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Die Entwicklung der Konzepte 'verstärkter', 'strukturierter' und 'enger' Zusammenarbeit in der GASP im Rahmen des Verfassungskonvents und der Regierungskonferenz

©2005 Diplomarbeit 126 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit 1950 wurden in Europa konkrete Schritte in Richtung Integration gesetzt. Die begonnene Entwicklung im Bereich der Kohle- und Stahlindustrie setzte sich erfolgreich in anderen Wirtschaftsbereichen fort. Eine Gemeinsame Außen und Sicherheitspolitik (GASP) wurde im Jahre 1992 durch Gründung der Europäischen Union (EU) mit dem Vertrag von Maastricht eingeführt, ebenso die Option einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu späterem Zeitpunkt. Der Aufbau einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) ist integrationspolitisch besonders sensibel, da die Mitgliedstaaten der Union ihre Souveränität in diesem Bereich behalten wollen. Es ist vor allem der außervertraglichen Entwicklung in Form von Gipfeltreffen des Europäischen Rats zu verdanken, dass die ESVP zügig in Richtung Integration schreitet.
Die ESVP ist durch die Festlegung der politischen Kernelemente beim Europäischen Rat in Köln (1999) ins Leben getreten. Seit dem Jahr 2003 werden auf Basis des Vertrags von Nizza EU-autonome Missionen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik geführt. Durch Einsetzung eines Europäischen Konvents zur Ausarbeitung einer Verfassung für Europa wurden dem Verteidigungsbereich neue Impulse gegeben. Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags wird die ESVP ein eigenständiger Politikbereich.
Darüber hinaus werden neue Formen der differenzierten Integration im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik möglich: Art I-41 (5) Verfassungsvertrag für Europa (VVE) sieht die Möglichkeit der Beauftragung einer Gruppe von Mitgliedstaaten mit der Durchführung einer Mission im Rahmen der Union im Dienste ihrer Interessen vor. Aufgrund von Art I-41 (6) VVE besteht die Möglichkeit einiger Mitgliedstaaten, welche anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf militärische Fähigkeiten erfüllen, eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen zu begründen. Darüber hinaus wird in Art I-41 (7) VVE eine für alle Mitgliedstaaten verpflichtende militärische Beistandsklausel eingeführt.
Ziel der gegenständlichen Diplomarbeit ist die Darstellung der neuen Formen differenzierter Integration innerhalb des Rahmens der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Vertrag über eine Verfassung für Europa. Die „verstärkte“ und Ständige Strukturierte Zusammenarbeit einiger williger und fähiger Mitgliedstaaten der Union sowie die militärische Beistandsklausel werden ausführlich dargestellt […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sandra Kramer
Die Entwicklung der Konzepte 'verstärkter', 'strukturierter' und 'enger' Zusammenarbeit
in der GASP im Rahmen des Verfassungskonvents und der Regierungskonferenz
ISBN: 978-3-8366-0586-1
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Karl-Franzens-Universität Graz, Graz, Österreich, Diplomarbeit, 2005
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... I
Abkürzungsverzeichnis ... IV
1.
Einleitung... 1
1.1.
Ausgangssituation... 1
1.2.
Zielsetzung der Arbeit ... 2
1.3.
Aufbau der Arbeit ... 2
2.
Entwicklungsphasen einer europäischen Außen-, Sicherheits- und
Verteidigungspolitik... 4
2.1.
Etappen zwischen 1950 und 1990 ... 4
2.2.
Die Entwicklung der GASP... 6
2.2.1.
Der Vertrag von Maastricht ... 6
2.2.2.
Der Vertrag von Amsterdam ... 7
2.2.3.
Der Vertrag von Nizza ... 9
2.3.
Die außervertragliche Dynamik der ESVP... 10
2.3.1.
Der Gipfel von Saint Malo ... 10
2.3.2.
Der Europäische Rat von Köln und Helsinki ... 10
2.3.3.
Der Europäische Rat von Feira... 12
2.3.4.
Der Europäische Rat von Nizza ... 12
2.3.5.
Der Europäische Rat von Göteborg und Laeken ... 13
2.3.6.
Der Europäische Rat von Sevilla ... 14
2.3.7.
Der Europäische Rat von Kopenhagen ... 15
2.3.8.
Der Europäische Rat von Thessaloniki... 15
2.3.9.
Der Europäische Rat von Brüssel (Dezember 2003)... 16
2.3.10.
Der Europäische Rat von Brüssel (Juni 2004)... 17
2.3.11.
Der Europäische Rat von Brüssel (Dezember 2004)... 18
2.4.
Fazit ... 19
3.
Die
Europäische
Sicherheits-
und
Verteidigungspolitik
im
Verfassungsvertrag... 21
3.1.
Der Verfassungskonvent ... 21
3.2.
Grundlagen der ESVP im Verfassungsvertrag ... 22
3.3.
Die ,,verstärkte" Zusammenarbeit ... 24
3.4.
Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit... 26
3.5.
Die militärische Beistandsklausel ... 30

II
3.6.
Verbundene Regelungen ... 33
3.6.1.
Der Außenminister der Europäischen Union ... 33
3.6.2.
Die Solidaritätsklausel... 34
3.6.3.
Die Verstärkte Zusammenarbeit gem Art I-44 VVE ... 36
3.7.
Die ESVP im Vertrag von Nizza und im Verfassungsvertrag ... 37
3.7.1.
Sicherheits- und Verteidigungspolitik... 37
3.7.2.
Petersberg-Aufgaben ... 40
3.7.3.
Generalsekretär/Hoher Vertreter ­ Außenminister ... 41
3.7.4.
Solidarität ... 41
3.7.5.
Verstärkte Zusammenarbeit gem Art 43 EUV/Art 44 VVE... 42
3.7.6.
Beschlussverfahren... 43
3.7.7.
Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee ... 45
3.7.8.
Parlamentarische Komponente... 46
3.7.9.
Finanzbestimmungen... 47
4.
Umsetzung und Auswirkungen der ESVP... 48
4.1.
Analyse des Verfassungsvertrags ... 48
4.1.1.
Szenario ­ Scheitern des Ratifikationsprozesses... 48
4.1.2.
Inkrafttreten der Verfassung... 50
4.1.2.1.
Die militärische Beistandsklausel ... 51
4.1.2.2.
Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit ... 52
4.1.2.3.
Die ,,verstärkte" Zusammenarbeit / Missionen ... 53
4.1.3.
Voraussichtliche Entwicklung der ESVP... 55
4.1.3.1.
Neue Herausforderungen... 55
4.1.3.2.
Differenzierte Integration ... 57
4.1.4.
Fazit... 58
4.2.
Die transatlantischen Beziehungen der ESVP... 59
4.2.1.
North Atlantic Treaty Organisation (NATO) ... 60
4.2.1.1.
Entstehungsgeschichte und Funktion der Allianz ... 60
4.2.1.2.
Neuer Kurs der NATO ­ Die Gipfeltreffen von Rom und Brüssel ... 61
4.2.1.3.
Die Gipfeltreffen von Berlin und Madrid ... 62
4.2.1.4.
Das Gipfeltreffen von Washington ... 63
4.2.1.5.
Das Prager Gipfeltreffen... 64
4.2.1.6.
,,Berlin-Plus"... 65
4.2.2.
Zusammenarbeit von NATO und ESVP unter besonderer Berücksichtigung
der USA... 65
4.2.2.1.
Sicherheitspolitische Verantwortung der EU... 66
4.2.2.2.
Prinzipien der Zusammenarbeit von NATO und EU ... 67
4.2.2.3.
Die ESVP aus Sicht der USA ... 69

III
4.2.2.4.
Verteidigungsausgaben ­ ,,Burden Sharing" ... 71
4.2.3.
Konsequenzen der ESVP-Verfassungsbestimmungen für die NATO ... 72
4.2.3.1.
Die militärische Beistandsklausel ... 72
4.2.3.2.
Stärkung des europäischen Pfeilers der NATO / Synergieeffekte ... 74
4.2.4.
Fazit... 76
4.3.
Auswirkungen der ESVP auf die Republik Österreich ... 78
4.3.1.
Die Neutralität Österreichs ... 78
4.3.1.1.
Historische Entwicklung ... 78
4.3.1.2.
Aufhebung der Neutralität ... 79
4.3.1.3.
Neutralität als Garant für Sicherheit ... 80
4.3.1.4.
Österreichs Neutralität im Wandel ... 81
4.3.2.
Beitritt Österreichs zur EU... 82
4.3.2.1.
Übernahme der GASP-Bestimmungen ... 82
4.3.2.2.
Der österreichische ,,Optionenbericht" ... 84
4.3.2.3.
Die österreichische Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin... 85
4.3.2.4.
Österreichische Positionen zu ESVP-Vorschlägen... 86
4.3.3.
Konsequenzen der ESVP nach dem Verfassungsvertrag für Österreich ... 88
4.3.3.1.
Sicherheitspolitische Qualifizierung der EU ... 88
4.3.3.2.
Positionierung Österreichs innerhalb der ESVP ... 89
4.3.3.3.
,,Battle-Groups" ... 91
4.3.3.4.
Österreich-Konvent ... 92
4.3.4.
Fazit... 94
5.
Schlussfolgerungen... 97
6.
Literatur- und Quellenverzeichnis ... 101

IV
Abkürzungsverzeichnis
ABl
Amtsblatt
Abs
Absatz
ADD
Addendum
Art
Artikel
BGBl
Bundesgesetzblatt der Republik Österreich
BiH
Bosnien und Herzegowina
BMaA
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
BMLV
Bundesministerium für Landesverteidigung
BullEG
Bulletin der Europäischen Gemeinschaften
BullEU
Bulletin der Europäischen Union
B-VG
Bundes-Verfassungsgesetz
bzw
bzw
CIG
Conférence Intergouvernementale
CJTF
Combined Joint Task Force
CME
Crisis Management Exercise
CML Rev
Common Market Law Review
CONV
Convention
CSDP
Common Security and Defence Policy
DCI
Defence Capabilities Initiative
Dok
Dokument
DRK
Demokratische Republik Kongo
EAG
Europäische Atomgemeinschaft
EAPR
Euro-Atlantischer Partnerschaftsrat
ECAP
European Capabilities Action Plan
EEA
Einheitliche Europäische Akte
EG
Europäische Gemeinschaften
EGKS
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl
EPU
European University Center for Peace Studies

V
EPZ
Europäische Politische Zusammenarbeit
ESDP
European Security and Defense Policy
ESVI
Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität
ESVP
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
ESVU
Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion
EU
Europäische Union
EUMC
European Military Commitee (Europäischer Militär-
ausschuss)
EUMS
European Military Staff (Europäischer Militärstab)
EUPM
European Union Police Mission
EUV
EU-Vertrag
EVE
Entwurf für eine Verfassung für Europa
EVP
Europäische Volkspartei
f, ff
folgend
FYROM
Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien
GASP
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
gem
gemäß
Hrsg
Herausgeber
idF
in der Fassung
iSd
im Sinne des
iSv
im Sinne von
iVm
in Verbindung mit
KSZE
Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Eu-
ropa
LVP
Landesverteidigungsplan
NAC
North Atlantic Council
NAKR
NATO-Kooperationsrat

VI
NATO
North Atlantic Treaty Organisation
Nr
Nummer
NRF
NATO Response Force
OCCAR
Organisation Conjointe de Coopération en Matière
d'Armement
OEEC
Organisation for European Economic Cooperation
ÖMZ
Österreichische Militärische Zeitschrift
ÖSFK
Österreichisches Studienzentrum für Frieden und
Konfliktlösung
ÖSVD
Österreichische Sicherheits- und Verteidigungsdokt-
rin
OSZE
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa
PCC
Prague Capabilities Committment
PfP
Partnership for Peace
PSK
Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee
REV
Revision
Rn
Randnummer
RRF
Rapid Response Force
SFOR
Stabilisation Force
SHAPE
Supreme Headquarters Allied Powers Europe
sog
sog
SR
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
SVN
Satzung der Vereinten Nationen
UAbs
Unterabsatz
UNO
United Nations Organization
usw
und so weiter
uU
unter Umständen
vgl
vergleiche

VII
VN
Vereinte Nationen
VVE
Verfassungsvertrag für Europa
WEAG
Western European Armament Group
WEAO
Westeuropäische Rüstungsorganisation
WEU
Westeuropäische Union
WVK
Wiener Vertragsrechtskonvention
WVK
Wiener Vertragsrechtskonvention
WWU
Wirtschafts- und Währungsunion
ZfRV
Zeitschrift für Rechtsvergleichung
Ziff
Ziffer

1
1. Einleitung
1.1. Ausgangssituation
Seit 1950 wurden in Europa konkrete Schritte in Richtung Integration gesetzt.
Die begonnene Entwicklung im Bereich der Kohle- und Stahlindustrie setzte
sich erfolgreich in anderen Wirtschaftsbereichen fort. Eine Gemeinsame Außen-
und Sicherheitspolitik (GASP) wurde im Jahre 1992 durch Gründung der Euro-
päischen Union (EU) mit dem Vertrag von Maastricht eingeführt, ebenso die
Option einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu späterem Zeitpunkt.
Der Aufbau einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) ist
integrationspolitisch besonders sensibel, da die Mitgliedstaaten der Union ihre
Souveränität in diesem Bereich behalten wollen. Es ist vor allem der außerver-
traglichen Entwicklung in Form von Gipfeltreffen des Europäischen Rats zu ver-
danken, dass die ESVP zügig in Richtung Integration schreitet.
Die ESVP ist durch die Festlegung der politischen Kernelemente beim Europäi-
schen Rat in Köln (1999) ins Leben getreten. Seit dem Jahr 2003 werden auf
Basis des Vertrags von Nizza EU-autonome Missionen im Bereich der
Sicherheits- und Verteidigungspolitik geführt. Durch Einsetzung eines Europäi-
schen Konvents zur Ausarbeitung einer Verfassung für Europa wurden dem
Verteidigungsbereich neue Impulse gegeben. Mit Inkrafttreten des Verfas-
sungsvertrags wird die ESVP ein eigenständiger Politikbereich.
Darüber hinaus werden neue Formen der differenzierten Integration im Bereich
der Sicherheits- und Verteidigungspolitik möglich: Art I-41 (5) Verfassungsver-
trag für Europa (VVE) sieht die Möglichkeit der Beauftragung einer Gruppe von
Mitgliedstaaten mit der Durchführung einer Mission im Rahmen der Union im
Dienste ihrer Interessen vor. Aufgrund von Art I-41 (6) VVE besteht die Mög-
lichkeit einiger Mitgliedstaaten, welche anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf
militärische Fähigkeiten erfüllen, eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit
im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen zu begründen. Darüber
hinaus wird in Art I-41 (7) VVE eine für alle Mitgliedstaaten verpflichtende militä-
rische Beistandsklausel eingeführt.

2
1.2. Zielsetzung der Arbeit
Ziel der gegenständlichen Diplomarbeit ist die Darstellung der neuen Formen
differenzierter Integration innerhalb des Rahmens der Europäischen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Vertrag über eine Verfassung für Euro-
pa. Die ,,verstärkte" und Ständige Strukturierte Zusammenarbeit einiger williger
und fähiger Mitgliedstaaten der Union sowie die militärische Beistandsklausel
werden ausführlich dargestellt und rechtlich analysiert. Dabei werden Verglei-
che mit den derzeit geltenden Bestimmungen des Vertrags von Nizza im Be-
reich der ESVP angestellt und eine mögliche Entwicklung der Union in Verteidi-
gungsbelangen aufgezeigt.
Darüber hinaus werden weitere Fragen nach den Chancen einer ESVP ab Gel-
tung des Verfassungsvertrags sowie mögliche Auswirkungen auf zukünftige
Missionen erörtert. Dabei werden die verschiedenen Einflussfaktoren in Bezug
auf die Weiterentwicklung einer GASP/ESVP berücksichtigt, ebenso die im
Rahmen des Europäischen Konvents und der nachfolgenden Regierungskonfe-
renz eingebrachten Vorschläge zur Ausgestaltung einer differenzierten Integra-
tion im Bereich der ESVP.
Schließlich werden die Auswirkungen der europäischen Sicherheits- und Ver-
teidigungspolitik auf die Beziehungen zur NATO und deren Hauptakteur, den
USA, untersucht, ebenso allfällige Konsequenzen auf den neutralen Status der
Republik Österreich.
1.3. Aufbau der Arbeit
Das einleitende Kapitel 1 beschreibt Ausgangssituation, Zielsetzung und Auf-
bau der Arbeit.
In Kapitel 2 wird die Entwicklungsgeschichte einer gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik in Europa im Überblick dargestellt sowie die vertragliche und
außervertragliche Entwicklung der europäischen Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik der Union.

3
Kapitel 3 stellt die Regelungen differenzierter Integration im Bereich der ESVP
mit ihren Durchführungsbestimmungen im operativen Teil der Verfassung für
Europa dar, sowie die mit der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusammen-
hängenden Bestimmungen. Diese neuen Regelungen werden rechtlich analy-
siert, indem Vergleiche zu den derzeit geltenden Bestimmungen des Vertrags
von Nizza gezogen werden und Unterschiede, wesentliche Änderungen sowie
etwaige Verbesserungen des Verfassungsvertrags herausgearbeitet werden.
Kapitel 4 analysiert die Auswirkungen der Ratifikation des Verfassungsvertrags
auf die ESVP und deren voraussichtliche Entwicklung sowie zukünftige Umset-
zung. Weiters werden die Beziehungen zwischen EU und NATO sowie den
USA beleuchtet und die Konsequenzen, die sich aus der Weiterentwicklung der
ESVP ergeben könnten, aufgezeigt. Schließlich wird das Verhältnis der
Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union auf die Republik Österreich ana-
lysiert, unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Status der
Neutralität.
Abschließend werden in Kapitel 5 Schlussfolgerungen aus dieser Arbeit gezo-
gen.

4
2. Entwicklungsphasen einer europäischen
Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik
2.1. Etappen zwischen 1950 und 1990
Die Europaidee geht bis zur griechisch-römischen Antike zurück. In Österreich
hat in der Zwischenkriegszeit Graf Coudenhove-Kalergi mit der 1923 gegründe-
ten Paneuropäischen Bewegung für die Schaffung eines Bundesstaates ,,Verei-
nigte Staaten von Europa" geworben.
1
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die
europäische Zusammenarbeit durch die Organisation für Europäische Wirt-
schaftliche Zusammenarbeit (OEEC, 1948)
2
wieder belebt. Die Errichtung der
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)
3
folgte dem von
J. Monnet und dem französischem Außenminister R. Schumann 1950 vorgeleg-
tem Plan zur supranationalen Verwaltung der französischen und deutschen
,,Schlüsselindustrien" und wurde zur Geburtsstunde der europäischen Integrati-
on. Im europäischen Integrationsprozess besteht traditionell ein enger Zusam-
menhang zwischen den Bereichen Sicherheit und Integration.
Die Bemühungen, eine europäische Gemeinschaft auch im Verteidigungsbe-
reich zu schaffen, scheiterte an der Weigerung der französischen Nationalver-
sammlung, den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft
4
am
30.8.1954 zu unterzeichnen.
5
Die nächste Etappe stellte das Projekt der Bene-
lux-Staaten zur Errichtung eines europäischen Binnenmarktes dar. Die Vorar-
beiten (sog Spaak-Bericht
6
) bildeten die Grundlage für die Erstellung des EWG-
1
Vgl Streinz, Europarecht
5
(2001) 6.
2
Vgl Schweitzer/Hummer, Europarecht, Das Recht der Europäischen Union ­ Das Recht der
Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EG, EAG) ­ mit Schwerpunkt EG
5
(1996) Rn 31.
3
Die Republik Frankreich, die Republik Italien, das Königreich Belgien, das Großherzogtum
Luxemburg, das Königreich Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland beteiligten sich
an der Regierungskonferenz zur Ausarbeitung des EGKS-Vertrags, der am 23.7.1952 in Kraft
trat.
4
Der vom französischen Premierminister R. Pleven entwickelte und nach ihm benannte Plan
schlug die Schaffung einer supranationalen europäischen Armee vor und wurde zur Verhand-
lungsgrundlage über eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft.
5
Vgl Pechstein/Koenig, Die Europäische Union, Die Verträge von Maastricht und Amsterdam
2
(1998) 16 f.
6
Nach dem belgischen Außenminister P.-H. Spaak benannt, der den Vorsitz im Expertenaus-
schuss führte und sich mit Möglichkeiten einer weiteren Wirtschaftsintegration beschäftigte.

5
Vertrags und des EAG-Vertrags, die am 25.3.1957 in Rom von den sechs Mit-
gliedern der EGKS unterzeichnet wurden und am 1.1.1958 in Kraft traten. Mit
dem Fusionsvertrag, der am 1.7.1967 in Kraft trat, bewerkstelligten die Europäi-
schen Gemeinschaften EGKS, EWG und EAG eine Konsolidierung ihrer Struk-
turen, indem ein gemeinsamer Rat und eine gemeinsame Kommission einge-
setzt wurden.
Die Fouchet-Pläne
7
zur Verankerung der Kooperation auf Europaebene wurden
von den Mitgliedstaaten verworfen. Die institutionelle Krise, die auf Divergenzen
zwischen der Republik Frankreich und dem Rest der Gemeinschaft über die Fi-
nanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik basierte, führte am 29.1.1966 zum
Luxemburger Kompromiss.
8
Die Staats- und Regierungschefs beauftragten zur
Stärkung der europäischen Integration die Außenminister mit der Ausarbeitung
eines Konzeptes zur Erzielung von Fortschritten auf dem Gebiet der politischen
Einigung. Der sog Davignon-Bericht schlug regelmäßige politische Konsultatio-
nen und eine Harmonisierung der Standpunkte in den außerhalb der Gemein-
schaftskompetenz verbleibenden Bereichen vor. Am 27.10.1970 wurde dieser
Bericht im Rahmen des Ministerrates von Luxemburg von den EG-
Außenministern angenommen (Luxemburg-Bericht).
9
Zum Zwecke der Realisie-
rung dieser Vorgaben sollten die Außenminister mindestens zweimal pro Jahr
zusammenkommen.
10
Die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) geht auf die EG-
Gipfelkonferenz von Den Haag im Jahr 1969 zurück. Die Einheitliche Europäi-
sche Akte (EEA)
11
aus dem Jahr 1987 legte die Gemeinschaften auf die Vollen-
dung des Binnenmarktes bis Ende des Jahres 1992 fest und stellte die bisher
7
Die Gipfelkonferenz der sechs EG-Mitgliedstaaten beauftragte im Jahre 1961 eine Experten-
kommission ­ unter Federführung des französischen Botschafters Fouchet ­ Pläne über die
Gründung einer Europäischen Union auszuarbeiten.
8
Die aufgrund von Streitigkeiten wegen der Beschlussfassung innerhalb der EG durch die fran-
zösische Regierung praktizierte ,,Politik des leeren Stuhls" (Nichtteilnahme an den Sitzungen
des Ministerrats) konnte durch die Bestimmung, dass die Mitgliedstaaten bei Mehrheitsbe-
schlüssen, die wichtige Interessen eines Partners betreffen, sich um eine einvernehmliche Lö-
sung bemühen müssen, gelöst werden.
9
Luxemburg-Bericht, BullEG 11-1970, 9-14; Gegründet wurde auch ein Politisches Komitee zur
Vorbereitung der Ministertreffen.
10
Vgl Pechstein/Koenig, Die Europäische Union
3
(2000) 140 f.

6
praktizierte Europäische Politische Zusammenarbeit auf eine rechtliche Grund-
lage, ohne dass ihr zwischenstaatlicher Charakter aufgegeben werden sollte.
Dennoch blieb die EPZ außerhalb der Gemeinschaftsrechts-Ordnung.
12
2.2. Die Entwicklung der GASP
2.2.1. Der Vertrag von Maastricht
Die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaften in die angestrebte
Europäische Union wurde mit Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht
13
1992 erreicht, der am 1.11.1993 in Kraft trat und die Überführung der EPZ in
eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zur Folge hatte.
Durch den EU-Vertrag (EUV) sind erstmals eine ausdrücklich als solche be-
zeichnete gemeinsame Außenpolitik und gemeinsame Verfahren eingeführt
worden. Mit Einbindung der GASP in einen einheitlichen institutionellen Rah-
men sowie ihrer Verankerung als zweite Säule der neu geschaffenen Union im
Rahmen des Titel V EUV wurde eine kohärente Grundlage für ein gemeinsa-
mes außenpolitisches Vorgehen der Mitgliedstaaten geschaffen. Auch wenn die
Terminologie des EUV die GASP als intergouvernementale Zusammenarbeit
darstellt, geht sie qualitativ jedoch eindeutig über eine solche hinaus.
14
Der Vertrag von Maastricht weist der Union eine Verantwortung für die ,,Wah-
rung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit" zu (Art J 1
(2) EUV). Die GASP erstreckt sich auf ,,alle Bereiche der Außen- und Sicher-
heitspolitik" (Art J 1 (1) EUV), ,,wozu auf längere Sicht auch die Festlegung ei-
ner gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu gegebener Zeit zu einer
11
ABl L 169/1 vom 29.6.1987.
12
Vgl Thun-Hohenstein/Cede/Hafner, Europarecht, Ein systematischer Überblick mit den Aus-
wirkungen der EU-Erweiterung
5
(2005) 4 ff.
13
Vertrag von Maastricht über die Europäische Union vom 7. Februar 1992, in Kraft getreten
am 1.11.1993, ABl C 191, 19.07.1992.
14
Vgl Marquardt in Von der Groeben/Schwarze (Hrsg), Kommentar zum Vertrag über die Euro-
päische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
6
(2003) Vorbemerkungen Art
11-28 EUV Rn 2.

7
gemeinsamen Verteidigung führen könnte" (Art J 4 (1) EUV).
15
Die WEU wird
zum ,,integralen Bestandteil der Entwicklung der Europäischen Union" erklärt
(Art J 4 (2) EUV) und kann vom Rat zur Ausarbeitung und Durchführung von
Entscheidungen und Aktionen mit verteidigungspolitischen Bezügen einstimmig
ersucht werden. Zu jeder außen- und sicherheitspolitischen Frage von allge-
meiner Bedeutung kann der Rat einen gemeinsamen Standpunkt festlegen. Die
Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass ihre einzelstaatliche Politik im Ein-
klang mit diesen steht (Art J 2 (2) EUV). Ein weiteres Instrument zur Umsetzung
der Grundsätze und allgemeinen Leitlinien (Art J 8 (1) EUV) sind die gemein-
samen Aktionen, welche ein gemeinsames Vorgehen auf Unionsebene darstel-
len (vgl Art J 3 EUV).
16
2.2.2. Der Vertrag von Amsterdam
Eine neuerlich einberufene Regierungskonferenz im Jahre 1996 schuf den Ver-
trag von Amsterdam
17
, der am 1. Mai 1999 in Kraft trat und die GASP weiter-
entwickelte:
18
Die gemeinsame Strategie als neues Instrument der Außenpolitik
erlaubt dem Europäischen Rat in Bereichen, in denen ,,wichtige gemeinsame
Interessen der Mitgliedstaaten bestehen", diese mit Zielsetzung, Dauer und An-
gabe der von der Union und den Mitgliedstaaten bereitzustellenden Mittel zu
beschließen (Art 13 (2) EUV). Damit soll auf höchster politischer Ebene ein
Konsens gefunden werden, der es dem Rat ermöglicht, gemeinsame Aktionen
bzw gemeinsame Standpunkte mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen. Die
Möglichkeit der Fassung von Mehrheitsbeschlüssen wurde dementsprechend
erweitert (vgl Art 23 (2) UAbs 1 EUV). Ausgenommen sind davon Beschlüsse
15
Vgl Gerhardt, Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik ­ Der nächste Schritt zur
europäischen Integration? in Hoyer/Kaldrack (Hrsg), Europäische Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik (ESVP) (2002) 166 (167).
16
Vgl Schweitzer/Hummer, Europarecht
5
Rn 548.
17
Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997, in Kraft getreten am 01.05.1999, ABl C 340,
10.11.1997.
18
In Österreich erfolgte die Genehmigung des Amsterdamer Vertrags auf der Grundlage eines
eigenen Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrags von Amsterdam, siehe
BGBl 76/1998.

8
mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen.
19
Weiters wird den Mit-
gliedstaaten die Möglichkeit einer ,,konstruktiven Enthaltung" iSd Art 23 (1)
UAbs 2 EUV gegeben: Durch Abgabe einer förmlichen Erklärung entfällt die
Verpflichtung dieses Mitgliedstaates zur Durchführung eines Beschlusses ohne
Blockierung der einstimmigen Beschlussfassung. Zur ,,Personifizierung" der
GASP wird eine neue Institution, das Amt des Hohen Repräsentanten für die
GASP geschaffen, der zugleich die Funktion des Generalsekretärs des Rates
ausübt (Art 26 EUV) und dem rotierenden Vorsitz ein permanentes Organ an
die Seite stellt. Der Hohe Vertreter soll einerseits den Rat in Angelegenheiten
der GASP unterstützen und andererseits im Auftrag des Vorsitzes den sog poli-
tischen Dialog mit Drittstaaten führen.
20
Unter der Verantwortung und zur Stär-
kung des Hohen Vertreters der GASP und Generalsekretärs des Rates wird ei-
ne Strategieplanungs- und Frühwarneinheit geschaffen.
21
Im Gegensatz zum Vertrag von Maastricht spricht der Vertrag von Amsterdam
in seinem Art 17 (1) EUV von der ,,schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen
Verteidigungspolitik". Die Petersberg-Aufgaben
22
werden wörtlich in den EU-
Vertrag übernommen und die Inkorporation der WEU in die Union wird durch
eine engere institutionelle Bindung eingeleitet. Zur Durchführung der Aufgaben
laut Art 17 (2) EUV nimmt die EU die WEU ,,in Anspruch".
23
19
Art 23 (2) letzter Satz EUV.
20
Vgl Burghardt/Tebbe/Marquardt in Von der Groeben/Schwarze (Hrsg), Kommentar zum Ver-
trag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
6
(2003) Art
26 EUV Rn 1 f.
21
Siehe Erklärung Nr 6 zum Vertrag von Amsterdam zur Schaffung einer Strategieplanungs-
und Frühwarneinheit.
22
Zugrunde liegt der Formel Petersberg-Aufgaben die sog Petersberg-Erklärung der Außen-
und Verteidigungsminister der WEU vom 19.6.1992. Punkt II.4 der Petersberg-Erklärung lautet:
,,Militärische Einheiten der WEU-Mitgliedstaaten, die unter der Befehlsgewalt der WEU einge-
setzt werden, könnten neben ihrem Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung in Übereinstimmung
mit Artikel 5 des Washingtoner Vertrags bzw Artikel V des geänderten Brüsseler Vertrags auch
für folgende Zwecke eingesetzt werden: humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedens-
erhaltende Aufgaben, Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung, einschließlich Maßnahmen zur
Herbeiführung des Friedens." Die ,,Petersberg-Erklärung",
http://www.weu.int/
,,Key Texts"
(25.2.2005).
23
Art 17 (3) EUV.

9
2.2.3. Der Vertrag von Nizza
Der vom Europäischen Rat ausgearbeitete Vertrag von Nizza
24
wurde am
26.2.2001 unterzeichnet und trat am 1.2.2003 in Kraft.
25
Die GASP wird im Hin-
blick auf die Entwicklung einer europäischen Handlungsfähigkeit zur Krisenbe-
wältigung entscheidend gestärkt.
26
Die ESVP wird primärrechtlich verankert und
kann unabhängig vom Inkrafttreten des Vertrags von Nizza implementiert und
umgesetzt werden, um die Union möglichst bald einsatzbereit zu machen.
27
Durch den Vertrag von Nizza erfolgt eine Anpassung des Art 17 EUV an die
Übernahme der Aufgaben der WEU durch die EU: Alle operativen Bezüge auf
die WEU werden in Art 17 EUV gestrichen, da die EU sich zur Durchführung
der Petersberg-Aufgaben ihrer eigenen Krisenreaktionstruppen bedienen kann
und die WEU infolgedessen nicht mehr benötigt.
28
Das vormalige ,,Politische
Komitee" wird zum ,,Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee" (Art 25
EUV) und nimmt ,,unter Verantwortung des Rates die politische Kontrolle und
strategische Leitung von Operationen zur Krisenbewältigung" wahr.
29
In den Art
27a bis 27e EUV wird eine verstärkte Zusammenarbeit nun auch im Bereich der
GASP eingeführt, allerdings sind ,,Fragen mit militärischen oder verteidigungs-
politischen Bezügen" explizit davon ausgenommen (Art 27b EUV). Darüber hin-
aus kann die verstärkte Zusammenarbeit nur in Durchführung gemeinsamer Ak-
tionen oder gemeinsamer Standpunkte erfolgen.
30
24
Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001, in Kraft getreten am 01.02.2003, ABl C 80,
10.03.2001.
25
Für den Abschluss des Vertrags siehe BGBl 120/2001, für die Ratifikation BGBl 4/2003.
26
Vgl Kremer/Schmalz, Nach Nizza ­ Perspektiven der Gemeinsamen Europäischen Si-
cherheits- und Verteidigungspolitik, integration 2/2001, 167 (168).
27
Siehe Erklärung Nr 1 zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Anhang zur
Schlussakte der Regierungskonferenz, ABl C 80, 10.3.2001, 77.
28
Vgl Adam, Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union nach
dem Europäischen Rat von Nizza, in Müller-Brandeck-Bocquet (Hrsg), Europäische Außenpoli-
tik, GASP- und ESVP-Konzeptionen ausgewählter EU-Mitgliedstaaten
1
(2002) 134 (135); Die
WEU ist zu einer ,,Rumpforganisation" geworden, ihr verbleibt einzig die kollektive Beistands-
verpflichtung des Art V WEU-Vertrag.
29
Vgl Regelsberger, Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nach ,Nizza' ­ begrenzter
Reformeifer und außervertragliche Dynamik, integration 2/2001, 157.
30
Art 27b EUV.

10
2.3. Die außervertragliche Dynamik der ESVP
Die zügige Weiterentwicklung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik ist vor allem der außervertraglichen Entwicklung in Form von Gip-
feltreffen des Europäischen Rats zu verdanken. Dieser Prozess begann durch
die 1998 in Saint Malo formulierte Absicht, im Bereich der ESVP eine autonome
internationale Handlungsfähigkeit anzustreben und eigene politisch-militärische
Strukturen für ein EU-Krisenmanagement zu errichten. Durch die Festlegung
der politischen Kernelemente ist die ESVP beim Europäischen Rat in Köln 1999
ins Leben getreten.
2.3.1. Der Gipfel von Saint Malo
Die französisch-britische Erklärung von Saint Malo im Dezember 1998 brachte
neue Dynamik in die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik durch
die programmatisch formulierte Absicht, eine autonome Handlungsfähigkeit der
EU im internationalen Bereich anzustreben und eigene politisch-militärische
Strukturen für ein EU-Krisenmanagement zu errichten.
31
In der gemeinsamen
Schlusserklärung von Frankreich und England ("Joint Declaration") wird präzis-
iert: ,,In order for the European Union to take decisions and approve military ac-
tion where the Alliance as a whole is not engaged, the Union must be given ap-
propriate structures and a capacity for analysis of situations, sources of intelli-
gence, and a capability for relevant strategic planning, without unnecessary du-
plication ..."
32
2.3.2. Der Europäische Rat von Köln und Helsinki
Nach übereinstimmender Ansicht ist die ESVP beim Europäischen Rat in Köln
im Juni 1999 durch Festlegung der politischen Kernelemente ins Leben getre-
31
Vgl Brok, Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Europäischen Kontext ausbauen ­ Positio-
nen der Europäischen Volkspartei (EVP) zur ESVP, in Hoyer/Kaldrack (Hrsg), Europäische Si-
cherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), Der Weg zu integrierten europäischen Streitkräf-
ten?
1
(2002) 124 (126).

11
ten.
33
Die Union muss ,,... die Fähigkeit zu autonomem Handeln, gestützt auf ein
glaubwürdiges militärisches Potential, sowie die Mittel und die Bereitschaft be-
sitzen, dessen Einsatz zu beschließen, um ­ unbeschadet von Maßnahmen der
NATO ­ auf internationale Krisensituationen zu reagieren."
34
Am Europäischen Ratsgipfel in Köln wurde beschlossen, dass die notwendigen
institutionellen und militärischen Voraussetzungen für den Aufbau des militäri-
schen Krisenmanagements bis zum Ende des Jahres 2000 zu schaffen sind.
Die ESVP soll im Wesentlichen die Petersberg-Aufgaben umfassen. Dazu wird
die Integration der WEU in die EU notwendig, allerdings ohne diese selbst auf-
zulösen.
35
Ein möglicher Rückgriff auf NATO-Mittel bei militärischen Einsätzen
wird als Option erwähnt.
36
Auf dem Europäischen Rat von Helsinki im Dezember 1999 haben die EU-
Mitgliedstaaten ein gemeinsames Leitziel, das ,,Helsinki Headline Goal"
37
festge-
legt: Die EU soll bis 2003 fähig sein, innerhalb von 60 Tagen Streitkräfte im Um-
fang von 50.000 bis 60.000 Personen, für die Erfüllung der Petersberg-
Aufgaben, zu dislozieren und eine solche Operation für mindestens ein Jahr
lang im Einsatz halten zu können.
38
,,This process ... does not imply the creation
of a European army."
39
Darüber hinaus wird die Einrichtung eines Politischen
32
Schlusserklärung von St. Malo vom 4. Dezember 1998, in Rutten (Hrsg), From St-Malo to
Nice, European defence: core documents, Chaillot Paper 47, 8 f.
33
Vgl Gerhardt in Hoyer/Kaldrack (Hrsg), ESVP 167.
34
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Köln), 3. und 4. Juni 1999, BullEU 6-
1999 Anhang 3 Ziff I.58.1.
35
Der WEU-Ministerrat beschloss am 13. November 2000, die operationellen Funktionen der
WEU an die EU zu übergeben. Das Satellitenzentrum und das Institut für Sicherheitsstudien der
WEU wurden in entsprechende EU-Einrichtungen inkorporiert: Gemeinsame Aktion betreffend
die Einrichtung eines Instituts der EU für Sicherheitsstudien vom 20.7.2001, ABl L 200/1 und
Gemeinsame Aktion des Rates betreffend die Einrichtung eines Satellitenzentrums der EU vom
20.7.2001, ABl L 200/5; In Nizza wiederum sind die Regelungen über das Verhältnis zur WEU
entfallen.
36
Schlussfolgerungen des Rates (Köln), BullEU 6-1999 Ziff I.58.5 und I.62; Für eine effektive
Beschlussfassung wird insbesondere vorgesehen: Ein EU-Militärausschuss, ein EU-Militärstab
und ein ständiges sicherheitspolitisches Gremium in Brüssel, siehe Schlussfolgerungen des Ra-
tes (Köln), BullEU 6-1999 Ziff I.61.
37
Durch die Festlegung von sog Headline-Goals (Planzielen) sollen die militärischen Fähigkei-
ten im Krisenmanagement erhöht und konkretisiert werden.
38
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Helsinki), 10. und 11. Dezember 1999,
BullEU 12-1999 Ziff I.9.28; Siehe auch Isak, Europarecht I, Strukturen ­ Institutionen ­ Verfah-
ren (2000) 25.
39
Schlussfolgerungen des Rates (Helsinki), BullEU 12-1999 Ziff I.9.27.

12
und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK), eines EU-Militärausschusses
(EUMC) und eines Militärstabs (EUMS) beschlossen.
40
2.3.3. Der Europäische Rat von Feira
Bei diesem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Union wurde im
Juni 2000 das konkrete Planziel zur Stärkung der ESVP für den zivilen Bereich
verabschiedet: Bis zum Jahr 2003 soll die Union imstande sein, bis zu 5.000
Polizisten für internationale Einsätze zur Verfügung zu stellen.
41
Es wurden vier
Bereiche (,,priority areas") ermittelt, um die Effizienz der Union bei der zivilen
Krisenbewältigung zu erhöhen: Polizei, Stärkung des Rechtsstaates, Stärkung
der Zivilverwaltung und Katastrophenschutz.
42
2.3.4. Der Europäische Rat von Nizza
Auf dem Europäischen Rat von Nizza im Dezember 2000 wurde die bisherige
Entwicklung der ESVP seit Köln bekräftigt. Ziel ist eine möglichst baldige
Einsatzbereitschaft der Europäischen Union in diesem Bereich. Einen entspre-
chenden Beschluss wird der Europäische Rat so bald wie möglich, spätestens
jedoch auf der Tagung des Europäischen Rates in Laeken fassen.
43
Der Euro-
päische Rat beschließt folgende politische und militärische Gremien, die seit
März 2000 auf Interims-Basis eingesetzt waren, künftig mit permanenter Wir-
kung auszustatten: Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee, den Mili-
tärausschuss und den Militärstab der Europäischen Union.
44
,,Die Europäische
Union hat ihre Absicht bekräftigt, die Krisenbewältigungsfunktion der WEU zu
40
Vgl Brok, Europäische Verteidigungspolitik, in von Wogau (Hrsg), Auf dem Weg zur Europäi-
schen Verteidigung (2003) 48 (52).
41
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Feira), 19. und 20. Juni 2000, BullEU 6-
2000 Ziff I.8.11; Innerhalb von 30 Tagen sollen bis zu 1.000 Polizisten entsendet werden kön-
nen; Vgl auch Gerhardt in Hoyer/Kaldrack (Hrsg), ESVP 171.
42
Schlussfolgerungen des Rates (Feira), BullEU 6-2000 Anlage 3 zu Anlage 1.
43
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Nizza), 7. bis 9. Dezember 2000, Bul-
lEU 12-2000 Ziff I.6.12.
44
Schlussfolgerungen des Rates (Nizza), BullEU 12-2000 Anlage 6: Bericht des Vorsitzes über
die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik; Siehe die Beschlüsse 2001/78/GASP,

13
übernehmen."
45
Gemäß der Erklärung des WEU-Ministerrates in Marseille vom
13. November 2000
46
hat die EU sämtliche Funktionen der WEU ­ mit Ausnah-
me der kollektiven Beistandsklausel ­ übernommen. Weiters konnte eine Ver-
einbarung über die Konsultation und Zusammenarbeit von EU und NATO ge-
schlossen werden. ,,Ziel der Beziehungen zwischen EU und NATO ist ... für ei-
ne effiziente Konsultation, Zusammenarbeit und Transparenz bezüglich der ge-
eigneten militärischen Reaktion auf eine Krise zu sorgen sowie eine wirksame
Bewältigung dieser Krise sicherzustellen."
47
2.3.5. Der Europäische Rat von Göteborg und Laeken
Der Europäische Rat von Göteborg nahm im Juni 2001 den von der Kommissi-
on vorgelegten Bericht zur Konfliktprävention an. Dieser Bereich soll separat
von den Krisenreaktionsmechanismen fortentwickelt werden. ,,Der Europäische
Rat bestätigt das Programm der EU zur Verhütung gewaltsamer Konflikte, wel-
ches die Fähigkeit der Union zu kohärenter Frühwarnung, Analyse und Hand-
lungsweise verbessern wird. Die Konfliktverhütung ist eines der Hauptziele der
Außenbeziehungen der Union und soll in alle ihre relevanten Aspekte, ein-
schließlich der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der Entwick-
lungszusammenarbeit und des Handels, integriert werden."
48
Die Staats- und Regierungschefs haben im Dezember 2001 auf dem Europäi-
schen Rat von Laeken die grundsätzliche Einsatzbereitschaft der ESVP festge-
stellt. Die EU sei nunmehr im Hinblick auf Krisenbewältigungsaktionen operati-
onell. Es bedarf allerdings noch erheblicher Fortschritte für Operationen größe-
ren Ausmaßes, somit sei die Erklärung der Einsatzbereitschaft eher ein Start-
2001/79/GASP und 2001/80/GASP des Rates zur Einsetzung des Politischen und Sicherheits-
politischen Komitees, des Militärausschusses und des Militärstabs, ABl L 27, 30.1.2001.
45
Schlussfolgerungen des Rates (Nizza), BullEU 12-2000 Anlage 6.
46
Erklärung des WEU-Ministerrates in Marseille, 13.11.2000,
http://www.weu.int/
,,Key Texts"
(25.2.2005).
47
Schlussfolgerungen des Rates (Nizza), BullEU 12-2000 Anhang 7 zu Anlage 6: Dauerverein-
barungen über die Konsultation und die Zusammenarbeit EU/NATO.
48
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Göteborg), 15. und 16. Juni 2001, Bul-
lEU 6-2001 Ziff I.30.52.

14
als ein Zielpunkt.
49
Die für Operationen mit größten Anforderungen und Kom-
plexität noch fehlenden militärischen und zivilen Fähigkeiten sollen ­ auf freiwil-
liger Basis ­ mittels eines Aktionsplanes zur Stärkung der militärischen Fähig-
keiten (,,European Capability Action Plan") als auch eines entsprechenden Pla-
nes im Polizeibereich (,,Police Action Plan") verwirklicht werden.
50
2.3.6. Der Europäische Rat von Sevilla
Bei diesem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU im Juni 2002
wurden Fortschritte auf dem zivilen und militärischen Krisenmanagement-
Sektor erzielt. Die EU ist entschlossen ihre Kapazitäten in konkreten Missionen
(sowohl zivilen als auch militärischen) anzuwenden: ,,Insbesondere hat sie be-
schlossen, die Polizeimission in Bosnien und Herzegowina (EUPM) zu leiten,
durch die ab dem 1. Januar 2003 die derzeitige Operation der UNO abgelöst
wird."
51
Ebenso hat der Europäische Rat ,,den Willen der Europäischen Union
zum Ausdruck gebracht, die NATO in der ehemaligen jugoslawischen Republik
Mazedonien abzulösen."
52
Voraussetzung hierfür ist, dass die Dauervereinba-
rungen für die EU-NATO-Zusammenarbeit (,,Berlin-Plus") getroffen sind. Der
Europäische Rat bekräftigt, dass der Terrorismus eine große Bedrohung für die
Sicherheit und Stabilität der Union darstellt, und beschließt sein Engagement
zur Bekämpfung des Terrorismus zu verstärken.
53
49
Vgl Gerhardt in Hoyer/Kaldrack (Hrsg), ESVP 167; Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Euro-
päischer Rat (Laeken), 14. und 15. Dezember 2001, BullEU 12-2001 Anlage 2 Ziff I.28; Die
(teilweise) Einsatzfähigkeit der ESVP wird im Mai 2002 im Rahmen einer Krisenmanagement-
Übung (,,CME 02") getestet.
50
Schlussfolgerungen des Rates (Laeken), BullEU 12-2001 Anhänge 1 und 2, in Rutten (Hrsg),
From Nice to Laeken, European defence: core documents, Chaillot Paper 51, 130-138; Die Plä-
ne sind anlässlich der Beitragskonferenz (,,Capability Improvement Conference") in Brüssel
(November 2001) entwickelt worden, da festgestellt wurde, dass die konkreten Beiträge zur Er-
reichung des EU-Planziels noch immer unzureichend seien.
51
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Sevilla), 21. und 22. Juni 2002, BullEU
6-2002 Ziff I.7.13.
52
Schlussfolgerungen des Rates (Sevilla), BullEU 6-2002 Ziff I.7.14.
53
Schlussfolgerungen des Rates (Sevilla), BullEU 6-2002 Ziff I.31.1.

15
2.3.7. Der Europäische Rat von Kopenhagen
Auf dem Europäischen Rat von Kopenhagen im Dezember 2002 konnten die
Verhandlungen das ,,Berlin-Plus"-Dilemma lösen. Diese Vereinbarung
54
zwi-
schen EU und NATO ermöglicht der Union bei Operationen ohne NATO-
Beteiligung den Zugang zu Logistik und Planungskapazitäten der NATO. Im
Gegenzug sichert die Union die größtmögliche Beteiligung von NATO-
Mitgliedern, welche nicht der EU angehören.
55
Folgend bekräftigt der Europäi-
sche Rat die sofortige Bereitschaft der Union, die (militärische) Krisenmanage-
ment-Operation in Mazedonien (FYROM) zu übernehmen.
56
,,Der Europäische
Rat bekundete ferner die Bereitschaft der Union, die Führung bei einer militäri-
schen Operation in Bosnien in der Nachfolge der SFOR zu übernehmen."
57
2.3.8. Der Europäische Rat von Thessaloniki
Auf dem Europäischen Rat von Thessaloniki im Juni 2003 schloss der Europäi-
sche Konvent seine Arbeit zu einer neuen Verfassung Europas, die die beste-
henden Verträge vereinfachen und eine gute Basis für die Zukunft darstellen
soll, grundsätzlich ab (,,Draft Constitutional Treaty"). ,,Die Einsatzfähigkeit der
Europäischen Union ist durch die Einleitung von drei ESVP-Operationen, näm-
lich der Polizeimission in Bosnien und Herzegowina (EUPM)
58
, der Operation
Concordia in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien
59
und der
54
Die ,,Berlin-Plus"-Vereinbarung hat nur für jene EU-Mitgliedstaaten Gültigkeit, welche entwe-
der NATO-Mitglieder sind oder am PfP-Programm teilnehmen, Schlussfolgerungen des Vorsit-
zes, Europäischer Rat (Kopenhagen), 12. und 13. Dezember 2002, BullEU 12-2002 Anlage 2.
55
Siehe European Union - NATO Declaration on ESDP, Brussels, 16 December 2002, in Haine
(Hrsg), From Laeken to Copenhagen, European defence: core documents, Chaillot Paper 57,
178 f; Schlussfolgerungen des Rates (Kopenhagen), BullEU 12-2002 Ziff I.9.27.
56
Schlussfolgerungen des Rates (Kopenhagen), BullEU 12-2002 Ziff I.9.28.
57
Schlussfolgerungen des Rates (Kopenhagen), BullEU 12-2002 Ziff I.9.29.
58
Die EUPM ist die erste ESVP-Mission und hat am 1. Januar 2003 ihre Tätigkeit aufgenom-
men. Ihr gehören über 500 Polizeibeamte aus mehr als dreißig Ländern an. Die EUPM schließt
sich an die Mission der Internationalen Polizeieinsatztruppe der Vereinten Nationen an. Siehe
Gemeinsame Aktion 2002/210/GASP des Rates vom 11.03.2003 über die Polizeimission der
Europäischen Union, ABl 70 vom 13.03.2002.
59
Concordia ist die zweite ESVP-geführte Operation im Jahr 2003. Sie folgt der NATO-
Operation ,,Task-Force-Fox" ab 31. März 2003 auf Ersuchen der Regierung Mazedoniens. Sie-
he Gemeinsame Aktion 2003/92/GASP des Rates vom 27.01.2003 über die militärische Opera-
tion der Europäischen Union in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, ABl L
34/26 vom 11.02.2003.

16
Operation Artemis in Bunia in der Demokratischen Republik Kongo
60
, erneut
bestätigt worden."
61
Darüber hinaus wurden Aktionspläne zur Terrorismusbe-
kämpfung und gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen erstellt
und den Schlussfolgerungen des Vorsitzes angefügt.
62
,,Der Europäische Rat
beauftragt ... die zuständigen Ratsgremien, die notwendigen Maßnahmen zu
treffen, damit im Laufe des Jahres 2004 eine zwischenstaatliche Agentur für die
Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung
und Rüstung geschaffen wird."
63
2.3.9. Der Europäische Rat von Brüssel (Dezember 2003)
Der Europäische Rat von Brüssel im Dezember 2003 nimmt die neue Sicher-
heitsstrategie der Union an
64
und bekräftigt seine Entschlossenheit, die Verant-
wortung für ein sicheres Europa in einer besseren Welt wahrzunehmen. Die
Union soll in die Lage versetzt werden, besser mit neuen globalen Herausforde-
rungen umgehen zu können.
65
,,In diesem Zusammenhang hat der Europäische
Rat die Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen
angenommen."
66
Als Hauptbedrohungen (,,key threats") werden in der Europäi-
60
Artemis, die dritte ESVP-Mission im Jahr 2003, hat die Stabilisierung der sicherheitspoliti-
schen Lage und die Verbesserung der humanitären Bedingungen in Bunia zum Ziel. Siehe Ge-
meinsame Aktion 2003/423/GASP des Rates vom 5. Juni 2003 über die militärische Operation
der Europäischen Union in der Demokratischen Republik Kongo, ABl L 143/50 vom 11.06.2003.
61
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Thessaloniki), 19. und 20. Juni 2003,
BullEU 6-2003 Ziff I.23.58.
62
Schlussfolgerungen des Rates (Thessaloniki), BullEU 6-2003 Anlage 1 Ziff I.42 ff (Bericht des
Vorsitzes an den Europäischen Rat über das außenpolitische Handeln der EU bei der Terroris-
musbekämpfung, GASP, einschließlich ESVP) und Anlage 2 Ziff I.56 (Erklärung des Europäi-
schen Rates zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen).
63
Schlussfolgerungen des Rates (Thessaloniki), BullEU 6-2003 Ziff I.32.84.
64
Damit wird der Union erstmals eine einheitliche sicherheitspolitische Agenda gegeben; Sola-
na, ,,A secure Europe in a better world",
http://ue.eu.int/uedocs/cmsUpload/78367.pdf
(25.2.2005); J. Solana wurde im Mai 2003 beim informellen Treffen der Außenminister auf
Kastellorizo (Griechenland) mit der Ausarbeitung beauftragt.
65
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Brüssel), 12. und 13. Dezember 2003,
BullEU 12-2003 Ziff I.32.84.
66
Schlussfolgerungen des Rates (Brüssel), BullEU 12-2003 Ziff I.32.84; Siehe Gemeinsamer
Standpunkt 2003/805/GASP des Rates betreffend die weltweite Anwendung und Stärkung von
multilateralen Übereinkünften im Bereich der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen
und Trägermitteln, ABl L 302/34 vom 20.11.2003: ,,Die Gefahr, dass Terroristen in den Besitz
chemischer, biologischer, radiologischer oder nuklearer Waffen gelangen, verleiht dieser Be-
drohung eine neue Dimension. ... In ihrem Aktionsplan ... gegen die Verbreitung von Massen-

17
schen Sicherheitsstrategie Terrorismus
67
, Massenvernichtungsmittel, regionale
Konflikte
68
, das Scheitern von Staaten (,,state failure") und organisierte Kriminali-
tät genannt. Ziel der EU-Außenpolitik muss ein aktiveres, handlungsfähigeres
und kohärenteres Vorgehen sein. Der Europäische Rat hat weiters ein Doku-
ment mit dem Titel ,,Europäische Verteidigung: NATO/EU-Konsultationen, Pla-
nung und Operationen" begrüßt.
69
2.3.10. Der Europäische Rat von Brüssel (Juni 2004)
Das Kernstück dieses Gipfeltreffens im Juni 2004 bildete die einstimmige Eini-
gung über den Entwurf für einen Verfassungsvertrag als Abschluss der Arbeiten
des Konvents und der Regierungskonferenz. Durch die im Dezember 2003 an-
genommene Sicherheitsstrategie sind unter anderem in den Bereichen effekti-
ver Multilateralismus mit den VN, Kampf gegen den Terrorismus und umfas-
sende Politik bezüglich Bosnien und Herzegowina (für ein wirksameres Enga-
gement der EU bei der Unterstützung der europäischen Perspektive des Lan-
des) entsprechende Folgemaßnahmen vorangebracht worden.
70
Der Europäi-
sche Rat hat im Frühjahr 2004 (nach den Bombenanschlägen von Madrid) eine
weit reichende Erklärung zum Terrorismus angenommen.
71
Der Rat nimmt nun
einen Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus an, der als ,,Fahrplan" zeit-
liche Vorgaben für die Erreichung spezieller Ziele und konkreter Fortschritte
enthält.
72
,,Der Europäische Rat begrüßt die Einigung über die Gemeinsame Ak-
vernichtungswaffen haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, auf politischer Ebe-
ne weltweit den Beitritt zu Übereinkünften in Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen
und ihren Trägermitteln zu fördern."
67
Vgl Müller, Terrorism, proliferation: a European threat assessment, Chaillot Papers 58, 44 ff;
Coping with terrorism requires short- and long-term responses.
68
"Gewaltsame oder festgefahrene Konflikte, wie sie auch an unseren Grenzen andauern, stel-
len eine Bedrohung für die regionale Stabilität dar. Sie zerstören Menschenleben wie auch so-
ziale und physische Infrastrukturen, bedrohen Minderheiten und untergraben die Grundfreihei-
ten und Menschenrechte." Europäische Sicherheitsstrategie, 12. Dezember 2003, 4,
http://ue.eu.int/uedocs/cmsUpload/78367.pdf
(25.2.2005);
69
Schlussfolgerungen des Rates (Brüssel), BullEU 12-2003 Ziff I.33.89.
70
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Brüssel), 17. und 18. Juni 2004, BullEU
6-2004 Ziff I.12.48.
71
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Brüssel), 25. und 26. März 2004, Bul-
lEU 3-2004 Ziff I.28: ,,Erklärung des Europäischen Rates zum Kampf gegen Terrorismus".
72
Schlussfolgerungen des Rates (Brüssel), BullEU 6-2004 Ziff I.4.22.

18
tion zur Errichtung der Europäischen Verteidigungsagentur."
73
,,Der Europäische
Rat unterstützt das Streitkräfte-Planziel 2010."
74
2.3.11. Der Europäische Rat von Brüssel (Dezember 2004)
,,Der Europäische Rat begrüßt die erfolgreiche Einleitung der militärischen Ope-
ration ALTHEA der EU in Bosnien und Herzegowina (BiH) am 2. Dezember
2004
75
, die den Einsatz der Union für Stabilität und Sicherheit in diesem Land
untermauert und ein praktisches Beispiel für die strategische Partnerschaft mit
der NATO bei der Krisenbewältigung darstellt. Er nimmt ferner die erfolgreiche
Ausführung der drei laufenden ESVP-Missionen ­ EU-Polizeimission in Bosnien
und Herzegowina, EUPOL Proxima in der ehemaligen jugoslawischen Republik
Mazedonien und EU-Mission THEMIS zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in
Georgien ­ zur Kenntnis."
76
Weiters billigt der Europäische Rat die detaillierten
Vorschläge für die Umsetzung des Dokuments "European Defence: NATO/EU
Consultation, Planning and Operations". Bis Januar 2006 soll ein Operations-
zentrums errichtet werden, außerdem eine EU-Zelle beim Obersten Hauptquar-
73
Schlussfolgerungen des Rates (Brüssel), BullEU 6-2004 Ziff I.15.61 und I.6.16; Siehe auch
den Beschluss 2003/834/EG des Rates zur Einsetzung eines Stabs zur Vorbereitung der Ein-
richtung einer Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung,
Beschaffung und Rüstung (ABl L 318 vom 3.12.2003) und die Gemeinsame Aktion
2004/551/GASP des Rates vom 12.7.2004 über die Einrichtung der Europäischen Verteidi-
gungsagentur, ABl L 245/17 vom 17.7.2004.
74
Schlussfolgerungen des Rates (Brüssel), BullEU 6-2004 Ziff I.15.60; Headline Goal 2010, Ju-
ni 2004,
http://ue.eu.int/uedocs/cmsUpload/2010%20Headline%20Goal.pdf
(25.2.2005).
75
Der Rat beschloss im Juli 2004 die Mission EUFOR ALTHEA in BiH zu führen, Gemeinsame
Maßnahme 2004/570/GASP des Rates vom 12.7.2004 über die militärische Operation der Eu-
ropäischen Union in Bosnien und Herzegowina, ABl L 252/10 vom 28.7.2004; Beginn der Missi-
on war der 2. Dezember 2004, Beschluss des Rates 2004/803/GASP vom 25. November 2004
über die die militärische Operation der Europäischen Union in Bosnien und Herzegowina, ABl L
353/21, 27.11.2004; Eine weitere Polizeimission der ESVP, EUPOL Kinshasa, wird in der De-
mokratischen Republik Kongo ab Januar 2005 geführt, Gemeinsamer Beschluss des Rates
2004/847/GASP vom 9. Dezember 2004, ABl L 367/30, 14.12.2004; Weiters soll eine Mission
zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit im Irak, EUJUST LEX, geführt werden, Gemeinsamer Be-
schluss des Rates 2005/190/GASP vom 7. März 2005, ABl L 62/37, 9.3.2005.
76
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Brüssel), 16. und 17. Dezember 2004,
BullEU 12-2004 Ziff I.18.60; Die Polizeimission Proxima ist die vierte ESVP-Operation und star-
tete am 15. Dezember 2003. Gemeinsame Aktion 2003/681/GASP vom 29.9.2003 über die Po-
lizeimission der Europäischen Union in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien,
ABl L 249, 1.10.2003; EUJUST THEMIS ist die erste Mission zur Stützung der Rechtsstaatlich-
keit. Beginn war der 16. Juli 2004. Siehe Gemeinsame Aktion 2004/523/GASP des Rates vom

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783836605861
DOI
10.3239/9783836605861
Dateigröße
924 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz – Rechtswissenschaften, Europarecht
Erscheinungsdatum
2007 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
europa sicherheitspolitik verteidigungspolitik verfassung nato
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Titel: Die Entwicklung der Konzepte 'verstärkter', 'strukturierter' und 'enger' Zusammenarbeit in der GASP im Rahmen des Verfassungskonvents und der Regierungskonferenz
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