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Controlling-Instrumente in Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs unter besonderer Berücksichtigung des Linienerfolgscontrollings

©2005 Diplomarbeit 68 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Seit Mitte der 1990er Jahre bildete sich ein Trend heraus Aufgaben der Daseinsvorsorge wie z.B. die Versorgung mit Strom, Wasser, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen und letztlich auch Verkehrsdienstleistungen aus der öffentlichen Trägerschaft zu privaten Aufgabenträgern zu überführen.
Grund hierfür waren verschiedene Zwänge, die sich aus der Harmonisierung von Rechtsnormen in der Europäischen Union (EU) ergeben haben. Dadurch sahen sich Unternehmen, die sich über lange Jahre hinweg in der relativen Sicherheit der kommunalen oder staatlichen Trägerschaft bewegt haben, gänzlich neuen Anforderungen gegenüber.
Zum einen fürchteten Kunden und teilweise auch die Politik, dass die nunmehr privatisierten Unternehmen die Versorgungsaufgaben aufgrund von wirtschaftlichen Zwängen nicht mehr im gewohnten Umfang wahrnehmen würden. Zum anderen drängten vielerorts die politischen Gremien darauf eine zumindest teilweise Privatisierung ihrer Stadtwerke oder Verkehrsbetriebe möglichst zeitnah herbei zu führen. Durch den Verkaufserlös versprachen Sie sich liquide Mittel zu erhalten. Zudem wollten sie die sich aus der neuen Wettbewerbssituation ergebenden Risiken auf mehrere Schultern verteilen. Die kommunalen Verwaltungen sahen sich außerdem oft nicht in der Lage diese anspruchsvolle Herausforderung selbst anzunehmen
Der sich aus der Liberalisierung der Märkte ergebende Wettbewerb stellte neben aufkommenden internen, organisatorischen Veränderungen die größte Herausforderung für die betroffenen Unternehmen dar. Der Umbau der Betriebe vom Monopolisten hin zu einem wettbewerbsfähigen Versorger gestaltete sich daher oft schwierig.
Während sich der Energiemarkt bereits zu einem liberalen Gebilde mit polypolistischer Anbieterstruktur entwickelt hat, steht dieser Umbruch in anderen Sektoren der öffentlichen Versorgung noch bevor.
Ein Beispiel hierfür ist der Verkehrsmarkt, auf dem bisher, egal ob im Nah- oder Fernverkehr, fast ausschließlich Monopolisten auftraten. Sukzessive entwickelt sich aber auch hier eine Tendenz zur Privatisierung und zu mehr Wettbewerb heraus.
Zwangsläufig muss man deshalb fragen welche Werkzeuge den betroffenen Betrieben zur Bewältigung dieser Veränderungen zur Verfügung stehen und wie ein langfristiges Überleben ehemals kommunaler Betriebe auf einem offenen Markt gesichert werden kann.
Am Beispiel des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) möchte ich in dieser Arbeit aufzeigen, welche Instrumente das […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Matthias Ott
Controlling-Instrumente in Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs unter
besonderer Berücksichtigung des Linienerfolgscontrollings
ISBN: 978-3-8366-0599-1
Druck: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Wiesbaden e.V., Wiesbaden, Deutschland,
Diplomarbeit, 2005
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

1
I Inhalt
I Inhalt... 1
II Abbildungsverzeichnis ... 3
III Tabellenverzeichnis ... 5
IV Formelverzeichnis... 7
V Abkürzungsverzeichnis... 9
1. Einleitung ... 11
2. Struktur des ÖPNV ... 15
2.1 Rahmenbedingungen des ÖPNV... 15
2.2 Vergabeverfahren im ÖPNV ... 18
2.3 Wettbewerb und Deregulierung ... 19
2.4 Probleme kommunaler Unternehmen im Wettbewerb ... 22
3. Anwendungsfelder des Controlling im ÖPNV... 25
3.1 Controllingbegriff... 25
3.2 Spezielle Probleme des Controlling in ÖPNV-Unternehmen . 27
3.3 EDV-Unterstützung im Controlling ... 29
4. Kostenmanagement ... 31
4.1 Definition und Anwendungsfelder des Kostenmanagement... 31
4.2 Einflussgrößen auf die Kosten eines ÖPNV-Unternehmens.. 33
4.3 Allgemeine Maßnahmen zur Kostenreduktion ... 36
4.4 Budgetierung... 38
4.5 Target-Costing ... 42
5. Linienerfolgscontrolling ... 47
5.1 Bedeutung des Linienerfolgscontrolling ... 47
5.2 Ermittlung der Linienkosten... 49
5.3 Ermittlung der Linienerlöse ... 52
5.3.1 Feststellung der Gesamterlöse... 52
5.3.2 Nachfragedaten und Tarifanalyse ... 53
5.3.3 Grund- und Arbeitserlösanteil... 55
5.3.4 Verknüpfung von Durchschnittserlösen und
Leistungsdaten ... 56
5.3.5 Probleme bei der Linienerlösrechnung ... 57
5.4 Ermittlung des Linienerfolgs... 58
5.5 Bewertung der Ergebnisse... 60

2
6. Berichtswesen ... 63
6.1 Anwendungsfelder des Berichtswesen im ÖPNV ... 63
6.2 Berichte aus der Linienerfolgsrechnung... 65
7. Fazit ... 69
Literaturverzeichnis ... 71

3
II Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Leistungsangebot des Rhein-Main-
Verkehrsverbundes, Quelle www.rmv.de ... 15
Abbildung 2 Delegations-System im ÖPNV, Quelle: eigene
Darstellung ... 16
Abbildung 3 Kosten für verschiedene Unternehmensgruppen und
Bedienungsgebiete in Sachsen-Anhalt,
vgl. WVI GmbH 2003... 23
Abbildung 4 Module von SAP R/3, Quelle:
http://www.fxis.co.jp/solution/
business/erp/solution/bmi/image/figure_sap_r3.gif, Stand
05.05.05 ... 29
Abbildung 5 Aspekte des Kostenmanagement,
Quelle: Ziegenbein (2004), S. 237... 31
Abbildung 6 Berechnung des Cash-flow (für Planungszwecke),
vgl. Ziegenbein (2004), S. 99 ... 32
Abbildung 7 Beispiel: Instandhaltungskosten für einen Bus,
vgl. Papistella/Peters (1999), S. 37 ... 34
Abbildung 8 Beispiel: Gleisinstandhaltung, vgl. Papistella/Peters
(1999), S. 37... 35
Abbildung 9 Beziehung der Einzelbudgets, Quelle: Ziegenbein
(2004), S. 447... 39
Abbildung 10 Zielkostenfindung über das Konzept ,,Market into
Company", Quelle: Buggert et al. (1993)
in Bergmann (2003), S. 377 ... 43
Abbildung 11 Berücksichtigung unsicherer Funktionsnutzen,
Quelle: Ziegenbein (2004), S. 243... 44
Abbildung 12 Bedeutung der Linienerfolgsrechnung im
betrieblichen Leistungserstellungsprozess, vgl. Bäse (2003)... 48
Abbildung 13 Linienbelastung der Linie 377 Beziehungen;
Quelle: Reich (1995) ... 54
Abbildung 14 Ermittlung von Grund- und Arbeitserlösanteil,
Quelle: eigene Darstellung ... 55
Abbildung 15 Fahrgäste und Erlöse im Linienverkehr der
ESWE Verkehrsgesellschaft mbH, Quelle: http://www.eswe-
verkehr.de/index.php?page=152, Stand 05.05.05... 55
Abbildung 16 Berichts- und Informationssysteme,
vgl. Ziegenbein (2004) S. 510 ... 64
Abbildung 17 Gegenüberstellung von Kosten/Erlösen einzelner
Linien, Quelle: eigene Darstellung ... 66

5
III Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Aufteilung der Teil-Budgets auf die betrieblichen
Funktionsbereiche, Quelle: eigene Darstellung ... 40
Tabelle 2 Mögliche Verrechnungsschlüssel der Kostenarten im
ÖPNV, vgl. Papistella/Peters 1999 (S. 84) ... 51
Tabelle 3 Verteilung von Kosten auf einzelne Linien, vgl.
Knieps/Sieburg-Gräff (1998), S. 19 ... 51
Tabelle 4 Verteilung der Erlöse auf die Einzelnen Linien, vgl.
Papistella/Peters (1999), S. 20... 57
Tabelle 5 Beispiel: Linienerfolg Straßenbahn (in TDM), Quelle:
Papistella/Peters (1999) ... 59
Tabelle 6 Gesamterfolg der einzelnen Linien, Quelle:
Papistella/Peters (1999), S. 20... 60
Tabelle 7 Veränderung des Gesamterfolges bei Verzicht auf
einzelne Linien, Quelle: eigene Darstellung ... 61

7
IV Formelverzeichnis
Formel 1 Return of Investment ... 37
Formel 2 Errechnung der Plankosten ... 41
Formel 3 Berechnung der Platzkilometer ... 49
Formel 4 Fahrgeldeinnahmen, Quelle: Verband der
Verkehrsunternehmen (2001), S. 12 ... 53
Formel 5 Ermittlung des Linienerlöses ... 56
Formel 6 Einfache Deckungsbeitragsrechung... 59

9
V Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
BAT
Bundesangestellten-Tarifvertrag
DB
Deckungsbeitrag
DG
Deckungsgrad
EAV
Einnahmeaufteilungsverfahren
EDV
Elektronische
Datenverarbeitung
EU
Europäische
Union
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GOM
Gelenkomnibus
LHO
Lohntarifvertrag
hessischer Omnibusunternehmen
LNG
Lokale
Nahverkehrs-Gesellschaft
KLR
Kosten- und Leistungsrechnung
km
Kilometer
KOM
Kraftomnibus
OLAP
On-Line-Analytical-Processing
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
PBefG Personenbeförderungsgesetz
RMV
Rhein-Main-Verkehrsverbund
ROI
Return Of Investment
Plkm
Platzkilometer
SGB
Sozialgesetzbuch
VDV
Verband der Verkehrsunternehmen
VU
Verkehrsunternehmen

11
1. Einleitung
Seit Mitte der 1990er Jahre bildete sich ein Trend heraus Aufgaben
der Daseinsvorsorge wie z.B. die Versorgung mit Strom, Wasser,
Gas, Telekommunikationsdienstleistungen und letztlich auch Ver-
kehrsdienstleistungen aus der öffentlichen Trägerschaft zu privaten
Aufgabenträgern zu überführen.
Grund hierfür waren verschiedene Zwänge, die sich aus der Harmo-
nisierung von Rechtsnormen in der Europäischen Union (EU) erge-
ben haben. Dadurch sahen sich Unternehmen, die sich über lange
Jahre hinweg in der relativen Sicherheit der kommunalen oder staat-
lichen Trägerschaft bewegt haben, gänzlich neuen Anforderungen
gegenüber.
Zum einen fürchteten Kunden und teilweise auch die Politik, dass die
nunmehr privatisierten Unternehmen die Versorgungsaufgaben
aufgrund von wirtschaftlichen Zwängen nicht mehr im gewohnten
Umfang wahrnehmen würden. Zum anderen drängten vielerorts die
politischen Gremien darauf eine zumindest teilweise Privatisierung
ihrer Stadtwerke oder Verkehrsbetriebe möglichst zeitnah herbei zu
führen. Durch den Verkaufserlös versprachen Sie sich liquide Mittel
zu erhalten. Zudem wollten sie die sich aus der neuen Wettbewerbs-
situation ergebenden Risiken auf mehrere Schultern verteilen. Die
kommunalen Verwaltungen sahen sich außerdem oft nicht in der
Lage diese anspruchsvolle Herausforderung selbst anzunehmen.
Der sich aus der Liberalisierung der Märkte ergebende Wettbewerb
stellte neben aufkommenden internen, organisatorischen Verände-
rungen die größte Herausforderung für die betroffenen Unternehmen
dar. Der Umbau der Betriebe vom Monopolisten hin zu einem wett-
bewerbsfähigen Versorger gestaltete sich daher oft schwierig.

12
Während sich der Energiemarkt bereits zu einem liberalen Gebilde
mit polypolistischer Anbieterstruktur entwickelt hat, steht dieser
Umbruch in anderen Sektoren der öffentlichen Versorgung noch
bevor.
Ein Beispiel hierfür ist der Verkehrsmarkt, auf dem bisher, egal ob im
Nah- oder Fernverkehr, fast ausschließlich Monopolisten auftraten.
Sukzessive entwickelt sich aber auch hier eine Tendenz zur Privati-
sierung und zu mehr Wettbewerb heraus.
Zwangsläufig muss man deshalb fragen welche Werkzeuge den
betroffenen Betrieben zur Bewältigung dieser Veränderungen zur
Verfügung stehen und wie ein langfristiges Überleben ehemals
kommunaler Betriebe auf einem offenen Markt gesichert werden
kann.
Am Beispiel des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) möchte
ich in dieser Arbeit aufzeigen, welche Instrumente das Controlling
hierfür zur Verfügung stellt und wie diese auf die Verkehrsunterneh-
men angewendet werden können.
Dazu werde ich zunächst die Struktur des derzeitigen ÖPNV-Marktes
beschreiben, die spezielle rechtliche und organisatorische Rahmen-
bedingungen für betriebswirtschaftliche Entscheidungen vorgibt.
Nach einer allgemeinen Betrachtung der möglichen Anwendungsfel-
der für das Controlling in den ÖPNV-Unternehmen werde ich einzel-
ne, besonders bedeutsame Gebiete heraus greifen und näher erläu-
tern.
So wird auf das Kostenmanagement eingegangen werden. Hier
herrschen, bedingt durch die Monopolstellung der Unternehmen,
derzeit wohl die meisten Defizite.

13
Besondere Berücksichtigung wird in dieser Arbeit das so genannte
Linienerfolgscontrolling finden, da die Linie als zentrales Produkt
eines Verkehrsunternehmens langfristig das Element sein wird,
welchem unter den Gesichtspunkten von Potentialen und Risiken die
höchste Aufmerksamkeit zu kommen muss.
Zuletzt soll ein allgemeiner Überblick über das Anwendungsfeld
Berichtswesen gegeben werden, denn letztlich ist die Darstellung der
gewonnenen Erkenntnisse aller Bereiche und deren ziel- und zeitge-
rechte Bereitstellung ein sehr zentrales Element des Controllings.
Ich werde dem Leser aufzeigen dass mittels moderner betriebswirt-
schaftlicher Systeme auch über viele Jahre eingefahrene Strukturen
zu funktionsfähigen und effektiven Elementen in einem liberalen
Markt überführt werden können.

15
2. Struktur des ÖPNV
2.1 Rahmenbedingungen des ÖPNV
Der Öffentliche Personennahverkehr umfasst die allgemein zugängli-
che Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr
bei der in der Mehrzahl der Beförderungsfälle die gesamte Reisewei-
te 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht über-
steigt. Er ist ein Element der Daseinsvorsorge.
1
Der Öffentliche Personennahverkehr umfasst Straßen- und Schie-
nenverkehre. In der Regel kommen als Verkehrsmittel Bahn, Bus,
U- und Straßenbahn zum Einsatz.
Träger des ÖPNV sind die Kommunen
2
, die sich zur Bündelung der
Nachfrage und zur besseren Vernetzung der Verbindungen häufig zu
so genannten Verkehrsverbünden zusammenschließen. Als Beispiel
sei hier der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) genannt, den 15
Landkreise und 11 Städte im Rhein-Main-Gebiet zur Wahrnehmung
ihrer Aufgaben gegründet haben.
3
Abbildung 1 Leistungsangebot des Rhein-Main-Verkehrsverbundes, Quelle
www.rmv.de
1
vgl. Gesetz zur Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs in
Hessen, § 2 Abs. 2 und 3
2
vgl.
Gesetz zur Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs in
Hessen, § 4
3
vgl. http://www.rmv.de/coremedia/generator/RMV/WirUeberUns/Struktur/, Stand
16.03.2005

16
In einem Verkehrsverbund können, wie oben gezeigt, verschiedene
Verkehrssysteme (hier Bus- und Bahnlinien) gemeinsam strukturiert
und koordiniert werden. Diese Konstruktion bietet den Vorteil, dass
eine höchstmögliche Abstimmung zwischen den einzelnen Systemen
erreicht und eine Konkurrenz weitestgehend vermieden werden
kann.
Eine weitere Option ist die Einrichtung einer so genannten Lokalen
Nahverkehrsgesellschaft (LNG). Diese LNG'en sind ausführendes
Organ der Kommune. Sie sind in der Regel für die Planung, Instand-
haltung und Bewirtschaftung der Verkehrsinfrastruktur (Wartehallen,
Bahnhöfe etc.) zuständig und können auch, wie die Verkehrsverbün-
de, an Stelle der Kommune selbst als Besteller der Verkehrsleistung
auftreten. Häufig vertreten aber die LNG'en die Kommunen in den
Verkehrsverbünden, so dass ein mehrstufiges System der Delegati-
on von Aufgaben ergibt.
Abbildung 2 Delegations-System im ÖPNV, Quelle: eigene Darstellung
Kommune
A
Kommune
B
LNG
LNG
Verkerhrsverbund
Verkehrs-
unternehmen
X
Verkehrs-
unternehmen
Y
Verkehrs-
unternehmen
Z

17
Dabei sind insbesondere bei der Erstellung und Unterhaltung der
Verkehrsinfrastruktur verschiedene Modelle von LNG'en denkbar. So
können die LNG'en die Infrastrukturaufgabe selbst wahrnehmen
4
,
oder sie können Drittunternehmen damit beauftragen. Letzteres
bietet eine zusätzliche Perspektive für die bestehenden kommunalen
Verkehrsunternehmen, die bereits über Know-how und entsprechen-
des Potential in diesem Bereich verfügen.
Die Verkehrsverbünde und die LNG'en sollen bei ihrer Arbeit keine
Aufgaben wahrnehmen, die dem unternehmerischen Bereich der
Erbringung von Verkehrsleistungen zuzuordnen sind.
5
Das umfasst
auch eine Einschränkung bei der Möglichkeit in ggf. notwendigen
Ausschreibungen von Verkehrsleistungen all zu detaillierte Vorga-
ben, etwa zu Gunsten der bisherigen Leistungserbringer, fest zu
legen.
So treten die Verkehrsverbünde oder die LNG'en am Verkehrsmarkt
als Nachfrager auf. Die nachgefragten Verkehrsleistungen sind
letztlich abhängig von der politischen Willensbildung, von wirtschaftli-
chen Notwendigkeiten der jeweiligen Kommune und von gesetzli-
chen Regelungen.
Die Leistungen werden von den Verkehrsunternehmen erbracht.
Diese befinden sich derzeit noch oft in kommunalem Eigentum und
somit in der Hand des Bestellers. Besteller und Leistungserbringer
sind faktische ein und dieselbe ,,Person". Die Verkehrsunternehmen
sind daher, trotz durchaus bereits jetzt vorhandener, eher theoreti-
scher Möglichkeiten der Mitwirkung Dritter, derzeit in den meisten
Fällen noch Monopolist.
4
vgl. http://www.traffiq.de/traffiq/traffiQ/traffiq.html, Stand 05.06.05
5
vgl. Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
(2002), S. 3

18
Als Monopolist unterlagen die Unternehmen in der Vergangenheit
kaum wirtschaftlichen Zwängen. Regelmäßig erwirtschafteten sie
Defizite, die oft mittels Querfinanzierung durch wirtschaftlich verbun-
dene Energieversorgungsunternehmen ausgeglichen wurden. Diese
Möglichkeit besteht nach der Liberalisierung des Strommarktes zum
Teil nicht mehr, teilweise werden ähnliche Konstruktionen noch durch
Holding-Gesellschaften aufrechterhalten.
Die kommunalen Verkehrsbetriebe wurden und werden häufig durch
den Aufgabenträger dazu verwendet auch Aufgaben zu übernehmen
die mit der eigentlichen Versorgungsaufgabe nichts oder nur wenig
zu tun haben. Verwaltung von Hafenanlagen und der Betrieb von
Güterbahnstrecken sind hier Beispiele.
2.2 Vergabeverfahren im ÖPNV
Bei der Vergabe von Aufträgen an die Leistungserbringer, also die
Verkehrsunternehmen, unterscheidet man den Konzessionswettbe-
werb (Vergabe ausschließlicher Rechte) und den Ausschreibungs-
wettbewerb (kontrollierter Wettbewerbsmarkt).
Beim Konzessionswettbewerb bewirbt sich ein Verkehrsunternehmen
um eine Genehmigung mit der es bestimmte Verkehrsleistungen
durchführen darf. Diese Erlaubnis wird Linienkonzession genannt
und kann für einzelne Linien oder für Linienbündel erteilt werden.
Unter einem Linienbündel ist eine Kombination verschiedener Linien,
oft mit unterschiedlichen Profilen, zu verstehen. So soll ein Risiko-
und Potentialausgleich erreicht werden.
Beim Konzessionswettbewerb soll der Unternehmer in die Lage
versetzt werden, seine Kosten durch Verkehrserträge zu erwirtschaf-
ten. Der Leistungserbringer wird sich daher nur auf für ihn interes-
sante Linien oder Linienbündel bewerben. Ausschlusskriterien könn-

19
ten lange Anfahrten zum Einsatzpunkt oder hohe Vorhaltekosten
sein.
Beim Ausschreibungswettbewerb schreibt die zuständige Behörde
(Aufgabenträger) den Betrieb von Linien bzw. Liniennetzen aus,
ermittelt im Wettbewerbsverfahren den Bieter mit dem wirtschaft-
lichsten bzw. besten Angebot und erteilt ihm den Auftrag zum Betrieb
für einen zuvor festgelegten Zeitraum. Dabei simuliert die Behörde
oder das Organ des Aufgabenträgers (Verkehrsverbund bzw. LNG)
den Wettbewerb für so genannte gemeinwirtschaftliche Verkehre, die
zwar nicht wirtschaftlich zu betreiben, politisch oder aufgrund der
Infrastrukturplanung aber gewollt sind.
6
Beide Ausschreibungsverfahren sind im Personenbeförderungsge-
setz (PBefG) verankert und werden bereits praktisch angewendet.
Durch die momentane Struktur des ÖPNV bewirken diese Aus-
schreibungen aber selten wirklichen Wettbewerb, nicht zuletzt wegen
der in Kapitel 2.1 beschriebenen Personaleinheit von Besteller und
Leistungserbringer.
2.3 Wettbewerb und Deregulierung
Im Rahmen der allgemeinen Tendenz zur Deregulierung der Märkte
bestehen Bestrebungen der EU zur weitergehenden Marktöffnung im
Bereich des ÖPNV.
7
Ziel ist es durch Ausnutzung wettbewerbsbe-
dingter Innovationen und Effizienzsteigerungen die Wirtschaftlichkeit
und Attraktivität des ÖPNV zu erhöhen. Zudem erhoffen sich die
Aufgabenträger durch den zunehmenden Wettbewerb geringere
Preise für die Leistungen. Dies wiederum soll dann auch dem Steu-
6
vgl. http://www.fachportal.nahverkehr.nrw.de, Stand 05.05.05
7
vgl. EU- Verordnung 1191/69 (Marktöffnungsverordnung - Verkehr)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783836605991
DOI
10.3239/9783836605991
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Wiesbaden e.V. – Studiengang Betriebswirtschaftslehre, Finanzmanagement
Erscheinungsdatum
2007 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
öffentlicher personennahverkehr controlling-werkzeuge linienerfolgscontrolling liberalisierung kostenmanagement
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