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Führungsinstrumente Feeback, Workshops und Mitarbeitergespräch als Faktoren des Projekterfolgs

©2003 Diplomarbeit 123 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Inhaltsangabe:
Die Erkenntnis, dass Erfolg in einem Unternehmen eben nicht nur an Organisation, materiellen Ressourcen sowie der Fachqualifikation der Mitarbeiter abhängt, sondern auch von den sogenannten „Weichen Faktoren“, wie Führungsstil, Kommunikation, Teamfähigkeit und Motivation abhängt, gewinnt eine immer größere Bedeutung. Das Erkennen und Anwenden des Potentials dieser „Weichen Faktoren“ kann den entscheidenden Unterschied über Erfolg oder Misserfolg ausmachen und somit einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellen.
Die vorliegende Arbeit befasst sich einerseits mit der inhaltlichen Auseinandersetzung der zu den „Weichen Faktoren“ zählenden Themen Feedback, Workshop und Mitarbeitergespräch, andererseits mit ihrer praktischen Anwendung am Beispiel des LKW-Maut Projektmanagement-Teams der Fa. STRABAG AG. Als unverzichtbare Grundlage der zu behandelnden und zu untersuchenden Führungsinstrumente erfolgt einleitend eine Auseinandersetzung mit dem Thema Kommunikation. Der Zusammenhang zwischen den Führungsinstrumenten, der Unternehmens-kultur und der Motivation wird sowohl im theoretischen als auch im empirischen Teil erörtert.
Um auch zukünftig erfolgreich zu agieren, müssen sich Führungskräfte mehr und mehr ihrer Verantwortung im Bereich Personalentwicklung, Motivation und Unternehmenskultur bewusst werden.
Schlüsselwörter:
- Kommunikation.
- Feedback.
- Workshop.
- Unternehmenskultur.
- Motivation.
Einleitung:
„Glauben Sie zu wissen, was Ihr Vorgesetzter an Ihnen schätzt?“
„Glauben Sie zu wissen, was Ihre Mitarbeiter an Ihnen schätzen?“
Alle, Mitarbeiter und Vorgesetze, sind darauf angewiesen, im Arbeitsfeld ein emotionales „Zuhause“ zu finden, um sich mit dem Unternehmen zu identifizieren und ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten zu können.
Gegenseitige Wertschätzung ist eine Grundvoraussetzung, um eben dieses „Zuhause“ gut bewohnbar zu machen.
Bei den Erfolgsfaktoren im Projektmanagement unterscheidet man grundsätzlich zwischen den sogenannten „Harten Faktoren“ wie Organisation, materielle Ressourcen sowie Fachqualifikation und den „Weichen Faktoren“ wie Führungsstil, Kommunikation, Teamfähigkeit und Motivation. Aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet sind die harten Faktoren bereits durch umfassende Optimierung ausgereizt, und Steigerungen ihrer Effektivität sind nur noch in einem sehr beschränkten Maße möglich. Anders verhält es sich bei den weichen Faktoren. Erst nach und nach wird ihr wahres Potential […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltverzeichnis

Einführung
Relevanz der Thematik
Problem- / Fragestellung
Herangehensweise / Methodik

1. Theoretische Grundlagen
1.1 Kultur
1.1.1 Definition des Kulturbegriffs
1.1.2 Kulturdimensionen nach Hofstede
1.1.2.1 Machtdistanz
1.1.2.2 Kollektivismus vs. Individualismus
1.1.2.3 Feminine vs. maskuline Kulturen
1.1.2.4 Unsicherheitsvermeidung
1.1.2.5 Langfristige vs. kurzfristige Orientierung
1.1.3 Anwendung der Kulturdimensionen von Hofstede auf Russland
1.1.3.1 Studie von Naumov und Puffer zur Charakterisierung der russischen Kultur anhand der Dimensionen von Hofstede
1.1.4 Kritische Analyse der Arbeiten von Hofstede und Naumov/Puffer
1.2 Kommunikation
1.2.1 Definition des Kommunikationsbegriffs
1.2.2 Kommunikationstheorie von Schulz von Thun
1.2.2.1 Ein psychologisches Modell der zwischenmenschlichen Kommunikation
1.2.2.2 Agieren und reagieren: mögliche Ursachen von Kommunikations-störungen
1.2.3 Interkulturelle Kommunikation
1.2.3.1 Das Kulturstandard-Konzept von Thomas
1.2.3.2 Russische Kulturstandards
1.2.3.3 Verbale interkulturelle Kommunikation
1.2.3.4 Nonverbale interkulturelle Kommunikation
1.2.3.5 Monochronistische vs. polychronistische Zeitauffassung
1.2.4 Marktkommunikation
1.2.4.1 Definition der Marktkommunikation
1.2.4.2 Klassische Marktkommunikation (above the line advertising)
1.2.4.3 Nicht-klassische Marktkommunikation (below the line advertising)
1.2.4.4 Produktwerbung für Investitionsgüter
1.3 Verhandlungen
1.3.1 Definition des Verhandlungsbegriffs
1.3.2 Drei Verhandlungsphasen nach Ghauri
1.3.3 Definition der Verhandlungsstrategie
1.3.4 Verhandlungsstrategien nach Pruitt
1.3.4.1 Nicht integrative Verhandlungsstrategien
1.3.4.2 Integrative Verhandlungsstrategien
1.3.5 Das Dual Concern Modell von Pruitt/Rubin
1.3.6 Einige Elemente des russischen Verhandlungsstils
1.4 Zwischenfazit

2. Erkenntnisse über Kommunikation russischer Unternehmen im deutschen Markt aus der Perspektive russischer Top-Manager
2.1 Marktkommunikation von russischen Unternehmen im deutschen Markt
2.1.1 Deskriptiver Teil
2.1.2 Messe als Kommunikationskanal
2.1.3 Kulturabhängigkeit der Produkte der russischen Unternehmen
2.1.4 Werbemaßnahmen
2.1.5 Zielgruppe
2.1.6 Ziel der Marktkommunikation
2.1.7 Werbekanäle
2.1.8 Ergebnisse des Messeauftritts
2.2 Russisches Businessmeeting: ein Beispiel zur Charakterisierung russischer Businesskultur
2.2.1 Verbale Kommunikation
2.2.2 Präsentation
2.2.3 Die russische Zeiteinstellung
2.2.4 Nonverbale Kommunikation
2.2.4.1 Dress-Code
2.2.4.2 Arbeitsklima
2.3 Russische Verhandlungsstrategien
2.3.1 Integrative Verhandlungsstrategien russischer Unternehmen
2.3.1.1 Das Porträt deutscher Geschäftspartner aus russischer Perspektive
2.3.1.2 Aufbau der Geschäftspartnerbeziehung
2.3.1.3 Merkmale einer optimalen Geschäftspartnerbeziehung
2.3.1.4 Prioritätssetzung bei den Verhandlungen
2.3.1.5 Kurzfristige vs. langfristige Orientierung bei den Verhandlungen

Fazit und Empfehlungen

Abbildungen

Anhang

Literatur

Einführung

Relevanz der Thematik

Russland hat sich seit 2001 zu einem der dynamischsten osteuropäischen Märkte mit einer jährlichen BIP-Wachstumsrate von durchschnittlich 6,75 Prozent[1] entwickelt. Die Kaufkraft von russischen Konsumenten steigt und bietet enorme wirtschaftliche Chancen. Geschäftsleute aus Deutschland haben dieses Potential erkannt und suchen verstärkt den Kontakt zu russischen Geschäftsleuten. Auf der anderen Seite sehen auch russische Unternehmen im deutschen Markt ein Businesspotential.[2] Eine beson­dere Bedeutung bekommen hierbei Kommunikation und Interaktion, denn beide As­pekte treten bei Geschäften und insbesondere bei Verhandlungen in den Vorder­grund.

Problem- / Fragestellung

Vor diesem Hintergrund werden in dieser Diplomarbeit die kulturell-bedingten Aspekte der Kommunikation und der Interaktion russischer Unternehmen im deutschen Markt beleuchtet. Dabei wird auf zwischenmenschliche Kommunikation (interkulturelle Be­geg­nungs­situation, Verhandlungen) und auf Unter­neh­mens­kommunikation, spe­ziell auf Markt­kommunikation, eingegangen. Es werden die Fragen gestellt:

- Welche kulturspezifischen Probleme können bei der Interaktion zwischen Deutschen und Russen entstehen?
- Welche Form von Marktkommunikation bevorzugen russische Unternehmen im deutschen Markt und warum?
- Wie wirken sich die russische Kultur und Mentalität auf den Erfolg der Verhandlungen aus?

Mit dieser Arbeit sollen Erkenntnisse über die Kommunikation und Interaktion russischer Unternehmen gewonnen werden, die dann in Empfehlungen für deutsche Geschäftsleute für den Aufbau erfolgreicherer Geschäftsbeziehungen mit russischen Geschäftsleuten münden.

Herangehensweise / Methodik

Als theoretische Grundlagen werden die Bedeutung von Kultur und deren Auswirkung auf das menschliche Verhalten vorgestellt (1.1). Außerdem wird ein allgemeines Kommunikationsmodell vorgestellt (1.2.2) und darauf aufbauend, spezielle Formen der Kommunikation dargestellt: interkulturelle Kommunikation (1.2.3) und Markt­kom­mu­nikation (1.2.4). Den theoretischen Teil schließt der Blick auf Verhandlungen ab (1.3).

Zu jedem der genannten Bereiche werden Erkenntnisse zur Kommunikation und Interaktion russischer Unternehmen im deutschen Markt herausgefiltert und nach Lücken geschaut und Hypothesen formuliert. Offene Fragen sollen mit den Ergebnissen aus einer qualitativen Befragung beantwortet werden (Abschnitt 2). Abschließend werden die Untersuchungsergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst, Empfehlungen genannt.

1. Theoretische Grundlagen

1.1 Kultur

1.1.1 Definition des Kulturbegriffs

Das Wort Kultur stammt aus den Lateinischen und bedeutet Bearbeitung, Bebauung, geistige Pflege.[3]

Bereits 1952 haben Alfred Kroeber und Clyde Kluckhohn 164 Definitionen von Kultur gesammelt, analysiert und klassifiziert. Ihre Definition lautet: „Kultur besteht aus expliziten und impliziten Verhaltensmustern, die durch Symbole erworben und vermittelt werden, die spezifische Leistung einer menschlichen Gruppe begründen, einschließlich ihrer Verkörperung in Kulturprodukten und Artefakten.“[4]

Triandis definiert Kultur als „the human made part of the environment“[5] und unterscheidet zwischen subjektiver Kultur (Einstellungen, Normen, Werten, Assoziationen) und objektiver Kultur (Werkzeuge, Häuser, Kunstwerke, alles was von der menschlicher Hand geschaffen wurde).[6]

Boesch bietet ein ökologisches Kulturkonzept an. Nach seiner Meinung ist Kultur „das Biotop der Menschen“[7], weil es eine unlösbare Verflechtung von Mensch und Umwelt gibt.[8] Er bezeichnet Kultur auch als Handlungsfeld, das Handlungsmöglichkeiten bietet und Grenzen des möglichen oder „richtigen“ Handelns zieht.[9]

Thomas definiert Kultur als ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe sehr typisches Orientierungssystem, das aus spezifischen Symbolen gebildet wird und in der jeweiligen Gesellschaft, Organisation und Gruppe tradiert.[10] Er betont, dass jedes Individuum ein Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle über die lebenswichtigen Bereiche hat. Die Kultur bietet in diesem Kontext sehr nützliche Hilfen, die vom Individuum im Verlauf des Sozialisationsprozesses verinnerlicht werden. Der Erfolg der Sozialisation besteht darin, die Welt so zu verstehen, wie es die Mitmenschen in der eigenen sozialen Gemeinschaft auch tun.[11]

Der Organisationspsychologe Geert Hofstede definiert Kultur als „the collective programming of the mind which distinguishes the members of one group or category of people from another“[12]. Hofstede ist überzeugt, dass das menschliche Verhalten generell von Kultur beeinflusst wird.[13]

Zusammenfassend: Kultur besteht aus mehreren Variablen (Sprache, Religion, Kunst, Gesetze), die das Handeln von Menschen in der Gesellschaft beeinflussen und gleichzeitig vom menschlichen Handeln beeinflusst werden. Da unsere Umwelt sich ständig verändert, unterliegt auch Kultur einer Dynamik.[14]

Für diese Arbeit soll ein Modell genutzt werden, das die Kultur eines Landes darstellen kann. Hofstede stellt ein solches Modell vor, in dem die jeweiligen Länder mit empirisch ermittelten relativen Punktewerten voneinander unterschieden werden.[15] Die Punktwerte beziehen sich auf fünf Kulturdimensionen. Im Folgenden werden diese Kulturdimensionen und für Russland ermittelte Punkwerte vorgestellt.

1.1.2 Kulturdimensionen nach Hofstede

Hofstede analysierte 1974 die Werte­ein­stel­lun­gen von IBM-Mitarbeitern in 50 Ländern.[16] Dabei untersuchte er folgende Problembereiche:

- Soziale Ungleichheit, Beziehung zu Autoritäten
- Die Beziehung zwischen dem Individuum und der Gruppe
- Was bedeutet es, in der jeweiligen Kultur als Mann oder Frau geboren zu sein?
- Wie wird in jeweiliger Kultur mit Risiko und Unsicherheit umgegangen?[17]

Gemäß Hofstede repräsentieren diese Problembereiche sogenannte Kulturdimensionen. Eine solche Kulturdimension definiert Hofstede als „an aspect of a culture that can be measured relative to other cultures”[18]. Diese Kulturdimensionen heißen:

1. Machtdistanz,
2. Kollektivismus vs. Individualismus,
3. Maskulinität vs. Femininität,
4. Unsicherheitsvermeidung[19]

Später wurde von Hofstede noch eine Dimension zugefügt:

5. Langfristige vs. kurzfristige Orientierung.[20]

1.1.2.1 Machtdistanz

Machtdistanz definiert Hofstede als das Ausmaß, mit dem eine ungleiche Machtverteilung in der Familie, in der Schule oder in einer Organisation von den schwächeren Mitgliedern akzeptiert wird.[21] Mit der Tatsache, dass Menschen in einer Gesellschaft ungleiche Macht besitzen, wird in den jeweiligen Kulturen unterschiedlich umgegangen.[22]

In einer Gesellschaft mit einer großen Machtdistanz werden das Recht und der privilegierte Status der Machtbesitzenden bedingungslos anerkannt. Eltern, Lehrer und Vorgesetzte haben in einer solchen Gesellschaft absolute Autorität. Macht wird durch Statussymbole betont. In einer solchen Gesellschaft stellen Management-Theorien die Führungskräfte in den Mittelpunkt. In den Organisationen gibt es große Gehaltsunterschiede. Konflikte werden oft mit Gewalt gelöst.[23]

In einer Gesellschaft mit einer kleinen Machtdistanz haben alle Gesell­schafts­mit­glie­der die gleichen Rechte. Gehaltsunterschiede werden durch das Steuersystem ausgeglichen. Die Macht ist gebunden an einer formalen Position und an besonderen Fähigkeiten. Die Management-Theorien stellen Mitarbeiter in den Mittelpunkt. In der Schule wird von Schülern oder Studenten Initiative erwartet.[24] Gewalt bei der Lösung interner Konflikte ist selten. Der politische Systemwechsel erfolgt auf evolutionärem Wege. Die Mittelklasse ist in einer solchen Gesellschaft groß.[25]

1.1.2.2 Kollektivismus vs. Individualismus

Kollektivismus steht für die Bevorzugung einer engen sozialen Integration in einer in-group (Familie, Clan, Organisation, Partei). Durch die Zugehörigkeit zur in-group wird lebenslanger Schutz und Fürsorge gewährleistet. Als Gegenleistung wird bedinglose Loyalität verlangt.[26] Interessen der Gruppe (Familie, Organisation) stehen über individuellen Interessen. Wer die eigene Meinung äußert, wird ausgeschlossen, Konflikte werden grundsätzlich vermieden damit die Harmonie nicht zerstört wird. Das Management in einer kollektivistisch ausgeprägten Gesellschaft bedeutet die Führung einer Gruppe. Der Arbeitnehmer erwartet vom Arbeitgeber genaue Anweisungen.[27]

Beim Individualismus dagegen sorgen die Gesellschaftsmitglieder in erster Linie für sich selbst und ihre nächsten Familienangehörigen. Der persönliche Erfolg, individuelle Unabhängigkeit und Selbstbestimmung sind die wichtigsten Werte in solcher Gesellschaft. Eigene Meinung darf frei geäußert werden. Das Management in einer individualistisch ausgeprägten Gesellschaft ist die Führung von Individuen.[28]

1.1.2.3 Feminine vs. maskuline Kulturen

Eine feminine Kultur bezeichnet eine Gesellschaft, in der sich geschlechtspezifische Rollen überlappen. Solche „typisch weibliche“ Eigenschaften wie Bescheidenheit, Sorge um die Schwachen, menschliche Beziehungen und Kooperation sind in dieser Gesellschaft für beide Geschlechter charakteristisch. Gleichheit und Solidarität sind die zentralen Werte. Eine typische Lösung bei einem Konflikt ist der Kompromiss.[29]

Eine maskuline Kultur bezeichnet eine Gesellschaft, wo männliche Rollen klar von weiblichen Rollen getrennt sind. Sogenannte „typisch männliche“ Eigenschaften wie Ehrgeiz, Leistungsorientierung, Durchsetzungsvermögen und Fokussierung auf materiellen Erfolg haben in dieser Gesellschaft Vorrang und sind männlichen Gesellschaftsmitgliedern vorbehalten. „Typisch weibliche“ Eigenschaften wie Einfühlsamkeit und Kompromissbereitschaft sind Frauen vorbehalten. In der maskulinen Kultur werden Verlierer nicht unterstützt. Eine Strategie beim Konflikt ist das Durchsetzen.[30]

1.1.2.4 Unsicherheitsvermeidung

Eine Unsicherheitsvermeidung bezeichnet den Ängstlichkeitsgrad von Gesell­schafts­mit­gliedern bei neuartigen, widersprüchlichen Situationen.[31] Diese Dimension unterscheidet zwischen rigiden und flexiblen Gesellschaften.[32]

In einer rigiden Gesellschaft wird Unsicherheit als ein unerwünschter Stressfaktor betrachtet. Die Gesellschaftsmitglieder haben ein hohes Regelungsbedürfnis. Alles was von der Norm abweicht wird als gefährlich empfunden. In der Organisation wird der Risikofaktor durch Zeitstrukturierung, Pünktlichkeit, Präzision bekämpft. Arbeitnehmern haben ein subjektives Gefühl unter Stress zu stehen und neigen zu Geschäftigkeit.[33]

Eine flexible Gesellschaft nimmt die Unsicherheit als eine Gegebenheit an, mit der man lebt. Menschen fühlen sich durch Risiko nicht gestresst. Das Verhalten von Kindern wird nicht streng reglementiert, das Gute und das Böse sind relativ, was von der Norm abweicht wird als interessant empfunden. Insgesamt sind solche Gesellschaften toleranter gegenüber Fremdem und weniger leistungsorientiert.[34]

1.1.2.5 Langfristige vs. kurzfristige Orientierung

Diese Dimension drückt die Grundorientierung im Leben des Menschen aus, die aus dem Konfuzianismus[35] abgeleitet werden kann.[36]

Die langfristige Orientierung schlägt sich nieder in Beharrlichkeit, Fleiß, sparsamen Umgang mit Ressourcen, Traditionsbewusstsein und in der Beachtung der Hierarchie. Langfristig orientierte Kulturen werden als dynamisch und zukunftsorientiert bezeichnet.[37]

Die kurzfristige Orientierung ist durch persönliche Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Vermeiden von Gesichtverlust, Verschwendung von Ressourcen, Respekt gegenüber Traditionen, und gegenseitige Verhaltensrituale wie Begrüßung, Gefälligkeiten und Geschenke gekennzeichnet.[38] Kurzfristig orientierte Kulturen sind statisch und vergangenheits- und gegenwartorientiert.[39]

1.1.3 Anwendung der Kulturdimensionen von Hofstede auf Russland

1.1.3.1 Studie von Naumov und Puffer zur Charakterisierung der russischen Kultur anhand der Dimensionen von Hofstede

Die Kulturdimensionen von Hofstede wurden für 50 Länder empirisch erforscht. Allerdings hat Hofstede für Russland 1993 nur geschätzte Werte veröffentlicht. Empirische Nachfolgestudien wurden 1994 von Bollinger[40] und 1995 von Weidmann[41] und im gleichen Jahr auch von Veiga, Yanouzas und Buchholtz[42] und von Naumov und Puffer durchgeführt.[43]

Die Studie von Naumov und Puffer wurde in fünf Regionen Russlands von Oktober 1995 bis Juni 1996 durchgeführt.[44] Ausgewertet wurden die Antworten von 250 Russen, darunter auch Manager, Mitarbeiter von verschiedenen Hochschulen und Vollzeit- und Teilzeitstudierende. Demografische Daten, Arbeitserfahrung, Jobposition der Studienteilnehmer und geografische Regionen werden in Abb. 1 zusammengefasst.

Folgende Kulturdimensionen wurden in der Studie erforscht: Unsicherheitsvermeidung, Individualismus vs. Kollektivismus, Machtdistanz, Paternalismus und Maskulinität vs. Femininität. Von Naumov und Puffer ermittelte Punkt­wer­te werden in Abb. 2 präsentiert.

1. Bei der Unsicherheitsvermeidung ermittelten Naumov und Puffer durchschnittlich niedrigere Werte als die von Hofstede geschätzten Werte. Der Index sank von 92 (1989) auf 68 (1996). Das lässt sich erklären mit den sozialen und ökonomischen Veränderungen in Russland in den 90er Jahren und mit der Entwicklung der Gesellschaft zu einer Marktwirtschaft, in der selbstverantwortliches Handeln verlangt wird. Dabei zeigten Personen, die im privaten Sektor tätig waren, signifikant niedrigere Werte als Studenten oder administrative Mitarbeiter der Hochschulen.[45]
2. Individualismus vs. Kollektivismus : Das frühere sozialistische System wurde traditionell mit kollektivistischen Werten verbunden. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion tendierte Russland zu individualistischen Werten. Die neue Generation scheint sich mehr mit Geld, Erfolg und Konkurrenz zu beschäftigen.[46] Der Individualismus-Index in Russland hat nach der Umfrage von Naumov und Puffer 41 Punkte erreicht.[47] Bollinger hat kurz vor der Perestroika einen wesentlich niedrigeren Wert ermittelt (26). Es ist wichtig anzumerken, dass der regionale Unterschied zwischen Moskau und Süd-Russland 8 Punkte beträgt. Naumov und Puffer verweisen auf die widersprüchlichen Tendenzen im modernen Russland. Die Entstehung einer kleinen Gruppe extrem reicher, eindeutig individualistisch eingestellter Menschen hat eher negative Emotionen in der breiten Bevölkerung hervorgerufen.[48] Das mittlere Individualismus-Niveau (41) zeigt, dass die russische Gesellschaft immer noch stark von kollektivistischen Ideen geprägt ist. Siebzig Jahre Sozialismus haben die Mentalität der Russen geprägt: persönliche Ambitionen werden immer noch von der Gesellschaft als etwas Negatives empfunden. Aufsteiger werden beneidet und gleichzeitig verspottet.[49]
3. Die Machtdistanz in Russland hat sich dank der Reformierung von politischen und ökonomischen Systemen um mehr als das zweifache verringert. Die von Hofstede (90) und Bollinger (76) genannten Werte sind 1996 auf 40 gesunken. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine nach der Perestroika stattgefundene Trennung von Wirtschaft und Politik. Puffer verweist darauf, dass Russen von ausländischen Geschäftspartnern nicht ausgenutzt werden wollen. In einem Joint Venture streben sie Gleichbehandlung an.[50]
4. Paternalismus wird als eine schützende Funktion der Familie (auch auf den Staat übertragen) oder als eine Angewiesenheit der Machtlosen auf machtbesitzende Gesellschaftsmitglieder definiert. Das starke Paternalismus-Niveau ist charakteristisch für Gesellschaften mit großer Machtdistanz. In Zeiten ökonomischer und sozialer Krisen wird die Abhängigkeit der schwächeren Gesellschaftsschichten von dem stärkeren (Staat, Vorgesetzte) noch größer. Die niedrigsten Werte in der Studie von Naumov und Puffer zeigen erwerbstätige Studenten.[51] Es gibt eine große Diskrepanz im Paternalismusniveau zwischen der Region Moskau (53) und Süd-Russland (66). Der durchschnittliche Wert ist 59.[52]
5. Die Maskulinität -Dimension in Russland hat einen Wert von 55 Punkten[53]. Bollinger und Veiga haben wesentlich niedrigere Werte gemessen (28). Den höchsten Maskulinität-Wert zeigt die Generation unter 25 Jahren.[54]

[...]


[1] Quelle: www.pwc.de/portal/bub

[2] Vgl. Heinrich, 2005, S. 51.

[3] Vgl. Hermann, 1982, S. 281.

[4] Zitiert nach Thomas, 1993, S. 379.

[5] Triandis, 1989, S. 306.

[6] Vgl. Triandis, 1989, S. 306.

[7] Boesch, 1980, S. 10. Boesch untersucht den Prozess des Hausbaus in unterschiedlichen Weltregionen. Das Haus wird zu einem Objekt das zeigt, wie ein Mensch mit seiner Umwelt interagiert. Das Haus ist gleichzeitig eine Umwelt und ein Produkt des menschlichen Handelns, ein vom Menschen geschaffenes Biotop. (Vgl. ebd. S. 40.)

[8] Vgl. Boesch, 1980, S. 10.

[9] Vgl. ebd., S. 17.

[10] Vgl. Thomas, 1996, S. 112.

[11] Zu diesem Abschnitt vgl. Thomas, 2004 (1), S. 148.

[12] Hofstede, 1994, S. 5.

[13] Vgl. Emrich, 2007, S. 75.

[14] Vgl. ebd., S. 40.

[15] Vgl. ebd., S. 103.

[16] Die Daten wurden von 1968 bis 1972 erhoben.

[17] Vgl. Hofstede, 1994, S. 13f.

[18] Hofstede, 1994, S. 14.

[19] Vgl. Emrich, 2007, S. 76.

[20] Vgl. ebd., S. 87.

[21] Vgl. Hofstede, 1994, S. 28.

[22] Vgl. ebd., S. 24.

[23] Zu diesem Abschnitt vgl. Hofstede, 1994, S. 42f.

[24] In Deutschland werden Studenten zur Diskussion animiert. Student und Professor werden gleich gestellt, Studenten dürfen auch mitdenken und mitreden. In Russland wird der Stoff vorgetragen. Fragen sind nur in der Pause erlaubt. Der Professor hat die absolute Autorität und steht über den Studenten.

[25] Zu diesem Abschnitt vgl. Hofstede, 1994, S. 42f.

[26] Vgl. ebd., S. 51.

[27] Vgl. Emrich. 2007, S. 79f.

[28] Zu diesem Abschnitt vgl. Hofstede, 1994, S. 47.

[29] Zu diesem Abschnitt vgl. Hofstede, 1994, S. 96.

[30] Zu diesem Abschnitt vgl. ebd.

[31] Vgl. Hofstede, 1994, S. 113.

[32] Vgl. Thomas, 1993, S. 390.

[33] Zu diesem Abschnitt vgl. ebd., S. 125.

[34] Zu diesem Abschnitt vgl. Thomas, 1993, S. 390.

[35] Die vereinfachte Darstellung der vier Grundprinzipien des Konfuzianismus:

1. Die Gesellschaftsstabilität basiert auf den ungleichen Machtpositionen der Menschen. Ältere haben eine stärkere Machtposition als Jüngere. Männer haben eine stärkere Machtposition als Frauen.

2. Die Familie ist ein Prototyp aller gesellschaftlichen Organisationen.

3. Jedes Gesellschaftsmitglied soll mit den Mitmenschen so umgehen, wie er selbst behandelt werden will.

4. Bei der Bewältigung der Aufgaben muss man hart arbeiten, beharrlich sein, sich ständig weiterbilden, sparsam und bescheiden sein. (Vgl. Hofstede, 1994, S.165.)

[36] Vgl. Emrich, 2007, S. 87.

[37] Vgl. ebd., S. 88.

[38] Vgl. Hofstede, 1994, S. 165f.

[39] Vgl. Emrich, 2007, S. 88.

[40] 1989 hat Bollinger 55 Teilnehmer der Moscow Advanced Commercial School befragt.

[41] Zitiert nach Emrich, 2007, S. 92.

[42] 1995 haben Veiga, Yanouzas und Buchholtz eine deskriptive Befragung bei 170 russischen Managern durchgeführt.

[43] Vgl. Naumov, Puffer, 2000, S. 710.

[44] Vgl. Naumov, Puffer, 2000, S. 710.

[45] Zu diesem Abschnitt vgl. ebd., S.711.

[46] Vgl. Lee, Peterson, 2000, S. 412.

[47] Vgl. Naumov, Puffer, 2000, S. 713.

[48] Zu diesem Abschnitt vgl. Naumov, Puffer, 2000, S. 715.

[49] Vgl. Puffer, 1994, S. 181.

[50] Vgl. Puffer, 1994, S. 185.

[51] Zu diesem Abschnitt vgl. Naumov, Puffer, 2000, S. 716.

[52] Vgl. Naumov, Puffer, 2000, S. 714.

[53] Dieser vergleichbar nie­drige Maskulinität-Index kann mit der Rolle der Frau im Sozialismus erklärt werden. Sowohl männliche als auch weibliche Bürger hatten gleiche Rechte, Pflichten und Chancen in der Gesellschaft. Damals waren alle Frauen erwerbstätig, weil nur sehr wenige es sich leisten könnten nicht zu arbeiten. Sie waren sogar doppelt belastet, weil sie traditionsgemäß auch den Haushalt zu führen hatten. Im modernen Russland ist die Frau oft die Alleinverdienerin in der Familie, weil der Ehemann keine Arbeit hat.

[54] Zu diesem Abschnitt vgl. ebd., S. 716.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783836607070
DOI
10.3239/9783836607070
Dateigröße
1021 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FH Kärnten, Standort Spittal – Bauingenieurwesen & Architektur, Studiengang Bauingenieurwesen - Projektmanagement
Erscheinungsdatum
2007 (Dezember)
Note
2,0
Schlagworte
kommunikation mitarbeiterführung führungsinstrument mitarbeitergespräch personalwesen
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Titel: Führungsinstrumente Feeback, Workshops und Mitarbeitergespräch als Faktoren des Projekterfolgs
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