Lade Inhalt...

Neues Eigenkapital durch Beteiligungsfinanzierung bei mittelständischen Unternehmen vor dem Hintergrund von Basel II

©2006 Diplomarbeit 80 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Kapitalversorgung der deutschen Unternehmen befindet sich in einem gravierenden Veränderungsprozess. Von dieser Entwicklung werden ganz besonders kleinere und mittlere Betriebe, die in Deutschland 99,7 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen ausmachen und rund 70 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigen, betroffen. In nur wenigen anderen Volkswirtschaften wird dieser Unternehmensgruppe eine ähnlich hohe gesamt-wirtschaftliche Bedeutung zugeschrieben wie in Deutschland. Der relativ stark über Bankkredite finanzierte Mittelstand sieht sich jedoch einem signifikanten Strukturwandel in der Kreditwirtschaft gegenüber.
Gemäß der Neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) muss ab dem Jahr 2007 jeder Kreditnehmer mittels eines Ratings seine Bonität prüfen lassen. Dessen Ergebnis wird bei den Kreditinstituten für die Höhe der Eigenkapitalunterlegung von Krediten und für den vom Unternehmen zu zahlenden Kreditzins ausschlaggebend sein. Für viele mittelständische Unternehmen bedeutet dies, dass ihre Kreditfinanzierung teurer wird und unter Umständen nicht oder nur noch bedingt zur Verfügung steht.
Die ersten Auswirkungen der Basel II-Reform sind bereits heute erkennbar. Vor allem mittelständische Unternehmen sehen sich oftmals einer Verteuerung ihrer Kredite gegenüber. Ein wesentlicher Grund ist, dass sie in ihrer Unternehmensbilanz eine im europäischen wie internationalen Vergleich geringere Eigenkapitalquote ausweisen. Ausreichend vorhandenes Eigenkapital ist aber eine Vorraussetzung dafür, zusätzliches Fremdkapital überhaupt aufnehmen zu können. Über Jahrzehnte hinweg war die Kreditversorgung mittelständischer Unternehmen durch enge Hausbankbeziehungen gesichert. Heute ziehen sich jedoch die Kreditinstitute mehr und mehr aus der Kreditfinanzierung kleiner und mittelgroßer Unternehmen zurück. Als Hauptgrund hierfür wird ein sich intensivierender, internationaler Wettbewerb genannt, der die üblichen Margen bei Kreditgeschäften nicht mehr zulässt. Die zahlreichen Kreditausfälle in jüngster Vergangenheit tun angesichts der schleppenden Konjunkturerholung ein Übriges.
Eine Unternehmensbefragung der KfW Bankengruppe im September 2005 kam zu dem Ergebnis, dass bei 24 Prozent der Unternehmen, die zur Finanzierung anstehender Investitionen einen Bankkredit beantragt hatten, der Kreditantrag abgelehnt wurde. Für 42 Prozent der Unternehmen ist die Kreditaufnahme spürbar schwieriger geworden. Nur knapp 7 Prozent […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Michael Wimmer
Neues Eigenkapital durch Beteiligungsfinanzierung bei mittelständischen Unternehmen
vor dem Hintergrund von Basel II
ISBN:
978-3-8366-0639-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Fachhochschule Deggendorf, Deggendorf, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die
der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,
der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,
vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im
Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht
vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

III
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS...V
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... ..VI
1. Mittelstandsfinanzierung im Wandel ...1
1.1 Problemstellung ...1
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit...3
2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) ­ ,,Rückgrat" der
deutschen Wirtschaft?...4
2.1 Definitorische Abgrenzung ...4
2.2 Bedeutung für den Standort Deutschland ...6
2.3 Finanzierungssituation ...7
2.4 Eigenkapitalausstattung...9
3. Basel II ­ Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung...11
3.1 Konzept und Bestandteile ...11
3.2 Erleichterungen für den Mittelstand ...13
3.3 Rating mittelständischer Unternehmen ...14
3.4 Auswirkungen und Konsequenzen für den Mittelstand...17
3.5 Beurteilung...19
4. Möglichkeiten der Beteiligungskapitalbeschaffung ...22
4.1 Kapitalerhöhung durch bestehende Gesellschafter ...22
4.2 Kapitalerhöhung durch Aufnahme neuer Gesellschafter ...23
4.2.1 Eignung einer Direktbeteiligung...23
4.2.1.1 Einzelunternehmen...23
4.2.1.2 Personengesellschaften ...23
4.2.1.3 Kapitalgesellschaften ...24
4.2.1.4 Beurteilung...24
4.2.2 Eignung einer stillen Beteiligung...26
4.2.2.1 Begriffliche Klärung ...26
4.2.2.2 Praxisrelevanz ...26
4.2.2.3 Beurteilung...27
4.3 Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung (MAKB)...28
4.3.1 Begriffliche Einordnung und Überblick ...28
4.3.2 Finanzwirtschaftliche Ziele und Auswirkungen ...30
4.3.3 Personalpolitische Ziele und Auswirkungen...31

IV
4.3.4 Staatliche Förderung der Vermögensbeteiligung...32
4.3.5 Mögliche Beteiligungsformen...32
4.3.5.1 Direktbeteiligung...32
4.3.5.2 Indirekte Beteiligung...34
4.3.5.3 Stille Beteiligung...35
4.3.6 Kosten ...35
4.3.7 Kritische Würdigung...36
4.4 Private Equity-Finanzierung ...38
4.4.1 Begriffliche Einordnung und Überblick ...38
4.4.2 Renditeorientierte Beteiligungsgesellschaften...39
4.4.2.1 Private Equity (PE)-Gesellschaften...39
4.4.2.2 Venture Capital (VC)-Gesellschaften ...42
4.4.2.3 Corporate Venture Capital (CVC)-Gesellschaften...42
4.4.2.4 Kritische Würdigung...43
4.4.3 Informelles Beteiligungskapital ...45
4.4.3.1 Privatplatzierung (Private Placement)...45
4.4.3.2 Business Angels ...47
4.4.4 Förderorientiertes Beteiligungskapital...48
4.4.4.1 Mittelständische Beteiligungsgesellschaften (MBG)...48
4.4.4.2 Staatliche Förderung ...49
4.5 Börsengang / Initial Public Offering (IPO)...50
4.5.1 Kennzeichnung und Überblick...50
4.5.2 Vorbereitungsphase und Ablauf eines IPO´s ...51
4.5.3 Ausgewählte Börsensegmente für KMU ...53
4.5.3.1 Entry Standard (Frankfurter Wertpapierbörse) ...53
4.5.3.2 M:access (Bayerische Börse München)...55
4.5.4 Kosten ...56
4.5.5 Vor- und Nachteile...57
4.5.6 Kritische Würdigung...59
5. Zusammenfassung und Ausblick...61
5.1 Relevanz der Beteiligungsfinanzierung für KMU ...61
5.2 Fazit...63
LITERATURVERZEICHNIS...66
ERKLÄRUNG ...73

Abbildungsverzeichnis V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Quantitative Mittelstandsdefinition des IfM Bonn. ...4
Abbildung 2: Quantitative Mittelstandsdefinition durch die EU (seit 01.01.2005)...4
Abbildung 3: Unternehmen in Deutschland 2003 nach Umsatzgrößenklassen...6
Abbildung 4: Bedeutung von Finanzierungsquellen im Jahr 2003...7
Abbildung 5: Eigenkapitalausstattung des Mittelstands im Verhältnis zur
Bilanzsumme...9
Abbildung 6: Die 3 Säulen der Neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung...12
Abbildung 7: Internationale Rating-Klassifizierung...15
Abbildung 8: Musterkreditportfolio einer mittelstandsorientierten Bank...16
Abbildung 9: Nutzung von Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland
(Stand 01.01.2004)...29
Abbildung 10: Mitarbeiter-Beteiligungsgesellschaft. ...34
Abbildung 11: Geforderte Internal Rate of Return deutscher Kapitalbeteiligungs-
gesellschaften. ...39
Abbildung 12: Ablauf einer Private Equity-/Venture Capital-Finanzierung ...39
Abbildung 13: Marktstruktur an den deutschen Börsen (am Beispiel der Frankfurter
Wertpapierbörse (FWB)). ...51
Abbildung 14: Direkte Kosten einer Börsennotierung. ...56
Abbildung 15: Beschränkte Möglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung,
(Unternehmen nach Umsatzgrößen und Eignung von
Finanzierungsalternativen)...62

Abkürzungsverzeichnis VI
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
AGP
Arbeitsgemeinschaft
Partnerschaft in der Wirtschaft
AIM
Alternative
Investment
Market
Anm.
Anmerkung
BAND
Business Angels Netzwerk Deutschland
BayBG Bayerische
Beteiligungsgesellschaft
BVK
Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften
bzw.
beziehungsweise
ca.
zirka
CEFS
Centre for Entrepreneurial and Financial Studies
CVC
Corporate Venture Capital
d.h.
das
heißt
DAX
Deutscher Aktienindex
Def.
Definition
DPO
Direct Public Offering
Dr.
Doktor
e.V.
eingetragener
Verein
EStG
Einkommensteuergesetz
EU
Europäische
Union
f. folgende
ff. fortfolgende
FWB
Frankfurter Wertpapierbörse
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GIZ
Gesellschaft für innerbetriebliche Zusammenarbeit
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
HGB
Handelsgesetzbuch
HWK
Handwerkskammer
i.d.R.
in der Regel
IfM
Institut
für
Mittelstandsforschung
IFRS
International Financial Reporting Standards
IHK
Industrie- und Handelskammer
IPO
Initial Public Offering
IRR
Internal Rate of Return

Abkürzungsverzeichnis VII
KfW
Kreditanstalt
für
Wiederaufbau
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KMU
Klein- und mittelständische Unternehmen
LBO
Leveraged-Buy-Out
LoI
Letter of Intent
LSE
London Stock Exchange
MAKB Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung
MBG
Mittelständische Beteiligungsgesellschaft
mbH
mit beschränkter Haftung
MBI
Management-Buy-In
MBO
Management-Buy-Out
MDAX Midcap-DAX
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
o.O.
ohne
Ortsangabe
o.V.
ohne
Verfasser
OHG
Offene Handelsgesellschaft
PE
Private
Equity
Prof.
Professor
S. Seite
SDAX
Smallcap-DAX
sog.
sogenannt
TecDAX Technologie-DAX
u.a.
unter
anderem
VC
Venture
Capital
VermBetG Vermögensbeteiligungsgesetz
VermBG Vermögensbildungsgesetz
vgl.
vergleiche
VL
Vermögenswirksame
Leistungen
VÖB
Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands
z.B.
zum
Beispiel

1. Mittelstandsfinanzierung im Wandel 1
1. Mittelstandsfinanzierung im Wandel
1.1 Problemstellung
Die Kapitalversorgung der deutschen Unternehmen befindet sich in einem gravierenden
Veränderungsprozess. Von dieser Entwicklung werden ganz besonders kleinere und
mittlere Betriebe, die in Deutschland 99,7 % aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen
ausmachen und rund 70 % aller Arbeitnehmer beschäftigen, betroffen. In nur wenigen
anderen Volkswirtschaften wird dieser Unternehmensgruppe eine ähnlich hohe gesamt-
wirtschaftliche Bedeutung zugeschrieben wie in Deutschland. Der relativ stark über
Bankkredite finanzierte Mittelstand sieht sich jedoch einem signifikanten Struktur-
wandel in der Kreditwirtschaft gegenüber.
Gemäß der Neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) muss ab dem Jahr 2007
jeder Kreditnehmer mittels eines Ratings seine Bonität prüfen lassen. Dessen Ergebnis
wird bei den Kreditinstituten für die Höhe der Eigenkapitalunterlegung von Krediten
und für den vom Unternehmen zu zahlenden Kreditzins ausschlaggebend sein. Für viele
mittelständische Unternehmen bedeutet dies, dass ihre Kreditfinanzierung teurer wird
und unter Umständen nicht oder nur noch bedingt zur Verfügung steht.
Die ersten Auswirkungen der Basel II-Reform sind bereits heute erkennbar. Vor allem
mittelständische Unternehmen sehen sich oftmals einer Verteuerung ihrer Kredite
gegenüber. Ein wesentlicher Grund ist, dass sie in ihrer Unternehmensbilanz eine im
europäischen wie internationalen Vergleich geringere Eigenkapitalquote ausweisen.
Ausreichend vorhandenes Eigenkapital ist aber eine Vorraussetzung dafür, zusätzliches
Fremdkapital überhaupt aufnehmen zu können. Über Jahrzehnte hinweg war die Kredit-
versorgung mittelständischer Unternehmen durch enge Hausbankbeziehungen gesichert.
Heute ziehen sich jedoch die Kreditinstitute mehr und mehr aus der Kreditfinanzierung
kleiner und mittelgroßer Unternehmen zurück. Als Hauptgrund hierfür wird ein sich
intensivierender, internationaler Wettbewerb genannt, der die üblichen Margen bei
Kreditgeschäften nicht mehr zulässt. Die zahlreichen Kreditausfälle in jüngster Ver-
gangenheit tun angesichts der schleppenden Konjunkturerholung ein Übriges
1
.
Eine Unternehmensbefragung der KfW Bankengruppe im September 2005 kam zu dem
Ergebnis, dass bei 24 % der Unternehmen, die zur Finanzierung anstehender Investi-
tionen einen Bankkredit beantragt hatten, der Kreditantrag abgelehnt wurde. Für 42 %
der Unternehmen ist die Kreditaufnahme spürbar schwieriger geworden. Nur knapp 7 %
sprechen von einer Verbesserung. Als die bedeutendsten Gründe für abgelehnte Kredit-
1
Vgl. Lüpken, Silke: Alternative Finanzierungsinstrumente für mittelständische Unternehmen (2003),
S. 1 f.

1. Mittelstandsfinanzierung im Wandel 2
wünsche wurden dabei eine unzureichende Eigenkapitalquote, mangelnde Offenlegung
von Informationen und fehlende zusätzliche Sicherheiten angeführt
2
.
Viele Unternehmen leiden unter den zunehmend schlechteren Kreditbedingungen, ohne
jedoch andere Wege der Finanzierung anzugehen. Nicht selten ist eine restriktive
Kreditvergabe der Banken erst der Anfang vom Ende
3
. Die schwache Konjunktur und
die Entwicklung der Insolvenzzahlen
4
, die in den letzten Jahren neue Rekordhöhen
erreichten, verdeutlichen dass das niedrige Eigenkapital vieler deutscher Mittelständler
in einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld unzureichend ist. Die Diskus-
sionen um Basel II scheinen folglich das in Deutschland häufig vorzufindende Merkmal
der Eigenkapitalschwäche des Mittelstands aufzudecken.
Auch in Zukunft wird der Kredit eine zentrale Finanzierungsquelle für den Mittelstand
bleiben. Der Eigenkapitalquote wird allerdings ­ bei der für die Zinsgestaltung so wich-
tigen Bonitätsbeurteilung ­ eine noch wichtigere Rolle zukommen als bisher. In den
letzten Jahren war in Deutschland aufgrund der konjunkturellen Lage eine Stärkung der
Eigenkapitalbasis im Wege der Gewinnthesaurierung kaum möglich. Deshalb haben
sich mittelständische Unternehmen verstärkt der Zuführung von externem Eigenkapital
zu öffnen
5
.
2
Vgl. KfW Bankengruppe: Unternehmensfinanzierung: Immer noch schwierig, aber erste Anzeichen
einer Besserung (2005), S. 4, in Internet: www.basel-ii.info/artikel120.html, Zugriff am 08.12.2005.
3
Anm.: Ein Schlagwort, das häufig in diesem Zusammenhang verwendet wird, ist der ,,Credit Crunch"
(oft auch übersetzt mit dem Begriff ,,Kreditklemme"). In Zeiten zurückgehender Wachstumsraten steigt
tendenziell die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten. Somit sinkt gleichzeitig die Bereitschaft der
Banken, weitere Kredite und günstige Kreditkonditionen zu gewähren. Daraus kann ein Teufelskreis mit
einer weiteren Verschlechterung der Konjunktur entstehen. Vgl. Ehlers: Basel II/Rating: Die Hausauf-
gaben für Mittelstandsunternehmen und ihre Berater (2005), 2. Auflage, S. 2.
4
Anm.: So gab es im Jahr 1993 noch rund 15.000 Unternehmensinsolvenzen, während im Jahr 2004
insgesamt 39.270 Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen waren. Für das Gesamtjahr 2005 rechnet die
Wirtschafts- und Konjunkturforschung mit etwa 38.000 insolventen Unternehmen. Vgl. Creditreform:
Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand ­ Herbst 2005 (2005), S. 24, in Internet: www.credit
reform.de/Ressourcen/Creditreform_Analysen/Wirtschaftslage_und_Finanzierung_im_Mittelstand/20051
011_wirtschaftslage_mittelstand_herbst_2005.pdf, Zugriff am 30.11.2005.
Seit Ende 2005 gibt es jedoch vermehrt Anzeichen für eine Verbesserung der Investitionsneigung bei den
mittelständischen Unternehmen und einer konjunkturellen Erholung. Vgl. Bundesverband Öffentlicher
Banken Deutschlands (VÖB): MittelstandsNews 1/2006 (2006), S. 9, in Internet: www.voeb.de/
content_frame/downloads/MiM-1-2006.pdf, Zugriff am 10.01.2006.
5
Vgl. Bundesverband deutscher Banken: Mittelstandsfinanzierung ­ Partnerschaftliche Zusammenarbeit
von Unternehmen und Banken (2005), S. 5.

1. Mittelstandsfinanzierung im Wandel 3
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit möchte Handlungsbedarf bei den mittelständischen Unterneh-
men im Bereich der Unternehmensfinanzierung aufzeigen und Denkansätze bezüglich
alternativer Finanzierungsvarianten anstoßen. Insbesondere will sie eine Hilfestellung
bei der Suche nach einer geeigneten Form der Eigenkapitalfinanzierung geben und als
Informationsquelle für weitere Ansprechpartner im Bereich der Beteiligungsfinan-
zierung dienen. Dazu erfolgt zunächst eine definitorische Abgrenzung und Typisierung
mittelständischer Unternehmen, bevor auf deren gesamtwirtschaftlichen Stellenwert und
die Besonderheiten bei der Finanzierung dieses Segments eingegangen wird.
Im dritten Kapitel werden Änderungen der Rahmenbedingungen in der Mittelstands-
finanzierung hinsichtlich Kreditvergabebereitschaft der Banken sowie die Rating-
thematik erläutert. Dabei werden vor dem Hintergrund von Basel II die Auswirkungen
auf Unternehmen und deren Finanzierung untersucht. Unter anderem wird auch notwen-
diger Handlungsbedarf in Finanzabteilungen bzw. auf strategischer Managementebene
aufgezeigt.
Das vierte Kapitel befasst sich ausführlich mit den Möglichkeiten der Beteiligungs-
kapitalbeschaffung. Dabei werden zunächst die Vorgaben durch das deutsche Gesell-
schaftsrecht abgesteckt und die Eignung einer Kapitalerhöhung bei den verschiedenen
Gesellschaftsformen untersucht. Das wesentliche Ziel der Ausführungen liegt anschlie-
ßend darin, in einer systematischen Vorgehensweise verschiedene Möglichkeiten einer
Beteiligungskapitalbeschaffung zu kennzeichnen. Außerdem sollen diese auf deren
Relevanz für mittelständische Unternehmen hin überprüft und beurteilt werden. Dazu
zählen die Kapitalbeteiligung durch Mitarbeiter, die verschiedenen Ausgestaltungs-
formen einer Private Equity-Finanzierung sowie die Eigenkapitalbeschaffung durch
einen Börsengang.
Das letzte Kapitel dient schließlich der Zusammenfassung gewonnener Erkenntnisse
und bietet einen Ausblick auf künftige Anforderungen und Finanzierungskonzeptionen
für mittelständische Unternehmen.
Um eine Untersuchung zu dem vorliegenden Thema überhaupt durchführen zu können,
ist es zuallererst notwendig, den Begriff der mittelständischen Unternehmen zu defi-
nieren. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Arbeit die Begriffe
,,Mittelstand" oder ,,mittelständisch" als Synonyme für klein- und mittelständische
Unternehmen (KMU) verwendet werden.

2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) 4
2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) ­
,,Rückgrat" der deutschen Wirtschaft?
2.1 Definitorische Abgrenzung
In der Literatur lässt sich keine einheitliche Definition für KMU finden. Um Unterneh-
men dennoch voneinander abgrenzen zu können, verwendet man häufig quantitative
Merkmale wie Umsatz, Mitarbeiterzahl oder Bilanzsumme. Nach der in Deutschland
gebräuchlichen Definition des Institutes für Mittelstandsforschung (IfM) zählen Unter-
nehmen mit weniger als 500 Beschäftigten oder bis 50 Mio. Jahresumsatz zu den
KMU
6
. Diese Klassifizierung dient auch als Maßstab für die vorliegende Arbeit.
Unternehmensgröße
Beschäftigte
Umsatz in / Jahr
Klein
Mittel
KMU zusammen
bis 9
10 bis 499
unter 500
bis unter 1 Mio.
1 bis unter 50 Mio.
unter 50 Mio.
Abbildung 1: Quantitative Mittelstandsdefinition des IfM Bonn
7
.
Eine darüber hinaus anerkannte KMU-Definition stammt von der Europäischen Union.
Sie rechnet dem Mittelstand nur Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten zu.
Beiden Definitionen gemeinsam ist neben dem Jahresumsatz (bis 50 Mio. ) auch das
Kriterium der Unabhängigkeit. Demnach darf sich ein Unternehmen nicht zu 25 % oder
mehr im Besitz eines oder mehrerer Unternehmen befinden, die nicht der KMU-
Definition entsprechen.
Unternehmensgröße
Beschäftigte
Umsatz in / Jahr
Bilanzsumme in
Kleinstunternehmen
Kleinunternehmen
Mittleres Unternehmen
KMU zusammen
0-9
10-49
50-249
Unter 250
bis 2 Mio.
bis 10 Mio.
bis 50 Mio.
bis 50 Mio.
bis 2 Mio.
bis 10 Mio.
bis 43 Mio.
bis 43 Mio.
Abbildung 2: Quantitative Mittelstandsdefinition durch die EU (seit 01.01.2005)
8
.
Für das Verständnis des Mittelstands sind rein aus quantitativen Größen abgeleitete
Berechnungsmethoden und Darstellungen hilfreich. Allerdings wird der Mittelstand
nicht nur über eine Zahl, sondern auch über qualitative Kriterien definiert. Darin liegt
6
Vgl. Bundesverband deutscher Banken (2005), S. 6 f.
7
Vgl. Wallau, Frank Prof. Dr. (Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn): Mittelstandsfinanzierung
­ heute und morgen (2005), S. 4, in Internet: www.ifm-bonn.org/presse/focus.htm, Zugriff am
03.12.2005.
8
Vgl. Wallau (2005), S. 4.

2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) 5
laut IfM Bonn sogar eine zentrale Bedeutung für das Verständnis der Besonderheiten
und Wesensmerkmale der Unternehmen
9
.
In der Literatur wird dabei häufig die Position des Unternehmers stark hervorgehoben.
Großunternehmen ­ üblicherweise in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft ­
zeichnen sich aus durch eine Trennung der Bereiche Leitung, Kontrolle und Eigentum
in die drei Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung (bzw. Aktionäre). Bei
den KMU liegt dagegen oftmals eine Konzentration dieser Funktionen in der Person des
Unternehmers vor
10
. Durch diese Einheit von Eigentum und Leitung prägt dieser
Unternehmer die Unternehmenskultur und -strategie maßgeblich. Auch der Unterneh-
menserfolg hängt stark von der Person des Unternehmers ab, der wegen einer geringen
formalisierten Planung seine Entscheidungen häufig nicht nur auf Basis von Fakten,
sondern nicht unwesentlich auch auf Basis von Intuition trifft.
Auch in den Zielsetzungen unterscheiden sich diese Betriebe von den großen Unterneh-
men: Während Großunternehmen grundsätzlich von ökonomischen Zielen ausgehen,
streben die Eigentümer der KMU häufig nach finanzieller Unabhängigkeit. Aber auch
das Anbieten qualitativ hochwertiger Produkte steht im Vordergrund. Auf der persön-
lichen Ebene des Unternehmers stehen oft auch zusätzlich die Freude an der Arbeit und
der Wunsch nach Selbstverwirklichung
11
. Durch seine signifikante Beteiligung am
Risiko und Erfolg des Unternehmens werden ferner Entscheidungen nicht im Hinblick
auf deren Öffentlichkeitswirkung ­ wie bei den börsennotierten Publikumsgesell-
schaften bekannt ­ getroffen. Im Vordergrund steht dagegen die Sicherung der Vermö-
genssituation der Eigentümer durch den Unternehmenserfolg.
Die starke Identifikation mit dem Unternehmen äußert sich auch in der gewählten
Rechtsform: In Deutschland dominieren die Einzelunternehmen mit einem Anteil von
nahezu 70 %. Daneben werden zumeist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
(GmbH) bzw. die GmbH Co. KG oder die Offene Handelsgesellschaft (OHG)
gewählt. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG) spielt dagegen mit einem Anteil
von gerade einmal 0,2 Prozent eine völlig untergeordnete Rolle
12
.
9
Vgl. Lüpken (2003), S. 5.
10
Anm.: Annähernd 90 % der mittelständischen Unternehmen in Deutschland werden vom Inhaber
geführt. Vgl. Achleitner, Ann-Kristin et Christian Fingerle: Finanzierungssituation des deutschen Mittel-
stands, in: Achleitner, Ann-Kristin, Christoph von Einem et Benedikt von Schröder: Private Debt ­
Alternative Finanzierung für den Mittelstand (2004), S. 9.
11
Vgl. Berens, Wolfgang et Bernd Högemann et Klaus Segbers: Das mittelständische Unternehmen ­
Status Quo und Perspektiven in der Finanzierung, in: Berens, Wolfgang et Hans Brauner et Jürgen
Frodermann: Unternehmensentwicklung mit Finanzinvestoren (2005), S. 11 f.
12
Vgl. Ahrweiler, Sonja et Christoph Börner: Neue Finanzierungswege für den Mittelstand: Ausgangs-
situation, Notwendigkeit und Instrumente, in: Kienbaum, Jochen et Christoph Börner: Neue Finanzier-
ungswege für den Mittelstand (2003), S. 7 f.

2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) 6
2.2 Bedeutung für den Standort Deutschland
Das deutsche Phänomen ,,Mittelstand" ist weltweit einzigartig. So ist sein maßgeblicher
Anteil am deutschen ,,Wirtschaftswunder" der Nachkriegsjahre offenkundig und steht in
einer Linie mit Begriffen und Namen wie Soziale Marktwirtschaft, Wohlstand und
Ludwig Erhard. Der Mittelstand ist jedoch etwas äußerst Heterogenes. Bekannte
Familienunternehmen mit hohen Millionenumsätzen fallen ebenso darunter wie der
Bäcker um die Ecke oder das Autohaus im Gewerbegebiet
13
.
Bei der Ermittlung der Anzahl aller deutschen Unternehmen stößt man auf erhebliche
Probleme, da weder eine vollständige Erfassung dieser Unternehmen noch eine ent-
sprechende einheitliche Statistik existiert. Den höchsten Erfassungsgrad dürfte jedoch
die Umsatzsteuerstatistik aufweisen.
Abbildung 3: Unternehmen in Deutschland 2003 nach Umsatzgrößenklassen
(Statistisches Bundesamt: Sonderauswertung der Umsatzsteuerstatistik 2003 im Auftrag des IfM Bonn,
Wiesbaden, 2005, alle Angaben in Euro)
14
.
In dieser sind alle Unternehmen mit steuerbaren Umsätzen von mindestens 17.500 pro
Jahr erfasst. Die deutsche Umsatzsteuerstatistik weist für das Jahr 2003 einen Bestand
von über 2,9 Mio. Unternehmen
15
auf. Davon zählen laut einheitlicher Definition von
IfM und EU nach Umsatzgrößenklassen nur 7.998 Unternehmen nicht zu den KMU.
13
Vgl. Uhlig, Stefan (Wirtschaftsjunioren Deutschland): Neue Wege bei der Mittelstandsfinanzierung
(2005), S. 2 f., in Internet: www.wjd-mittelstandsfinanzierung.com/download.php?media_id=00000352,
Zugriff am 17.11.2005.
14
Vgl. Wallau (2005), S. 3.
15
Anm.: Diese Zahl bedarf jedoch weiterer Korrekturen. So sind beispielsweise die nicht umsatzsteuer-
pflichtigen freien Heilberufe und Versicherungsagenten sowie Unternehmen mit Umsätzen unterhalb der
Erfassungsgrenze nicht enthalten. Insgesamt agieren nach Berechnungen des IfM Bonn rund 3,3 Mio.
Unternehmen mit 20 Mio. Beschäftigten am Markt. Vgl. Wallau (2005), S. 3. Vgl. auch Bundesverband
deutscher Banken: Daten, Fakten, Argumente - Mittelstandsfinanzierung vor neuen Herausforderungen
(2003), S. 8.

2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) 7
Allein die Abbildung der unternehmerischen Größenklassen verdeutlicht bereits die
Bedeutung, die den KMU als ,,Rückgrat der deutschen Wirtschaft" zukommt. Unter
Zugrundelegung der Definition des IfM Bonn sind 99,7 % aller umsatzsteuerpflichtigen
Unternehmen dem Mittelstand zuzurechnen. Sie beschäftigen rund 70 % aller Arbeit-
nehmer, bilden 82 % aller Auszubildenden aus und erwirtschaften 41 % aller steuer-
pflichtigen Umsätze in Deutschland
16
.
Die Mittelstandskonjunktur hat ihren Tiefpunkt im Jahr 2002 mittlerweile deutlich
hinter sich gelassen. Seit 2003 ist ein leichter Aufschwung erkennbar, allerdings haben
bisher kleinere und mittlere Unternehmen von der hauptsächlich exportgetriebenen
Konjunkturerholung deutlich weniger profitiert als Großunternehmen
17
. In wieweit sich
die angekündigte Mehrwertsteuererhöhung (19 % ab 01.01.2007) mit vorgezogenen
Käufen im Jahr 2006 auf die deutschen mittelständischen Unternehmen auswirken wird,
muss sich erst noch herausstellen.
2.3 Finanzierungssituation
Wie eine vom IfM Bonn durchgeführte Befragung belegt, bevorzugt der Mittelstand
eindeutig die Selbstfinanzierung aus Gewinnen, Abschreibungen und Rückstellungen.
Es folgen nach der Bedeutungsrangziffer Bankkredite, Leasing, Lieferantenkredite und
das Beteiligungskapital.
Abbildung 4: Bedeutung von Finanzierungsquellen im Jahr 2003
18
.
16
Vgl. Bundesverband deutscher Banken (2005), S. 6.
17
Vgl. Hofelich, Markus: KfW-Studien zum Mittelstand, in: Venture Capital Magazin: Sonderausgabe:
,,Mittelstandsfinanzierung 2005", April 2005, S. 14.
18
Vgl. Wallau (2005), S. 6.

2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) 8
Das Finanzierungsverhalten der KMU ist seit jeher ­ im Gegensatz zum Ausland ­
besonders mit Krediten verbunden. Verschiedene Gründe, die insbesondere in den
rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen zu suchen sind, haben zu dieser
Situation geführt:
Die Ausgestaltung des deutschen Kreditsicherheitenrechts mit der Anerkennung
besitzloser Sicherheiten (Sicherungsübereignung, Sicherungszession) ermöglicht eine
einfache und unbürokratische Stellung von Sicherheiten. Auch durch die starke Wettbe-
werbssituation im deutschen Bankenmarkt (Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Privat-
banken) wurde die Bereitstellung günstiger Kredite gefördert. Nicht zuletzt hat die
Steuergesetzgebung einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, da die Darlehenszinsen
eines Unternehmens grundsätzlich als Betriebsausgabe abziehbar sind und so zu einer
geringeren Ertragssteuerbelastung führen. Durch diese Möglichkeit wurde der Anreiz
geschaffen, Fremdkapital dem Eigenkapital als Finanzierungsquelle vorzuziehen
19
.
Betrachtet man die Liquiditätssituation deutscher KMU so ist festzustellen, dass
Existenzprobleme insbesondere durch eine Abhängigkeit von kurzfristigem Fremd-
kapital und durch eine schlechte Zahlungsmoral und ­fähigkeit der eigenen Kunden
entstehen
20
.
Die meist geringen betrieblichen Sicherheiten verbunden mit der geringen Eigenkapital-
ausstattung (siehe 2.4) begrenzen die Möglichkeiten der Kreditfinanzierung
21
. Etwas
abgemildert wird dieser Nachteil oft durch sehr enge Beziehungen zur jeweiligen
Hausbank. Dadurch wird eine Vertrauensbasis geschaffen, die für beide Seiten Vorteile
bietet. Für die Banken sinken die Kreditrisiken durch eine bessere Risikoeinschätzung
und für die Unternehmen sollte sich dies in niedrigeren Kreditkosten widerspiegeln. Es
gibt jedoch Indizien, dass das Hausbankprinzip durch den starken Wettbewerb der
Banken um die gewinnträchtigen Unternehmen allmählich verdrängt wird. Nach einer
Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau wickeln derzeit aber noch 40 % aller
deutschen Unternehmen ihre Bankgeschäfte mit nur einer einzigen Bank ab
22
.
19
Vgl. Bundesverband deutscher Banken (2005), S. 13.
20
Anm.: Über 40 % der Unternehmen berichten laut einer Umfrage der KfW Bankengruppe von einer
Verschlechterung des Zahlungsverhaltens ihrer privaten Firmenkunden. Ein Drittel der befragten Firmen
klagt über Verschlechterungen bei öffentlichen Auftraggebern. Auf die ausbleibenden Zahlungen
reagieren 80 % der Unternehmen mit Maßnahmen wie der Verbesserung des Mahnwesens oder eine
ständige Überwachung der Zahlungsströme. 20 % der Unternehmen hingegen nehmen die schlechte
Zahlungsmoral einfach hin. Häufigster Grund hierfür ist die Furcht, sonst einen guten Kunden zu
verlieren. Vgl. KfW Bankengruppe (2005), S. 6.
21
Vgl. KfW Bankengruppe (2005), S. 4.
22
Vgl. Achleitner et Fingerle (2004), S. 19 f.

2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) 9
2.4 Eigenkapitalausstattung
Die eingangs erwähnten Veränderungen im Finanzsektor haben die Diskussion um die
Eigenkapitalausstattung des Mittelstands neu belebt. Im Zentrum der Diskussion steht
nicht mehr allein die Funktion des Eigenkapitals als Mittel der Selbstfinanzierung,
sondern vor allem im Rahmen einer Aufnahme von Fremdkapital.
Die Eigenkapitalquote der deutschen KMU zeigt sich insbesondere im internationalen
Vergleich auffallend niedrig. Je nach Analyse- und Erhebungsformen bewegen sich die
durchschnittlich ermittelten Eigenkapitalquoten zwischen 7,5 % und 18 %. Insgesamt
ist vor allem bemerkenswert, dass sich in den letzten 30 Jahren in Deutschland die
durchschnittliche Eigenkapitalausstattung fast halbiert hat
23
.
In einer Untersuchung der Creditreform im Herbst 2005 wurde festgestellt, dass sich die
Schere zwischen den solide und den weniger solide finanzierten KMU weiter öffnet.
Zwar stieg der Anteil von Betrieben mit über 30 % Eigenkapital gegenüber dem Vorjahr
um 2,3 Prozentpunkte, gleichzeitig erhöhte sich aber auch die Zahl der mit einer
Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent unterkapitalisierten Betriebe auf 36,6 %
(Vorjahr: 36,0 %).
bis 10 %
36,6 (36,0)
bis 20 %
26,0 (26,8)
bis 30 %
15,2 (17,4)
über 30 %
22,2 (19,9)
Abbildung 5: Eigenkapitalausstattung des Mittelstands im Verhältnis zur Bilanzsumme
In Klammern: Vorjahresangaben
24
.
Eine niedrige Eigenkapitalquote ist ­ aufgrund der Verlustausgleichsfunktion des
Eigenkapitals ­ ein Indiz für die geringe Bestandsfestigkeit eines Unternehmens. Die
Ursachen hierfür wurden bereits in Punkt 2.3 benannt. Es sollte allerdings auch auf die
Besonderheiten der deutschen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften nach HGB
(Möglichkeiten zur Bildung stiller Reserven, Niederstwert- und Vorsichtsprinzip) hin-
gewiesen werden, wonach das tatsächliche Eigenkapital oftmals höher als das ausge-
wiesene Eigenkapital ist
25
.
23
Vgl. Bundesverband deutscher Banken (2005), S. 13. Vgl. auch Fentz (2004), S. 13.
Anm.: In den USA liegt die durchschnittliche Eigenkapitalquote des Mittelstandes bei rund 50 %, in
Portugal bei 42 %, in Frankreich bei 35 %. Vgl. Ehlers (2005), S. 21.
24
Vgl. Creditreform (2005), S. 19.
25
Vgl. Berens et Högemann et Segbers (2005), S. 13.

2. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) 10
Besonders bemerkenswert ist aber, dass die Eigenkapitalquote bei KMU im Schnitt
umso geringer ist, je kleiner das Unternehmen
26
. Auch die Inanspruchnahme von
Bankkrediten zeigt, dass kleinere Unternehmen höhere Kreditvolumina beanspruchen
als große Unternehmen. Das Schlagwort von der Fremdfinanzierungskultur im
deutschen Mittelstand ist also durchaus berechtigt. Die Gründe hierfür liegen u.a. in
einem besseren Zugang der größeren Unternehmen zu anderen Finanzierungsquellen
wie z.B. dem Kapitalmarkt
27
.
Die beliebteste aber auch die mit Abstand wichtigste Finanzierungsquelle des
Mittelstands ist die Gewinnthesaurierung. In den letzten Jahren hatten die KMU
allerdings besonders unter der schwachen Binnenkonjunktur zu leiden, so dass diese
Finanzierungsform oftmals ausfiel. Meist konnten nur exportorientierte größere Unter-
nehmen ­ aufgrund der guten Weltkonjunktur ­ entstandene Gewinne thesaurieren und
so ihre Eigenkapitalbasis stärken
28
. Eine durchschnittliche Umsatzrentabilität von 3 %
und die Tatsache, dass fast jedes dritte Unternehmen keinen Gewinn oder sogar Ver-
luste realisiert, zeigt dass der Mittelstand allein durch Innenfinanzierung kaum das
notwendige Kapital für weitere Investitionen aufbringen kann
29
.
Insgesamt ist die Eigenkapitaldecke mittelständischer Unternehmen dürftig. Bei vielen
reichen die erwirtschafteten Gewinne nicht aus, um nachhaltig ihr Eigenkapital auf-
stocken zu können. So beziffert die Bundesbank die Eigenkapitallücke bei den
deutschen KMU auf 300 Mrd. . Angesichts des fortschreitenden Wandels der Finanz-
märkte und des näher rückenden Inkrafttretens der Basel II - Regelungen (siehe folgen-
des Kapitel) ist laut Hans Reich (Vorstandssprecher der KfW Bankengruppe) eine
Verbesserung dieser Situation dringend geboten
30
.
26
Anm.: Bei Unternehmen mit mehr als 40 Mio. Umsatz beträgt die durchschnittliche Eigenkapital-
quote 31 %, bei Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 7 und 40 Mio. 22 % und bei Unternehmen
mit weniger als 7 Mio. Umsatz nur 14 %. Vgl. Stäglich, Jörg: Eigenkapital für den Mittelstand, in:
Kienbaum, Jochen et Christoph Börner: Neue Finanzierungswege für den Mittelstand (2003), S. 352.
27
Vgl. Berens et Högemann et Segbers (2005), S. 14 f.
28
Vgl. Creditreform (2005), S. 20.
29
Vgl. Achleitner et Fingerle (2004), S. 15.
30
Vgl. Creditreform (2005), S. 21.

3. Basel II ­ Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung 11
3. Basel II ­ Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung
3.1 Konzept und Bestandteile
Die generell zu niedrige Eigenkapitalquote deutscher KMU wurde bereits ausgiebig
besprochen. Der Grund warum dieses Thema in den letzten Jahren vermehrt die
Aufmerksamkeit sowohl bei Banken als auch Unternehmen auf sich zieht, ist in den
Beschlüssen zu sehen, die vom Baseler Ausschuss ­ einem Gremium der internatio-
nalen Bankenaufsicht ­ ausgehen.
Das oberste Ziel des Ausschusses liegt in der Erhöhung der Sicherheit und Stabilität des
Finanzsektors in den Volkswirtschaften. Im komplexen, weltweiten Bankensystem von
heute sollen durch internationale Vereinbarungen einheitliche Wettbewerbssituationen
geschaffen werden, um das Insolvenzrisiko von Kreditinstituten zu verringern. Das
Risiko eines ,,Bankenkrachs", der in der Regel durch hohe Kreditausfälle verursacht
wird und in den globalisierten Finanzmärkten von heute einen ,,Dominoeffekt" wie
zuletzt bei der Asienkrise 1997/98 auslösen kann, soll dadurch verhindert werden
31
.
Seit dem Jahr 1988 gilt für Kreditinstitute die Eigenkapitalvereinbarung Basel I.
Demnach müssen zur Sicherung von Kundeneinlagen 8 % der Höhe eines nicht
besicherten Kredits
32
mit Eigenkapital unterlegt werden (d.h. bei einer Kredithöhe von
1 Mio. sind dies 80.000 ). Jeder Kredit wird folglich mit dem gleichen Sicherheits-
risiko behandelt, wodurch im Kreditengagement der Kreditinstitute eine Wachstums-
grenze beim 12,5-fachen des Eigenkapitals festgelegt ist
33
.
Diese Pauschalisierung von 8 % bei der Eigenkapitalunterlegung hat die ökonomischen
Risiken der Banken nur ungenau abgebildet und zu einer Quersubventionierung der
Kreditnehmer schlechter Bonität durch Kreditnehmer guter Bonität geführt. Aufgrund
dessen geriet diese Regelung in den 90-iger Jahren zunehmend in die Kritik.
Mit Basel II soll nun ab 2007 die Eigenmittelunterlegung mit Hilfe eines Ratings
(vgl. 3.3) risikogerechter und damit in erster Linie abhängig von der Bonität des Kredit-
nehmers gestaltet werden. Bei einem Kredit mit dem geringsten Risikograd sind dann
31
Vgl. Ehlers (2005), S. 7.
32
Anm.: Dies gilt für sonstige Kreditnehmer (=Unternehmen). Kredite an Staaten und Banken müssen
mit wenig oder sogar keinem Eigenkapital unterlegt werden. Vgl. Ehrmann: Kompakt-Training Risiko-
management ­ Rating-Basel II (2005), S. 20 f. Vgl. auch Bisani, Paul Prof. Dr.: Eigenmittel der Finanz-
institute, Unveröffentlichtes Vorlesungsskript im Fach Geschäftspolitik der Finanzdienstleister, Fach-
hochschule Deggendorf, Sommersemester 2004, S. 5.
33
Vgl. Übelhör, Matthias et Christian Warns: Basel II ­ Auswirkungen auf die Finanzierung ­ Unterneh-
men und Banken im Strukturwandel (2004), S. 21 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836606394
DOI
10.3239/9783836606394
Dateigröße
738 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Deggendorf – Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2007 (November)
Note
1,0
Schlagworte
eigenkapitalfinanzierung beteiligungsfinanzierung mittelständische unternehmen basel
Zurück

Titel: Neues Eigenkapital durch Beteiligungsfinanzierung bei mittelständischen Unternehmen vor dem Hintergrund von Basel II
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
80 Seiten
Cookie-Einstellungen