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Verführung zu Sozialem Lernen - Reife Organisationen erfolgreich neu positionieren

Kulturwandel als innovative Methode des Changemanagements

©2006 Masterarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Morgen geht gestern nicht weiter! Auch für reife Organisationen gilt es also sich zu verändern!
Als Inbegriff für reife und veränderungsresistente Organisationen galten von jeher schon staatstragende öffentliche Unternehmungen und Einrichtungen. Deren Manager wähnen sich nun, inmitten einer neuen Zeit der Schnelllebigkeit, des Umbruchs, der Mobilität und der Flexibilität, vor schier unlösbar scheinenden Herausforderungen. Die Widerstände gegen die ständig fortschreitenden Veränderungsprozesse im öffentlichen Bereich scheinen sich immanent zu verstärken.
Um die Erfolgschancen nachhaltiger Veränderungen auch für private Industriebetriebe zu demonstrieren eignet sich hervorragend das öffentliche Bildungswesen, als anschauliche Metapher für alle reifen Unternehmen. Manche Leser mögen staatliche Einrichtungen als worst-case-Bildnis oder auch als „Super-GAU“ von Veränderungsresistenz und Widerstand bezeichnen. Wie auch immer – wollen wir uns nun in der Folge vorerst darauf beschränken den öffentlichen Bildungsbereich als Metapher heranzuziehen und so Strukturen und Möglichkeiten reifer Organisationen vorbehaltlos und unkonventionell beleuchten.
Wie könnte das staatliche Bildungssystem – ein Soziales System, abgeschottet von seiner Außenwelt, mit einer Kultur genährt und getragen von der öffentlichen Hand – den tief greifenden Veränderungsbestrebungen erfolgreich begegnen?
Interessierten stellt sich die Frage nach geeigneten Methoden für eine nachhaltig wirksame Veränderungsarbeit. Was ist es, das sich an unseren öffentlichen Schulen als nachhaltig veränderungswürdig darstellt? Sind es die streng steil-hierarchischen Strukturen? Sind es lange Rückkopplungszeiten und mangelnde Partnerschaften zwischen Bildungsstätten und Wirtschaft? Sind es die Unfreiheiten der Lehrerschaft in der Wahl ihrer Fortbildungen? Sind es mangelnde Arbeitsmittel und veraltete Raumausstattungen für Lehrer und Schüler? Sind es die oftmals angeprangerten hohen Klassenschülerzahlen? Sind es der gelebte Frontalunterricht und fehlende Möglichkeiten für projektorientiertes Lernen?
All dies und noch vieles mehr eröffnet Chancen für strukturelle Veränderungen an öffentlichen Schulen. Wird die Umsetzung derartiger struktureller Veränderungen in der Realität an legistische, politische und budgetäre Grenzen stoßen? Oder sind es ausgebrannte Pädagogen und unmotivierte Schüler, deren Situation im Sozialen System Schule sich ebenso als nachhaltig veränderungswürdig […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Regina-Brigitta Ewald
Verführung zu Sozialem Lernen - Reife Organisationen erfolgreich neu positionieren
Kulturwandel als innovative Methode des Changemanagements
ISBN: 978-3-8366-0607-3
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. ARGE Bildungsmanagement Wien, Wien, Österreich, MA-Thesis / Master, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

5
KURZBESCHREIBUNG
Die wachsenden Herausforderungen der globalisierten Wirtschaft halten zunehmend
Einzug in das öffentliche Bildungswesen. Als mögliche Antwort auf drohende
Existenzängste und Identitätsverluste für Mensch und Organisation stellt die
Masterthesis einen umfassenden beraterischen Ansatz vor.
Die Autorin beleuchtet Veränderungsprozesse aus organisationskultureller Perspektive
und lädt Führungskräfte und Berater ein, den lernenden Menschen als Erfolgsfaktor in
die unternehmerische Neuorientierung einzubeziehen. In praxisbezogener Form wird
beschrieben wie Edgar Schein's Modell des transformierenden Lernens im Sozialen
System Schule erfolgreich eingesetzt werden kann.
Die Essenz der Thesis ist wirksam! Sie zeigt Wege, Akzeptanz für organisationale
Veränderungsprozesse zu schaffen und Widerstände und Ängste aufzulösen.
ABSTRACT
The growing challenges presented by the globalised economy are being felt increasingly
in the state education system. As a possible response to the rising threats of anxiety
about one's existence and loss of identity, the master thesis introduces a comprehensive
consultative approach.
The author takes a critical look at processes of change from the perspective of an
organisations's culture and invites executives and consultants to include learning
humans as a success factor in the reorientation of a business. In a practical sense the
thesis will show how Edgar Schein's model for transformational learning can be applied
successfully to the social system of schools.
The essence of the thesis is an effective one! It shows ways of gaining acceptance of
organisational processes of change and of overcoming opposition and anxiety.

6
INHALT
1.
VORWORT
9
2.
MORGEN GEHT GESTERN NICHT WEITER!
11
2.1.
Soziales Lernen ­ die Sozialpädagogische Sichtweise
12
2.2.
Soziale Kompetenz ­ eine Schlüsselqualifikation
13
im modernen Leben
2.3.
Emotionale Intelligenz ,,EQ" ­ die ,,Herzensbildung"
15
2.4.
Zusammenfassung
17
3.
DIE KULTUR IST DIE UNHÖRBARE MELODIE,
18
ZU DER DAS SYSTEM TANZT!
3.1.
Zur ersten Hypothese
18
3.1.1. Soziale Systeme mit schwach ausgeprägten Grenzen
19
3.1.2.
Soziale
Systeme
mit
durchlässigen
Grenzen
20
3.1.3. Soziale Systeme mit stark ausgeprägten Grenzen
21
3.1.4.
Phantasien
zum
Sozialen
System Schule und seinen Grenzen 22
3.1.5.
Folgerungen
zur
ersten
Hypothese
23
3.2.
Zur
zweiten
Hypothese
24
3.2.1.
Starre
und
Versteinerung
24
3.2.2. Folgerungen zur zweiten Hypothese
26
3.3.
Zur
dritten
Hypothese
26
3.3.1. Kulturelle Geheimnisse eines Sozialen Systems
27
3.3.1.1. Kulturanalyse, kulturelle Kräfte und
27
kulturelle Symbole
3.3.1.2. Heilige Kühe und Dinosaurier,
30
Gallische
Dörfer
und
Guerillakulturen
3.3.1.3.
Die Theorie der ,,Verborgenen Kultur"
31
oder: Der Geist des Hauses stimmt wieder!
3.3.2.
Folgerungen
zur
dritten
Hypothese
33
3.4.
Die Fragestellung und einladende Hinweise
33
3.5.
Zusammenfassung
35

7
4.
KULTURWANDEL IN GEWACHSENEN ORGANISATIONEN
36
4.1.
Edgar Schein's dreistufiges Transformationsmodell
37
4.1.1. Auflockerung, Überlebensangst und Schuldgefühle versus 37
Lernangst und psychologische Sicherheit
4.1.2.
Imitation und Identifikation versus
39
Scanning und Versuch und Irrtum
4.1.3.
Stabilisieren und Verfestigen ­ ,,Refreezing"
40
4.2.
Zusammenfassung
40
5.
DYNAMIK DER KULTUR REIFER ORGANISATIONEN
41
5.1.
Kulturveränderung in reifen Unternehmen
42
5.2.
Zusammenfassung
43
6.
MÖGLICHE BERATERISCHE ANSÄTZE FÜR EINEN
44
KULTURWANDEL
IM
ÖFFENTLICHEN BILDUNGSWESEN
6.1.
Transformation als Lösung aus der Erstarrung?
44
6.1.1.
Auflockerung, Überlebensangst und Schuldgefühle versus 45
Lernangst und psychologische Sicherheit
6.1.2.
Imitation und Identifikation versus
48
Scanning und Versuch und Irrtum
6.1.3.
Stabilisieren und Verfestigen ­ ,,Refreezing"
48
6.2.
Zusammenfassung
49
7.
DAS PILOTPROJEKT
SoKomm
AN EINER
51
WIENER ÖFFENTLICHEN LEHRERBILDUNGSANSTALT
7.1.
SoKomm
-Fragebogenerhebung
53
7.1.1. Ist-Zustand und Entwicklungspotential zum Fachbereich 54
Persönlichkeitsentwicklung, Soziale Kompetenz &
Kommunikation an den Stammschulen der Studienteilnehmer
7.1.2. Individuelle Vorerfahrungen zu Persönlichkeitsentwicklung, 55
Sozialer Kompetenz & Kommunikation der Studienteilnehmer
7.1.3. Ist-Zustand zum Fachbereich Persönlichkeitsentwicklung, 57
Soziale Kompetenz & Kommunikation
an der Wiener öffentlichen Lehrerbildungsanstalt,
an der die Studienteilnehmer inskribiert waren
7.1.4.
Wünsche, Erwartungen, Bedürfnisse und Möglichkeiten 58
für das Pilotprojekt
SoKomm

8
7.2.
Zusammenfassung
62
8. ZUSAMMENFASSENDE
DARSTELLUNG UND AUSBLICK
64
9.
QUELLENVERZEICHNIS
67
10.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
68
11.
ANHANG
69
Anhang 1:
Anonymisierter
SoKomm
-Fragebogen
Anhang 2:
Fotos und Flips zu den
SoKomm
-Schnupperworkshops

9
1. VORWORT
Die vorliegende Masterthesis beschäftigt sich mit Organisationskultur!
Sie ist meine Antwort auf zunehmende Verstrickungen und Changeprozesse einer neuen
globalisierten Welt, die in ihrem Sog das öffentliche Bildungssystem ebenso mit sich zu
reißen scheint, wie die mit ihm verbunden Menschen.
Immer wieder musste ich feststellen, dass sich organisationale
Veränderungsbestrebungen sehr oft in allgegenwärtig hochgelobten
Umstrukturierungen, Neubesetzungen des Topmanagements,
(Unternehmensmitarbeitern oft weitgehend unbekannten) Leitbildern und ähnlich kurz,
wenn überhaupt wirksamen ,,Kostensenkern" erschöpften. Wenn diese und die, darin
verwickelten Menschen und Unternehmen dann nicht mehr ,,funktionierten", wurden
eilig Berater und Organisationsentwickler herbeigerufen, um die hinterlassenen Wunden
zu versorgen. Berater sollten nun ausgegliederte oder soeben noch als unnütz
angesehene und amputierte Kostenstellen rückstandslos und unsichtbar wieder
,,zusammennähen". Dass derartig verletzte Systeme nur mit ersatzprothetischer
Versorgung wieder zum Laufen gebracht werden konnten, liegt auf der Hand.
Wie Sie, sehr geehrter Leser, wahrscheinlich schon erahnen habe ich in meinem
Quellberuf mit Menschen und mit Heilung zu tun. Nun, ,,heilen" werde ich als
Beraterin, Supervisorin, Coach und Organisationsentwicklerin wohl nicht, jedenfalls
nicht immer können, ebenso wie Ärzte nicht immer heilen können. Als Beraterin werde
ich jedoch immer wieder meine Wahrnehmung und mein Profil schärfen ­ dahingehend,
dass ich Klienten Chancen und Wege aufzeigen möchte, die es ihnen ermöglichen sich
selbst zu heilen. Dies sehe ich als meinen beraterischen Auftrag.
Mein wissenschaftlich-theoretischer Zugang zum Thema dieser Masterthesis ergab sich
aus meiner praktischen Arbeit mit Pädagogen, mit ihren Anliegen und Zweifeln und mit
ihrer Kritik am Sozialen System Schule. Aus dem Pilotprojekt
SoKomm
an einer
Wiener öffentlichen Lehrerbildungsanstalt, das im empirischen Teil dieser Arbeit

10
ausschnittweise beschrieben wird, schöpfte ich die Inspiration zu einer erweiterten
organisationskulturellen Perspektive. Besonders faszinierte mich die Tatsache endlich
ein Instrument entdeckt zu haben, das den zeitgeistigen Forderungen nach
Kostenreduktion ebenso entspricht wie den existenziellen Bedürfnissen der betroffenen
Menschen. Die Arbeit mit Organisationskultur kommt meinem persönlichen Wunsch
nach aufrichtigem und wertschätzendem Umgang zwischen Unternehmensmanagement
und Mitarbeitern entgegen und ist dazu auch noch geeignet Shareholder-Forderungen zu
befriedigen.
Wie das funktionieren soll?
Und wie das im Sozialen System Schule möglich sein soll?
Nun ­ Ansätze, Ideen und Hinweise dazu können Sie, sehr geehrter Leser, in der
vorliegenden Masterthesis erfahren. Weiterführende Literaturhinweise und, mit Ihrem
Berater gemeinsam maßgeschneiderte Entwicklungsmaßnahmen werden Sie und die
Veränderungsbestrebungen Ihrer Organisation konkret, individuell, lösungsorientiert
und effizient unterstützen und begleiten.
Möge mein Bemühen und Werken an dieser Masterthesis
ein Mosaiksteinchen sein,
das dazu beiträgt das Bild unserer wunderbaren Welt weiter zu entwickeln.
Dr. Regina B. EWALD

11
2. MORGEN
GEHT
GESTERN NICHT WEITER!
Auch für Schulen gilt es also sich zu verändern!
Immer schon standen Schulen im Kreuzfeuer vielschichtiger Kritik, und immer schon
waren Schulen gezwungen auf offene Herausforderungen zu reagieren. Inmitten einer
neuen Zeit der Schnelllebigkeit, des Umbruchs, der Mobilität und der Flexibilität
scheinen sich nun die Widerstände gegen die ständig fortschreitenden
Veränderungsprozesse im Sozialen System Schule zu verstärken.
Wie kann nun das öffentliche Bildungssystem ­ ein Soziales System, abgeschottet von
seiner Außenwelt, mit einer Kultur genährt und getragen von der öffentlichen Hand ­
den tiefgreifenden Veränderungsbestrebungen erfolgreich begegnen?
Interessierten stellte sich die Frage nach geeigneten Methoden für eine nachhaltig
wirksame Veränderungsarbeit.
Was ist es also, das sich an unseren öffentlichen Schulen als nachhaltig
veränderungswürdig darstellt?
Sind es die streng steil-hierarchischen Strukturen?
Sind es lange Rückkopplungszeiten und mangelnde Partnerschaften zwischen
Bildungsstätten und Wirtschaft?
Sind es die Unfreiheiten der Lehrerschaft in der Wahl ihrer Fortbildungen?
Sind es mangelnde Arbeitsmittel und veraltete Raumausstattungen für Lehrer und
Schüler?
Sind es die oftmals angeprangerten hohen Klassenschülerzahlen?
Sind es der gelebte Frontalunterricht und fehlende Möglichkeiten für projektorientiertes
Lernen?
All dies und noch vieles mehr eröffnet Chancen für strukturelle Veränderungen an
öffentlichen Schulen.

12
Wird die Umsetzung derartiger struktureller Veränderungen in der Realität an
legistische, politische und budgetäre Grenzen stoßen?
Oder sind es ausgebrannte Pädagogen und unmotivierte Schüler, deren Situation im
Sozialen System Schule sich ebenso als nachhaltig veränderungswürdig darstellt wie die
genannten strukturellen Herausforderungen?
Für systemische Berater und Organisationsentwickler bietet sich insgesamt betrachtet
die Arbeit am Umgang mit den vorhandenen strukturellen Gegebenheiten, die Arbeit an
der Organisationskultur und die Arbeit an den zwischenmenschlichen Beziehungen
innerhalb des Sozialen Systems Schule an.
Der Autorin erschien die Implementierung von Sozialem Lernen an Wiener
Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen eine geeignete Möglichkeit auf die
Herausforderungen und wachsenden Widerstände im Sozialen System Schule zu
reagieren.
Was bedeutet nun Soziales Lernen, und was ist damit letztlich untrennbar verbunden?
2.1. Soziales Lernen ­ die Sozialpädagogische Sichtweise
Der Begriff des Sozialen Lernens stellt in der Sozialpädagogik eine moderne Form der
Erziehung und des Erwerbs Sozialer Kompetenzen dar. Das Soziale Lernen kann sich so
gut wie ausschließlich in einer sozialen Gruppe vollziehen, in der die Mechanismen der
Gruppendynamik greifen.
In der Sozialpädagogik wird Soziales Lernen als eine Möglichkeit zur Überwindung
hierarchischen, linear behavioristischen Lernens verstanden und soll somit bei der
individuellen demokratiebewussten Entwicklung und auch zur Gestaltung der
Gesellschaft beitragen. Dabei wird vor allem auf die Ausprägung von Ethik und
Zivilcourage Wert gelegt. Konkret wird beim Sozialen Lernen die Entwicklung der

13
eigenen emotionalen als auch praktischen Kompetenzen und die Eigenwahrnehmung
gefördert, ebenso wie die Akzeptanz des Anderen mit dessen individuellen
Kompetenzen und Grenzen.
Soziales Lernen ist ein lebensbegleitender Lernprozess, dessen flexible Gestaltung das
Reagieren auf veränderte Rahmenbedingungen ermöglicht. Soziales Lernen ist eine
Grundeinstellung, die frühzeitig gefördert eine Bereicherung für das Individuum und die
gesamte Gesellschaft bedeutet.
Soziales Lernen an Schulen kann also nicht durch einzelne willige Pädagogen realisiert
werden. Vielmehr muss Soziales Lernen Schritt für Schritt gezielt und konsequent vom
Sozialen System gewollt und umgesetzt werden.
2.2.
Soziale Kompetenz ­ eine Schlüsselqualifikation
im modernen Leben
Kaum eine Stellenausschreibung für das mittlere oder Top-Management wird heute
ohne den häufig synonym verwendeten Begriff der ,,Soft Skills" auskommen. Diese Art
der zwischenmenschlich-gesellschaftlich-moralischen Kompetenz beschreibt die
Fähigkeit Teamgeist und Motivation in die Zusammenarbeit mit Anderen, also
Kollegen, Mitarbeitern, Vorgesetzten und Kunden einzubringen und für gemeinsame
Ziele zu nützen. Darüber hinaus bezeichnet der Begriff der Sozialen Kompetenz die
Gesamtheit der Fertigkeiten, die für die erfolgreiche soziale Interaktion im beruflichen
und privaten Kontext nützlich oder notwendig sind.
Im Allgemeinen können zur Sozialen Kompetenz folgende Kenntnisse und Fähigkeiten
gezählt werden:

14
In der Eigenwahrnehmung:
Selbstachtung
Selbstbewusstheit
Selbstdisziplin
Selbstmotivation
Selbststeuerung
Im Umgang mit Anderen:
Empathie, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen
Menschenkenntnis, Wahrnehmungsbereitschaft
Kritikfähigkeit
Toleranz
Sprachkompetenz
In Bezug auf Zusammenarbeit:
Teamfähigkeit, Kooperationsbereitschaft
Konfliktfähigkeit
Kommunikationsfähigkeit
Vertrauenswürdigkeit
Planvolles Handeln
Im Hinblick auf Führungsqualitäten:
Verantwortungsbewusstsein
Durchsetzungsvermögen
Flexibilität
Konsequenz
Vorbildfunktion
Innovationsfreude, Engagement
Musische Fähigkeiten

15
In Schulen ist der Erwerb Sozialer Kompetenz prinzipiell den allgemeinen
Bildungszielen zuzuzählen. Noch immer jedoch ist der Begriff der Sozialen Kompetenz
in weiten Kreisen des österreichischen Schulsystems unbekannt, und der Weg zur
Umsetzung und Erreichung dieses allgemeinen Bildungszieles bleibt oftmals
unbeschritten.
2.3.
Emotionale Intelligenz ,,EQ" ­ die ,,Herzensbildung"
Von Johann Wolfgang von Goethe bis zum gegenwärtigen Stand des
psychologischen Konzeptes
Im Zusammenhang mit Sozialem Lernen und Sozialer Kompetenz wird häufig auch der
zeitgeistige Begriff der Emotionalen Intelligenz verwendet. Emotionale Intelligenz
wurde erstmalig 1990 durch die amerikanischen Psychologen Peter Salovey und John
D. Mayer beschrieben und ist demnach ein Sammelbegriff für
Persönlichkeitseigenschaften und Fähigkeiten, die den Umgang mit eigenen und
fremden Gefühlen betreffen. (Salovey, Mayer, 1990)
Die oft benützte Abkürzung ,,EQ" ist missverständlich, denn ebenso wie beim ,,IQ"
handelt es sich nicht um einen Quotienten. ,,EQ" kann einfach auch für ,,Emotionale
Qualität" stehen.
Der Begriff der Emotionalen Intelligenz wurde durch den amerikanischen Psychologen
Daniel Goleman stark erweitert und populär. Goleman stellte in rund dreihundert
Untersuchungen fest, dass Firmen, die stark auf emotional intelligente Mitarbeiter
setzen ein höheres Betriebsergebnis erzielen.
Goleman sieht Emotionale Intelligenz als eine übergeordnete Fähigkeit, von der es
abhängt, wie gut Menschen ihre sonstigen Fähigkeiten, darunter auch ihren Verstand, zu
nutzen verstehen. (Goleman, 1996).

16
Nach Goleman setzt sich Emotionale Intelligenz aus fünf, überwiegend positiv
besetzten Teilkonstrukten zusammen:
Selbstbewusstheit ­ die Fähigkeit eines Menschen, seine Stimmungen, Gefühle
und Bedürfnisse zu akzeptieren und zu verstehen, und die Fähigkeit, deren
Wirkung auf Andere einzuschätzen
Selbstmotivation ­ die Begeisterungsfähigkeit für die Arbeit und die Fähigkeit
sich selbst unabhängig von finanziellen Anreizen oder Status anfeuern zu
können
Selbststeuerung ­ die Fähigkeit in Bezug auf Zeit und Ressourcen planvoll zu
handeln
Soziale Kompetenz ­ die Fähigkeit Kontakte zu knüpfen und tragfähige
Beziehungen aufzubauen sowie nachhaltiges Beziehungsmanagement und
Netzwerkpflege zu leben
Empathie ­ die Fähigkeit emotionale Befindlichkeiten anderer Menschen zu
verstehen und angemessen darauf zu reagieren
(Goleman, 1996)
Nicht das bloße Vorhandensein von Gefühlen, Emotionen, Stimmungen und Affekten,
sondern vielmehr der bewusste und adäquate Umgang mit ihnen machen eine hohe
Emotionale Intelligenz aus. (Goleman, 1996)
Nach Goleman's Definition handelt es sich bei Emotionaler Intelligenz um ,,die
Fähigkeit, unsere eigenen Gefühle und die Anderer zu erkennen, uns selbst zu
motivieren und gut mit Emotionen in uns selbst und in unseren Beziehungen
umzugehen". (Goleman, Kaufmann & Ray, 1999, S. 387) Doch was heißt eigentlich
,,gut" mit Emotionen umgehen?
Kritik am Konzept der Emotionalen Intelligenz wurde unter anderem auch vom
deutschen Wissenschaftsjournalisten Rolf Degen geäußert. Demnach hätte Goleman
Salovey's und Mayer's ursprünglichen Begriff der Emotionalen Intelligenz

17
ausschließlich um sozial erwünschte Persönlichkeitsmerkmale erweitert, und bei
Goleman's Emotionaler Intelligenz handle es sich um ,,Wunschdenken, Gefühlsduselei
und Geschäftemacherei statt stichhaltigem Konzept". (Degen, 2000)
Peter Schmidt sieht Goleman's Definitionen von Emotionaler Intelligenz als
Wertbegriff mit dem Ziel Emotionale Intelligenz als ein möglichst hohes Maß an
positiven Gefühlen und Vermeidung negativen Fühlens innerhalb des emotionalen
Systems zu definieren. (Schmidt, 2001)
Johann Wolfgang von Goethe beschrieb Menschlichkeit, Takt, Höflichkeit und
Selbsterkenntnis seinerzeit schlichtweg als ,,Herzensbildung".
2.4.
Zusammenfassung
Infolge neuer wirtschaftlicher Anforderungen und wachsenden Leistungsdrucks ist das
öffentliche Schulwesen stärker als bisher gezwungen auf die stetigen
Veränderungsprozesse flexibel und effizient zu reagieren. Strukturelle Neuerungen
können im Kontext eines komplexen Entwicklungskonzeptes wirksam werden, in das
auch die Mitglieder des Sozialen Systems Schule ebenso wie organisationskulturelle
Aspekte wesentlich einzubeziehen sind.
Soziales Lernen, Soziale Kompetenz und Emotionale Intelligenz gehen miteinander
Hand in Hand. Die Implementierung dieser Soft Skills im Sozialen System Schule
erscheinen der Autorin geeignet der geforderten Neuorientierung auch im
zwischenmenschlichen Bereich erfolgreich zu begegnen.

18
3.
DIE KULTUR IST DIE UNHÖRBARE MELODIE,
ZU DER DAS SYSTEM TANZT!
Phantasien und Hypothesen sind bekanntlich Realitätskonstruktionen und als solche zu
hinterfragen und schließlich zu verifizieren oder zu falsifizieren. Hypothesen
ermöglichen so eine Perspektivenerweiterung mit den Möglichkeiten der
Rekonstruktion von Sichtweisen und Veränderung.
Schon zu Beginn des vorhergehenden Kapitels stellte die Autorin ihre erste Hypothese
vor, dass es sich beim öffentlichen Schulwesen um ein Soziales System mit dichten
Grenzen zur Außenwelt und einer nährenden, paternalistischen Innenwelt handelt.
Als weitere Hypothese stellt die Autorin in den Raum, dass sich das Soziale System
Schule hochgradig veränderungsresistent darstellt und es spezieller Reize und Antriebe
für Veränderungshandlungen bedarf.
Die dritte Hypothese der Verfasserin beschreibt den Widerspruch der streng
hierarchischen Struktur des Sozialen Systems Schule zur zugestanden, weitgehenden,
individuellen Lehrfreiheit der Pädagogen. Das Leben dieser Autonomie jedes einzelnen
Lehrenden benennt die Autorin als ,,Verborgene Kultur" im Inneren der ,,offiziellen
Organisationskultur".
3.1.
Zur ersten Hypothese
Beim Sozialen System Schule handelt es sich um ein Soziales System mit dichten
Grenzen zur Außenwelt und einer paternalistischen Innenwelt.
Soziale Systeme zeichnen sich unter anderem durch ihre mehr oder weniger
ausgeprägten Grenzen zwischen ihrer Innenwelt und der Außenwelt aus.

19
3.1.1.
Soziale Systeme mit schwach ausgeprägten Grenzen
Abb. 1: Soziales System mit schwach ausgeprägten Grenzen
Derartige Soziale Systeme stellen beraterische Herausforderungen dar, und zwar
insofern, als sich das Beratungssystem infolge der verschwommen Grenzen oft als
völlig unklar präsentiert.
Schon bei der Auftragsklärung bleibt unklar, wer genau überhaupt in welchem Bereich
beraten werden soll. Zugehörigkeiten und Zuständigkeiten wirken diffus oder nicht
existent, und dementsprechend sind Ziele nur schwer vereinbar. Konkrete
Ansprechpartner sind mangels Struktur nicht vorhanden, und alle Mitglieder dieses
Sozialen Systems können Einfluss nehmen und Macht ausüben.
Auf Grund ihrer Verschwommenheiten und der systemimmanenten Unklarheiten sind
derartige Systeme hochgradig instabil. Als Beispiele können hier basisdemokratische
Vereinigungen und Gemeinschaften, Selbsthilfegruppen, Bürgerinitiativen aber auch
unprofessionell geführte Unternehmensprojekte genannt werden.
Innenwelt
des
Sozialen
Systems

20
3.1.2.
Soziale Systeme mit durchlässigen Grenzen
Abb. 2: Soziales System mit durchlässigen Grenzen
In diesen Systemen wird externe Beratung als willkommene Bereicherung
angenommen. Sie präsentieren sich als veränderungsbereit und neuen Entwicklungen
gegenüber aufgeschlossen.
Die Permeabilität der Grenzen erlaubt einen gezielten Austausch des Sozialen Systems
mit der umgebenden Außenwelt. Zugehörigkeiten und Zuständigkeiten sind in
Aufgabenbereich und Zeitrahmen klar ausgesprochen, gelten jedoch nicht unumstößlich
oder auf Lebenszeit. Ziele sind klar definiert. Flexibilität, rasche Reaktionsfähigkeit und
hohe Entwicklungsbereitschaft zeichnen Systeme mit durchlässigen Grenzen zwischen
ihrer Innenwelt und der Außenwelt aus.
Systeme mit, in beiden Richtungen permeablen Grenzen sind in der Lage zu lernen,
können also ,,Lernende Organisationen" sein. Hier lernt die Organisation unabhängig
vom Lernen ihrer Mitglieder. (Argyris, Schön, 2002)
Innenwelt
des
Sozialen
Systems

21
3.1.3.
Soziale Systeme mit stark ausgeprägten Grenzen
Abb. 3: Soziales System mit stark ausgeprägten Grenzen
Soziale Systeme mit stark ausgeprägten Grenzen gelten in der Beraterwelt gemeinhin
als ,,schwierig beratbar", denn externe Berater werden als ,,nicht zugehörige
Nichtwissende" betrachtet. Externe Berater werden als Experten nicht anerkannt, und
die Notwendigkeit von Außenperspektive wird ignoriert. Nichtmitglieder dieses
Sozialen Systems gelten aus ,,Außenfeinde".
Die Zugehörigkeit zum System wird nach außen durch umfangreiche, teils
intransparente Aufnahmerituale, hohe Bewertung von zahlreichen
,,Dienstgeheimnissen", spezielle Dienstausweise, elektronische Zugangskontrollen,
Uniformen oder ähnliche Symbole repräsentiert. Zuständigkeiten und Dienstränge
innerhalb der strengen Hierarchie werden durch spezielle Abzeichen, an der sonst
uniformen Dienstkleidung oder durch Statussymbole wie Größe und Ausstattung von
Dienstzimmern, Dienstautos oder der Besitz von Diensthandys mit je nach Rang
unterschiedlich gewährten Funktionen dargestellt.
Zu den Sozialen Systemen mit stark ausgeprägten Grenzen zur Außenwelt können vor
allem militärische Organisationen, öffentliche Krankenhäuser, das öffentliche Bildungs-
und Schulwesen, Berufsverbände und Kammern, Studentenverbindungen, religiöse
Gemeinschaften und Sekten zählen.
Innenwelt
des
Sozialen
Systems

22
Die dichten Grenzen dieser Sozialen Systeme lassen Impulse von außen kaum zu und
führen zu hoher Entwicklungsresistenz.
3.1.4.
Phantasien zum Sozialen System Schule und seinen Grenzen
Aus den vorangegangen Ausführungen und kulturanalytischen Beobachtungen lässt sich
die Bestätigung ableiten, dass das Soziale System des öffentlichen Bildungs- und
Schulwesens dichte Grenzen zu seiner Außenwelt unterhält. Schulen demonstrieren ihre
Abgegrenztheit unter anderem durch folgende Bedingungen:
Strenge und ritualisierte Aufnahmebedingungen für Neulehrer oder
Quereinsteiger
Unumgängliche Vorschriften hinsichtlich hierarchischer Dienstwege und
Strukturen
Strikte Formalisierung und Bürokratisierung
Hohe Bewertung des ,,Konferenzgeheimnisses"
Schulspezifisch angefertigte Lehrerausweise und Schülerausweise
Zutrittskontrollen durch wachsame Schulwarte und teils versperrte
Unterrichtsräumlichkeiten, Veranstaltungsräume, Konferenzräume,
,,Noteneintragungsräume", Lagerräume, Labor- und Werkstättenräume
Individuelle Räumlichkeiten mit höherwertigen Ausstattungen und PCs für
Abteilungsvorstände und Schuldirektoren, während operativ tätige Lehrer mit
kleinen Lehrerzimmern zur gemeinsamen Benützung und mit teils veralteten
Gerätschaften das Auslangen finden
Hausinterne Funktelefone ausschließlich für Lehrer in Führungspositionen
Betreffend seiner paternalistischen Innenwelt ließ sich ebenfalls herausarbeiten, dass
das Soziale System Schule trotz deutlicher Ranghierarchien auf alle seine Mitglieder
achtet:

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836606073
DOI
10.3239/9783836606073
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
ARGE Bildungsmanagement Wien – Supervision, Coaching & Organisationsentwicklung (OE)
Erscheinungsdatum
2007 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
organisationsentwicklung veränderungsprozesse kulturanalyse sozialkompetenz bildungswesen
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