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Domain-Grabbing in der österreichischen Judikatur

©2004 Diplomarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Durch die zunehmende Popularität des World Wide Web und die dadurch unumgänglich gewordene Internetpräsenz von Unternehmen steigt die Bedeutung des Domain-Grabbing, d.h. des gezielten Erwerbes von Domainnamen durch Nichtberechtigte.
Die vorliegende Arbeit soll ein Überblick über die bereis ergangene österreichische höchstgerichtliche Judikatur gewähren, welche sich bisher vor allem mit namens-, marken- und wettbewerbs-rechtlichen Aspekten dieses Problemfeldes beschäftigte. Dabei sind die Entscheidungen nach jenen Anspruchsgrundlagen gegliedert, die von der Rechtsprechung als gegeben angesehen wurden; verneinte die Judikatur sämtliche Ansprüche oder bejahte sie mehrere, erfolgt eine Zuordnung jeweils zu dem Kapitel, auf dem der Schwerpunkt der Betrachtung der Gerichte lag.
Die durch Domain-Grabbing aufgeworfenen Problemfelder sind zahlreich, sodass Ansprüche generell auf etliche Grundlagen gestützt werden können. Als in der Praxis bedeutendste seien der namensrechtliche Schutz nach §43 ABGB, der Gute-Sitten-Verstoß nach §1 UWG, Irreführung nach §2 UWG und Kennzeichenverletzung nach §9 UWG genannt; jene werden in einer Vielzahl von höchstgerichtlichen Entscheidungen ausführlich behandelt und im Folgenden näher beleuchtet. Auch markenrechtliche Ansprüche insb nach §§10, 10a MSchG werden durch die Judikatur häufig diskutiert.
Angesichts meist jahrelanger Gerichtsverfahren wird im Rahmen eines Provisorialverfahrens häufig eine einstweilige Verfügung (§§378 ff ZPO) angestrebt, durch die jedoch kein unumkehrbarer Zustand geschaffen werden darf; sie darf daher nicht auf Löschung, Einwilligung zur Löschung oder Übertragung einer Domain lauten.
Ein Kaufmann, dessen Firmenrecht durch den Gebrauch seiner Firma - ie der Name, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und Unterschrift abgibt - beeinträchtigt wird, hat nach §37 HGB einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Verletzer.
Im Einzelfall kann urheberrechtlicher Titelschutz nach §80 UrhG gegeben sein, da im geschäftlichen Verkehr u.a. der Titel oder die sonstige Bezeichnung eines Werkes der Literatur oder Kunst nicht für ein anderes Werk auf verwechslungsfähige Weise verwendet werden darf. Aktuell könnte dies z.B. bei der Registrierung einer Domain unter dem Namen einer Zeitung oder Zeitschrift werden.
Wird Domain-Grabbing von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen begangen, liegt darin mitunter ein Verstoß gegen Standesrecht: So verstieß ein steirischer Anwalt gegen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeines zum Domainrecht

3. Namensrecht
3.2.1. AMS.at
3.2.2. Bundesheer.at
3.2.3. Comtec.at
3.2.4. Dullinger.at
3.2.5. FPO.at
3.2.6. Graz2003.at
3.2.7. Graz2003.com
3.2.8. Krone.co.at
3.2.9. Ortig.at
3.2.10. Rechnungshof.com
3.2.11. RTL.at
3.2.12. Sattler.at
3.2.13. Serfaus.at

4. Wettbewerbsrecht
4.2.1. Adnet.at
4.2.2. Aistersheim.at
4.2.3. Amade.at
4.2.4. Amtskalender.at
4.2.5. Bernhart.at
4.2.6. Bestelectric.at
4.2.7. Centro-hotels.at
4.2.8. Computerdoctor.com
4.2.9. Cyta.at
4.2.10. Delikomat.com
4.2.11. Dermanet.at
4.2.12. Djshop.at
4.2.13. Format.at
4.2.14. Galtuer.at
4.2.15. Gewinn.at
4.2.16. Immobilienring.at
4.2.17. Internetfactory.at
4.2.18. Jusline
4.2.19. Kunstnetz.at
4.2.20. Music-channel.cc
4.2.21. Obertauern.at
4.2.22. Onlaw. at
4.2.23. Pfandleihanstalt.at
4.2.24. Pro-solution.at
4.2.25. Steuerprofi.at
4.2.26. Taeglichalles.at
4.2.27. Wohnbazar.at

5. Markenrecht
5.2.1. Diekrone.at
5.2.2. Drivecompany.at
5.2.3. Inet.at
5.2.4. Kinder.at
5.2.5. Summersplash.at

6. Entscheidungsübersicht

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Durch die zunehmende Popularität des World Wide Web und die dadurch unumgänglich gewordene Internetpräsenz von Unternehmen steigt die Bedeutung des Domain-Grabbing, dh des gezielten Erwerbes von Domainnamen durch Nichtberechtigte.

Im Folgenden soll ein Überblick über die bereis ergangene österreichische höchstgerichtliche Judikatur gewährt werden, welche sich bisher va mit namens-, marken- und wettbewerbs-rechtlichen Aspekten dieses Problemfeldes beschäftigte. Dabei sind die Entscheidungen nach jenen Anspruchsgrundlagen gegliedert, die von der Rsp als gegeben angesehen wurden; verneinte die Jud sämtliche Ansprüche oder bejahte sie mehrere, erfolgt eine Zu-ordnung jeweils zu dem Kapitel, auf dem der Schwerpunkt der Betrachtung der Gerichte lag.

2. Allgemeines zum Domainrecht

2.1. Technische Grundlagen

Sämtlichen ans Internet angeschlossenen Rechnern sind aus Zahlenblöcken bestehende und weltweit einzigartige IP-Adressen (Internet Protocol-Adressen) zugeordnet, meistens jedoch auch alphanumerische Zeichen.

Das DNS (Domain Name System) ist ein hierarchisch gegliedertes Rootsystem, an dessen Spitze der Root Server stehen. Es folgt die TLD (Top-Level-Domain), welche entweder den Sitzstaat der Domainvergabestelle anzeigt (country code TLD, zB „at“) oder auf den Art des Inhalts einer Website hinweist (generic TLD, zB „gov“); weiters die SLD (Second Level Domain), ThLD (Third Level Domain) usw.

Beispiel: http://diepresse.ttweb.net/: „net“ als TLD, „ttweb“ als SLD, „diepresse“ als ThLD.

2.2. Administrative Grundlagen

Die Registrierungs- und Verwaltungsstelle für „at“-Domains ist die „nic.at Internet Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H“[1], welche Internetdomains nach dem Prioritätsgrundsatz „first come, first serve“ vergibt; wer als Erster einen Antrag auf Registrierung einer Domain stellt, erhält diese auch, ohne dass die Vergabestelle das Recht des Anmeldenden auf den zu registrierenden Namen prüft. Nach Punkt 7 der Registrierungsrichtlinien[2] der „nic.at“ erklärt der Antragsteller bloß, „die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten und insbesondere niemanden in seinen Kennzeichenrechten und Wettbewerbsrechten zu verletzen“[3].

Unweigerlich entstehen Situationen, in denen ein vermeintlich besser Berechtigter behauptet, ihm sei eine Domain „entrissen“ oder „weggeschnappt“ (engl „grab“) worden.

2.3. Formen von Domain-Grabbing

Domain-Vermarktung

Zum Zweck der finanziellen Verwertung eines Domainnamens wird eine Domain mit Vermarktungsabsicht registriert, um sich deren spätere Herausgabe teuer bezahlen zu lassen[4] [5]. Das Fordern eines in Bezug auf die Registrierungskosten unverhältnismäßig hohen „Lösegeldes“ indiziert die im Registrierungszeitpunkt vorliegende Vermarktungsabsicht ebenso wie das sog Domain-Trafficking[6], ie das Registrieren einer Vielzahl fremder Zeichen als Domains, um mit ihnen Handel zu betreiben.

Domain-Blockade

Um einen Mitbewerber an der Verwendung eines Kennzeichens als Domain zu hindern[7], wird mit Behinderungsabsicht eine Domain registriert, welche danach aber nur zum Schein oder überhaupt nicht benutzt wird. Hat der Registrierende kein eigenes Recht an der Domain und ist dem Domainname besondere Bekanntheit beizumessen, wird die Behinderungs-absicht vermutet.

2.4. Rechtliche Grundlagen

Die durch Domain-Grabbing aufgeworfenen Problemfelder sind zahlreich, sodass Ansprüche generell auf etliche Grundlagen gestützt werden können. Als in der Praxis bedeutendste seien der namensrechtliche Schutz nach §43 ABGB, der Gute-Sitten-Verstoß nach §1 UWG, Irreführung nach §2 UWG und Kennzeichenverletzung nach §9 UWG genannt; jene werden in einer Vielzahl von höchstgerichtlichen Entscheidungen ausführlich behandelt und im Folgenden näher beleuchtet. Auch markenrechtliche Ansprüche insb nach §§10, 10a MSchG werden durch die Judikatur häufig diskutiert.

Angesichts meist jahrelanger Gerichtsverfahren wird im Rahmen eines Provisorialverfahrens häufig eine einstweilige Verfügung (§§378 ff ZPO) angestrebt, durch die jedoch kein unumkehrbarer Zustand geschaffen werden darf; sie darf daher nicht auf Löschung[8], Einwilligung zur Löschung[9] oder Übertragung einer Domain[10] lauten.

Ein Kaufmann, dessen Firmenrecht durch den Gebrauch seiner Firma - ie der Name, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und Unterschrift abgibt - beeinträchtigt wird, hat nach §37 HGB einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Verletzer.

Im Einzelfall kann urheberrechtlicher Titelschutz nach §80 UrhG gegeben sein, da im geschäftlichen Verkehr ua der Titel oder die sonstige Bezeichnung eines Werkes der Literatur oder Kunst nicht für ein anderes Werk auf verwechslungsfähige Weise verwendet werden darf. Aktuell könnte dies zB bei der Registrierung einer Domain unter dem Namen einer Zeitung oder Zeitschrift werden.

Wird Domain-Grabbing von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen begangen, liegt darin mitunter ein Verstoß gegen Standesrecht: So verstieß ein steirischer Anwalt gegen §45 RL-BA, da er durch die Registrierung der Domain „scheidungsanwalt.at“ das Prinzip der Kollegialität verletzte; denn durch die Verwendung des strittigen Begriffes, der eine allgemeine anwaltliche Tätigkeit beschreibt, wird seine Kollegenschaft von gleichlautender Werbung ausgeschlossen[11].

Anders als in Deutschland[12] fehlen in Österreich Entscheidungen über strafrechtliche Aspekte des Domain-Grabbing. Vorliegende Literaturmeinungen[13] ziehen diesbezüglich va Betrug (§§146 ff StGB), Erpressung (§§144 f StGB) und Markenrechtsverletzung (§§60, 60a MSchG) in Betracht. Insb aus generalpräventiven Gründen scheint die Anwendung von StGB und Nebenstrafrecht geboten zu sein, droht doch momentan einem Domain-Grabber - abgesehen von der Verpflichtung zur Unterlassung, Löschung und Übertragung - nur eine Verurteilung zum Kostenersatz.

3. Namensrecht

3.1. Rechtliche Grundlagen

§43 ABGB: Wird jemandem das Recht zur Führung seines Namens bestritten oder wird er durch unbefugten Gebrauch seines Namens (Decknamens) beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadenersatz klagen.

Die zentrale Norm des österreichischen Namensrechts schützt den Namen natürlicher (zB Familienname, Pseudonym, Firma des Kaufmannes) und juristischer (zB Personen- und Kapitalgesellschaft, politische Partei, juristische Person öffentlichen Rechts wie Land und Gemeinde) Personen. Der Schutz erstreckt sich auch auf die Verwendung ähnlicher - wenn auch nicht identer - Namen, so diese auf verwechslungsfähige Art und Weise erfolgt[14].

Domains, die einen Namen beinhalten oder namensmäßig anmuten, kann aufgrund ihrer Kennzeichnungs- und Namensfunktion[15] der Schutz des §43 ABGB zukommen. Ein Eingriff in das Namensrecht führt zu einem Unterlassungs- und verschuldensabhängigen Schadenersatzanspruch.

Eine Verletzung des Namensrechts kann einerseits in einer Bestreitung bestehen, bei der jemand in Kenntnis des rechtmäßigen Namens das Recht eines anderen zur Führung eines Namens bestreitet; andererseits in einer Anmaßung, ie der unbefugte Gebrauch eines fremden Namens, der etwa den Eindruck einer ideellen oder wirtschaftlichen Beziehung zwischen den Parteien erweckt. Anders als die Bestreitung ist die Anmaßung jedoch nur dann rechtswidrig, wenn sie in die schutzwürdigen Interessen des Namensinhabers eingreift[16], was insb bei einer Interessendivergenz zwischen den Streitparteien der Fall ist[17].

Die Frage einer Namensbestreitung stellt sich im Zusammenhang mit Domain-Disputes deshalb kaum, da eine Domain allein aus technischen Möglichkeiten nur ein Mal registriert werden kann und dadurch noch nicht das Recht eines anderen, seinen Namen zu tragen, an sich bestritten wird[18].

Spezielle Probleme ergeben sich aufgrund der Ausschließlichkeit des DNS, wenn mehrere Rechtsträger dieselbe Domain beanspruchen. In diesem Fall kommt es prinzipiell auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Registrierung bei der „nic.at“ an[19] ; der Nachkommende hat seinem Domainnamen einen unterscheidungskräftigen Zusatz beizufügen[20]. Davon abweichend kann ausnahmsweise demjenigen ein stärkeres Recht zukommen, der einen Namen schon länger führt oder dessen Name durch einen besonderen Bekanntheitsgrad[21] ausgezeichnet wird, sodass die Domainregistrierung durch einen Dritten eine Zuordnungs-verwirrung und Verwässerungsgefahr hervorrufen könnte[22] ; bei dieser Konstellation ist eine Interessenabwägung vorzunehmen[23]. Grundsätzlich auszuschließen ist jedoch die Gefahr einer Verwechslung - welche nach dem Inhalt der Webpage zu beurteilen ist - bei White-pages[24] sowie bei durchgreifender Branchenverschiedenheit zwischen den Parteien[25].

3.2. Judikatur

3.2.1. AMS.at

Sachverhalt

Der Bekl war Inhaber der seit 1975 als Firma eingetragenen „AMS Auto- und Motoren-Service GmbH“ und der Domain „ams.at“. Das Arbeitsmarktservice Österreich, dessen Seite unter „ams.or.at“ erreichbar war, sah sein Namens- und Markenrecht verletzt.[26]

Entscheidung [27] , OGH 5.11.2002, 4 Ob 207/02y

Auch ein an sich befugter Namensgebrauch kann rechtswidrig sein, so das dadurch verfolgte Interesse wesentlich geringer zu bewerten ist als das Interesse eines Gleichnamigen, den Namen uneingeschränkt zu verwenden. Eine solche Interessenabwägung fällt zugunsten des Bekl aus. Ein ebenfalls vom Kl behaupteter Markenrechtseingriff ist bereits deshalb unmöglich, da die Namensrechte des Bekl prioritätsälter sind.

3.2.2. Bundesheer.at

Sachverhalt

Der Bekl betrieb Anfang 2000 unter der Domain „bundesheer.at“ eine bundesheerkritische Seite zum Thema „Neutralität und Bundesheer“. Auf dieser befand sich der Hinweis, dass dies nicht die offizielle Seite des Bundesministeriums für Landesverteidigung sei, sowie ein Link zur Homepage des Ministeriums. Die klagende Republik Österreich behauptete einen Eingriff ins Namensrecht nach §43 ABGB sowie die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens und begehrte per eV Unterlassung und Übertragung des Nutzungsrechtes.

Entscheidung im Provisorialverfahren [28] , OGH 13.9.2000, 4 Ob 198/00x

Der Begriff “Bundesheer” fällt grundsätzlich unter den Schutz des §43 ABGB, welchen die Republik Österreich als Trägerin des Heeres in Anspruch nehmen kann, nicht jedoch das Heer selbst, da es keine juristische Person ist. Die vom Kl behauptete Beeinträchtigung seines Namensrechtes besteht wegen des ausdrücklichen Hinweises auf den inoffiziellen Charakter der Webpage jedoch nicht; ebenso wenig eine Verwässerungsgefahr iS eines entstehenden Eindruckes einer wirtschaftlichen oder ideellen Beziehung zwischen Kl und Bekl. Schließlich wurde vom Kläger auch die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens iSd EO (zB Imageschaden, Ausfall an potentiellen Grundwehrdienern) nicht hinreichend bescheinigt. Der Sicherungsantrag war somit abzuweisen.

Entscheidung im Hauptverfahren [29] , OGH 25.9.2001, 4 Ob 209/01s

Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr wird nunmehr bejaht, da ein nicht unerheblicher Teil von Internetnutzern die Republik Österreich als Trägerin des Domainnamens „bundesheer.at“ vermutet und jene ein berechtigtes Interesse hat, dass ihr Name nicht verwendet wird, um auf Aktivitäten aufmerksam zu machen, mit denen sie nichts zu tun hat. Der Bekl hat daher in die Löschung der Domain einzuwilligen und die Verwendung des Domainnamens zu unterlassen[30].

3.2.3. Comtec.at

Sachverhalt

Die auf Unterlassung und Löschung der Domain klagende „COMTECH GmbH“ bot Dienstleistungen im EDV-Bereich an. Der Bekl, Inhaber der Emailadresse „info@comtec.at“ und der Domain „comtec.at“, beschäftigte sich mit EDV-Beratung und PC-Reparaturen.

Entscheidung, OGH 18.11.2003, 4 Ob 218/03t

„COMTECH“ ist ein sog schwaches Zeichen, dh eines mit nur geringer Kennzeichnungskraft. Bei einem solchen können bereits geringe Abweichungen eine Verwechslungsgefahr beseitigen; jene setzt daher eine größere Ähnlichkeit der Zeichen und angebotenen Waren oder Dienstleistungen voraus[31].

Zwischen den Zeichen „COMTECH“ und „comtec.at“ besteht Verwechslungsgefahr, da das Weglassen des Buchstabe „h“ weder das Schriftbild, noch den Klang wesentlich ändert und der Sinngehalt des aus den Worten „Computer“ und „Technik“ zusammengesetzten Begriffes gleich bleibt. Auch die angebotenen Waren und Dienstleistungen stimmen überein. Da das Firmenrecht des Kl prioritätsälter ist, stehen der Kl firmen- bzw namensrechtliche Unter-lassungs- und Löschungsansprüche zu.

3.2.4. Dullinger.at

Sachverhalt

Der Bekl erstellte für die “Dullinger Stefan KEG” eine Webpage und ließ sie unter „dullinger.at“ registrieren. Die „Dullinger GmbH“ sah ihr Namensrecht nach §43 ABGB verletzt und klagte auf Unterlassung.

Entscheidung [32] , OGH 21.5.2001, 4 Ob 123/01v

Da Stefan Dullinger als berechtigter Namensträger dem Bekl die Registrierung seines Namens als Domain per Einverständniserklärung gestattete, ist die Verwendung des Namens „Dullinger“ durch den Bekl nicht unbefugt.

Auch Verwechslungsgefahr besteht nicht, da zur Beurteilung dieser auf den Inhalt der Seite abzustellen ist, welche jedoch noch nicht eingerichtet war.

3.2.5. FPO.at

Sachverhalt

Der amerikanische Staatsbürger Alain L. – wohl Strohmann für eine Künstlergruppe namens „Tequlin“[33] - ließ sich anlässlich der bevorstehenden Nationalratswahl 1999 bei der Domain-Vergabestelle „nic.at“ die Internetadresse „fpo.at“ registrieren. Der Inhalt dieser Seite glich im Wesentlichen dem der Webpage der politischen Partei FPÖ („fpoe.at“), war jedoch ua mit Links zu rechtsradikalen Organisationen versehen. Trotz mehrmaliger Aufforderung seitens der klagenden FPÖ weigerte sich die bekl „nic.at“, die str Seite zu sperren.

Die Kl begehrte per eV Unterlassung und Beseitigung der Domain, gestützt auf die §§16, 43 und 1330/1, 2 ABGB.

Entscheidung im Provisorialverfahren [34] , OGH 13.9.2000, 4 Ob 166/00s

Das HG Wien[35] und das OLG Wien[36] hatten in der konkreten Ausgestaltung der Internetseite, und nicht etwa schon in der Registrierung der Domain, eine Verletzung des Namensrechts nach §43 ABGB erkannt; diese sei von der „nic.at“ jedoch nicht zu verantworten.

Auch der OGH bejaht den namensrechtlichen Schutz von Domainnamen, da jene der Identifikation von Personen, Sachen oder Dienstleistungen dienen und als Kennzeichen mit Namen vergleichbar sind. Der Inhalt der str Domain beabsichtigt eine Irreführung über die Identität des Domaininhabers, der kein schützenswürdiges Interesse am Aufrechterhalten seiner Registrierung hat; auch die geringe Abweichung „fpoe“ und „fpo“ schadet nicht.

Hinsichtlich der Frage einer etwaigen Mittäterschaft der „nic.at“ betont der OGH - abstellend auf die umfangreiche deutsche Judikatur[37] -, dass schon aus Praxiserwägungen[38] keine allgemeine Prüfungspflicht der „nic.at“ im Zeitpunkt der Domainregistrierung bestand. Eine Verantwortlichkeit der Bekl entstand aber, als der Kl ein Einschreiten der „nic.at“ verlangte und die Rechtsverletzung auch für juristische Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig war; ab diesem Zeitpunkt war eine Sperre der Domain zumutbar.

Der Antrag des Kl auf eV wurde dennoch abgelehnt, da durch eine solche kein Zustand geschaffen werden darf, der im Fall eines diese Verfügung nicht rechtfertigenden Urteils nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Bei Löschung der str Domain könnten jedoch Dritte jene für sich registrieren lassen.

Entscheidung im Hauptverfahren[39], OGH 12.09.2001, 4 Ob 176/01p

Der OGH bestätigt die Entscheidungen der unteren Instanzen[40] und gibt dem inzwischen auf Beseitigung eingeschränkten Antrag der Kl statt. An der im Provisorialverfahren festgelegten Einschränkung der Haftung der „nic.at“ auf Untätigbleiben nach Darlegung des Sachver-haltes durch den Verletzten und nur bei einer auch für juristische Laien offensichtlichen Rechtsverletzung wird festgehalten. Die Domainvergabestelle haftet als mittelbar Beteiligter und kann vor oder neben dem unmittelbaren Störer in Anspruch genommen werden, so sie - wie geschehen - vor der Klage zur Beseitigung aufgefordert wurde.

[...]


[1] www.nic.at

[2] www.nic.at/de/agb/richtlinien/rr_registrierungsrichtlinien.asp

[3] Stand: AGB vom 4.5.2004

[4] siehe zB OGH 29.1.2002, 4 Ob 246/01g „graz2003.at“; Krassnig, „Wettbewerbsrechtliche Probleme bei Domains, Links und dem Search-Engine-Spamming“

[5] Thiele / Fischer, wbl 2000, 353 ff

[6] Kranebitter / Stockinger, MR 2000, 3, „Kriterien für den rechtmäßigen Gebrauch von Internet-Domain-Bezeichnungen

[7] Simon, MR 2000, 130

[8] OGH 13.09.1999, 4 Ob 180/99w „format.at“; OGH 13.9.2000, 4 Ob 166/00s „fpo.at

[9] OGH 18.03.2003, 4 Ob 153/03h „krone.co.at“

[10] OGH 18.03.2003, 4 Ob 153/03h „krone.co.at“

[11] Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission, 28.4.2003, 13 Bkd 2/03; vgl jedoch zB www.scheidungsanwaeltin.at, www.anwalt.at (In der Arbeit genannte Webpages zuletzt eingesehen am 11.6.2004)

[12] LG München, 14.9.2000, W 5 KLs 70 Js 12730/99; das LG sah die Tatbestände der gewerbsmäßigen Erpressung (§253 dStGB; vgl §144 öStGB) und versuchten Kennzeichenverletzung (§143 dMarkenG; vgl §§60, 60a MSchG) erfüllt

[13] Öbl 2000, 250 „Domain-Grabbing als Straftatbestand“; MR 2001, 180 „Strafrechtliche Überlegungen zum Domain-Grabbing“

[14] OGH 13.9.2000, 4 Ob 166/00s „fpo.at“

[15] Aicher in Rummel, ABGB, 3. Auflage, I Rz 3a; wbl 2000, 142 „ortig.at“; OGH 13.9.2000, 4 Ob 166/00s „fpo.at“

[16] OGH 20.05.2003, 4 Ob 47/03w, „adnet.at”

[17] OGH 16.12.2003, 4 Ob 231/03d „serfaus.at“; OGH 20.5.2003, 4 Ob 47/03w „adnet.at“

[18] OGH 20.5.2003, 4 Ob 47/03w „adnet.at“

[19] OGH 20.5.2003, 4 Ob 103/03f „centro-hotels.com“

[20] OGH 13.07.1999, 4 Ob 140/99p, „sattler.at“

[21] OGH 25.03.2003, 4 Ob 42/03k „rtl.at“

[22] OGH 13.07.1999, 4 Ob 140/99p „sattler.at“

[23] OGH 20.05.2003, 4 Ob 47/03w, „adnet.at”; OGH 25.3.2003, 4 Ob 42/03k „rtl.at“; OGH 16.12.2003, 4 Ob 231/03d „serfaus.at“

[24] OGH 21.5.2001, 4 Ob 123/01v „dullinger.at“

[25] OGH 13.07.1999, 4 Ob 140/99p, „sattler.at“

[26] Im Haupttext angeführte URLs beziehen sich prinzipiell auf das World Wide Web; aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die Beifügung von „www“ verzichtet

[27] WBl 2003, 145

[28] MR 2000, 325; ÖBL 2001, 35 (Kurz); ecolex 2001, 55 (Schanda)

[29] MR 2001, 411

[30] Nach der Domainlöschung wurde die Domain von einer Werbeagentur neu registriert, mit der sich das Bundesheer außergerichtlich einigte; siehe „Der Standard“ vom 7.2.2002 (http://derstandard.at/?id=856785)

[31] ÖBl 1996, 143 “Plus”

[32] MR 2001, 330

[33] http://found.at/aloevera/news/index.asp?ID=164; http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=51548&tmp=41649

[34] MR 2000, 328 (Pilz)

[35] HG Wien, 03.01.2000, 38 Cg 112/99b-7

[36] OLG Wien, 27.04.2000, 1 R 36/00x

[37] vgl ua OLG Hamburg CR 1999, 184 „emergency”; OLG München CR 1999, 382 „shell.de”

[38] Damals rund 10 000 Neuanmeldungen von Domains pro Monat

[39] ARD 5224/28/2001; ecolex 2001/54, 128; Anderl, „Und sie haftet doch“ (http://www.it-law.at/papers/anderl-fpo.pdf)

[40] OLG Wien vom 26.4.2001, 1 R 53/01y; HG Wien vom 4.1.2001, 38 Cg 112/99b

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783956362989
ISBN (Paperback)
9783836605984
Dateigröße
373 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien – Rechtswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2007 (Oktober)
Note
2,0
Schlagworte
domainvermarktung domaingrabbing namensrecht sittenwidrigkeit wettbewerbsrecht
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