil vor der Kreditvergabe eine Informationsasymmetrie zwischen Kre-
ditgeber und -nehmer herrscht. Mithilfe der umfangreichen Datenbasis des KfW-
Mittelstandspanels konnte diese Asymmetrie als ein wichtiger Grund für Kredit-
ablehnung identifiziert werden.
2
Wegen der gezeigten Problematik und weil für einige Marktteilnehmer nur mögli-
che Verluste ein Risiko darstellen, während die Abweichungen nach oben für die
Risikodefinition unerheblich sind, wurden die so genannten Downside-
Risikomaße
3
entwickelt. Die bekanntesten sind die Semivarianz (bei der nur die
Varianz in der für den Investor unerwünschte Richtung beachtet wird), die Aus-
fallwahrscheinlichkeit und der Value-at-Risk.
Value-at-Risk
Als Value-at-Risk (VaR) wird der maximal mögliche Verlust einer Anlage defi-
niert, welcher in einem vorgegebenen Zeitraum mit einer vorgegebenen Wahr-
scheinlichkeit nicht überschritten wird, sofern das unterstellte wahrscheinlich-
keitstheoretische Modell korrekt ist.
4
Somit ermittelt VaR keinen Maximalverlust,
sondern nur eine Verlusthöhe, die mit einer festgelegten Wahrscheinlichkeit nicht
überschritten ist. Damit existiert auch die Gegenwahrscheinlichkeit, dass diese
Grenze doch überschritten wird mit einem für das Unternehmen nicht bezifferten
Verlust.
5
Der VaR hat den Vorteil, dass er Abweichungen nach oben nicht be-
1
Berechnet nach (1).
2
Reize (2005), S. 18.
3
Poddig (2000), S. 130.
4
Poddig (2000), S. 137.
5
Johanning (1996), S. 291.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
18
straft, und zudem wird dieses Maß, im Gegensatz zur relativ abstrakten Ausfall-
wahrscheinlichkeit, in Euros ermittelt.
Die in der Definition gemachte Einschränkung bezüglich der Korrektheit des Mo-
dells ist schwerwiegend. Es muss eine Verteilung geschätzt werden, auf Basis
derer die Wahrscheinlichkeit ermittelt werden kann. Es wird oft eine Normalver-
teilung angenommen, was z.B. für die Renditen der Leitindexe am Kapitalmarkt
empirisch nicht stimmt.
1
Außerdem müssen für diese Verteilung auch statistische
Momente festgelegt werden, was z.B. für die Varianz relativ schwer werden kann.
Abbildung 6 zeigt die Änderung der Volatilität (Standardabweichung) der Rendi-
ten des DJ Industrial Average Index auf Jahresbasis:
Abbildung 6: Volatilität der Jahresrenditen des Dow Jones.
2
Wie in Abbildung 6 zu sehen ist, ist diese Standardabweichung auf keinen Fall
konstant.
1
Wenninger (2004), S. 63.
2
Berechnung anhand der stetigen Tagesrenditen, Umrechnung auf Jahresbasis durch Multiplikati-
on mit der Wurzel der tatsächlichen Anzahl der jeweiligen Jahreswerte. Die Idee und ein Teil der
Daten für diese Darstellung stammen aus der Vorlesung ,,Quantitative Verfahren im Asset Mana-
gement I" von Dr. Sebastian Kindermann und Prof. Dr. Karl Wegscheider an der Universität
Hamburg im WS 2005/2006.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
19
Die Schwierigkeit, eine ökonometrisch fundierte Verteilung zu wählen, und die
Tatsache, dass der Ausfall im ,,Rest"-Fall beliebig hoch sein kann, lassen auch
VaR jedenfalls nicht als perfektes Risikomaß erscheinen.
Unabhängig davon, wie das Risiko quantifiziert wird, gibt es zwei Grundstrate-
gien, wie es vermindert werden kann: Jeder einzelne Kreditgeber kann Kosten der
Risikoübernahme oder Absicherung in Kreditkonditionen an den Kreditnehmer
weitergeben oder das Risiko wird auf mehrere Schultern verteilt, indem alle Kre-
dite auf mehrere Kreditgeber verteilt werden, wobei jeder dann nur einen Teil des
Risikos trägt. Bei der ersten Strategie entsteht neben dem Auswertungs- auch ein
Datenproblem. Banken benötigen sehr genaue und komplette Daten, die Kredit-
nehmer nicht immer weitergeben möchten und von denen ihnen oft auch nicht
einsichtig ist, warum gerade diese speziellen Daten notwendig sind.
1
Die zweite Strategie legt nahe, Risiken zu ,,poolen" und dann auf einzelne Kredit-
geber zu verteilen. Insbesondere früher war dies eine bewährte Strategie, um
Branchen- oder regional begrenzte Risiken zu teilen.
2
So konnten regional tätige
Volksbanken Klumpenrisiken vermeiden, weil z.B. ein Teil der Risiken aus
Wolfsburg auch von der Bank im Allgäu und umgekehrt getragen wurde. Da die
Korrelation zwischen z.B. dem Geschäft eines Autozulieferers und dem eines
Bauers nahe Null liegen dürfte, sinkt die Wahrscheinlichkeit dramatisch, dass alle
Kredite einer Bank ausfallen. Diese Strategie ist aber nur für Banken möglich, die
entweder in einem Verbund sind oder mindestens über eine übergeordnete Orga-
nisation verfügen. Deutlich flexibler wäre die Möglichkeit, die Kreditrisiken über
den ganzen Kapitalmarkt zu verteilen, indem sie handelbar gemacht werden. Dann
könnte sich ein Kreditgeber nicht nur absichern, indem er einen Teil des Risikos
abgibt, sondern auch gezielt Risiken kaufen, die in sein Portfolio passen, so könn-
te z.B. ein Schiffsfinanzierer Wohnungsbaukredite kaufen und den Kauf dadurch
refinanzieren, dass er einen Teil eigener Forderungen am Markt platziert. Die Ri-
siken werden auf dem Kapitalmarkt außerdem fair bewertet. Während Kredite an
1
O.V. (2005g), S. 23.
2
Schierenbeck (2001), S. 347.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
20
sich nur eher beschränkt handelbar sind,
1
wird durch Verbriefungen die Liquidie-
rung eigentlich illiquider Mittelstandskredite möglich.
Der Portfolioeffekt, der durch Beimischung von ABS-basierten Anlagenklassen
erreicht wird, kann durch Korrelation eines englischen ABS-Indexes mit anderen
Anlagenklassen sichtbar gemacht werden. In einer Studie der European Business
School wurde gezeigt, dass durch eine Beimischung dieses Indexes zu einem
schon an sich gut diversifizierten Portfolio aus Aktien- und Rentenindexe eine
deutliche Verlagerung der Effizienzlinie nach oben erreicht werden kann.
2
2.3.3 EK-Regelungen als treibende Kraft von Verbriefungstransakti-
onen
Eine partnerschaftliche Beziehung zwischen der Hausbank und dem Kunden hat
auch eine Kehrseite ­ ein Bankberater könnte einem Unternehmen Kredite zu
Konditionen vermitteln, bei der die Bank ihre Risikokosten nicht deckt. Es ist
deswegen notwendig, dass mögliche Kreditausfälle durch Mehrerträge zurückge-
zahlter Kredite überkompensiert werden. Damit kurzfristige Ausfälle durch das
Eigenkapital der Bank abgefangen werden, muss die Höhe des Eigenkapitals aktiv
gesteuert werden. Dabei ist die Definition des Eigenkapitals, die von den Banken
zu diesem Zweck verwendet wird, weder identisch mit dem bilanziellen Eigenka-
pital noch mit dem regulatorischen Eigenkapital.
3
Es wurden mehrere Ansätze zur
Risikosteuerung einer Bank entwickelt.
4
Da diese Steuerung nicht Gegenstand
dieser Arbeit ist, soll hier nur angemerkt werden, dass eine Bank sowohl bei ei-
nem einzelnen Kredit ansetzen kann, z.B. durch Besicherung (durch Assets des
Kreditnehmers, eine Bürgschaft Dritter oder eine Absicherung mit Kreditderiva-
ten, z.B. mit CDS) als auch durch Portfolioansätze
5
auf dieses Risiko reagieren
kann.
1
So wurde schon 2004 mit der Deutschen KreditBörse AG eine Plattform für Kredithandel initiiert
(Höhmann, Ingmar (2004)), auf der immer noch (Stand Juni 2006) keine signifikanten Umsätze
gehandelt werden.
2
Johanning (2005), S. 19ff.
3
Bundesbank (2002), S. 42.
4
Flechsig und Flesch (1982), S. 456ff.
5
In einem Portfolio kann das Risiko sogar vollständig eliminiert werden, wenn Kreditarten in zwei
Mengen aufgeteilt werden können, die eine Korrelation von ­1 haben. Dann existiert immer eine

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
21
Wegen der herausragenden Bedeutung des Banksystems für die Volkswirtschaft
1
versucht der Regulierer das Problem
2
, das bei Risikosteuerung entsteht, dadurch
zu entschärfen, dass er die Banken dazu verpflichtet, genügend (regulatorisches)
Eigenkapital zu halten. Solange es ausreichend hoch ist, gehen die möglichen
Kreditausfälle zwar zu Lasten dieses Eigenkapitals, gefährden aber die Existenz
der einzelnen Bank und die Stabilität des Finanzsystems nicht. Da das Bankenge-
werbe besonders international ist und den Banken nicht zugemutet werden kann,
sich mit mehreren unterschiedlichen nationalen Regelungen auseinander zu set-
zen, wurde die Notwendigkeit erkannt, Eigenkapitalregelungen international zu
harmonisieren. Dadurch entstanden 1988 die ,,Baseler Eigenkapitalempfehlun-
gen", im Folgenden kurz ,,BASEL I" genannt. In Deutschland wurde BASEL I
durch die Novellierung von Grundsatz I implementiert, der eine Unterlegung in
Höhe von 8% der Kreditsumme verlangt,
3
wobei Risikoaktiva verschiedenen Bo-
nitätsklassen zugeordnet und mit für diese Klassen vorgeschriebenen Gewichten
in die Berechnung eingingen:
4
8%
12,5
Anrechenbare Eigenmittel
Gewichtete Risikoaktiva aus Kreditrisiko
Anrechnungsbeiträge für Markrisiken
+
Hierbei ist sowohl die Definition der ,,ausstehenden" Kredite als auch die des ,,Ei-
genkapitals" nicht ganz eindeutig, so dass die Banken durchaus die Möglichkeit
haben, ihre Bilanzen und ihre Marktaktivitäten so zu gestalten, dass das regulato-
risch notwendige Eigenkapital minimiert wird.
5
Trotzdem wird diese Unterlegung
in einzelnen Fällen von Banken als deutlich über der ökonomisch notwendigen
liegend empfunden.
6
Sie lässt sich aber unter BASEL I durch Verbriefungen stark
minimieren, was an folgendem Beispiel gezeigt werden soll: Eine Bank hat eine
risikofreie Kombination der Kredite. Dieser Ansatz ist zwar theoretisch reizvoll, ist aber nur dann
anwendbar, wenn die Schätzung der Korrelationsmatrix genau ist.
1
Stützel (1983), S. 27.
2
Die möglichen Probleme werden z.B. in Drukarczyk (1993), S. 320ff. und Kolbeck (2002), S.
389. detailliert dargestellt. An dieser Stelle ist nur wichtig festzuhalten, dass eine genaue Quantifi-
zierung des Risikos und seine Zuordnung zu einzelnen Kreditnehmern außerordentlich schwer ist.
3
Die alte Fassung bis 01.01.1990 verlangte eine Unterlegung von nur 100/18=5,(5)%, wobei die
Risikoaktiva anders definiert waren.
4
Bundesbank (2002), S. 53
5
Bundesbank (2002), S. 47.
6
Eine Bank mit einem stark diversifiziertem Portfolio kommt mit deutlich weniger EK-
Unterlegung aus als eine Bank mit einem sehr klumpenhaften Portfolio (Stützel (1983), S. 34).

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
22
Anzahl mit Hypotheken gesicherter Kredite in Höhe von 1 Mrd. Euro vergeben.
Nach BASEL I musste sie 8% Eigenkapital vorhalten, also 80 Mio. EUR. Es soll
an dieser Stelle angenommen werden, dass es statistisch zu erwarten ist, dass
höchstens 1% der Kredite nach Immobilienverwertungen abzüglich aller Kosten
ausfallen kann. Jetzt kann die Bank alle Kredite verbriefen und dabei das FLP
selbst behalten. Dieses FLP ist mit 100% Eigenkapital zu unterlegen, wegen der
kleinen erwarteten Verlusten ist ein FLP von höchstens 3% durchaus angemessen.
Bei einer Transaktion mit Hilfe der KfW (PROVIDE) besteht die Möglichkeit,
den Rest des Risikos, der durch einen CDS von der KfW eliminiert wird, mit 0%
Gewicht zu berücksichtigen. Somit behält die Bank tatsächlich das gesamte Risi-
ko (die erwarteten Verluste liegen bei 1%, somit sind die einbehaltenen drei schon
sehr viel), muss aber regulatorisch deutlich weniger Kapital vorhalten. Den ,,ein-
gesparten" Betrag von 1 Mrd. * (8%-3%) = 50 Mio. Euro abzüglich der Kosten
der Transaktion kann die Bank für sich arbeiten lassen. Solange die Banken nur
Interesse daran hatten, die Eigenkapitalregelungen ,,auszuarbitrieren", war eine
solche Konstruktion ideal ­ für die Bank blieb alles beim Alten, sie musste nur
weniger Kapital vorhalten.
Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang betrifft die Güte der Kredite,
die verbrieft werden. So könnte eine Bank versuchen, gerade die schlechten Kre-
dite abzugeben, weil sie damit alle Risiken loswird. Bisher haben die Banken je-
doch eher überdurchschnittlich gute Forderungen verbrieft. Das hat mit den EK-
Hinterlegungsregelungen nach BASEL I zu tun. Die Bank musste für alle ,,risiko-
reichen" Kredite, unabhängig vom tatsächlichen Risiko, die gleiche Menge an EK
halten. Die Entlastung durch eine Verbriefung von z.B. 1 Mrd. ,,guter" Kredite ist
dabei identisch mit der durch eine Verbriefung von 1 Mrd. ,,schlechter" Kredite.
Für die ,,guten" bekommt die Bank aber deutlich bessere Konditionen.
1
Das obige
Beispiel der ,,regulatorischen Arbitrage" zeigt, dass es im Bankwesen zu immer
neuen Entwicklungen kommt, auf die der Regulierer mit einer Anpassung der
Rahmenbedingungen reagieren muss. Deswegen hat der Baseler Ausschuss für
Bankenaufsicht eine Rahmenvereinbarung für internationale Konvergenz der Ei-
1
Wenn sie die Höhe der EK-Hinterlegung ohnehin für zu hoch hält, handelt sie dabei nicht unver-
antwortlich.

Kapitel 2: Einführung und Grundbegriffe
23
genkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen, im Folgenden ,,BASEL
II" genannt, ins Leben gerufen, in der sich der Regulierer darum bemüht hat, die
ökonomisch sinnvolle und die regulatorisch geforderte Höhe des Eigenkapitals
einander anzugleichen.
1
Auch Verbriefungen wurden wegen ihrer zunehmend
wichtigeren Rolle in einem eigenen Kapitel explizit betrachtet.
2
Unter BASEL II
ist oben beschriebene Arbitrage nicht mehr sinnvoll. So wurde z.B. für ein an die
Transaktion PROMISE-A 2002-1 angelehntes Portfolio ausgerechnet, dass bei
Anwendung von BASEL II ohne Verbriefung 49% weniger Eigenkapitalunterle-
gung notwendig ist als nach BASEL I.
3
Unterstellt man, dass die Investoren eben-
falls unterlegungspflichtige Finanzinstitute sind, reduziert sich der für alle Akteu-
re benötigte Unterlegungsbetrag bei einer synthetischen Verbriefungskonstruktion
sogar um 81% im Vergleich zu BASEL I. Und beim IRB-Bewertungsansatz
4
bringt eine Verbriefung gar keine Entlastung für den Originator, während sie
unter BASEL I noch 59% Entlastung mit sich bringen würde.
Auch abgesehen von der Verbriefungsmöglichkeit ergab sich beim IRB-Ansatz
nach der Berechnung der EZB für die Kredite an 6000 Unternehmen eine mittlere
Eigenkapitalanforderung von 4,9% was deutlich unter den bisher erforderlichen
8% liegt.
5
Somit werden Verbriefungen, die nur der Schonung des Eigenkapitals dienen,
nach dem Inkrafttreten von BASEL II im Jahr 2007 nicht mehr lukrativ sein, dafür
treten Aspekte der Risikosteuerung und Refinanzierung in den Vordergrund.
6
1
Es gibt auch andere bedeutende Änderungen: So sind jetzt umfassende Offenlegungspflichten
vorgeschrieben und die Banken sollen dazu angeregt werden, eigene, auf eigenen Kundendaten
statistisch aufbauende Risikomanagementmodelle zu entwickeln (EZB (2005), S. 53ff). Auch
operative Risiken müssen jetzt unterlegt werden. Diese ­ sehr wichtigen ­ Teile von BASEL II
sind für die Fragestellung dieser Arbeit von geringerer Bedeutung und werden deswegen nicht
besprochen.
2
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 106.
3
Emse (2005), S. 237.
4
Bei diesem Ansatz müssen für die Risikobewertung entweder externe Ratings angesehener Agen-
turen oder eigene stochastische Berechnungen benutzt werden, die aber einer Form unterliegen
(Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 118ff). Auf die statistischen Defizite des Ansat-
zes soll hier nicht eingegangen werden (Jonahning (1996), S. 297ff).
5
EZB (2005), S. 61.
6
Bundesbank (2004), S. 85.

Kapitel 3: Finanzierung des Mittelstandes
24
Synthetische ABS bleiben auch weiterhin eine günstige Möglichkeit, Risiken
abzugeben bzw. gezielt Risiken zu kaufen, um Portfolioeffekte zu erreichen.
1
Bei der Diskussion über BASEL II war es in Bezug auf die Finanzierung des Mit-
telstandes zu Befürchtungen gekommen, dass gerade kleine Unternehmen, die
sich wegen des hohen Aufwandes nicht um ein Rating bemühen wollen, deutlich
höhere Kreditzinsen zu tragen hätten oder sogar keine Kredite mehr von den Ban-
ken erhalten würden. Auch kamen insbesondere frühere Studien zu dem Ergebnis,
dass mittelständische Unternehmen durch BASEL II höhere Zinsen zu tragen hät-
ten.
2
Diese Diskussion führte zur Aufnahme einer Erleichterung für kleine Unter-
nehmen in BASEL II: Diese werden als Privatpersonen bewertet und die Banken
müssen Kredite bis 1 Mio. Euro mit nur 75% Gewichtung unterlegen.
3
Das nächs-
te Kapitel soll Finanzierungsprobleme des Mittelstandes darstellen und das In-
strument ,,Verbriefungen" auf seine Eignung zur Finanzierung des deutschen Mit-
telstandes prüfen.
3 Finanzierung des Mittelstandes
Wie in Kapitel 2.1 gezeigt, verursacht eine Verbriefungstransaktion einen erhebli-
chen Aufwand. Es ist daher auf den ersten Blick durchaus fraglich, ob sich solche
Strukturen auch für den Mittelstand eignen. Dabei darf nicht übersehen werden,
dass der Begriff ,,Mittelstand" recht wage ist. Das zeigt auch die Tatsache, dass
das Wort ,,Mittelstand" auch in angelsächsischer Literatur so benutzt und nicht
z.B. mit ,,SME" übersetzt wird.
4
In Deutschland hat der Begriff ,,Mittelstand"
noch den Beiklang von ,,bodenständig". In dieser Arbeit werden unter dem ,,Mit-
telstand" Betriebe verstanden, deren Umsatz 350 Mio. Euro und deren Mitarbei-
terzahl 2500 Menschen nicht übersteigt. Nach unten bildet wegen der spezifischen
Aufgabestellung dieser Arbeit ein gelegentlicher Finanzierungsbedarf von min-
destens 100 000 Euro eine Grenze.
1
So sind True-Sale-Transaktionen in Deutschland um bis zu 17,5 Basispunkte teurer, weil Agentu-
ren z.B. Risikoabschläge für Steuer- und Insolvenzrisiken verlangen (o.V. (2004e), S. 14).
2
Grunert et al. (2002), S. 1059.
3
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 19.
4
Grichnik (2003), S. 78. Selbst für ihre KMU-Definition (o.V. (2006i), S. 38ff.) fühlte sich die
Europäische Kommission genötigt, eine 52-seitige Broschüre (o.V. (2006k)) erstellen zu lassen,
damit es in jedem Fall klar wird, ob ein Unternehmen zu KMU gehört.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2006
ISBN (eBook)
9783836609814
DOI
10.3239/9783836609814
Dateigröße
3.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg – Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2008 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
verbriefung asset-backed finanzierung mittelstand
Produktsicherheit
Diplom.de
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Titel: Verbriefungen als Finanzierungsmöglichkeit für den deutschen Mittelstand
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