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Die Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts bei den Unternehmen des deutschen Aktienindex (DAX 30)

Eine Untersuchung zur Theorie der Rechnungslegung und deren tatsächliche Umsetzung in der Praxis

©2007 Diplomarbeit 121 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im November 2002 veröffentlichte die Deutsche Telekom für die ersten drei Quartale des laufenden Geschäftsjahrs einen Rekordfehlbetrag i. H. v. 24,5 Mrd. Euro. Der größte Teil dieses Verlustes kam durch außerplanmäßige Abschreibungen auf Geschäfts- oder Firmenwerte zustande, die weitestgehend im Zuge der Akquisitionen von Voicestream und Powertel im Geschäftsjahr 2001 entstanden waren. Interessanterweise wurde diese Bereinigung der Konzernbilanz im Anschluss an eine Neubesetzung der Konzernspitze vorgenommen und von den Analysten folglich als sauberer Start der neuen Geschäftsführung interpretiert.
Vorausgegangen war dieser bilanzpolitischen Maßnahme eine grundlegende Reform der für die Bilanzierung der Deutschen Telekom maßgeblichen US-amerikanischen Rechnungs-legungsstandards. Das Financial Accounting Standards Board (FASB) veröffentlichte im Juni 2001 im Zuge des Projekts „Business Combinations“ den Standard SFAS 142 „Goodwill and Other Intangible Assets“ und beendete somit vorläufig die Jahrzehnte währende Debatte über angemessene Bilanzierungsregeln für derivative Geschäfts- oder Firmenwerte.
Insbesondere die neue Konzeption der Folgebewertung von Geschäfts- oder Firmenwerten stieß jedoch auf ein überwiegend kritisches Echo bei Bilanzadressaten und weiteren Interessengruppen. Traditionell wurde der Geschäfts- oder Firmenwert im Zuge eines Unternehmenserwerbs als Vermögenswert aktiviert und anschließend über eine je nach rechtlicher Grundlage variierende Nutzungsdauer planmäßig und – sofern erforderlich – außerplanmäßig abgeschrieben. An die Stelle der planmäßigen Abschreibung tritt mit Geltung des SFAS 142 der international als Impairment-Only Approach bezeichnete Ansatz, den Geschäfts- oder Firmenwert regelmäßig einem Werthaltigkeitstest zu unterziehen und lediglich im Falle einer Wertminderung außerplanmäßig abzuschreiben. Spätestens im Zuge der Veröffentlichung des IFRS 3 „Unternehmenszusammenschlüsse“ durch das International Accounting Standards Board (IASB) im Jahr 2004 in Anlehnung an die US-amerikanischen Vorschriften avancierte die Frage nach geeigneten Regeln zur Bilanzierung von Geschäfts- oder Firmenwerten auch in Deutschland zu einem der bedeutendsten Themen in der Rechnungslegungsliteratur und -praxis.
Zwar ist das Verbot planmäßiger Abschreibungen kein gänzlich neuer Ansatz der Goodwillbilanzierung, jedoch erlangen die Bilanzierungsregeln für Geschäfts- oder Firmenwerte insbesondere vor dem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Benjamin Alka
Die Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts bei den Unternehmen des
deutschen Aktienindex (DAX 30)
Eine Untersuchung zur Theorie der Rechnungslegung und deren tatsächliche Umsetzung
in der Praxis
ISBN: 978-3-8366-0628-8
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Nordakademie, Elmshorn, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
EINLEITENDER TEIL... 1
A. Problemstellung und Ziel der Untersuchung... 1
B. Abgrenzung und Gang der Untersuchung... 2
HAUPTTEIL ... 4
A. Der Geschäfts- oder Firmenwert als Indikator der wirtschaftlichen Lage ... 4
I. Die Definition und Erklärung des Geschäfts- oder Firmenwerts ...4
1. Die Begriffsbestimmung des Geschäfts- oder Firmenwerts ...4
a.
Der originäre und derivative Geschäfts- oder Firmenwert ...4
b.
Die Sonderform des negativen Geschäfts- oder Firmenwerts ...6
2. Die Komponenten des Geschäfts- oder Firmenwerts ...7
a.
Der Geschäfts- oder Firmenwert im weiteren Sinne ...7
b.
Der Geschäfts- oder Firmenwert im engeren Sinne ...8
II. Die Bedeutung des Geschäfts- oder Firmenwerts als Indikator der wirtschaftlichen Lage...11
1. Die aktuelle Bedeutung des Geschäfts- oder Firmenwerts im Bilanzbild...11
a.
Der Geschäfts- oder Firmenwert als Erklärungsgröße für die Marktwert-Buchwert-Lücke ...11
b.
Der bilanzpolitische Gestaltungsspielraum der Unternehmensführung...12
2. Die Ursachen für die Bedeutungszunahme des Geschäfts- oder Firmenwerts...13
a.
Die Entwicklung des Marktes für Unternehmenstransaktionen ...13
b.
Die Bedeutungszunahme immaterieller Vermögenswerte...14
B. Die bilanzielle Behandlung des Geschäfts- oder Firmenwerts nach IFRS ... 16
I. Der Anwendungsbereich der relevanten Standards...16
II. Die Ansatzvorschriften für den Geschäfts- oder Firmenwert...18
III. Die Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts...19
1. Die Erstbewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts...19
a.
Der Ablauf der Erstkonsolidierung ...19
b.
Die Kaufpreisallokation...21
c.
Die Allokation des Geschäfts- oder Firmenwerts auf zahlungsmittelgenerierende Einheiten..26
d.
Der negative Unterschiedsbetrag ...28
e.
Die Berücksichtigung von Anteilen konzernfremder Gesellschafter...30
2. Die Folgebewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts ...31
a.
Der Werthaltigkeitstest des Geschäfts- oder Firmenwerts nach IAS 36 ...31
b.
Die Wertaufholung des Geschäfts- oder Firmenwerts...35
c.
Die Substitution von derivativem durch originären Geschäfts- oder Firmenwert...36
d.
Die Berücksichtigung von Anteilen konzernfremder Gesellschafter...37

II
3. Die bilanzielle Behandlung des Geschäfts- oder Firmenwerts bei der Endkonsolidierung...38
a.
Der Zeitpunkt der Endkonsolidierung...38
b.
Die Ermittlung des in den Abgangswert einzubeziehenden Geschäfts- oder Firmenwerts ...39
IV. Der Ausweis des Geschäfts- oder Firmenwerts...40
C. Die bilanzielle Behandlung des Geschäfts- oder Firmenwerts nach US-GAAP ... 42
I. Der Anwendungsbereich der relevanten Standards...42
II. Die Ansatzvorschriften für den Geschäfts- oder Firmenwert...43
III. Die Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts...44
1. Die Erstbewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts...44
a.
Der Ablauf der Erstkonsolidierung ...44
b.
Die Kaufpreisallokation...46
c.
Die Allokation des Geschäfts- oder Firmenwerts auf reporting units...49
d.
Der negative Unterschiedsbetrag ...50
e.
Die Berücksichtigung von Anteilen konzernfremder Gesellschafter...51
2. Die Folgebewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts ...52
a.
Der Werthaltigkeitstest des Geschäfts- oder Firmenwerts nach SFAS 142 ...52
b.
Die Wertaufholung des Geschäfts- oder Firmenwerts...55
c.
Die Substitution von derivativem durch originären Geschäfts- oder Firmenwert...56
d.
Die Berücksichtigung von Anteilen konzernfremder Gesellschafter...57
3. Die bilanzielle Behandlung des Geschäfts- oder Firmenwerts bei der Endkonsolidierung...58
a.
Der Zeitpunkt der Endkonsolidierung...58
b.
Die Ermittlung des in den Abgangswert einzubeziehenden Geschäfts- oder Firmenwerts ...58
IV. Der Ausweis des Geschäfts- oder Firmenwerts...59
D. Untersuchung der Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts bei den Unternehmen
des deutschen Aktienindex (DAX 30) ... 61
I. Der aktuelle Stand der empirischen Forschung...61
II. Die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen...64
1. Die Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts im Jahr 2006...64
2. Der Vergleich der Ergebnisse anhand des Kriteriums außerplanmäßiger Abschreibungen ...67
3. Der Vergleich der Ergebnisse anhand des Kriteriums der Bilanzierungsregeln...72
III. Die Vereinbarkeit der Untersuchungsergebnisse ...74
ABSCHLIESSENDER TEIL ... 76

III
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS... VI
TABELLENVERZEICHNIS... VII
ANLAGENVERZEICHNIS ...VIII
LITERATURVERZEICHNIS ... XVII
I

1
E
INLEITENDER
T
EIL
A.
Problemstellung und Ziel der Untersuchung
Im November 2002 veröffentlichte die Deutsche Telekom für die ersten drei Quartale des
laufenden Geschäftsjahrs einen Rekordfehlbetrag i. H. v. 24,5 Mrd. Euro. Der größte Teil
dieses Verlustes kam durch außerplanmäßige Abschreibungen auf Geschäfts- oder Firmen-
werte
1
zustande, die weitestgehend im Zuge der Akquisitionen von Voicestream und Power-
tel im Geschäftsjahr 2001 entstanden waren.
2
Interessanterweise wurde diese Bereinigung
der Konzernbilanz im Anschluss an eine Neubesetzung der Konzernspitze vorgenommen
und von den Analysten folglich als sauberer Start der neuen Geschäftsführung interpretiert.
Vorausgegangen war dieser bilanzpolitischen Maßnahme eine grundlegende Reform der für
die Bilanzierung der Deutschen Telekom maßgeblichen US-amerikanischen Rechnungs-
legungsstandards. Das Financial Accounting Standards Board (FASB) veröffentlichte im Ju-
ni 2001 im Zuge des Projekts ,,Business Combinations" den Standard SFAS 142 ,,Goodwill
and Other Intangible Assets" und beendete somit vorläufig die Jahrzehnte währende Debatte
über angemessene Bilanzierungsregeln für derivative Geschäfts- oder Firmenwerte.
3
Insbe-
sondere die neue Konzeption der Folgebewertung von Geschäfts- oder Firmenwerten stieß
jedoch auf ein überwiegend kritisches Echo bei Bilanzadressaten und weiteren Interessen-
gruppen. Traditionell wurde der Geschäfts- oder Firmenwert im Zuge eines Unternehmens-
erwerbs als Vermögenswert aktiviert und anschließend über eine je nach rechtlicher Grund-
lage variierende Nutzungsdauer planmäßig und ­ sofern erforderlich ­ außerplanmäßig ab-
geschrieben.
4
An die Stelle der planmäßigen Abschreibung tritt mit Geltung des SFAS 142
der international als Impairment-Only Approach bezeichnete Ansatz, den Geschäfts- oder
Firmenwert regelmäßig einem Werthaltigkeitstest zu unterziehen und lediglich im Falle einer
Wertminderung außerplanmäßig abzuschreiben. Spätestens im Zuge der Veröffentlichung
des IFRS 3 ,,Unternehmenszusammenschlüsse" durch das International Accounting Stan-
dards Board (IASB) im Jahr 2004 in Anlehnung an die US-amerikanischen Vorschriften
avancierte die Frage nach geeigneten Regeln zur Bilanzierung von Geschäfts- oder Firmen-
werten auch in Deutschland zu einem der bedeutendsten Themen in der Rechnungslegungs-
literatur und -praxis.
5
Zwar ist das Verbot planmäßiger Abschreibungen kein gänzlich neuer
1
Der Geschäfts- oder Firmenwert wird im Folgenden auch synonym als Goodwill bezeichnet.
2
Vgl. Konzern-Zwischenbericht Deutsche Telekom Januar-September 2002, S. 5-6
3
Vgl. SELLHORN, Goodwill Impairment, 2004, S. 1; zur historischen Diskussion der Bilanzierung von Ge-
schäfts- oder Firmenwerten vgl. z. B. WÖHE, Zur Bilanzierung und Bewertung des Firmenwertes, 1980, S. 89
4
Bis zur Einführung des Impairment-Only Approach wurde nach den internationalen Bilanzierungsvorschriften
IFRS und US-GAAP eine planmäßige Abschreibung über max. 40 Jahre vorgenommen. Das deutsche Han-
delsrecht sieht eine planmäßige Abschreibung über vier Jahre oder die Zeit der tatsächlichen Nutzung vor.
5
Vgl. ESSER, Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142, S. 2

2
Ansatz der Goodwillbilanzierung,
1
jedoch erlangen die Bilanzierungsregeln für Geschäfts-
oder Firmenwerte insbesondere vor dem Hintergrund der durch das hohe Volumen von Un-
ternehmenskäufen in den vergangenen 20 Jahren teilweise extrem hohen Goodwillpositionen
im Bilanzbild nationaler und internationaler Konzerne eine erhebliche Bedeutung. Das
FASB und das IASB begründen die Einführung des Impairment-Only Approach mit einer
höheren Entscheidungsnützlichkeit der Jahresabschlussinformationen, wohingegen Kritiker
der neuen Standards im Zusammenspiel mit der äußerst komplizierten bilanziellen Erfassung
des Geschäfts- oder Firmenwerts
2
die Gefahr zunehmender Intransparenz und mangelnder
Objektivität der Jahresabschlussdaten sehen.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die für den Geschäfts- oder Firmenwert relevanten Bilan-
zierungsfragen sowohl unter Beachtung der Rechnungslegungsvorschriften der IFRS als
auch der US-GAAP zu erörtern und die Unterschiede beider Regelwerke herauszustellen.
Basierend auf dieser Ausarbeitung erfolgt eine Untersuchung der praktischen Umsetzung der
Vorschriften anhand der Jahresabschlüsse der DAX 30-Unternehmen, wobei insbesondere
zwei Fragen im Vordergrund stehen: Zum einen soll analysiert werden, wie sich die Unter-
schiede in den Regelwerken der IFRS und der US-GAAP auf die Jahresabschlüsse auswir-
ken. Darüber hinaus ist es Ziel der Untersuchung, zu erörtern, welche Faktoren zu außer-
planmäßigen Abschreibungen führen und inwiefern diejenigen Unternehmen, deren Jahres-
ergebnisse nicht durch diese belastet sind, Gemeinsamkeiten aufweisen.
B.
Abgrenzung und Gang der Untersuchung
Die vorliegende Arbeit behandelt die Darstellung des Geschäfts- oder Firmenwerts in den
Jahresabschlüssen nach IFRS- und US-GAAP-Rechnungslegung. Die Bilanzierung des Ge-
schäfts- oder Firmenwerts nach Handelsrecht wird hingegen vom Untersuchungsgegenstand
abgegrenzt. Aus Gründen der Wesentlichkeit wird auf die Darstellung von Aspekten, die
nach aktuell gültigen IFRS und US-GAAP nicht zulässig sind, weitestgehend verzichtet.
Ferner werden weitere Bilanzierungsstandards im Regelwerk der US-GAAP bzw. IFRS, die
Auswirkungen auf die Darstellung des Geschäfts- oder Firmenwerts haben können, sowie
Standardentwürfe, die für Jahresabschlüsse des Geschäftsjahrs 2006 noch keine Gültigkeit
besaßen, vom Gegenstand der Arbeit ausgeschlossen. Alle Ausführungen beziehen sich auf
die Darstellung des Geschäfts- oder Firmenwerts im Konzern, Bilanzierungsfragen die sich
im Zusammenhang mit der Equity-Methode ergeben, werden nicht behandelt.
1
Im deutschen Steuerrecht existierte bis zum Jahr 1986 ein Verbot planmäßiger Abschreibungen auf Geschäfts-
oder Firmenwerte.
2
Vgl. KÜTING, Der Geschäfts- oder Firmenwert als Schlüsselgröße der Analyse von Bilanzen deutscher
Konzerne ­ eine empirische Analyse, 2006a, S. 163

3
Der erste Teil dieser Arbeit widmet sich den begrifflichen Grundlagen des Geschäfts- oder
Firmenwerts. Neben einer Klärung der relevanten Terminologie werden auch die Faktoren
skizziert, die zur Entstehung des Geschäfts- oder Firmenwerts führen und Gründe für die
steigende Bedeutung im Jahresabschluss angeführt. In Teil B wird die Darstellung im Jahres-
abschluss nach IFRS-Rechnungslegung behandelt, wobei der Schwerpunkt der Ausführun-
gen auf der Bewertung liegt. Von Interesse sind insbesondere die Kaufpreisallokation und ­
in Hinblick auf die in Teil D folgende Untersuchung ­ die Folgebewertung des Geschäfts-
oder Firmenwerts. Analog zu Teil B wird im nachfolgenden Teil C die Bilanzierung des Ge-
schäfts- oder Firmenwerts nach US-GAAP-Rechnungslegung erläutert und in wesentlichen
Punkten den Regeln nach IFRS gegenübergestellt. Da einzelne Bewertungsfragen in beiden
Systemen identisch bzw. äußerst ähnlich behandelt werden, kann dieser Abschnitt im Ver-
gleich zu Teil B kürzer gehalten werden.
Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse zur Rechnungslegungstheorie im Rah-
men einer empirischen Untersuchung der tatsächlichen Bilanzierungspraxis gegenüber-
gestellt. Gegenstand der Studie sind die Konzernabschlüsse der während des Untersuchungs-
zeitraums von 2002-2006 durchgängig im DAX 30 gelisteten Unternehmen. Im Anschluss
an eine Diskussion der Ergebnisse der in Deutschland aktuell veröffentlichten Studien wer-
den die analysierten Unternehmen anhand von zwei verschiedenen Kriterien gruppiert und
miteinander verglichen. Zunächst sollen diejenigen Unternehmen, die im Beobachtungszeit-
raum infolge eines Impairmenttests eine außerplanmäßige Goodwillabschreibung vorge-
nommen haben mit den Unternehmen verglichen werden, die im gleichen Zeitraum keine
außerplanmäßigen Goodwillabschreibungen durchgeführt haben. Anschließend erfolgt eine
Gegenüberstellung der Unternehmen nach dem Kriterium der Bilanzierungsregeln. In diesem
Zusammenhang soll geprüft werden, inwiefern die Untersuchungsergebnisse mit den Aus-
führungen zur Bilanzierungstheorie und mit den zuvor diskutierten empirischen Studien ver-
einbar sind.
Der Schlussteil fasst die Ergebnisse der theoretischen Ausführungen zusammen und stellt
beide Rechnungslegungssysteme vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse gegen-
über. In den Anlagen werden die für die Untersuchung der Bilanzierungspraxis grundlegen-
den Daten übersichtlich aufbereitet.

4
H
AUPTTEIL
A.
Der Geschäfts- oder Firmenwert als Indikator der wirtschaftlichen
Lage
I.
Die Definition und Erklärung des Geschäfts- oder Firmenwerts
1.
Die Begriffsbestimmung des Geschäfts- oder Firmenwerts
a.
Der originäre und derivative Geschäfts- oder Firmenwert
,,Der Wert eines Unternehmens ergibt sich nicht nur aus der Summe der bilanziellen Vermö-
genswerte und der darin enthaltenen stillen Reserven abzüglich der Schulden. Vielmehr wird
der Unternehmenswert bestimmt von Ertragserwartungen, die den Substanzwert wesentlich
übersteigen können."
1
Diese Differenz zwischen Ertragswert
2
und Substanzwert
3
erklärt sich
insbesondere durch den Wert nicht bilanzierungsfähiger Vermögenswerte
4
sowie durch den
in den bilanzierten Vermögenswerten verborgenen Kapitalisierungsmehrwert eines Unter-
nehmens.
5
Der Mehrbetrag, um den der Ertragswert eines Unternehmens den Gesamtwert
aller Vermögenswerte abzüglich Schulden übersteigt, wird als Geschäfts- oder Firmenwert
bezeichnet. Die in der Literatur verwendete Definition konzentriert sich in erster Linie auf
die Begriffsbestimmung des sog. derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts. So definiert bei-
spielsweise WIRTH den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert als ,,immaterielle[n] Ver-
mögenswert, der einerseits den Kapitalisierungsmehrwert des erworbenen Akquisitionsob-
jekts [...] und andererseits die mit dem Unternehmenszusammenschluss erwarteten und im
Unternehmenskaufpreis berücksichtigten Synergieeffekte beim erwerbenden Unterneh-
men/Konzern repräsentiert."
6
Für das Verständnis der mit der bilanziellen Erfassung von Ge-
schäfts- oder Firmenwerten einhergehenden Schwiergkeiten ist es jedoch erforderlich, auch
den originären Geschäfts- oder Firmenwert zu definieren und die differenzierte Behandlung
beider Ausprägungsformen darzustellen. Der grundlegende Unterschied besteht darin, dass
ein originärer Geschäfts- oder Firmenwert von einem Unternehmen selbst erschaffen wird,
wohingegen ein derivativer Geschäfts- oder Firmenwert im Zuge eines Unternehmenser-
werbs durch einen entrichteten Kaufpreis abgegolten wird.
7
Die Entstehung eines originären
1
KÜTING, Der Geschäfts- oder Firmenwert in der deutschen Konsolidierungspraxis 2005, 2006b, S. 1665
2
Der Ertragswert entspricht der Summe aller abgezinsten prognostizierten zukünftigen Ertragsüberschüsse, die
dem Unternehmen entnommen werden können, ohne den Bestand der erfolgsbildenden Substanz zu gefährden.
3
Der Substanzwert wird definiert als derjenige Betrag, der für eine identische Reproduktion des zu bewertenden
Unternehmens aufzuwenden ist.
4
Als Beispiele für nicht bilanzierungsfähige Vermögenswerte können der Kundenstamm eines Unternehmens
oder die Qualität der Belegschaft angeführt werden.
5
Vgl. WÖHE, 1980, S. 99; SELLHORN, Ansätze zur bilanziellen Behandlung des Goodwill im Rahmen einer
kapitalmarktorientierten Rechnungslegung, 2000, S. 885
6
WIRTH, Der Werthaltigkeitstest nach IAS 36, 2006, S. 186
7
Vgl. BUSSE VON COLBE in: BALLWIESER/COENENBERG/WYSOCKI, Handwörterbuch der Rech-
nungslegung und Prüfung, 2002, Spalte 885

5
Geschäfts- oder Firmenwerts kann einerseits auf eine positive Gesamtentwicklung des be-
trachteten Unternehmens, andererseits auf besondere Aufwendungen für Werbemaßnahmen
oder Öffentlichkeitsarbeit zurückzuführen sein.
1
Auch wenn ein originärer Geschäfts- oder
Firmenwert durch speziell zu diesem Zweck getätigte Ausgaben geschaffen werden kann,
gilt nach den internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS und US-GAAP aufgrund der
Mess- und Objektivierungsprobleme ein Ansatzverbot,
2
welches im Falle der US-GAAP bis
in das Jahr 1944 zurückgeht. Im Gegensatz zum originären Geschäfts- oder Firmenwert ent-
steht im Falle eines Unternehmenserwerbs ein derivativer Geschäfts- oder Firmenwert, wenn
die Anschaffungskosten der Beteiligung die Summe der (anteiligen) zu Zeitwerten bewerte-
ten Vermögenswerte abzüglich Schulden, also das Reinvermögen des erworbenen Unter-
nehmens, übersteigen.
3
Er wird als derivativer Wert verstanden, da er im Rahmen der Kauf-
preisallokation als Residualgröße ermittelt wird.
4
Der entgeltlich erworbene Geschäfts- oder
Firmenwert wird sowohl nach IFRS als auch nach US-GAAP als immaterieller Vermögens-
wert
5
interpretiert. Zwar mangelt es ihm an isolierter Verwertbarkeit,
6
jedoch erfüllt er alle
weiteren Definitionsmerkmale eines Vermögenswertes, was seine Aktivierung erforderlich
macht.
7
Insbesondere die voneinander abweichenden Bezugsgrößen führen dazu, dass der originäre
Geschäfts- oder Firmenwert eines Unternehmens nicht zwangsläufig mit dem beim Erwerber
entstehenden derivativen Geschäfts- oder Firmenwert übereinstimmt.
8
Im Einzelfall kann der
derivative den originären Geschäfts- oder Firmenwert übersteigen oder hinter diesem zu-
rückbleiben.
9
Während ein originär entstandener Unterschiedsbetrag auf nicht bilanzierungs-
fähige immaterielle Werte sowie auf einen Kapitalisierungsmehrwert zurückgeführt wird, ist
die Höhe des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts neben diesen auch von weiteren
Faktoren abhängig, auf die in Abschnitt B.III und C.III näher eingegangen werden soll.
Als Ursache für die unterschiedliche bilanzielle Behandlung wird häufig die auf der Markt-
transaktion basierende Wertkonkretisierung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts
angeführt. Es wird unterstellt, dass der im Zuge eines Beteiligungserwerbs entstehende deri-
vative Geschäfts- oder Firmenwert infolge der Marktbewertung objektiver erfassbar ist als
ein originärer Geschäfts- oder Firmenwert, dessen Ermittlung nur im Rahmen subjektiver
1
Vgl. ESSER, 2004, S. 14
2
Vgl. IAS 38.48; SFAS 142.10
3
Vgl. KÜTING, 2006a, S. 160
4
Vgl. BUSSE VON COLBE et al., Konzernabschlüsse HGB/IFRS, 2003, S. 236
5
Ein immaterieller Vermögenswert ist ein identifizierbarer, nicht monetärer Vermögenswert ohne physische
Substanz (vgl. IAS 38.8; ausführlich Abschnitt B.III.1b, S. 22-25 bzw. C.III.1b, S. 47-49).
6
Vgl. KÜHNBERGER, Firmenwerte in Bilanz, GuV und Kapitalflussrechnung, 2005, S. 677
7
Vgl. PELLENS/FÜLBIER/GASSEN, Internationale Rechnungslegung, 2006, S. 666
8
Vgl. ESSER, 2004, S. 15
9
Vgl. BUSSE VON COLBE in: BALLWIESER/COENENBERG/WYSOCKI, 2002, Spalte 885

6
Schätzungen zukünftiger Erträge möglich ist.
1
Jedoch unterliegt der derivative ebenso wie
der originäre Geschäfts- oder Firmenwert oftmals subjektiven Einflussfaktoren, so dass nicht
grundsätzlich von einer objetkiven Bewertung ausgegangen werden kann.
2
b.
Die Sonderform des negativen Geschäfts- oder Firmenwerts
Beim Unternehmenskauf wird in Erwartung künftiger Erträge vom Erwerber zumeist ein
Kaufpreis bezahlt, der regelmäßig höher sein dürfte als die Summe der beizulegenden Zeit-
werte des anteiligen Reinvermögens des erworbenen Unternehmens, so dass ein derivativer
Geschäfts- oder Firmenwert entsteht. Jedoch sind auch Situationen denkbar, in denen ein
Kaufpreis unterhalb der beizulegenden Zeitwerte des anteiligen Reinvermögens des erwor-
benen Unternehmens vereinbart wird. In solchen Fällen handelt es sich bei der Differenz
zwischen dem Kaufpreis und dem beizulegenden Zeitwert des Reinvermögens um einen ne-
gativen Unterschiedsbetrag, für dessen Entstehung es unterschiedliche Ursachen geben
kann.
3
Im Rahmen der Diskussion um die Entstehungsgründe eines negativen Unterschieds-
betrags werden regelmäßig sehr günstige Veräußerungen sanierungsbedürftiger Unterneh-
men oder sog. lucky buys
4
seitens des Erwerbers genannt.
5
Allerdings kann in Einzelfällen
auch die Ausübung von Bilanzierungswahlrechten, wie z. B. die Berücksichtigung variabler
Anschaffungskosten
6
oder die Einbeziehung von Eventualverbindlichkeiten
7
entscheidend
dafür sein, ob es zur Entstehung eines positiven oder negativen Geschäfts- oder Firmenwerts
kommt.
8
1
Vgl. BALLWIESER in: BUSSE VON COLBE/PELLENS, Lexikon des Rechnungswesens, 1998, S. 284;
LOPATTA, Goodwillbilanzierung und Informationsvermittlung, 2006, S. 93
2
Vgl. BRÖSEL/MÜLLER, Goodwillbilanzierung nach IFRS aus Sicht des Beteiligungscontrollings, 2007, S. 35
3
Vgl. QIN, Bilanzierung des Excess nach IFRS 3, 2005, S. 2
4
Als lucky buy wird ein Erwerb bezeichnet, der zu einem niedrigeren Kaufpreis als dem Marktpreis erfolgt, weil
besondere Umstände es erlauben, den Kaufpreis zu senken.
5
Vgl. QIN, 2005, S. 2-3
6
Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen können in Abhängigkeit von künftigen Ereignissen Anpas-
sungen der Anschaffungskosten vereinbart werden, die in der Literatur als variable Anschaffungskosten
bezeichnet werden.
7
Als Eventualverbindlichkeiten werden künftige Verpflichtungen bezeichnet, deren Vorliegen und/oder Höhe
sich noch nicht hinreichend konkretisiert hat, um eine Passivierung zu rechtfertigen (vgl. ausführlich
IAS 37.10).
8
Vgl. ANDREJEWSKI/FLADUNG/KÜHN, Abbildung von Unternehmenszusammenschlüssen nach ED
IFRS 3, 2006, S. 85-86; KÜTING/WIRTH, Bilanzierung eines negativen Unterschiedsbetrags nach IFRS 3,
2006, S. 145-146

7
2.
Die Komponenten des Geschäfts- oder Firmenwerts
a.
Der Geschäfts- oder Firmenwert im weiteren Sinne
Aufgrund der bereits dargestellten Bedeutung des Geschäfts- oder Firmenwerts im Rahmen
von Unternehmenszusammenschlüssen besteht für den Jahresabschlussadressaten die Not-
wendigkeit, die Zusammensetzung dieser Bilanzposition nachvollziehen zu können. Eine
externe Plausibilitätsprüfung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwert setzt die grund-
sätzliche Kenntnis der relevanten Einflussfaktoren sowie deren Quantifizierung voraus.
1
Folglich muss es Ziel der bilanzierenden Unternehmen sein, den Geschäfts- oder Firmenwert
in seine ökonomischen Bestandteile zu zerlegen, um die Jahresabschlussadressaten zumin-
dest grob über die mit seinem Erwerb einhergehenden Risiken zu unterrichten.
2
Eine der
grundlegenden Darstellungen der in den Geschäfts- oder Firmenwert eingehenden Kompo-
nenten, auf die im Folgenden eingegangen werden soll, wurde von JOHNSON/PETRONE
vorgenommen.
3
Übersteigen die Anschaffungskosten einer Beteiligung den Wert der zum Erwerbszeitpunkt
bilanzierten Vermögenswerte und Schulden des (anteilig) erworbenen Unternehmens, so bil-
det der Differenzbetrag den Ausgangspunkt für die Abgrenzung des Geschäfts- oder Fir-
menwerts.
4
Vor dem Hintergrund der hohen Goodwillpositionen in den Jahresabschlüssen
internationaler Konzerne
5
und dem daraus resultierenden Interesse der Jahresabschluss-
adressaten an deren Zusammensetzung, ist eine weiterführende Differenzierung der in den
Geschäfts- oder Firmenwert eingehenden Komponenten erforderlich. Kritisch gestaltet sich
in diesem Zusammenhang insbesondere die Abgrenzung von den sonstigen immateriellen
Vermögenswerten. Infolge einer in der Vergangenheit oft stark vereinfachten Kaufpreisallo-
kation
6
kam es trotz vollständiger Neubewertung regelmäßig zu einer Erfassung von stillen
Reserven im Geschäfts- oder Firmenwert.
7
Bei jedoch standardkonformer Durchführung der
Kaufpreis-allokation werden alle stillen Reserven und stillen Lasten in den identifizierbaren
Vermögenswerten und Schulden vollständig aufgedeckt und gehen somit nicht in den Ge-
schäfts- oder Firmenwert ein.
8
Das FASB und das IASB folgen der diesbezüglichen Abgren-
1
Vgl. ALVAREZ/BIBERACHER, Goodwill-Bilanzierung nach US-GAAP, 2002, S. 346
2
Vgl. KÜTING, 2006a, S. 163; BUSSE VON COLBE, Ausbau der Konzernrechnungslegung im Lichte inter-
nationaler Entwicklungen, 2000, S. 660
3
Vgl. JOHNSON/PETRONE, 1998, S. 294-298
4
Vgl. Abbildung 1
5
Vgl. Abschnitt D, S. 65-68
6
Vgl. ausführlich Abschnitt B.III.1b, S. 21-26 bzw. C.III.1b, S. 47-49
7
Vgl. IFRS 3.BC89; SFAS 141.B148
8
Vgl. WIRTH, Firmenwertbilanzierung nach IFRS, 2005, S. 185

8
zung von JOHNSON/PETRONE und definieren die in Abbildung 1 dargestellten Kompo-
nenten (3) bis (6) als Geschäfts- oder Firmenwert i. w. S.
1
Abb. 1: Die Komponenten des Geschäfts- oder Firmenwerts (in Anlehung an WIRTH, 2005)
b.
Der Geschäfts- oder Firmenwert im engeren Sinne
Im Kontext des Shareholder Value-Konzeptes
2
sowie infolge der durch die Bilanzskandale
zu Beginn des 21. Jahrhunderts
3
bedingten verschärften Offenlegungsvorschriften resultiert
für das Management börsennotierter Unternehmen die Notwendigkeit, die Zusammensetzung
von Goodwillpositionen differenziert zu erklären. In diesem Zusammenhang gilt es, gegen-
über den Investoren zu begründen, warum ein beträchtlicher Teil der Akquisitionspreise
nicht für materielle Güter, sondern für schwer erfassbare immaterielle Güter bezahlt wurde.
4
Zu diesem Zweck erscheint es angebracht, die Definition des Geschäfts- oder Firmenwerts
i. e. S. auf solche Komponenten zu beschränken, die eine über das neu bewertete Reinvermö-
gen hinausgehende Kaufpreiszahlung ökonomisch rechtfertigen können.
1
Vgl. SFAS 141.B102-B106; IFRS 3.BC130
2
Der Shareholder Value bezeichnet den Marktwert des eingelegten Eigenkapitals der Aktionäre eines Unter-
nehmens. Das Shareholder Value-Konzept basiert auf dem unternehmerischen Prinzip, den Gesamtwert des
Unternehmens, und somit den Wert des Eigenkapitals der Anteilseigner zu maximieren.
3
Insbesondere der Bilanzskandal des amerikanischen Energieunternehmens Enron und die Verwicklung der
(ehem.) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen in den Skandal zogen Änderungen hinsichtlich der
Bilanzierungsvorschriften nach sich. Vgl. hierzu HANDELSBLATT vom 30. Januar 2002, S. 10; HANDELS-
BLATT vom 06. Februar 2002, S. 2
4
Vgl. HALLER/DIETRICH, Intellectual Capital Bericht als Teil des Lageberichts, 2001, S. 1047
A
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(1) Stille Reserven im bilanzierten Vermö-
gen des erworbenen Unternehmens
(2) Stille Reserven im nicht bilanzierten
Vermögen des erworbenen Unternehmens
(3) Kapitalisierungsmehrwert
(4) Erwartete Synergien aus der Integra-
tion des erworbenen Unternehmens
(5) Überbewertung der erworbenen
Leistung
(6) Zu hoher Erwerbspreis für das erwor-
bene Unternehmen
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9
Demnach findet eine Überbewertung der erworbenen Leistung (Komponente 5) keinen Ein-
gang in die Abgrenzung des Geschäfts- oder Firmenwerts i. e. S., da der gezahlte Mehrpreis
die tatsächlichen Synergiepotenziale eines Unternehmenszusammenschlusses oftmals über-
steigt, ohne dass für das erwerbende Unternehmen ökonomischer Nutzen entsteht.
1
Nach
IFRS 3.BC130(d) können auch Fehler bei der Ermittlung der Anschaffungskosten des Un-
ternehmenszusammenschlusses und/oder der Identifizierung und Fair Value-Bewertung
2
der
übernommenen Vermögenswerte und Schulden (Komponente 6) zum Ausweis eines Ge-
schäfts- oder Firmenwerts führen. In diesem Fall handelt es sich nicht um einen durch den
Unternehmenserwerb übertragenen wirtschaftlichen Vorteil, sondern um einen Bilanzie-
rungs- oder Bewertungsfehler,
3
so dass auch diese Komponente nicht Bestandteil des Ge-
schäfts- oder Firmenwerts i. e. S. sein kann. Solch fehlerhafte Kaufpreisermittlungen und
Überbewertungen von Akquisitionsobjekten können zu einer höheren Wahrscheinlichkeit
von Goodwillabschreibungen in Folgeperioden führen.
4
Anhaltspunkte für die Existenz die-
ser ökonomisch ungerechtfertigten Zahlungen ergeben sich aus den hohen Misserfolgsquoten
bei Fusionen und Akquisitionen.
5
Auch die von JOHNSON/PETRONE vorgenommene Abgrenzung der Komponenten (3) und
(4) als Geschäfts- oder Firmenwert i. e. S. (core goodwill) spiegelt sich in der Definition des
FASB und des IASB wider.
6
Demnach gelten ein im Akquisitionsobjekt vorhandener Kapi-
talisierungsmehrwert und die mit dem Unternehmenszusammenschluss entstehenden Syner-
giepotenziale als Geschäfts- oder Firmenwert i. e. S. Sie verkörpern zukünftige Einzahlungs-
überschüsse, die zwar in den Ertragswerten der Unternehmen enthalten sind, aber nicht im
neu bewerteten identifizierten bilanziellen Nettovermögen ausgewiesen werden.
7
Der Kapitalisierungsmehrwert eines Unternehmens beinhaltet die Summe aller werttreiben-
den Faktoren, die mangels ausreichender Objektivierung zu den nicht bilanzierungsfähigen
Vermögenswerten gehören.
8
Im Falle eines Unternehmenserwerbs umfasst dieser alle Wert-
treiber des erworbenen Unternehmens unter Berücksichtigung der strategischen Ausrichtung
des Erwerbers. Es handelt es hierbei um strategische Ressourcen, die ihren Wert aus dem
gemeinsamen Einsatz erhalten und einer einzelnen Übertragung nicht zugänglich sind.
1
Vgl. SELLHORN, 2000, S. 889; HACHMEISTER/KUNATH, Die Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmen-
werts im Übergang auf IFRS 3, 2005, S. 65; ALVAREZ/BIBERACHER, 2002, S. 350
2
Als Fair Value-Bewertung bezeichnet man die Bewertung von Vermögenswerten und Schulden zum
beizulegenden Zeitwert.
3
Vgl. WIRTH, 2005, S. 192
4
Vgl. TUMP/GROSS, M&A-Implikationen des neuen FASB Exposure Draft, 2001, S. 319
5
Vgl. ALVAREZ/BIBERACHER, 2002, S. 350
6
Vgl. IFRS 3.BC130; SFAS 141.B105
7
Vgl. STREIM et al., Ökonomische Analyse der Goodwill-Bilanzierung, 2007, S. 23
8
Als Beispiel sei der dispositive Faktor angeführt. Für eine ausführliche Darstellung vgl. MOXTER, Die Ge-
schäftswertbilanzierung in der Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs und nach EG-Bilanzrecht, 1979, S. 746

10
Zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen kann hingegen bei einem Unternehmenserwerb auch
dadurch generiert werden, dass der Erwerber durch Kombination des erworbenen Reinver-
mögens mit anderen Vermögenswerten des erwerbenden Unternehmensverbunds Synergie-
effekte erzielt.
1
Dieser Wertbestandteil besteht somit nicht vor dem Erwerb, sondern ist als
Ergebnis der Integration des Akquisitionsobjekts im Kontext mit dem jeweiligen Erwerber
zu betrachten.
2
Dem Synergiegedanken liegt grundsätzlich die Annahme zugrunde, dass
durch die Zusammenarbeit der im Konsolidierungskreis
3
zusammengefassten Unternehmen
die erbrachte Leistung höher ist als die Summe der getrennt erzielbaren Leistungen.
4
Es wird deutlich, dass nur die als Geschäfts- oder Firmenwert i. e. S. definierten Kompo-
neten mit ausreichender Sicherheit dem geforderten Abgrenzungskriterium entsprechen, die
Zahlung eines Kaufpreises über das Reinvermögen des erworbenen Unternehmens hinaus
ökonomisch zu rechtfertigen. Insbesondere die in der Literatur divergierenden Interpreta-
tionen der Synergiekomponente des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts erschweren je-
doch eine präzise Erfassung dergestalt, dass eine Aufteilung auf die einzelnen Komponenten
nahezu ausgeschlossen ist.
5
Darüber hinaus ist eine objektive Einschätzung, inwiefern die im
Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses gezahlten Prämien ökonomisch begründbar
sind, in den meisten Fällen kaum möglich. Bei vielen Akquisitionen kann erst in der
Retrospektive beurteilt werden, ob ein tatsächliches Synergiepotenzial gegeben ist oder eine
Fehl-einschätzung hinsichtlich des Erfolgspotenzials des Unternehmenszusammenschlusses
vorliegt, die sich letzten Endes als ,,bilanzpolitische Luft"
6
erweist.
7
1
Vgl. HACHMEISTER/KUNATH, 2005, S. 65
2
Vgl. WIRTH, 2005, S. 189
3
Als Konsolidierungskreis bezeichnet man die Gesamtheit der rechtlich selbständigen Unternehmen, die in den
Konzernabschluss des Mutterunternehmens aufzunehmen sind (vgl. IAS 27).
4
Vgl. ANGERMEYER/OSER in: PEEMÖLLER, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 2005, S. 763-
766
5
Vgl.
SELLHORN, 2000, S. 885-892; KÜTING, 2006a, S. 163
6
KÜTING, 2006a, S. 163
7
Vgl. WIRTH, 2005, S. 192

11
II.
Die Bedeutung des Geschäfts- oder Firmenwerts als Indikator der wirt-
schaftlichen Lage
1.
Die aktuelle Bedeutung des Geschäfts- oder Firmenwerts im Bilanzbild
a.
Der Geschäfts- oder Firmenwert als Erklärungsgröße für die Marktwert-Buchwert-
Lücke
Die Marktkapitalisierung vieler börsennotierter Unternehmen beträgt heute ein Vielfaches
des Wertes des bilanziellen Eigenkapitals.
1
Während der Bilanzwert des gezeichneten Kapi-
tals frei von zukunftsorientierten Erwartungseinflüssen ist und in dieser Hinsicht eine wei-
testgehend konstante Größe darstellt,
2
spiegelt der Börsenkurs die Bewertung des Unterneh-
mens am Kapitalmarkt wider. ,,Sofern der Börsenkurs primär die Ertragserwartungen der
Kapitalmarktteilnehmer reflektiert, entspricht der Börsenwert des gezeichneten Kapitals [...]
dem marktmäßig objektivierten Ertragswert des Unternehmens"
3
. Übersteigt der Börsenwert
des gezeichneten Kapitals das bilanzielle Eigenkapital eines Unternehmens, so verkörpert die
Differenz die stillen Reserven sowie einen originären Geschäfts- oder Firmenwert.
4
Diese in
der angloamerikanischen Praxis als market-to-book ratio bezeichnete Differenzgröße hat bei
einer Vielzahl börsennotierter Unternehmen in Deutschland, insbesondere aufgrund der An-
satzvoraussetzungen für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte, eine erhebliche Größe
erreicht.
5
Zahlreiche wesentliche Werttreiber werden in der Bilanz nicht zuverlässig abgebil-
det und gehen an den Normen der Rechnungslegung vorbei, so dass nur eine undifferenzierte
Erfassung in der Residualgröße Goodwill möglich ist.
6
Wird ein Unternehmen mit einer ho-
hen Marktwert-Buchwert-Lücke erworben, so basiert die Anschaffungskostenermittlung im
Zuge des Unternehmenserwerbs auf dem Marktwert des erworbenen Unternehmens, so dass
es zu einer Marktobjektivierung der identifizierbaren selbst erstellten immateriellen Vermö-
genswerte kommt. Mit der zum Erwerbszeitpunkt durchzuführenden Kaufpreisallokation
werden die in der Marktwert-Buchwert-Lücke enthaltenen identifizierbaren, aber bisher bi-
lanziell nicht erfassten, Werttreiber in die Neubewertungsbilanz aufgenommen und mit ih-
rem beizulegenden Zeitwert
7
bewertet. Der verbleibende Teil der Marktwert-Buchwert-
1
Vgl. SCHMIDT, Bilanzierung des Goodwills im internationalen Vergleich, 2002, S. 12
2
Veränderungen des Eigenkapitals durch Kapitalerhöhungen etc. werden außer Acht gelassen.
3
COENENBERG, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2003, S. 997-998
4
Vgl. COENENBERG, 2003, S. 998
5
Vgl. WIRTH, 2005, S. 147-148
6
Vgl. KÜTING/WEBER/WIRTH, Die neue Goodwillbilanzierung nach SFAS 142, 2001, S. 185
7
Der beizulegende Zeitwert ist der Betrag, zu dem ein Vermögenswert zwischen sachverständigen, vertragswil-
ligen, und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht werden könnte. Im Folgenden wird auch
synonym der Begriff fair value verwendet.

12
Lücke wird in Höhe des Konzernanteils zusammen mit den zusätzlich vergüteten Synergie-
und Wachstumspotenzialen Bestandteil des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts.
1
b.
Der bilanzpolitische Gestaltungsspielraum der Unternehmensführung
Der Geschäfts- oder Firmenwert stellt im Konzernabschluss oftmals eine Schlüsselgröße zur
Unternehmensbeurteilung dar,
2
wobei seine besondere Stellung aus zwei Faktoren resultiert.
Einerseits wird er aufgrund der vielen Gestaltungsmöglichkeiten
3
in den Regelwerken der
internationalen Rechnungslegung vielfach als Instrument der Bilanzpolitik
4
genutzt,
5
ande-
rerseits stellt der Geschäfts- oder Firmenwert aufgrund seiner bilanziellen Größenordnung in
zahlreichen Konzernen eine wesentliche Bilanzposition dar. So werden in deutschen Kon-
zernbilanzen nicht selten Geschäfts- oder Firmenwerte in Höhe des bilanziellen Eigen-
kapitals ausgewiesen.
6
Folglich hat die Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts deutli-
che Auswirkungen auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Erwer-
bers.
7
Je nachdem, wie der Geschäfts- oder Firmenwert im Jahresabschluss behandelt wird,
entstehen insbesondere unterschiedliche Bilder von der Vermögens- und Ertragslage eines
Unternehmens.
8
Um zu aussagefähigen, vergleichbaren Beurteilungen zu kommen, sind auf
internationaler Ebene einheitliche Bilanzierungsregeln erforderlich.
9
Ferner wird die Beseiti-
gung von möglichen Informationsasymmetrien zwischen dem Management börsennotierter
Unternehmen und (potenziellen) Kapitalgebern gefordert.
10
Das FASB und das IASB tragen
dieser in der Literatur weit verbreiteten Forderung durch zunehmendes Konvergenzstreben
11
bei der Veröffentlichung neuer Bilanzierungsstandards Rechnung.
1
Vgl. WIRTH, 2005, S. 183
2
Vgl. KÜTING/KOCH, Der Goodwill in der deutschen Bilanzierungspraxis, 2003, S. 53
3
Das Wort Gestaltungsmöglichkeit beschreibt die Möglichkeit der bilanzierenden Unternehmen, die Standards
und Interpretationen gem. der Unternehmenszielsetzung auszulegen, ohne die maßgeblichen Normen der
Rechnungslegungsstandards zu verletzen.
4
Unter Bilanzpolitik versteht man die willentliche und hinsichtlich der Unternehmensziele zweckorientierte Ein-
flussnahme auf Form, Inhalt und Berichterstattung des Jahresabschlusses im Rahmen der durch die Rechts-
sprechung gezogenen Grenzen; vgl. hierzu KÜTING, Der Geschäfts- oder Firmenwert ­ ein Spielball der Bi-
lanzpolitik in deutschen Konzernen, 2000, S. 99
5
Vgl. LACHNIT/MÜLLER, Bilanzanalytische Behandlung von Geschäfts- oder Firmenwerten, 2003, S. 540-
550
6
Vgl. KÜTING, 2000, S. 97-106; KÜTING/KOCH, 2003, S. 49-54; KÜTING, Der Geschäfts- oder Firmenwert
als Schlüsselgröße der Analyse von Bilanzen deutscher Konzerne, 2005, S. 2761
7
Vgl. SELLHORN, 2004, S. 34; KÜTING, 2000, S. 99
8
Im Zuge der Veröffentlichung des SFAS 142 wurde aufgrund des Wegfalls planmäßiger Goodwillabschrei-
bungen eine durchschnittliche Verbesserung der Quartalsergebnisse US-amerikanischer Unternehmen um 7 %
erwartet, vgl. hierzu HANDELSBLATT vom 17./18. August 2001, S. 12
9
Vgl. LACHNIT/MÜLLER, 2003, S. 541
10
Vgl. SELLHORN, 2000, S. 885
11
Als Konvergenzstreben werden die Bemühungen bezeichnet, die Rechnungslegungsstandards US-GAAP und
IFRS zum Zweck einer besseren Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen einander anzunähern. Die offizielle
Vereinbarung des IASB und FASB wurde im September 2002 abgeschlossen (,,Norwalk Agreement").

13
2.
Die Ursachen für die Bedeutungszunahme des Geschäfts- oder Firmenwerts
a.
Die Entwicklung des Marktes für Unternehmenstransaktionen
Die Anzahl der Unternehmenszusammenschlüsse steigt seit den 1980er Jahren national wie
auch international kontinuierlich an.
1
Unter dem häufig synonym verwendeten Begriff Mer-
gers & Acquisitions
(M&A) werden solche Transaktionen subsumiert, die durch ,,den Über-
gang von Leitungs- bzw. Kontrollbefugnissen an Unternehmen auf andere Unternehmen ge-
kennzeichnet sind"
2
. Die Entwicklung der globalen M&A-Aktivitäten wird in der Literatur
häufig als zyklisch auftretendes Phänomen beschrieben.
3
Die letzte Hochphase von Unter-
nehmenszusammenschlüssen Ende der 1990er Jahre unterscheidet sich von vorherigen Pha-
sen hoher Transaktionsintensität insbesondere in Hinblick auf die geographischen Dimensio-
nen und die bis dato nicht erreichten Größenordnungen. Während zwischen 1983 und 1989
in Europa weniger als 10.000 M&A-Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von ca.
700 Mrd. Dollar gemeldet wurden, waren es im Zeitraum von 1993 bis 2001 mehr als 87.000
M&A-Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von über 5,6 Bill. Dollar.
4
In der Literatur
werden vielfältige Beweggründe für die rasante Entwicklung des Marktes für Unternehmens-
transaktionen diskutiert. Im Zentrum der Interpretationen steht insbesondere das Shareholder
Value-Konzept, welches sich als strategisches Managementinstrument weitestgehend durch-
gesetzt hat.
5
Um der Forderung nach wertorientierter Unternehmensführung im Sinne einer
Steigerung des Marktwerts des Eigenkapitals zu entsprechen, werden von der Unterneh-
mensleitung solche Maßnahmen gewählt, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Stei-
gerung des Börsenkurses bewirken.
6
Das vom Kapitalmarkt geforderte Wachstum kann aus
internen Ressourcen jedoch in vielen Fällen nicht schnell genug generiert werden, so dass
Wachstum extern durch den Erwerb von Konzernbeteiligungen erfolgt. Im Idealfall werden
durch Unternehmensakquisitionen neue Märkte erschlossen, Know-how erworben sowie Sy-
nergie- und Skaleneffekte erzielt.
7
Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Unter-
nehmensbewertung. Während die Ermittlung des Wertes materieller Ressourcen i. d. R. ver-
gleichsweise sicher möglich ist, gestaltet es sich deutlich schwieriger, immaterielle Vermö-
genswerte oder künftige Synergiepotenziale zu bewerten. Aus diesem Zusammenhang ergibt
sich die zunehmende Bedeutung des Geschäfts- oder Firmenwerts, der letztlich als subjekti-
1
Vgl. COENENBERG/SCHULTZE in: OESTERLE/WOLF, Internationalisierung und Institution, 2005, S. 52
2
COENENBERG/SCHULTZE in: OESTERLE/WOLF, 2005, S. 52
3
In der englisch-sprachigen Literatur wird regelmäßig der Begriff "mergers & acquisitions­waves" verwendet.
4
Vgl. MARTYNOVA/RENNEBOOG in: RENNEBOOG, Advances in Corporate Finance and Asset Pricing,
2006, S. 16
5
Vgl. z. B. BLYTH/FRISKEY/RAPPAPORT, Implementing The Shareholder Value Approach, 1986, S. 48-49;
HEINEMANN/GRÖNINGER in: HUNGENBERG, Handbuch Strategisches Management, 2005, S. 233; allg.
zum Shareholder Value-Konzept RAPPAPORT, 10 Ways to create Shareholder Value, 2006, S. 66-77
6
Vgl. ESSER, 2004, S. 23
7
Vgl. WIRTZ in: WIRTZ, Handbuch Mergers & Acquisitions Management, 2006, S. 5; allg. zu externem
Wachstum KÜTING/WEBER, Der Konzernabschluss, 2006, S. 85

14
ve Wertgröße entsteht, wenn im Rahmen von Unternehmenstransaktionen Kaufpreise ver-
einbart werden, die das erworbene Reinvermögen teilweise deutlich übersteigen.
1
Eine aktu-
elle Studie des Handelsblatts bestätigt die Relevanz des dargestellten Sachverhalts. So liegt
der prozentuale Aufpreis, den ein Käuferunternehmen durchschnittlich gegenüber dem Bör-
senwert des Akquisitionsobjekts bezahlt, bei derzeit ca. 20 %. Der Höchstwert des Untersu-
chungszeitraums lag 2001 bei durchschnittlich 35 % gezahltem Aufpreis.
2
b.
Die Bedeutungszunahme immaterieller Vermögenswerte
Das typische Bilanzbild war lange Zeit von der Dominanz materieller Vermögenswerte ge-
prägt, während das immaterielle Vermögen ­ abgesehen vom Geschäfts- oder Firmenwert ­
eine untergeordnete Bedeutung hatte. Im Rahmen des Wandels von einer Industrie- zu einer
Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft gewinnen immaterielle Werte wie Markennamen
oder die Qualifikation der Belegschaft jedoch zunehmend an Bedeutung.
3
Nicht selten stellen
immaterielle Vermögenswerte die primären Determinanten des Unternehmenswerts dar, die
deshalb auch im Akquisitionsprozess im Zentrum des Interesses stehen.
4
Zwar führt die zu-
nehmende Bedeutung immaterieller Vermögenswerte bei präziser Einhaltung der Ansatzvor-
schriften im Zuge von Unternehmenserwerben nicht zu steigenden Goodwillpositionen,
5
je-
doch ist die Kenntnis der Schwierigkeit ihrer bilanziellen Erfassung Voraussetzung für das
Verständnis der Abgrenzung vom Geschäfts- oder Firmenwert. Das FASB definiert immate-
rielle Vermögenswerte allgemein als ,,assets (not including financial assets) that lack physi-
cal substance"
6
. Die internationale Literatur zur Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte
ist geprägt durch die Verwendung vieler synonymer Begriffe, die häufig nicht eindeutig dif-
ferenziert werden. So werden beispielsweise Kunden- und Lieferantenbeziehungen sowie
aus dem Standort eines Unternehmens resultierende Wettbewerbsvorteile unter dem Oberbe-
griff immaterielle Vermögenswerte subsumiert.
7
In der deutschen Bilanzierungspraxis wird
den immateriellen Ressourcen Human-, Innovations- und Prozesskapital die höchste Bedeu-
tung beigemessen.
8
Als Indikator für den Bedeutungsgewinn immaterieller Vermögenswerte
kann die Höhe der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen betrachtet werden, da diese
1
Vgl. BRÖSEL/MÜLLER, 2007, S. 53
2
Vgl. HANDELSBLATT vom 02. Juli 2007, S. 17
3
Vgl. z. B. QUILLIGAN, Intangible Assets, 2006, S. 10-12
4
Vgl. KÜTING/WEBER/WIRTH, Goodwill im Übergang auf die Anwendung des SFAS 142, 2002, S. 57;
DAVIS, US-GAAP: Rechnungslegung für immaterielle Vermögensgegenstände, 2002, S. 697; ESSER/
HACKENBERGER, Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte, 2004, S. 402
5
Vgl. Abschnitt B.III.1b, S. 21-26 bzw. C.III.1b, S. 46-48
6
Vgl. SFAS 141.B147 und SFAS 142.B27
7
Vgl. Arbeitskreis ,,Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft, Corporate
Reporting on Intangibles, 2005, S. 68-69
8
Vgl. PRICEWATERHOUSECOOPERS, Immaterielle Werte, 2003

15
als Voraussetzung für die Schaffung zahlreicher immaterieller Vermögenswerte gelten. Die
in diesem Bereich getätigten Gesamtaufwendungen deutscher Unternehmen stiegen in den
Jahren 1990 bis 2002 von ca. 27 Mrd. Euro auf ca. 45 Mrd. Euro.
1
Der Arbeitskreis ,,Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft
stellt die hohe Bedeutung der immateriellen Vermögenswerte im Vergleich zu materiellen
Vermögenswerten heraus und fordert das IASB und das FASB auf, dieser Entwicklung
durch die Veröffentlichung neuer Bilanzierungsregeln Rechnung zu tragen.
2
Bedingt durch
ihre mangelnde physische Substanz und die damit einhergehende Flüchtigkeit der mit ihnen
verbundenen Vorteile, erfordert die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte in besonde-
rem Maße die Abwägung der für die kapitalmarktorientierte Rechnungslegung einschlägigen
Qualitätsmaßstäbe.
3
Im Vordergrund stehen in diesem Zusammenhang die Abwägung von
Relevanz und Verlässlichkeit der Jahresabschlussdaten.
4
1
Vgl. ESSER, 2004, S. 26
2
Vgl. Arbeitskreis ,,Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft, 2005, S. 66
3
Vgl. HAGER/HITZ, Immaterielle Vermögenswerte in der Bilanzierung und Berichterstattung, 2007, S. 205
4
Im Rahmenkonzept (RK) der IFRS werden qualitative Anforderungen an die Informationsvermittlungsfunktion
des Jahresabschlusses gestellt. Informationen gelten gem. RK.26 als relevant, wenn sie die wirtschaftlichen
Entscheidungen der Jahresabschlussadressaten beeinflussen. RK.31 bezeichnet Informationen als verlässlich,
wenn sie frei von wesentlichen Fehlern und bewusster Verzerrung sind und sich die Jahresabschlussadressaten
darauf verlassen können, dass sie glaubwürdig darstellen, was vernünftigerweise inhaltlich von ihnen erwartet
werden kann.

16
B.
Die bilanzielle Behandlung des Geschäfts- oder Firmenwerts nach
IFRS
I.
Der Anwendungsbereich der relevanten Standards
Mit der Veröffentlichung des IFRS 3 ,,Unternehmenszusammenschlüsse" am 31. März 2004
kam es zu einem wesentlichen Richtungswechsel in der IFRS-Rechnungslegung. IFRS 3 er-
setzte den bis zu diesem Zeitpunkt gültigen IAS 22, wobei das IASB inhaltlich dem Konver-
genzstreben Rechnung trägt und die wesentlichen Neuregelungen in Anlehnung an die US-
amerikanischen Standards SFAS 141 und SFAS 142 vornimmt.
1
Infolge des Wegfalls der
Möglichkeit, die Kapitalkonsolidierung
2
im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses
nach der Methode der Interessenzusammenführung vorzunehmen, verbleibt als einzig zuläs-
sige Methode der Kapitalkonsolidierung die Erwerbsmethode. Der wesentliche Unterschied
beider Bilanzierungsmethoden besteht darin, dass nach der Interessenzusammenführungs-
methode beim Aufrechnen des Beteiligungswertes gegen das anteilige Eigenkapital des er-
worbenen Unternehmens keine stillen Reserven und Lasten aufgedeckt werden und ein
eventuell verbleibender Unterschiedsbetrag erfolgsneutral mit den Rücklagen verrechnet
wird.
3
Im Gegensatz zur Erwerbsmethode wird folglich kein Geschäfts- oder Firmenwert ak-
tiviert, und die Jahresergebnisse der Folgeperioden werden nicht mit den entsprechenden
Abschreibungen belastet.
4
Diese Vorgehensweise basiert auf der Annahme, dass ein Unter-
nehmenszusammenschluss nicht als Erwerb interpretiert wird, ,,sondern beide fusionierenden
Unternehmen in etwa gleichmäßig an den Chancen und Risiken der neuen wirtschaftlichen
Einheit beteiligt sind"
5
. Das IASB knüpfte die Anwendung der Interessenzusammenfüh-
rungsmethode an eine Reihe von Bedingungen,
6
deren Erfüllung n. h. M. für Unternehmen
durch entsprechende Sachverhaltsgestaltung
7
auch in solchen Fällen möglich war, in denen
ein Erwerber nach objektiver Meinung eindeutig identifiziert werden konnte.
8
1
In der Literatur wird kritisch von einer Sogwirkung der US-GAAP auf die inhaltliche Weiterentwicklung der
IFRS gesprochen. Das IASB war demnach im Zugzwang, die planmäßigen Goodwillabschreibungen ebenfalls
abzuschaffen, damit die IFRS als Bilanzierungsstandard nicht an Attraktivität gegenüber den US-GAAP ein-
büßen (vgl. u. a. HANDELSBLATT vom 06. Dezember 2002, S. 18).
2
Ziel der Kapitalkonsolidierung ist es, die Kapitalverflechtungen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen zu
eliminieren und damit das Eigenkapital des Konzerns so darzustellen, wie es die wirtschaftliche Einheit des
Konzerns erfordert.
3
Vgl. LOPATTA, 2006, S. 34-35
4
Vgl. HENSE/KLEINBIELEN/WITTHAUS in: PEEMÖLLER, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung,
2005, S. 618; LOPATTA/MÜßIG, Die Bilanzierung von Business Combinations, 2007, S. 15
5
TELKAMP/BRUNS, Pooling-of-interests-Methode versus Fresh-Start-Methode, 2000, S. 745
6
Vgl. ausführlich z. B. LÜDENBACH in: Haufe IFRS-Kommentar, 2004, S. 1381
7
Das Schrifttum zur Bilanzpolitik subsumiert unter dem Begriff der Sachverhaltsgestaltung die jahresabschluss-
politisch motivierte zielkonforme Auslegung von Tatbeständen im Ermessensspielraum. In diesem Zusam-
menhang kann die Ausrichtung des Zusammenschlusses auf die Erfüllung der notwendigen Kriterien als
Beispiel aufgeführt werden.
8
Vgl. LOPATTA, 2007, S. 16; TELKAMP/BRUNS, 2000, S. 744-749; KETZ/SCHAMS, Goodwill: Have new
rules killed mergers? 2004, S. 53-58

17
Obwohl die Interessenzusammenführungsmethode in vielen Fällen zu einer deutlich besseren
Darstellung der Vermögens- und Ertragslage führte als die Erwerbsmethode,
1
gibt es keinen
eindeutigen empirischen Beweis, dass die Erwerbsmethode und die damit einhergehende
Goodwillaktivierung zu einer nachhaltig negativeren Beurteilung seitens der Investoren füh-
ren.
2
Das IASB begründet das Verbot damit, dass einerseits die Vergleichbarkeit von Jahres-
abschlüssen gewährleistet und zugleich die Möglichkeit zur Gestaltung eingeschränkt wird,
andererseits die Konvergenz mit den Rechnungslegungsregeln in Nordamerika erhöht wird.
3
Als zweite wichtige Neuerung im Rahmen der Veröffentlichung des IFRS 3 gilt der Wegfall
der planmäßigen Abschreibung des im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses erwor-
benen derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts. An die Stelle der planmäßigen Abschrei-
bung tritt ein in mindestens jährlicher Frequenz durchzuführender Werthaltigkeitstest auf
Basis des IAS 36.
Mit Ausnahme der in IFRS 3.3 beschriebenen Fälle sind die neuen Regelungen für die Bi-
lanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen
4
anzuwenden, die ab dem 31. März 2004
erfolgen.
5
Maßgeblich für die Terminierung des Zusammenschlusses ist der Tag der Über-
einkunft, das agreement date
6
. Im Zuge des Übergangs auf die neuen Standards wurde den
Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, bereits bilanzierte Geschäfts- oder Firmenwerte
für einen gewissen Zeitraum weiter nach IAS 22 und IAS 36 (1998) planmäßig und außer-
planmäßig abzuschreiben. Ein verpflichtender Übergang auf den Impairment-Only Approach
erfolgte erst zu Beginn des ersten Geschäftsjahrs, das am oder nach dem 31. März 2004 be-
gann.
7
Unternehmen, die in den Geltungsbereich der IAS-Verordnung
8
fallen, mussten dem-
nach spätestens im Geschäftsjahr 2005 die planmäßige Abschreibung des Geschäfts- oder
Firmenwerts aussetzen und stattdessen regelmäßige Werthaltigkeitsprüfungen durchführen.
9
Ein in der Literatur kontrovers diskutierter Sachverhalt ergab sich aus dem vom IASB zu-
sätzlich eröffneten Wahlrecht, die neuen Regelungen auf vor dem Übergangszeitpunkt er-
1
Vgl. AYERS/LEFANOWICZ/ROBINSON, Financial Statement Effects of Eliminating the Pooling-of-
Interests Method, 2000, S. 12-16
2
Vgl. u. a. HOPKINS/HOUSTON/PETERS, Purchase, Pooling, and Equity Analysts´ Valuation Judgements,
2000, S. 257-281
3
Nach US-GAAP ist die Interessenzusammenführungsmethode seit Veröffentlichung der SFAS 141 und
SFAS 142 am 20.07.2001 nicht mehr zulässig (vgl. hierzu Abschnitt C.III.1a, S. 45).
4
Ein Unternehmenszusammenschluss i. S. v. IFRS 3 ist definiert als die Zusammenführung von separaten
Unternehmen oder Geschäftsbetrieben in ein Bericht erstattendes Unternehmen, bei der ein Unternehmen die
Beherrschung über ein anderes Unternehmen erlangt (vgl. hierzu auch IFRS 3 Anhang A).
5
Vgl. IFRS 3.78
6
Das agreement-date ist der Zeitpunkt, an dem die wesentliche Einigung über den Unternehmenszusam-
menschluss erreicht und ggf. öffentlich bekannt gemacht wurde (vgl. ausführlich IFRS 3 Anhang A).
7
Vgl. IFRS 3.79-3.80
8
EG Verordnung Nr. 1606/2002 vom 19.07.2002 zur Anwendung der IFRS
9
Für eine ausführliche Darstellung der Übergangsvorschriften vgl. Anlage A.

18
worbene Geschäfts- oder Firmenwerte anzuwenden.
1
So räumte das IASB die Anwendung
der Regelungen des IFRS 3 auch auf vor dem 31. März 2004 erworbene Geschäfts- oder
Firmenwerte ein, sofern die Bewertungen und sonstigen Informationen, die zur Anwendung
von IFRS auf vergangene Unternehmenszusammenschlüsse benötigt werden, zum Zeitpunkt
der erstmaligen Bilanzierung dieser Zusammenschlüsse erhoben und von demselben Zeit-
punkt an auch IAS 36 und IAS 38 prospektiv angewendet wurden.
2
Die Darstellung, als ob IFRS 3, IAS 36 und IAS 38 seit dem gewählten Rückwirkungszeit-
punkt Anwendung gefunden hätten, war insbesondere hinsichtlich der Kaufpreisallokation
und der rückwirkenden jährlichen Werthaltigkeitsprüfung gem. IAS 36 mit einem erhebli-
chen Aufwand verbunden.
3
Jedoch eröffnete sich für solche Unternehmen, die in der Ver-
gangenheit nur wenige Unternehmenszusammenschlüsse vollzogen haben, bei vertretbarem
Aufwand ein erheblicher Gestaltungsspielraum
4
hinsichtlich der Möglichkeit, die Ergebnis-
belastung der planmäßigen Abschreibung auf Geschäfts- oder Firmenwerte zu vermeiden.
5
Dieses Wahlrecht war insbesondere für solche Unternehmen attraktiv, die parallel einen Ab-
schluss nach US-GAAP erstellen, da die Regelungen des IFRS 3 in wesentlichen Punkten
den bereits seit 2002 anzuwendenden Regeln nach SFAS 141 und SFAS 142 entsprechen
und die benötigten Daten dementsprechend bereits weitestgehend erhoben wurden.
6
Um die
Verlässlichkeit der Bilanzdaten nicht zu gefährden und die Analyse von Jahresabschlüssen
nicht zu erschweren, kam in der Literatur die Forderung auf, das Wahlrecht der retrospekti-
ven Anwendung des IFRS 3 auf solche Unternehmenszusammenschlüsse zu beschränken,
die eine zeitliche Nähe zum Umstellungszeitpunkt aufweisen und über sich hieraus ergeben-
de Effekte ausführlich Rechnung zu legen.
7
II.
Die Ansatzvorschriften für den Geschäfts- oder Firmenwert
Gemäß IFRS 3.51 muss der Erwerber den bei einem Unternehmenszusammenschluss erwor-
benen Geschäfts- oder Firmenwert zu seinen Anschaffungskosten bewerten und aktivieren.
Die Anschaffungskosten des Geschäfts- oder Firmenwerts ergeben sich als Überschuss der
Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs über den vom Erwerber nach IFRS 3.36
1
Vgl. z. B. KÜTING/GATTUNG/WIRTH, Zeitpunkt der erstmaligen Aussetzung der planmäßigen Abschrei-
bung des Geschäfts- oder Firmenwerts nach IFRS 3, 2004, S. 247-249
2
Vgl. IFRS 3.85
3
Vgl. KÜTING/GATTUNG/WIRTH, 2004, S. 248
4
EBENDA, S. 247; BRÜCKS/WIEDERHOLD, IFRS 3 Business Combinations, 2004, S. 184
5
Vorbehaltlich eines ggf. durchzuführenden Werthaltigkeitstests.
6
Insbesondere hinsichtlich der Bilanzierung von Eventualverbindlichkeiten schreiben IFRS und US-GAAP
jedoch unterschiedliche Regeln vor, so dass nicht per se davon ausgegangen werden kann, dass alle zur retro-
spektiven Anwendung von IFRS 3 benötigten Daten zwangsläufig vorgelegen haben.
7
Vgl. BRÜCKS/WIEDERHOLD, 2004, S. 184; HACHMEISTER/KUNATH, 2005, S. 64

19
angesetzten Anteil an der Summe der beizulegenden Nettozeitwerte der identifizierbaren
Vermögenswerte, Schulden und Eventualschulden. IFRS 3 interpretiert den im Zuge eines
Unternehmenserwerbs aktivierten Geschäfts- oder Firmenwert als ,,eine Zahlung [...], die der
Erwerber in der Erwartung künftigen wirtschaftlichen Nutzens aus Vermögenswerten, die
nicht einzeln identifiziert oder getrennt angesetzt werden können, geleistet hat."
1
Er ist als
Vermögenswert mit unbestimmter Nutzungsdauer
2
nicht mehr planmäßig abzuschreiben,
sondern in mindestens jährlicher Frequenz im Rahmen des Impairmenttests auf Werthaltig-
keit zu prüfen.
3
III.
Die Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts
1.
Die Erstbewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts
a.
Der Ablauf der Erstkonsolidierung
Gemäß IFRS 3.16 stellt die Identifizierung des erwerbenden Unternehmens den ersten
Schritt im Zuge der Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode dar. Als Erwerber gilt
,,das sich zusammenschließende Unternehmen, das die Beherrschung über die anderen Un-
ternehmen oder Geschäftsbetriebe erlangt"
4
, wobei Beherrschung definiert wird als ,,die
Möglichkeit, die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens oder eines Geschäftsbe-
triebs zu bestimmen, um aus dessen Tätigkeiten Nutzen zu ziehen."
5
Die Frage, welche
Sachverhalte zum Tatbestand der Beherrschung führen, wird in IFRS 3.19 beantwortet. Bei
Unternehmensverbindungen, an denen in Bezug auf Größe
6
und Struktur vergleichbare Un-
ternehmen beteiligt sind, kann die im Zuge der Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsme-
thode zwingend erforderliche Identifizierung des Erwerbers Probleme aufwerfen. Vor dem
Hintergrund der weniger restriktiven Ansatzvoraussetzungen für erworbene immaterielle
Vermögenswerte,
7
eröffnet sich fusionierenden Unternehmen in Abhängigkeit der Einzel-
heiten des Sachverhalts ein erheblicher Gestaltungsspielraum. So können fusionierende Un-
ternehmen die Aufdeckung stiller Reserven so gering wie möglich halten, indem dasjenige
Unternehmen als Erwerber identifiziert wird, welches im Vergleich wertmäßig über mehr
Positionen verfügt, die die Ansatzvoraussetzungen für immaterielle Vermögenswerte erfül-
len. Infolgedessen ist die Basis für planmäßige Abschreibungen in den Folgeperioden gerin-
1
Vgl. IFRS 3.52; vgl. auch ausführlich BONHAM, International GAAP 2007, 2006, S. 491
2
Vgl. IFRS 3.BC101
3
Vgl. IFRS 3.55
4
IFRS 3.17
5
IFRS 3.19
6
Als Kriterium zum Größenvergleich kann exemplarisch die Summe der beizulegenden Zeitwerte der
Vermögenswerte und Schulden der zusammengeschlossenen Unternehmen herangezogen werden.
7
Vgl. Abschnitt B.III.1b, S. 23-24

20
ger und die Ertragsbelastung weniger stark als im umgekehrten Fall.
1
Um den faktisch vor-
handenen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Identifizierung des Erwerbers einzugrenzen,
enthält IFRS 3.20 jedoch klar definierte Anhaltspunkte, nach denen bei der Identifizierung
des erwerbenden Unternehmens vorzugehen ist. ,,Zum Beispiel:
(a) ist der beizulegende Zeitwert eines der sich zusammenschließenden Unternehmen
bedeutend größer als der des anderen Unternehmens, wird voraussichtlich das
Unternehmen mit dem größeren beizulegenden Zeitwert der Erwerber sein;
(b) ist der Unternehmenszusammenschluss durch einen Tausch von Eigenkapitalin-
strumenten mit Stimmrechten gegen Zahlungsmittel oder andere Vermögenswerte
zustande gekommen, wird voraussichtlich das Unternehmen, das Zahlungsmittel
und andere Vermögenswerte liefert, der Erwerber sein; und
(c) führt der Unternehmenszusammenschluss dazu, dass das Management eines der
sich zusammenschließenden Unternehmen die Möglichkeit hat, das Management
des entstandenen zusammengeschlossenen Unternehmens zu bestimmen, wird
voraussichtlich das Unternehmen mit einer solchen Dominanz seines Manage-
ments der Erwerber sein."
2
Es folgt, dass der Gestaltungsspielraum der Unternehmen zwar eingeschränkt, n. h. M. jedoch
nicht ausreichend begrenzt wird. So kann ungeachtet der Vorschriften des IFRS 3.20 durch
Vermeidung von planmäßiger Abschreibung der sonst zu identifizierenden, separierenden
und abzuschreibenden immateriellen Vermögenswerte eine geringere Ertragsbelastung er-
reicht werden.
3
Im Anschluss an die Identifizierung des erwerbenen Unternehmens werden die Anschaf-
fungskosten des Unternehmenszusammenschlusses ermittelt. Die Anschaffungskosten erge-
ben sich aus der Summe der zum Tauschzeitpunkt gültigen beizulegenden Zeitwerte der ent-
richteten Vermögenswerte, der eingegangenen und übernommenen Schulden sowie der vom
Erwerber als Akquisitionswährung verwendeten Eigenkapitalinstrumente.
4
Zusätzlich wer-
den alle dem Unternehmenszusammenschluss direkt zurechenbaren Kosten
5
in die Ermitt-
lung der Anschaffungskosten einbezogen.
6
Der für die Bestimmung der Anschaffungskosten
relevante Tauschzeitpunkt entspricht dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber die Beherrschung
über das erworbene Unternehmen erlangt.
7
Werden Eigenkapitalinstrumente als Akquisi-
1
Vgl. ausführlich PFEIL/VATER, Die kleine Unternehmensbewertung, 2002a, S. 70
2
IFRS 3.20
3
Vgl. PFEIL/VATER, 2002a, S. 70
4
Vgl. IFRS 3.24(a)
5
Vgl. ausführlich IFRS 3.29
6
Vgl. IFRS 3.24(b)
7
Vgl. IFRS 3.25

21
tionswährung verwendet, so ist der Börsenkurs zum Tauschzeitpunkt für die Wertermittlung
maßgeblich.
1
Sieht die Vereinbarung über einen Unternehmenszusammenschluss zusätzlich
eine von künftigen Ereignissen abhängige Anpassung der Anschaffungskosten vor, so hat
der Erwerber den diskontierten Anpassungsbetrag in die Anschaffungskosten zum Er-
werbszeitpunkt einzubeziehen, sofern die Anpassung wahrscheinlich ist und zuverlässig be-
wertet werden kann.
2
Sind die Voraussetzung für eine Berücksichtigung im Erwerbszeit-
punkt nicht erfüllt, so ist deren Eintritt in den Folgeperioden regelmäßig zu überprüfen und
gegebenenfalls eine Anpassung der Anschaffungskosten vorzunehmen.
3
Im Falle einer
nachträglichen Anschaffungskostenerhöhung kommt es zu einer automatischen Erhöhung
der Goodwillposition, da die identifizierbaren Vermögenswerte mit ihren beizulegenden
Zeitwerten angesetzt und in einem solchen Fall i. d. R. nicht nachträglich verändert werden.
Eine Anschaffungskostenverminderung führt hingegen zu einer Verminderung des Ge-
schäfts- oder Firmenwerts und, falls dieser betragsmäßig nicht ausreicht, zu einer Behand-
lung des verbleibenden Restbetrags als negativer Unterschiedsbetrag gem. IFRS 3.56.
4
b.
Die Kaufpreisallokation
Die abschließende Verteilung der Anschaffungskosten auf die erworbenen Vermögenswerte
sowie die übernommenen Schulden wird aufgrund der hohen Relevanz für die Wertkonkreti-
sierung des Geschäfts- oder Firmenwerts in einem separaten Gliederungspunkt dargestellt.
Zum besseren Verständnis von Ansatz und Bewertung der im Rahmen eines Unternehmens-
erwerbs akquirierten Vermögenswerte und Schulden muss eingangs erwähnt werden, dass
einige Regelungen in IFRS 3 und IAS 38 vom Rahmenkonzept der IFRS abweichen. Hinter-
grund dieser Unterschiede ist, dass mit der Einführung des Impairment-Only Approach in
IFRS 3 der Abgrenzung der Vermögenswerte und Schulden vom Geschäfts- oder Firmen-
wert eine erhöhte Bedeutung zukommt.
5
Ziel der Regelung ist es, alle Vermögenswerte und
Schulden, die der Käufer in das Kaufpreiskalkül einbezogen haben könnte, separat zu erfas-
sen und somit den Betrag der Residualgröße Goodwill so gering wie möglich zu halten,
6
um
einen präzisen Einblick in die Risiko- und Ertragsstruktur des betreffenden Unternehmens zu
gewährleisten.
7
Der Prozess der Kaufpreisallokation wird in der Literatur in Hinblick auf den
1
Vgl. IFRS 3.27
2
Vgl. KÜTING/WEBER, 2006, S. 290; ZELGER in: BALLWIESER/BEYER/ZELGER, Unternehmenskauf
nach IFRS und US-GAAP, 2005, S. 122
3
Vgl. ZELGER in: BALLWIESER/BEYER/ZELGER, 2005, S. 105
4
Vgl. KÜTING/WIRTH, Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS 3, 2004, S. 170;
ausführlich Abschnitt B.III.1d, S. 28-29
5
Vgl. KPMG, IFRS aktuell, 2004, S. 73
6
Vgl. IFRS 3.BC111 und IAS 38.BC82
7
Vgl. HOMMEL/BENKEL/WICH, IFRS 3 Business Combinations: Neue Unwägbarkeiten im Jahresabschluss,
2004, S. 1267

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836606288
DOI
10.3239/9783836606288
Dateigröße
871 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Nordakademie Hochschule der Wirtschaft in Elmshorn – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
goodwill impairment-test ifrs us-gaap impairment-only-approach
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Titel: Die Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts bei den Unternehmen des deutschen Aktienindex (DAX 30)
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