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Der Kampf um die parteipolitische Macht in der Russländischen Föderation

©2007 Magisterarbeit 133 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Es scheint, dass der Zenit der Aufmerksamkeit, mit der sich die westliche Parteien-, Parteientransformations- sowie Systemtransformationsforschung, aber auch die Zeitgeschichte, zu Beginn der 1990er Jahren der Russländischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) bzw. der Russländischen Föderation (RF) gewidmet haben, deutlich überschritten ist. Hier handelte es sich vornehmlich um Darstellungen, die sich um eine mögliche Definition des politischen Systems bemühen, also der Fragen nach einer möglichen `defekten Demokratie´, oder einem System des `Superpräsidentialismus´ nachgehen. Um sich der Thematik des politischen Klimas in der RF zu nähern, werden die angesprochenen Themen gern aus einer westeuropäisch orientierten Sichtweise heraus betrachtet. Dieser Sachverhalt gilt nicht minder, wenn es um die Frage einzelner Komponenten innerhalb des Gesamtsystems der RF geht. Neben einer möglichen Systemdefinition befinden sich die Politikwissenschaften auf der Suche nach möglichen Konzepten einer erfolgreichen Konsolidierung des Demokratiemodells der RF. Diesen auf das gesamte System der RF bezogenen Fragen stehen eindimensionale, oft wirtschafts- oder medienpolitische Fragestellungen gegenüber. Auch wenn diese schon eher einer detailbezogenen Sichtweise entsprechen, sind sie doch mit stetem Fokus auf wirtschaftsimmanente, fiskale Gesichtspunkte gerichtet, oder behandeln die Medienfreiheit. Doch was ist wichtig bei der Beurteilung der politischen Situation in der RF? Die Akteure innerhalb des Systems.
Die Entscheidung, sich im Rahmen dieser Magisterarbeit mit dem Parteienspektrum der RF und hier speziell mit einem der wichtigsten Akteure, der Kommunistischen Partei der Russländischen Föderation (KPRF) auseinanderzusetzen, liegt nicht allein in der Fülle der Überblickswerke begründet, in denen die KPRF nur als eine Partei unter vielen innerhalb des Parteiensystems behandelt wird. Ebenso finden die anstehenden Neuwahlen zur Staatsduma 2007, wie alle Wahlen nach 1996, unter immer neuen Einflussfaktoren statt und können somit nicht Grund und auch nicht Gegenstand dieser Untersuchung sein. Die Entscheidung basiert vielmehr auf der exponierte Rolle der KPRF in den Jahren 1991 – 1996, also jenen Jahren, in der die Forschung auch der KPRF eine konstante Aufmerksamkeit schenkte und die für die mögliche Konsolidierung des politischen Systems in der RF einen entscheidenden Einfluss hatten. Speziell standen hier die Wahlen zur […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Bewertung der relevanten Literaturquellen
1.3 Schwerpunktsetzung und Aufbau

2. Das Parteiensystem der RF
2.1 Allgemeine Charakteristika
2.2 Die rechtliche Stellung der gesellschaftlichen Vereinigungen
2.3 Politische Strömungen
2.3.1 Der Block `JABLOKO
2.3.2 Das Zentrum
2.3.3 Die nationalistischen Rechten
2.3.4 Die kommunistische und sozialistische Linke

3. Die KPRF
3.1 Allgemeine Charakteristika der KPRF
3.2 Wachstums- und Hindernisfaktoren für die KPRF
3.2.1 Exogene Faktoren
3.2.2 Endogene Faktoren

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Politische Zentren `Hochburgen´, G. A. Sjuganow (KPRF), 1996 Seite

Abbildung 2: Abstimmungsverhalten der Fraktionen und Gruppen in der Staatsduma:

1. Sitzungsperiode 1994, ausgewählte Gegensatzpaare Seite

Abbildung 3: Zentralisierungsgrad ausgewählter Vereinigungen

Abbildung 4: Schemata endogener und exogener Interaktionen

„Ich sehe und respektiere Wirtschaftsverbände, Vereinigungen von Kooperativen, territorialen Bündnisse, Bildungs- und Berufsorganisationen, doch ich verstehe nicht die Natur von politischen Parteien. Eine Bindung, die auf politischen Überzeugungen beruht, muss nicht notwendigerweise stabil sein, und häufig ist sie auch nicht ohne Eigennutz.“

(Alexander I. Solschenizyn, 2007)

„Verstehen kann man Russland nicht, und auch nicht messen mit Verstand. Es hat sein eigenes Gesicht. Nur glauben kann man an das Land.“

(Fjodor I. Tjuttschew, 1866)

1. Einleitung

Es scheint, dass der Zenit der Aufmerksamkeit, mit der sich die westliche Parteien-, Parteientransformations- sowie Systemtransformationsforschung, aber auch die Zeitgeschichte, zu Beginn der 1990er Jahren der Russländischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) bzw. der Russländischen Föderation (RF)[1] gewidmet haben, deutlich überschritten ist. Hier handelte es sich vornehmlich um Darstellungen, die sich um eine mögliche Definition des politischen Systems bemühen, also der Fragen nach einer möglichen `defekten Demokratie´[2], oder einem System des `Superpräsidentialismus´[3] nachgehen. Um sich der Thematik des politischen Klimas in der RF zu nähern, werden die angesprochenen Themen gern aus einer westeuropäisch orientierten Sichtweise heraus betrachtet. Dieser Sachverhalt gilt nicht minder, wenn es um die Frage einzelner Komponenten innerhalb des Gesamtsystems der RF geht. Neben einer möglichen Systemdefinition befinden sich die Politikwissenschaften auf der Suche nach möglichen Konzepten einer erfolgreichen Konsolidierung des Demokratiemodells der RF[4]. Diesen auf das gesamte System der RF bezogenen Fragen stehen eindimensionale, oft wirtschafts- oder medienpolitische Fragestellungen gegenüber. Auch wenn diese schon eher einer detailbezogenen Sichtweise entsprechen, sind sie doch mit stetem Fokus auf wirtschaftsimmanente, fiskale Gesichtspunkte gerichtet, oder behandeln die Medienfreiheit. Doch was ist wichtig bei der Beurteilung der politischen Situation in der RF? Die Akteure innerhalb des Systems.

Die Entscheidung, sich im Rahmen dieser Magisterarbeit mit dem Parteienspektrum der RF und hier speziell mit einem der wichtigsten Akteure, der Kommunistischen Partei der Russländischen Föderation (KPRF) auseinanderzusetzen, liegt nicht allein in der Fülle der Überblickswerke begründet, in denen die KPRF nur als eine Partei unter vielen innerhalb des Parteiensystems behandelt wird. Ebenso finden die anstehenden Neuwahlen zur Staatsduma 2007, wie alle Wahlen nach 1996, unter immer neuen Einflussfaktoren statt und können somit nicht Grund und auch nicht Gegenstand dieser Untersuchung sein. Die Entscheidung basiert vielmehr auf der exponierte Rolle der KPRF in den Jahren 1991 – 1996, also jenen Jahren, in der die Forschung auch der KPRF eine konstante Aufmerksamkeit schenkte und die für die mögliche Konsolidierung des politischen Systems in der RF einen entscheidenden Einfluss hatten. Speziell standen hier die Wahlen zur I. Staatsduma 1993 und die zur II. Staatsduma 1995 sowie die Präsidentschaftswahl 1996 im allgemeinen Interesse. Als eine anfängliche Grenzmarke für diese Untersuchung soll das Jahr des Putsches reformresistenter Kräfte innerhalb der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) gegen ihren Generalsekretär M. S. Gorbatschow gesehen werden und das damit verbundene Verbot der KPdSU in der RSFSR. Als abschließende Grenzmarke des Untersuchungszeitraumes soll die Wahl zum Präsidenten der RF 1996 gelten[5], eine Wahl, die erst im 2. Wahlgang, in der Stichwahl, entschieden werden konnte und in der G. A. Sjuganow als Spitzenkandidat der KPRF gegen den Amtsinhaber B. N. Jelzin unterlag. Diese Wahl wurde für die KPRF zur Zäsur ihres politischen Schaffens sowie ihrer Zielrichtung. In dem Umstand, einen zeitlich und thematisch abgegrenzten Zeitraum untersuchen zu können, liegt auch einer der Gründe, diesen Zeitabschnitt und nicht die Jahre nach der Präsidentschaftswahl 1996 zum Mittelpunkt der Arbeit zu machen. Mit dem Blick auf die Entwicklung der KPRF nach 1996 beginnt ein neuer Abschnitt in der Arbeit der Partei. Trotz des Wissens, dass die KPRF erst am 13./14.02.1993 aus der `Kommunistischen Partei der Russländischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik´ (KPRSFSR) gegründet worden ist, ist das Jahr 1991 aus oben genannten Gründen bewusst als Beginn des Untersuchungszeitraumes gewählt worden.

Ausschlaggebend für die Bearbeitung dieses Themas war eine Protestkundgebung der KPRF, bei der ich mich auf dem Platz vor dem Gebäude der Staatsduma in Moskau 2004 aufhielt. In der Tat entstammt der Ansatz, die KPRF und ihren Einfluss auf das politische System in den frühen Jahren der RF zu untersuchen, nicht nur der Forschungsliteratur, sondern basiert auf der sich mir aufdrängenden Frage, warum es der KPRF im Jahre 2004 nicht gelang, eine Massenkundgebung durchzuführen. Denn eine Massenkundgebung, so musste ich überraschend feststellen, war es nicht. Auch wenn die Bestimmungen der Sicherheitskräfte des Innenministeriums, ein Aufgebot an Hundertschaften von OMON-Einheiten[6] und Sicherheitsschleusen, die es nicht allen erlaubten, an der Kundgebung teilzunehmen, gegen diesen Umstand sprachen. Mir stellte sich die Frage nach der Ursache der vermeintlichen Schwäche der KPRF. Der Wunsch, dieser Fragestellung innerhalb des in dieser Arbeit gesetzten Untersuchungszeitraumes auf den Grund zu gehen, wurde zur Motivation, die vielen offenen Fragen zu beantworten.

1.1 Fragestellung

Diese Arbeit geht der Frage nach, warum die KPRF im Jahre 1996 an dem gesetzten Ziel, das Präsidentschaftsamt der RF zu besetzen, scheiterte. Auf den Punkt gebracht kann gefragt werden, ob die KPRF innerhalb des russländischen Parteiensystems überhaupt hätte gewinnen können. Zugespitzt formuliert könnte gefragt werden, ob denn die gesellschaftliche Vereinigung unter der Führung G. A. Sjuganows versagt hat. Warum scheiterte die KPRF in dieser so entscheidenden Wahl, wo sie doch bei den Staatsdumawahlen 1993 und 1995 so erfolgreich abschloss? Wichtig ist hierbei auch die Frage, ob das Amt des Präsidenten der RF den Machtzuwachs für die KPRF bedeutet hätte, den sich die Vereinigung bei der Durchsetzung ihrer Ziele erhoffte. Wo liegt der Grund für die exponierte Stellung des Präsidenten und was macht die Präsidentschaftswahl zur wichtigsten Weichenstellung zur Machtergreifung innerhalb der RF? Auf die Frage nach Veränderungen, die mit der Wahl G. A. Sjuganows zum Präsidenten der RF hätten erreicht werden können, soll in dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Ferner sollen keine Mutmaßungen darüber angestellt werden, wie Politikschwerpunkte der KPRF auf das Gesamtgefüge der RF gewirkt hätten. Es gilt einzig und allein, die historisch beeinflussenden Faktoren gegenüber der kommunistischen Partei in der RF zu analysieren und diese ob ihrer Beeinflussungsmöglichkeiten gegenüber dem Untersuchungsobjekt zu werten. Dass innerhalb der Arbeit nur von einigen Möglichkeiten des Machteinflusses und der –ausübung gesprochen wird, soll nicht über den Umstand hinwegtäuschen, dass die Diskussion des Machtbegriffes für die RF eine entscheidende Rolle spielt. Die Machtausübung innerhalb der RF stützt sich auf verschiedene politische Strukturen unterschiedlicher Ebenen und Herkunft. Ziel dieser Arbeit soll es nicht sein, eine vollständige Definition des Begriffes `Macht´ im Zusammenhang mit der RF zu geben und zu diskutieren. Für diese Arbeit sollen diesbezüglich die gesellschaftlichen Vereinigungen, die Wahlen des Untersuchungszeitraumes, das Amt des Präsidenten sowie die Mechanismen zum Machterwerb und –erhalt im Mittelpunkt stehen. Machtfaktoren, wie die Wirtschaft, die Oligarchen[7], das Militär, die Geheimdienste[8], das Ausland, der Föderationsrat, auch informelle Kreise sollen zwar Erwähnung finden, werden aber nicht im Mittelpunkt der Arbeit stehen.

1.2 Bewertung der relevanten Literaturquellen

Der aktuelle Forschungsstand zu dieser Fragestellung ist differenziert zu betrachten. Das Thema KPRF, wenn es in der Wissenschaft diskutiert wird, findet zumeist nur in Überblicksdarstellungen Erwähnung. Quantitativ wurde zu Beginn der 1990er Jahre eine größere Anzahl von Veröffentlichungen erarbeitet, die sich mit dem Parteiensystem der RF und ihren Spezifika auseinandersetzten. Hier lassen sich besonders Gerhard Gnauck[9], Galina Luchterhandt und Otto Luchterhandt[10] sowie Eberhard Schneider[11] nennen. Besonders in der frühen Phase der eingeleiteten Transformation wurde in der Literatur des deutschsprachigen Raumes der Fokus auf die Analyse der gegenwärtigen Situation gelegt sowie auf die Analyse der neuen gesellschaftlichen Vereinigungen[12], Bewegungen und Fraktionen mit ihrer Rolle innerhalb der RF. Erste Charakteristika und organisatorische Aspekte[13] des neuen Parteiensystems der RF wurden unterstrichen. Besondere Aufmerksamkeit schenkte das Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (BiOst) den verschiedenen Aspekten der Systemtransformation in Osteuropa[14]. Hierbei lag der Schwerpunkt insbesondere auf der RF. Als wichtige Autoren des BiOst, die aktuelle Berichte für den Untersuchungszeitraum veröffentlichten, sind Heinz Timmermann[15] und Assen Ignatow[16] zu nennen. Beide Autoren legen ihren Betrachtungen verstärkt die KPRF zu Grunde und liefern somit wichtige Hinweise auf die Binnenstruktur der Vereinigung, ihre Führer und Programmatik. Ebenfalls als aktuelle Analysen sind die Abhandlungen von Eberhard Schneider veröffentlicht worden, der innerhalb der BiOst–Veröffentlichungen relevante Untersuchungen zu den Wahlen zur Staatsduma mit Verfassungsreferendum 1993, den Wahlen zur Staatsduma 1995 und zur Präsidentschaftswahl der RF 1996 vorlegte[17]. E. Schneider analysiert in seinen Veröffentlichungen die jeweiligen Machtverhältnisse und rechtlichen Bestimmungen. Wichtige Interpretationen zum jeweiligen Wahlausgang werden ebenfalls nicht vernachlässigt.

Eine zweite, nicht weniger wichtige Kategorie bilden jene Veröffentlichungen, welche sich mit der Transformation der RF, ihren Eigenarten und somit auch dem parteipolitischen Spektrum auseinandersetzen. Hier sind besonders Wolfgang Merkel[18], Jörn Knobloch[19], Gerhard Mangott[20] und Klaus v. Beyme[21] zu nennen. Auch wenn viele Veröffentlichungen dem Ansatz dieser Arbeit nahe kommen und Einzelbestandteile, wie die Wirtschaft, die Eliten, die Medien oder die Verbände betrachten, geschieht dies jedoch selten mit dem Blick auf die KPRF und noch seltener in Bezug auf ihre Rolle im politischen System der RF. Wenn es um die Erklärung der Programme der Vereinigung, der Statuten oder weiterer politischer Manifestationen der KPRF geht, dann kann nur bedingt auf Übersetzungen zurückgegriffen werden. Hier sind die Veröffentlichungen und Verlautbarungen der Vereinigung selbst zu betrachten.[22] Dass es hier nur wenige deutschsprachige Übersetzungen gibt – und wenn es solche gibt, wurden sie erst sehr viel später veröffentlicht – spricht für die vermeintlich nicht vorhandene Relevanz der Problematik im deutschsprachigen Raum bzw. das nicht vorhandene Interesse. Ferner liegt es an den politischen Vereinigungen der RF selbst, die sich in einer noch näher zu diskutierenden Grauzone bewegten. Ausnahmen stellen die beiden Dokumenten-Bände von G. Luchterhandt dar, welche durch die Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen veröffentlicht wurden.[23] Auch wenn im ersten Band von 1993 die Dichte an Dokumenten mit Blick auf die KPRF, ihre Programmatik, Ziele, Führer und Arbeit noch nicht gegeben ist, werden die relevanten Vereinigungen des politischen Spektrums bis 1993 beleuchtet. Der zweite Band von G. Luchterhandt aus dem Jahre 2000 enthält in Übersetzung neben dem Statut, auch das Programm der KPRF.[24] 1996 wagte W. Ostrogorski den Versuch eines Dossiers über G. A. Sjuganow. Auch wenn das Buch polemisch aufgeladen ist, so liefert es doch wichtige Hinweise zur Person des Vorsitzenden und Präsidentschaftskandidaten der KPRF von 1996 und hilft so die Denkweise innerhalb der KPRF und ihres ideologischen Kopfes zu verstehen.[25] Zur Person des Vorsitzenden der KPRF und dem Jahr 1996 als Zäsur für die Kommunistische Partei ist auch das Buch von V. Medish hilfreich. V. Medish legt hier eine politische Biographie zu G. A. Sjuganow vor.[26] Ein Grossteil der Literatur ist aber nur in russischer Sprache verfügbar.[27] Weitere wichtige Quellen zu dieser Thematik sind in der russländischen Presselandschaft jener Zeit zu finden.[28] Eine wichtige Stellung innerhalb der zu dieser Thematik verfügbaren und fortlaufend erscheinenden Literatur nimmt die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde ein, hier besonders die Periodika `Osteuropa´. Eine wichtige und spannende Bereicherung des Literaturangebotes wird durch die Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen geboten, zu nennen sind die `russland – analysen´[29] sowie die `ukraine – analysen´[30], die als pdf – Dateien bezogen werden können.

1.3 Schwerpunktsetzung und Aufbau

Für die Frage nach dem Erfolg einer Strategie der KPRF ist es wichtig, die KPRF nicht abgekoppelt vom russländischen Parteiensystem und dem historischen Kontext der Transformation der RF zu sehen. Es ist herauszuarbeiten, unter welchen Umständen es der KPRF hätte gelingen können, den Präsidenten 1996 zu stellen. Es gilt, eine mögliche Strategie zu erkennen und diese an ihren Zielen und bezüglich ihrer Erfolge zu messen. Das Ergebnis steht mit der Niederlage in der Wahl um das Präsidentenamt 1996 fest. Ferner sollen aber die möglichen Erfolge und Niederlagen der Vereinigung, ihre Wahlerfolge in den Regionen, Mobilisierungspotentiale bzw. Einflüsse auf das Wählerverhalten und die Arbeit innerhalb des politischen Systems der RF in Form ihrer Beteiligung an den Tagesgeschäften der Staatsduma nicht vernachlässigt werden. Es gilt, die KPRF als Bestandteil des russländischen Systems zu sehen. Besondere Aufmerksamkeit soll den Besonderheiten des russländischen Systems geschenkt werden, um den Bemühungen der KPRF durch Einbezug dieser Faktoren ausreichend gerecht zu werden. Insbesondere soll auch das Parteiensystem seinen Spezifika nach analysiert werden. Unterscheidet es sich doch nicht nur im Hinblick auf die für die Parteienbildung in Westeuropa so entscheidenden Konfliktlinien (cleavages)[31], sondern auch in Bezug auf die Historie der politischen Systeme in West- sowie Ostmitteleuropa. Für einen weiteren Punkt der Arbeit wird es wichtig sein, die rechtliche Stellung der Vereinigungen in der Verfassung und in einem möglichen Parteiengesetz zu untersuchen, um die Ausgangs- und Arbeitsbedingungen der russländischen Vereinigungen einschätzen zu können. Für die Untersuchung des politischen und ideologischen Spektrums innerhalb der RF und ihrer Aufschlüsselung in politische Lager, sollen kurz die wichtigsten politischen Strömungen, jeweils mit den wichtigsten Vereinigungen, Fraktionen und ihrem politischen Personal dargestellt werden. Hierbei geht es um die KPRF in ihrer Konkurrenz zu den nationalistisch rechten und zentristischen Vereinigungen. Politische Vertreter, wie JABLOKO, die zwar „außerhalb des politischen Establishments“[32] stehen, aber nicht weniger in Konkurrenz zur KPRF agieren, sollen in einem separaten Kapitel Beachtung finden.[33] Die KPRF, die selbst zum nationalistisch – kommunistischen Lager gehört[34], sieht sich aber auch innerhalb des eigenen politischen Spektrums[35] sowie der eigenen Vereinigung selbst, ideologischen und politischen Kämpfen ausgesetzt. Diese gilt es in der Betrachtung angemessen und differenziert zu behandeln. Den Hauptteil der Arbeit stellt die Auseinandersetzung mit der KPRF selbst dar. Neben den allgemeinen Charakteristika der Vereinigung werden die Faktoren zu untersuchen sein, die die KPRF im Erreichen ihrer politischen Ziele hemmten bzw. förderten. Eine Unterscheidung in exogene bzw. endogene Einflussfaktoren in Bezug auf die Arbeit der Vereinigung ist hierbei hilfreich. Es ist wichtig, die einzelnen Faktoren klar von einander zu trennen, um eine mögliche Hauptrichtung der Beeinflussung herausarbeiten zu können. Die Auseinandersetzung mit der KPRF selbst ist ebenfalls darzustellen und zwar in Form der Analyse ihrer Programme im Untersuchungszeitraum, ihrer Mitgliederbasis, ihrem hierarchischen Aufbau, das Führungspersonal einbezogen. Wichtig für das Verständnis der KPRF, ihrer Ausrichtung, ihrer Arbeit, ihrer Erfolge und Niederlagen ist hierbei die Rolle von G. A. Sjuganow, der die Arbeit der Vereinigung nachhaltig bestimmt hat, ihre Richtung vorgab und einem russländischen Phänomen entspricht, die gesellschaftlichen Vereinigungen über ihre Führer zu definieren.[36]

Eine vollständige Bearbeitung der Einflussfaktoren bzw. ihre Unterteilung in exogene und endogene Faktoren sowie eine genaue Definition kann nur im Hauptteil der Arbeit vollzogen werden. Eine Einteilung dieser Art und deren Bewertung hat es in der mir bekannten wissenschaftlichen Literatur noch nicht gegeben. Es soll herausgearbeitet werden, welche Faktoren für den Ausgang der Präsidentschaftswahlen im Sommer 1996 und somit auch für die KPRF von Wichtigkeit waren. Für das Herausarbeiten der beeinflussenden Faktoren wird es nötig sein, das vorhandene Material zu analysieren und auf den wesentlichen Kern herunter zu brechen. Faktoren, wie das Regierungs- oder Parteiensystem, die von außen auf die KPRF einwirken sowie Programmatik, personelle Besetzung und Faktoren der internen Beeinflussung sind zu analysieren und darauf aufbauend relevante Probleme heraus zu arbeiten. Eine wichtige Aufgabe dieser Arbeit soll es sein, sich von den allgemeinen Überblicken zur parteipolitischen Arbeit in der RF zu befreien und den Fokus auf eine einzelne Vereinigung, die KPRF zu legen, welche zum einen durch parteiinterne (endogene) und zum anderen durch exogene, sie umgebenen Faktoren beeinflusst und geformt wurde. Die Arbeit soll keine Erläuterung im Sinne einer weiteren Betrachtung des Systems der RF sein, sondern soll die Wirkung des Systems auf einen seiner Bestandteile, die KPRF, aufzeigen. Während fast die gesamte aktuelle Literatur immer nur von der Wirkung der Einzelkomponenten auf die Gesamtheit ausgeht, soll mit dieser Arbeit der Versuch unternommen werden, am Beispiel der KPRF die Wirkung des Gesamtsystems der RF auf einen ihrer Einzelbestandteile zu untersuchen.

2. Das Parteiensystem der RF

2.1 Allgemeine Charakteristika

Wie in der Einleitung aufgezeigt, kann keine gesellschaftliche Vereinigung losgelöst von den sie unmittelbar beeinflussenden Faktoren untersucht werden. Für die Betrachtung der KPRF ist dieser Umstand ebenso wichtig, denn die KPRF verstand sich als Nachfolgevereinigung der am 20./21.06.1990 gegründeten und im Umfeld der Putschbewegung 1991 verbotenen KPRSFSR. Zusätzlich wurde die KPRF durch ihre personelle Nähe zur ehemaligen Staatspartei, der KPdSU[37] sowie ihre programmatische Nähe immer mit der Vergangenheit in Verbindung gebracht. Unter diesen Voraussetzungen musste sie sich innerhalb eines neu entstehenden Parteiensystems behaupten. Für das politische Spektrum der RF sowie deren gesellschaftliche Vereinigungen waren die einzelnen Phasen der Transformation des politischen Systems von enormer Wichtigkeit. So ist es nicht nur die Transformation, die einen entscheidenden Einfluss auf die Vereinigungen in der RF hatte, sondern auch umgekehrt beeinflussten die gesellschaftlichen Vereinigungen den Transformationsprozess. Aufgabe dieses Teils der Arbeit ist es, wichtige Faktoren herauszuarbeiten, die das Parteiensystem der RF in seiner Art charakterisieren. Der Fokus ist auf den Untersuchungszeitraum gerichtet, doch sind viele der zu beschreibenden Faktoren noch heute signifikante Charakteristika für das politische System der RF. Von Bedeutung ist, unter welchen Bedingungen die Gründung von Vereinigungen durch das politische System beeinflusst wurde. Wie sich die Entwicklung der Vereinigungen auf die Verankerung in den Regionen, ihre Wählerschaft und ihre Organisationen auswirkte. Des Weiteren sollen jene Charakteristika beleuchtet werden, die das politische System der RF bestimmten, so die Rolle der gesellschaftlichen Vereinigungen im politischen Prozess, die Stellung des Präsidenten und nicht minder die gesellschaftlichen Probleme der Transformation. Einige Faktoren reichen über den in dieser Arbeit untersuchten Zeitraum hinaus, so z.B. das `graue Rechtsfeld´[38], indem sich die Vereinigungen bis zur Verabschiedung eines Parteiengesetzes im Sommer 2001 bewegten oder blieben bis heute unverändert. Viele Einflussfaktoren, wie eine fehlende demokratische Tradition[39] oder ein fehlender Parteienpluralismus beeinflussen noch heute die Einstellung der Bürger der RF zu den gesellschaftlichen Vereinigungen und dem politischen System generell[40]. Für W. Merkel ist das Parteiensystem der RF „extrem fragmentiert und polarisiert“ [41] und ist das Resultat des russländischen Transformationsprozesses. Seine Aussage, dass sich in der RF bislang nur `Protoparteien´ entwickelt haben[42], kann speziell zu Beginn des hier betrachteten Untersuchungszeitraum gehalten werden und wird auch von G. Luchterhandt bestätigt[43]. Es ist jedoch festzustellen, dass sich die Vereinigungen mit den wichtigen Staatsdumawahlen 1993, 1995 sowie der Wahl um das Präsidentschaftsamt 1996 zusehends konsolidiert und gefestigt hatten.[44] Gerade in diesem Falle muss erwähnt werden, dass die hohe Fragmentierung des Parteienspektrums in Verbindung mit der 5% Eintrittshürde bei den Staatsdumawahlen des Untersuchungszeitraumes hohe `drop – out Quoten´ nach sich zog, d.h. viele abgegebene Wählerstimmen in der Staatduma demzufolge nicht repräsentiert waren. Dies bezieht sich, wie noch zu zeigen sein wird, speziell auf die Staatsdumawahl von 1995. Ein hoher Anteil der Wählerinteressen war also nicht in der Staatsduma vertreten.[45] Ein wichtiger Punkt, der die Aussage der Konsolidierung unterstreicht, ist der erneute Einzug der wichtigsten gesellschaftlichen Vereinigungen in die Staatsduma 1995, nachdem sie bereits 1993 erfolgreich die Staatsdumawahlen bestreiten konnten[46]. Im Gegensatz zu W. Merkel siedelt G. Gnauck die `Protoparteien´ in einer früheren Phase der Entwicklung des russländischen Parteiensystems an, in den letzten Jahren der SU, dem Zeitraum 1988 – 1989 und sieht in der Anfangsphase des Untersuchungszeitraumes schon die „Legalisierung und schnelle Entwicklung insbesondere demokratischer Parteien“ [47] innerhalb der Gesetzmäßigkeiten der RF. Festzuhalten ist, dass mit der lang geforderten Streichung des Artikels 6 der sowjetischen Verfassung und der darin verankerten Vormachtstellung der KPdSU, mit den Wahlen im März 1990, eine wahre Gründungswelle von Vereinigungen einsetzte. Obwohl die juristische Registrierung der Vereinigungen erst mit dem 01.01.1991 nachgeholt werden konnte - hier erfolgte das Inkrafttreten des Gesetzes über die „gesellschaftlichen Vereinigungen“ [48] - waren die Weichen der gesellschaftlichen Vereinigungen, nach Aussage G. Gnaucks, „auf Rechtsstaat, Marktwirtschaft, Menschenrechte und Parteienpluralismus gestellt“.[49]

Das herrschende Bild von `Parteien´, wie es die Bürger von der KPdSU her kannten, hatte keine Legitimation mehr. Ein weiteres Merkmal dieser Anfangszeit war die Parallelität sowohl neuer als auch alter Strukturen. Zum einen waren es die im März 1990 auf kommunaler und regionaler Ebene gewählten Volksdeputierten, die ähnlich der Wahlen auf der Ebene der Union vom April 1989 zum Zeitpunkt ihrer Wahl zu etwa 90% noch Mitglieder der KPdSU[50] waren. Zum anderen waren es Teile gerade dieser Volksdeputierten, die das neue pluralistische Bild der politischen Vereinigungen der SU prägten. Somit kann festgehalten werden, dass bei den neuen Vereinigungen eine Lenkung von oben[51] bzw. aus dem Parlament heraus geschah, vergleichbar etwa mit dem Anstoß der Reformen `Glasnost´, `Perestrojka´ und `Uskorenie´[52] unter M. S. Gorbatschow.

Ein weiterer Unterschied zu den `Protoparteien´ der Anfangsphasen war, dass den meisten im Zeitraum 1990/1991 gegründeten Vereinigungen klar war, dass sie sich auf das Territorium Russlands bezogen und dass landesweite, in diesem Falle noch unionsbezogene Organisationen keine Zukunft mehr hatten. Der beginnenden Separation Russlands wurde bereits Rechnung getragen. Fast alle Vereinigungen dieser Zeit trugen den Begriff `Russland´ in ihrem Namen[53]. Ähnliches war auch unter den kommunistischen Kräften zu erkennen. Hier hatten sich die reformorientierten Kräfte unter B. N. Jelzin, aber ohne M. S. Gorbatschow, in der Demokratischen Plattform (DP) innerparteilich zusammengefunden, bis sie im Juli 1990 gänzlich die KPdSU verließen. Als ein indirektes Indiz für die Vormachtstellung der RSFSR innerhalb der SU kann die Separation der reformkritischen Kräfte gesehen werden, die in der RSFSR die erste formell eigene Parteiorganisation innerhalb der KPdSU schufen. Neben den kommunistischen und demokratischen Kräften hatten sich nach G. Gnauck die nationalen und monarchistischen Kräfte bis 1991 nur bedingt entwickelt und spielten keine wichtige Rolle.[54] Es muss an dieser Stelle jedoch auch festgestellt werden, dass es zu den Charakteristika des damaligen politischen Spektrums gehörte, dass sowohl die Demokraten[55], als auch die nach G. Gnauck bezeichneten „marginalen Nationalisten“ [56] und auch die Kommunisten, nationale Rhetorik und Symbole verwendeten. Die Demokraten „ganz offensichtlich auch deshalb, um den Nationalpatrioten den Wind aus den Segeln zu nehmen“ [57]. Auch B. N. Jelzin sprach während diese Zeit von der „Wiedergeburt Russlands und dessen Souveränität“ [58] und mit ihm die gesamte Bewegung `Demokratisches Russland´ (DR). Die nationale Stimmung wurde somit nicht nur durch die Nationalisten befördert, sondern auch durch die demokratischen Kräfte, für alle sichtbar, durch das Tragen der späteren Nationalfarben der RF, Weiß-Blau-Rot. Betrachtet man die Strömungen, die sich vor dem Putschversuch im August 1991 abzeichneten, kann hier von zwei verschiedenen Blöcken gesprochen werden. Ein demokratischer und ein reaktionärer Block.[59] Der zweite Block war „im Wesentlichen ein Produkt des zentralen Machtapparates“ [60].

Mit B. N. Jelzin, als dem gemeinsamen Kandidaten und später gewähltem ersten Präsidenten der RF, hatte DR und somit der demokratische Block eine entscheidende Weichenstellung für die zukünftige Machtverteilung in der RF getätigt. Mit der Abwehr des Putsches und der im Dezember 1991 besiegelten Auflösung der SU hatte sich B. N. Jelzin zum mächtigsten Mann in Moskau entwickelt, ohne weiter mit seinem Gegner M. S. Gorbatschow rechnen zu müssen.

Was bedeutete diese Konstellation für die jungen gesellschaftlichen Vereinigungen in der RF? Den sich zur damaligen Zeit als demokratisch verstehenden Vereinigungen, die sich während des Putsches als präsidententreu zeigten, wurde Hoffnungen gemachte, in die politischen Entscheidungsprozesse mit eingebunden zu werden. Als damals demokratisch galt eine Vereinigung vor allem dann, wenn sie sich reformorientiert auf Distanz zur KPdSU bewegte, demokratisch legitimiert konnten diese Vereinigungen nicht sein. Eine Wahl als Basis demokratischer Legitimation blieb bis 1993 aus. B. N. Jelzin hatte den ihn unterstützenden Vereinigungen in einem gemeinsam unterzeichneten Protokoll Beteiligung versprochen.[61] Doch zeigten sich hier die ersten Defizite, die als charakteristisch für das Parteiensystem der RF zu werten sind. Die Vereinigungen waren und blieben relativ machtlos in der Realpolitik der RF.[62] E. Bos bezeichnete die Rolle der Vereinigungen innerhalb des Systems als „zu viele Parteien und zu wenig System“ [63]. Gerade in der Anfangsphase der Konsolidierung der Parteienstrukturen, war die Teilhabe am politischen Geschehen nicht gewährleistet. Dem anfänglich gemeinsam unterzeichneten Protokoll schenkte B. N. Jelzin keinerlei Aufmerksamkeit. Einem Verhalten folgend, welches einer zaristischen Sichtweise nicht unähnlich war, favorisierte auch B. N. Jelzin das Prinzip: „keine Parteien zu kennen, sondern nur Russen“ [64].

Ein weiterer wichtiger, die politische Arbeit der Vereinigungen hemmender Faktor stellte die starke Position des Präsidenten der RF da. Nach Übernahme der ungeteilten Regierungsmacht durch B. N. Jelzin, dem Verbot der KPdSU aufgrund der Putschereignisse 1991 und der Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), welche den sowjetischen Staatsverband hinfällig machte und die Auflösung der SU bedeutete, vollzogen sich zusehends auch marktwirtschaftliche Reformen mit Preisfreigabe und Privatisierung. Aus dieser Situation heraus vollzog sich in der RF eine Fokussierung auf das Amt des Präsidenten. Hierbei ist es für den Rahmen der Untersuchung nicht zwingend notwendig die Jahre 1991 – 1993 und die folgenden Jahre bis 1996 voneinander zu unterscheiden. Für die Rolle der gesellschaftlichen Vereinigungen innerhalb des Systems der RF ist bei dieser Konstellation festzuhalten, dass es zum entscheidenden Ziel einer jeden Bewegung oder Vereinigung wurde, das Amt des Präsidenten zu besetzen. „Der Sieg bei den Präsidentschaftswahlen wird zum höchsten politischen Ziel, […]“ [65], wie G. Luchterhandt die Strategien der gesellschaftlichen Vereinigungen und Bewegungen zusammenfasst - hier ausnahmslos und im Besonderen auch für die KPRF. Als unmittelbarer Anreiz dient hier die starke Machtkonzentration auf Seiten des Präsidentenamtes. Von 27 verfassungsrechtlichen Machtinstrumenten stehen 18 dem Präsidenten der RF zu.[66] Das Ergebnis ist eine, wie W. Merkel analysiert „unkontrollierbare exekutive und legislative Machtakkumulation in der Person des Präsidenten.“ [67], welche eine geringe Durchsichtigkeit der politischen Prozesse bewirkt sowie eine effektive Kontrolle nicht zulässt. Den Rumpf präsidialer Macht bildeten neben dem Recht, die so genannten „Machtministerien“ [68] personell zu besetzen, die Möglichkeit den Ausnahmezustand auszusprechen und der Oberbefehl über die Streitkräfte. Hinzu kommt das Recht, die Staatsduma zu übergehen, also über die dort vertretenen Vereinigungen hinweg, via Dekret (ukas) zu regieren. Weitere Kompetenzen sind die Möglichkeit der Auflösung des Parlamentes sowie die Nutzung eines Vetos gegenüber den von der Staatsduma verabschiedeten Gesetzen.[69] Auf der Gegenseite ist es der Staatsduma und deren Fraktionen nur schwerlich möglich, gegen den Präsidenten und dessen Befugnisse vorzugehen. Die Staatsduma benötigt eine zweidrittel Mehrheit, um ein Veto gegen Präsidentenentscheidungen einlegen zu können. Ein Amtsenthebungsverfahren ist nur über vielschichtige Verfahrensmodalitäten und in Zusammenarbeit mit dem Föderationsrat (FR) und dem Verfassungsgericht (VG) überhaupt möglich.[70]

Die de jure und de facto starke verfassungsrechtliche Stellung des Präsidentenamtes sowie die geringe Wertigkeit der gesellschaftlichen Vereinigungen innerhalb der Verfassung stellen somit ein weiteres Charakteristikum des russländischen Parteiensystems dar. Ferner ist die Postenbesetzung in staatlichen Institutionen durch Repräsentanten politischer Vereinigungen nur schwach ausgeprägt. Für die Vereinigungen bedeutet dieser Umstand, dass ihr Interesse den Wahlen zur jeweiligen Staatsduma und den dortigen operativen Tätigkeiten gehört.[71] Zusätzlich wirkt erschwerend, dass sich Präsident B. N. Jelzin an keine vereinigungspolitische Richtung oder Bewegung gebunden sah. Der Präsident gebrauchte aber die politischen Bewegungen, um das Präsidentenamt zu erreichen. Hierbei nutzte er die Potentiale und Mobilisierungschancen der DR, um als Kandidat für die Wahl um das Präsidentenamt 1991 aufgestellt zu werden, ohne sich zu deren Führer zu entwickeln oder in ein Amt der Vereinigung drängen zu lassen.[72] G. Gnauck sieht hier eher einen Erfolg des DR, sich auf einen Kandidaten geeinigt zu haben, was aus der Sicht der Wahlergebnisse und den Erfahrungen mit einer monolithischen Partei, wie der KPdSU, auch zutreffen kann.[73] Doch wenn es um die Teilhabe an der politischen Macht als Indikator für Erfolg geht, sind hier die Erwartungen der DR weit hinter der Realität zurückgeblieben. B. N. Jelzin bewahrte sich so Bewegungsfreiheit, indem er seine Personalpolitik gegenüber keiner gesellschaftlichen Vereinigung zu rechtfertigen hatte. Aus diesem Umstand - nicht aus vereinigungspolitischen Beweggründen handeln zu müssen, erschließt sich eine weitere Wesensart des russländischen Systems, welche nicht minder Wirkung auf die Parteienlandschaft der RF zeigte. Nach A. Legutke und M. Brie wird deutlich, dass die Ämter innerhalb der Regierung nicht nach vereinigungspolitischen Gesichtspunkten, wie z.B. Programmatik oder gewährter Unterstützung, besetzt wurden. Es waren personenbezogene Entscheidungen. Die Besetzung wichtiger Ämter beinhaltete oftmals keine Aussage zur Befähigung der Person.[74] Aus Sicht des Präsidenten bedeutet das Besetzen von wichtigen Ämtern in der Regierung das Ummünzen persönlicher Beziehungen in persönliche Abhängigkeiten. Die Anteile der Vereinigungen im politischen Prozess der RF wurden minimiert, die politischen Vereinigungen erlitten eine maßgebliche Schwächung ihrer Position.[75] M. McFaul verdeutlicht die beeinflussenden Faktoren und die Sonderstellung des Präsidenten der RF ganz richtig, indem er ausführt, dass „[…] parties in Russia are weak, because the most powerful politicians in Russia have made choices to make them weak. Cultural, historical, and socio-economic factors play a role in impending party emergence, but individual decisions – especially decisions about institutional design – are the more proximate and more salient causes of poor party development.” [76] An dieser Stelle zeigt sich eine grundsätzliche Frage in Bezug auf die Schwächen des russländischen Parteiensystems. Während M. McFaul die schwache Rolle der Vereinigungen innerhalb der RF klar mit der starken Position des Präsidenten, deren Verankerung in der Verfassung und den generell geringen Anreizen zur Bildung politischer Vereinigungen begründet, versucht S. Holmes die Befugnisse des Präsidentenamtes zu rechtfertigen. Von der Schwäche der Vereinigungen und dem Umstand, dass durch Wahlen keine starke Regierung zustande kommen kann, leitet er die Legitimation der Macht für den Präsidenten ab. S. Holmes äußert sich zur Begründung der verfassungsrechtlichen Marginalisierung des Parlamentes: „Given the feebleness or nonexistence of a party system in Russia, there is no chance that parliamentary elections will give rise to a well-disciplined body capable, in turn, of producing a strong government able to make difficult decisions while retaining public confidence and remaining democratically accountable.” [77]

Den Vereinigungen muss hier vorgeworfen werden, dass sie mit ihrer internen Personalpolitik sehr inkonsequent auf diese Art der Politik reagiert haben. Durch ihre Herangehensweise und nicht minder durch eine spezifische Mentalität der Bevölkerung im Umgang mit charismatischen Persönlichkeiten haben die Vereinigungen eben auch auf starke Führer gesetzt. Dieser Umstand muss ambivalent betrachtet werden, denn in Bezug auf die Vereinigungen wurde in der Bevölkerung in einem nur geringen Maße über Programmatik, als vielmehr über die Personen hinter der „Trawkin – Partei“ oder der „Schirinowski – Partei“ [78] gesprochen. Führerfiguren spielen somit in der Frage über den Erfolg oder Misserfolg einer politischen Vereinigung in der RF eine oftmals gewichtigere Rolle als die Programmatik.[79] S. Mitrochin ergänzt diesen Sachverhalt noch um die Aussage, dass die Rolle der politischen Führer nicht nur eine Frage der Wahrnehmung von außen ist, sondern ebenso eine Reaktion auf die Praxis der Herrschaftsausübung bedeutet. Laut S. Mitrochin ist eine Vereinigung in der RF oft nicht mehr, als die „Zugabe zur persönlichen Popularität und Hilfsmittel beim individuellen Umgang mit den Massen.“ [80]

Wie sehr die Vereinigungen und ihre Führer in einem Abhängigkeitsverhältnis standen, wie sehr die Politik der RF personalisiert ist, zeigt sich auch im Vergleich der Dauer von Amtszeiten verschiedener Vorsitzender.[81] Hier ist darauf hinzuweisen, dass der Faktor der langjährigen Führerschaft, oftmals einer langjährigen Kontinuität in der Arbeit der Vereinigungen zuzuschreiben ist. Diese Kontinuität war einer politischen Verortung der Vereinigungen einträglich und machte eine stabile Wählerschaft oftmals erst möglich. So ist auch dieser Faktor mit zweierlei Maß zu messen. Ähnliches kann auf den Präsidenten der RF bezogen werden. W. Merkel sieht in der bedenklichen Regierungsweise B. N. Jelzins, auch wenn sie stabilisierend wirkt, eine „paradoxe Situation“ [82], denn es verdeutlicht auch die Gefahr, dass die neue Situation sowie der Politikstil des Präsidenten die Defizite und Probleme nur überdecken. „Die präsidentielle Entscheidungsmacht stabilisiert zwar gegenwärtig die politische Situation Russlands, erkauft dies aber mit problematischen Demokratiedefekten, die schon heute das Handeln der politischen Eliten wie das Verhalten der russischen Bürger nachhaltig geprägt hat.“ [83]

In diesem Zusammenhang muss ein weiteres Charakteristikum des russländischen Parteiensystems genannt werden, die `Parteien der Macht´ (PdM)[84]. Für diesen Typ der russländischen Vereinigungen ist es bezeichnend, dass der Zeitpunkt der Konstituierung im unmittelbaren Vorfeld einer Staatsdumawahl zu finden ist. Die PdM sind zumeist von kurzer Lebensdauer und verlieren ihren politischen Einfluss meist innerhalb einer Legislaturperiode. Charakteristisch ist das Auftreten immer neuer PdM vor jeder wichtigen Wahl. Die PdM können zur politischen Kultur der RF gezählt werden. Der Umgang mit ihnen ist nicht an eine bestimmte Person gebunden oder hat sich im Laufe der Transformation geändert. So nutzte und nutzt auch W. W. Putin die Möglichkeiten, die PdM ihm bieten. Das Phänomen kann bis heute, z.B. zur anstehenden Staatsdumawahl 2007 beobachtet werden.[85]

Doch wie ist es möglich, dass jeweils neue kurzlebige Vereinigungen einen weit reichenden Einfluss auf das Wählerverhalten der russländischen Staatsbürger nehmen können? Mit dieser Frage bewegen wir uns in ein weiteres Feld bestimmter Charakteristika, die zu den systemimmanenten Parametern gerechnet werden können. Die Ursache liegt jedoch nicht nur im neuen System begründet, sondern basiert auf dem russländischen Staatsbürger selbst, seiner Sozialisierung und seinen Erfahrungen mit dem neuen Pluralismus an Vereinigungen. Hier zeigt sich eine der möglichen Problemstellungen im Verlauf des Wechsels der Systeme.[86] Der politische Systemwechsel in der RF war ein weitgehend von oben gesteuerter Prozess.[87] W. Merkel skizziert die Anfangssituation wie folgt: „Eine starke Regime – Opposition, aus der sich später politische Parteien hätten entwickeln können, existierte nicht.“ [88] Andere Autoren gehen mit Recht einen Schritt weiter und meinen, dass alle Vereinigungen des neuen Spektrums „in der einen oder anderen Weise aus der KPdSU hervor“ [89] gingen. Aus diesen Gründen ist es für den russischen Staatsbürger schwierig, sich von der Allmacht der ehemaligen Staatspartei KPdSU wegzuorientieren. Den neuen Vereinigungen mit dem alten Partei-Personal fehlt das Vertrauen der Staatsbürger der RF bezüglich einer Demokratisierung. Eine Neuorientierung fällt allein aus diesem Grund schwer. Das Vertrauen an die neue Demokratie ist bis heute nicht systemübergreifend entwickelt oder vorhanden. Bis heute bereitet es den meisten Wählern in der RF Schwierigkeiten, sich im vereinigungspolitischen Spektrum zu orientieren und die Vereinigungen in ihrer politischen Ausrichtung voneinander zu unterscheiden. Aus diesem Grund ist auch zu erklären, dass die große Mehrheit der Wähler keine länger anhaltende Bindung an politische Vereinigungen entwickeln konnte. Als ein Beweis für diese Annahme kann die Aussage W. Merkels herangezogen werden, dass eine hohe Fluktuation von 40% der Wähler zwischen den Parlamentswahlen 1993 und den Wahlen von 1995[90] stattgefunden hatte. Somit seien nach Aussage W. Merkels kaum „stabile Parteien – Wählerbindungen“ [91] in der RF anzutreffen. Auch G. Meyer stellt in seiner Analyse zum Stellenwert von Vereinigungen und Wahlen in der heutigen RF fest, dass sich die Bürger bei Wahlen stetig neu orientieren mussten.[92] Ferner muss festgehalten werden, dass viele Vereinigungen und Wahlbündnisse der damaligen Zeit dem Wähler noch gänzlich unbekannt waren. Hinzu kam, dass viele Kandidaten ohne klare Bindung an eine Organisation zur Staatsdumawahl 1993 antraten. Es gab auch innerhalb der Fraktionen ein stetiges `Kommen und Gehen´, die Fraktionsstärken variierte in dem Maße, indem sich ihnen vormals fraktionslose Abgeordnete anschlossen oder die Fraktionen verließen. So entstand eine Situation, wie sie M. Hasper, Th. Remington und St. Smith beschreiben: „In fact, many deputies changed their faction membership according to their judgments about the political compatibility and attractiveness of a faction. During the course of that two-year Duma, nearly one-quarter of the members changed factions. Some changed affiliations more than once.“ [93] Es muss aber auch festgestellt werden, dass neben den Bewegungen innerhalb der Fraktionen gerade bei den Wahlen zur Staatsduma 1993 und 1995 relativ feste `Fixpunkte´ in der Landschaft der Vereinigungen zu finden waren. Hierzu zählten die KPRF, die LDPR sowie JABLOKO.[94] Diese Vereinigungen unterschieden sich in wesentlichen Punkten, wie z.B. in der Programmatik, der Position zur präsidialen Macht und dem Medienzugang von den oben erwähnten PdM und selbstverständlich auch untereinander. Ferner gab es Unterschiede in ihrer Überlebensdauer und ihrer Funktion als Konstante innerhalb der Vereinigungslandschaft der RF. Somit können fehlende Parteienbindungen sowie unklare politische Ausrichtungen der Vereinigungen als ein weiteres Charakteristikum des Parteiensystems der RF beschrieben werden. In diesem Kontext ist die schwache soziale Verankerung der Vereinigungen erneut zu unterstreichen. Eine noch fehlende Parteienidentifikation kann aber nur in dem Maße überwunden werden, wie sich das Parteiensystem der RF nicht aus PdM zusammensetzt, sondern den Fortbestand der parteipolitischen `Fixpunkte´ weiter zulässt und sich die Vereinigungen in das System integrieren.

Beide Punkte, die Integration der Vereinigungen in das System und die Bindung an die politischen Vereinigungen befinden sich in einem stetigen Wechselwirkungsverhältnis. Selbst eine Vereinigung wie die KPRF kann sich ohne gefestigte Wählerbindungen nur schwer im System behaupten, wie im Umkehrschluss eine Bindung der Wähler ohne Behauptungsmöglichkeiten sowie klare Positionen der Vereinigungen nicht möglich ist.

Ein weiteres Grundproblem des Parteiensystems der RF besteht darin, dass es den politischen Vereinigungen der RF kaum gelang, ihre Wählerschaft dauerhaft zu mobilisieren. Das Charakteristikum, der „zureichenden Herausbildung beständiger und damit parteienprägender sozialer und politischer Konfliktlinien“ [95] (cleavages)[96] hat besonders im Untersuchungszeitraum nur ansatzweise und somit unzureichend stattgefunden. G. Mangott spricht hier von „Bruchlinien“ [97], welche er als substanziell ansieht, um die zurzeit noch „schwache strukturelle Ausdifferenzierung der russländischen Gesellschaft“ [98] zu beenden. Auch G. Gnauck sieht hier ein erhebliches Defizit innerhalb der RF, denn nach seiner Aussage sei es nicht möglich, die klassischen Konfliktlinien, wie sie in Westeuropa zur Bildung eines ausdifferenzierten Parteiensystem geführt haben, auch auf die RF anzuwenden. So scheitert die klassische Konfliktlinie `Arbeit – Kapital´ am Fehlen des Kapitals[99], welches besonders im Untersuchungszeitraum 1991-1996 nur unzureichend vorhanden war. Dementsprechend fehlen „vergleichbar mächtige kollektive Akteure (Gewerkschaften, Unternehmerverbände, Arbeiterparteien), die sich in antagonistischer Weise entlang der Konfliktlinie organisieren können.“ [100]

Die `cleavages´ entwickelten sich oftmals entlang vereinfachter Konflikte, wie z.B. entlang der Linie `pro Jelzin vs. anti Jelzin´ oder entlang der politischen Einteilung in `Demokraten´, `Zentristen´ und `Patrioten´.[101] Als eine der am stärksten ausgeprägten und in den ländlichen, peripheren Gebieten noch heute anzutreffenden politische Konfliktlinie lässt sich die Gegenüberstellung `Demokraten vs. Kommunisten´[102] verorten, die für die Denkweise der Menschen und die Entwicklung der `cleavages´ signifikant ist. Eine weitere gesellschaftliche Konfliktlinie, die für die Position der KPRF innerhalb des `cleavages´ – Systems wichtig erscheint, ist folgende: so wie die KPRF mehr und mehr zur Vereinigung der Transformationsverlierer wurde, so entwickelte sich JABLOKO zu einer Vereinigung der Transformationsgewinner, einer Vereinigung, die für radikale, demokratische sowie wirtschaftliche Reformen steht. Ein Konflikt, der auf den Nenner `Transformationsverlierer (KPRF) vs. Transformationsgewinner (JABLOKO)´ gebracht werden kann. Beide Vereinigungen übernehmen durch diese `cleavages´ – Konstellation die Aufgabe von politischen `Fixpunkten´ und fördern somit die Konsolidierung eines politischen Systems. W. Merkel sieht in der starken ideologischen Polarisierung ein weiters Element, welches der Konsolidierung des Parteiensystems abträglich scheint, bezieht sich aber hier auf die Besetzung der Extrempole durch die KPRF, für das linke Spektrum und der LDPR, für das rechte Spektrum.[103] Aber gerade in dieser Konstellation ist eine weitere Möglichkeit der politischen Positionierung für den Wähler zu sehen. Dies ist eine Aussage, die sich an den theoretischen Verlautbarungen der Vereinigungen orientiert[104], doch in einigen Fällen durch die praktische Arbeit der Vereinigungen ad absurdum geführt wird.[105] Ähnliches lässt sich an der Verortung der KPRF bei der Positionierung zur Frage nach Reformen erkennen. Auch wenn diese Tendenz verstärkt in den Jahren nach der Präsidentschaftswahl 1996 innerhalb der KPRF auftrat, sei hier erwähnt, dass die KPRF Reformen gegenüber nicht mehr verschlossen zu sein schien. Die KPRF entfernte sich vom anfänglichen Profil der klaren Opposition gegen kapitalistische und demokratische Reformen.[106]

Ein weiteres in diesem Kontext zu erwähnendes Charakteristikum stellt die offenbar zutreffende Einschätzung von G. Luchterhandt dar, dass es eine „asynchrone Entwicklung der „föderalen“, d. h. landesweiten parlamentarischen Parteien im Zentrum und den Subjekten der Föderation (den Regionen, der Peripherie, Anm. d. Verf.) gibt, wobei die Regionen sich auf unterschiedlichen Etappen der Herausbildung des Parteiensystems befinden.“ [107] Dieser Umstand muss an dieser Stelle erwähnt werden, da in der regionalen Politik nicht immer die landesweit etablierten Vereinigungen den politischen Ton angaben, sondern manche regional-politische Vereinigung oder Bewegung eine wichtige, wenn nicht sogar dominante Rolle spielte. G. Gnauck geht so weit, dass er von einem Zustand spricht, in dem die politische Konstellation in der Provinz „zumeist gröber strukturiert und auf einer früheren Etappe eingefroren ist.“ [108] Auf der einen Seite hat dieser Umstand etwas mit den geografischen Dimensionen der RF und der Distanz zwischen den politischen Zentren, wie Moskau und St. Petersburg als Städte mit überregionalem Status und Einfluss und den regionalen Entscheidungszentren zu tun[109]. Auf der anderen Seite gibt es in den Regionen Tendenzen einer „Regionalisierung der politischen Prozesse“ [110]. Hier spielten unterschiedliche regionale Wahlsysteme, große Zeitunterschiede sowie sozial-ökonomische Probleme eine wichtige Rolle, die sich von den Problemstellungen der Zentren unterscheiden. Die Tendenz, dass sich die regionalen Organisationen oft im Widerspruch zur Politik der Metropolen verhalten, ist noch bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes und darüber hinaus festzustellen.[111] Dieser Entwicklung hätte ein alle Regionen umfassendes Netz an Organisationseinheiten der in den Zentren agierenden Vereinigungen entgegenwirken können, doch war dieses besonders im Zeitraum der Betrachtung von den wenigsten der wichtigen politischen Vereinigungen zu bewerkstelligen.[112] Es ist aber nicht sicher, ob dies eine homogene Politik zwischen dem Zentrum und den Regionen bedeutet hätte.[113]

Eine weitere Spezifizierung des Charakteristikums der heterogenen Entwicklung kann in der traditionellen Verankerung bestimmter Vereinigungen auf dem Gebiet der RF gesehen werden. Hier kann nicht von einer homogenen Verteilung explizit demokratischer Auffassungen oder explizit kommunistischer Denkweisen gesprochen werden. So lassen sich anhand der Ergebnisse der für den Untersuchungszeitraum relevanten Wahlen 1993, 1995 und 1996 Hochburgen in den Metropolen oder z.B. im Ural und dem rohstoffreichen Norden für die `Demokraten´ und Hochburgen im Nordkaukasus, der Schwarzerderegion und den Gebieten an der Wolga für die KPRF erkennen.[114]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Politische Zentren `Hochburgen´, G. A. Sjuganow (KPRF), 1996 © M.Mirschel

Sowohl für die Betrachtung der Charakteristika der RF als auch für die Arbeitsweise der Vereinigungen, stellen die geringen Anreizstrukturen des relativen Mehrheitswahlrechtes im Rahmen des segmentierten Wahlsystems zur Staatsduma einen wichtigen Faktor dar. Dieser Umstand befördert eine stark wirkende Interessenartikulation durch Lobbyisten sowie die damit verbundene unterschiedliche Nutzung finanzieller Ressourcen und würde z.B. bei Wahlen um das Präsidentschaftsamt das Erreichen des Ziels ohne den organisatorischen Unterbau einer Vereinigung ermöglichen. G. Mangott stellt in diesem Zusammenhang ganz richtig fest: „Ohne die Vergabe der Hälfte der Mandate in der Staatsduma über föderale Listen nach dem Verhältniswahlrecht, […], hätte weder eine einigermaßen ausdifferenzierte Parteienstruktur entstehen noch eine durch Parteien strukturierte und kontrollierte parlamentarische Arbeit in der Staatsduma durchgesetzt werden können.“ [115] Dieser Sachverhalt muss unterstrichen werden, stellt doch die Staatsduma die einzige relevante Arena für die politischen Vereinigungen in der RF dar.[116] Die Staatsduma ist der vorrangige Schauplatz, an dem sich die russländische Öffentlichkeit orientieren kann, wenn es um eine anstehende elektorale Zustimmung oder Ablehnung geht, es also darum geht sich eine Meinung zu bilden sowie dem öffentlich ausgetragenen Wettbewerb zu folgen. G. Mangott beschreibt die Stellung der Staatsduma wie folgt: „Die Staatsduma ist aber das nahezu einzige staatliche Organ, in dem sich die Parteien bislang dauerhaft verankern konnten und dessen interne Arbeitsabläufe und Organisationsmuster von Parteien festgelegt wurden.“ [117] Auch wenn man, wie M. McFaul in der Etablierung des segmentierten Wahlsystems eine „Fehlkalkulation institutioneller Akteure“ [118], also einiger Jelzin-Berater, wie A. A. Kotenkow, G. A. Satarow oder M. A. Krasnow, sieht, kann es als positive Fehlkalkulation angesehen werden, mit der es den Vereinigungen gelang, ein zwar nicht ausreichendes, aber doch funktionierendes parlamentarisches Arbeiten zu ermöglichen. Es kommt hinzu, dass die gesetzgebenden Kammern in den meisten Föderationssubjekten ebenfalls über die Mehrheitswahl ermittelt wurden. Somit war die Tendenz, wie sie auf der föderalen Ebene zu beobachten war, in den Subjekten noch stärker relevant, die Mischform aus Mehrheits- und Listenwahl wurde noch stärker geschwächt.[119] Auf den Punkt gebracht bedeutet dies für die Regionen, dass es eher zu einer Personenwahl als zur Wahl einer gesellschaftlichen Vereinigung kommen musste. Es kam zu einem Kampf der Mobilisierungspotentiale der Vereinigungen, gegen bestimmte Interessengruppen[120] hinter den Kandidaten. Diese Ausgangssituation, die stark personalisierte Wahlkampfführung sowie der Umstand, dass sich die meisten der Wähler erst vor der Wahl für eine politische Vereinigung entschieden[121], brachte einen weiteren Faktor ins Spiel: Den Zugang zu den Medien und deren Nutzung. Auch aus diesem Faktor lassen sich Umstände ableiten, die spezifisch für die Lage in der RF sind und somit zu einem Charakteristikum werden.

Für die Rolle der Medien bzw. das Verhältnis zwischen den Medien und dem Staat bedeutete es nicht, dass sich der Staat nicht über öffentlich-rechtlich[122] verfasste und demokratisch kontrollierte Medien am Informationspluralismus eines Landes beteiligen dürfte. Es bedeutet, dass der Staat diesen Pluralismus nicht einschränken, ihn nicht in Bezug auf Monopolbildung beeinflussen darf. Doch genau das passierte, verstärkt schon seit der Präsidentschaft B. N. Jelzins, in der RF. Föderale wie auch regionale Reglementierungen stören die „Öffentlichkeits- und Kontrollfunktion der Medien“ [123]. Dieser Umstand wird von entscheidender Wichtigkeit für die politischen Vereinigungen, denn in dem Maße, indem die Wahlbevölkerung ihre politischen Informationen über die Medien aufnimmt, machen sie ihre Entscheidungen von einer möglicherweise manipulierten oder von föderalen oder regionalen Eliten gesteuerten Medienlandschaft abhängig. W. Merkel fasst den Einfluss der Medien auf demokratische Strukturen zusammen, indem er sagt, dass „selbst Schumpeters zentrales Demokratie-Kriterium, die periodische Auswahl der Regierungseliten durch diese Form der Medienbeeinflussung beschädigt wird, da die Fairness der Wahlen in dem Maße eingeschränkt wird, wie die Medien von der staatlichen Exekutive für die eigenen Zwecke instrumentalisiert werden können. [124]

Ferner spielt in der Medienlandschaft der RF die Zensur, ob direkt oder indirekt, in Form der Selbstzensur, des käuflichen Journalismus, aber auch in Form der Gefahr für Leib und Leben, eine beeinflussende Rolle. Auch wenn es zusätzlich zu unterschiedlichen Handhabungen der Pressefreiheit innerhalb der RF kommt - hier in der Tschetschenische Republik, der Republik Tschuwaschien, der Republik Tatarstan sowie der Republik Baschkortostan und der Republik Mordwinien - in denen allein der Zugang zu Informationen ein großes Problem darstellt,[125] fällt die Bewertung der Presselandschaft in der RF im Gesamten eher bescheiden aus. Seit 1992 bewertet der jährliche `Survey of Press Freedom´ von Freedom House die Medien der RF als `partly free´.[126] Zur Rolle des Rundfunks, der TV-Anstalten und der Printmedien in der RF kann hier nicht allumfassend eingegangen werden, da die Betrachtung der Medien, ihre Entwicklung, ihre Rolle während der Putschversuche 1991 und 1993 sowie ihre rechtliche Stellung Stoff für mehrere Arbeiten abgeben würde.[127]

Abschießend muss gesagt werden, dass die demokratischen Gründungswahlen, mit Recht als Meilenstein in der Systemtransformation angesehen[128], in der RF erst sehr spät abgehalten worden sind. In der RF, welche sich in den Jahren 1991 - 1993 unter einer Art „Doppelherrschaft“ [129] befand, konnten gerade die Wahl zur Staatsduma 1993, welche mit einem Verfassungsreferendum gekoppelt worden war, Ordnung in die Landschaft der politischen Vereinigungen bringen. Im Gegensatz zum Putschversuch von 1991, bei dem es um die Rekonstruktion der Macht des Zentralstaates und seiner Organisationen[130] ging, stand im Mittelpunkt des Putschversuches von 1993, die Machtbefugnisse zu Gunsten des Präsidenten B. N. Jelzins zu verschieben. Die Situation basierte auf dem Konflikt zweier Machtzentren mit unterschiedlichen Legitimationsquellen. B. N. Jelzin leitete seine Macht aus der direkten Wahl zum Präsidenten der RSFSR und der 1991 daraus hervorgehenden RF ab. Das Parlament argumentierte legalistisch auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt noch immer aktuellen, wenn auch modifizierten Verfassung der nicht mehr existenten RSFSR von 1978[131]. Mit Berufung auf diese Verfassung gelang es dem Parlament, seine Auflösung erfolgreich zu verhindern sowie Reforminitiativen der Regierung zu boykottieren. Das Parlament hatte sich so zum entschiedenen Gegner der Politik B. N. Jelzins entwickelt und wurde verstärkt zum Sammelbecken der Reformgegner. Die `Doppelherrschaft´ eskalierte schließlich mit dem Dekret B. N. Jelzins über die Auflösung des Volksdeputiertenkongresses vom 21.09.1993 und über Neuwahlen zum Parlament im Dezember des gleichen Jahres. Der Aufruf des zeitweilig fungierenden Gegenpräsidenten, des ehemaligen Jelzin-Stellvertreters A. W. Ruzkoj, gegen den Staatsstreich vorzugehen, erlaubte es B. N. Jelzin, die Auflösung des Volksdeputiertenkongresses mit Hilfe der Armee durchzusetzen. Dieser Exkurs soll an dieser Stelle gestattet sein, da er verdeutlicht, unter welchen Bedingungen die Wahl zur Staatsduma 1993 und das mit ihr verbundene Verfassungsreferendum stattfanden. Auch wenn die RF den Vereinigungen ein Parteiengesetz bis 2001 schuldig blieb[132], ist zu erkennen, dass mit der Staatsdumawahl 1993 ein neuer Abschnitt im politischen Entwicklungsprozess in der RF begann - stellen doch gerade die Institutionalisierungsparameter der Demokratie eine wichtige Rolle im Prozess der Herausbildung eines funktionierenden Parteiensystems dar.[133] Laut W. Merkel wären die freien Wahlen und vor allem die Art und Weise der Verfassungsgebung entscheidend für eine junge Demokratie[134], in unserem Falle also auch in der Transition der RF. W. Merkel korrespondiert in seiner Meinung mit der Auffassung B. Ackermanns, der die Verfassungsgebung als die dringlichste Aufgabe der demokratischen Transition ansieht.[135]

2.2. Die rechtliche Stellung der gesellschaftlichen Vereinigungen

Um die Arbeit der Vereinigungen angemessen beurteilen und ihre Vorgehensweise in den Kontext stellen zu können, müssen neben den Institutionalisierungsparametern, die eine wichtige Rolle für die Entwicklung der `Parteien´ in der RF spielten - unter ihnen auch die „founding elections“ [136], die rechtlichen Parameter untersucht und bewertet werden. Auch wenn die RF den gesellschaftlichen Vereinigungen bis 2001 ein Parteiengesetz schuldig blieb, bewegten sich die Vereinigungen nicht im rechtsleeren Raum. Es muss jedoch unbedingt angemerkt werden, dass die Vereinigungen im Untersuchungszeitraum, nach dem Abhalten der Wahlen zur Staatsduma von 1995 und der Präsidentschaftswahl von 1996, keine Stärkung ihrer rechtlichen Stellung durch den Gesetzgeber erfahren haben. Erst das Parteiengesetz von 2001 enthielt im Artikel 3 eine Definition der politischen Vereinigungen als `Partei´ sowie die Beschreibung ihres Aufbaus. Viele gängige Gepflogenheiten aus den Untersuchungsjahren wurden mit dem Parteiengesetz von 2001 annulliert, was maßgeblichen Einfluss auf die danach folgende Arbeitsweise der Vereinigungen hatte.[137] Speziell für den Untersuchungszeitraum sind zwei rechtlich verankerte Verlautbarungen von Bedeutung. Die eine ist das 1995 verabschiedete Gesetz zu den gesellschaftlichen Vereinigungen, welches auf dem Unionsgesetz `Über die gesellschaftlichen Vereinigungen´ fußt.[138] Eine Modifikation des Gesetzestextes von 1995 wurde bis 2001 nicht vollzogen. Mögliche Neuerungen, wie das Spezialgesetz zu den politischen Vereinigungen, welches am 08.12.1995 von der Staatsduma verabschiedet wurde, wurde vom FR am 07.12.1997 abgelehnt[139]. Damit muss für den gesamten Untersuchungszeitraum festgehalten werden, dass die Funktion der Vereinigungen in Politik und Gesellschaft nur unzureichend geregelt war. Die wichtige Rechtsstellung ist der bis 2001 gültige Artikel 2 des Gesetzes von 1995, der Vereinigungen zu `politischen gesellschaftlichen Vereinigungen´ machte. Zu ihren Hauptmerkmalen galt laut Gesetz, das im Statut zu verankernde Hauptziel, „die Beteiligung am politischen Leben […], indem sie auf die politische Willensbildung der Bürger Einfluss nehmen, an den Wahlen zu den staatlichen Machtorganen und den Organen kommunaler Selbstverwaltung mit eigenen Kandidaten teilnehmen, Wahlkämpfe organisieren und sich an der Tätigkeit dieser Organe beteiligen“.[140] Hier ist deutlich zu machen, dass nicht einzelne Vereinigungen Subjekte des Wahlprozesses waren, sondern Wählervereinigungen und Wahlblöcke.[141]

Der angeführte Passus, mit dem Ziel der Wahlteilnahme, ist nicht nur für die gesellschaftlichen Vereinigungen als Charakteristikum relevant, sondern auch für die Zulassung zu einer Wahl. Hier ist wichtig, dass das Statut mindestens 6 Monate vor der offiziellen Erklärung des Wahlkampfes vorliegen muss. In der am 12.12.1993 verabschiedeten neuen Verfassung der RF, der zweiten wichtigen Rechtsverankerung, werden die Vereinigungen nur am Rande, in einer indirekten Form erwähnt. Hier ist der Artikel 13, Absatz 3 wichtig, in dem es heißt: „Die Russländische Föderation erkennt politische Vielfalt und Parteienpluralismus an.“ [142] An anderen Stellen der Verfassung ist weiterhin schlichtweg nur von `gesellschaftlichen Vereinigungen´ die Rede. Keinerlei Erwähnung finden die Vereinigungen im Föderationsgesetz über die Grundgarantien der Wahlrechte der Bürger von 1994. Weiterhin als gesellschaftliche Vereinigungen werden die `Parteien´ in den beiden getroffenen Gesetzen zur Wahl des Präsidenten der RF vom 17.05.1995 sowie zur Wahl der Staatsduma, der Föderalen Versammlung der RF vom 21.06.1995 bezeichnet.[143] Das häufige Fehlen des Begriffes `Partei´ in den Gesetzen des Untersuchungszeitraumes muss nicht ausschlaggebend sein für die mangelnde rechtliche Verankerung der Vereinigungen, doch verdeutlicht sie die unzureichende Definition.

Die politischen Vereinigungen und Bewegungen, wie die KPRF, LDPR oder JABLOKO, konnten sich trotzdem als politische Kräfte etablieren und erfolgreiche politische Arbeit innerhalb des ihnen gesetzten Rahmens durchführen. Die KPRF und die LDPR waren die einzigen Vereinigungen, die von den in der zweiten Duma (1995) und der dritten Duma (1999) vertretenen Kräfte mit eigenen Fraktionen, welche die Registrierung als `Partei´ nicht scheuten. Es gab sie also, die Möglichkeit, doch wurde sie nicht von allen genutzt. Viele der politischen Akteure waren selbst nicht an einer klaren Definition interessiert, denn eine solche hätte eine Einschränkung ihrer Arbeitsweise bedeuten können, wie G. Luchterhandt[144] ganz richtig feststellt. Die parlamentarische Mehrheit konnte sich gegenüber der Opposition ohne normenrechtliche Regelungen verhalten und umgedreht. Gleiches ist für die Arbeitweise der Vereinigungen in Bezug auf die Regierungspolitik sowie die Tätigkeiten der Fraktionen zu erkennen. Unterscheidungen zwischen politischen Vereinigungen, `Parteien´, Bewegungen und anderen Organisationen waren besonders durch die fehlende Definition und die „normative Lücke“ [145] sehr unscharf. Wichtig ist die Schlussfolgerung, dass die Rolle der Vereinigungen im politischen System ihre geringe Verankerung in der Gesetzgebung widerspiegelt. Die gesetzliche Verankerung sowie die politische Relevanz sind besonders im Untersuchungszeitraum als gering einzuschätzen.

Wenn der westlichen Parteienlehre gefolgt wird[146], so ergeben sich als sinnvolle Definitionen des Begriffes `Partei´ folgende Parameter: 1. `Parteien´ sind Gruppen von Menschen, die unter einem Namen und mit einem bestimmten Programm versuchen, in Form von Wahlen, ihre Vertreter in bestimmte Ämter wählen zu lassen. Hier kann man sagen, dass diese Definition von den Formationen der RF zum größten Teil erfüllt wurde. Doch kann man hier von einer Definition ausgehen, der der kleinste gemeinsame Nenner zu Grunde liegt. 2. `Parteien´ müssten nach K. v. Beyme einer funktionalistischen Definition standhalten, an der die russländischen Formationen zum großen Teil scheitern. Hier verweist K. v. Beyme auf eine Reihe von Funktionen, die die `Parteien´ innerhalb des politischen Systems zu erfüllen haben. Besonders im Untersuchungszeitraum war es den russländischen Formationen nur bedingt möglich, Funktionen, wie Aggregation gesellschaftlicher Interessen, politische Zielfindung, Mobilisierung und Sozialisierung der Bürger der RF sowie Elitenrekrutierung und schon gar nicht die Regierungsbildung zu beeinflussen.[147] Wenn überhaupt, so ist es den politischen Bewegungen der RF nur in bestimmten Zeiten starker politischer Polarisierung (1990/1991 – DR) sowie im Vorfeld von Wahlen (1993, 1995 sowie 1996) gelungen, ihre Funktionen nach westlichen Definitionen teilweise zu erfüllen.

Auch wenn es den politischen Vereinigungen gelungen wäre, der funktionellen Definition gerecht zu werden, wäre es der Wahlbevölkerung trotz allem schon allein über die Selbstdefinition der Bewegungen schwer gefallen, sich zu orientieren. Zum Teil nannten sich die politischen Vereinigungen selbst Bewegung, wie die Russländische Christlich-Demokratische Bewegung (RChDD) oder die Russländische Bewegung Demokratischer Reformen (RDDR), teils waren sie aber auch Bestandteil einer übergreifenden Bewegung, wie des DR, des `Werktätigen Russland´ oder waren Bestandteil eines der 1993 gebildeten Wahlblöcke, wie Russlands Wahl (VR) oder JABLOKO[148]. Neben den in sich verschachtelten Bewegungsstrukturen, in denen die Mitgliedschaft einer Bewegung in mehreren anderen Bewegungen möglich war, war es auch für die individuellen Mitglieder bzw. Führer der Bewegungen möglich, sich des Rechts auf eine doppelte oder mehrfache Mitgliedschaft in verschiedenen Bewegungen zu bedienen.[149] Die politischen gesellschaftlichen Vereinigungen sind den anderen gesellschaftlichen Organisationen gleichgestellt und erhalten somit keinen Sonderstatus.[150]

Laut Verfassung konnten gesellschaftliche Vereinigungen bedingt durch den Absatz 5 im Artikel 13 verboten werden: „Verboten ist die Gründung und Tätigkeit gesellschaftlicher Vereinigungen, deren Aktivitäten die gewaltsame Änderung der Grundlagen der Verfassungsordnung, die Verletzung der Integrität der Russländischen Föderation, die Untergrabung der Sicherheit des Staates, die Schaffung von bewaffneten Formationen und das Schüren sozial, rassistisch, national oder religiös begründeter Feindschaft zum Ziel hat.“[151]

So stehen der Betrachtung nur wenige Anhaltspunkte zur Verfügung, den wichtigsten stellt das Gesetz von 1995 dar. Hier sind Aussagen zur Bildung einer gesellschaftlichen Vereinigung sowie Faktoren zur internen Arbeitweise der Vereinigungen herauszulesen. A. Legutke sieht hier maßgebliche Faktoren für die Arbeit der Vereinigungen verankert.[152] Als grundlegende Punkte stellt das Gesetz fest, dass die Gründung einer gesellschaftlichen Vereinigung das Vorhandensein von mindestens 3 Mitgliedern voraussetzt, festgeschrieben im Artikel 18 des Gesetzes. Als höchstes Führungsorgan wird die Versammlung festgelegt, die die Gründung oder die Auflösung der politischen Vereinigung bestätigen muss. Ferner wählt die Versammlung das ausführende Organ, den Vorstand, der kollektiv besetzt werden muss, was festgelegt ist im Artikel 8 des Gesetzes. Weitere Regelungen der internen Arbeitsweise werden nur soweit gemacht, als dass der Artikel 15 festschreibt, dass die Vereinigungen darüber hinaus frei sind, ihr internes Leben selbst bestimmen zu können.[153] Hierbei ist interessant, wenn auch nicht unlogisch, dass die Vereinigungen großen Wert auf eine differenzierte Organisationsstruktur legten, auch wenn sie per Gesetz nicht zu interner Demokratie gezwungen wurden. Eine Vorgabe über den Aufbau einer Vereinigung erfolgte erst mit dem Parteiengesetz von 2001. Diese Organisationsstrukturen reichten von Vorstands- und Revisionsorganen über thematische Kommissionen, bis hin zu Jugendorganisationen.[154] Dies ist verständlich, da trotz klarer Parteienablehnung[155] innerhalb der Bevölkerung, aus der gemeinschaftlichen Erfahrung zu Zeiten des Parteienmonopols der KPdSU heraus, eine straffe Organisation von den Wählern positiv gesehen wurde und die politische Arbeit in gesellschaftlichen Vereinigungen durch eine gute Organisation befördert werden konnte.[156] Wie G. und O. Luchterhandt weiter attestieren, reichten die in den Satzungen festgelegten Binnenstrukturen der Vereinigungen „vom traditionellen demokratischen Zentralismus bei den kommunistischen Parteien bis zu föderativen und demokratischen Prinzipen“.[157]

[...]


[1] Die Bezeichnung `Russländischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik´ sowie ihre Abkürzung `RSFSR´ werden bis zur Umbenennung am 25.12.1991 verwendet. Nach diesem Zeitpunkt soll von `Russländischer Föderation´ und/oder der Abkürzung `RF´ gesprochen werden. Die Adjektive `russkij´ und `russijskij´ werden, da sie sich auf den Ethnos beziehungsweise auf den Staat oder das Territorium beziehen, als `russisch´ oder `russländisch´ wiedergegeben. (Der Staat heißt somit `Russländische Föderation´.) Zitate und Titel von Monographien, Aufsätzen und Quellen werden im laufenden Text in Originalschreibweise übernommen.

[2] Vgl. Knobloch, Jörn: Defekte Demokratie oder keine? Das politische System Russlands. Münster 2002, Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1 Russland als defekte Demokratie(= Wiener Schriften zur internationalen Politik, Band 4), Baden-Baden 2002 und Merkel, Wolfgang: Defekte Demokratie. Band 1 Theorie, Wiesbaden 2003.

[3] Vgl. Holmes, Stephan: Superpresidentialism and its Problems. In: East European Constitutional Review, Heft 4/1, 1993/1994, S. 123-126 und Mommsen, Margareta: Russlands politisches System des “Superpräsidentialismus”. In: Höhmann, Hans-Hermann; Schröder, Hans-Henning: Russland unter neuer Führung. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts, Münster 2001, S. 44-54.

[4] Vgl. Mangott, Gerhard (Hrsg.): Zur Demokratisierung Russlands. Band 2 Leadership, Parteien, Regionen und Zivilgesellschaft(= Wiener Schriften zur internationalen Politik, Band 5), Baden-Baden 2002.

[5] Auch für V. Schejnis liegt im Jahre 1996 die Bedeutung einer Zäsur, auch wenn er nicht von einem `point of no return´ spricht, so sieht er in der Präsidentschaftswahl 1996 „[…] eine neue, in der Geschichte Russlands unbekannte Tradition des Machtwechsels eingeführt, nicht durch dynastische Thronfolge, revolutionäre oder konterrevolutionären Umsturz, Verschwörung höchster Würdenträger, sondern mittels allgemeiner Wahlen, die nach festgelegten Fristen und auf gesetzlicher Grundlage durchgeführt werden.“ Vgl. Schejnis, Viktor: Die Präsidentschaftswahlen in Russland: Ergebnisse und Perspektiven. In: Osteuropa, Nr. 11/1996, S. 1054.

[6] OMON-Einheiten sind Milizbrigaden für besondere Verwendungen. Sie bilden eine Spezialeinheit in den Reihen der ordentlichen Miliz (Polizei) der RF. Die OMON-Einheiten kommen in besonders kritischen Situationen zum Einsatz. So z.B. bei Geiselnahmen, Auseinandersetzungen bei Massenkundgebungen oder bei der Verfolgung von Schwerstkriminellen.

[7] Vgl. Berliner Zeitung, 02.04.2007.

[8] Vgl. Frankfurter Rundschau, 30.10.2003.

[9] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, Ebenhausen 1994.

[10] Vgl. Luchterhandt, Galina; Luchterhandt, Otto: Die Genesis der politischen Vereinigungen, Bewegungen und Parteien in Russland. In: Veen, Hans-Joachim; Weilemann, Peter R. (Hrsg.): Russland auf dem Weg zur Demokratie? Politik und Parteien in der Russischen Föderation, Paderborn 1993. Luchterhandt, Galina: Die politischen Parteien im neuen Russland, Dokumente und Kommentare(= Dokumentationen zur Kultur und Gesellschaft im östlichen Europa, Band 1), Bremen 1993.

[11] Vgl. Schneider, Eberhard: Russland auf Demokratiekurs? Neue Parteien, Bewegungen und Gewerkschaften in Russland, Ukraine und Weißrussland, Köln 1994.

[12] An dieser Stelle muss differenziert werden. Da sich nicht alle Organisationen, die politische Ambitionen verfolgten, auch Parteien nannten, sprachen sich einige sogar gegen ihren politischen Charakter aus. Im laufenden Text werden die Parteien, den damals gültigen Gesetzen nach, als gesellschaftliche oder politische Vereinigungen bzw. kurz als Vereinigungen bezeichnet. Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien und des Parteiensystems im postsowjetischen Russland. In: Mangott, Gerhard (Hrsg.): Zur Demokratisierung Russlands. Band 2 Leadership, Parteien, Regionen und Zivilgesellschaft, Baden–Baden 2002, S. 41.

[13] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 7ff.

[14] Vgl. Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (BiOst) (Hrsg.): Jahrbuch 1994/1995. Zwischen Krise und Konsolidierung. Gefährdeter Systemwechsel im Osten Europas, Köln 1995.

[15] Vgl. Timmermann, Heinz: Die KP-Nachfolgeparteien in Ostmitteleuropa. Struktur, Programmatik, Einflußzonen. Auf dem Weg zur „Sozialdemokratisierung“? BiOst 27/1992, Köln 1992. Timmermann, Heinz: Die KP–Nachfolgeparteien in Osteuropa. Aufschwung durch Anpassung an nationale Bedingungen und Aspirationen. BiOst 31/1994, Köln 1994. Timmermann, Heinz: Die Wiederkehr der KP Russlands. Programm, Struktur und Perspektiven der Sjuganow–Partei. BiOst 12/1996, Köln 1996. Timmermann, Heinz: Die KP Russlands. Struktur, Programm, Aktionsmuster. BiOst 9/1998, Köln 1998.

[16] Vgl. Ignatow, Assen: Doktrinäre und Pragmatiker. Ideologische Spannungen in der KPRF. BiOst 51/1998, Köln 1998. Ignatow, Assen: Ein Scheintod. Die kommunistische Ideologie im postkommunistischen Russland. BiOst 31/1995, Köln 1995.

[17] Vgl. Schneider, Eberhard: Die russischen Parlamentswahlen 1993 und die neue Verfassung. BiOst 15/1994, Köln 1994. Schneider, Eberhard: Die russischen Staatsdumawahlen 1995. BiOst 20/1996, Köln 1996. Schneider, Eberhard: Die russischen Präsidentschaftswahlen 1996. BiOst 50/1996, Köln 1996.

[18] Vgl. Merkel, Wolfgang: Defekte Demokratie, Wiesbaden 2003. Merkel, Wolfgang: Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung, Opladen 1999. Merkel, Wolfgang; Puhle, Hans-Jürgen: Von der Diktatur zur Demokratie. Transformation, Erfolgsbedingungen, Entwicklungspfade, Opladen 1999.

[19] Vgl. Knobloch, Jörn: Defekte Demokratie oder keine?, Münster 2002. Knobloch, Jörn: Hybride Systeme. Politische Praxis und Theorie am Beispiel Russlands, Göttingen 2006.

[20] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1. Russland als defekte Demokratie, Baden-Baden 2002.

[21] Vgl. Beyme, Klaus v. (Hrsg.): Demokratisierung und Parteiensysteme in Osteuropa, Göttingen 1992. Beyme, Klaus v.: Systemwechsel in Osteuropa, Frankfurt/M. 1994.

[22] Vgl. http://www.cprf.ru/party/program, Stand 01.05.2007.

[23] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die politischen Parteien im neuen Russland, Bremen 1993.

[24] Vgl. Luchterhandt, Galina (Hrsg.): Politische Parteien in Russland. Dokumente und Kommentare (=Dokumentationen zur Kultur und Gesellschaft im östlichen Europa, Band 7), Bremen 2000.

[25] Vgl. Ostrogorski, Wladimir: Gennadi Sjuganow. Ein Dossier. Das Erbe der Sowjetunion und der russischen Oppositionsführer, Berlin 1996.

[26] Vgl. Medish, Vadim: My Russia. The Political Autobiography of Gennady Zyuganov, New York 1997.

[27] Exemplarisch seien hier folgende Werke aus der Feder des KP–Vorsitzenden genannt. Zjuganov, Gennadij A.: Rossija i sovremennyj mir, Moskva 1995. Zjuganov, Gennadij A.: Rossija – Rodina moja: ideologija gosudarstvennogo patriotizma, Moskva 1996.

[28] Hier besonders die Prawda, die Sowetskaja Rossija, die Iswestija, die Rossijskaja gasjeta sowie die Nesawisimaja gasjeta.

[29] Vgl. http://www.russlandanalysen.de, Stand 01.05.2007.

[30] Vgl. http://www.ukraine-analysen.de, Stand 01.05.2007.

[31] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 146.

[32] Vgl. Droste, Daniel: Politische Kultur und politische Parteien in der russischen Föderation. Zur Analyse und Entwicklung des postkommunistischen Parteienpluralismus(=Dokumente und Analysen zur russischen und sowjetischen Kultur, Band 22), Bochum 1999, S. 296.

[33] Hier folge ich der groben Einteilung der politischen Lager nach E. Schneider und G. Luchterhandt. Vgl. Schneider, Eberhard: Die russischen Parlamentswahlen 1993 und die neue Verfassung, S. 10ff. Vgl. Luchterhandt, Galina: Politische Parteien in Russland, S. 15f.

[34] Vgl. ebenda, S. 15.

[35] Vgl. Timmermann, Heinz: Die KP-Nachfolgeparteien in Osteuropa, S.25.

[36] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 19.

[37] Vgl. Droste, Daniel: Politische Kultur und politische Parteien, S. 269. Durch die Wahl G. A. Sjuganows zum Führer der KPRF, auf dem II. außerordentlichen Parteitag der Partei, erfolgte die Wahl einer Person mit klassischer KPdSU – Karriere. Vgl. Ostrogorski, Wladimir: Gennadi Sjuganow. Ein Dossier, S. 16-48 sowie Krotow, Nikolaj; Luchterhandt, Galina: Zwischen „Patriotismus“ und „Sozial-Demokratie“. Der Kommunist Gennadij Sjuganow. In: Osteuropa, Nr. 9/1994, S. 855-856.

[38] Hiermit ist der Umstand gemeint, dass die Vereinigungen bis zum Sommer 2001 in keinem rechtlich definierten Rahmen arbeiteten. In der RF fehlte bis zu diesem Zeitpunkt ein Parteiengesetz. Bezüglich einer Definition des Begriffes `Partei´ und der damit einhergehenden parteiinternen Arbeit, wie auch in Bezug auf die Arbeit der Vereinigungen im politischen System fehlte die gesetzliche Absicherung. Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 41.

[39] Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, Wiesbaden 2001, S. 69.

[40] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 236.

[41] Vgl. ebenda, S. 200 sowie Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 155.

[42] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 200.

[43] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 43.

[44] Vgl. ebenda.

[45] Bei den Wahlen zur Staatsduma 1995 lag der Prozentsatz der drop–out Quote bei 49,5 %. Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 155.

[46] Der erneute Einzug gelang der `Liberaldemokratischen Partei Russlands´ (LDPR), der `Kommunistischen Partei der Russländischen Föderation´ (KPRF) sowie `Javlinskij – Boldyrev – Lukin´ (JABLOKO). Der `Agrarpartei Russlands´ (APR) gelang der erneute Einzug nur über die Direktmandate (20), die erforderliche Anzahl von 35 Mitgliedern, zur Bildung einer eigenen Fraktion wurden durch eine `Leihgabe´ von Abgeordneten der KPRF sichergestellt.

[47] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 9f.

[48] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 11.

[49] Vgl. ebenda.

[50] Vgl. ebenda.

[51] K. v. Beyme sieht neben der Lenkung der gesellschaftlichen Vereinigungen von oben ein weiteres Charakteristikum in der Einleitung der Umgestaltung des gesellschaftlichen Systems in der SU `von oben´, hier unterscheidet sich der Beginn der Transformation in der SU/RF von den ost- und ostmitteleuropäischen Staaten, des ehemaligen Ostblockes. Vgl. Beyme, Klaus v.: Demokratisierung als Mittel des Systemzusammenbruchs. In: Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg: Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Entstehung – Entwicklung – Probleme, Stuttgart 1992, S. 116ff.

[52] Gemeint sind hier Transparenz(=Glasnost), Umbau(=Perestrojka) und Beschleunigung(=Uskorenie).

[53] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 12.

[54] Auf die Rolle der Strömungen und politischen Ausrichtungen des politischen Spektrums soll verstärkt in einem späteren Abschnitt der Arbeit eingegangen werden. Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 12f.

[55] Die Definitionen der Begriffe Demokraten, Reformer und Reaktionäre, Nationalisten und Konservative unterliegen einer stetigen Veränderung während des Transformationsprozesses. So wurden 1990/1991 B. N. Jelzin und die Bewegung `Demrossija – Demokratisches Russland´ (DR) als die Demokraten bezeichnet, was sich später änderte. Der Begriff –Demokraten– unterliegt einer anderen, einer russländischen Definition und ist nicht mit einer westeuropäischen Definition zu vergleichen. Als die Demokraten galten z. T. alle Reformer.

[56] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 13.

[57] Vgl. ebenda.

[58] Vgl. ebenda.

[59] Zu den Aktivitäten G. A. Sjuganows in dieser Zeit vgl. Krotow, Nikolaj; Luchterhandt, Galina: Zwischen „Patriotismus“ und „Sozial-Demokratie“, S. 856f.

[60] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die politischen Parteien im neuen Russland, S. 23.

[61] Gemeint ist hier das Protokoll – Über die Absichten der politischen Parteien, parlamentarischen Fraktionen und Bewegungen der Föderation Russland und des Präsidenten der RSFSR. Beteiligte Parteien waren die `Republikanische Partei der Rußländischen Föderation´ (RPRF), die `Demokratische Partei Russlands´ (DPR), die `Sozialdemokratische Partei der Russländischen Föderation´ (SDPR) sowie die `Christlich-Demokratische Bewegung Russlands´ (CDBR). Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 14 sowie Luchterhandt, Galina: Die politischen Parteien im neuen Russland, S. 28.

[62] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 200.

[63] Vgl. Bos, Ellen; Steinsdorff, Silvia v.: Zu viele Parteien – zu wenig System. Zur verzögerten Entwicklung eines Parteiensystems im postkommunistischen Russland. In: Merkel, Wolfgang; Sandschneider, Eberhard (Hrsg.): Systemwechsel 3. Parteien im Transformationsprozeß, Opladen 1997, S. 101f.

[64] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 14.

[65] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 43.

[66] Vgl. Frye, Timothy: A Politics of Institutional Choice. Post-Communist Presidencies. In: Comparative Political Studies, Vol. 30, No. 5, 1997, S. 523-552 sowie Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 55.

[67] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 191.

[68] Hier vor allem die Ministerien für Verteidigung, des Inneren und das Außenministerium.

[69] Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 56f.

[70] Vgl. ebenda, S. 56. Die vorzeitige Beendigung der Amtszeit des Staatspräsidenten ist nicht nur für die Staatsduma schwer zu bewirken. Laut Art. 92, Zi. 2 der Verfassung der RF ist eine vorzeitige Beendung nur aus drei Gründen möglich, von denen nur einer von der Staatsduma beeinflusst werden kann. 1. Rücktritt des Staatspräsidenten, 2. Amtsenthebung durch FR nach Anklageerhebung durch die Staatsduma, 3. gesundheitlich bedingtes, dauerhaftes Außerstandesein, die dem Präsidenten obliegenden Vollmachten auszuüben. Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 106.

[71] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 156.

[72] Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 56.

[73] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 13.

[74] Vgl. ebenda, S. 57 sowie Brie, Michael: Russland. Das Entstehen einer `delegierten Demokratie´. In: Merkel, Wolfgang; Sandschneider, Eberhard; Segert, Dieter (Hrsg.): Systemwechsel 2, Opladen 1996, S. 143-179.

[75] Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 57 und S. 71.

[76] Vgl. McFaul, Michael: Party Formation and Non-Formation in Russia. In: Working Paper 12, Washington 2000, S. 4.

[77] Vgl. Holmes, Stephen: Superpresidentialism and its Problems. S. 124.

[78] Vgl. Gnauck, Parteien und Fraktionen in Russland, S. 19. Gemeint sind hier die DPR sowie die LDPR.

[79] Vgl. Luchterhandt, Galina: Politische Parteien in Russland, S. 12 sowie Meyer, Gerd: `Die Wahlen sind frei, aber nicht fair.´ Parteien, Wahlen und Wählerverhalten. Der Stellenwert von Parteien und Wahlen im politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess. In: Bürger im Staat. Russland unter Putin, 51. Jg,, Heft 2/3, 2001, S. 103-112. G. Mangott spricht hier von einer Minimalversion, die die Erfahrungen mit der Alleinherrschaft der KPdSU als Ursache aufzeigt und einer Maximalversion, bei der die spezifische russische Kultur und ihr Bezug zu starken, paternalistischen Führungspersönlichkeiten im Vordergrund steht. Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 156. Nach meiner Meinung sind beide Faktoren nicht von der Hand zu weisen und die Wahrheit wird sich wie zumeist in der Mitte befinden.

[80] Vgl. Mitrochin, Sergiej: Die russischen Parteien nach dem Putsch. Eine politologische Profilskizze, Bremen 1992, S. 10.

[81] Als Beispiel sollen hier G. A. Sjuganow, Vorsitzender der KPRF seit 1993, W. W. Schirinowski, Vorsitzender der LDPSU/LDPR seit 1989 sowie G. A. Jawlinski, Vorsitzender von JABLOKO seit der Konstituierung als `Partei´ 1995 erwähnt werden.

[82] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 192.

[83] Vgl. ebenda, S. 191.

[84] Hiermit sind Parteien gemeint, die sich weitestgehend in der politischen Mitte bewegen und dem Zentrum zuzuordnen sind. Vgl. Schejnis, Viktor: Wie Russland gewählt hat. In: Osteuropa, Nr. 7/2000, S. 796 oder auch Schneider, Eberhard: Die russische Staatsdumawahl 1999. BiOst 3/2000, Köln 2000, S. 34.

Zu nennen wären: `Russlands Wahl´/`Russlands Demokratische Wahl´ (VR/DVR) 1993, `Unser Haus Russland´ (dt.: UHR/ russ.: NDR) 1995 und `Einheit – Bär´ 1999. Das Charakteristikum einer Partei als `PdM´ wird auch unter Präsident W. W. Putin weiter verfolgt.

[85] Vgl. WELT, 06.12.2005, Der Tagesspiegel, 01.02.2006 und Berliner Zeitung, 17.01.2007 und 09.03.2007 sowie Neues Deutschland, 18.04.2007.

[86] Vgl. Schneider, Eberhard: Politische und institutionelle Veränderungen in Russland 1993-1995. In: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.): Jahrbuch 1994/1995, Zwischen Krise und Konsolidierung, Gefährdeter Systemwechsel im Osten Europas, Köln 1995, S. 40ff sowie Beyme, Klaus v.: Demokratisierung als Mittel des Systemzusammenbruchs, S. 122f.

[87] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 201 sowie Beyme, Klaus v.: Demokratisierung als Mittel des Systemzusammenbruchs, S. 116.

[88] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 201.

[89] Vgl. Bos, Ellen; Steinsdorff, Silvia v.: Zu viele Parteien – zu wenig System, S. 134.

[90] Vgl. Merkel, Wolfgang: Parteien und Parteiensysteme im Transformationsprozess. Ein internationaler Vergleich. In: Merkel, Wolfgang; Sandschneider, Eberhard (Hrsg.): Systemwechsel 3. Parteien im Transformationsprozess, Opladen 1997, S. 369.

[91] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 203. Die KPRF muss hier herausgenommen werden, da sich die KPRF als nahezu einzige Vereinigung auf eine feste `Partei – Wählerbindung´ stützen konnte.

[92] Vgl. Meyer, Gerd: `Die Wahlen sind frei, aber nicht fair.´, S. 103f.

[93] Vgl. Haspel, Moshe; Remington, Thomas; Smith, Steven: Electoral Institutions and Party Cohesion in the Russian Duma. In: The Journal of Politics, Nr. 2,1998, S. 420.

[94] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 217 sowie Schejnis, V.: Wie Russland gewählt hat, S. 769.

[95] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 200f.

[96] Die cleavages, wie sie S. Lipset und S. Rokkan als klassisch einstufen sind `Kapital-Arbeit´, `Zentrum-Peripherie´, `Stadt-Land´, `säkularer Staat-Religion´. Vgl. Lipset, Seymour M.; Rokkan, Stein (Hrsg.): Cleavages Structures, Party Systems and Voter Alignments, New York 1967, S. 1-64.

[97] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 156.

[98] Vgl. ebenda.

[99] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 17.

[100] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 152f.

[101] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 19. G. Gnauck sieht hier die Kommunisten bei den Patrioten verortet.

[102] Vgl. Prudkov, Oleg; Bach, Dieter (Hrsg.): Wer sitzt morgen im Kreml? Die neuen Parteien in Russland und ihre Führer, Wuppertal 1992, S. 7.

[103] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 203.

[104] Zur theoretischen Positionierung und praktischen Arbeitsweise der KPRF siehe ausführlich die KPRF – relevanten Kapitel dieser Arbeit.

[105] Auch wenn sich die LDPR als Oppositionspartei versteht, so hat sich die LDPR im tatsächlichen Abstimmungsverhalten in der Staatsduma als eine „treue Gefolgspartei des Staatspräsidenten Jelzin entwickelt.“. Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 203. Für die KPRF kann die Abkehr von der anfänglichen Systemopposition als ähnliches Zeichen gedeutet werden. Zur Rolle des Nationalen in der Sichtweise der KPRF siehe ausführlich die KPRF – relevanten Kapitel dieser Arbeit.

[106] Vgl. Ostrogorski, Wladimir: Gennadi Sjuganow. Ein Dossier, S. 156.

[107] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 42.

[108] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 26.

[109] R. Götz und U. Halbach zählen zu den politischen Zentren noch Jekaterinburg (ehemals Swerdlowsk) im Ural und Nischni-Nowgorod (ehemals Gorki) an der Wolga. Zur Begründung legen sie die bedeutende Rolle dieser Städte in der Demokratiebewegung und die dort ansässigen Zentralen der Parteien von gesamtrussischer Bedeutung zu Grunde. Vgl. Götz, Roland; Halbach, Uwe: Politisches Lexikon Russland, München 1994, S. 20.

[110] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 42.

[111] Vgl. Luchterhandt, Galina: Von der radikalen Opposition zur Beteiligung an der Macht. Die Kommunistische Partei der Russländischen Föderation. In: Osteuropa, Nr. 9/1994, S. 982.

[112] Eine Ausnahme bildete die KPRF, die im Untersuchungszeitraum in allen Subjekten der RF vertreten war, zumeist bediente sich die KPRF noch alter KPdSU – Strukturen und konnte so ein landesweites Organisationsnetz aufrechterhalten.

[113] Nur wenige Veröffentlichungen aus dem Untersuchungszeitraum liegen für die Regionen vor, in vielen Studien wird dies als Defizit explizit angeführt. Zu den Regionen besonders: Luchterhandt; Galina: Parteien in der russischen Provinz. Politische Entwicklungen in den Regionen Wolga und Ural, Bremen 1998. Luchterhandt, Galina: Politik und Kultur in der russischen Provinz. Nowgorod-Woronesh-Saratow-Jekaterinburg, Bremen 1999. In diesem Zusammenhang ist auch eine Aussage von M. Butenschön interessant, die auch in den Einstellungen zu politischen Inhalten eine zweigeteilte RF erkennt, „national-konservativ auf dem flachen Land, westlich-demokratisch in den Großstädten“. Vgl. König, Helmut: Wohin steuert Russland? Zur Situation nach den Wahlen vom Dezember 1995, Bericht über die erweiterte Redaktionskonferenz 1996. In: Osteuropa, Nr. 8/1996, S. 1138.

[114] Vgl. Luchterhandt, Galina: Politische Parteien in Russland, S. 61 sowie Laboor, Ernst: Wieviel Parteien braucht Russland? Parteien und politische Organisationen vom Ausgang der achtziger Jahre bis zu den Dumawahlen im Dezember 1995, Berlin 1996, S. 219. Siehe hierzu auch Abbildung 1.

[115] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 157.

[116] Vgl. ebenda, S. 158. Wie gering Präsident B. N. Jelzin den Wert der Staatsduma einschätzte, unterstreicht der Umstand, dass er der Eröffnungssitzung der Staatsduma 1994 demonstrativ fernblieb. Vgl. Katzer, Nikolaus: Der erste Tag. Parlamentseröffnung und demokratische Tradition in Russland im 20. Jahrhundert. In: Osteuropa, Nr. 8/1999, S. 846.

[117] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S 158. An diesem Punkt muss angebracht werden, dass sich das Interesse an den politischen Abläufen, den Arbeitsprozessen in der Staatsduma von Seiten der Wahlbevölkerung verringert hat, einen `run´ auf die TV-Übertragungen aus dem Parlament, wie er zur Übergangszeit 1989/1990 zu verzeichnen war sowie das intensive Lesen von Zeitungen, gab es nicht mehr. Vgl. Bednarz, Klaus: Russland. Ein Volk sucht seine Zukunft, Hamburg 1992, S. 23.

[118] Vgl. McFaul, Michael: Institutional Design, Uncertainly, and Path Dependency during Transition: Cases from Russia. In: Constitutional Political Economy 1, 1999, S. 27-56.

[119] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 158.

[120] Hierbei handelt es sich oftmals um direkte Einflussnahme durch Unternehmer, Lobbygruppen (pressure groups) und in den Regionen um regionale Akteure, die mit nicht unwesentlichen Geldmitteln und organisatorischen Potentialen den Wahlkampf der Kandidaten unterstützten.

[121] Vgl. Meyer, Gerd: `Die Wahlen sind frei, aber nicht fair.´, S. 104.

[122] Öffentlich-rechtliche TV- und Radiosender im deutschen Sinne gibt es in der RF nicht. Vgl. Bister, Anita: Handlungsspielräume der zivilen Gesellschaft in Russland. In: Mangott, Gerhard (Hrsg.): Zur Demokratisierung Russlands. Band 2 Leadership, Parteien, Regionen und Zivilgesellschaft(= Wiener Schriften zur internationalen Politik, Band 5), Baden-Baden 2002, S. 150.

[123] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 164.

[124] Vgl. ebenda, S. 163.

[125] Vgl. Bister, Anita: Handlungsspielräume der zivilen Gesellschaft in Russland, S. 150.

[126] Vgl. http://www.freedomhouse.org/uploads/fop/2007/pfscharts.pdf, Stand 04.09.2007.

[127] Zur Rolle der Medien innerhalb des Transformationsprozesses, ihre Beeinflussung durch Oligarchen und Banken sowie die Rolle der Medien als Komponenten der Vereinigungen siehe unter anderem: Deppe, Jens: Über Pressefreiheit und Zensurverbot in der Russländischen Föderation. Eine Untersuchung über die gesetzliche und tatsächliche Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Freiheitsgarantie, Hamburg 2000. Fedotov, Michail: The Road to Freedom for the Soviet Press, Moskau 1991. Hübner, Peter: Medienpolitik in Russland nach dem Oktober 1993. BiOst 41/1993, Köln 1994. Hübner, Peter: Pressefreiheit in Russland – Das Recht auf freien Zugang zu Informationen. BiOst 43/1997, Köln 1997. Hübner, Peter: Pressefreiheit in Russland - Großaktionäre als Zensoren? BiOst 34/1998, Köln 1998. Steinsdorff, Silvia v.: Russland auf dem Weg zur Meinungsfreiheit. Die Pluralisierung der russischen Presse zwischen 1985 und 1993, Münster 1994. Wendler, Hauke: Russlands Presse zwischen Unabhängigkeit und Zensur, Münster 1995. Mickiewicz, Ellen P.: Changing Channels: television and the struggle of power in Russia, New York 1997. Kreisel, Anja: Zwischen Informationen und Macht – Die russische Medienlandschaft. In: Russland unter neuer Führung – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts, Bonn 2001 und Ratzke, Dietrich; Woronenkowa, Galina (Hrsg.): Russland vor den Wahlen. Die Rolle der Medien bei den Wahlen ein deutsch-russischer Vergleich, Frankfurt/M. 2000.

[128] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 105. A. Legutke geht gar soweit, dass sie sagt, dass es in der RF keine Gründungswahlen im transitionstheoretischen Sinne gab, der Reformkurs hatte schließlich schon zwei Jahre vorher begonnen. Die Autorin nimmt die gesellschaftlichen Vereinigungen heraus, für sie kann der Begriff durchaus verwendet werden. Die Staatsdumawahlen 1993 bezeichnet A. Legutke als Zäsur im Entwicklungsprozess der Parteien. Vgl. Legutke, A: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 72.

[129] Der Begriff – Doppelherrschaft – soll hier für den kurzen Zeitraum der Staatspräsidentschaft M. S. Gorbatschows über die UdSSR stehen, die sich mit der Präsidentschaft der RSFSR unter B. N. Jelzin, bis zur faktischen Auflösung der UdSSR überschnitt. Besonders soll der Begriff für den Zeitraum stehen, in dem B. N. Jelzin gegen den Kongress der Volksdeputierten, welcher sich aus der Zeit der UdSSR legitimierte, regierte.

[130] Unter diesen Organisationen sind vor allem das Zentralkomitee, die Armee und der KGB zu verstehen, welche versuchten die Einheit der kommunistischen Partei, die sozialistische Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, die Bedeutung des Marxismus – Leninismus als Staatsideologie sowie die außenpolitische Stellung der UdSSR `zu retten´.

[131] Vgl. Mangott, Gerhard: Zur Demokratisierung Russlands. Band 1, S. 159 sowie Götz, Roland; Halbach, Uwe: Politisches Lexikon Russland, S. 29

[132] Siehe hierzu das Kapitel zur rechtlichen Stellung der Vereinigungen.

[133] Vgl. Merkel, Wolfgang: Von der Diktatur zur Demokratie, S. 105 und 118ff.

[134] Vgl. ebenda, S. 118ff.

[135] Vgl. Ackermann, Bruce: Von der Revolution zur Verfassung. In: Transit 4, 1992, S. 46.

[136] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 44.

[137] Auch wenn dass neue Gesetz von 2001 einige Passagen aus der Novelle von 1995 beinhaltete, beschreibt es G. Luchterhandt als „völlig neu“, da es sich an den europäischen Regelungen orientiert. Ich möchte hier die wichtigsten Parameter, wie sie G. Luchterhandt aufzählt anbringen, da sie verdeutlichen, in welcher Grauzone die Parteien arbeiteten. Die folgenden Punkte sind erst 2001 in Kraft getreten. 1. es gibt ausschließlich individuelle Mitgliedschaften in einer Partei, 2. die Parteien sind die einzigen Subjekte des Wahlrechts auf der föderalen Ebene, 3. Parteien müssen sich als landesweite Parteien etablieren, 4. Parteien müssen eine relativ große Mitgliederzahl haben, 5. die Parteien müssen die Ernsthaftigkeit ihrer Ziele durch die reguläre Wahlbeteiligung unter Beweis stellen, 6. die Parteien werden vom Staat unterstützt. Ferner regelt das Gesetz von 2001 die Schranken der Tätigkeiten von Parteien, wie Auflösungen, Neugründungen, die Einkünfte, die innere Ordnung sowie Gesetzeskonformität. Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 46.

[138] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 30.

[139] Der lange Zeitraum zwischen der Verabschiedung in der Staatsduma und der abschließenden Ablehnung im FR kann als Ausdruck des Mächtespiels zwischen beiden Kammern angesehen werden. Vgl. Luchterhandt, Galina: Politische Parteien in Russland, S. 12.

[140] Vgl. Luchterhandt: Die Entwicklung der Parteien, S. 45.

[141] Vgl. ebenda.

[142] Vgl. ebenda.

[143] Vgl. Luchterhandt, Galina: Die Entwicklung der Parteien, S. 45.

[144] Vgl. ebenda.

[145] Vgl. ebenda. Das Gesetz von 1995 unterschied die Vereinigungen, die an Wahlen teilnehmen durften, in fünf Kategorien. 1. gesellschaftliche Bewegungen, 2. gesellschaftliche Stiftungen, 3. gesellschaftliche Vereine, 4. Organe gesellschaftlicher Selbstverwaltung und 5. gesellschaftspolitische Vereinigungen. Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 86.

[146] Vgl. Beyme, Klaus v.: Parteien in westlichen Demokratien, München 1984, S. 25.

[147] Vgl. Beyme, Klaus v.: Parteien in westlichen Demokratien, München 1984, S. 25. Das politische System der RF ist nicht darauf ausgerichtet, dass es den Parteien möglich ist, über ihre geringen normativen Rechte auf die Regierungsbildung starken Einfluss zu nehmen.

[148] Die Konstituierung JABLOKOs als `Partei´ erfolgte wie schon erwähnt im Vorfeld der Dumawahl 1995, hierbei sollte die Umwandlung in eine Vereinigung modernen Typs stufenweise erfolgen. 1996 beschloss die Vereinigung, die bis dato vorhandene Möglichkeit der kollektiven Mitgliedschaft innerhalb von drei Jahren bis zu den Dumawahlen 1999 abzuschaffen. Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 89.

[149] Vgl. Gnauck, Gerhard: Parteien und Fraktionen in Russland, S. 25.

[150] Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 88.

[151] Vgl. Legutke, Annette: Die Organisation der Parteien in Russland, S. 88.

[152] Vgl. ebenda, S. 86.

[153] Vgl. ebenda, S. 87.

[154] Vgl. ebenda.

[155] Vgl. Beichelt, Timm: Die slawischen GUS–Staaten zwischen Autokratie und Demokratie. Frankfurt/Oder 2001, S. 32. T. Beichelt verdeutlicht die Unzufriedenheit bezüglich der Demokratie in ausgewählten Ländern. Die Unzufriedenheit in der RF liegt in den Jahren von 1991-1996 stetig zwischen 82 und 93 Prozent und nimmt somit einen Spitzenplatz unter den untersuchten ost- und ostmitteleuropäischen Ländern ein. Aufschlussreich ist das Vertrauen in die Institutionen der RF 1995. Nur 14% der Befragten vertrauten den politischen Parteien, nur 12% dem Parlament, aber 50% der Befragten vertraute der Armee. Vgl. Plasser, Fritz: Political culture in East Central Europe, Avebury , 1996, S. 144.

[156] Hierbei nehme ich Bezug auf die breite Etablierung der KPRF, die durch eine straffe und landesweite Organisation, vorrangig bedingt durch etablierte Netzwerke aus der Zeit der KPdSU, in allen Subjekten der RF mit Parteizellen vertreten ist.

[157] Vgl. Luchterhandt, Galina: Das Parteienrecht in der Russländischen Föderation. In: Tsatsos, Dimitris Th.; Kedzia, Zdzislaw (Hrsg.): Parteienrecht in mittel- und osteuropäischen Staaten. Entstehungsmomente des Parteienrechts in Bulgarien, Litauen, Polen, Russland, der Slowakei, Tschechien und Ungarn, Baden-Baden 1994, S. 197.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836609791
Dateigröße
804 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Potsdam – Philosophische Fakultät, Geschichte
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0
Schlagworte
russland kprf jelzin sjuganow partei
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Titel: Der Kampf um die parteipolitische Macht in der Russländischen Föderation
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