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Desinvestition von Humankapital in Konzernen

©2006 Diplomarbeit 96 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Schnelllebigkeit und Dynamik stellen typische Attribute unserer heutigen Gesellschaft dar. Daneben ist die zunehmende Vernetztheit der einzelnen gesellschaftlichen Teilkomponenten ein prägendes Element unserer Zeit. Spezifische Veränderungen innerhalb eines Bereiches wirken sich heute mittel- oder unmittelbar auf andere Bereiche aus.
Diese eben erwähnten gesellschaftlichen Entwicklungen haben die aktuelle Wirtschaftswelt nicht unbeeinflusst gelassen. Dynamik, Schnelllebigkeit und ansteigende Vernetztheit beschreiben ebenfalls das Bild der heutigen Arbeits- und Wirtschaftswelt. Branchenübergreifend sind Unternehmen mit dynamischen Entwicklungen hinsichtlich Produktanforderungen und Technik konfrontiert. Des weiteren lastet ein hoher Kosten- und Leistungsdruck auf den Unternehmen und die Internationalisierung der Märkte forciert den Kampf um das wirtschaftliche Überleben. All dies führt u.a. dazu, dass „nicht nur multinationale Firmen, sondern auch Klein- und Mittelbetriebe gezwungen sind, kostenbewusster, schneller und effizienter zu produzieren, zu liefern und zu verkaufen“. Tiefgreifende Veränderungen prägen somit das heutige Tätigkeitsfeld der deutschen Wirtschaft.
Vor diesem Hintergrund müssen sich die Unternehmen auf die schnell veränderbaren und kurzweiligen Rahmenbedingungen einstellen. Sie unterliegen einem erheblichen Anpassungsdruck und „müssen sich der zunehmenden Umweltdynamik und Wettbewerbsintensität stellen“. Demzufolge sind wesentliche und einschneidende Anpassungsprozesse angesichts der wechselnden Umweltveränderungen durchzuführen, denn diese Maßnahmen sind Voraussetzungen für den langfristigen Erhalt bzw. für die Verbesserung der Wettbewerbssituation. Die Umstrukturierungen können „als zentrales betriebswirtschaftliches Problem der Gegenwart“ angesehen werden. Das Management steht vor der ständigen Aufgabe „Anpassungsprobleme im Spannungsfeld der Vergangenheitserfahrungen und den Anforderungen einer ungewissen Zukunft zu bewältigen“.
Eine signifikante Rolle spielen dabei in der Unternehmenspraxis nicht nur quantitative Kapazitätsanpassungen und technologische Anpassungen des Leistungserstellungsprozesses, sondern ebenfalls kommt den qualitativen Veränderungen der Betätigungsfelder eine herausragende Position zu. Bis weit in die 70-er Jahre prägten Diversifikations- bzw. Wachstumsstrategien als „strategische Option des Risikoausgleichs und der Zukunftsbewältigung“ das unternehmerische Handeln. Doch die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jens Grauenhorst
Desinvestition von Humankapital in Konzernen
ISBN: 978-3-8366-0819-0
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...I
Abbildungsverzeichnis... III
Abkürzungsverzeichnis ...IV
1 Einleitung... 1
1.1 Betriebswirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz... 1
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ... 4
2 Theoretische Grundlagen... 7
2.1 Konzern... 7
2.2 Humankapital... 9
2.3 Desinvestition ... 12
2.4 Desinvestition von Humankapital... 16
2.4.1 Begriffliche Klärung der Personalfreisetzung ... 16
2.4.2 Verbindungen der Desinvestition und der Personalfreisetzung als
Desinvestition von Humankapital ­ eine Begründung ... 18
3 Desinvestition von Humankapital als strategische Managementoption ... 21
3.1 Aktuelle Bedeutung von Desinvestitionen in Deutschland ... 21
3.2 Relevanz und Sichtweise des Faktors Humankapital für die Unternehmung... 32
3.3 Ursachen und Motive bei Desinvestitionen von Humankapital ... 34
3.4 Barrieren von Desinvestitionen des Humankapitals... 37
3.5 Arten von Desinvestitionen des Humankapitals... 39
3.5.1 Personalfreisetzungsmaßnahmen ohne Reduktion des Personalbestandes... 40
3.5.2 Personalfreisetzungsmaßnahmen mit Reduktion des Personalbestandes ... 43
4 Desinvestition von Humankapital: eine prozessorientierte Betrachtungsweise .. 48
4.1 Auswirkungen und Folgen der Desinvestition von Humankapital... 48
4.1.1 Management... 49
4.1.2 Mitarbeiter ... 52
4.1.3 Konzern... 56
4.1.4 Gesellschaft... 59

Inhaltsverzeichnis
II
4.2 Maßnahmen für eine erfolgreiche Umsetzung eines Desinvestitionsprozesses ... 61
4.3 Die Rolle der Personalabteilung als Bindeglied zwischen Konzernführung
und Mitarbeiter ... 66
5 Fazit und Ausblick ... 67
6 Quellenangaben... 70
6.1 Monographien und Zeitschriftenartikel ... 70
6.2 Internetquellen ... 83
7 Anhang... 84
Anhang 1: Generelle Stellungnahme zum Unwort des Jahres ,,Humankapital"... 84
Anhang 2: Betreff: Unwort "Humankapital"... 86
Anhang 3: Thesen zur Unwort-Wahl von ,,Humankapital"... 88

Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Grafische Darstellung der Vorgehensweise ... 6
Abbildung 2: Überblick Investitionen und Desinvestitionen ... 23
Abbildung 3: Beim Bundeskartellamt nach § 23 GWB a.F. (1973 - 1998) bzw. §
39 GWB (1999 - 2004) angezeigte vollzogene Zusammenschlüsse
1973 - 2004 ... 24
Abbildung 4: Abgeschlossene Desinvestitionen 1985 - 1994 in den USA ... 25
Abbildung 5: Entwicklung der Arbeitslosenquote 1974 - 2004... 27
Abbildung 6: Beschäftigungsabsichten der deutschen Unternehmen 1994 - 2005... 28
Abbildung 7: Beschäftigungsentwicklung Erwerbstätiger im internationalem
Vergleich von 1991 - 2003 (1991 = 100)... 29
Abbildung 8: Downsizing-Rate von 'Fortune 100' - Firmen in den USA von 1974
­ 1994... 30
Abbildung 9: Personalfreisetzungsmaßnahmen im Überblick ... 40
Abbildung 10: Auswirkungen auf das Management ... 50
Abbildung 11: Gesamtfiskalische Kosten der Arbeitslosigkeit in Deutschland in
den Jahren 1998 ­ 2004... 60

Abkürzungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
a. F.
alte Fassung
AktG Aktiengesetz
BeschFG Beschäftigungsförderungsgesetz
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BGB Bürgerliches
Gesetzbuch
bspw. beispielsweise
BVK
Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaf-
ten
bzgl. bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca. circa
d.h. das
heißt
DIHK Deutscher
Industrie- und Handelskammertag
et al.
et altera
FCKW Fluorkohlenwasserstoffe
GWB Gesetz
gegen
Wettbewerbsbeschränkung
Hrsg. Herausgeber
IAB
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
KschG Kündigungsschutzgesetz
n. F.
Neue Fassung
o.g. oben
genannte(n)
S.
Seite
u. a.
unter anderem
vgl.
vergleiche
z.B. zum
Beispiel

Einleitung
1
1
Einleitung
1.1
Betriebswirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz
Schnelllebigkeit und Dynamik stellen typische Attribute unserer heutigen Gesellschaft
dar. Daneben ist die zunehmende Vernetztheit der einzelnen gesellschaftlichen Teil-
komponenten ein prägendes Element unserer Zeit. Spezifische Veränderungen innerhalb
eines Bereiches wirken sich heute mittel- oder unmittelbar auf andere Bereiche aus.
1
Diese eben erwähnten gesellschaftlichen Entwicklungen haben die aktuelle Wirt-
schaftswelt nicht unbeeinflusst gelassen. Dynamik, Schnelllebigkeit und ansteigende
Vernetztheit beschreiben ebenfalls das Bild der heutigen Arbeits- und Wirtschaftswelt.
Branchenübergreifend sind Unternehmen mit dynamischen Entwicklungen hinsichtlich
Produktanforderungen und Technik konfrontiert. Des weiteren lastet ein hoher Kosten-
und Leistungsdruck auf den Unternehmen und die Internationalisierung der Märkte for-
ciert den Kampf um das wirtschaftliche Überleben.
2
All dies führt u.a. dazu, dass ,,nicht
nur multinationale Firmen, sondern auch Klein- und Mittelbetriebe gezwungen sind,
kostenbewusster, schneller und effizienter zu produzieren, zu liefern und zu verkau-
fen".
3
Tiefgreifende Veränderungen prägen somit das heutige Tätigkeitsfeld der deut-
schen Wirtschaft.
4
Vor diesem Hintergrund müssen sich die Unternehmen auf die schnell veränderbaren
und kurzweiligen Rahmenbedingungen einstellen. Sie unterliegen einem erheblichen
Anpassungsdruck
5
und ,,müssen sich der zunehmenden Umweltdynamik und Wettbe-
werbsintensität stellen".
6
Demzufolge sind wesentliche und einschneidende Anpas-
sungsprozesse angesichts der wechselnden Umweltveränderungen durchzuführen, denn
diese Maßnahmen sind Voraussetzungen für den langfristigen Erhalt bzw. für die Ver-
besserung der Wettbewerbssituation.
7
Die Umstrukturierungen können ,,als zentrales
betriebswirtschaftliches Problem der Gegenwart"
8
angesehen werden. Das Management
1
Vgl. Dörner 1992, S. 12 ­ S. 13
2
Vgl. Grawert 1996, S. 281
3
Rutishauser 1998, S. 233
4
Vgl. Stricker 1999, S. 1
5
Vgl. Amponsen et al. 1996, S. 219
6
Achleitner/Wecker/Wirtz 2005, S. 1033
7
Vgl. Jansen 1986, S. 18
8
Brüggerhoff 1992, S. 2 ­ S. 3

Einleitung
2
steht vor der ständigen Aufgabe ,,Anpassungsprobleme im Spannungsfeld der Vergan-
genheitserfahrungen und den Anforderungen einer ungewissen Zukunft zu bewälti-
gen".
9
Eine signifikante Rolle spielen dabei in der Unternehmenspraxis nicht nur quantitative
Kapazitätsanpassungen und technologische Anpassungen des Leistungserstellungspro-
zesses, sondern ebenfalls kommt den qualitativen Veränderungen der Betätigungsfelder
eine herausragende Position zu.
10
Bis weit in die 70-er Jahre prägten Diversifikations-
bzw. Wachstumsstrategien als ,,strategische Option des Risikoausgleichs und der Zu-
kunftsbewältigung"
11
das unternehmerische Handeln. Doch die damit verbundenen
Probleme und Schwierigkeiten sind nicht ungesehen geblieben, so dass ein Umdenken
in der strategischen Ausrichtung stattgefunden hat.
12
Das Augenmerk richtet sich nun
nicht mehr alleine nur auf Wachstumsprozesse, sondern auch auf ,,stagnierende und
kontraktive Entwicklungsmöglichkeiten"
13
, die gleichsam als Anpassungsmöglichkeit
vom Management in Betracht gezogen werden müssen.
14
Desinvestitionen als Markt-
austrittsentscheidungen stellen in diesem Zusammenhang ,,sehr weitreichende, unter-
nehmensstrategische Entscheidungen dar und dienen der Rationalisierung und der Um-
lenkung von Ressourcen in günstigere Verwendungsbereiche".
15
Verbunden mit der
Desinvestition sind oft Interessen zur Konzentration auf Kernkompetenzen und eine
damit verbundene Positionierung der knappen Ressourcen auf zentrale Aspekte. Somit
kann eine Desinvestition zur möglichen Systemverbesserung beitragen und gleichzeitig
Mittel freisetzen, um das Unternehmen auf neue Bereiche vorzubereiten und auszurich-
ten (Systemveränderungen).
16
Dabei gilt es zu bedenken, dass es sich um eine endgülti-
ge, komplexe und irreversible Entscheidung handelt, die folglich exakt und sorgfältig
geplant werden muss und einen entsprechenden Stellenwert als eigenständiger Bereich
der Unternehmensführung erhalten sollte.
17
Die Realität hingegen spiegelt sich gegen-
9
Stricker 1999, S. 14
10
Vgl. Dohm 1989, S. 1
11
Gehrke 1999, S. 1
12
Vgl. Rechsteiner 1994, S. 2, vgl. Weiher 1996, S. 1 ­ S. 2; Weiher gibt u.a. folgende Probleme diversi-
fizierter Unternehmen an: weniger Synergien als erwartet, Zunahme an Koordinations- und Kommuni-
kationsaufwand, entfernen vom erfolgreichen Kerngeschäft, weniger Flexibilität.
13
Wöhler 1981, S. 1
14
Vgl. Porter 1976, S. 21
15
Jansen 1986, S. 18
16
Vgl. Friedrich von den Eichen 2002, S. 3 ­ S. 9, vgl. Hamilton/Chow 1993, S. 479
17
Vgl. Rechsteiner 1994, S. 2 ­ S. 3

Einleitung
3
teilig wider, denn ,,exit decisions actually made are often made late, and ironically, are
often made without adequate study and analysis".
18
Grundsätzlich gilt, dass aufgrund der Desinvestition als Maßnahme zur Ausrichtung des
Unternehmens auf die Markterfordernisse, gleichzeitig auch immer das Personal invol-
viert ist, denn Umstrukturierungen kommen ohne Änderungen im Personalbereich nicht
aus. Infolgedessen kommt es beim Humankapital zu Personalfreisetzungen - zu qualita-
tiven und quantitativen Anpassungsprozessen.
19
Personalfreisetzungen bzw. Desinvesti-
tionen des Humankapitals stellen somit eine Begleiterscheinung des unternehmerischen
Desinvestitionsprozesses dar. Daneben besitzt das Unternehmen zur Ausrichtung auf
zukünftige Markterfordernisse auch die Möglichkeit einer planmäßigen Personalfreiset-
zung als ,,unternehmerische Strategie"
20
bzw. als bewusste Desinvestition von Human-
kapital. Gerade in den letzten Jahren haben namhafte große Firmen wie Mercedes, die
deutsche Telekom, Siemens oder die Deutsche Bank die Aktualität dieser Maßnahme
unter Beweiß gestellt und trotz hoher Gewinne Personal freigesetzt
21
bzw. ihr Human-
kapital desinvestiert.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hat sich herausgestellt, dass die angestrebten und
ehrgeizigen Ziele einer Personalfreisetzung nicht immer gänzlich erreicht werden
22
,
weil u.a. nicht alle damit verbundenen Folgewirkungen in Betracht gezogen werden.
Die Auswirkungen der Desinvestitionen von Humankapital, gleichgültig ihrer Entste-
hungsweise, sind komplex und betreffen mehrere Ebenen.
23
Neben den Folgewirkungen
auf Unternehmensebene selber, müssen insbesondere noch die Effekte auf das Mana-
gement, dem Personenkreis, die solche Entscheidungen zu treffen haben, mit ins Kalkül
gezogen werden. Auch auf individueller Ebene sind Folgen nicht nur für die von der
Personalfreisetzung betroffenen Mitarbeiter zu erwarten. Spezielles Augenmerk muss
außerdem auf die im Unternehmen verbleibenden Personen gerichtet werden. Somit
18
Porter 1976, S. 28
19
Vgl. Stricker 1999, S. 1 ­ S. 2
20
Berner 1999, S. 2
21
Vgl. Jung 1997, S. 13 ­ S. 16
22
Vgl. Wagar 1998, S. 300, vgl. Cascio 1993, S. 97 ­ S. 98
23
Vgl. Marr/Steiner 2003, S. 5

Einleitung
4
gilt, dass ,,the effectiveness of downsizing as a way to bring a company back to organ-
izational health and increased competitiveness has been seriously challenged".
24
Ferner treten durch die hervorgerufene hohe Arbeitslosigkeit von ungefähr 11,1 %
25
auch schwerwiegende gesamtgesellschaftliche Konsequenzen auf, die sich bspw. in
zunehmenden politischen Konflikten, steigenden öffentlichen Ausgaben, wachsender
Unzufriedenheit und schärferen sozialstrukturellen Disparitäten niederschlagen.
26
Dies
unterstreicht die Relevanz und Aktualität einer umfassenden Beschäftigung mit der
Thematik der Desinvestition von Humankapital.
Personalfreisetzungen, ob als Begleiterscheinung von Umstrukturierungen oder als be-
wusste Maßnahme, sind in turbulenten Zeiten nie zu vermeiden und die Bewältigung
der damit einhergehenden Konsequenzen geschieht nicht problemlos.
27
Generell muss
sorgfältig vorangegangen werden und speziell auch deshalb, weil es sich bei dem De-
sinvestitionsobjekt um Menschen handelt und nicht um andere Sachgüter wie Maschi-
nen oder Gebäude. Will ein Unternehmen erfolgreich einen Desinvestitionsprozess (des
Humankapitals) durchführen, so ist eine ganzheitliche Betrachtung der Auswirkungen,
die neben ökonomischen auch die menschlichen Konsequenzen mit einbezieht
28
, eine
entscheidende Voraussetzung
29
, denn ,,no party to the process seems to be excluded".
30
1.2
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Im vorangegangenen Abschnitt ist ersichtlich geworden, dass Umstrukturierungen den
Trend der heutigen Zeit widerspiegeln, um ein langfristiges wirtschaftliches Überleben
eines Unternehmens zu sichern. Jedoch sind mit solchen Schritten nicht nur Fortschritte
und Vorteile verbunden, sondern gleichermaßen gehen auch Probleme und Schwierig-
keiten mit solch Prozessen einher.
24
Kets de Vries/Balazs 1996, S. 111
25
Stand Dez. 2005 (http://www.destatis.de/indicators/d/arb210ad.htm vom 22.01.2006)
26
Vgl. Hradil 1999, S. 205; vgl. Geißler 2002, S. 261 und S. 276 ­ S. 278
27
Vgl. Fuchs-Jakobs 1978, S. 30
28
Eneroth/Larsson 1996, S. 5; Die beiden Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass generell bei stra-
tegischen Veränderungen die humane Seite nie vergessen werden darf.
29
Vgl. Ivancevich/Schweiger/Power 1987, S. 34
30
Kets de Vries/Balazs 1997, S. 42

Einleitung
5
In dieser Diplomarbeit wird das Hauptaugenmerk auf die Desinvestition von Humanka-
pital in Konzernen gelegt.
31
Die Desinvestition wird innerhalb dieser Arbeit zum einen
als Ursache von Personalfreisetzungen gesehen und zum anderen selber als Synonym
eines Personalfreisetzungsprozesses verstanden. Die drei Hauptanliegen dieser Arbeit
sind generell zu informieren, welche Möglichkeiten Konzerne bei der Desinvestition
von Humankapital haben. Des weiteren soll im Verlauf gezeigt werden, welche Aus-
wirkungen und Konsequenzen dadurch beim Unternehmen selbst, den Mitarbeitern,
dem Management und in der Gesellschaft auftreten können. Das letzte Ziel dieser Dip-
lomarbeit liegt darin, den Leser über Maßnahmen zu informieren, die ergriffen werden
müssen, um eine aus Unternehmenssicht erfolgreiche Durchführung des Desinvestiti-
onsprozesses zu gewährleisten.
Zur Vorgehensweise wurde in Kapital 1.1 die betriebswirtschaftliche und gesellschaftli-
che Relevanz thematisiert. Im anschließenden Kapitel 2 erfolgt dann eine Erarbeitung
der theoretischen Grundlagen, um eine gemeinsame Basis des Verständnisses zu errei-
chen. In Kapitel 3.1 wird zunächst die aktuelle Bedeutung von Desinvestitionen (von
Humankapital) in Deutschland aufgegriffen. Außerdem erfolgt in Kapitel 3.2 die Rele-
vanz des Faktors Humankapital für die Unternehmung. Kapitel 3.3 befasst sich mit Ur-
sachen und Motiven der Personalfreisetzung. Kapitel 3.4 untersucht Barrieren, die drin-
gend beachtet werden müssen, bevor in Kapitel 3.5 die Arten der Desinvestition vorge-
stellt werden. Kapitel 4 fokussiert dann die damit einhergehenden Auswirkungen und
Effekte aus folgenden verschiedenen Sichtweisen: Beginnend mit dem Management
(Kapitel 4.1.1) erfolgt dann eine Darstellung aus Mitarbeitersicht (Kapitel 4.1.2). Dabei
gilt es zu beachten, dass nicht nur die gehenden Mitarbeiter in den Fokus fallen, sondern
auch die sog. Survivors, die Mitarbeiter, die im Unternehmen verbleiben. Außerdem
wird ein Augenmerk auf den Konzern an sich gelegt (Kapitel 4.1.3) und abrundend auch
auf die gesellschaftlichen Folgen (Kapitel 4.1.4), die aufgrund ständig wachsender Zah-
len von Arbeitslosen ebenfalls von den Auswirkungen betroffen sind. Kapitel 4.2 bein-
haltet mögliche Vorgehensweisen und Lösungsmaßnahmen, die für eine erfolgreiche
Umsetzung der Desinvestition von Mitarbeitern beachtet und herangezogen werden
müssen. Nachdem mögliche Schwierigkeiten, Konsequenzen und Lösungsmöglichkei-
31
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird von Unternehmen oder Organisationen gesprochen. Dabei wird
immer unterstellt, dass eine Konzernstruktur vorliegt.

Einleitung
6
ten aufgezeigt wurden, soll in Kapitel 4.3 die Rolle der Personalabteilung als Bindeglied
zwischen Management und Mitarbeiter herausgestellt werden. Zum Ende werden in
Kapitel 5 die wesentlichen Ergebnisse zusammengetragen und es erfolgt ein Ausblick
hinsichtlich der Thematik.
Zur besseren Illustration erfolgt eine grafische Darstellung der Vorgehensweise in
Kombination mit den zentralen Fragen bzw. Anliegen jedes Teilkapitels.
Abbildung 1: Grafische Darstellung der Vorgehensweise
1. Kapitel: Einleitung
2. Kapitel: Theoretische Grundlagen
Schaffung einer gemeinsamen Begriffsbasis
3. Kapitel: Die Desinvestition von Humankapital als strategische Managementop-
tion
Welche Bedeutung haben Desinvestitionen in Deutschland?
Welche Relevanz hat der Faktor Humankapital für die Unternehmung?
Wo liegen die Ursachen, Motive und Barrieren des Desinvestitionsprozesses?
Welche Arten von Desinvestitionen stehen Konzernen zur Verfügung?
4. Kapitel: Desinvestition von Humankapital: eine prozessorientierte Betrach-
tungsweise
Wo liegen die Auswirkungen bei Management, Mitarbeitern, Konzern und Gesell-
schaft?
Was muss für eine erfolgreiche Umsetzung beachtet werden?
Schwierigkeiten und Rolle der Personalabteilung als Bindeglied
Kapitel 5: Fazit und Ausblick

Theoretische Grundlagen
7
2
Theoretische Grundlagen
2.1
Konzern
Der Konzern bildet für mittelständige und große Unternehmungen die typische Organi-
sationsform.
32
Jedoch weist die betriebswirtschaftliche Literatur keinen Konsens bezüg-
lich einer einheitlichen Definition auf.
33
Die Hauptmerkmale aus ökonomischem
Blickwinkel sind die Beibehaltung der rechtlichen Selbständigkeit der jeweiligen Kon-
zerngesellschaften, eine vertragliche bzw. faktische Zuordnung aller Konzernbetriebe
und -unternehmen an eine übergeordnete einheitliche Leitung, die Beschränkung der
unternehmerischen Entscheidungsfreiheit an den Spitzen der Konzernunternehmen und
die Auffassung, dass es sich bei Konzernen, um eine Organisation als wirtschaftliche
Handlungs- und Entscheidungseinheit handelt.
34
Das deutsche Aktienrecht (§ 18 AktG) definiert Konzerne ,,als eine (1) Zusammenfas-
sung von mehreren, (2) rechtlich selbständigen Unternehmen unter (3) einheitlicher
Leitung".
35
Die rechtliche Selbständigkeit ist bei Konzernen eindeutig feststellbar
36
,
wohingegen die Operationalisierung der einheitlichen Leitung problematischer ist.
37
Allgemein wird von einer wirtschaftlichen einheitlichen Leitung insofern gesprochen,
wenn eine Koordination hinsichtlich der Geschäftspolitik der einzelnen Konzernunter-
nehmen vorgenommen wird.
38
Des weiteren sind Konzerne auf Dauer angelegte Unternehmensverbünde und folglich
von strategischen Allianzen bzw. Netzwerkorganisationen und Konsortien zu differen-
zieren.
39
Konzerne stehen außerdem zwischen Kartellen, d.h. ein ,,abgestimmtes Verhal-
ten rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Unternehmen"
40
und Fusionen, einem
,,Unternehmenszusammenschluss bei Aufgabe der rechtlichen und wirtschaftlichen
32
Vgl. Mellewigt/Matisake 2001, S. 109; vgl. Theisen 2000, S. 21; Theisen schreibt, dass 90 % der deut-
schen Aktiengesellschaften und mehr als die Hälfte der deutschen Personalgesellschaften Konzerne
sind.
33
Vgl. Mellewigt 1995, S. 12
34
Vgl. Theisen 2000, S. 15
35
Bleicher 1992, S. 1151
36
Vgl. ebenda 1992, S. 1151
37
Vgl. Theisen 2000, S. 34 - 38
38
Vgl. Wöhe 2000, S. 333
39
Vgl. Mellewigt/Matisake 2001, S. 112 ­ S. 113; vgl. Mellewigt 1995, S. 16
40
Wöhe 2000, S. 334; vgl. Mellewigt 1995, S. 15 ­ S. 17

Theoretische Grundlagen
8
Selbständigkeit".
41
Ein Konzern entsteht, indem ,,zwei oder mehr rechtlich selbständige
Unternehmen durch Vertrag, kapitalmäßige Verflechtungen oder aufgrund anderer
rechtlicher oder faktischer Verhältnisse einheitlich geführt werden".
42
Die typischen
Grundelemente einer Konzernorganisation bilden zum einen die Spitzeneinheit, als die
Muttergesellschaft bzw. Konzernzentrale und zum anderen die Grundeinheiten, als
Konzernunternehmen bzw. Tochtergesellschaften. Die Aufgabe der Spitzeneinheit liegt
in der Konzernführung, wohingegen in den Grundeinheiten die Aufgabe in der Erfül-
lung der Sachaufgaben und in der entsprechenden Leistungserstellung liegt. Gegebenen-
falls besteht die Möglichkeit, dass Zwischeneinheiten als mittlere Hierarchieebene be-
stehen, falls Vielgliedrigkeit und Größe des Konzerns zunehmen.
43
Ihnen kommt dann
eine Harmonisierungsfunktion als koordinierende und integrierende Stelle zu. Generell
sind diese Grundformen ungeeignet die komplexeren Strukturen heutiger Konzerne zu
erklären, jedoch können sie die zugrunde liegenden funktionellen Basisstrukturen der
aktuellen Konzernformen erfassen.
44
Vielfach entstehen Konzerne aus dem organisatorischen Wachstum. Man unterscheidet
hinlänglich der Stoßrichtung vertikales, horizontales und laterales Wachstum.
45
Die
zugrunde liegenden Motive und Ziele für Konzerngründungen sind komplex und nicht
immer trennscharf voneinander zu unterscheiden. Oftmals liegen mehrere Beweggründe
für einen solchen Zusammenschluss vor. Sie reichen von organisatorisch-ökonomischen
Motiven bis hin zu emotionalen Gründen. Größere Flexibilität, finanzielle Absicherung,
politische bzw. rechtliche Überlegungen in Bezug auf Eintrittsbarrieren in ausländische
Märkte, Steuerersparnisse und Ausnutzung von Synergieeffekten decken bspw. die or-
ganisatorisch-ökonomischen Motive ab. Macht- und Sicherheitsstreben sind Motive
emotionaler Art. In Abhängigkeit der Stoßrichtung und der Anlässe der Konzernbildung
entstehen dann entsprechende Konzernorganisationsstrukturen.
46
Die Frage nach der
41
Wöhe 2000, S. 334; vgl. Mellewigt 1995, S. 15 ­ S. 17
42
Scheffler 1992, S. 1
43
Vgl. Mellewigt 1995, S. 28 ­ S. 30
44
Vgl. Theisen 2000, S. 160 ­ S. 161; für detaillierte Informationen über Konzernmodelle wie Stamm-
hauskonzerne oder diverse Arten von Holdings, verweise ich auf Mellewigt (1995), Melle-
wigt/Matisake (2001), Theisen (2000) und Amponsem et al. (1996).
45
Vgl. Bronner 2002, S. 46; vgl. Scheffler 1992, S. 3 - 5
46
Vgl. Scheffler 1992, S. 3 ­ S. 5; vgl. Theisen 2000, S. 91 ­ S. 92

Theoretische Grundlagen
9
optimalen Konzernstruktur kann aufgrund der vielen Möglichkeiten unmöglich beant-
wortet werden.
47
Im Sinne der weiteren Arbeit werden Konzerne ,,als auf Dauer angelegte Unterneh-
mensverbünde rechtlich selbständiger Unternehmen definiert, die unter einheitlicher
Leitung stehen".
48
Prinzipiell darf die menschliche Sichtweise bei Betrachtungen nicht in Vergessenheit
geraten
49
, denn der Konzern als Organisation ist ein Ort, wo Menschen aufeinander tref-
fen, die nicht nur als ,,'Handlungsträger', ,Aufgabenträger' oder ,Rollen' an ihren Ar-
beitsplatz [kommen], sondern als Menschen mit Bedürfnissen und Problemen".
50
Der
Konzern ist Ort der Interaktion und Ort der Entstehung von informellen Gruppen inner-
halb dieser formellen Organisation. Dort, ,,wo die ,interaktive Verdichtung' sich zur
Gruppenbildung konsolidiert"
51
, kann eine Art Wir-Gefühl entstehen. Die Beziehungen
zwischen den Konzernmitgliedern untereinander dürfen nicht außer Acht gelassen wer-
den.
52
Gerade bei Personalfreisetzungen spielen diese eine entscheidende Rolle.
2.2
Humankapital
Der Begriff des Humankapitals ist kein neuzeitlich geprägter
53
, sondern seine Geschich-
te geht bis in das 17. Jahrhundert auf den Ökonom Adam Smith zurück.
54
Schon in der
Vergangenheit haben sich Wissenschaftler Gedanken um die Frage gemacht, ob die
Fähigkeiten eines Menschen als Kapital zu interpretieren sind. In der heutigen Zeit hat
sich diese Sichtweise durchgesetzt und ,,people in the business world cite human re-
sources, or people, as the company's greatest assets".
55
In Abhängigkeit der Ausstattung
eines Unternehmens hinsichtlich des Humankapitals, lässt sich sogar teilweise der Un-
47
Vgl. Lehmann 1992, S. 1109
48
Mellewigt/Matisake 2001, S. 112
49
Vgl. Kobi 1999, S. 25 ­ S. 26
50
Kieser/Kubicek 1992, S. 24
51
Tyrell 1983, S. 82
52
Vgl. Mikl-Horke 1994, S. 109 ­ S. 115; Verweis auf die Hawthorne-Untersuchungen und die Human
Relation School der Mayo-Gruppe.
53
Vgl. Zacher 2003, S. 9
54
Vgl. Schultz 1961, S. 2 ­ S. 3; vgl. Hüfner (1970), S. 11 ­ S. 63; Bei Hüfner erfolgt eine detaillierte
Darstellung der Entwicklung des Humankapitalkonzepts. Diese liefert im Falle der Arbeit keinen weite-
ren Erkenntnisgewinn.
55
Ebersberger 1981, S. 37

Theoretische Grundlagen
10
terschied erklären, warum ein Unternehmen besser bzw. produktiver ist als ein ande-
res.
56
Menschen beeinflussen aufgrund ihres Wissen, ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten
sehr wohl die Handlungsweisen und Erfolgsaussichten eines Unternehmens. Sie sind
Grundlage dafür, dass technischer Fortschritt und Entwicklung vorangetrieben werden
können.
57
Den ökonomischen unternehmerischen Nutzen entfalten die Mitglieder eines
Unternehmens lediglich nur dann im vollen Maße, sofern ihre Eigenschaften und Fä-
higkeiten mit den Interessen des Unternehmens kooperieren.
58
In der heutigen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur subsumiert man unter dem facet-
tenreichen und breitgefächerten
59
Begriff des Humankapitals ,,die Gesamtheit der Fä-
higkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse von Individuen, aber auch deren
Wissen, Können und Kreativität".
60
Alle Menschen verfügen über verschiedene An-
fangsausstattungen, die aufgrund von unterschiedlichen individuellen Bildungsbiogra-
phien weiterentwickelt werden können.
61
Man spricht in diesem Fall von Investitionen
in das Humankapital.
62
Dabei differenziert man zwischen schulischer und beruflicher
Bildung.
63
Schulische und berufliche Bildung kann allgemeiner sowohl spezifischer
Natur sein. Beide tragen zu einer Entwicklung des Humankapitals bei und ergänzen sich
gegenseitig. Somit sind bestimmte Ausbildungsformen eher der schulischen Art zu zu-
ordnen, andere hingegen vielmehr als beruflicher Art zu sehen.
64
Die Gleichsetzung des Menschen mit einem Wirtschaftsgut bzw. als Humankapital soll
die Wertschätzung der Arbeitskraft zum Ausdruck bringen, analog suggeriert die Ter-
minologie aber eine Ähnlichkeit zu Sachkapital. Diese Betrachtungsweise erweist sich
als problematisch, da sich Humankapital und Sachkapital doch erheblich voneinander
unterscheiden.
56
Vgl. Barcons-Vilardell et al. 1999, S. 386
57
Vgl. Weisbrod 1962, S. 106
58
Vgl. Hentze/Kammel 2001, S. 30
59
Vgl. de la Fuente/Chiccone (2002), S. 9
(http://europa.eu.int./comm/employment_social/news/2002/jul/report_final.pdf
zuletzt aufgerufen am 26.01.2006)
60
Caspers 1996, S. 274
61
Vgl. Schultz 1962, S. 1
62
Vgl. Becker 1962, S. 9
63
Vgl. Mincer 1989, S. 27; für genauere Informationen bezüglich der Investition in Humankapital und
insbesondere die Differenzierung in schulischer und beruflicher Bildung, verweise ich noch auf Beh-
ringer (1999), Kapitel 3 und Pfahler (2000).
64
Vgl. Pfahler 2000, S. 60

Theoretische Grundlagen
11
Humankapital ist im Gegensatz zu Sachkapital personengebunden und daraus resultie-
rend kann keine Trennung zwischen Wissen und Person erfolgen.
65
Der Arbeitgeber
kann zwar innerhalb eines bestimmten Rahmens über das Humankapital verfügen, je-
doch ist es nicht sein Eigentum, was die freie, unbegrenzte Verfügbarkeit einschränkt.
66
Daraus resultierend erwerben Unternehmen nur Nutzungs- und Verfügungsrechte am
Humankapital und keine Eigentumsansprüche.
67
Bei der Betrachtung der Rendite ergeben sich ebenfalls erhebliche Unterschiede zwi-
schen Human- und Sachkapital. Auf der einen Seite ist die Rendite aufgrund der Mög-
lichkeit eines Mitarbeiters, das Unternehmen aus eigener Entscheidung zu verlassen und
sein Wissen einem konkurrierenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen, sehr
schwer kalkulierbar. Wechselt ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber, so gehen dem ur-
sprünglichen Unternehmen das Wissen bzw. das Humankapital verloren. Getätigte In-
vestitionen in das Humankapital zahlen sich folglich nicht aus.
68
Auf der anderen Seite
ist eine Erfassung und Bewertung der Rendite von im Unternehmen verbleibender Mit-
arbeiter ebenfalls schwierig. Es stellt sich die Frage, wie die Leistung bzw. der erbrach-
te Mehrwert, den ein Mitarbeiter produziert, zu messen ist.
69
Gerade auch vor dem Hin-
tergrund, dass eine Anstellung nicht rechtfertigt, ob ein Mitarbeiter sein Humankapital
in ausreichendem Maße dem Unternehmen zur Verfügung stellt. Motivation, Emotionen
und Einstellungen beeinflussen ebenfalls den Wert einer Arbeitskraft.
70
Ein weiterer Unterschied liegt darin begründet, dass Sachkapital im Zeitablauf aufgrund
von Abnutzung an Wert verliert. Humankapital hingegen wächst durch die regelmäßige
Ausweitung der individuellen Kompetenzen und unterliegt keinem Wertverlust durch
Abnutzung.
71
Gesellschaftlich ist Humankapital ein sehr umstrittener Begriff, der sogar zum Unwort
des Jahres 2004 gewählt wurde. Als Rechtfertigung wird die Degradierung des Men-
65
Vgl. Becker 1992, S. 85
66
Vgl. Rogow/Edmonds 1988, S. 169
67
Vgl. Wieland 2001, S. 10
68
Vgl. Caspers 1996, S. 274 ­ S. 275; vgl. North 1999, S. 47 ­ S. 49
69
Für weitere Informationen bezüglich der Messung verweise ich auf Bukowitz/Williams/Mactas (2004),
Barcons-Vilardell et al. (1999) und Ebersberger (1981).
70
Vgl. Davenport 1999, S. 24 ­ S. 28; vgl. Neuberger 1994, S. 9
71
Vgl. Höckels 2000, S. 18; vgl. Hoffmann 2001, S. 15; zu spezifischen Abschreibungen am Humankapi-
tal u.a. durch Überalterung verweise ich auf Hoffmann (2001), Kapitel 2.2.2; Diese Abschreibungen
werden aber aufgrund der Thematik dieser Arbeit im weiteren Verlauf außer Acht gelassen, da sie kei-
nen weiteren Erkenntnisgewinn liefern.

Theoretische Grundlagen
12
schen zu einer rein ökonomischen Größe angeführt. Menschen als Humankapital aufzu-
fassen degradiert sie zu einer reinen Kostengröße und man wird dem Mensch als Indivi-
duum nicht gerecht.
72
Trotz aller Kritik und damit verbundenen Schwierigkeiten wird innerhalb dieser Arbeit
Humankapital die personengebundene ,,Gesamtheit der Fähigkeiten, Fertigkeiten, Er-
fahrungen und Kenntnisse von Individuen, aber auch deren Wissen, Können und Krea-
tivität"
73
verstanden. Aus einer organisatorischen Sichtweise stellt der Begriff den ,,ag-
gregierten, verwertbaren Bestand menschlicher Leistungsfähigkeit zur Erreichung der
Unternehmensziele dar".
74
2.3
Desinvestition
Die betriebswirtschaftliche Literatur weist auch heute noch erhebliche Uneinheitlichkeit
hinsichtlich des Desinvestitionsbegriffs auf.
75
Daraus resultierend erhält man in erster
Linie über die Wirkungsweise einen Zugang zur Desinvestition.
76
Als ,,negative Investi-
tion"
77
hebt die Desinvestition die Wirkung einer Investition auf. Sie ist aus terminolo-
gischer Sicht als Gegenbegriff zur Investition zu begreifen
78
, denn es ist einleuchtend,
dass jeder Desinvestition eine Investition vorausgegangen sein muss.
79
Da der Investitionsbegriff unterschiedlich definiert wird, weichen daher auch die Sicht-
weisen hinsichtlich des Inhalts der Desinvestition voneinander ab.
80
Grundlegend lassen
sich beim Desinvestitionsverständnis die finanzielle, bilanzielle und leistungswirtschaft-
liche Perspektive differenzieren.
81
Jansen spricht in diesem Zusammenhang von der
,,funktionellen Aufspaltung".
82
Unter finanzwirtschaftlicher Perspektive findet eine De-
72
Vgl. www.unwortdesjahres.org
sowie im Anhang (1-3) beigefügte Schreiben von Prof. Horst Dieter
Schlosser (Sprecher der Jury ,Unwort des Jahres')
73
Caspers 1996, S. 274
74
Becker 2005, S. 279 ­ S. 280
75
Vgl. Bartsch 2005, S. 24
76
Vgl. Friedrich von den Eichen 2002, S. 51
77
Wöhler 1981, S. 8
78
Vgl. Thissen 2000, S. 7
79
Vgl. Rechsteiner 1994, S. 17
80
Vgl. Mensching 1986, S. 2; Bei Wöhler (1981), S. 5 ­ S. 13 findet eine umfassende Diskussion und
Übersicht des Desinvestitionsbegriffs statt, der im Rahmen dieser Arbeit nicht in dieser Tiefe erfolgt.
81
Vgl. Gehrke 1999, S. 13 ­ S. 14; vgl. Bartsch 2005, S. 22 - 24
82
Jansen 1986, S. 26

Theoretische Grundlagen
13
sinvestition statt, wenn die durch die Investition gebundenen Mittel freigesetzt wer-
den.
83
Eine Desinvestition hat somit Kapitalrückflusscharakter. Positive Rückflüsse
können also für neue Investitionen genutzt werden. Es können aber auch negative Kapi-
talrückflüsse entstehen, wenn die einmaligen Desinvestitionsausgaben die einmaligen
Desinvestitionseinnahmen übersteigen bspw. durch hohe Altlasten oder durch aufwen-
dige Abbrucharbeiten
84
. Unter der bilanziellen Sichtweise kann eine Desinvestition zu
einer Bilanzverlängerung, Bilanzverkürzung oder zu einem Aktivtausch führen.
85
,,Im
teilweisen oder vollständigen Abbau der durch die Investition bereitgestellten Güter"
86
wird auf leistungswirtschaftlicher Ebene von einer Desinvestition gesprochen. In anglo-
amerikanischen Schriften wird je nach Betonung der leistungswirtschaftlichen oder der
finanzwirtschaftlichen Perspektive zwischen Divestiture oder Divestment unterschie-
den.
87
Durch Hinzuziehen des zeitlichen Faktors lässt sich darüber hinaus noch eine
Differenzierung in eine zeitpunktbezogene (residuale) und zeitraumbezogene (partielle)
Betrachtungsweise vornehmen.
88
Wird der bisherigen Sichtweise gefolgt und die Desinvestition aus den unterschiedli-
chen Investitionsbegriffen abgeleitet, dann gehören der graduelle Güterabbau durch
Nutzung ebenso wie der Vorgang des einmaligen Herauslösens einer Maschine oder
eines bestimmten Bereiches eines Konzerns zum Gegenstand einer Desinvestition.
89
Die
Desinvestition entbehrt folglich jeglicher Konkretisierung, ist weit gefasst und allge-
mein.
Zu einer spezifischeren Definition gelangt man, wenn Relevanzkriterien wie Häufigkeit
der Entscheidung, Reichweite der Konsequenzen hinzugezogen und Aussagen bezüg-
lich des Desinvestitionsobjektes getätigt werden.
90
Führt man sich hinsichtlich der Relevanzkriterien vor Augen, was mit einer Entschei-
dung über das Ausscheiden einer einzelnen Maschine oder Anlage verbunden ist, so
wird man zunächst feststellen, dass dieser Vorgang relativ alltäglich ist und keinen Sel-
83
Vgl. Mensching 1986, S. 3
84
Vgl. Gehrke 1999, S. 13
85
Vgl. Bartsch 2005, S. 23 ­ S. 24
86
Mensching 1986, S. 3
87
Vgl. Wöhler 1981, S. 12
88
Vgl. Jansen 1986, S. 26 ­ S. 27; vgl. Friedrich von den Eichen 2002, S. 51 ­ S. 52
89
Vgl. Mensching 1986, S. 4; vgl. Brüggerhoff 1992, S. 7 ­ S. 8
90
Vgl. Jansen 1986, S. 29

Theoretische Grundlagen
14
tenheitswert innerhalb eines Unternehmens hat. Oftmals wird diese Tätigkeit durch
Rückgriff auf Entscheidungsroutinen gelöst. Des weiteren ist die Reichweite der Kon-
sequenzen absehbar und nicht komplex vor dem Horizont des Gesamtkonzerns. Anders
ist die Tatsache zu bewerten, wenn es sich nicht um eine einzelne Maschine handelt,
sondern um einen ganzen Konzernteil, über den eine Entscheidung des Ausscheidens
getroffen werden muss. Der Unterschied liegt u.a. in der relativen und absoluten Größe
des Desinvestitionsobjektes im Vergleich zum Gesamtkonzern. Solche Entscheidungen
können nicht unter Zuhilfenahme von Entscheidungsroutinen gefällt werden, denn sie
sind eher selten und nicht alltäglich. In der Unternehmenspraxis existieren deshalb kei-
ne standardisierten und formalisierten Vorgehensweisen, so dass erhebliche Planungs-
phasen von Nöten sind.
91
Daraus resultierend sind solche Entscheidungen mit einigen
Schwierigkeiten verbunden, denn ,,decision makers cannot simultaneously consider or
process all the variables and data involved in a decision as complex as acquisition and
divestment".
92
Außerdem unterscheiden sich solche Entscheidungen ebenfalls durch das
Ausmaß der Folgen. Die Reichweite der Konsequenzen, die sich aufgrund des Aus-
scheidens eines Konzernteiles ergeben, sind komplexer und sehr viel weitreichender
93
als die auftretenden Effekte beim bloßen Ausscheiden einer einzelnen Maschine aus
dem Konzernkomplex.
Nach diesen Eingrenzungen kann Desinvestition bspw. als ,,freiwilliges Herauslösen
eines ,aktiven' Unternehmensteils aus dem Gesamtgefüge einer Unternehmung durch
endgültige Stilllegung oder Verkauf aller oder eines Teils der wirtschaftlichen Eigen-
tumsanteile"
94
an eine oder mehrere Investoren oder Unternehmungen definiert werden.
In der Literatur existieren noch andere Definitionsversuche, die sich alle in kleinen Nu-
ancen voneinander unterscheiden. Diese sollen aber nicht thematisiert werden.
95
Die
Desinvestition ist für diese Arbeit im o.g. Sinn festgelegt worden, um noch weitere we-
sentliche Aspekte einer solchen Entscheidung herauszustellen.
91
Vgl. Brüggerhoff 1992, S. 1
92
Duhaime/Schwenk 1985, S. 287
93
Vgl. Jansen 1986, S. 28 ­ S. 30; Desinvestitionsentscheidungen sind komplexer Art. Für grundlegende
Informationen hinsichtlich Entscheidungen und damit verbundenen Schwierigkeiten verweise ich auf
Bronner (1999), insbesondere Kapitel 1
94
Brüggerhoff 1992, S. 9
95
Vgl. Bartsch 2005, S. 25 ­ S. 26; Dort findet eine Auflistung mehrerer deutscher Definitionen statt und
eine entsprechende Diskussion.

Theoretische Grundlagen
15
Die Freiwilligkeit impliziert, dass Desinvestitionen aufgrund von freien strategischen
Managemententscheidungen initiiert werden und nicht aufgrund von staatlichen Ent-
scheidungen und Vorgaben zustandekommen. Unfreiwillige Desinvestitionen sind aus-
geklammert.
96
Entgegen der Tatsache, dass in der Unternehmenspraxis die Desinvestiti-
on meist als reaktives Instrument genutzt wird, soll sie innerhalb dieser Arbeit als stra-
tegische Managementoption angesehen werden. Montgomery/Thomas/Kamath sprechen
in diesem Zusammenhang von einer ,,Strategic Divestiture".
97
Die Desinvestition ist
somit als proaktives Instrument zu verstehen, das bewusst zur Zukunftssicherung eines
Unternehmens unter Berücksichtigung langfristiger Zielsetzungen herangezogen wird
.
98
Der Fokus auf aktive Unternehmensteile grenzt Bereiche aus, bei denen ein ,,vitales
Unternehmensinteresse"
99
fehlt. Dadurch werden auch gleichzeitig die umfangreichen
Entscheidungsaktivitäten des Managements gerechtfertigt, die sich aufgrund von Desin-
vestitionen ergeben.
100
Als Unternehmensteile kommen solche Subsysteme in Frage, die
,,technisch-organisatorisch weitgehend abgeschlossen und an der Erfüllung von aus den
(Gesamt-) Unternehmenszwecken abgeleiteten Teilaufgaben arbeiten".
101
Es ist ersicht-
lich, dass es sich bezogen auf ihre relative Größe im Vergleich zum Gesamtunterneh-
men, um signifikante Bereiche handelt. Dabei kann es sich gemäß der Literatur sowohl
um rechtlich und wirtschaftlich selbständige Bereiche handeln, als auch um rechtlich
selbständige und wirtschaftlich unselbständige Bereiche.
102
Als Abgrenzungskriterium
bezüglich der Reduktion der Eigentumsanteile soll generell ,,der Übergang der strategi-
schen Verantwortung"
103
gesehen werden. Der desinvestierte Bereich fällt nach der
Durchführung der Desinvestition in den Verantwortungsbereich des neuen Investors
bzw. durch die endgültige Stilllegung aus dem Handlungs- und Verantwortungsbereich
des Konzerns. Desinvestitionsentscheidungen sind endgültige und irreversible Ent-
scheidungen, so dass es sich lohnt solche Entscheidungen als eigenständigen Bereich
der Unternehmensführung zu betrachten.
104
96
Vgl. Weiher 1996, S. 11 ­ S. 12; Das Management hat im Zuge von unfreiwilligen Desinvestitionen
keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Entscheidung. Externe Stellen haben über die Desinvesti-
tion entschieden.
97
Montgomery/Thomas/Kamath 1984, S. 831 und S. 833
98
Vgl. Friedrich von den Eichen 2002, S. 73
99
Vgl. Jansen 1986, S. 33
100
Vgl. Brüggerhoff 1992, S. 9 ­ S. 12; vgl. Rechsteiner 1994, S. 18
101
Brüggerhoff 1992, S. 10
102
Vgl. Thissen 2000, S. 8 ­ S. 9
103
Thissen 2000, S. 8
104
Vgl. Rechsteiner 1994, S. 3

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Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783956363092
ISBN (Paperback)
9783836608190
Dateigröße
997 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz – Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Studiengang Wirtschaftspädagogik
Erscheinungsdatum
2008 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
personalwesen recruitment humankapital personalfreisetzung kündigung
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Titel: Desinvestition von Humankapital in Konzernen
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