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Personalbereitstellung unter der besonderen Berücksichtigung der demographischen Entwicklung

©2007 Diplomarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Umweltbedingungen verbessern sich, die Medizin schreitet voran, Menschen leben länger und aktiver, wandern auch aus, gleichzeitig sinkt die Geburtenrate, die Bevölkerung schrumpft. Die demographische Entwicklung Deutschlands ab 1980/89 bis etwa 2050 und die damit verbundenen Probleme sind schon lange Thema in Wissenschaft und Forschung und manifestieren sich mit einiger Verzögerung - darin durchaus dem aktuellen Reizthema „Klimaveränderung“ ähnlich – jetzt umso stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Jahre hindurch war Demographie eine Angelegenheit für Fachleute, allmählich gab es auch Kommissionsberichte mit der Aufforderung etwas zu tun, zuerst bei der Anpassung der umlagefinanzierten Sozialsysteme (Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung mit Gesundheitsreform, Rente ab 67, usw.), aber weitgehend unbeantwortet blieb bisher die Frage wie Alterung und Schrumpfung auf die Bevölkerung einwirken; auf Wirtschaftswachstum, Arbeitsmarkt (hier mit dem Dilemma der fehlenden Arbeitskräfte, bei 5 – 7 Mio. Menschen ohne Arbeit), Wissenschaft und Bildung, auf Migrationsverhalten und nicht zuletzt auf die Staatsfinanzen. Aus diesem prallgefüllten Problemkorb ist für diese Arbeit nur ein Thema ausgewählt, für unsere Gesellschaft allerdings von vitaler Bedeutung: Das der künftigen Änderung auf dem Arbeitsmarkt und hier, wiederum eingegrenzt, das der demographische Entwicklung in ihrem Einfluss auf die Personalpolitik eines Unternehmens. Eine weitere Einschränkung erwies sich als ratsam: Die Nicht-Einbeziehung des öffentlichen Dienstes. Dessen Personalprobleme sind zum einen in großen Teilen die gleichen (Frauen, Familien, Weiterbildung, 40-Stunden-Woche, usw.), wie die der privaten Unternehmen. Zum anderen würde die Abhandlung der Sondermerkmale im Personalwesen des öffentlichen Dienstes (andere Hierarchie, Arbeitszeit, privilegiertes Verhältnis Staat – Beamte) den vorgegebenen Umfang dieser Arbeit über Gebühr ausdehnen.
Eine Bemerkung zur Quellen- und Literaturlage: Demographie ist eine Wissenschaft mit lange erprobten Forschungsmethoden. Sie ist dementsprechend im Literaturverzeichnis mit seriösen Abhandlungen und Dissertationen vertreten. Darüber hinaus wird aber hier über Themen wie Rente mit 67, Arbeitszeit, Gleitzeit, Familie und Beruf, Kinderkrippen in der aktuellen politischen Tagesdiskussion gehandelt. Sie befinden sich oft in langwierigen Gesetzesverfahren und sind meist noch nicht mit realisierbaren Antworten zur Hand. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Isabelle Schmitt
Personalbereitstellung unter der besonderen Berücksichtigung der demographischen
Entwicklung
ISBN: 978-3-8366-0978-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... II
Abbildungsverzeichnis ... V
Tabellenverzeichnis ... V
Abkürzungsverzeichnis ... VI
1
Einleitung ... 1
1.1 Fragestellung... 1
1.2 Aufbau der Arbeit... 2
2
Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland ... 4
2.1 Der demographische Wandel ... 4
2.1.1 Altersstruktur... 4
2.1.2 Geburten vs. Mortalität... 7
2.1.3 Migration ... 9
2.2 Mögliche Gründe für den Geburtenrückgang ... 13
2.2.1 Einkommen und Kinderkosten ... 13
2.2.2 Erwerbstätigkeit der Frauen ... 15
2.2.3 Bildung der erwerbstätigen Frauen ... 16
2.3 Wirkung des demographischen Wandels auf den Arbeitsmarkt ... 18
3
Personalbereitstellung ... 21
3.1 Personalbeschaffung... 21
3.2 Personalbedarfsplanung... 22
3.3 Methoden der Personalbeschaffung... 24

Inhaltsverzeichnis
III
3.3.1 Interne Beschaffungswege ... 25
3.3.2 Externe Beschaffungswege ... 26
3.3.2.1 Bundesagentur für Arbeit... 27
3.3.2.2 Personalberatungen ... 28
3.3.2.3 Personalleasing... 29
3.3.2.4 Stellenanzeigen in Printmedien ... 31
3.3.2.5 Das Internet... 32
4
Änderung der innerbetrieblichen Personalbereitstellung als
Reaktion auf den demographischen Wandel... 33
4.1 Personalentwicklung... 33
4.1.1 Berufsausbildung ... 34
4.1.2 Fortbildung der Mitarbeiter... 37
4.1.3 Umschulung ... 41
4.2 Methoden der Personalentwicklung... 42
4.2.1 Training-on-the-job... 42
4.2.1.1 Trainee-Programme ... 43
4.2.1.2 Job-rotation ... 43
4.2.2 Training-off-the-job... 44
4.2.3 Training-near-the-job ... 45
4.3 Arbeitszeitgestaltung ... 45
4.3.1 Starre Arbeitszeiten ... 47
4.3.2 Flexibilisierung und Individualisierung der Arbeitszeit... 48
4.3.2.1 Wöchentliche Arbeitszeit ... 49
4.3.2.2 Gestaltungsmöglichkeiten der gleitenden Arbeitszeit . 50
4.3.2.3 Ausweitung der Schichtarbeit ... 51
4.3.2.4 Teilzeitarbeit ... 52
4.3.2.5 Teleheimarbeit... 54
4.4 Familie und Beruf: innerbetrieblich ... 55

Inhaltsverzeichnis
IV
5
Notwendigkeit gesamtgesellschaftlicher Veränderungen ... 58
5.1 Betriebsräte, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände ... 58
5.2 Familie und Beruf: gesamtgesellschaftlich ... 60
5.3 Ausweitung der Jahres- und Lebensarbeitszeit... 63
5.3.1 Reduzierung der Frühverrentung ... 63
5.3.2 Späterer Erwerbsaustritt ... 66
5.4 Anwerbung geeigneter Fachkräfte aus dem Ausland ... 68
6
Fazit... 72
Literaturverzeichnis ... 75
Anhang: Ein Beispiel für erfolgreiche Integration älterer Mitarbeiter:
Carl Zeiss Jena GmbH... VII

Abbildungsverzeichnis
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Bevölkerungspyramide am 31. Dezember 2001 ... 5
Abbildung 2: Stilisierter Aufbau von Bevölkerungspyramiden ... 6
Abbildung 3: Entwicklung und Prognosen der Geburtenraten... 7
Abbildung 4: Die Alterung der Gesellschaft... 9
Abbildung 5: Entwicklung der Außenwanderung... 10
Abbildung 6: Verfügbares Jahreseinkommen von Haushalten mit und ohne
Kinder im Jahr 2000 ... 15
Abbildung 7: Vergleich der Erwerbstätigkeit von Müttern... 17
Abbildung 8: Durchschnittsalter des Erwerbspersonenpotentials ... 19
Abbildung 9: Altersstruktur des Erwerbspersonenpotentials ... 20
Abbildung 10: Notwendigkeit der Planung von Personalbeschaffung und
Personalfreisetzung ... 22
Abbildung 11: Vorgehensweisen der Personalbedarfsplanung... 23
Abbildung 12: Beschaffungsarten ... 25
Abbildung 13: Arbeitnehmerüberlassung beim Personalleasing ... 30
Abbildung 14: Teilnahmequoten an beruflicher Weiterbildung nach beruflicher
Stellung ... 40
Abbildung 15: Weiterbildungsbeteiligung nach Altersgruppen im europäischen
Vergleich ... 41
Abbildung 16: Grundstruktur einer Gleitzeitregelung ... 50
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Einkommen und Kinderzahl ... 13
Tabelle 2:
Erwerbstätigenquote von Müttern je nach Anzahl der Kinder ... 16
Tabelle 3:
Kinderlosigkeit nach Bildungsstand in Prozent... 17

Abkürzungsverzeichnis
VI
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
AA
Agentur(en) für Arbeit
Abb. Abbildung
Abs. Absatz
AEVO Ausbildereignungs-Verordnung
ArbZG Arbeitszeitgesetz
ATG Altersteilzeitgesetz
Aufl. Auflage
AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
BA
Bundesagentur für Arbeit
BaföG Bundesausbildungsförderungsgesetz
BBiG Berufsbildungsgesetz
BDA
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
BEEG
Bundeselterngeld- und Elternzeitgeldgesetz
BeschFG Beschäftigungsfördergesetz
BeschV Beschäftigungsverordnung
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BGB Bürgerliches
Gesetzbuch
BR Betriebsrat
(-räte)
BRD Bundesrepublik
Deutschland
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
ca. circa
d.h. das
heißt
DDR
Deutsche Demokratische Republik
DGB Deutscher
Gewerkschaftsbund
EDV Elektronische
Datenverarbeitung
etc. et
cetera
EU Europäische
Union
EURES
European Employment Services
f. und
folgende

Abkürzungsverzeichnis
VII
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
ff. und
fortfolgende
gem.
gemäß
HAG Heimarbeitgesetz
hrsg. herausgegeben
i.d.R.
in der Regel
i.e.S.
im engeren Sinne
i.V.m.
in Verbindung mit
i.w.S.
im weitesten Sinne
IfW
Institut für Wirtschaft
inkl. inklusiv(e)
Kapovaz
Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit
lt. laut
Mio. Millionen
Mrd. Milliarden
Nr. Nummer
o.V. ohne
Verfasser
PSA Personal-Service-Agenturen
rd. rund
s. siehe
S. Seite(n)
SGB Sozialgesetzbuch
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
SZ Süddeutsche
Zeitung
TFR
Total Fertility Rate
TzBfG
Teilzeit- und Befristungsgesetz
u.a.
unter anderem
usw.
und so weiter
Vgl. Vergleich
Vol. Volume
vs. versus
z.B. zum
Beispiel
z.Z. zur
Zeit

Einleitung
1
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
Umweltbedingungen verbessern sich, die Medizin schreitet voran, Menschen le-
ben länger und aktiver, wandern auch aus, gleichzeitig sinkt die Geburtenrate, die
Bevölkerung schrumpft. Die demographische Entwicklung Deutschlands ab
1980/89 bis etwa 2050 und die damit verbundenen Probleme sind schon lange
Thema in Wissenschaft und Forschung und manifestieren sich mit einiger Verzö-
gerung - darin durchaus dem aktuellen Reizthema ,,Klimaveränderung" ähnlich ­
jetzt umso stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Jahre hindurch war Demo-
graphie eine Angelegenheit für Fachleute, allmählich gab es auch Kommissions-
berichte mit der Aufforderung etwas zu tun, zuerst bei der Anpassung der umlage-
finanzierten Sozialsysteme (Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung mit Gesund-
heitsreform, Rente ab 67, usw.), aber weitgehend unbeantwortet blieb bisher die
Frage wie Alterung und Schrumpfung auf die Bevölkerung einwirken; auf Wirt-
schaftswachstum, Arbeitsmarkt (hier mit dem Dilemma der fehlenden Arbeitskräf-
te, bei 5 ­ 7 Mio. Menschen ohne Arbeit), Wissenschaft und Bildung, auf Migrati-
onsverhalten und nicht zuletzt auf die Staatsfinanzen. Aus diesem prallgefüllten
Problemkorb ist für diese Arbeit nur ein Thema ausgewählt, für unsere Gesell-
schaft allerdings von vitaler Bedeutung: Das der künftigen Änderung auf dem Ar-
beitsmarkt und hier, wiederum eingegrenzt, das der demographische Entwicklung
in ihrem Einfluss auf die Personalpolitik eines Unternehmens.
1
Eine weitere Ein-
schränkung erwies sich als ratsam: Die Nicht-Einbeziehung des öffentlichen
1
Zur Illustration: Zwei willkürlich ausgewählte Zeitungsmeldungen: Giersberg, Georg: Der Ar-
beitskräftemangel bremst das Wachstum. Der Markt ist wie leergefegt. In: FAZ, Nr. 83,
10.04.2007, S. 17: 20.000 nicht besetzte Ingenieurstellen lassen 70.000 Folgestellen unbesetzt
und eine Wertschöpfung von 3,7 Mrd. Euro entgehen. oder o.V.: Der Verwaltung droht Perso-
nalmangel. Der Staat kämpft mit der demographischen Entwicklung. In: FAZ, Nr. 94,
23.04.2007, S. 11: Seit 1989 ging der Personalbestand im öffentlichen Dienst von 5,3 Mio. auf
3,9 Mio. (2006) zurück. In ca. 15 Jahren werde der demographisch bedingte Fachkräftemangel
den Staat mit voller Wucht treffen: mit Altersstrukturanalysen müssten die staatlichen Personal-
planer endlich erste demographische Bestandsaufnahmen veranstalten, um den künftigen Be-
darf an Beamten und Angestellten zu ermitteln; bisher sei dies im öffentlichen Dienst noch kein
Thema gewesen.

Einleitung
2
Dienstes. Dessen Personalprobleme sind zum einen in großen Teilen die gleichen
(Frauen, Familien, Weiterbildung, 40-Stunden-Woche, usw.), wie die der privaten
Unternehmen. Zum anderen würde die Abhandlung der Sondermerkmale im Per-
sonalwesen des öffentlichen Dienstes (andere Hierarchie, Arbeitszeit, privilegier-
tes Verhältnis Staat ­ Beamte) den vorgegebenen Umfang dieser Arbeit über Ge-
bühr ausdehnen.
2
Eine Bemerkung zur Quellen- und Literaturlage: Demographie ist eine Wissen-
schaft mit lange erprobten Forschungsmethoden. Sie ist dementsprechend im Li-
teraturverzeichnis mit seriösen Abhandlungen und Dissertationen vertreten. Dar-
über hinaus wird aber hier über Themen wie Rente mit 67, Arbeitszeit, Gleitzeit,
Familie und Beruf, Kinderkrippen in der aktuellen politischen Tagesdiskussion ge-
handelt. Sie befinden sich oft in langwierigen Gesetzesverfahren und sind meist
noch nicht mit realisierbaren Antworten zur Hand. Entsprechend oft werden Ver-
ben im Konjunktiv, Optativ oder unsicherem Futur verwendet, kein festes Terrain
also, auf dem man Feststellungen und sichere Prognosen wagen könnte. Eine
bescheidene captatio benevolentiae, also: Der Verfasserin möge es nachgesehen
werden, wenn in manchen Teilen der Arbeit aus den Niederungen der (immerhin)
gehobenen Tagespresse, Agenturmeldungen, Internetauftritten oder journalisti-
schen Polemiken zitiert wird. Hier vor allem und weniger in Dissertationen spiegelt
sich der gegenwärtige Stand der Diskussionen in Angelegenheiten wider, deren
Behandlung in Frage und Antwort rapide fortschreitet.
3
Jedes Unternehmen, gleich welcher Größe, hat mit Personalproblemen zu tun.
Der Einfachheit halber sei Kriterium für ,,Unternehmen" im Sinn dieser Arbeit die
Möglichkeit, einen Betriebsrat zu konstituieren.
1.2 Aufbau
der
Arbeit
Er ergibt sich aus dem Thema: Kapitel 2 widmet sich den wichtigsten, allgemein
bekannten Grundgegebenheiten des demographischen Wandels: Dem Älterwer-
den unserer Gesellschaft, Geburtenrückgang, dem mindestens bis 2050 steigen-
den Fachkräftemangel als Folge einer schrumpfenden Bevölkerung, der
2
Zur Problematik wenigstens allgemein: Amann, Melanie: Wenn keiner mehr verwalten will.
In: FAZ, Nr. 77, 31.03.2007, S. C1
3
Vgl. Schirrmacher, Frank: Das Methusalem-Komplott. München 2004

Einleitung
3
Bedeutung der Migration sowie der Beziehung zwischen Bildung der erwerbstäti-
gen Frauen und Abwägen zwischen Berufseinkommen und Kosten der Kinderer-
ziehung, dies alles in seiner Wirkung auf den Arbeitsmarkt insgesamt.
Daneben steht Kapitel 3: Hier wird, kommentarlos und noch ohne Verbindung zu
Kapitel 2, dargestellt, welcher Methoden sich üblicherweise ein Unternehmen bei
der Personalbeschaffung bedient.
Teil 4 verbindet Kapitel 3 mit Kapitel 2: Was kann ein Unternehmen tun, um bei
Wachstum mit steigendem Arbeits- und Personalbedarf mit gleichbleibendem oder
geringerem Personalbestand zurechtzukommen? Wir fragen, welcher brachlie-
genden innerbetrieblichen ,,Human Resources" ein Unternehmen sich bedienen
kann, wie eine durchschnittlich immer älter werdende Belegschaft zur weiteren
und längeren Mitarbeit befähigt und motiviert werden kann, wie Frauen früher und
besser ins Unternehmen (zurück-)integriert werden können, wie den Familien die
freie Wahl zwischen oder Verbindung von Beruf, Karriere und Kindererziehung
ermöglicht werden kann? Jedes Unternehmen muss all dies nach seinen eigenen
Bedürfnissen und im Einklang mit den Interessen seiner Mitarbeiter
4
für sich selbst
regeln. Weil aber die Bundesrepublik Deutschland ein wohl reglementierter Staat
ist, muss oder kann jedes Unternehmen in seiner Personalpolitik auch entspre-
chend politischer, sozialer und wirtschaftlicher Vorgaben handeln.
Weil also betriebswirtschaftliche Faktoren nicht streng von volkswirtschaftlichen zu
trennen sind, wurde ein 5. Kapitel notwendig: Die Gesetzgeber, Gewerkschaften,
öffentliche Meinungen und andere gesamtgesellschaftlich wirkende Kräfte (,,Sta-
keholder") setzen Rahmenbedingungen, die jedes Unternehmen in seiner inneren
Personalpolitik von außen beeinflussen, hemmen oder fördern.
Nach dem Fazit wird im Anhang ein besonders gut gelungenes Beispiel zur Integ-
ration älterer Menschen im Betrieb vorgestellt.
4
Auf die weibliche Form bei Berufsbezeichnungen u.ä. verzichte ich in dieser Arbeit aus Gründen
der Lesbarkeit.

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
4
2 Darstellung des demographischen Wandels in
Deutschland
2.1 Der demographische Wandel
Gegenwärtig hat Deutschland 82,4 Mio. Einwohner, im Jahr 2050 werden es nach
Hochrechnungen aufgrund aktueller Tendenzen 69 bis 74 Mio. sein. Die Gründe
für den Bevölkerungsrückgang sind:
· Die stetige Abnahme der Geburtenzahlen bei gleichzeitiger Zunahme der
Sterbefälle,
· Eine kleine aber stetige Zunahme der Auswanderung aus Deutschland,
· Die starke relative Zunahme älterer Männer und von Frauen im nicht mehr
gebärfähigem Alter; die durchschnittliche Lebenserwartung der 65-Jährigen
wird bis zum Jahr 2050 um ca. 4,5 Jahre zunehmen; das Durchschnittsalter
der Bevölkerung wird entsprechend wachsen und damit die absolute Zahl
der Sterbefälle.
5
2.1.1 Altersstruktur
Stärker als andere hoch entwickelte Industriestaaten steht Deutschland vor weit
reichenden demographischen Herausforderungen: Die Geburtenrate sinkt, die Le-
benserwartung steigt (,,natürliche Bevölkerungsbewegung").
6
Dies bedeutet, dass
die Bevölkerung in den nächsten Jahren schrumpfen, aber gleichzeitig auch im-
mer älter werden wird. Zusätzlich kommt es zu Wanderungsbewegungen zwi-
schen den einzelnen Regionen in Deutschland und einer Netto-Zuwanderung aus
dem Ausland (,,räumliche Bevölkerungsbewegung").
7
So wird sich z.B. die Zahl der
über 80-Jährigen von drei auf zehn Mio. erhöhen, was bedeutet, dass es im
5
Statistisches Bundesamt, o.V.: Im Jahr 2050 doppelt so viele 60-Jährige wie Neugeborene.
http://destatis.de/presse/deutsch/pm2006/p4640022.html, Wiesbaden, Pressemitteilung vom
07.11.2006
6
Echterhoff, Veit: Kompetenzentwicklung Älterer im Kontext von Region, Bedarf und Demogra-
phie. Berlin 2005, S. 17
7
Ebenda, S. 17

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
5
Jahr 2050 fast genauso viele Menschen im Alter von über 80, wie Jugendliche
unter 20 Jahren geben und das Durchschnittsalter von heute 37 Jahren auf
45 Jahre ansteigen wird.
8
Die gesamte Bevölkerung wird, immer unter Berücksich-
tigung aktueller Daten und Tendenzen, bis 2050 von jetzt 83 auf 74 Mio. sinken,
was einer Verringerung von etwa 9 % entspricht.
9
Erste Auswirkungen dieser Entwicklung treffen heute schon die deutschen umla-
gefinanzierten Sozialsysteme, also die gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pfle-
geversicherungen mit allen aktuellen Problemen der Gesundheitsreformen und
Defizite in den Pflegekassen.
10
Das Verhältnis von Erwerbs- zu Nicht-
Erwerbstätigen wird sich immer mehr verschlechtern.
Abbildung 1: Bevölkerungspyramide am 31. Dezember 2001
11
8
Vgl. Esche, Andreas; Petersen, Thieß; u.a.: Jugend und Arbeit im demographischen Wandel.
In: Junge Generation und Arbeit ­ Chancen erkennen ­ Potenziale nutzen. Hrsg. von der Ber-
telsmann Stiftung, Gütersloh 2005 S. 41 und Fels, Gerhard: Deutschland vor der Zeitwende.
In: Perspektive 2050 ­ Ökonomik des demographischen Wandels. hrsg. von Institut der deut-
schen Wirtschaft Köln, 2. aktualisierte Aufl., Köln 2005, S. 9
9
Ebenda, S. 42 und Ebenda, S. 9
10
Fels, Gerhard: Deutschland vor der Zeitwende. In: Perspektive 2050..., a.a.O., S. 9
11
Entnommen aus: Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland.
In: Perspektive 2050..., a.a.O., S. 14
Bevölkerungspyramide am 31. Dezember 2001
- Alter in Jahren -
Frauen
Männer
800.000 400.000 Personen 400.000 800.000

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
6
Abb. 1 veranschaulicht die zunehmende Alterung und Schrumpfung der Gesell-
schaft. Die Form der Darstellung ähnelt nicht mehr der einer ,,Pyramide" (breite
Basis Neugeborener bei gleichmäßigem Schrumpfen nach oben mit höherem Le-
bensalter), sie gleicht vielmehr einem ,,Tannenbaum", der sich auch am Fußende
immer weiter verjüngt. Die geburtenstarken Jahrgänge (,,Babyboomer") aus den
50er und 60er Jahren stehen mitten im Erwerbsleben, die ins Berufsleben eintre-
tende Generation ist zahlenmäßig deutlich kleiner.
Abbildung 2:
Stilisierter Aufbau von Bevölkerungspyramiden
12
Vergleicht man deutsche Alterspyramiden aus Abb. 2 aus vergangenen Jahrzehn-
ten, wird der Übergang vom Stadium hoher Geburtenraten und gleichzeitig hoher
Sterblichkeit zu niedrigen Geburtenraten und gleichzeitig durchschnittlich älter
werdenden Bevölkerung deutlich. Über viele Jahrhunderte glich der Altersaufbau
12
Entnommen aus: Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland.
In: Perspektive 2050..., a.a.O., S. 15
Stilisierter Aufbau von Bevölkerungspyramiden

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
7
der Bevölkerung dem der Sterbetafel 1871/81.
13
Die Sterbetafel 1871/81 zeigt, wie
es wegen hoher Kindersterblichkeit zu einer schnellen Verkleinerung des durch
hohe Geburtenraten gekennzeichneten breiten Sockels kommt. Am oberen Ende
wirkte sich die geringe Lebenserwartung in Form einer schmalen, kurzen Spitze
aus. Ab dem Jahr 1910 machte sich dann die sinkende Kindersterblichkeit be-
merkbar, was zu der gleichmäßig aufgebauten Alterspyramide führte. 1970/71 ist
zu erkennen, dass gerade noch genügend Kinder geboren wurden, um die Eltern-
generation zu ersetzen. Doch die Kindersterblichkeit sank, entgegen vieler An-
nahmen z.B. der Vereinten Nationen, immer weiter und so kam es zu der sich
ständig deutlicher abzeichnenden Tannenbaumform.
14
2.1.2 Geburten vs. Mortalität
15
Die Geburtenrate hat den größten langfristigen Einfluss auf die Entwicklung der
Bevölkerungszahl, wie in der folgenden Abb. 3 erkennbar.
Abbildung 3: Entwicklung und Prognosen der Geburtenraten
16
13
Statistisches Bundesamt: Qualitätsbericht. Sterbetafel.
http://www.destatis.de/download/qualitaetsberichte/qualitaetsbericht_bevoelk_sterbetafel.pdf,
Wiesbaden Juli 2006, S. 4: Die Sterbetafel ist das zentrale Konzept der Mortalitätsanalyse, die
eine Sterblichkeitsziffer ist, bezogen auf die Gesamtbevölkerung. Die Sterbetafel ist eine Tabel-
le, die, für Männer und Frauen getrennt, zeigt, wie viele von 100.000 Neugeborenen aufgrund
der Sterbewahrscheinlichkeit in den einzelnen Altersjahren sterben werden, wie hoch also die
Lebenserwartung ist. Sie stellen eine Querschnittsbetrachtung dar; es handelt sich also nicht
um Angaben für Personen eines Geburtenjahrganges, sondern um den Querschnitt über alle
Altersjahre in der jeweils aktuellen Bevölkerung. Die durchschnittliche Lebenserwartung gibt die
Zahl der Lebensjahre an, die eine Person in einem bestimmten Alter nach den gegenwärtigen
Sterblichkeitsverhältnissen noch zu erwarten hat, ohne Berücksichtigung möglicher Verände-
rungen: Ziel ist die Ermittlung der durchschnittlichen Lebenserwartung.
14
Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland. In: Perspektive 2050..., a.a.O.,
S. 14
15
Ebenda S. 15 ff.
16
Entnommen aus: Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland.
In: Perspektive 2050..., a.a.O., S. 16
Entwicklung und Prognosen der Geburtenraten
- Geburtenrate (TFR) in Kindern je Frau -

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
8
Diese Abb. verdeutlicht die voraussichtliche Entwicklung der Geburtenrate von
1960 bis 2050. Bei der Geburtenrate
17
(Total Fertility Rate ­ TFR) handelt es sich
um eine altersstrukturbereinigte, zusammengefasste Gesamtgeburtenrate (TFR),
eine auf ein Jahr bezogene Querschnittsbildung aus dem Geburtsverhalten aller
Frauenjahrgänge im Alter zwischen 15 und 45 Jahren.
Um die Elterngeneration ersetzen zu können, müssen von 100 Frauen 210 Kinder
geboren werden. Kein Forscher geht davon aus, dass diese Geburtenrate in
Deutschland bis 2050 wieder erreicht wird. Nach Berechnungen des Statistischen
Bundesamtes liegt die Geburtenrate (TFR) bei durchschnittlich 1,4 Kindern pro
Frau, also weit unter der Orientierungsmarke von 2,1.
In Deutschland hat sich, wie
auch in vielen anderen westdeutschen Industriestaaten, dabei nicht der Trend zur
Ein-Kind-Familie durchgesetzt; deutsche Paare haben i.d.R. 2 Kinder. Anderer-
seits haben 28 % der westdeutschen Frauen der Jahrgänge 1962 bis 1966 über-
haupt keine Kinder bekommen; der Anteil der kinderlosen Akademikerinnen ist mit
42 % sogar noch höher. Somit hat sich die grundsätzliche Entscheidung für oder
gegen eine Familie mit Kindern in den letzten Jahrzehnten zur kinderlosen Ehe hin
verschoben.
18
Nicht nur die Geburtenrate, auch, wie erwähnt, die Mortalität (Sterberate) beein-
flusst Menge und altersmäßige Zusammensetzung der Bevölkerungszahl. Seit
Beginn des 20. Jahrhunderts sank zwar die Geburtenrate, aber ebenso die Kin-
dersterblichkeit dank der verbesserten medizinischen Versorgung. Die Lebenser-
wartung der in Deutschland geborenen Kinder ist im Laufe des letzten Jahrhun-
derts um 30 Jahre gestiegen. Auch in Zukunft ist mit einer höheren Lebenserwar-
tung zu rechnen: Für heute geborene Jungen auf 81,1 Jahre und für gleichaltrige
Mädchen auf 86,6 Jahre. Dies bedeutet, verglichen mit der aktuellen Lebenser-
wartung, eine Steigerung um je rd. sechs Prozent.
19
17
Dinkel, Reiner Hans: Demographie. Band 1: Bevölkerungsdynamik. München 1989, S. 7:
In der Demographie steht der Ausdruck Fertilität für die tatsächliche Realisierung von Nach-
kommen. Die Fertilität ist viel später als die Mortalität zum Gegenstand der Analyse geworden.
18
Diese Tatsache wird nicht unwichtig sein für die später zu behandelnden ,,Human Resources"
für den Arbeitsmarkt.
19
Esche, Andreas; Petersen, Thieß; u.a.: Jugend und Arbeit..., a.a.O., S. 42

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
9
2001 2010 2020
2030 2040
2050
60 Jahre und
19,7 21,4 23,9 27,69 27,3
26,8
unter 20 Jahre
17,5 15,4 14,5
13,8 13,1
12,3
Die Alterung der Gesellschaft
Angaben in Millionen
10
15
20
25
30
2001
2010
2020
2030
2040
2050
60 Jahre und älter
unter 20 Jahre
Abbildung 4: Die Alterung der Gesellschaft
20
Bis 2050 wird es immer weniger Menschen geben, die jünger als 60 Jahre sind. In
Abb. 4 wird dies verdeutlicht im Vergleich der absoluten Zahlen der unter
20-Jährigen und der über 60-Jährigen in ihrer Entwicklung von 2001 bis 2050.
Man erkennt, wie sich die Alterstruktur bis 2050 in Deutschland wahrscheinlich
entwickeln wird.
21
Ein für den Demographen eher marginales Problem wird für unser Thema später
größere Bedeutung gewinnen, das der geographischen Differenzierung der Alters-
struktur (Nord-Süd- /Ost-West-Gefälle). Periphere Gebiete leiden unter Abwande-
rung junger und motivierter Arbeitskräfte, die restliche bleibende Bevölkerung al-
tert überdurchschnittlich. Das Verhältnis zwischen Unternehmen auf der Suche
nach Arbeitskräften und mehr oder weniger mobilen Erwerbsfähigen gilt es in ver-
nünftige Relation zu setzen.
22
2.1.3 Migration
23
Obwohl in Deutschland seit den 70er Jahren immer weniger Kinder geboren wur-
den als Menschen starben, hat die Einwohnerzahl weiter zugenommen.
20
Entnommen aus: Esche, Andreas; Petersen, Thieß; u.a.: Jugend und Arbeit..., a.a.O., S. 43
21
Die Jahreszahl 2050 ist ein wichtiger Bezugspunkt, weil Veränderungen im Gebärverhalten der
jetzt geborenen Frauen erst ab etwa diesem Jahr wirksam werden.
22
Esche, Andreas; Petersen, Thieß; u.a.: Jugend und Arbeit..., a.a.O., S. 42
23
Vgl. zum Thema Migration und Arbeitswelt: Als Einführung: Heilemann, Ullrich;
von Loeffelholz, Hans Dietrich: Ökonomische und fiskalische Implikationen der Zuwanderung
nach Deutschland. RWI-Papiere, Nr. 52, Essen 1998 und Stoll, Regina: Ausländische Arbeit-
nehmer und Arbeitnehmerinnen. Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt- und Berufsfor-
schung. BA Nürnberg 1999. Erschöpfend zu ihrer Zeit haben das Thema zwei Dissertationen
behandelt:
Poschner, Hans: Die Effekte der Migration auf die soziale Sicherung. Universität Regensburg
1996 und Bauer, Thomas: Arbeitsmarkteffekte der Migration und Einwanderungspolitik. Eine
Analyse für die Bundesrepublik Deutschland. Diss., Universität München, gedruckt in Heidel-
berg 1998

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
10
Deutschland ist nach 1945 das größte Einwanderungsland Europas geworden.
24
Von 1965 bis 1990 nahm die Bundesrepublik 3,3 Einwanderer pro 1.000 Einwoh-
ner auf, seit Anfang der 60er Jahre hat sich die Zahl der ausländischen Staatsan-
gehörigen von ca. 700.000 auf 7,3 Mio. erhöht. Hauptherkunftsländer sind die Tür-
kei (2.053.564
Personen) und die Staaten der Europäischen Union
(1.858.672 Personen).
25
Wie die folgende Abb. 5 zeigt, hatte die Migration einen
erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Bevölkerungszahl.
26
Entwicklung der Außenwanderung
- Ab- und Zuwanderung von und nach Deutschland in 1.000 Personen -
-1.500
-1.000
-500
0
500
1.000
1.500
1950 1960 1970 1980 1990 2000
Wanderungssaldo
Zuwanderung
Abwanderung
Abbildung 5: Entwicklung der Außenwanderung
27
Hier einige Gründe für die auffälligsten Migrationswellen:
28
· 1945 ­ 1961: Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen als Kriegsfolge,
· Von 1953/54 ­ 66: Erste große Zuwanderungswelle der ,,Gastarbeiter", be-
sonders aus der Türkei, Jugoslawien, Griechenland und Italien in der Zeit
des Wirtschaftswunders, aufgrund fehlender deutscher Arbeitskräfte,
24
Dinkel, Reiner Hans: Demographie. a.a.O., S. 305
25
Deutscher Gewerkschaftsbund: Grundsätze des Deutschen Gewerkschaftsbundes für die Re-
gelung der Einwanderung (Beschluss der Arbeitsgruppe Zuwanderung des DGB-
Bundesvorstandes vom 13.03.2001).
http://www.dgb.de/themen/migration/dokumente/zuw-grunds.pdf
26
Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland. In: Perspektive 2050..., a.a.O.,
S. 20
27
Entnommen aus: Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland.
In: Perspektive 2050..., a.a.O., S. 21
28
Ebenda, S. 20

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
11
· 1967/68: Abwanderung von ,,Gastarbeitern" in Jahren wirtschaftlicher Re-
zession,
· Ölkrise zu Beginn der 70er Jahre: Rückgang der Zuwanderungen, verstärkt
u.a. durch administrative Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland,
· 1973:
Anwerbestopp,
· Ab 1976/78: wieder stärkere Zuwanderung durch nachziehende Familien-
angehörige,
· 1981: Gegensteuerung der Bundesregierung durch finanzielle und admi-
nistrative Anreize zur Re-Emigration,
· Ab 1986: mit Beginn von Glasnost und Perestroika Zuzüge von deutsch-
stämmigen Aussiedlern aus den ,,Ostblockstaaten",
· 1992: Höhepunkt der Einwanderungswellen: Nach dem Fall des Eisernen
Vorhangs, den Veränderungen in den Staaten der einstigen Sowjetunion,
Bürgerkriegen und Bevölkerungsverschiebungen im ehemaligen Jugosla-
wien wanderten (netto) 782.000 Menschen nach Deutschland ein.
Seither sind die Zahlen rückläufig.
29
Demographen selbst und politische Entschei-
dungsträger sind sich nicht wirklich einig über die weitere Entwicklung der Migrati-
on: Kann, muss sie und mit welchen Methoden gesteuert werden, inwieweit ist sie
politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell wünschbar oder realisierbar? Das Sta-
tistische Bundesamt z.B. nimmt eine jährliche Nettozuwanderung von
300.000 Personen an, die Vereinten Nationen (UN) schätzen, dass in den kom-
menden 50 Jahren im Durchschnitt jährlich 211.000 Menschen netto in die Bun-
desrepublik einwandern.
30
Nach einer Studie der UN ist (Im-)Migration allein kein Weg, um fortschreitende
Schrumpfung und Alterung einer Gesellschaft dauerhaft aufzuhalten. Um den Be-
völkerungsrückgang zu kompensieren, müssten dauerhaft jährlich
344.000 Menschen (netto) einwandern; ,,(...) um das Verhältnis zwischen der Er-
werbsbevölkerung und den über 65-Jährigen bis zum Jahr 2050 konstant zu
29
Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland. In: Perspektive 2050..., a.a.O.,
S. 20
30
Ebenda, S. 20

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
12
halten, müssten theoretisch pro Jahr 3,62 Mio. Einwanderer nach Deutschland
kommen".
31
Nur auf sehr kurze Sicht wäre dies volkswirtschaftlich vertretbar, sozi-
al-kulturell und politisch hingegen schwerlich. Die ,,Deutschen" würden rasch zu
einer Minderheit im eigenen Land. Migranten bleiben zunehmend dauerhaft in
Deutschland und würden mit einiger zeitlicher Verzögerung viele Probleme, die sie
eigentlich lösen sollten, nur verschärfen: Mit fortschreitendem Alter nehmen sie die
Sozialsysteme stärker in Anspruch, ihr Regenerations- und Konsumverhalten wür-
de sich dem der Einheimischen anpassen (weniger Kinder, usw.) und ohne drin-
gend nötige gezielte Einwanderungspolitik würde die Integration auch künftig so
wenig wie bisher gelingen.
Andererseits: Auch Deutsche sind Immigranten im Ausland. Sie waren es schon
lange und häufig, aus wirtschaftlicher Not oder auf der Flucht vor Diktatur (Drittes
Reich). Heute sind es vor allem gut ausgebildete Fachkräfte, die Deutschland ver-
lassen ­ denn nur sie werden in den meisten Ländern akzeptiert ­ etwa
100.000 Personen jährlich: In die Schweiz (Dienstleister, Wissenschaftler), nach
Kanada, Australien (Facharbeiter), England, Skandinavien (Mediziner), Vereinig-
ten Staaten (Personen aus Lehre und Forschung, Ingenieure).
32
Mehr als die Hälf-
te ist jünger als 35 Jahre, es sind die Optimisten, Risikofreudigen und Innovativen:
Sie ,,fliehen" nicht nur wegen Problemen des Arbeitsmarkts, sondern sind oft frust-
riert von starren Sozialsystemen, Perspektivlosigkeit, negativen Aspekten des de-
mographischen Wandels. In vielen anderen Ländern finden sie meist bessere
Standortbedingungen, weniger Steuer- und Sozialabgaben, bessere Infrastruktur
für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
33
Man sollte alles tun, diese lebens-
tüchtigen Eliten ,,nicht fliehen" zu lassen, sondern sie zum Bleiben zu motivieren.
34
31
Dickmann, Nicola: Der demographische Wandel in Deutschland.
In: Perspektive 2050..., a.a.O., S. 22
32
Vgl. Bräutigam, Gregor: Arbeitsmarktökonomie. Marktlogik ­ Marktpolitik ­ Marktkonsequenzen.
Aachen 2004, S. 179 und Ginsburg, Hansjakob: Motivierte Köpfe. In: Wirtschaftswoche, Ausga-
be 11.12.2006, S. 40 ff. und Zander, Henning: Deutsche Mediziner sind gefragt. In: Die Welt,
14.04.2007, S. B 2
33
o.V.: FAZ.NET mit Material von FAZ und Agenturen: Auswanderung. 145.000 Deutsche suchen
ihr Glück im Ausland. http://www.faz.net/s/Rub2ED1D653476A4471A80381152324
EAC2/Doc~EBC670F1BC7AC42AEB80161F379E51C75~ATpl~Ecommon~Scontent.html
34
Bräutigam, Gregor: Arbeitsmarktökonomie..., a.a.O., S. 179

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
13
2.2 Mögliche Gründe für den Geburtenrückgang
2.2.1 Einkommen und Kinderkosten
35
,,'Ein Kind kostet ein Einfamilienhaus, bis es selbständig ist'", (so lautet eine alte
,,Bauernregel"), obwohl der Staat die Familien über Sozialversicherungen, Famili-
envergünstigungen, Bereitstellung kostenloser Bildungsstrukturen und sonstiger
finanzieller Transfers unterstützt. Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaft
(IfW)
36
, brachte der Staat im Jahr 2000 für die verschiedenen familienpolitischen
Maßnahmen 164,2 Mrd. auf; berücksichtigt man die Ausgaben für BAföG und
Hochschulausbildung, ergibt sich ein Betrag von 176,4 Mrd. . Für Bildungsein-
richtungen gab der Staat etwa 62,3 Mrd. aus. Nach dieser Studie belaufen sich
die direkten Kosten für Kinder, die im Haushalt der Eltern leben, auf 96,5 Mrd. ,
die Kinderbetreuung durch die Eltern verursacht einen Einkommensausfall von
schätzungsweise 202,8 Mrd. . Das IfW kommt damit zu dem Schluss, dass
ca. 45 % der gesamten Kinderkosten durch die Allgemeinheit getragen werden.
Ein einzelnes Kind kostet die Eltern rd. 800 pro Monat, ein Betrag, der durch
staatliche Transferleistungen (Kindergeld, etc.) auf ca. 600 reduziert wird. Bis
zur Volljährigkeit wenden Eltern für die Erziehung eines Kindes etwa 130.000
auf, mit der erweiterten Ausbildung bis zum 25. Lebensjahr sind es rd. 180.000 .
Würde man nun diesen Betrag sparen und verzinsen, so bewahrheitete sich die
anfangs zitierte ,,Bauernregel".
Anders als man vermuten könnte, ist die Kinderzahl umgekehrt proportional zum
Haushaltseinkommen, s. Tabelle 1:
Monatliches Haushaltsnetto-
einkommen in Euro
Kinder je 100 Ehen
bis 1.530
178
1.531 - 2.550
177
2.551 - 3.830
169
über 3.831
161
Tabelle 1: Einkommen und Kinderzahl
37
35
Dickmann, Nicola; Seyda, Susanne: Gründe für den Geburtenrückgang. In: Perspektive 2050...,
a.a.O., S. 42 ff.
36
Vgl. Dickmann, Nicola; Seyda, Susanne: Gründe für den Geburtenrückgang.
In: Perspektive 2050..., a.a.O., S. 42 ff.
37
Entnommen aus: Ebenda, S. 43

Darstellung des demographischen Wandels in Deutschland
14
Allerdings scheinen nicht allein die direkten Kosten ausschlaggebend zu sein bei
der Entscheidung für oder gegen Kinder, sondern der hohe Zeitaufwand, den die
Kindererziehung erfordert und der so auch zur doppelten Schmälerung des Ein-
kommens beiträgt. Doppelt, da das Kind selbst Wirtschaftwerte konsumiert und
Kosten verursacht und dazu noch einen Elternteil von der Erwerbstätigkeit abhält.
Ein weiterer Grund dafür, dass in Deutschland das Einverdienermodell überwiegt,
ist die traditionell bestehende Form des Ehegattensplittings im Steuerrecht, das
man z.B. durch ein die Kinder einbeziehendes Familiensplitting erweitern könnte.
Ein weiterer Grund liegt in der unterschiedlichen Vergütung und Besteuerung der
Haushaltsarbeit mit Kindererziehung und der Erwerbstätigkeit außerhalb der Fami-
lie (Opportunitätskosten). Die Haushaltsarbeit wird nicht bezahlt und also auch
nicht versteuert. Würde man Haushalts- und Erziehungsarbeiten an Dritte verge-
ben, müsste aus dem Nettoeinkommen des Ehepaares ein Bruttolohn gezahlt
werden. So würde, aufgrund der hohen Lohnnebenkosten, das zweite Einkommen
fast vollständig für die Vergabe der Arbeiten in Haushalt verbraucht.
38
Der prinzi-
pielle finanzielle Vorteil von zwei Einkommen pro Familie würde hinfällig werden
und die Bevorzugung des Einverdienermodells ratsam erscheinen lassen.
Dazu begünstigt die tradierte gesellschaftliche und auch von einigen Pädagogen
wissenschaftlich fundierte Vorstellung über die bessere Qualität der Kinderbetreu-
ung im Elternhaus in den ersten Lebensjahren des Kindes, die Übernahme der
Haus- und Erziehungsarbeit durch einen der beiden Ehepartner.
Die folgende Abb. 6 zeigt das verfügbare Jahreseinkommen von Haushalten mit
und ohne Kinder:
38
An die naheliegende Schwarzarbeit soll nicht einmal gedacht werden!!

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836609784
DOI
10.3239/9783836609784
Dateigröße
4.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Düsseldorf – Wirtschaft, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2008 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
personal personalbeschaffung demographie familie beruf
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Titel: Personalbereitstellung unter der besonderen Berücksichtigung der demographischen Entwicklung
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