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Analyse des bulgarischen Bankensektors vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung

Chancen und Probleme für österreichische Kreditinstitute

©2008 Diplomarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Diese Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über den bulgarischen Bankensektor. Im Zeitraum 1945/46 bis 1989 wurde er der Planwirtschaft angepasst. Das Bankensystem war einstufig, wobei die Nationalbank auch die Funktionen von Geschäftsbanken übernahm. Die schwache wirtschaftliche Performance während der ersten Hälfte der Neunzigerjahre mündete in der schwersten Banken- und Finanzkrise in Bulgarien nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Bankensektor wurde durch die Krise am stärksten betroffen. Die Vergabe von uneinbringbaren Krediten, schlechtes Bankmanagement und ineffiziente Bankenaufsicht, Veruntreuung von Geldern und hohe Staatsverschuldung waren die Auslöser dieser Krise.
Nach deren Überwindung wurde in Bulgarien am 1. Juli 1997 ein Währungsrat eingeführt, womit eine allgemeine Stabilisierung des Finanzsystems einher ging. Von 1997 bis 2006 fand eine Privatisierung im Finanz- und Realsektor statt. Über 80 % der Aktiva befanden sich Ende 2006 im Besitz großer ausländischer Bankengruppen.
Darunter sind die zwei österreichischen Bankengruppen BA-CA und Raiffeisenbank, durch ihre Tochterbanken UniCredit Bulbank und Raiffeisenbank Bulgarien am bulgarischen Bankenmarkt präsent. Während das größte bulgarische Kreditinstitut durch Übernahmen und Fusionen von drei ehemaligen staatlichen Banken entstand, setzte die Raiffeisengruppe auf die Gründung einer eigenen Tochterbank, die als erste hundertprozentige ausländische Investition in der Geschichte in das bulgarische Bankwesen einging. Aufgrund ihrer langen Tradition in Bulgarien und in anderen CEE Ländern behandeln sie diese Märkte als erweiterte Heimmärkte. Ein anderer Grund für ihre Expansion nach Osteuropa liegt daran, dass diese Märkte derzeit überproportional wachsen und das Wachstumspotenzial langfristig hoch bleibt, weil die Durchdringung der Bankdienstleistungen noch gering ist.
Vor dem Hintergrund des EU-Beitritts Bulgariens am 1. Januar 2007 wurden viele neue Gesetze zur Stärkung des bulgarischen Bankensektors verabschiedet und die rechtlichen Rahmenbedingungen fast vollständig an die geltenden EU-Richtlinien angepasst. Damit sinkt das Ausfallrisiko für österreichische Tochterbanken. Allerdings bringt der Kampf um Markanteile und die damit verbundene Ausweitung der Kreditvergabe auch an die Kunden mit schlechterer Bonität zusätzliche Risiken mit sich. Weil der bulgarische Markt klein ist und Kunden mit guten Einkommensverhältnissen rar sind, mildern die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung und Fragestellung

2. Rechtlichen Rahmenbedingungen
2.1 Kurzer historischer Überblick über den bulgarischen Bankensektor
2.1.1 Bankwesen bis 1989
2.1.2 Bankensystem von 1990 bis 1996
2.2.2.1 Konzessionierung
2.2.2.2 Eingriffe in Sonderfälle
2.2.3 Anforderungen an Eigenkapital und Liquidität
2.2.3.1 Anforderungen an das Eigenkapital
2.2.3.2 Anforderungen an die Liquidität
2.2.4 Vorschriften für das Kreditgeschäft
2.2.4.1 Diversifizierungsvorschriften
2.2.4.2 Kreditrestriktionen
2.2.5 Rechnungslegungsvorschriften und Publizitätsverpflichtungen
2.2.5.1 Rechnungslegungsvorschriften
2.2.5.2 Publizitätsverpflichtungen

3. Bestandaufnahme der Marktteilnehmer - aktuelle Zahlen
3.1 Anzahl und Struktur der Geschäftsbanken in Bulgarien
3.2 Österreichische Banken in Bulgarien
3.3 Ertragslage und Eigenkapitalrentabilität der in Bulgarien tätigen Kreditinstitute
3.4 Zusammensetzungen der Betriebserträge und Aufwendungen entlang der Geschäftsbereiche
3.5 Kapitaladäquanz und Liquidität

4.Aufzeigen von Entwicklungstendenzen in Bulgarien
4.1 Verschärfter Wettbewerb
4.2 Entwicklung des Einlagengeschäfts
4.3 Entwicklung des Kreditgeschäfts
4.4 Entwicklung anderer Geschäftsfelder

5. Positionierungsstrategien der Marktteilnehmer

6 . Chancen und Probleme für österreichische Kreditinstitute in Bulgarien vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung
6.1 Chancen
6.1.1 EU-Osterweiterung
6.1.2 Hoher Nachholbedarf auf den Markt
6.1.3 Schnelles Wirtschaftswachstum und steigendes Finanzvermögen
6.1.4 Know-how und gute Reputation der österreichischen Banken
6.1.5 Niedrige Lohnkosten
6.1.6 Gutausgebildete Arbeitskräfte
6.2 Probleme
6.2.1 Mangelnde Durchsetzung von Rechtsvorschriften
6.2.2 Beschränkte Kapazität der öffentlichen Verwaltung
6.2.3 Kleines Land mit niedrigem Volkseinkommen
6.2.4 Niedriges Vertrauen in Bankensektor
6.2.5 Kapitalmarkt mit geringe Liquidität
6.2.6 Hoher Anteil der Schattenwirtschaft
6.2.7 Kulturellen und sprachlichen Besonderheiten
6.3 Risiken
6.3.1 Kreditrisiken
6.3.2 Makroökonomische Risiken
6.3.3 Politische Risiken

7. Schlussbetrachtung

Anhang
Anhang 1: Kennzahlenhierarchie der Raiffeisenbank Bulgarien für die Geschäftsjahre 2005 und 2006
Anhang 2 : Die Geschäftsbanken in Bulgarien

Literaturverzeichnis

Zeitungen/ Zeitschriftenregister

Rechtsquellenregister

Eidesstattliche Erklärung

Danksagung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Das Logo der bulgarischen Nationalbank

Abbildung 2: Die Entwicklung der Zinsspanne im Zeitraum 2000-2006

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die zehn wichtigsten Geschäftsbanken in Bulgarien

Tabelle 2: Marktanteil an der Gesamtaktiva, Filialen und Mitarbeiter

Tabelle 3: Die Rentabilitätskennzahlen des bulgarischen Bankensektors

Tabelle 4: Ertrags-Aufwand-Relationen des bulgarischen Bankensektors

Tabelle 5: Eigenmittel- und Eigenkapitalquoten des bulgarischen Bankensektors

Tabelle 6: Die Liquiditätsausstattung der Banken in Bulgarien

Tabelle 7: Marktanteil der Banken im Segment der Einlagen

Tabelle 8: Marktanteile der einzelnen Banken in Segment der Verbraucherkredite

Tabelle 9: Marktanteile der einzelnen Banken im Segment der Wohnbaukredite

Tabelle 10: Marktanteile der Top-10 Banken im Segment der Unternehmenskredite

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung und Fragestellung

Diese Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über den bulgarischen Bankensektor. Im Zeitraum 1945/46 bis 1989 wurde er der Planwirtschaft angepasst. Das Bankensystem war einstufig, wobei die Nationalbank auch die Funktionen von Geschäftsbanken übernahm. Die schwache wirtschaftliche Performance während der ersten Hälfte der Neunzigerjahre mündete in der schwersten Banken- und Finanzkrise in Bulgarien nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Bankensektor wurde durch die Krise am stärksten betroffen. Die Vergabe von uneinbringbaren Krediten, schlechtes Bankmanagement und ineffiziente Bankenaufsicht, Veruntreuung von Geldern und hohe Staatsverschuldung waren die Auslöser dieser Krise.

Nach deren Überwindung wurde in Bulgarien am 1. Juli 1997 ein Währungsrat eingeführt, womit eine allgemeine Stabilisierung des Finanzsystems einher ging. Von 1997 bis 2006 fand eine Privatisierung im Finanz- und Realsektor statt. Über 80 % der Aktiva befanden sich Ende 2006 im Besitz großer ausländischer Bankengruppen.

Darunter sind die zwei österreichischen Bankengruppen BA-CA und Raiffeisenbank, durch ihre Tochterbanken UniCredit Bulbank und Raiffeisenbank Bulgarien am bulgarischen Bankenmarkt präsent. Während das größte bulgarische Kreditinstitut durch Übernahmen und Fusionen von drei ehemaligen staatlichen Banken entstand, setzte die Raiffeisengruppe auf die Gründung einer eigenen Tochterbank, die als erste hundertprozentige ausländische Investition in der Geschichte in das bulgarische Bankwesen einging. Aufgrund ihrer langen Tradition in Bulgarien und in anderen CEE Ländern behandeln sie diese Märkte als erweiterte Heimmärkte. Ein anderer Grund für ihre Expansion nach Osteuropa liegt daran, dass diese Märkte derzeit überproportional wachsen und das Wachstumspotenzial langfristig hoch bleibt, weil die Durchdringung der Bankdienstleistungen noch gering ist.

Vor dem Hintergrund des EU-Beitritts Bulgariens am 1. Januar 2007 wurden viele neue Gesetze zur Stärkung des bulgarischen Bankensektors verabschiedet und die rechtlichen Rahmenbedingungen fast vollständig an die geltenden EU-Richtlinien angepasst. Damit sinkt das Ausfallrisiko für österreichische Tochterbanken. Allerdings bringt der Kampf um Markanteile und die damit verbundene Ausweitung der Kreditvergabe auch an die Kunden mit schlechterer Bonität zusätzliche Risiken mit sich. Weil der bulgarische Markt klein ist und Kunden mit guten Einkommensverhältnissen rar sind, mildern die Institute in letzter Zeit ihre Anforderungen an die potentiellen Kreditnehmer. Damit erhöht sich das Kreditrisiko für die Banken.

Im Hinblick auf den EU-Beitritt des Landes sowie den fehlenden Kapazitäten in der öffentlichen Verwaltung liegt die Anforderung an den bulgarischen Bankensektor darin, bei der Innanspruchsnahme der EU-Förderungen eine aktive Rolle zu übernehmen. Gerade die österreichischen Tochterbanken, die als Marktführer im Firmenkundengeschäft positioniert sind, sollen von dieser einzigartigen Chance durch ihr Know-how, ihre gute Reputation sowie ihrer Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen profitieren. Investitionen in innovative und rentable Projekte werden zur Modernisierung des Realsektors und damit zur Verbesserung seiner Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Auf Grund dieser Schilderung schließt sich folgende Fragestellung an:

Wird der EU-Beitritt Bulgariens mehr Chancen für die am bulgarischen Bankenmarkt präsenten österreichischen Tochterbanken im Vergleich mit den damit verbundenen Problemen und Risiken bringen?

Um diese Frage zu beantworten, soll die Entwicklung des bulgarischen Bankensektors in den letzten Jahren analysiert werden. Im Rahmen der These werden folgende Aspekte des bulgarischen Bankenmarktes dynamisch betrachtet:

- die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen
- eine Analyse anhand aktueller Zahlenreihen, der Struktur sowie der Wettbewerbsverhältnisse mit Berücksichtigung der laufenden Fusionen und Übernahmen

- eine Kennzahlenanalyse der Top-10 Kreditinstitute hinsichtlich Ertragskraft, Rentabilität, Eigenmittelausstattung, Liquidität und Kosteneffizienz
- das Aufzeigen von Entwicklungstendenzen in den volumenstärksten Geschäftsbereichen
- die Positionierungsstrategien der Marktteilnehmer

Aufbauend auf den aktuellen Kennzahlen, Wettbewerbssituation und den geschilderten Trends werden dann die Chancen sowie die Probleme und Risiken für österreichische Tochterinstitute in Bulgarien analysiert. Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel. Auf einen historischen Abriss der turbulenten Entwicklung des Bankensektors folgt eine Darstellung der Organisation der Nationalbank und der Aufsicht. Danach werden die wichtigsten Rechts- und Regulierungsnormen beleuchtet.

Im Rahmen des dritten Kapitels werden dann die Struktur, die Präsenz der österreichischen Tochterbanken, die Marktanteile der Top-10 Institute in den wichtigsten Geschäftsfeldern sowie deren Kennzahlen für Rentabilität, Kosteneffizienz und Kapitalausstattung analysiert. Im vierten Kapitel werden die aktuellen Trends in den wichtigsten Geschäftsbereichen aufgezeigt, wobei Kreditgeschäft und Einlagengeschäft als volumenstärkste Geschäftsfelder in Mittelpunkt des Interesses stehen.

Kapitel Fünf bietet zu Beginn eine kurze theoretische Darstellung verschiedener Positionierungsstrategien, beschäftigt sich anschließend mit dem Angebot von mehreren Finanzdienstleistungen unter einem Dach und der Bildung von Bankengruppen. Aufbauend auf ihre dominante Stellung im bulgarischen Finanzsystem sowie ihre solide Kapitalausstattung gründeten diese Banken eigene Leasinginstitute sowie Gesellschaften für Konsumfinanzierung. Damit konnten sie die Kreditrestriktionen der BNB umgehen, nachdem sie Kreditportfolios auf ihre Nichtbankentöchter übertrugen. Den Einstieg von Banken ins Immobiliengeschäft wurde von zwei wesentlichen Gründen beeinflusst. Durch die Expansion von Hypothekarkrediten und von Firmenkrediten für den Bau von Hotels und Gewerbeimmobilien besitzen die Institute viele Immobilien, die sie in einem Moment veräußern müssen. Und sie haben den Vorteil, diese an Kunden, die bereits eine gute Bonität nachgewiesen haben, zu vertreiben.

Die bereits beschriebene Strategie wird von den großen Kreditinstituten bevorzugt, während die kleineren Banken eher auf eine Nischenstrategie einsetzen und sich nur in den Geschäftsbereichen positionieren, wo ihre Kernkompetenzen liegen. Die Chancen, Problemen und Risiken für österreichische Tochterbanken werden ausführlich in Kapitel sechs diskutiert.

Positive Aspekte für ihre zukünftige Tätigkeit am bulgarischen Bankenmarkt sind die Harmonisierung des Bankenrechts im engeren Sinn, der hohe Wachstumspotential des Marktes sowie der Zugang zu gut ausgebildeten und in der Regel mehrsprachigen Bankmitarbeitern, die zu vergleichsweise niedrigen Löhnen angestellt werden. Die gute Reputation von österreichischen Banken und ihre lange Präsenz an den Märkten in CEE sind jedenfalls als Wettbewerbsvorteile zu betrachten.

Die Probleme liegen in der schwierigen und oft umständlichen Eintreibung von Forderungen, dem niedrigen Einkommen, dem hohen Anteil der Arbeitnehmer, die nicht entsprechend der Höhe ihrer tatsächlichen Löhne angemeldet bzw. sozial versichert sind und damit ihre realen Einkommensverhältnisse nicht nachweisen können. Als weitere Hindernisse wurden die sprachliche Barriere, ein Kapitalmarkt mit geringer Liquidität sowie das niedrige Vertrauen in den Bankensektor beleuchtet. Immer noch nimmt ein Großteil der Bulgarinnen und Bulgaren keine Bankdienstleistungen in Anspruch, was aber nicht unbedingt auf die geringe Vertrauensbasis, sondern eher auf das niedrige Einkommen und den hohen Anteil der Schattenwirtschaft zurückzuführen ist.

2. Rechtlichen Rahmenbedingungen

2.1 Kurzer historischer Überblick über den bulgarischen Bankensektor

2.1.1 Bankwesen bis 1989

Das Bankwesen in Bulgarien ist eines der jüngsten in Europa. Nach der Befreiung von der türkischen Herrschaft 1878 wurden parallel zur Gründung der bulgarischen Nationalbank am 23. Mai 1897 mit einem Eigenkapital von 1,8 Millionen goldenen Lew auch die Gemeinwohlkassen und die Agrarkassen erneut ins Leben gerufen. Diese beiden Institutionen stellten die Weichen des bulgarischen Bankensystems. Im Jahr 1896 wurde die Postsparkasse gegründet und 1903 wandelte man die Agrarkassen in die Agrarbank um. Die nationale Währung, der goldene bulgarische Lew, wurde im Jahr 1880 eingeführt.1

Die bulgarische Hypothekenbank wurde 1927 und zwei Jahre später die bulgarische Kreditbank gegründet. Im Jahr 1934 fusionierte die bulgarische Agrarbank mit der bulgarischen Zentralkooperativbank. Alle bisher erwähnten Banken waren staatlich geführt.2

Der Privatbankensektor entwickelte sich ebenfalls. Im Jahr 1906 operierten 35 Aktien-Deposit-Banken, darunter auch die ersten drei Banken mit ausländischem Kapital. Die österreichischen Banken dominierten im Norden des Balkans, während die französische Louis Dreyfus Bank ein ausgedehntes Netz in allen Großstädten aufbaute. Die in Saloniki niedergelassene französische Alatini Bank hatte eine Monopolstellung bei Finanzierung von Getreidehandel im Süden inne.3

Bis 1929 stieg die Zahl der Banken auf 137. Während der Weltwirtschaftskrise 1929-1933 sank ihre Zahl auf 82, Mitte 1934 gab es nur 34 Banken. Dieser Zustand blieb bis Ende des zweiten Weltkrieges unverändert.4

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Bankwesen grundlegend verändert. Im Jahr 1947 fand die Nationalisierung der Industrie, der Minen und der Privatbanken statt. Von den damals funktionierenden Banken sind nur die Nationalbank (BNB), die außer ihrer Emissionsfunktion auch die Kreditvergabe der Unternehmen übernommen hat, und die Post-Kreditbank geblieben. Zur Finanzierung der Investitionen wurde die bulgarische Investmentbank gegründet. Es folgten Jahre endloser und in den meisten Fällen eigenwilliger administrativer Veränderungen in der Struktur und den Funktionen des Bankensystems. Im Jahr 1951 wurde die Post-Kreditbank geschlossen. Ihre Tätigkeit übernahm die staatliche Sparkasse (Derzhavna Spestovna Kassa).

Die bulgarische Außenhandelsbank (Bulbank), die die gesamten Devisenaktivitäten und Finanzbeziehungen des Landes mit dem Ausland übernommen hatte, wurde im Jahr 1964 gegründet. Nach der Schließung der bulgarischen Investmentbank im Jahr 1967 führten die BNB und DSK ihre Aktivitäten fort. Im Jahr 1969 wurden die speziellen Banken, die bulgarische Industriebank und die bulgarische Agrar- und Handelsbank, gegründet, jedoch ein Jahr später bereits wieder geschlossen. Die im Jahr 1981 neugegründete Mineralbank wurde im nächsten Jahr in die Bank für Wirtschaftsinitiativen-Mineralbank umgewandelt.5

Bis Sommer 1987 existierten vier hoch spezialisierte Banken: die bulgarische Nationalbank (BNB), die bulgarische Außenhandelsbank (die heutige UniCredit Bulbank), die staatliche Sparkasse (DSK) sowie einer für Kredite an kleinere Unternehmen zuständige Mineralbank.

Nur die Nationalbank und die Sparkasse verfügten über ein Filialnetz. Die anderen beiden Banken sollten für ihre Aktivitäten das Filialnetz der BNB benutzen.6

Die Reform des Jahres 1987 hatte zum Ziel, eine Teilliberalisierung der Bankaktivitäten herbeizuführen und damit eine Transformation des Banksystems in Gang zu setzen.

In einem ersten Schritt zu einem zweistufigen Banksystem wurden sieben branchenmäßig spezialisierte Investitionsbanken aus der Nationalbank ausgegliedert, welche künftig mit der Mineralbank für die Kreditgewährung an die Unternehmen zuständig waren.

In einem zweiten Schritt wurden zudem Ende 1989 die siebenundsechzig ehemaligen Zweigstellen der BNB zu unabhängigen regionalen Geschäftsbanken erklärt und ab 1. Januar 1990 das verbleibende Hauptquartier der Nationalbank ausschließlich als Notenbank eingesetzt.7

2.1.2 Bankensystem von 1990 bis 1996

Im Jahr 1990 wurden erstmals Lizenzen für die Gründung von privaten Banken vergeben. Im Juni 1991 trat das Gesetz über die BNB in Kraft, das die Rolle, die Ziele sowie die Funktionen der BNB und der Geschäftsbanken regelte. Im Jahr 1992 wurde das Gesetz über das Bank- und Kreditwesen verabschiedet. Dieses Gesetz gewährte den neuen staatlichen Banken mehr Autonomie.

Die Bankreform hat zwar die Zweiteilung des Finanzsektors, die Trennung von Geschäftsbank- und Zentralbankfunktionen, erreicht, aber mit zahlreichen kleinen Geschäftsbanken im Staatsbesitz viele neue Probleme verursacht.

Da sich die zahlreichen staatlichen Banken als ineffizient erwiesen, errichtete die Regierung Anfang des Jahres 1992 die Bankkonsolidierungsgesellschaft (BCC), um die Entstehung größerer operativer Einheiten durch Fusionen voranzutreiben. Alle direkt oder indirekt vom Staat gehaltenen Bankaktien, also die Anteile der Nationalbank, anderer Staatsbanken und Staatsunternehmen wurden in der BCC eingebracht. Unter dem Dach und der Aufsicht der BCC sollten sich die kleinen Banken auf freiwilliger Basis zu Instituten mit einer überlebensfähigen Größenordnung zusammenschließen. Die erste große Fusion hat zweiundzwanzig Gesellschaften in der United Bulgarian Bank (UBB) zusammengeführt, welche am 1. Januar 1993 mit einem Grundkapital von 680 Mio. BGN (ca. 52 Mio. CHF damals) ihre Tätigkeit aufgenommen hat.

Dieser Konsolidierungsprozess führte zu einer Verringerung der Anzahl der Banken von einundachtzig im Jahr 1992 auf vierundvierzig im Jahr 1995, die mehrheitlich privat waren.

Bei der genauen Untersuchung der Kapitalisierung der Banken ergab sich jedoch ein anderes Bild. Mit 24,8 Mrd. BGN verfügte die Bulbank über 50 % des gesamten Eigenkapitals des bulgarischen Bankensektors (BBS). Die Bilanzsumme der Bulbank betrug damals 220 Mrd. BGN und entsprach bei 636 Mrd. BGN Gesamtgeschäft einem Anteil von rund 35 % des BBS. Im Jahr 1989 erfolgte nach einem Regierungsbeschluss die Übertragung der gesamten Verbindlichkeiten der Bulbank auf die BNB und andere Geschäftsbanken.8

Am Anfang der Reformen wurden die ausländischen Banken nicht auf dem bulgarischen Markt zugelassen. Erst im Jahr 1994 etablierten sich mit der Eröffnung von Zweigstellen der griechischen Hiosbank und der niederländischen ING-Bank in Sofia die ersten ausländischen Investoren auf dem bulgarischen Bankensektor. Allerdings die erste Volllizenz für alle Bankgeschäfte im Inland und Ausland, erhielt im Juni 1994 die Raiffeisenbank Bulgarien und ist damit als die erste hundertprozentige ausländische Investition im bulgarischen Bankensektor in die Geschichte eingegangen.

Ein zweites Kernelement der Bankreform betraf die vielen, größtenteils an Staatsunternehmen gewährten Kundenkredite, die von Schuldnern nicht mehr bedient wurden. Ein Teil dieser Ausstände stammt aus der planwirtschaftlichen Vergangenheit, aus Darlehen, die nicht auf der Basis einer Analyse von Risiko und Kreditwürdigkeit sondern auf Grund politisch-administrativer Entscheide verteilt worden sind und oft als versteckte Subventionen dienten. Bei der Dezentralisierung nach 1987 wurden diese Kredite einfach auf die neuen Geschäftsbanken aufgeteilt. Dieses Problem wurde durch zwei weitere Problemen verschärft. Das erste Problem lag bei den hohen Zinsen. Nach der Preisliberalisierung stieg der nominelle Zinssatz stark infolge der hohen Inflation. Sogar Unternehmen, die ihre Kredite zurückzahlen konnten, sahen sich aufgrund des hohen Zinssatzes in großen Schwierigkeiten konfrontiert. Hätten die Banken diese Kredite als uneinbringbar eingestuft, wären sie vielleicht selbst von der Insolvenz bedroht gewesen. Deswegen wollten die Banken die uneinbringbaren Kredite nicht als solche deklarieren.

Das zweite Problem bestand darin, dass ein Grossteil dieser Kredite in harter Währung ausgestellt war. In den Achtziger Jahren hat Bulgarien große Geldsummen von ausländischen Banken geliehen, die vom zentralen Plansystem verteilt wurden. So wurden die Kredite als Zentralbankkredite an die Unternehmen gewährt, obwohl sie keine solchen waren. Im Zuge der Transformation des Bankensektors sind diese zu realen Krediten geworden, die von den Unternehmen zurückbezahlt werden sollten. Wären diese Kredite in bulgarischen Lew denominiert, hätte die hohe Inflation 1991 ihr Volumen stark reduzieren können.9

Das Problem verschärfte sich, nachdem die Unternehmen weder die Zinsen noch den Kreditbetrag gezahlt hatten. Zwischen 1991 und 1996 unterstützten auch die Regierungen diese Politik der Unternehmen, weil sie hohe Arbeitslosigkeit und soziale Unruhen befürchteten. Die Banken erkannten die Sensibilität der Situation und unterstützten die Unternehmen weiter, da sie mit einer Bail Out seitens der Regierung rechneten, falls keine Rückzahlung der Kredite erfolgt. Diese Protektionsmaßnahmen schufen eine Atmosphäre, in der es keine Anreize gab, die Effizienz des Finanzsystems zu verbessern. Die Betriebsmanager nutzten diese Situation für eigene Zwecke, in dem sie die Gewinne der Betriebe hinterzogen. Weitere uneinbringbaren Kredite wurden von den Geschäftsbanken selbst generiert. Schlechte Regulation und Aufsicht schufen den günstigen Nährboden für Korruption und consumption on the job. 10

Alle diese Probleme führten zur Verabschiedung des Gesetzes über ZUNK-Bonds am Ende des Jahres 1993.11 Nach diesem Gesetz wurden die Kredite staatlicher Unternehmen, die bis zum Ende des Jahres 1990 gewährt und mehr als 180 Tagen nicht bedient wurden, in ZUNK- Bonds umgetauscht. Zwischen 1991 und 1994 wurden in Lew lautende Anleihen gemäß dem Dekret des Ministerrates Nr. 244/91 und Nr. 186/93, dem Artikel 4 des ZUNK-Gesetzes vom 31. Dezember 1993 und dem Dekret Nr. 5/94 des Ministerrates ausgestellt. Außerdem wurde eine in US-Dollar gekennzeichnete Emission nach Artikel 5 des ZUNK-Gesetzes ausgegeben.12

Das Ziel dieser Emissionen war es die Schulden des Wirtschaftssektors in Staatsschulden zu transformieren. Die Unternehmen mit den restrukturierten Krediten blieben weiterhin Schuldner, aber nicht mehr der Banken, sondern des Staates. Diese Veränderung verfolgte zwei Ziele: zum einem die uneinbringbaren Kredite von den Bankbilanzen zu entfernen und zum anderen die weitere Entwicklung des Realsektor voranzutreiben.

Diese Treasury Bonds sind in book-entry Form emittiert, was einerseits die Kosten reduziert und andererseits ihr Handeln am Sekundärmarkt vereinfacht. Das Register für diese Bonds wird bei der BNB gehalten. Die Treasury Bonds haben in der Regel eine Laufzeit von 25 Jahren. Eine Ausnahme bilden die Anleihen mit einer Laufzeit von 19 Jahren gemäß dem Dekret Nr. 244/91 des Ministerrates sowie diese, die gemäß dem Dekret Nr. 186/93 nach 24 Jahren fällig werden. Die Tilgung beginnt nach 5 Jahren. Die Höhe der Ratenzahlungen bleibt über die Laufzeit gleich.13

Der Höhe des Zinssatzes der in Lew lautenden Bonds wird vom Leitzins bestimmt und wie folgt berechnet: Im ersten und zweiten Jahr beträgt die Höhe des Zinssatzes 1/3 des Leitzinses; im dritten und vierten Jahr 1/2 des Leitzinses; im fünften und sechsten Jahr 2/3 des Leitzinses; ab dem siebten Jahr bis zur Fälligkeit der Anleihen wird der Leitzins gezahlt.

Der Zinssatz der in US-Dollar denominierten Emission basiert auf der sechsmonatigen LIBOR (US-Dollar) und berechnet sich nach dem Durchschnitt der täglichen LIBOR innerhalb der letzten sechsmonatigen Zinsperiode. Die Zinsen werden halbjährlich gezahlt.14

2.1.3 Krise und weitere Entwicklung des Bankensektors

Mit vierundvierzig Banken zu Beginn des Jahres 1996 war der bulgarische Markt überversorgt. Das expansive Bankenwachstum schlug sich auch in der Vielzahl an Filialen nieder. Mit 2000 Einwohnern pro Filiale erreichte Bulgarien westeuropäisches Versorgungsniveau, während das auf jede Filiale durchschnittlich entfallende BIP mit 2,6 Mio. US-Dollar weit hinter den Transformationsländer in Mittel- und Osteuropa zurückblieb. Dadurch entstanden hohe Gemeinkosten, die die Banken zwangen, sich an hochspekulativen, risikoreichen Investitionen zu beteiligen.15

Ein weiterer Grund für die Krise lag beim Bankmanagement, das durch fehlendes Know-how oder bewusstes Missachten bankwirtschaftlicher Grundsätze ein risikoreiches und letztlich falsches Aktivgeschäft betrieb. Neue Bankangestellte wurden angelernt, es gab aber kein Ausbildungsprogramm zum Bankkaufmann oder ein Trainee-Programm für die zukünftigen Führungskräfte. Ein schwerwiegendes Problem lag darin begründet, dass die damalige Bankelite ausschließlich aus der Ära vor 1990 stammte und ihnen moderne Methoden des Bankmanagements unbekannt waren.16

Häufig wurden auf Weisungen des Topmanagements Kredite auf Basis persönlicher Beziehungen an verbundenen Unternehmen (soft budget constrains) und ohne betriebswirtschaftliche Prüfung vergeben.17

Auf Grund des Principal-Agent-Problems stieg das Ausfallrisiko durch Vergabe von Großkrediten enorm. Obwohl schon in den vergangenen Jahren die Vergabe von Großkrediten durch Regelungen und Verordnungen der Bankenaufsicht limitiert wurde, blieb eine allgemeine Nichtbeachtung der Bankenaufsicht folgenlos. Das Ergebnis war ein umfangreicher, das gesamte Bankensystem betreffender, Kreditausfall. Die Kreditinstitute versuchten mit einer Anhebung der Kreditzinsen einen Ausgleich des Zinsgeschäftes zu erreichen. Das führte zu Moral Hazard unter den Kreditnehmern: Kreditfinanzierungen wurden nur für risikoreiche Investitionen nachgefragt. Somit stieg gleichzeitig auch die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredits, was wiederum die Bankenkrise verschärfte.

Um die Verluste im Zinsgeschäft auszugleichen, verlagerten viele Banken ihren Aktivitäten auf spekulative Geschäfte mit Währungen und Staatsanleihen. Somit kam es zu einem Crowding-out des realen Sektors, was schließlich zu einem nachhaltigen Hindernis für die Gesundung der realen Wirtschaft Bulgariens führte.18

Mittels großzügiger Kredite versuchte die BNB, eine Mehrzahl der Banken zu retten. Auf diese Weise verlor die BNB die Kontrolle über die Geldmenge, da die Kredite zu einer Erhöhung der monetären Basis führten und die Inflation beschleunigten. Auch durch die Schließung von 14 Kreditinstitutionen unternahm die BNB ein weiterer Schritt, um die Bankenkrise zu bewältigen. Es gelang ihr schlussendlich aber nicht, den Prozess aufzuhalten, denn die adäquaten Maßnahmen kamen zu spät. Die Bankenkrise mündete in der schwersten Finanzkrise Bulgariens seit dem zweiten Weltkrieg. Auf Grund der Banken- und Finanzkrise von 1996/97 führte die bulgarische Volksversammlung zwei neue Gesetze ein: Das Gesetz über die BNB 19 und das Gesetz über die Geschäftsbanken (Bankengesetz).20 Mit der Verabschiedung des neuen Einlagensicherungsgesetzes21 im April 1998 wurde der Deposit Insurance Fund (DIF) eingerichtet und eine solide Basis für die Tätigkeit des Einlagensicherungsinstitutes geschaffen.

Zahlungen aus dem DIF erfolgen, wenn die BNB einer Geschäftsbank die Konzession entzieht. Mit den erworbenen DIF-Geldern werden die Verbindlichkeiten der betreffenden Bank gegenüber Nichtfinanzinstitutionen und Privatkunden gedeckt.

Ein, die Konkurrenz verzerrendes, duales Einlagensicherungssystem blieb noch bis Ende des Jahres 2000 aufrecht. So hatte die staatliche Sparkasse DSK bis Ende 2000 eine Sonderstellung inne, da ihre Einlagen vom Staat zu 100 % garantiert wurden.

Das Einlagensicherungsinstitut funktioniert als eine Pflichtversicherung und wird mittels einer einmaligen Beitrittsgebühr der neunundzwanzig Banken mit Volllizenz im Gegenwert von 1 % des Eigenkapitals (jedoch nicht weniger als 100.000 BGN) und den jährlichen Beiträgen der Kreditinstitute in der Höhe von 0,5 % der gesicherten Einlagen gedeckt.

Garantiert werden die Einlagen sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen unabhängig von deren Herkunft und der Währung. Der Deckungsgrad liegt gegenwärtig mit 40.000 BGN (ca. 20.000 EUR) und entspricht dem in der Richtlinie 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme verankerten EU-Mindeststandards von 20.000 EUR.

Am 1. Juli 1997 wurde in Bulgarien ein Währungsrat (Currency Board) geschaffen. Um Vertrauen in das Currency Board zu gewinnen und den vereinbarten Wechselkurs vor Änderungen zu schützen, wurde am 5. Juli 1997 das Gesetz über den Währungsrat verabschiedet.22

Mit der Einführung des Currency Board wurde die Entscheidung getroffen, den bulgarischen Lew an die deutsche Mark zu koppeln. Eine deutsche Mark wurde für 1000 BGN ausgetauscht. Nach der Denomination der Lew ab 1. Januar 1999 wurde dieses Verhältnis in eine Relation eins zu eins umgewandelt. Seit der Einführung des Euro am 1. Januar 2002 ist ein fixer Wechselkurs von ein Euro für 1,95583 Lew festgesetzt. In vielen Aspekten erwies sich der Währungsrat als großer Erfolg.23

Die Hyperinflation vom Februar 1997 sank von 578 % auf 1 % im Jahr 1998 und stieg dann 1999 auf 6,2 %. Trotz steigender Ölpreise betrug die Inflation 2000 nur 11,4 %. Die starke Senkung der nominalen Zinssätze führte zu einer erheblichen Senkung des Haushaltsdefizits. Die Wirtschaft erholte sich und begann zu wachsen. Das erreichte Wirtschaftswachstum war jedoch schwächer als man es sich von einer erholenden Wirtschaft erwartete.24

Nach der Einführung des Währungsrates wurde die BNB in drei Hauptabteilungen aufgeteilt: die Bankenabteilung, die Emissionsabteilung und die Abteilung für Bankenaufsicht. Eine Besonderheit des Currency Boards stellt innerhalb der Struktur der BNB die Bankenabteilung dar. Diese Abteilung hat, entgegen den Prämissen einer Zentralbank, in Ausnahmefällen (z. B. drohende Systemkrise) auf dem Wege der Kreditvergabe an grundsätzlich solvente, jedoch temporär illiquide Kreditinstitute in einem beschränktem Umfang die Möglichkeit als lender of last resort zu agieren.25 Außerdem wurden getrennte Bilanzen für die Emissions- und Bankenabteilung erstellt. Diese neue Aufteilung bringt wichtige Vorteile für Bulgarien als ein hoch verschuldetes Land mit laufendem Programm des internationalen Währungsfonds. Normalerweise führt die Zunahme der Devisenreserven zur Steigerung der Geldmenge und deren Abnahme zur Senkung der Geldmenge.26

Bei der Gestaltung des Währungsrates in Bulgarien wurden die Bilanzen so aufgestellt, dass alle die Staatsverschuldung betreffenden Operationen sich keinesfalls auf die Geldmenge auswirken sollten.

Die neue Politik nach der Krise sah eine schnelle Privatisierung des Bankensektors und die unkomplizierte Zulassung der ausländischen Banken auf dem bulgarischen Markt vor.27

Mit der Unterstützung des internationalen Währungsfond (IWF) und der Weltbank leiteten die bulgarischen Behörden die Privatisierung des Bankensektors ein. Gab es im Jahr 1993 keine ausländischen Banken in Bulgarien, gehörten im Jahr 2006 mehr als 80 Prozent der gesamten Bilanzsumme des bulgarischen Bankensektors ausländischen Kreditinstituten.

Die Aufsichtsfunktion über die Tätigkeiten von Kreditinstituten wird von der bulgarischen Nationalbank (BNB), im speziellen von der Abteilung für Bankenaufsicht, eine weitgehend autonome Organisationseinheit der BNB, wahrgenommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1:Das Logo der bulgarische Nationalbank28

Von 1947 bis 1990 funktionierte die BNB einerseits als staatliche Zentralbank, die das ganze Bankensystem unmittelbar regulierte, andererseits als universelle Geschäftsbank, die alle Bereiche der Volkswirtschaft kreditierte.29 Ab dem 1. Januar 1990 agiert sie nur mehr als Zentralbank und besitzt ein Stammkapital von 20 Mio. BGN (ca. 10 Mio. EUR). Die Zentralbank wird von ihrem Präsident und dem Direktorium verwaltet. Zum Vorstand gehören sieben Mitglieder: Der Präsident, drei Vizepräsidenten und noch drei zusätzliche Mitglieder, die weder in der BNB noch in einer anderen Bank tätig sind.30 Der Präsident sowie die drei Vizepräsidenten werden vom bulgarischen Parlament für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Die restlichen drei Mitglieder des Vorstandes ernennt der Staatspräsident ebenfalls für sechs Jahre. Um die BNB vor politischem Einfluss zu schützen, wurde im Zentralbankgesetz verankert, dass die Mitglieder des Vorstands nur im Falle einer Vernachlässigung des Amtes oder Amtsvergehen mit einem Parlamentsbeschluss entlassen werden können.31 Nach der Einführung des Währungsrates sind die Eingriffsmöglichkeiten der Regierung beschränkt, da die Zentralbank praktisch die Geldpolitik nicht bestimmen kann.32

Die Aktivität der Bankenaufsichtsabteilung wird nach 1997 von drei Hauptfaktoren bestimmt: der schweren Finanzkrise von 1996/1997, dem Währungsrat und den damit verbundenen, die Bankenaufsicht betreffenden Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen.33

Anfang 1997 wurden achtzehn Banken unter spezielle Aufsicht gestellt. Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes der BNB von 10. Juni 1997 und dem Bankengesetz von 1. Juli 1997 schuf man einer neuen gesetzliche Rahmen für die Bankenaktivitäten sowie eine neue Verordnungsbasis für die Bankenaufsicht.34

Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 6 dieses Gesetzes führt die BNB die Bankenaufsicht mit der Absicht die Bankensektorstabilität zu sichern und die Interessen der Anleger zu schützen.35 Ihr obliegt das Recht, mittels Rechtsverordnungen die Bedingungen und Anforderungen zu definieren, um die Stabilität des Bankensektors zu sichern. Im Zuge der Anpassung an die Rechtssprechung der Europäischen Union in vergangenen Jahren wurde das Bankengesetz durch Verordnungen der BNB mehrmals novelliert und seit 1. Januar 2007 durch ein Gesetz über die Kreditinstitutionen ersetzt.

Die Hauptaufgabe der BNB ist die Wahrung der Preisstabilität, durch die Sicherung der Stabilität der nationalen Währung und der Verfolgung einer adäquaten Geldpolitik.36

Ein weiteres Ziel im Bezug auf den Beitritt des Landes in die Europäischen Union liegt in der Unterstützung der europäischen Gemeinschaftspolitik, um die Ziele der Europäischen Union zu erreichen.37

2.2.2 Regulierungsnormen im Überblick

2.2.2.1 Konzessionierung

Die bulgarische Legaldefinition für Banken findet sich in Art. 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Kreditinstitutionen. Ein Kreditinstitut ist ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen und andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren. Nach Art. 1 Abs. 2 gelten nur die Banken und die Institutionen für elektronisches Geld als Kreditinstitutionen.38

Weiters definiert Art. 2 Abs. 2 der Gesetzgeber die Geschäften, die eine Bank betreiben kann:39

1. die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und andere Formen bargeldloser Zahlungen, wie Akkreditiv und Inkasso (das Girogeschäft)
2. die Ausgabe und Verwaltung von elektronischem Geld und Reisechecks (E-Geld-Geschäft)
3. die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren und Werten (das Depotgeschäft)
4. die Tätigkeit als Depot- und Vormundinstitution (das Depot- und Garantiegeschäft)
5. die Durchführung von Geldüberweisungen, außer die Fälle in Punkt 1(das Girogeschäft)
6. das Finanzierungsleasing (das Leasinggeschäft)
7. Übernahme von Bürgschaften, Garantien für andere (das Garantiegeschäft)
8. der Handel auf eigener oder fremder Rechnung mit: (das Finanzkommissionsgeschäft)
a. Geldmarktinstrumente - Checks, Wechsel, Einlagenzertifikate und andere
b. Devisen und Edelmetalle
c. Futures, Optionen, wechselkurs- und zinsbezogene Instrumente und andere Derivate
9. der Handel mit übertragbaren Wertpapieren auf eigene und fremde Rechnung, die Platzierung von Wertpapieren auf eigenes Risiko und andere Tätigkeiten nach Art. 54 Abs. 2, 3 des Gesetzes über dem öffentlichen Angebot von Wertpapiere (das Finanzkommission und Emissionsgeschäft)

10. die Tätigkeit als Finanzbroker (das Finanzkommissionsgeschäft)
11. die Beratung über die Portfolioinvestitionen (das Investmentgeschäft)
12. Den entgeltlichen Erwerb und die Risikoübername von Forderungen (Factoring)
13. den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen (das Investmentgeschäft)
14. die Bereitstellung und Vermietung von Tresorkasten (das Depotgeschäft)
15. die Erhebung und die Gewährung von Informationen über die Kreditwürdigkeit von Kunden
16. andere ähnliche Tätigkeiten, die mit Verordnung von BNB bestimmt sind.

Da bulgarische Kreditinstitute prinzipiell allen Arten den im Art. 2 Absatz 2 des Gesetzes über die Kreditinstitutionen beschriebenen Bankgeschäften nachgehen können, ist das bulgarische Bankwesen als Universalbanksystem organisiert.

Den folgenden Art. 2 Abs. 4 definiert das Einlagengeschäft, Depotgeschäft, Girogeschäft und E-Geld-Geschäft als Geschäfte, die nur von Banken und Instituten mit einer Konzession der BNB oder einer vergleichbaren Genehmigung von einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union ausgeübt werden können.40

Diese Zulassung wird nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erteilt, und kann mit besonderen Auflagen verbunden sein (gemäß Art. 2 Abs. 13 Satz 1, 2 der Verordnung Nr. 2) oder auf einzelne Bankgeschäfte beschränkt werden (Art. 3 Abs. 17 Satz 1, 2 der Verordnung Nr. 2).41 Allerdings unterlegt die Konzessionierung nicht dem beliebigen Ermessen der BNB, sondern sie darf nur versagt werden, wenn die Anforderungen in Art. 14 Abs. 3 Satz 1-15 des Gesetzes über die Kreditinstitutionen nicht erfüllt sind.42 Von den Vorschriften über die Erteilung einer Konzession sind die Banken aus den EG-Mitgliedsstaaten ausgenommen, die eine vergleichbare Konzession von dem in ihrem Herkunftsland zuständigen Aufsichtsbehörden erhalten haben. Sie bedürfen weder für ihre Zweigstellen in Bulgarien noch für ihre grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung einer Erlaubnis. Die ausländischen Institute sind aber verpflichtet der BNB bestimmte Vorgänge anzuzeigen. Hierzu zählen z. B die Bestellung und Abberufung eines Geschäftsleiters, die Übernahme und Aufgabe einer Beteiligung, bestimmte Kapitaländerungen, Verlegungen der Niederlassung oder des Sitzes sowie die Errichtung, Verlegung und Schließung von Zweigstellen, die Einstellung des Geschäftsbetriebs und die Aufnahme und Einstellung des Betreibens von Geschäften, die keine Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen sind. Darüber hinaus räumt das Gesetz der BNB bestimmte Auskunftsrechte und Eingriffsbefugnisse in Sonderfällen ein.43

Dieser so genannte europäische Pass ist das Ergebnis der Schaffung eines EU-Binnenmarktes und der dabei festgelegten Annerkennung der Aufsichtssysteme anderer EU-Mitgliedsstaaten sowie der Einräumung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit.

2.2.2.2 Eingriffe in Sonderfälle

Das Gesetz über die BNB gewährt der BNB weitgehende Eingriffsbefugnisse, wenn eine Bank gegen eine der Normen des Gesetzes über die Kreditinstitutionen verstößt. Ferner darf die BNB dann in die Geschäftstätigkeit einer Bank eingreifen, wenn eine Gefahr für die Einlagen besteht. So hat die BNB spezielle Eingriffsmöglichkeiten beim Vorliegen folgender besonderer Fälle:

1. Nicht angemessenes haftendes Eigenkapital gemäß Art. 39 Abs. 3 des Gesetzes über die Kreditinstitutionen.

2. Unzureichende Liquiditätsvorsorge gemäß Art. 42 Abs. 1 Satz 1-5 des Gesetzes über die Kreditinstitutionen.

3. Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern und bei Konkursgefahr

Weiters ist die BNB verpflichtet die Lizenz einer Geschäftsbank in folgenden Fällen zu entziehen:44

1. Wenn eine Bank innerhalb von sieben Arbeitstagen ihren monetären Verpflichtungen nicht nachkommt.
2. Ihr Eigenkapital einen negativen Wert aufweist

Die Geschäftsleiter einer Bank sind nicht befugt, bei einem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Konkursantrag beim zuständigen Amtsgericht zu stellen.

Es ist vielmehr der BNB über das Vorliegen von Konkurstatbeständen Mitteilung zu machen, die dann über eine Konkursantragstellung zu entscheiden und diese selbst vorzunehmen hat. Das zuständige Gericht hat spätestens zehn Tage nach dem Antrag der BNB zu entscheiden.45 Mit der Verabschiedung des neuen Konkursgesetzes für Banken wurden aber auch dem Einlagensicherungsinstitut weit reichende Aufsichtskompetenzen, insbesondere im Rahmen der Konkursverwaltung zuteil.46

2.2.3 Anforderungen an Eigenkapital und Liquidität

2.2.3.1 Anforderungen an das Eigenkapital

Die Eigenkapitalvorschriften vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel II) wurden gemäß der EU-Richtlinie 2006/49/AG ab dem 1. Januar 2007 in Bulgarien angewendet. Die Umsetzung in bulgarisches Recht erfolgte durch das neue Gesetz über die Kreditinstitutionen sowie die neue Solvabilitätsverordnung Nr. 8 vom 14. Dezember 2006.

Nach dieser Verordnung sind die Banken verpflichtet, auch das operationelle Risiko mit Eigenkapital zu unterlegen.

Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Kreditinstitutionen sind Banken sowie Bankengruppen verpflichtet, ein haftendes Eigenkapital in der Höhe von mindestens 10 Mio. BGN im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihrer Kunden vorzuweisen. In Bulgarien ist Genussrechtskapital mit einer Mindestlaufzeit von 5 Jahren und unter bestimmten Bedingungen gemäß Verordnung Nr. 8 zu 100 % als Ergänzungskapital anrechenbar.47

Den Kreditinstituten wird mit der neuen Solvabilitätsverordnung erstmals die Möglichkeit eingeräumt, ihren Eigenkapitalbedarf mittels bankinterner Verfahren zu errechnen.48

Im Bereich des Kreditrisikos führen die neuen Bestimmungen zu einer stärker an der Bonität des Kreditnehmers orientierten Eigenmittelunterlegung als es in Basel I der Fall war.

Die Summe der mit Erfolgsrisiken behafteten risikogewichteten Geschäfte muss zu mindestens 12 Prozent (Eigenmittelquote) mit Eigenkapital unterlegt werden. Außerdem ist eine zweite Solvabilitäskennzahl (Kernkapitalquote) eingeführt worden, der nicht niedriger als sechs Prozent sein sollte.49

Weiters wurde in der Verordnung Nr. 8 eine spezifische Behandlung von den Investitionen in Publikumsfonds, Securitizationschemas und Kreditderivaten vorgenommen.

Zusammenfassend wird damit die Bankensolvenz für die Kunden und Marktteilnehmer transparenter gemacht.50

2.2.3.2 Anforderungen an die Liquidität

Die Verordnung Nr. 11 zur Verwaltung und Aufsicht der Liquidität der Banken ist vereinfacht und basiert ganz auf der Bewertung der kurzfristigen Liquidität der Banken. Nach dieser Verordnung überwacht die BNB mit einem Informationssystem die Liquidität der Banken.51 Solche ohne Liquiditätsschwierigkeiten präsentieren der BNB monatlich Berichte über den Geldfluss. Falls eine Bank in eine Liquiditätskrise geraten sollte, wird sie vom Leiter der Aufsichtabteilung der BNB verpflichtet, wöchentlich oder täglich über ihre Liquidität zu berichten.52

Nach Art. 6 Abs. 41 Satz 1 des Zentralbankgesetzes bestimmt die BNB die Mindestreserven der Geschäftsbanken, die Methodik der Berechnung und die Konditionen von Zinszahlungen. Ab dem 1. Juli 2004 wird monatlich ein Mindestreservesatz von acht Prozent auf Einlagenbasis der Institute angewendet. Gegenwärtig werden die Mindestreserven von der BNB nicht verzinst.53

2.2.4 Vorschriften für das Kreditgeschäft

2.2.4.1 Diversifizierungsvorschriften

Um eine hinreichende Risikostreuung zu erreichen, müssen sich die Banken an zahlreiche Diversifizierungsvorschriften halten. Die Großkreditgrenze liegt bei 25 % des Eigenkapitals einer Bank, wobei die Summe aller Großkredite das Achtfache des Eigenkapitals nicht übersteigen darf.54 Die Obergrenze für Organkredite wurde bei 10 % des Eigenkapitals einer Bank festgelegt. Die offenen Währungspositionen in einer Währung (ausgenommen EUR) sind auf 15 % des Eigenkapitals, die gesamten offenen Währungspositionen auf 30 % des Eigenkapitals eines Kreditinstitutes beschränkt.55

Die gesamten Investitionen von Banken in Unternehmensteilen und Beteiligungen an Nichtbanken und Versicherungen werden mit 50 % des Eigenkapitals limitiert, und dürfen gemeinsam mit Investitionen in Immobilien und Sachanlagen das gesamte Kapital nicht übersteigen. Die Höhe der einzelnen direkten oder indirekten Beteiligung an Nichtbanken darf 10 % des Eigenkapitals nicht übertreffen.56

Gemäß den geltenden Kreditklassifizierungsvorschriften haben Kreditinstitute in Abhängigkeit von der Dauer der Überfälligkeit von Forderungen eine Wertberichtigung vorzunehmen. Demnach müssen Banken bei besonders erwähnten Forderungen 10 % und für die Forderungen an private Haushalte mindestens 20 %, bei substandard 30 %, bei zweifelhaften 50 % und für die Forderungen an private Haushalte mindestens 75 %, und bei uneinbringlichen Forderungen schlussendlich 100 % Risikovorsorge treffen.57

2.2.4.2 Kreditrestriktionen

In den letzten drei Jahren wurde die BNB mit turbulenten Entwicklungen bei den inländischen Krediten der Banken konfrontiert. Zur Begrenzung des starken Wachstums von durch Auslandsverbindlichkeiten der Banken finanzierten Inlandskrediten führte die BNB im März 2005 Kreditobergrenzen ein. Das Kreditwachstum sollte 6 % pro Quartal, und auf Jahresbasis 24 % nicht überschreiten.58 Als Basis diente das erste Quartal des Jahres 2005. Für die Banken, die diese Grenze nicht einhielten, wurden zusätzliche (marginale) Mindestreserven eingeführt. Sie waren verpflichtet die doppelte Differenz über 6 %, zinsfrei auf ihren Konten bei der BNB einzulegen.59 Die beiden administrativen Maßnahmen haben sich bewährt und zu einer Disziplinierung der Geschäftsbanken beigetragen. Trotzdem waren sie auch von einigen Instituten umgangen worden. Viele Banken haben das erste Quartal im Jahr 2005 genützt, um ihre Basis für die Kreditvergabe zu erweitern. Deshalb haben die vergebenen Kredite für die ersten drei Monate des Jahres 2005 mit 4,092 Mrd. BGN, bei einem Jahreswachstum 2004 von 4,435 Mrd. BGN ein neues Rekordniveau erreicht.60

Darüber hinaus verlagerte sich das Kreditgeschäft auf Leasinginstitute, Gesellschaften für Konsumfinanzierung und Vermögensverwaltungsgesellschaften innerhalb einer Finanzgruppe. Gleichzeitig nahm der Interbankenhandel mit Krediten und Kreditportfolios stark zu. Es wurden auch zweifelhafte Kredite in zunehmendem Maße wertberichtigt, um für neue Kreditvergabe Platz zu schaffen, ohne die vorgeschriebenen Obergrenzen zu überschreiten.

Und schließlich, bevorzugten einige große Banken die marginale Reservepflicht von 200 % zu erfüllen, aber ihre Expansionspolitik fortzuführen. Im Jahr 2005 haben elf Banken 1,3 Mrd. BGN als zusätzliche Mindestreserven auf ihren Konten bei der Zentralbank zinsfrei angelegt. Zum 1. Januar 2007 wurden die bestehenden Kreditrestriktionen schrittweise abgeschafft. Mit einer Änderung der Verordnung Nr. 22 über die zentralen Kreditregister ab 1. August 2006 wurden aber die Banken verpflichtet, die BNB über alle gehandelten Kredite mit Mutterbanken oder Nichtmutterbanken und Kapitalgesellschaften im Ausland zu informieren und die Volumen der eingekauften Unternehmensanleihen anzumelden.61

2.2.5 Rechnungslegungsvorschriften und Publizitätsverpflichtungen

2.2.5.1 Rechnungslegungsvorschriften

Gemäß Art. 11 Abs. 60 Satz 1 des Gesetzes über Kreditinstitutionen müssen die Banken ihre Bücher nach den Grundlagen der nationalen Rechnungslegungsstandards und dessen Kontenplans, des Buchhaltungsgesetzes und gemäß den Anforderungen der BNB führen.

Die Banken, Bankengruppen und Finanzgruppen legen sowohl ihre einzelnen Jahresabschlüsse, als auch ihre geprüften konsolidierten Jahresabschlüsse und Berichte der BNB vor.62

Seit 1. Januar 2003 sind alle Banken in Bulgarien verpflichtet ihre Jahresabschlüsse und Berichte nach den Anforderungen der Internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS) bzw. IFRS und nach den Auslegungen über ihre Anwendung zu erstellen.63

Trotzdem bestehen einige Unterschiede zwischen IFRS bzw. IAS und bulgarischen Bilanzierungs- und Bewertungsprinzipien.

So können z. B. eigene Aktien in den Aktiva ausgewiesen werden. Die Aufwertung von zum Handel bestimmten Beteiligungen wird direkt im Eigenkapital verbucht. Weiters sind die Problemforderungen und Kreditrisikovorsorge auf Basis der Matrixmethode definiert.

Mit den letzten Änderungen in der Verordnung Nr. 9 über Wertberichtigungen von Forderungen an private Haushalte wird öfter über die Notwendigkeit von zwei Jahresabschlüssen, einer nach den Anforderungen der BNB für Aufsichtszwecke und die anderen nach IAS, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnissen zu ermöglichen, diskutiert.64

2.2.5.2 Publizitätsverpflichtungen

Eine wirksame Beaufsichtigung der Kreditinstitute setzt voraus, dass die BNB über die notwendigen Informationen verfügt, um eine Gefährdung der Einleger frühzeitig erkennen zu können. Eine generelle Auskunftspflicht über alle Geschäftsangelegenheiten ist in Art. 80

Abs. 1-6 des Gesetzes über Kreditinstitutionen verankert. Die BNB ist berechtigt, Unterlagen jederzeit einzusehen und auch an den Sitzungen der Arbeitsorgane eines Kreditinstituts teilzunehmen. Darüber hinaus bestehen laufende Informationspflichten in Form von Monatsausweisen (monatliche Bilanzstatistiken), Jahresabschlüssen und Angaben, die für die Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften über die Solvabilität und Liquidität notwendig sind.65 Eine weitere Kategorie von Informationspflichten betrifft die Anzeigepflicht von besonderen Ereignissen. Die Banken sind verpflichtet spätestens nach zehn Tagen die BNB über die gefassten Beschlüsse bezüglich folgenden Punkten zu informieren: personelle Änderungen der Führungsorgane, Herabsetzung oder die Erhöhung vom Kapital, Erweiterung oder Schließung von Filialen, der Einstellung von einzelnen Bankgeschäften und über Großkredite und Organkredite.66

Weiters muss jede Bank mindestens zweimal jährlich in einer Zeitung, die täglich erscheint, ihre Bilanz und GuV publizieren.67

3. Bestandaufnahme der Marktteilnehmer - aktuelle Zahlen

3.1 Anzahl und Struktur der Geschäftsbanken in Bulgarien

Im Zuge der nach der Finanzkrise eingesetzten Konsolidierungsphase sank die Anzahl der Kreditinstitute von vierundvierzig im Jahre 1995 auf vierunddreißig Ende 2002 und blieb seitdem praktisch unverändert. Nach der Übernahme von der Eurobank durch die Zweigniederlassung der Piraeusbank wurde im März 2006 ihre Fusion rechtlich finalisiert. Somit sind heute in Bulgarien dreiunddreißig Geschäftsbanken tätig.68 Der Rechtsform nach operieren achtundzwanzig Banken mit einer Vollkonzession und fünf sind rechtlich unselbständige Zweigniederlassungen von ausländischen Banken. Mit dem Verkauf der letzten große Staatsbank, der DSK-Bank im Oktober 2003 an die OTP Bankgruppe wurde die Privatisierung des bulgarischen Bankensektors weitgehend abgeschlossen. Damit befindet sich nur noch ein kleines Kreditinstitut in staatlicher Hand, nämlich Encouragement Bank.

Im Auslandsbesitz sind mittlerweile dreiundzwanzig Banken, einschließlich die fünf größten Banken (vgl. Tab. 1) und die fünf Filialen von ausländischen Banken in Bulgarien: ING Bank Sofia, Citibank Bulgarien, BNP Paribas69, Alpha Bank und TDG Ziraat Bank.

Zum Jahresende 2006 lag der Auslandsanteil an der unkonsolidierten Gesamtbilanzsumme des bulgarischen Bankensektors knapp über 80 Prozent. Die Bankendichte gemessen als die Anzahl der Banken pro 100000 Einwohner bezifferte sich zum Jahresende 2006 auf 0,296. Dieser Durchschnittswert liegt auf dem Niveau der anderen zentral- und osteuropäischen Mitgliedsstaaten (0,29) und deutlich niedriger gegenüber dem Euroraum (0,54).70

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Die zehn wichtigsten Geschäftsbanken in Bulgarien (Stand: 31. Dezember 2006)71

[...]


1 Vgl. Crampton (2007), S. 304; Der goldene bulgarische Lew wurde an den französischen Franc gekoppelt.

2 Vgl. BNB, Jahresbericht (1990), S. 49.

3 Vgl. Crampton (2007), S. 304.

4 Vgl. BNB Jahresbericht (1990), S. 49.

5 Vgl. BNB, Jahresbericht (1990), S. 50.

6 Vgl. BNB, Jahresbericht (1990), S. 50.

7 Vgl. BNB, Jahresbericht (1990), S. 50.

8 Vgl. Chailliè (1996), S. 11.

9 Vgl. Miller/Petranov (2001), S. 45.

10 Vgl. Koford (1999), S. 314.

1 1 Vgl. Mihov (1999), S. 14.

12 Vgl. Finanzministerium (2000), S. 25.

13 Vgl. Finanzministerium (2000), S. 26.

14 Vgl. Finanzministerium ( 2000), S. 26.

15 Vgl. Chailliè (1996), S. 4.

16 Vgl. Chailliè (1996), S. 15.

17 Vgl. Caporale et al. (2000), S. 13.

18 Vgl. Chailliè (1996), S. 32

19 Gesetz über die bulgarische Nationalbank, DV 46/1997, jüngste Änderung DV59/2007

20 Bankengesetz , DV 52/1997, jüngste Änderung DV 68/2006, ersetzt ab 1. Januar 2007 durch das Gesetz über Kreditinstitutionen

21 Einlagensicherungsgesetz, DV 49/1998, jüngste Änderung DV 86/2006, in Kraft seit 1. Januar 2007

22 Vgl. BNB Jahresbericht (1997), S. 11.

23 Vgl. Jalnazov (2001), S. 1.

24 Vgl. EBRD (2000), S. 149.

25 Vgl. BA-CA, Explicit (2004), S. 27.

26 Vgl. BNB Jahresbericht (1997), S. 115.

27 Vgl. Miller/ Petranov (2001), S. 15.

28 Quelle: bulgarische Nationalbank

29 Vgl. Miller/Petranov (2001), S. 56.

30 Vgl. BNB Jahresbericht (1997), S. 4.

31 Vgl. Miller/Petranov (2001), S. 56.

32 Die BNB kann nur die Höhe der Mindestreserven der Geschäftsbanken bestimmen

33 Vgl. BNB Jahresbericht (1997), S. 115.

34 Vgl. BNB Jahresbericht (1997), S. 111.

35 Gesetz über die bulgarische Nationalbank, DV 46/1997, jüngste Änderung DV59/2007, in Kraft seit 1. Januar 2007

36 Gesetz über die bulgarische Nationalbank, DV 46/1997, jüngste Änderung DV 59/2007

37 Gesetz über die bulgarische Nationalbank, DV 46/1997, jüngste Änderung DV 59/2007

38 Gesetz über Kreditinstitutionen, DV 59/2006, jüngste Änderung DV59/2007, in Kraft seit 1.Januar 2007

39 Gesetz über Kreditinstitutionen, DV 59/2006, jüngste Änderung DV59/2007, in Kraft seit 1.Januar 2007

40 Gesetz über Kreditinstitutionen, DV 59/2006, jüngste Änderung DV 59/2007, in Kraft seit 1. Januar 2007

41 Verordnung Nr. 2 der BNB über die Lizenzen und Genehmigungen, DV 14/ 2000, jüngste Änderung DV 6/2007

42 Gesetz über Kreditinstitutionen, DV 59/2006, jüngste Änderung DV 59/2007, in Kraft seit 1. Januar 2007

43 Vgl. hierzu § 20-24 des Gesetzes über Kreditinstitutionen

44 Gesetz über Kreditinstitutionen, § 36 Absatz 2 Satz 1-2

45 Bankenkonkursgesetz, § 1 Absatz 11 Satz. 1, DV 92/2002, jüngste Änderung DV 59/2007, in Kraft seit 1. Januar 2007

46 Bankenkonkursgesetz § 2 Absatz 38,39, DV 92/2002, jüngste Änderung DV 59/2007

47 Verordnung Nr. 8 § 4 Absatz 2 Satz 2-3, DV 106/2006, jüngste Änderung DV 62/2007

48 Verordnung Nr. 8 § 57 Absatz.1-2, DV 106/2006, jüngste Änderung DV 62/2007, in Kraft seit 1. Januar 2007

49 Verordnung Nr. 8 § 3 Absatz 1 Satz 6,7, DV 106/2006, in Kraft seit 1. Januar 2007

50 Vgl. hierzu Jordanov, B. in: Dnevnik, Heft 183 vom 13.09.2006, S.IX.

51 Verordnung Nr. 11 § 2 Absatz 2-8, DV 125/1997, ersetzt durch die neue Verordnung, DV 22/2007

52 Verordnung Nr. 11 § 3 Absatz 2, DV 125/1997, ersetzt durch die neue Verordnung, DV 22/2007

53 Verordnung Nr. 21 § 3 , DV 28/1998, jüngste Änderung DV 62/2007

54 Gesetz über Kreditinstitutionen, § 44 Absatz 6

55 Verordnung Nr. 4 über die offenen Währungspositionen von die Geschäftsbanken, Absatz 4 Satz 1-2, DV 54/2005

56 Gesetz über Kreditinstitutionen, § 47 Absatz 1-2

57 Verordnung Nr. 9 über die Wertberichtigungen von Forderungen, § 3 Absatz 13 Satz 2, DV 2/2003 jüngste Änderung DV 7/2007

58 Verordnung Nr. 21 § 3 Absatz 9 Satz 1, DV 20/2005, jüngste Änderung DV 62/2007

59 Mit der jüngste Änderung DV 94/2006 wurde diese Verpflichtung ab 1. Januar 2007 aufgehoben

60 Vgl. Geschäftsbanken in Bulgarien, April 2005, Quartalsbulletin BNB, S. 14.

61 Verordnung Nr. 22 über die zentrale Kreditregister von Banken, Art. 5 Abs. 1, DV 92/1998, jüngste Änderung DV 22/2007

62 Gesetz über Kreditinstitutionen § 75 Absatz 1-3

63 Buchhaltungsgesetz Art. 5 Abs. 23 Satz 3 Nr. 3, DV 98/2001, jüngste Änderung DV 108/2006

64 Die BNB schreibt die Matrixmethode für die Bewertung vor, nach IAS 39 ist die Methode der diskontierten cash flows verpflichtend, was zu erhebliche Ergebnisunterschiede führen kann.

65 Gesetz über Kreditinstitutionen § 72 Absatz 1-3

66 Gesetz über Kreditinstitutionen § 71 Absatz 1-3

67 Gesetz über Kreditinstitutionen § 70 Absatz 1-2

68 exkl. zahlungsunfähige Internationale Bank für Handel und Entwicklung (MБТР), die von Zentralkooperativbank (CCB) im Mai 2007 aufgekauft wurde

69 Die Bank wurde zum Jahresende 2006 in eine Zweigniederlassung der BNP Paribas umgewandelt

70 Quelle: ECB (2006), Occasional Paper No. 48, S. 14.

71 Quelle: BNB (2006), Commercial Banks in Bulgaria, 4. Quartalsheft

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836609715
DOI
10.3239/9783836609715
Dateigröße
804 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck – Fakultät für Betriebswirtschaft, Institut für Banken und Finanzen
Erscheinungsdatum
2008 (Februar)
Note
1,,0
Schlagworte
geschäftsbank österreich bulgarien eu-osterweiterung bankensektor
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Titel: Analyse des bulgarischen Bankensektors vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung
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