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Untersuchung und Anwendung der Wertstrommethode zur Optimierung der Material- und Informationsflüsse am Beispiel eines Zulieferers der Robert Bosch GmbH

©2007 Diplomarbeit 136 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Zuge der Globalisierung von Angebots- und Nachfragemärkten sowie der Internationalisierung von Organisationen und Partnerschaften sehen sich die Unternehmen heute einem steigenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Dieser ist gekennzeichnet durch steigende internationale Konkurrenz in der Fertigung und Entwicklung sowie durch kürzere Produktlebenszyklen, die unmittelbar mit einem hohen Kosten- und Innovationsdruck einhergehen.
Neben dieser Entwicklung erschwert eine Verschiebung der Märkte vom Verkäufer- zum Käufermarkt die Situation der Unternehmen. Wo früher ein Nachfrageüberhang bestand und die Hersteller im Liefersystem den Markt regelten, legen heute Nachlieferungsinformationen den Warenstrom fest und der Kunde entscheidet, welche Produkte er wann haben will.
Infolgedessen steigen die Ansprüche an die Unternehmen, die individuellen Erzeugnisse, in kurzen Liefer- und Reaktionszeiten, zu niedrigen Stückkosten und in einer hohen Qualität zu erzeugen. Neben der Beherrschung der Komplexität sind damit Produktivitätssteigerungen und hohe Leistungsmerkmale der Produkte gefragt, die unter den erschwerten Bedingungen eines variierenden und schwankenden Kundenverhaltens erzielt werden müssen.
Aus dieser Situation entstehen neuen Anforderungen an die Unternehmen. Die Erfüllung der Kundenanforderungen stellt hohe prozess- und organisationstechnische Ansprüche an sie ist zugleich die Voraussetzung für das Bestehen im Markt. Um in einem dynamischen Unternehmensumfeld wettbewerbsfähig zu sein, ist nicht nur eine optimale Ausführung einzelner Arbeitsschritte von Bedeutung. Stattdessen ist eine flexible, schnelle und kostengünstige Abwicklung der Prozesse gefragt, die bei dem Anliegen des Kunden beginnt und mit der
Befriedigung seiner Anforderungen abschließt. Damit wird weniger die Technologie, als
vielmehr die Ausrichtung der Prozesse auf den Kundenbedarf zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Mit der Konzentration auf die gesamte Wertschöpfungskette kann die notwendige Produktivität und Zielgruppenakzeptanz erreicht werden.
Immer häufiger nutzen Unternehmen zur Bewältigung der neuen Herausforderungen die von der Toyota Motor Company entwickelten Methoden und Prinzipien, die der Ansatz „Lean Production“ zur Verfügung stellt. Der Blick auf die Prozesse, die erforderlich sind, um Produkte oder Dienstleistungen zu erstellen und zum Kunden zu bringen, ist kennzeichnend für dieses Konzept. Damit wird eine starke Kundenorientierung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Georg Schumacher
Untersuchung und Anwendung der Wertstrommethode zur Optimierung der Material- und
Informationsflüsse am Beispiel eines Zulieferers der Robert Bosch GmbH
ISBN: 978-3-8366-0498-7
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Seite I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltverzeichnis
I
Abbildungsverzeichnis
III
Tabellenverzeichnis
IV
Abbildungsverzeichnis
V
1. Einleitung und Problemstellung
1
2. Prozessoptimierung und Lean Production
4
2.1 B
EGRIFFSKLÄRUNG
P
ROZESSOPTIMIERUNG
4
2.2 L
EAN
P
RODUCTION
5
2.2.1 E
RSTES
P
RINZIP
:
S
PEZIFIKATION DES
W
ERTES
7
2.2.2 Z
WEITES
P
RINZIP
:
I
DENTIFIKATION DES
W
ERTSCHÖPFUNGSSTROMS
9
2.2.3 D
RITTES
P
RINZIP
:
R
EALISIERUNG DES
F
LIEßPRINZIPS
10
2.2.4 V
IERTES
P
RINZIP
:
U
MSETZUNG DES
P
ULLPRINZIPS
12
2.2.5 F
ÜNFTES
P
RINZIP
:
P
ERFEKTION
14
3. Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
16
3.1
G
RUNDLAGEN DER
W
ERTSTROMMETHODE
16
3.2
W
ERTSTROMAUFNAHME
18
3.2.1 A
USWAHL DER
P
RODUKTFAMILIE
20
3.2.2 E
RSTELLUNG DES
W
ERTSTROMDIAGRAMMS
21
3.2.3 K
ENNGRÖßEN DER
W
ERTSTROMAUFNAHME
25
3.2.4 I
DENTIFIKATION VON
V
ERSCHWENDUNG
28
3.3
W
ERTSTROMDESIGN
32
3.3.1 I
DEALMODELL DER SCHLANKEN
P
RODUKTION
33
3.3.1.1 Kundentaktzeit
35
3.3.1.2 Fließfertigung und Schrittmacherprozess
37
3.3.1.3 Pull-Prinzip
39
3.3.1.4 Nivellierung
43
3.3.2 E
RSTELLUNG EINES
U
MSETZUNGSPLANS
47
3.3.3 K
ONTINUIERLICHE
V
ERBESSERUNG
49
3.4 B
EWERTUNG DER
M
ETHODE
50

Inhaltsverzeichnis
Seite II
3.4.1 S
TÄRKEN DER
W
ERTSTROMMETHODE
50
3.4.2 S
CHWÄCHEN DER
W
ERTSTROMMETHODE
51
3.4.3 F
AZIT
53
4. Anwendung der Wertstrommethode bei der Robert Bosch GmbH
56
4.1 D
AS
U
NTERNEHMEN
R
OBERT
B
OSCH
G
MB
H
,
56
4.2 Z
ENTRALABTEILUNG
L
IEFERANTENENTWICKLUNG
58
4.2.1 A
USWAHLKRITERIEN FÜR EIN
L
IEFERANTENPROJEKT
59
4.2.2 L
EAN
P
LANT
A
SSESSMENT
60
4.2.2 P
HASENMODELL FÜR
P
ROJEKTE
61
4.3 A
USWAHL UND
V
ORBEREITUNG DES
L
IEFERANTENPROJEKTS
63
4.3.1 V
ORSTELLUNG DES
U
NTERNEHMENS
ABC
63
4.3.2 L
EAN
P
LANT
A
SSESSMENT IM
U
NTERNEHMEN
ABC
64
4.3.3 A
USGANGSSITUATION IM
U
NTERNEHMEN
ABC
65
4.4 W
ERTSTROMAUFNAHME IM
U
NTERNEHMEN
ABC
66
4.4.1 A
USWAHL DER
P
RODUKTFAMILIE
66
4.4.2 E
RSTELLEN DES
W
ERTSTROMDIAGRAMMS
67
4.4.3 I
DENTIFIKATION VON
V
ERSCHWENDUNG
72
4.5 W
ERTSTROMDESIGN DES
U
NTERNEHMENS
ABC
76
4.5.1 A
BLEITEN DES
W
ERTSTROMDESIGNS
77
4.5.1.1
Kundentaktzeit
77
4.5.1.2
Fließfertigung
81
4.5.1.3
Pull-Prinzip
82
4.5.1.4
Nivellierung
87
4.5.2 F
ESTLEGUNG DES
U
MSETZUNGSPLANS
90
5. Ergebnisse der Wertstrommethode
92
5.1 B
EWERTUNG DER
M
AßNAHMEN
92
5.1.1 M
AßNAHMEN
Q
UALITÄT
93
5.1.2 M
AßNAHMEN
L
OGISTIK
94
5.1.3 M
AßNAHMEN
F
ERTIGUNG
96
5.2 F
AZIT
98
6. Zusammenfassung und Ausblick
102
Literaturverzeichnis
105
Anhang
116

Abbildungsverzeichnis
Seite III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau und Gliederung der Arbeit ... 3
Abbildung 2: Elemente und ihre Wirkungsmechanismen in der Lean Production ... 7
Abbildung 3: Gestaltung der Wertschöpfungskette industrieller Güter... 9
Abbildung 4: Pull-Prinzip versus Push-Prinzip ... 13
Abbildung 5: Kontinuierliche Verbesserung mit Kaizen ... 14
Abbildung 6: Schritte der Wertstrommethode ... 17
Abbildung 7: Ebenen zur Anwendung der Wertstrommethode ... 19
Abbildung 8: Kundeninformationen und Materialfluss im Wertstromdiagramm ... 22
Abbildung 9: Informationsfluss im Wertstromdiagramm ... 23
Abbildung 10: Zeitlinie des Wertstromdiagramms ... 24
Abbildung 11: Overall Equipment Effectiveness... 27
Abbildung 12: Kaizen-Blitze im Wertstromdiagramm... 29
Abbildung 13: Arten von Tätigkeiten beim Erzeugungsprozess ... 30
Abbildung 14: Idealmodell des Wertstromdesigns ... 33
Abbildung 15: Berechnung des Kundentaktes ... 35
Abbildung 16: Taktzeitausgleich mit dem Operator Balance Chart ... 36
Abbildung 17: Berechnung der Mitarbeiterzahl ... 37
Abbildung 18: Produktionssteuerung mit FIFO-Bahn ... 40
Abbildung 19: Produktionssteuerung mit Supermarkt
,
... 42
Abbildung 20: Produktion nach der Nivellierung des Produktvolumens ... 45
Abbildung 21: Nivellierung des Produktmix ... 46
Abbildung 22: System Kaizen und Punkt Kaizen... 49
Abbildung 23: Einschränkung der Wertstrommethode ... 52
Abbildung 24: Wertstrommethode als Managementwerkzeug... 54
Abbildung 25: Reifegradmodell der Robert Bosch GmbH ... 61
Abbildung 26: Phasenmodell eines Supplier Development Projektes... 62
Abbildung 27: Präzisionsdrehteile des Unternehmens ABC ... 63
Abbildung 28: Ergebnis LPA beim Unternehmen ABC
,
... 64
Abbildung 29: Produktfamilie Düsenkörper ... 66
Abbildung 30: Wertstromaufnahme des Unternehmen ABC... 69
Abbildung 31: Verschwendung im Wertstrom des Unternehmens ABC ... 73
Abbildung 32: ABC-Analyse beim Unternehmen ABC... 77
Abbildung 33: Zykluszeiten der Prozesse beim Unternehmen ABC ... 78
Abbildung 34: Wertstromdesign für das Unternehmen ABC... 79
Abbildung 35: FIFO-Bahn des Unternehmens ABC ... 83

Abbildungsverzeichnis
Seite IV
Abbildung 36: Milkrun beim Unternehmen ABC ... 84
Abbildung 37: Auslegung des Fertigwarenbestands ... 85
Abbildung 38: Berechnung der Rüstvorgänge... 88
Abbildung 39: Nivellierungssequenz Unternehmen ABC... 89
Abbildung 41: Verpackungskonzept des Unternehmens ABC... 95
Abbildung 42: Supermarktkonzept bei Bosch und dem Lieferanten ... 97
Abbildung 43: Auswirkungen und Potenziale der schlanken Maßnahmen... 100
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Produktfamilie-Matrix ... 20
Tabelle 2: Prozessbezogene Kenngrößen mit Zeitbezug ... 27
Tabelle 3: Sieben Arten der Verschwendung
,
... 31
Tabelle 4: Unternehmens- und Geschäftsbereich der Bosch-Gruppe ... 57
Tabelle 5: Kennzahlen der Bosch-Gruppe ... 57
Tabelle 6: Fertigwarenbestand beim Unternehmen ABC ... 86
Tabelle 7: Rohmaterialbestand beim Unternehmen ABC ... 86
Tabelle 8: Umsetzungsplan des Unternehmens ABC... 91
Tabelle 9: Ergebnisse der Maßnahmen beim Unternehmen ABC ... 92

Abkürzungsverzeichnis
Seite V
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
BPS
Bosch Production System
CP
Corporate Purchasing
DLZ
Durchlaufzeit
EPEI
Every Part Every Intervall
EZRS
Erzeugnis Rohstoffe
HRL
Hochregallager
KLT
Kleinladungsträger
LPA
Lean Plant Assessment
MAE
Maschinen, Anlagen und Einrichtungen
TPS
Toyota Production System
RB
Robert Bosch GmbH
OEE
Overall Equipment Effectiveness
o.V.
ohne Verfasser
o.S.
ohne Seitenangabe
PLKZ
Problemlieferantenkennzahl
PPM
Parts per Million
PPS
Produktions- und Planungssystem
PUQ
Purchasing and Quality Management
QCO
Quick Change Over
SDT
Supplier Development Team
SNP
Standard Number of Parts
TPM
Total Productive Maintenance
SMED
Single Minute Exchange of Die
WIP
Work in Progress (Halbfertigerzeugnisse)
ZWL
Zwischenlager

Whenever there is a product for a customer, there is a
value stream. The challenge lies in seeing it.
[Mike Rother & John Shook]
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr
hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weg
lassen kann.
[Antoine de Saint-Exupéry]
Verschwendung ist falsche Verwendung.
[Andreas Tenzer]

Einleitung und Problemstellung
Seite 1
1.
Einleitung und Problemstellung
Im Zuge der Globalisierung von Angebots- und Nachfragemärkten sowie der Internationali-
sierung von Organisationen und Partnerschaften sehen sich die Unternehmen heute einem
steigenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt.
1
Dieser ist gekennzeichnet durch steigende inter-
nationale Konkurrenz in der Fertigung und Entwicklung sowie durch kürzere Produktlebens-
zyklen, die unmittelbar mit einem hohen Kosten- und Innovationsdruck einhergehen.
Neben dieser Entwicklung erschwert eine Verschiebung der Märkte vom Verkäufer- zum
Käufermarkt die Situation der Unternehmen. Wo früher ein Nachfrageüberhang bestand und
die Hersteller im Liefersystem den Markt regelten, legen heute Nachlieferungsinformationen
den Warenstrom fest und der Kunde entscheidet, welche Produkte er wann haben will.
2
Infolgedessen steigen die Ansprüche an die Unternehmen, die individuellen Erzeugnisse, in
kurzen Liefer- und Reaktionszeiten, zu niedrigen Stückkosten und in einer hohen Qualität zu
erzeugen. Neben der Beherrschung der Komplexität sind damit Produktivitätssteigerungen
und hohe Leistungsmerkmale der Produkte gefragt, die unter den erschwerten Bedingungen
eines variierenden und schwankenden Kundenverhaltens erzielt werden müssen.
Aus dieser Situation entstehen neuen Anforderungen an die Unternehmen. Die Erfüllung der
Kundenanforderungen stellt hohe prozess- und organisationstechnische Ansprüche an sie ist
zugleich die Voraussetzung für das Bestehen im Markt. Um in einem dynamischen Unter-
nehmensumfeld wettbewerbsfähig zu sein, ist nicht nur eine optimale Ausführung einzelner
Arbeitsschritte von Bedeutung.
3
Stattdessen ist eine flexible, schnelle und kostengünstige
Abwicklung der Prozesse gefragt, die bei dem Anliegen des Kunden beginnt und mit der
Befriedigung seiner Anforderungen abschließt.
4
Damit wird weniger die Technologie, als
vielmehr die Ausrichtung der Prozesse auf den Kundenbedarf zum entscheidenden Erfolgs-
faktor. Mit der Konzentration auf die gesamte Wertschöpfungskette kann die notwendige
Produktivität und Zielgruppenakzeptanz erreicht werden.
Immer häufiger nutzen Unternehmen zur Bewältigung der neuen Herausforderungen die von
der Toyota Motor Company entwickelten Methoden und Prinzipien, die der Ansatz ,,Lean
Production" zur Verfügung stellt. Der Blick auf die Prozesse, die erforderlich sind, um Pro-
dukte oder Dienstleistungen zu erstellen und zum Kunden zu bringen, ist kennzeichnend für
1
Vgl. Brakemeier, D.; Jäger, H.-C.: Schlanke Produktion als Wettbewerbsvorteil in globalen Märkten
für Unternehmen in entwickelten Industrien. In: Information Management und Consulting, Ausgabe
1, 2004, S. 84.
2
Vgl. Kuhn, A.; Hellingrath, B.: Supply Chain Management: Optimierte Zusammenarbeit in der Wert-
schöpfungskette. Heidelberg, 2002, S. 4.
3
Vgl. Schulte-Zuhausen, M.: Organisation. München, 3. Auflage, 2002, S. 46.
4
Vgl. Schantin, D.: Makromodellierung von Geschäftsprozessen: Kundenorientierte Prozessgestal-
tung durch Segmentierung und Kaskadierung. Wiesbaden, 2004, S. 40.

Einleitung und Problemstellung
Seite 2
dieses Konzept. Damit wird eine starke Kundenorientierung ebenso wie eine hohe Effizienz
angestrebt. Ziel des Ansatzes ist es, das Unternehmen aus der Perspektive der Prozesse zu
steuern und für einen flexiblen Wertstrom zu sorgen, um so die Nachfrage maßgeschneidert,
schnell und kostengünstig erfüllen zu können.
5
Mit dem Fokus auf den Wertstrom und seine
Optimierung durch die systematische Beseitigung von Verschwendung stellt der Ansatz eine
ganzheitliche Lösung dar, der die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens steigert.
Der Ausgangspunkt für eine Optimierung des Wertstroms ist die Identifikation von Schwach-
stellen. Eine zentrale Methode von Lean Production, die hilfreich ist, um Ansatzpunkte abzu-
leiten, ist die Wertstrommethode. Sie ist ein Werkzeug, das es ermöglicht, die Prozesskette
in ihrer Komplexität systematisch zu erfassen und zu verstehen. Dazu werden entlang des
Wertstroms alle Aktivitäten untersucht, die erforderlich sind, um ein Produkt zu erzeugen.
Aus dem entstehenden Bild lassen sich Hinweise auf Schwachstellen und Verbesserungs-
potenziale erkennen. Überflüssige Tätigkeiten, unnötige Lagerstufen und große Bestände
sind nur einige Beispiele, die gemeinsam mit den Ursachen als Verschwendung identifiziert
werden, und die es - so das Ziel von Lean Production - zu beseitigen gilt.
6
Auf Basis dieser Informationen lassen sich im nächsten Schritt unternehmensspezifische
Verbesserungsmaßnahmen definieren und umsetzen. Ziel ist es, den Prozessfluss der Wert-
schöpfung zu optimieren, um die Anforderungen des Kunden zu erfüllen und einen ver-
schwendungsfreien Erzeugungsprozess zu gestalten. Damit können die Effizienz des Unter-
nehmens gesteigert, die Kosten reduziert und die Qualität verbessert werden.
Die Wertstrommethode beschreibt einen interessanten Ansatz, der die Ablaufqualität der
Prozesse nachhaltig steigern kann. Ihr Einsatz ist wertvoll für die Unternehmen, um den sich
verändernden Bedingungen des Marktes gerecht zu werden. Eine detaillierte Untersuchung
der Methodik und ihrer Anwendung bilden den Kernpunkt dieser Arbeit. Das Ziel ist dabei,
die folgenden Fragestellungen zu beantworten:
Welche wesentlichen Prinzipien verfolgt der Ansatz ,,Lean Production"?
Was ist die Wertstrommethode und wie ist ihre genaue Vorgehensweise?
Welche sind Vor- und Nachteile ergeben sich mit der Wertstrommethode?
Wie ist der Einsatz der Wertstrommethode in der Praxis zu bewerten?
Zur Beantwortung dieser Fragen gliedert sich die Arbeit in sechs Kapitel. Die Zielsetzung ist,
alle Aspekte der Wertstrommethode zu beleuchten und ihre Anwendung an einem realen
Beispiel bei der Robert Bosch GmbH zu untersuchen (vgl. Abbildung 1):
5
Vgl. Wiegand, B.: Herausforderung hoch vier: Lean Management verbessert das Produktionssystem
aus der Wertstromperspektive. In: Der Betriebsleiter, Ausgabe 5, 2005, S. 28.
6
Vgl. ebd., S. 28.

Einleitung und Problemstellung
Seite 3
Abbildung 1: Aufbau und Gliederung der Arbeit
7
Das Konzept der Lean Production wurde in der Vergangenheit ausgiebig diskutiert und die
Erkenntnisse in zahlreichen Arbeiten zusammengetragen. Infolgedessen dient Kapitel 2 nicht
dazu den Ansatz in seiner Vollständigkeit zu beschreiben, es werden lediglich die Kern-
aspekte erläutert, die für das Verständnis der Wertstrommethode interessant sind.
Kapitel 3 bildet den Kern der Arbeit und dient dazu, die Wertstrommethode als Werkzeug der
Prozessoptimierung zu untersuchen. Ausgehend von einer Begriffsklärung werden das
schrittweise Vorgehen und die Zielsetzung des Werkzeugs beschrieben. Die Analyse der
Vor- und Nachteile schließen das Kapitel und die theoretische Betrachtung ab.
In der praktischen Betrachtung beschreibt Kapitel 4 die Anwendung der Wertstrommethode.
Anhand eines Projekts im Rahmen der Lieferantenentwicklung der Robert Bosch GmbH
werden die Schritte der Wertstrommethode in der praktischen Umsetzung untersucht. Aus-
gehend von der Ist-Analyse, wird ein Zielzustand entwickelt und schrittweise umgesetzt.
Kapitel 5 dient zur Bewertung der umgesetzten Maßnahmen und der erzielten Resultate.
Dazu werden die Veränderungen zum Ausgangszustand ermittelt und mit messbaren Kenn-
größen bewertet. Die gemachten Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung werden mit
der theoretischen Betrachtung vergleichen und schließen das Kapitel ab.
In einer Zusammenfassung und einem Ausblick, Kapitel 6 der Arbeit, werden die Ergebnisse
komprimiert dargestellt und Hinweise auf eine zukünftige Entwicklung gegeben.
7
Eigene Darstellung.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 4
2.
Prozessoptimierung und Lean Production
Wie bereits einleitend erwähnt, stehen Unternehmen heute vor der schwierigen Aufgabe die
wachsenden Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen. Um diese Herausforderung erfolgreich zu
meistern, sind in vielen Branchen grundlegende Veränderungen der Prozesse erforderlich.
Dieses Kapitel dient dazu den Grundgedanken der Prozessoptimierung zu erläutern, bevor
der Ansatz der Lean Production als eine Lösung betrachtet wird.
2.1 Begriffsklärung Prozessoptimierung
Unter einem Prozess versteht man die inhaltlich abgeschlossene, zeitliche und sachlogische
Folge von Aktivitäten, die zur Bearbeitung eines betriebswirtschaftlichen relevanten Objektes
notwendig sind.
8
Der Vorgang der Prozessoptimierung setzt auf den bestehenden Prozessen
der Unternehmung an und zielt auf die Umsetzung von optimalen Handlungsalternativen zur
Erreichung zukünftiger Sollzustände. Grundlage ist eine prozessorientierte Betrachtung der
betrieblichen Abläufe,
9
die eine Abkehr des traditionellen Abteilungsdenkens fordert und
stattdessen die Definition von übergreifenden Prozessketten verlangt.
10
Zur Optimierung der Abläufe empfiehlt sich gemäß DIN EN ISO 9000 ein Vorgehen in sechs
Stufen. Hiernach müssen zunächst alle nicht-wertschöpfenden Prozesse erfasst werden.
Anschließend sind alle am Prozess beteiligten Personen zu ermitteln und die Ist-Abläufe zu
beschreiben. Der Kunde (intern oder extern) und sein Lieferant vereinbaren die gemeinsam
zu erreichenden Ziele und Schritte, die als Basis für die nachfolgende Prozessanalyse und
die daraus resultierende Definition der Abhilfemaßnahmen dienen. Schließlich werden die
Maßnahmen in ihrer Wirksamkeit erprobt und der Vorgang nach erfolgreichem Abschluss in
seiner optimierten Weise dokumentiert (Verfahrensanweisung).
11
Die einmalige Verbesserung in der Prozessausrichtung ist dabei wenig sinnvoll, stattdessen
ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) anzustreben.
12
Dies setzt ein Prozess-
management voraus, das die Abläufe in der Unternehmensführung zentriert und steuert.
13
8
Vgl. Becker, J.; Kahn, D.: Der Prozess im Fokus. In: Becker, J.; Kugeler, M.; Rosemann, M. (Hrsg.):
Prozessmanagement: Ein Leitfaden zur Gestaltung prozessorientierten Organisationsgestaltung.
Berlin, 5. Auflage, 2005, S. 6.
9
Vgl. Fischermanns, G.: Praxishandbuch Prozessmanagement. Gießen, 6. Auflage, 2006, S. 17.
10
Mittelhuber, B.; Rother, M.: Verlieren sie keine Zeit! Durchlaufzeiten-Horizontales Denken-
Wertstromdesign. In: REFA-Nachrichten, Ausgabe 1, 2002, S. 1.
11
Vgl. Hering, E.; Steparsch, W.; Linder, M.: Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000: Prozess-
optimierung der Wertschöpfung. Berlin, 2. Auflage, 1996, S. 200.
12
Vgl. Hermann S.: Das große Handbuch der Strategiekonzepte: Ideen, die die Businesswelt ver-
ändert haben. Frankfurt/Main, 2000, S. 323.
13
Vgl. Hirzel, M.: Prozessmanagement in der Praxis: Wertschöpfungsketten planen, optimieren und
erfolgreich steuern. Wiesbaden, 2005, S. 49.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 5
Die Prozessoptimierung hat sich heute zu einem wichtigen Teil des integrierten Prozess-
managements der Unternehmen entwickelt. Prozessoptimierung und -orientierung dienen als
Grundlage für eine wirkungsvolle betriebswirtschaftliche Ausrichtung und gehören zu einem
unverzichtbaren Bestandteil der heutigen Unternehmensführung. Diesen Trend belegen die
Ergebnisse des Business Process Report 2006, nach dem sich 80 Prozent der 150 befragten
Unternehmen stark bis sehr stark mit dem Thema Prozessmanagement auseinanderset-
zen.
14
Als Ziele werden Effizienzsteigerung, Prozesseffektivität, Kostenreduzierung sowie
Standardisierung und Harmonisierung der Prozesse genannt.
15
Heute existieren viele Managementkonzepte, die auf Basis einer Prozessorientierung diese
Ziele verfolgen. Dazu zählen beispielsweise Business Process Reengineering
16
, Six Sigma
17
und Lean Production. Im Rahmen dieser Arbeit wird der letztgenannte Ansatz betrachtet und
sein Konzept sowie die wesentlichen Prinzipien in den folgenden Abschnitten erläutert.
2.2 Lean Production
Wie die historische Rekonstruktion zeigt, geht die Entstehung von Lean Production auf die
japanische Automobilindustrie zurück und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere
durch die Toyota Motor Company geprägt. Zu dieser Zeit setzte sich Toyota mit der Heraus-
forderung auseinander im Automobilmarkt Fuß zu fassen, einem Markt, der wesentlich durch
nordamerikanische und europäische Hersteller dominiert wurde.
18
Unter Berücksichtigung damaliger japanischer Randbedingungen (geringe Investitionsmittel,
geringe Nachfrage nach japanischen Automobilen etc.) entwickelte und vervollkommnete
Toyota ein Produktionssystem
19
, das sich zu einer eigenständigen und langfristig wettbe-
werbsfähigen Alternative zur damals vorherrschenden Massenproduktion etabliert hat.
20
14
Vgl. Anderer, G.; Chalons, C. (Hrsg.): Business Process Report 2006: Eine representative Umfrage
unter 150 IT-Entscheidern. Saarbrücken, 2006, S. 5. URL: http://www.ids-scheer.com/
international/german/press/pressreleases (Stand: 03.01.2007).
15
Vgl., ebd., S. 5.
16
Zu näheren Informationen: Vgl. Hammer, M.; Champy, J.: Business Reengineering: Die Radikalkur
für das Unternehmen. Frankfurt/Main, New York, 5. Auflage, 1995.
17
Zu näheren Informationen: Vgl. Harry, M; Schroeder, R.: Six Sigma: Prozesse optimieren, Null-
Fehler-Qualität schaffen, Rendite radikal steigern. Frankfurt/Main, 3. Auflage, 2000.
18
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.; Roos, D.: The Machine that changed the world. New York, 1990,
S. 48,49.
19
In diesem Kontext sind insbesondere Eiji Toyoda und Taiichi Ohno zu nennen, die nach einer Be-
sichtigungsreise der Ford Company in den 50er Jahren, den Grundstein für das Toyota Production
Systems (TPS) legen.
20
Vgl. o.V. Wettbewerbsfähig durch Lean Production: Ursprünge-Inhalte-Umsetzung. Eine Infor-
mationsschrift des RKW-Arbeitskreises ,,Innovationsmanagement". Eschborn, 1992, S. 7.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 6
Nach zunehmenden Erfolgen und steigenden Marktanteilen der japanischen Unternehmen
wurde das Konzept im Jahre 1985 erstmals im Rahmen einer umfassenden MIT-Studie
21
untersucht. Die Veröffentlichung der Ergebnisse löste eine intensive Diskussion aus, weil sie
eindrucksvoll die Produktivitäts- und Wettbewerbsvorteile der japanischen Unternehmen
gegenüber den westlichen Mitbewerbern im Weltmarkt belegt: ,,[...] it uses less of everything
compared to mass production - half the human effort in the factory, half the manufacturing
space, half the investment in tools, half the engineering hours to develop a new product in
half the time [...] it requires keeping far less than half the needed inventory on site, results in
many fewer defects, and produces a greater and ever growing variety of products."
22
Lean Production, also ,,schlanke Produktion", kann als ein Ansatz beschrieben werden, der
durch den Einsatz bestimmter Prinzipien und Methoden den Produktionsaufwand reduziert.
Ziel ist es, Verschwendung zu beseitigen, die Kosten der Herstellung zu senken sowie das
Produktionsergebnis zu erhöhen. Der grundlegende Gedanke dabei besteht darin, die Kapa-
zitäten (Maschinen- und Personalkapazitäten etc.) so abzustimmen, dass sie in jedem Fall
ausgelastet sind und somit langfristige Überkapazitäten vermieden werden.
23
Gleichzeitig zielt der Ansatz auf eine marktorientierte Produktion ab, die den steigenden
Kundenansprüchen nach Produktvielfalt und kurzen Lieferzeiten gerecht werden.
24
Dazu
wird der Grundsatz, der in der Massenproduktion die Lagerhaltung zur kurzfristigen Nachfra-
gebefriedigung vorsieht, abgeschafft und ersetzt durch den Grundsatz hoher Flexibilität in
der Produktion, der eine Fertigung auf Bestellung ermöglicht.
25
Lean Production erfüllt damit
die erfolgskritischen Ziele Qualität, Kosten und Liefertreue, Ziele die aus Sicht der Hand-
werks- und Massenfertigung zunächst unvereinbar schienen.
26
Die Realisierung dieses Konzepts bezieht sich nicht nur auf den Fabrikbetrieb, sondern
schließt alle unternehmensweiten Prozesse sowie die Schnittstellen zum Lieferanten und
Kunden mit ein.
27
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer umfassenden Reorganisation aller
Unternehmensfunktionen zu einem ganzheitlichen Ansatz, mit dem Ziel, die Synergien einer
21
Die Studie des Massachusetts Instititute of Technology (MIT) untersuchte die weltweite Situation in
der Automobilindustrie. Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.; Roos, D.: a.a.O., 1990.
22
Vgl. ebd., S. 13.
23
Vgl. Reese, J.: Ein Lean Production-Modell uns seine organisatorischen Konsequenzen. In: Cors-
ten, H.; Will T.. (Hrsg.): Lean Production: Schlanke Produktionsstrukturen als Erfolgsfaktor. Stutt-
gart; Berlin; Köln, 1993, S. 89.
24
Vgl. Jeziorek, O.: Lean Production: Vergleich mit anderen Konzepten zur Produktionsplanung- und
steuerung. In: Geitner, U. (Hrsg.): Fortschritte der CIM-Technik, Band 9. Braun-
schweig/Wiesbaden, 1994, S. 7.
25
Vgl. ebd., S. 7.
26
Vgl. Traeger, D.H.: Grundgedanken der Lean Production. Stuttgart, 1994, S. 1.
27
Vgl. Wilhelm, B.: Lean Production als unternehmensweite Gemeinschaftsaufgabe. In: o.V.: Produk-
tionsmanagement '92. VDI-Gesellschaft Produktionstechnik (ADB), VDI Berichte 1015, Düsseldorf,
1993, S. 3-4.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 7
abgestimmten Prozesskette zu nutzen. Entscheidend sind dabei die Wirkungsmechanismen
der Elemente untereinander und deren Einbettung in das Gesamtsystem (vgl. Abbildung 2).
28
Abbildung 2: Elemente und ihre Wirkungsmechanismen in der Lean Production
29
W
OMACK
und J
ONES
beschreiben in ihrem Literaturwerk
30
fünf Schlüsselprinzipien, die ent-
scheidend für eine erfolgreiche Umsetzung des schlanken Ansatzes sind. Aufgrund ihrer
Bedeutung für das Verständnis von Lean Production werden diese Prinzipien nachstehend
näher beschrieben.
2.2.1
Erstes Prinzip: Spezifikation des Wertes
Der Nutzenwert ist aus der Perspektive des Endverbrauchers genau festzulegen - in Bezug
auf ein spezifisches Produkt mit spezifischen Eignungen, angeboten zu einem bestimmten
Preis und Zeitpunkt.
31
,,Value is a measurement of the worth of a specific product or service by a customer, and is a
function of the product's usefulness in satisfying a customer need, the relative importance of
the need being satisfied, and the exchange cost to the customer."
32
Der Wert des Produktes
oder der Dienstleistung bildet den Ausgangspunkt des schlanken Ansatzes und kann nur
vom Kunden definiert und vorgegeben werden. Der Hersteller erzeugt den Wert und hat
28
Vgl. Wilhelm, B.: a.a.O., 1993, S. 4.
29
Abb. nach: Wilhelm, B.: a.a.O., 1993, S. 6.
30
Womack, J.P.; Jones, D.T.: Lean Thinking: Auf dem Weg zum perfekten Unternehmen. Frankfurt/
Main, New York, 1997.
31
Womack, J.P.; Jones, D.T.: Beyond Toyota: How to root out waste and pursue perfection. In:
Harvard Business Review, Ausgabe September-Oktober, 1996, S. 141.
32
Slack, R.A.: The lean value principle in military aerospace product development. In: The lean aero-
space initiative, Report July, 1999, S. 3.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 8
seine Existenzberechtigung, um die Kundenanforderungen zu befriedigen. Mit dieser Fest-
legung existiert eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung, die den Abnehmer des Produktes
in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt.
33
Obwohl die theoretische Betrachtungsweise klar definiert ist, erweist sich die Umsetzung
aufgrund mangelnder Kundenorientierung weitaus schwieriger. Derzeit existieren erhebliche
Informationsdefizite in Bezug auf die Kundenumwelt, die Probleme sowie die konkreten
Kundenwünsche.
34
Nicht selten findet in den produzierenden Unternehmen deshalb eine
gegenläufige Spezifikation des Wertes statt. Nicht der Kunde, sondern die komplexen tech-
nischen Funktionen und die spezialisierten Experten definieren die Wertschätzung, mit der
Ansicht, es sei das, was der Kunde wünscht und der Produktionsprozess braucht.
35
Ein weiterer Grund, warum es so schwer fällt, den Wert richtig zu erfassen, ist die Vielzahl
von an der Wertschöpfung beteiligten Unternehmen, die den Wert des Produktes jeweils aus
der eigenen Position definieren, so dass ein ganzheitlicher Zusammenhang fehlt.
36
Wird die
die Frage gestellt ,,Was will der Kunde wirklich?", so wird mehrfach deutlich, dass die un-
durchsichtigen Strukturen und individuellen Lösungen in der Wertschöpfungskette Produkte
erzeugen, die aus Kundensicht zu teuer sind und für den eigentlichen Nutzen der Käufer oft
nicht als passend oder notwendig erachtet werden.
37
Aus diesen Erkenntnissen erhebt sich der Anspruch, dass implizite Anforderungen ohne
Kundenmehrwert nicht länger akzeptiert werden dürfen.
38
Schlankes Denken muss mit einem
bewussten Versuch einer exakten Definition der Wertschöpfung hinsichtlich spezifischer
Produkte mit spezifischen Leistungen beginnen, die zu entsprechenden Preisen über einen
Dialog mit dem Kunden angeboten werden.
39
Die wichtigste Aufgabe bei der Bestimmung
des Wertes ist die Festlegung der Zielkosten auf Basis des benötigten Aufwands zur Herstel-
lung des Produkts, wenn die aktuell sichtbare Verschwendung aus dem Prozess eliminiert
wurde. Darin liegt der Schlüssel zum Abbau von Verschwendung.
40
33
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 16.
34
Vgl. Pfeiffer, W.; Weiß, E.: Philosophie und Elemente des Lean Management. In: Corsten, H.;
Will T.. (Hrsg.): Lean Production: Schlanke Produktionsstrukturen als Erfolgsfaktor. Stuttgart; Ber-
lin; Köln, 1993, S. 26.
35
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 17.
36
Vgl. ebd., S. 40.
37
Vgl. ebd., S. 17.
38
Vgl. Weisbecker, L.: Lean Products: Maximierung von Skaleneffekten und Kundennutzen. In: Tech-
nologie und Management, Ausgabe 7-8, 2006, S. 25.
39
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T:. a.a.O., 1997, S. 20.
40
Vgl. ebd., S. 43.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 9
2.2.2
Zweites Prinzip: Identifikation des Wertschöpfungsstroms
Für jedes Produkt oder jede Produktgruppe ist der Strom der gesamten Wertschöpfung fest-
zulegen und jegliche Verschwendung abzustellen.
41
Ein Wertschöpfungsstrom (kurz: Wertstrom) besteht aus allen erforderlichen Tätigkeiten
(wertschöpfend und nicht wertschöpfend), um ein Produkt (ein Produkt, eine Dienstleistung
oder eine Kombination aus beidem) herzustellen und an den Kunden zu liefern.
42
Dabei
muss es die drei wesentlichen Hürden überwinden: Produktdefinition (vom Konzept bis zur
Produktionsreife), Informationsmanagement (vom Auftrag bis zur Beendigung der Produktion
und Lieferung) und materielle Umwandlung (Fertigung des Produktes aus Rohmaterial).
43
Die Identifizierung des gesamten Wertstroms für alle Produkte oder Produktfamilien ist ein
wichtiger Schritt im schlanken Ansatz, ein Schritt den bisher nur wenige Unternehmen ge-
gangen sind, der aber durch die Aufdeckung von Verschwendungen enorme Optimierungs-
potentiale aufzeigen kann.
44
Die Analyse des gesamten Wertstroms bezieht sich dabei nicht
nur auf das eigne Unternehmen, sondern schließt auch die Prozesse der Lieferanten und
Kunden mit ein. Gestaltet werden damit sowohl die Aktivitäten innerhalb des Unternehmens,
als auch das gesamte Wertschöpfungs- und Aktivitätsnetz, dessen Gesamtoptimum mehr als
die Summe der Einzelteile ist (vgl. Abbildung 3).
45
Abbildung 3: Gestaltung der Wertschöpfungskette industrieller Güter
46
41
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O.,1996, S. 141.
42
Vgl. Pichler, R.: Schneller, Kostengünstiger, Schlanker: Prozessoptimierung mit Wertstromanalyse.
In: Objekt Spektrum, Ausgabe 4, 2003, S. 29.
43
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O.,1996, S. 141.
44
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 21.
45
Vgl. Pfeiffer, W.; Weiß, E.: a.a.O., 1993, S. 27.
46
Abb. in: Pfeiffer, W.; Weiß, E.: Lean Management: Grundlagen der Führung und Organisation
industrieller Unternehmen. Berlin, 1992, S. 65.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 10
Da an externen Schnittstellen in der Regel weniger Informationen ausgetauscht werden als
intern zwischen den Abteilungen, bergen gerade die Übergänge in der Wertschöpfungskette
gute Möglichkeiten zur Verbesserung. B
URTON
und B
OEDER
bemerken in diesem Kontext:
,,This is a gold mine of opportunity because 70 to 95% of many organizations' product cost,
lead time, design, supply chain planning, and manufacturing are outside of the four walls."
47
Wurden die Wertströme für die Produkte spezifiziert, sind alle verschwenderischen Arbeits-
schritte zu identifizieren und aufzulösen. Hierzu bietet sich die Wertstrommethode als Werk-
zeug zur Identifikation von Verschwendung an (vgl. Kapitel 3).
48
Es bleibt festzuhalten, dass das Ziel des zweiten Prinzips im Aufbau einem Lean Enterprise
49
liegt. Sie bildet den organisatorischen Rahmen für ein ständig kommunizierendes Netzwerk
aller beteiligten Unternehmen, um den Kanal für einen ganzheitlichen Wertstrom zu schaffen
und Verschwendungen zu beseitigen.
50
B
URTON
und B
OEDER
beschreiben die Existenz eines
derartigen Netzes als höchsten Grad an Schlankheit und definieren es mit der Bezeichnung
Lean Extended Enterprise als: ,,[...] this is where an organization views all the entities in the
total value stream (e.g. suppliers, subcontractors, your enterprise, customers) as if they were
a single entity. The Lean Extended Enterprise is an expansion of our traditional notion of lean
to improve velocity, flexibility, responsiveness, quality, and cost across the value stream."
51
2.2.3
Drittes Prinzip: Realisierung des Fließprinzips
Lasse die Produkte ohne Unterbrechung entlang des Wertschöpfungsstroms fließen.
52
Nachdem die Wertschöpfung der Produkte spezifiziert und alle verschwenderischen Arbeits-
gänge im Wertstrom entfernt wurden, ist es Ziel des weiteren Vorgehens einen Fluss für die
werterzeugenden Aktivitäten einzurichten.
53
Bei der Fließfertigung durchläuft jedes Produkt
eine fest vorgegebene Maschinenfolge, bei der die Arbeitssysteme derart aufgestellt sind,
dass das Produkt die Verrichtungsarten in der richtigen Reihenfolge durchläuft. Ziel ist es,
die Arbeitsschritte zeitlich anzupassen und Unterbrechungen und Lagerstufen im gesamten
Produktionsprozess zu beseitigen.
54
47
Burton, T.T.; Boeder, S.M.: The Lean Extended Enterprise: Moving beyond the four walls to Value
Stream Excellence. Boca Raton, Florida, 2003, S. 103.
48
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 59.
49
Nähere Ausführungen zu den Anforderungen für den Aufbau eines Lean Enterprise finden sich in:
Womack, J.P.; Jones, D.T.: From Lean Production to the lean enterprise. In: Harvard Business
Review, Ausgabe März-April, 1994.
50
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 23.
51
Burton, T.T; Boeder, S.M.: a.a.O., S. 103.
52
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O.,1996, S. 141.
53
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 24.
54
Vgl. Steffen, R.: Produktionsplanung bei Fließbandfertigung. Wiesbaden, 1977, S. 19.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 11
Im Idealfall werden die behandelten Teile nach jedem Arbeitsschritt ohne Liege- und Warte-
zeiten an den nachfolgenden Prozess geleitet und direkt weiterverarbeitet. Der Fluss ver-
kürzt damit nicht nur die Durchlaufzeit vom Rohstoff bis zum Endprodukt, sondern ermöglicht
auch bessere Qualität, niedrigere Kosten und kürzere Lieferzeiten.
55
Die Idee der Fließfertigung geht zurück auf E
LI
W
HITNEY
, einen Waffenfabrikanten, der An-
fang des neunzehnten Jahrhunderts eine Serienfabrikation mit normierten, auswechselbaren
Einzelteilen gestartet hatte.
56
Dennoch war es Henry Ford, der als erster das Potential hinter
dem Arbeitsablauf erkannte und ihn mit der Einführung des Fließbandes optimierte. Fords
Methode der Kostensenkung funktionierte jedoch nur, wenn das Produktionsvolumen ent-
sprechend hoch war und damit realisierte er das Fließprinzip nur für den Spezialfall.
57
Die wirkliche Herausforderung bestand darin, bei der Produktion kleiner Losgrößen für einen
kontinuierlichen Fluss zu sorgen und das Prinzip damit auf den allgemeinen Fall abzu-
bilden.
58
Die Lösung für dieses Problem lieferten T
AIICHI
O
HNO
und S
HIGEO
S
HINGO
, indem
sie die Montagebänder durch schnell rüstbare Werkzeuge ersetzten, so dass verschiedene
Fertigungsschritte parallel durchgeführt wurden und der Fertigungsgegenstand in ständigem
Fluss gehalten werden konnte.
59
Die Realisierung eines kontinuierlichen Flusses erfordert einen Perspektivenwechsel. Eine
Flussperspektive anzunehmen bedeutet vom vertikalen zum horizontalen Denken umzu-
schalten, das heißt über die traditionellen Strukturen von Funktionen und Abteilungen hinweg
zu sehen und stattdessen die wertschöpfenden Aktivitäten im Wertstrom vom Lieferant,
durch die eigene Organisation bis in die Hände des Kunden fließen zu lassen.
60
Statt der Konzentration auf den gesamten Fluss und einer Produktion im ,,System", fokussiert
das traditionelle Denken der Stapelverarbeitung nur auf die "Punkt"-Effizienz der einzelnen
Abteilungen und Bereiche der Organisation.
61
Die schlanke Alternative besteht darin, die
Arbeit der Funktionen, Abteilungen und Unternehmen neu zu definieren, so dass sie einen
positiven Beitrag zur Wertschöpfung leisten können. Dies erfordert nicht nur den Aufbau
eines schlanken Wertstroms für jedes Produkt oder jede Produktfamilie, sondern ein Über-
denken der konventionellen Organisationsstrukturen.
62
55
Vgl. Liker, J.K.: The Toyota Way: 14 management principles from the world's greatest manufacturer.
New York, 2004, S. 89.
56
Vgl. Smith M.R.: Eli Withney and the American system of manufacturing. In: Pursell, C.W. Jr.
(Hrsg.): Technology in America: A history of individuals and ideas. Cambridge, MA: MIT Press,
1981, S. 45-61.
57
Vgl. Ohno, T.: Das Toyota Produktionssystem. Frankfurt/New York, 1993, S: 37.
58
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 26.
59
Vgl., ebd., S. 26.
60
Vgl. Mittelhuber, B.; Rother, M.: a.a.O, 2002, S. 1.
61
Vgl. ebd., S. 1.
62
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 27.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 12
2.2.4
Viertes Prinzip: Umsetzung des Pullprinzips
Konstruiere und liefere nur was der Kunde will, aber auch erst, wenn er es tatsächlich will.
63
Gelingt es einem Unternehmen die angesprochenen Prinzipien umzusetzen und einen Fluss
im Wertschöpfungsstrom herzustellen, so wird sich ein Effekt deutlich verringerter Durchlauf-
zeiten bei den Geschäftsprozessen einstellen.
64
Wie eine Untersuchung zeigt, kann nicht nur
die Durchlaufzeit um 50 Prozent gesenkt werden. Durch eine Stabilisierung der Prozesse ist
ferner eine Kapazitätssteigerung von 10 bis 20 Prozent, eine Bestandsreduzierung von 30
bis 40 Prozent sowie eine Reduktion der Zykluszeit um 50 bis 75 Prozent realisierbar.
65
Grundsätzlich lässt sich das Fließprinzip für alle Tätigkeiten einführen. Wird die Methodik
jedoch nur vor dem Hintergrund einer schnelleren Produktion von Gütern angewendet, ohne
darauf zu achten was der Kunde bestellt, so resultiert auch in diesem Fall Verschwendung.
66
Es muss zu jeder Zeit darauf abgezielt werden, nur das zu produzieren was der Kunde will.
Die Kundenanforderung geht dabei über das reine Produkt hinaus und schließt die richtige
Menge, die richtige Qualität, den vereinbarten Lieferort und den genauen Zeitpunkt mit ein.
67
Um sicher zu gehen, dass diese Kriterien erfüllt und nur Güter bereitgestellt werden, die der
Kunde nachfragt, hilft das Ziehprinzip (Pull). Einfach ausgedrückt bedeutet es, dass auf einer
vorgelagerten Prozessstufe niemand ein Produkt herstellt oder eine Dienstleistung erbringt,
bevor der nachgelagerte Prozess sie nicht nachfragt.
68
Bei dieser nachfrageorientierten Form
der Steuerung wird der Informationsfluss vom Kunden ausgelöst und erfolgt entgegen der
Materialflussrichtung.
69
Dabei wird nicht nur der Abnehmer des Produktes als Kunde ver-
standen (externer Kunde). Auch alle Prozessstufen innerhalb der Unternehmung, die das
Produkt zur Weiterverarbeitung nachfragen, werden als solche definiert (interner Kunde).
Im Gegensatz dazu steht das Stoßprinzip (Push), das einen Kundenauftrag nicht zwingend
voraussetzt, so dass allein die Produktionsplanung die Erzeugnisse durch die Fertigung
,,drückt".
70
Bei dieser planungsorientierten Steuerungsform werden die Informationen parallel
zum Güterfluss weitergegeben und die Prozesse in sequentieller Reihenfolge koordiniert.
71
Abbildung 4 verdeutlicht den Unterschied der beiden Steuerungsprinzipien:
63
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1996, S. 141.
64
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 28.
65
Vgl. Burton, T.T.; Boeder, S.M.: a.a.O., 2003, S. 104.
66
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 82.
67
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: Lean consumption. In: Harvard Business Review, Ausgabe März,
2005, S. 2.
68
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 83.
69
Vgl. Bonney, M.C.; Zhang, Z.; Head, M.A. u.a.: Are push and pull systems really so different? In:
International Journal of Production Economics, Volume 59, Number 1-3, 1999, S. 55.
70
Vgl. Schneeweiß, C.: Einführung in die Produktionswirtschaft, 8. Auflage. Springer, Berlin, Heidel-
berg, New York, 2002, S. 234.
71
Vgl. Klaas, T.: Logistik-Organisation: Ein konfigurationstheoretischer Ansatz zur logistikorientierten
Organisationsgestaltung. Köln, 2002, S. 273.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 13
Abbildung 4: Pull-Prinzip versus Push-Prinzip
72
Beim Stoßprinzip erfolgt die Aufnahme der Tätigkeit nicht durch das Erkennen des Bedarfes
beim Kunden, sondern durch die Vorgabe der Produktionsplanung. Für den Mitarbeiter ist es
unerheblich, ob oder wie viele Einheiten der Kunde tatsächlich bestellt, auch die vor- und
nachgelagerten Prozesse werden nicht beachtet. Durch die fehlende Abstimmung in der
Produktion werden zwischen den Prozessen Bestände aufgebaut, die als Sicherheit für die
nachfolgenden Stufen dienen sollen. Somit entsteht ein hoher Grad an Verschwendung.
73
Im Fall des Ziehprinzips wird der Erzeugungsprozess erst nach dem Vorliegen von konkreten
Bedarfsinformationen des Kunden ausgelöst. Die Steuerung setzt beim letzten Prozess in
der logistischen Kette an. Von dort aus werden die benötigen Teile sukzessiv von den vor-
gelagerten Prozessstufen bezogen. Danach fertigt jeder Arbeitsschritt nur die Menge nach,
die vom nächsten Prozess benötigt wird und den Kundenbedarf deckt. Auf diese Weise wird
der Bestand zwischen den Stationen und an der Schnittstelle des Unternehmens reduziert.
74
Das Ziehprinzip ist eine notwendige Voraussetzung um das Fließprinzip zu realisieren. Die
Kombination beider Prinzipien reduziert lange Vorlaufzeiten und große Lagerbestände, wo-
durch die Durchlaufzeit optimiert wird. Das Unternehmen kann flexibel auf Kundenanfragen
reagieren, so dass eine Nachfrage direkt zu einer Lieferung führt. Aufträge können somit
schnell bearbeitet und Änderungen des Kunden unmittelbar umgesetzt werden.
75
72
Abb. nach: Gienke, H.: Kanban. EBZ Beratungszentrum, Stuttgart, 2000. URL: http://www.ebz-
beratungszentrum.de/pps_seiten/KANBAN/ KANBAN.htm (Stand: 13.01.2007).
73
Vgl. Gienke, H.: ebd., o.S.
74
Vgl. Klaas, T.: a.a.O., 2002, S. 272.
75
Vgl. Wildemann, H.: Das Just-in-Time-Konzept: Produktion und Zulieferung auf Abruf. 5. Auflage,
München, 2001, S. 299.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 14
2.2.5
Fünftes Prinzip: Perfektion
Strebe durch eine kontinuierliche Beseitigung von Verschwendung nach Perfektion.
76
Indem Unternehmen anfangen, den Begriff Wert genau zu spezifizieren, den Wertstrom zu
identifizieren, die wertschöpfenden Schritte für spezifische Produkte in einen kontinuierlichen
Fluss zu bringen und den Kunden die Möglichkeit bieten, diese Werte beim Unternehmen
abzurufen, verstehen sie welches Potential sich hinter dem schlanken Ansatz verbirgt.
77
Sie realisieren, dass ihre Prozesse im Hinblick auf Fehler, Zeit, Kosten und Qualität optimiert
werden können und sich schrittweise neue Möglichkeiten zur Verbesserung ergeben, um
den Kundenanforderungen gerecht zu werden.
78
Die kontinuierliche Verbesserung bis hin zur Perfektion ist das Fundament der schlanken
Fertigung und wird im Japanischen als Kaizen bezeichnet. Das Konzept ist von I
MAI
M
AASAKI
entwickelt worden, der es mit ,,Verbesserung des status quo in kleinen Schritten als Ergebnis
laufender Bemühungen" übersetzt.
79
Kaizen kann als geistige Einstellung betrachtet werden,
die davon ausgeht, dass kein Vorgang oder Ablauf so gut ist, als dass er nicht noch weiter
verbessert werden kann.
80
Die Prozesse werden deshalb dokumentiert und als momentaner
Standard betrachtet. Anschließend wird versucht die Vorgänge und Abläufe zu verbessern
und als neuen Standard festzuhalten (Vgl. Abbildung 5).
81
Abbildung 5: Kontinuierliche Verbesserung mit Kaizen
82
76
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1996, S. 141.
77
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T. a.a.O., 1997, S. 29.
78
Vgl. ebd., S. 112.
79
Vgl. Imai, M.: Kaizen: Der Schlüssel zum Erfolg der Japaner im Wettbewerb. München, 1992,
S. 27.
80
Vgl. Traeger, D.H: a.a.O., 1994, S. 5.
81
Vgl. ebd., S. 5.
82
Abb. nach: Dickmann, P.: Prozessorientierung: Ursachen statt Symptome bekämpfen. In: Dick-
mann, P. (Hrsg.): Schlanker Materialfluss: Mit Lean Production, Kanban, Innovationen. Heidelberg
2007, S. 69.

Prozessoptimierung und Lean Production
Seite 15
Demnach wird ein erreichter Status nicht als endgültig akzeptiert, sondern stets auf andere
Optimierungsansätze überprüft. Dabei ist jeder Hinweis und jede kleinste Idee bedeutend,
weil sie eine große Veränderung nach sich ziehen kann.
83
Neben Kaizen existiert ein alternativer Weg zur Perfektion, der im Japanischen mit Kaikaku
(kai = Veränderung, kaku = radikal) bezeichnet wird. Wo Kaizen als schrittweise Optimierung
verstanden wird, basiert Kaikaku auf einer radikalen Neuausrichtung der Fertigungseinheiten
und Prozessketten zur Freisetzung von Potenzial.
84
Beide Ansätze schließen sich nicht aus,
sondern können kombiniert werden. In Wirklichkeit benötigt jedes Unternehmen beide An-
sätze, um nach Perfektion zu streben und eine langfristige Verbesserung zu erreichen.
85
Um sowohl eine radikale als auch schrittweise Verbesserung effektiv zu verfolgen, schlagen
J
AMES
W
OMACK UND
D
ANIEL
J
ONES
folgende Vorgehensweise vor:
86
Zunächst müssen die zuvor beschriebenen schlanken Prinzipien von der Wertspezifikation
bis zur Realisierung des Fließ- und Pullprinzips umgesetzt werden, um sich ein Bild davon
machen zu können, was Perfektion für das Unternehmen bedeutet und mit welchen Mitteln
sie zu erreichen ist. Mit der Definition von Messgrößen, dient dieser Zustand als Maßstab auf
dem Weg der kontinuierlichen Verbesserung.
87
Des Weiteren muss das Unternehmen Teil-
ziele für das Erreichen des idealen Zustands definieren, die mittels eines Policy Deployment,
das heißt also des systematischen Herunterbrechens der Ziele,
88
umzusetzen sind. Dabei
sind nicht nur die Verbesserungsziele und Zeitmarken genau zu definieren, es müssen zu-
sätzlich Projekte, Ressourcen und Mitarbeiter zur Realisierung festgelegt werden.
89
Auf dem Weg der kontinuierlichen Verbesserung muss beachtet werden, dass es nie einen
perfekten Zustand gibt. Er kann nicht erreicht werden, aber das Streben danach gibt die
Richtung vor, die für die Fortschritte auf dem Weg wesentlich sind.
90
83
Vgl. o.V.: Kaizen for the shop floor. Productivity Press, 2002, S. 2.
84
Vgl. o.V.: Lexikon der Lean Management Akademie. URL: http://www.syncro.de/Lexikon.249.0.html
(Stand: 25.11.2006).
85
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T. a.a.O., 1997, S. 116.
86
Vgl. ebd., S. 117.
87
Vgl. ebd., S. 117.
88
Vgl. Zink, K.: Total Quality Management als integratives Managementkonzept. In: Manuskript zu
Organisation und Personal: Integrative Managementkonzepte. Kaiserslautern, 2004, S. 38.
89
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1997, S. 117.
90
Vgl. Womack, J.P.; Jones, D.T.: a.a.O., 1996, S. 141.

Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
Seite 16
3.
Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
Nachdem im vorangegangenen Kapitel die theoretischen Aspekte zur Prozessoptimierung
und speziell Lean Production als Ansatz präsentiert wurden, werden in diesem Kapitel die
Werkzeuge und Bausteine zur Umsetzung dieser Prinzipien dargestellt. Dabei wird die Wert-
strommethode als Ansatz zur Aufdeckung von Verschwendungen vorgestellt sowie die Vor-
gehensweise und Bausteine zur Überführung des aktuellen Zustands in einen - nach den
Gesichtspunkten der Lean Production - optimalen Zielzustand dargelegt.
3.1 Grundlagen der Wertstrommethode
Mit der Publikation des Toyota Production Systems (TPS) begannen viele Unternehmen der
Automobilindustrie sich mit den schlanken Prinzipien auseinanderzusetzen und ihr eigenes
Produktionssystem aufzubauen. Nach vielen Jahren von Verbesserungsmaßnahmen gemäß
japanischem Vorbild sind vereinzelt positive Ergebnisse hinsichtlich Qualität, Flexibilität,
Produktivität und Durchlaufzeiten zu verzeichnen. Dennoch sind die meisten westlichen
Industrieunternehmen noch nicht auf dem hohen Niveau der Toyota-Werke angelangt.
91
Eine wesentliche Ursache liegt in der fehlenden Wertstromperspektive der Unternehmen bei
der Optimierung ihrer Prozesse.
92
Bei Toyota fängt Verbesserung mit einer Betrachtung des
Wertstroms an. Es gilt also das Ganze zu sehen und zu versuchen, alle Prozesse optimal
miteinander zu verknüpfen. Erst die ganzheitliche Sicht der Produktion, das heißt von der
Warenannahme bis zum Versand, kann die lokalen Verbesserungen in den übergeordneten
Zusammenhang der Produktion einordnen und zu abgestimmten Teilprozessen führen.
93
Im Zusammenhang mit den Methoden und Zielen einer schlanken Produktion wird heute
zunehmend die Wertstrommethode als Mittel zur Visualisierung und Analyse von Prozessen
eingesetzt.
94
Sie wurde unter dem Namen ,,Material and Information Flow Mapping" von der
Toyota Motor Company entwickelt und ist ein zentraler Bestandteil des TPS.
95
Ausgehend
von einer Ist-Analyse und der Entwicklung eines Zielzustands wird die Methode dort einge-
setzt, um schlanke Produktionssysteme aufzubauen.
96
91
Vgl. Rumpelt, T.: Im Fokus Toyota: Unaufhaltsam vorwärts. In: Automobil-Produktion. Ausgabe
Februar, 2007, S. 12.
92
Vgl. Mittelhuber, B.; Kallmeyer, O.: Wertstromdesign-Ein Werkzeug des Toyota-Production-
Systems. In: Werkstatttechnik online. Heft 3, 2002, S. 79.
93
Vgl. Erlach, K.; Halmosi, H.; Löffler, B.: Wertströme elektronisch erfassen und visualisieren. In:
Werkstatttechnik online. Heft 3, 2003, S. 167.
94
Vgl. Wannenwetsch, R.: Materialstamm-, Materialfluss- und Wertstromanalysen. In: Dickmann, P.
Schlanker Materialfluss: Mit Lean Production, Kanban, Innovationen. Heidelberg 2007, S. 231.
95
Vgl. Erlach, K.; Halmosi, H.; Löffler, B.: a.a.O., 2003, S. 167.
96
Vgl. Rother, M.; Shook, J.: Learning to see: Value-stream mapping to create value and eliminate
muda. Brookline, Massachusetts, 2003, Introduction.

Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
Seite 17
Die Wertstrommethode ist ein Werkzeug zur Darstellung und Konzeptbildung ganzheitlicher
Material- und Informationsflüsse. Sie wurde entwickelt, um auf schnelle und transparente
Weise die Produktionsprozesse für ein Erzeugnis zu untersuchen und Verschwendung in
den Abläufen aufzudecken. Ziel ist es, eine Vision für ein effizientes, verschwendungsarmes
Produktionssystem zu entwickeln und die nötigen Maßnahmen abzuleiten.
97
Die einzelnen
Schritte der Wertstrommethode sind in Abbildung 6 zusammengefasst:
Abbildung 6: Schritte der Wertstrommethode
98
In einer Wertstromaufnahme werden zunächst die Prozessschritte für einen ausgewählten
Wertstrom vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt aufgeschlüsselt und durch Material-
und Informationsflüsse miteinander verbunden.
99
Es entsteht eine Ist-Aufnahme, die die
Arbeitsschritte auf Grundlage einer klaren Symbolik abbildet und Schwachstellen aufzeigt. Im
Wertstromdesign werden die Grundregeln eines effizienten Wertstroms eingearbeitet und ein
Soll-Zustand abgeleitet.
100
Welche Maßnahmen zur Erreichung der verbesserten Zielwerte
angestrebt werden müssen, zeigt der Umsetzungsplan.
101
Ein Zielkonzept ist nicht endgültig, sondern wird im Laufe der Zeit an die aktuellen Rahmen-
bedingungen angepasst.
102
Die Vision beschreibt als idealen Zustand ein langfristiges Ziel,
das in einem iterativen Prozess aus einem Abgleich des Ist- und Sollzustands sowie der
Entwicklung und Umsetzung verfeinerter Zielkonzepte angestrebt wird. Die Wertstrom-
methode wird damit als Werkzeug des System-Kaizen verstanden.
103
97
Vgl. Rother, M.; Bischoff, J.: Toyota: Erfolgsgeheimnis ,,Wertstrom": Wertstrom hält alle Tätigkeiten
am Fließen, Wertstromdesign von Toyota bisher unerreicht. In: Produktion. Ausgabe 7, 2001, S. 5.
98
Abb. nach: Keyte, B.; Locher, D.: The complete lean enterprise: value stream mapping for adminis-
trative and office processes. New York, 2004, S. 11.
99
Vgl. Engeln, W.: Prozesse optimieren mit Wertstromdesign. In: ZiMit - Neues aus der Zukunfts-
initiative Möbelindustrie Nordrhein-Westfalen. Ausgabe 12, 2005, S. 29.
100
Vgl. Rother, M.; Bischoff, J.: a.a.O., 2001, S. 5.
101
Vgl. Engeln, W.: a.a.O., S. 29.
102
Vgl. Fimpel, A.; Stender, S.: Mit Wertstromdesign zur flexiblen Produktion. In: Zeitschrift für wirt-
schaftlichen Fabrikbetrieb. Ausgabe 11, 2003, S. 612.
103
Vgl. Becker-Ehmck, H.: Wettbewerbsvorteil durch optimierte Logistikprozesse. In: Fachtagung
Lean Production in der Automobilindustrie. Ludwigsburg, 2006, S. 11.

Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
Seite 18
Obwohl die Wertstrommethode im Umfeld der Automobilindustrie entwickelt wurde und sich
ursprünglich auf Fertigungsprozesse richtet, ist sie auf andere Einsatzfelder übertragbar. So
erstrecken sich die Beispiele in der Literatur von der Anwendung im Softwarebereich
104
über
den Einsatz bei der Produktentwicklung
105
bis zur Layoutplanung einer Fertigungsfabrik.
106
Ein weiterer Bereich, in dem die Methode vermehrt eingesetzt wird, ist das Verwaltungs-
wesen. In diesem Kontext mit Lean Administration oder Lean Office bezeichnet, ist es Ziel,
vor allem die Liege- und Wartezeiten der administrativen Prozesse zu reduzieren.
107
Dass
die Abläufe in der Verwaltung ein erhebliches Potential bergen, zeigt die gemeinsam durch-
geführte Studie des Fraunhofer IPA und des KAIZEN Institute Deutschland, die auf durch-
schnittlich verschwendete Arbeitszeit in der Größenordnung von einem Drittel hinweist.
108
Die zahlreichen Einsatzbereiche zeigen, dass die Wertstrommethode zur Optimierung unter-
schiedlicher Prozesse angewendet werden kann. Dabei wird die Methode sinngemäß in der
gleichen Reihenfolge, wie in Abbildung 6 gezeigt, durchgeführt. Die einzelnen Schritte und
die genaue Vorgehensweise werden in den folgenden Abschnitten detailliert erläutert.
3.2 Wertstromaufnahme
Die Wertstromaufnahme zeigt dem Anwender auf transparente Weise, welche Prozesse ein
Produkt vom Kunden bis zu den Unterlieferanten durchläuft. Dabei werden nicht nur Kern-
prozesse abgebildet, die mit dem Produkt arbeiten und damit den Materialfluss betreffen.
Auch unterstützende Planungs-, Steuer- und Kontrollprozesse, die den Ablauf der Aktivitäten
beeinflussen, werden durch die Aufnahme von Informationsflüssen einbezogen. Im Ergebnis
entsteht ein Abbild aller Aktivitäten, die das aktuelle Produktionssystem wiedergeben.
109
Die Wertstrommethode bietet den Vorteil, dass die Aufnahme des Wertstroms auf unter-
schiedlichen Betrachtungsebenen durchgeführt werden kann (vgl. Abbildung 7):
110
104
Zu näheren Informationen: Vgl. Pichler, R.: Schneller, Kostengünstiger, Schlanker: Prozessoptimie-
rung mit Wertstromanalyse. In: Objekt Spektrum. Ausgabe 4, 2003, S. 29-34.
105
Zu näheren Informationen: Vgl. McManus, H.; Millard, L.: Value stream analysis and mapping for
product development. In: Proceedings of the International Council of the Aeronautical Sciences,
23
rd
ICAS Congress. Toronto, 2002.
106
Zu näheren Informationen: Vgl. Erlach, K.: Rapid and agile production by value stream oriented
factory planning. In: Zaeh, M.; Reinhart, G. (Hrsg.): International Conference on changeable, agile,
reconfigurable and virtual production CARV. München, 2005.
107
Zu näheren Informationen: Vgl. Keyte, B.; Locher, D.: The complete lean enterprise: Value-stream
mapping for administrative and office processes. Brookline, Massachusetts, 2003.
108
Vgl. o.V.: Ergebnisse der Studie "Lean Office 2006". In: Technologie und Management. Ausgabe
9-10, 2006, S. 7.
109
Vgl. Eyer, H.; Schürfeld, H.: Lean Production so aktuell wie eh und je: Die Methode des Wert-
stromdesigns hat konsequent die ganzheitliche Optimierung des Material- und Informationsflusses
zum Ziel. In: Maschinenmarkt. Ausgabe 44, 2004, S. 54.
110
Vgl. ebd., S. 10.

Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
Seite 19
Abbildung 7: Ebenen zur Anwendung der Wertstrommethode
111
Der Wertstrom kann vom Rohmaterial bis zum Endkunden aufgenommen werden, so dass
für die unternehmensübergreifende Sicht die gesamte Lieferkette im Wertstromdiagramm
abgebildet wird. Die Sicht kann auch auf die Werksebene beschränkt werden, so dass für die
Wertstromaufnahme nur die Material- und Informationsflüsse innerhalb des eigenen Unter-
nehmens erfasst werden. Wird die Methode auf dem Prozesslevel angesetzt, ergibt sich eine
detaillierte Sicht auf die einzelnen Arbeitselemente des betrachteten Prozesses.
112
Zu Beginn empfiehlt sich eine Betrachtung des Wertstroms von ,,Rampe zu Rampe", das
heißt von der Warenannahme bis zum Versand des Produktes im eigenen Werk.
113
Wurde
ein stabiler Zustand im Unternehmen erreicht, lässt sich die Vorgehensweise sukzessiv auf
die (Unter-) Lieferanten übertragen, bis ein schlanker Gesamtwertstrom entsteht.
114
Die Wertstromaufnahme wird immer für ein Erzeugnis oder bei mehreren Varianten für eine
zusammengefasste Produktfamilie durchgeführt.
115
Bevor die Aufnahme erfolgt, wird deshalb
die Produktfamilie bestimmt, die in der Analyse untersucht werden soll. Für diese Produkte
werden anschließend die an ihrer Herstellung beteiligten Prozesse graphisch abgebildet. Es
entsteht das Wertstromdiagramm, das im Wesentlichen aus vier Komponenten besteht:
116
Kundeninformationen (Kapitel 3.2.2)
Material- und Informationsflüsse (Kapitel 3.2.2)
Zeitlinie (Kapitel 3.2.2)
Kaizen-Blitze (Kapitel 3.2.4)
111
Abb. nach: Keyte, B.; Locher, D.: a.a.O., 2004, S. 11.
112
Vgl. Rother, M.; Shook, J.: a.a.O., 2003, S. 13.
113
Vgl. ebd., S. 13.
114
Vgl. Mittelhuber, B.; Kallmeyer, O.: a.a.O., 2002, S. 80.
115
Vgl. Keyte, B.; Locher, D.: a.a.O., 2004, S. 9.
116
Vgl. Fimpel, A.; Stender, S.: a.a.O., 2003, S. 611.

Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
Seite 20
Jedes dieser Elemente hat eine definierte Position im Wertstromdiagramm und ist einheitlich
mit festgelegten Symbolen aufzunehmen. Das schrittweise Vorgehen von der Auswahl der
Produktfamilie bis zur Erstellung des Wertstromdiagramms wird nachstehend erläutert.
3.2.1
Auswahl der Produktfamilie
Eine Produktfamilie beschreibt eine Gruppe von Produkten, die ähnliche Fertigungsschritte
und Produktionseinrichtungen in gleicher Reihenfolge durchlaufen.
117
Die Erzeugnisse einer
Familie müssen nicht in identischer Abfolge auf den Prozessen bearbeitet werden, so dass
für ein Produkt einzelne Prozessschritte wegfallen oder hinzugefügt werden können. Ledig-
lich die Arbeitsinhalte und die Bearbeitungszeit der Erzeugnisse an den Prozessen sollten
sich überdecken, um einen kontinuierlichen Fluss in der Fertigung zu ermöglichen.
118
Wie das Beispiel in Tabelle 1 zeigt, werden die verschiedenen LKW-Typen zu einer Produkt-
familie zusammengefasst, weil sie die gleichen Arbeitsschritte in derselben Reihenfolge
durchlaufen.
119
Die Auswahl der Produktfamilie kann bei variantenreichen Erzeugnissen
komplex werden. Hierbei kann die Einteilung mit Hilfe einer Matrixdarstellung erfolgen:
120
Umformen Bohren Schweißen Biegen Montage Sicken Testen
PKW
X
X
X
X
LKW klein
X
X
X
X
X
LKW Mittel
X
X
X
X
X
LKW Groß
X
X
X
X
X
Laster
X
X
X
X
Schwermaschine
X
X
X
X
X
X
P
ro
d
u
kt
e
Prozessschritte und Einrichtungen
Produktfamilie
LKW
Tabelle 1: Produktfamilie-Matrix
121
Die Produktfamilien-Matrix teilt die Produkte in den Zeilen und die Prozessschritte oder Ein-
richtungen in den Spalten auf. Damit zeigt sie, welche Erzeugnisse auf welchen Maschinen
gefertigt werden und bietet insbesondere für komplexe Produktmixe eine gute Lösung. Dabei
sind für ein Produkt alle Prozessschritte aufzuzeichnen, die an der Herstellung beteiligt sind.
Durchläuft das Erzeugnis einen Prozess mehrmals (z.B. Waschen, Trocknen etc.), so wird
für jeden Durchgang eine separate Spalte angelegt.
122
117
Vgl. Engeln, W.: a.a.O., 2005, S. 2.
118
Vgl. Duggan, K.J.: Creating mixed value streams: Practical lean techniques for building to demand.
Productivity Press, New York, 2002, S. 37.
119
Vgl. Rother, M.; Harris, R.: Creating continuous flow: An action guide for managers, engineers, and
production associates. Brookline, Massachusetts, 2001, S. 1.
120
Vgl. Duggan, K.J.: a.a.O., 2002, S. 31.
121
Tab. nach: Rother, M.; Shook, J.: a.a.O., 2003, S. 6.
122
Vgl. Duggan, K.J.: a.a.O., 2002, S. 32.

Prozessoptimierung mit der Wertstrommethode
Seite 21
Die Einteilung der Produktfamilien ist entscheidend für die Wertstrommethode. Zum einen ist
es wenig sinnvoll alle Produkte gleichzeitig zu betrachten; vielmehr sollte der Schwerpunkt
auf die Verbesserung der wichtigsten Produktbereiche, z.B. gemessen an Absatzvolumen,
gelegt werden.
123
Dazu kann eine Paretoanalyse eingesetzt werden, die eine Segmentierung
der Erzeugnisse nach absteigenden Stückzahlen der Produkttypen vornimmt.
124
Zum ande-
ren kann ein Unternehmen für mehrere Produkte verschiedene Zielvereinbarungen festge-
setzt haben (z.B. Senkung von Kosten oder Durchlaufzeit etc.), die durch die Segmentierung
in Produktfamilien und Wertströmen entsprechend verfolgt werden können.
125
3.2.2
Erstellung des Wertstromdiagramms
Das erste Prinzip der schlanken Produktion stellt den Kunden in den Mittelpunkt der Betrach-
tung, so dass die Prozesse auf die Erfüllung seiner Bedürfnisse auszurichten sind. Deshalb
beginnt die Wertstrommethode beim Kunden und seinen Anforderungen.
126
Dazu werden im
Wertstromdiagramm die Kundeninformationen bestimmt (vgl. Abbildung 8). Sie beschreiben
das Kundenverhalten, wie beispielsweise seinen Bedarf, und dienen als Grundlage bei der
späteren Erstellung des Wertstromdesigns. Die Beachtung der Kundeninformationen bei der
Wertstromaufnahme unterstützt die Kundenorientierung und vermeidet, dass der Wertstrom
hinsichtlich falscher Kriterien optimiert wird.
127
Nachdem die Kundeninformationen bestimmt wurden, folgt die Aufnahme des Wertstroms.
Sie beginnt mit der Erfassung des Materialflusses und wird bei der Wertstrommethode in
umgekehrter Reihenfolge durchgeführt. Am Ort des Geschehens beginnt die Verfolgung der
Produktfamilie beim letzten Prozessschritt vor dem Kunden (z.B. Versand) und wird fluss-
aufwärts bis zu den ersten Schritten der Prozesskette ausgeführt (z.B. Wareneingang).
128
Diese Reihenfolge bietet wesentliche Vorteile. Einerseits wird bei der Einzeichnung des
Wertstroms die Perspektive des Kunden eingenommen, der als einziger den wahren Wert
des Produktes definieren kann. Andererseits entsteht bei den Beteiligten ein besseres Ver-
ständnis für die Fertigung, weil sie den Fluss aus einer ungewohnten Sicht betrachten.
129
123
Vgl. o.V.: a.a.O, 2005, S. 8.
124
Vgl. Braglia, M.; Carmignani, G.; Zammori, F.: A new value stream mapping approach for complex
production systems. In: International journal of production research. Volume 44, Heft 18-19, Pisa,
2006, S. 3933.
125
Vgl. Keyte, B.; Locher, D.: a.a.O., 2004, S. 10.
126
Vgl. Wittenstein, A.: Auftragsdurchlaufzeit verkürzen: Wertstromdesign jetzt auch für administrative
Abläufe. Interaktiv, Ausgabe 2, 2004. URL: http://www.schlanke-prozesse.de/data/ Interaktiv_ 02_
04.pdf (Stand 05.02.2007).
127
Vgl. Keyte, B.; Locher, D.: a.a.O., 2004, S. 38.
128
Vgl. Löffler, B.: Wertstromdesign in der variantenreichen Produktion. URL: http://www.v-und-s.de/
doc/2006_06_09_Whitepaper_VSD.pdf (Stand: 06.12.2006).
129
Vgl. Lovelle, J.: Mapping the value stream: Use value stream mapping to reveal the benefits of lean
manufacturing. In: IIE Solutions. Ausgabe Februar, 2001, S. 30.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783956362705
ISBN (Paperback)
9783836604987
Dateigröße
4.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau – Wirtschaftsingenieurwesen
Erscheinungsdatum
2007 (August)
Note
1,3
Schlagworte
wertstromanalyse wertstromdesign lean production wirtschaftsingenieurwesen prozessoptimierung
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Titel: Untersuchung und Anwendung der Wertstrommethode zur Optimierung der Material- und Informationsflüsse am Beispiel eines Zulieferers der Robert Bosch GmbH
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