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Analyse der Standardisierbarkeit von Unternehmensberatungsleistungen

©2004 Bachelorarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
In der Dienstleistungsliteratur wird die Unternehmensberatung häufig als Paradebeispiel für eine Dienstleistung mit hohem Individualisierungsgrad genannt. Die damit verbundene Orientierung der Unternehmensberatungsleistung an der spezifischen Situation des Klienten stellt sich somit als ein oberster Grundsatz erfolgreicher Unternehmensberatung dar.
Die Standardisierung dagegen wird oftmals als ein Instrument zur „Schematisierung“, „Gleichmacherei“ und „Pauschalisierung“ von Unternehmensberatungsleistungen gesehen, durch das ein direktes Eingehen auf den Kunden unmöglich werde, eine Abstraktion von der Realität erfolge, und damit eine optimale Beratung im Sinne der Kundeninteressen nicht mehr möglich sei. Der Begriff der Standardisierung in der Unternehmensberatung ist daher mit einem überwiegend negativen Image belegt.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Frage nach der Standardisierbarkeit von Unternehmensberatungsleistungen wenig sinnvoll; würden sie durch Standardisierung nicht ihren individuellen Charakter und die Unternehmensberatung damit ihr Erfolgspotenzial verlieren?
Die Beratungsrealität zeigt indes, dass bei vielen Beratern eine Teilstandardisierung der Vorgehensweise durch so genannte „Tools“ (Werkzeuge, Methoden) durchaus üblich und erfolgreich ist und es zudem eine Vielzahl anerkannter Beratungsprodukte gibt, hinter denen sich fast immer das Konzept der Standardisierung verbirgt. Bekannte Beispiele sind die Gemeinkostenwertanalyse oder das Business Reengineering.
Es ergibt sich also die Frage, inwieweit Unternehmensberatungen die Vorteile, die die Standardisierung mit sich bringt, auch für sich nutzen können, ohne dabei den kundenindividuellen Charakter ihrer Leistungen gänzlich aufgeben zu müssen. Die vorliegende Arbeit soll unter anderem einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage leisten.
Gang der Untersuchung:
Dem Verfasser sind lediglich zwei Werke bekannt, die sich ausführlich mit der Standardisierung von Unternehmensberatungsleistungen auseinandersetzen.
Rüschen untersucht die Betätigungsmöglichkeiten von Banken am Beratungsmarkt und leitet aus den Anforderungen an deren Leistungsspektrum einen Bedarf an standardisierten Beratungsprodukten ab. Mit der Unterscheidung von verschiedenen Beratungsarten (z.B. Implementierungsberatung, Analyseberatung etc.) und der Prüfung dieser auf Standardisierungspotenzial wird dem Thema Standardisierung in der Unternehmensberatung erstmalig, wenngleich aus […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Forschungsobjekte
2.1 Die Standardisierung
2.2 Die Unternehmensberatung
2.2.1 Definition des Beratungsbegriffes
2.2.2 Unternehmensberatung als Dienstleistung
2.2.3 Unternehmensberatung als Projekt
2.2.4 Unternehmensberatung als System
2.2.5 Der Beratungsprozess

3 Objekte der Standardisierung
3.1 Standardisierung als Wettbewerbsstrategie
3.2 Ansatzpunkte für Standardisierung im Dienstleistungsbereich
3.3 Ansatzpunkte für Standardisierung in der Unternehmensberatung
3.3.1 Das Leistungspotenzial
3.3.2 Der Leistungserstellungsprozess
3.3.3 Das Leistungsergebnis
3.4 Effizienzsteigerung durch Standardisierung
3.4.1 Die Faktornutzung
3.4.1.1 Die Erhöhung der Auslastung
3.4.1.2 Die Substitution durch günstigere Faktoren
3.4.2 Mengeneffekte
3.4.2.1 Der Erfahrungskurveneffekt
3.4.2.2 Synergieeffekte
3.4.3 Die Schaffung von Transparenz
3.4.3.1 Die Struktur von Beratungsaufgaben
3.4.3.2 Das Baukastenprinzip in der Unternehmensberatung
3.4.3.3 Die Erhöhung der akquisitorischen Wirkung
3.5 Bewertung der Standardisierungsstrategie
3.5.1 Die Beratungskosten
3.5.2 Die Qualität der Beratungsleistung
3.5.3 Die Dauer des Beratungsvorgangs
3.5.4 Die Vermarktbarkeit der Leistung

4 Standardisierung und der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien
4.1 Ziele, Wirkungen und Gestaltung des IKT-Einsatzes
4.2 Expertensysteme in der Unternehmensberatung

5 Standardisierung und IKT-Einsatz aus Sicht der Transaktions- und Principal-Agent-Theorie
5.1 Die Transaktionskostentheorie
5.1.1 Transaktionskosten in der Unternehmensberatung
5.1.1.1 Auswirkung der Standardisierung auf die Transaktionskosten
5.1.1.2 Auswirkungen von IKT-Einsatz auf die Transaktionskosten
5.2 Die Principal-Agent-Theorie
5.2.1 Agency-Kosten in der Unternehmensberatung
5.2.1.1 Auswirkung der Standardisierung auf die Agency-Kosten
5.2.1.2 Auswirkungen von IKT-Einsatz auf die Agency-Kosten

6 Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung
6.2 Ausblick – Standardisierung und E-Consulting

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kennzeichen der Standardisierung

Abbildung 2: Die Stufen der Standardisierung

Abbildung 3: Integrative Leistungserstellung

Abbildung 4: Systembetrachtung der Beratungs-Projektgruppe

Abbildung 5: Phasenablauf eines Beratungsauftrages

Abbildung 6: Die drei Strategien nach Porter

Abbildung 7: Positionierung amerikanischer Beratungsunternehmen

Abbildung 8: Prozesstypen und ihre Eignung für Standardisierung

Abbildung 9: Typen von Beratungsleistungen

Abbildung 10: Die Erfahrungskurve

Abbildung 11: Abstimmung von Individualitätserfordernis und Standardisierungsgrad

Abbildung 12: Beispiel für das Baukastenprinzip in der Unternehmensberatung

Abbildung 13: Pathway to Performance-Konzept

Abbildung 14: Zusammenhang zwischen Kosten und Qualität (I)

Abbildung 15: Zusammenhang zwischen Kosten und Qualität (II)

Abbildung 16: Architektur von Expertensystemen

Abbildung 17: Anwendungsgebiete von Expertensystemen im Beratungsprozess

Abbildung 18: Einflussgrößen auf die Transaktionskosten

Abbildung 19: Zweiseitige Principal-Agent-Beziehung in der Unternehmensberatung

Abbildung 20: Entscheidungsparameter für eine individuelle oder standardisierte

Abwicklung von Beratungsprojekten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Konstitutive Merkmale der Unternehmensberatung

Tabelle 2: Standardisierungspotenzial im Beratungsprozess

Tabelle 3: Standard-Phasenschema der GWA

Tabelle 4: Vor- und Nachteile der Standardisierungsstrategie

Tabelle 5: Transaktionskostenbestandteile

Tabelle 6: Principal-Agent-Theorie im Überblick

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

In der Dienstleistungsliteratur wird die Unternehmensberatung häufig als Paradebeispiel für eine Dienstleistung mit hohem Individualisierungsgrad genannt (vgl. z.B. [Meffert/Bruhn 00], S. 25; vgl. auch [Schade 96], S. 71). Die damit verbundene Orientierung der Unternehmensberatungsleistung an der spezifischen Situation des Klienten stellt sich somit als ein oberster Grundsatz erfolgreicher Unternehmensberatung dar (vgl. [Rüschen 90], S. 57).

Die Standardisierung dagegen wird oftmals als ein Instrument zur „Schematisierung“, „Gleichmacherei“ und „Pauschalisierung“ von Unternehmensberatungsleistungen gesehen, durch das ein direktes Eingehen auf den Kunden unmöglich werde, eine Abstraktion von der Realität erfolge, und damit eine optimale Beratung im Sinne der Kundeninteressen nicht mehr möglich sei (vgl. [Withauer 73], S. 84). Der Begriff der Standardisierung in der Unternehmensberatung ist daher mit einem überwiegend negativen Image belegt (vgl. [Rüschen 90], S. 58).

Vor diesem Hintergrund erscheint die Frage nach der Standardisierbarkeit von Unternehmensberatungsleistungen wenig sinnvoll; würden sie durch Standardisierung nicht ihren individuellen Charakter und die Unternehmensberatung damit ihr Erfolgspotenzial verlieren?

Die Beratungsrealität zeigt indes, dass bei vielen Beratern eine Teilstandardisierung der Vorgehensweise durch so genannte „Tools“ (Werkzeuge, Methoden) durchaus üblich und erfolgreich ist und es zudem eine Vielzahl anerkannter Beratungsprodukte gibt, hinter denen sich fast immer das Konzept der Standardisierung verbirgt. Bekannte Beispiele sind die Gemeinkostenwertanalyse oder das Business Reengineering (vgl. [Schade 96], S. 71; vgl. auch [Dichtl 98], S. VII).

Es ergibt sich also die Frage, inwieweit Unternehmensberatungen die Vorteile, die die Standardisierung mit sich bringt , auch für sich nutzen können, ohne dabei den kundenindividuellen Charakter ihrer Leistungen gänzlich aufgeben zu müssen. Die vorliegende Arbeit soll unter anderem einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage leisten.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Dem Verfasser sind lediglich zwei Werke bekannt, die sich ausführlich mit der Standardisierung von Unternehmensberatungsleistungen auseinandersetzen.

Rüschen untersucht die Betätigungsmöglichkeiten von Banken am Beratungsmarkt und leitet aus den Anforderungen an deren Leistungsspektrum einen Bedarf an standardisierten Beratungsprodukten ab. Mit der Unterscheidung von verschiedenen Beratungsarten (z.B. Implementierungsberatung, Analyseberatung etc.) und der Prüfung dieser auf Standardisierungspotenzial wird dem Thema Standardisierung in der Unternehmensberatung erstmalig, wenngleich aus einer eingeschränkten Sicht, Rechnung getragen (vgl. [Rüschen 90]).

Dichtl zeichnet ein sorgfältig recherchiertes Bild des Beratungsmarktes in Deutschland und widmet sich insbesondere der Standardisierungsstrategie, die sich seiner Meinung nach aus der Notwendigkeit der Profilierung von Unternehmensberatungen sowie der Rationalisierung der Beratungsleistungen ergibt. Aus seinen Ausführungen leitet Dichtl Vor- und Nachteile der Standardisierungsstrategie ab und entwickelt einen Katalog von Parametern, anhand derer eine Entscheidung für oder gegen eine standardisierte Abwicklung von Beratungsprojekten getroffen werden kann (vgl. [Dichtl 98]).

Beide Werke lassen eine formale Herangehensweise an die Standardisierung durch die aus dem Dienstleistungsbereich bekannte integrative Leistungslehre unberücksichtigt; zudem bleibt eine Betrachtung der Standardisierung aus Sicht der Transaktionskosten- und Principal-Agent-Theorie sowie des Zusammenhanges zwischen Standardisierung und dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in der Unternehmensberatung aus. Diese Lücke soll die folgende Arbeit schließen. Als Grundlage dient dabei die gängige Dienstleistungs- und Unternehmensberatungsliteratur.

Die vorliegende Arbeit erstreckt sich über insgesamt sechs Kapitel.

Das erste Kapitel führt in das Thema ein und beschreibt Ziel und Aufbau der Arbeit.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den notwendigen theoretischen Grundlagen der Standardisierung und Unternehmensberatung. Zudem wird die Unternehmensberatung erstmalig als Dienstleistung im Rahmen der integrativen Leistungslehre betrachtet.

Neben der strategischen Komponente der Standardisierung werden im dritten Kapitel ausgehend vom Dienstleistungssektor konkrete Ansatzpunkte für eine Standardisierung in der Unternehmensberatung erarbeitet sowie Vor- und Nachteile der Standardisierungsstrategie gefolgert.

Da vierte Kapitel beschäftigt sich mit den Einsatzpotenzialen von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Unternehmensberatung und deren Zusammenhang mit der Standardisierung.

Das fünfte Kapitel betrachtet die Standardisierung und den IKT-Einsatz aus Sicht der Neuen Institutionenökonomie vertreten durch die Transaktionskosten- und Principal-Agent-Theorie.

Das sechste Kapitel schließlich fasst die erarbeiteten Ergebnisse zusammen und wagt einen Ausblick auf die Bedeutung der Standardisierung im Unternehmensberatungsmarkt in der Zukunft.

2 Forschungsobjekte

2.1 Die Standardisierung

Der Begriff der Standardisierung wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur vorwiegend im Bereich der Industriebetriebslehre und der Produktionstheorie verwendet (vgl. [Rüschen 90], S. 47). Hier dominiert eine technische Sicht- und Interpretationsweise. So definiert Hinterhuber Standardisierung „als planmäßige, unter Beteiligung der jeweils interessierten betrieblichen oder überbetrieblichen Kreise gemeinschaftlich durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Zwecke der Senkung der Produktions-, Lager-, und Vertriebskosten“ ([Hinterhuber 74], Sp. 2781). Ein solcher Blickwinkel beschränkt sich allerdings allein auf die Objektdimension der Standardisierung.

Die Prozessebene findet dagegen Berücksichtigung bei Fließ/Möller: „Unter dem Begriff der Standardisierung werden gemeinhin alle Formen der Gleichartigkeit bzw. der Vereinheitlichung bzw. zweckmäßigen Vereinheitlichung von Leistungsergebnissen und –bestandteilen sowie Prozessen und Prozessbestandteilen verstanden“ ([Fließ/Möller 02], S. 1]). Typische Kennzeichen einer Standardisierung sind in Abb. 1 zusammengefasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kennzeichen der Standardisierung

Quelle: [Mayer 93], S. 44

Es ist einleuchtend, dass im Dienstleistungssektor (also auch in der Unternehmensberatung, vgl. Kap. 2.2.2) im Gegensatz zum Industriegüterbereich eine vollkommene Gleichartigkeit von Leistungsergebnissen/-bestandteilen bzw. Prozessen/Prozessbestandteilen nicht möglich ist. Hier besteht jeder Prozess bzw. jedes Ergebnis vielmehr aus einer Kombination von standardisierten und einzigartigen Elementen. Der Übergang von vollkommener Individualisierung zu vollkommener Standardisierung vollzieht sich dabei nicht in einem stufenartigen Prozess, sondern vielmehr durch fließende Übergänge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Stufen der Standardisierung

Quelle: [Rüschen 90], S. 55

Bei einer weitgehend selbsterarbeiteten Vorgehensweise und Informationsbeschaffung lässt sich z.B. die Leistung eines Beraters eher im linken Teil der Abbildung einordnen; greift er dagegen auf unterstützende Instrumente zurück, wird sie sich eher im rechten Teil einstufen lassen (vgl. [Rüschen 90], S. 54f.).

2.2 Die Unternehmensberatung

2.2.1 Definition des Beratungsbegriffes

Der Begriff „Unternehmensberatung“ wurde in den 50er Jahren geprägt und kann heute als der etablierteste betriebswirtschaftliche Beratungsbegriff bezeichnet werden (vgl. [Stutz 88], S. 93). Nichtsdestotrotz fehlt in der Literatur eine einheitliche Definition. Oftmals synonym werden weitere Begriffe wie z.B. „Consulting“, „Betriebsberatung“, „Wirtschaftsberatung“, „Organisationsberatung“, „Industrieberatung“ oder „Managementberatung“ verwendet (vgl. [Kröber 91], S. 1; vgl. auch [Steyrer 91], S. 7).

Die in der Literatur vorzufindenden Definitionen ergeben sich in der Regel durch die Ziele der Autoren (vgl. [Najda 01], S. 8).

Niedereichholz definiert Unternehmensberatung als „Dienstleistung, die durch eine oder mehrere unabhängige und qualifizierte Person(en) erbracht wird. Sie hat zum Inhalt, Probleme zu identifizieren, definieren und analysieren, welche die Kultur, Strategien, Organisation, Verfahren und Methoden des Unternehmens des Auftraggebers betreffen. Es sind Problemlösungen zu erarbeiten, zu planen und im Unternehmen zu realisieren“ ([Niedereichholz 96], S. 1).

Neuert schließt zudem eine strategisch-marktorientierte Komponente und die Verwendung von Instrumenten mit ein: „Unternehmensberatung ist die Tätigkeit unternehmensexterner Institutionen, die - systeminternen Sollvorgaben zur Sicherung und Entwicklung des Unternehmens folgend - sich zukunftsbezogen am Marktgeschehen und an prognostizierten Marktentwicklungen orientiert und unter Verwendung eines betriebswirtschaftlich fundierten Instrumentariums den Klienten durch enge persönliche Zusammenarbeit bei der Problemlösung in einem oder mehreren klassischen Geschäftsfeld(ern) unterstützt“ ([Neuert 90], S. 14).

Eine übersichtliche Zusammenfassung der Perspektiven verschiedener Autoren liefert Steyrer, indem er den institutionellen und funktionalen Aspekt der Unternehmensberatung unterscheidet. Der institutionelle Aspekt behandelt die Beratungsunternehmen selbst sowie den Empfängerkreis von Beratungsleistungen, der funktionale Aspekt zielt auf die Art der Leistungserbringung (vgl. [Steyrer 91], S. 12; vgl. auch [Schwan/Seipel 02], S. 11f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Konstitutive Merkmale der Unternehmensberatung

Quelle: in Anlehnung an [Steyrer 91], S. 12 und [Schwan/Seipel 02], S. 12

Als Grundlage für diese Arbeit soll die Definition von Najda dienen, da sie unter anderem den individuellen sowie den interaktiven Aspekt des Unternehmensberatungsprozesses berücksichtigt, welche beide im weiteren Verlauf der Arbeit noch eine wichtige Rolle spielen: „Unternehmensberatung ist eine von einem oder mehreren unabhängigen, eigenverantwortlichen, professionellen Berater(n) individuell für die Klientenorganisation marktmäßig erbrachte Dienstleistung, welche darauf ausgerichtet ist, in einem interaktiven, kommunikativen, sozialen Prozeß gemeinsam mit dem Klienten eine ihn betreffende Problemstellung zu identifizieren und ein Lösungskonzept zu erarbeiten sowie auf Wunsch auch dessen Implementierung zu unterstützen“ ([Najda 01], S. 9).

2.2.2 Unternehmensberatung als Dienstleistung

Da im weiteren Verlauf dieser Arbeit allgemeine Erkenntnisse des Dienstleistungssektors auf den Unternehmensberatungsbereich übertragen werden, erscheint es sinnvoll, den Dienstleistungscharakter der Unternehmensberatung näher zu beleuchten.

Ebenso wie für den Begriff „Unternehmensberatung“ hat sich noch keine allgemein anerkannte Definition des Begriffes „Dienstleistung“ herausgebildet (vgl. [Rück 95], S. 3; vgl. auch [Meffert/Bruhn 97], S. 3 und 17-19). In der betriebswirtschaftlichen Literatur herrscht aber Einigkeit darüber, dass es sich bei der Unternehmensberatung um eine Dienstleistung im Sinne aller vorgeschlagenen Begriffsbestimmungen handelt (vgl. [Rück 95], S. 6 und 22; vgl. auch [Hentschel/Stauss 91], S. 238; vgl. auch [Elfgen/Klaile 87], S. 7-13; vgl. auch [Meffert/Bruhn 95], S. 27 und 31).

Grundsätzlich lassen sich Dienstleistungen im Rahmen der integrativen Leistungslehre anhand der drei Dimensionen Leistungspotenzial, Leistungserstellungsprozess und Leistungsergebnis beschreiben (vgl. [Fließ/Möller 02] S.13f.).

Unter dem Leistungspotenzial ist die Fähigkeit und Bereitschaft einer Unternehmung zu verstehen, eine Leistung zu erbringen. Diese umfasst „die Kombination der internen Potential- und Verbrauchsfaktoren, die eine Leistungserstellung ermöglicht (Fähigkeit und Bereitschaft zur Ausübung einer Tätigkeit)“ ([Engelhardt et al. 93], S. 398). Es handelt sich somit um eine der eigentlichen Leistungserstellung zeitlich und sachlich vorgelagerte Vorkombination der internen Produktionsfaktoren des Anbieters, um die Leistungsbereitschaft des Unternehmens herzustellen.

Leistungselemente des Leistungspotenzials in der Unternehmensberatung sind Humanressourcen (Mitarbeiter), allgemeine Unterlagen über die Leistung (Prospekte, Faltblätter, Informationsbroschüren), Ausstattung mit Informations- und Kommunikationstechnologie, Büroräume sowie deren Einrichtung, Fahrzeuge für die Fahrt zum Kunden etc. (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 238).

Im Leistungserstellungsprozess erfolgt die Aktivierung des Leistungspotenzials mit dem Ziel, die Leistung zu produzieren. Hierbei werden die bereits vorkombinierten Potenzial- und Verbrauchsfaktoren gemeinsam mit weiteren internen Faktoren sowie den vom Nachfrager zur Verfügung gestellten externen Faktoren miteinander kombiniert (vgl. [Corsten 97], S. 119ff.). „Der (finale) Leistungserstellungsprozeß stellt eine durch die Aktivierung der Bereitstellungsleistung ausgelöste Tätigkeit dar, bei der interne und gegebenenfalls externe Produktionsfaktoren zum Zwecke der Bedarfsdeckung in einen Produktionsprozeß integriert werden“ ([Engelhardt et al. 93], S.398).

Besondere Bedeutung kommt hier der Integration von so genannten externen Faktoren zu. Diese bezeichnen solche Faktoren, „die zeitlich begrenzt in den Verfügungsbereich eines Dienstleistungsanbieters gelangen und mit den internen Produktionsfaktoren in einen Verarbeitungsprozeß integriert werden. Mögliche externe Faktoren sind z.B. Personen (Nachfrager und seine Mitarbeiter), Objekte, […] Rechte, Nominalgüter und/oder Informationen“ ([Engelhardt et al. 93], S. 401).

Leistungselemente des Leistungserstellungsprozesses in der Unternehmensberatung sind z.B. für den Kunden angefertigte Gutachten, Berichte, Unterlagen etc. und Know-how, welches von den Mitarbeitern während des Beratungsprozesses angesammelt wurde (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 238).

Der Leistungserstellungsprozess endet mit einem Leistungsergebnis, das geeignet ist, dem Nachfrager einen Nutzen zu stiften. Dieses Leistungsergebnis setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, so dass es sich genau genommen nicht um eine Einzelleistung, sondern um ein Leistungsbündel handelt (vgl. [Corsten 97], S. 145; vgl. auch [Engelhardt et al. 93], S. 402ff.; vgl. auch [Kleinaltenkamp 93b], S. 105; vgl. auch [Mengen 93], S. 24; vgl. auch [Woratschek 96], S. 59).

Leistungselemente des Leistungsergebnisses in der Unternehmensberatung sind alle tangiblen und intangiblen Elemente, die aus dem Leistungspotenzial stammen oder während des Leistungserstellungsprozesses erstellt worden sind und noch nach diesem vorliegen. Hierbei handelt es sich z.B. um den allgemeinen Unternehmensprospekt (Leistungspotenzial), das angefertigte Gutachten (Leistungserstellungsprozess) und den Nutzen und Wissenszuwachs des Unternehmens (z.B. in Form einer neuen Software-Lösung oder eines neuen Berichtwesens), welches beraten wurde (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 238).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Integrative Leistungserstellung

Quelle: [Kleinaltenkamp 02], S. 446

2.2.3 Unternehmensberatung als Projekt

Unternehmensberatungsleistungen werden in der Regel in Form von Projekten erbracht. Projekte bezeichnet man gewöhnlich als Vorhaben mit definiertem Anfang und Ende, die durch zeitliche Befristung, Komplexität, relative Neuartigkeit und Einmaligkeit gekennzeichnet sind (vgl. [Frese 80], S. 1960ff.). Nach Kupper sind die Merkmale eines Projektes die Existenz eines Auftraggebers, eines Projektzieles, einer Projektgruppe und einer Projektleitung (vgl. [Kupper 86], S. 20ff.). Der Auftraggeber in einem Beratungsprojekt ist in der Regel die Institution, die die Beratungsleistung empfängt. Das Projektziel wird häufig als Zielsystem definiert, welches ein leistungsbezogenes Sachziel, ein kostenbezogenes Formalziel und ein Terminziel umfasst (vgl. [Krcmar 97], S. 129f.). Mitglieder des Beratungs- und Klientenunternehmens bilden gewöhnlich die Projektgruppe, aus denen die Projektleitung bestimmt wird (vgl. [Najda 01], S. 25).

2.2.4 Unternehmensberatung als System

Der Systembegriff erlaubt uns, den komplexen Untersuchungsgegenstand (Gesamtsystem) in seine einzelnen Bauteile (Subsysteme) aufzuteilen und die Beziehungen zwischen diesen Bestandteilen zu verdeutlichen (vgl. [Hoffmann 91], S. 26). In der Unternehmensberatung dient er der Verdeutlichung der Interaktionen zwischen Klient und Berater.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Systembetrachtung der Beratungs-Projektgruppe

Quelle: [Najda 01], S. 26; dort in Anlehnung an [Stutz 88], S. 119

Innerhalb des Beratungssystems im engeren Sinne (i.e.S.) wird die eigentliche Beratungsleistung durch Zusammenarbeit von Beratern mit Klientenmitarbeitern erstellt. Das Beratungssystem i.e.S. lässt sich als temporäre Schnittmenge derjenigen Berater und Klientenmitarbeiter verstehen, welche sich zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiv am Beratungsprozess beteiligen. Den Kern des Beratungssystems i.e.S. bilden die Mitglieder, die permanent über den gesamten Verlauf des Beratungsprojektes aktiv in das Projekt einbezogen sind (z.B. die Projektleitung). Die restlichen Mitglieder des Beratungssystems wechseln lediglich vorübergehend in das Beratungssystem i.e.S. Hierbei handelt es sich z.B. um Interviewpartner im Klientenunternehmen oder Experten für spezifische Fragestellungen. Sie sind, solange sie nicht aktiv mitwirken, Mitglieder des Beratungssystems im weiteren Sinne (i.w.S). Hierzu gehören neben allen Mitgliedern aus dem Beratungs- und Klientensystem auch Personen, die in das Projekt durch einen Auftrag oder einen befristeten Arbeitsvertrag einbezogen sind (vgl. [Najda 01], S. 26).

Das Beratungssystem i.w.S. darf nicht isoliert, sondern nur im Kontext mit der relevanten Umwelt betrachtet werden. Diese besteht aus Personen, Personengruppen und Institutionen, die über wechselseitige Erwartungen mit dem Beratungssystem i.w.S. in Beziehung stehen (z.B. Subventionsgeber, Eigentümer/Kapitalgeber etc.) sowie aus allgemeinen Rahmenbedingungen, die einen Einfluss auf das Beratungsprojekt ausüben (z.B. Konjunktur, Gesetzgeber/politisches Umfeld etc.) (vgl. [Hoffmann 91], S. 30-34).

Berater und Klienten können im Beratungssystem i.e.S. verschiede Rollen im Verhältnis zueinander einnehmen und unterschiedliche Handlungsfelder übernehmen (vgl. [Najda 01], S. 26):

- Leistungsbeziehungsrolle: Klientenmitarbeiter sind Auftraggeber, Berater sind Auftragnehmer.
- Interventionsrolle: Berater intervenieren gegenüber Personen oder Objekten des Klienten.
- Teilnehmerrolle: Berater und Klientenmitarbeiter arbeiten an der Leistungserstellung.
- Steuerungsrolle: Berater und/oder Mitglieder des Klientenunternehmens leiten das Projekt.
- Entscheidungsrolle: Das Management des Klientenunternehmens ist die höchste Entscheidungsinstanz für das Projekt. Den Beratern können allerdings Entscheidungsbefugnisse im Rahmen der Projektleitung übertragen werden.

2.2.5 Der Beratungsprozess

In der Literatur nimmt die Unterteilung von Beratungsprojekten in Abschnitte oder Phasen einen festen Platz ein. Niedereichholz unterscheidet fünf Abschnitte (vgl. [Niedereichholz 97], S. 4.): Kontaktphase, Akquisitionsphase, Angebotsphase, Vertragsgestaltung, Auftragsdurchführung/Qualitätssicherung (vgl. Abb. 5).

Zuerst erfolgt die Kontaktaufnahme mit dem potenziellen Kunden, deren erfolgreicher Abschluss die Überleitung in die Akquisitionsphase darstellt. Dabei stellen die Größe und Bedeutung des Kontaktnetzwerkes des Beraters und die Anzahl der daraus entstehenden konkreten Aufträge die entscheidenden Parameter dar.

Die Akquisitionsphase führt im Idealfall zu einer Aufforderung des Klienten an den Unternehmensberater, ein Angebot zu erstellen. Dies gilt als Zeichen dafür, dass es dem Berater im Verlauf der Akquisitionsphase gelungen ist, den Klienten von seiner Sachkompetenz und der Realisierbarkeit der(s) aufgezeigten Problemlösungswege(s) zu überzeugen.

Im Rahmen der darauf folgenden Angebotserstellung ist der Berater gezwungen, den Ablauf des gesamten Auftrages gedanklich zu strukturieren, zu terminieren, personell auszustatten, zu kalkulieren und zu organisieren. Während der Angebotserstellung kann es in begründeten Fällen zu weiteren klärenden Gesprächen mit dem potenziellen Kunden kommen. Das Angebot ist die Grundlage des zwischen den beiden Parteien abzuschließenden Vertrages.

Der Durchführungsabschnitt des Beratungsauftrages wird in Unterphasen gegliedert, die sich je nach Beratungsinhalt unterscheiden können. Das Standardschema einer Managementberatung beginnt mit der Analyse des Ist-Zustandes des Unternehmens oder der(s) Teilbereiche(s), in dem die Probleme identifiziert wurden. Auf Basis dieser Analyseergebnisse werden dann die Ziele festgelegt, die mit den im Sollkonzept enthaltenen Problemlösungen erreicht werden sollen. Die Realisierungsplanung enthält die Formulierung, Machbarkeitsprüfung und Risikoabsicherung der Maßnahmenpakete, die der Umsetzung des Sollkonzeptes und damit der Zielerreichung dienen. Die Realisierung ist die konkrete Ausführung dieser Maßnahmen im vorgegebenen Zeitrahmen. In der Auftragsnachbereitung werden das methodische Vorgehen und der Zielerreichungsgrad evaluiert (vgl. [Niedereichholz 97], S. 3f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Phasenablauf eines Beratungsauftrages

Quelle: in Anlehnung an [Niedereichholz 97], S. 4

3 Objekte der Standardisierung

Während sich die bisherigen Kapitel vorwiegend mit dem theoretischen Hintergrund der Standardisierung und Unternehmensberatung befasst haben, wird in diesem Kapitel zunächst die strategische Relevanz der Standardisierung beleuchtet. Danach wird ausgehend vom allgemeinen Dienstleistungsbereich eine Übertragung des Forschungsgegenstandes Standardisierung auf die Unternehmensberatung erfolgen.

3.1 Standardisierung als Wettbewerbsstrategie

Unternehmensstrategien dienen vor allem dem Aufbau von unternehmerischen Erfolgspotenzialen, der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen und der Verbesserung der Wettbewerbssituation. Ziel ist die Erlangung eines einmaligen (relativen) Positionsvorteils gegenüber der Konkurrenz. Um eine solche Position zu erlangen, trifft ein Unternehmen aufbauend auf der Analyse der Wettbewerbsstruktur eine Entscheidung über sein Verhalten am Markt, das sich nach Porter in einer der drei Wettbewerbsstrategien Kostenführerschaft, Differenzierungsstrategie und Fokussierung auf Schwerpunkte konkretisiert (vgl. [Porter 99], S. 71ff., vgl. auch [Picot et al. 01], S. 523).

Dabei ist mit Kostenführerschaft eine Strategie gemeint, die sich auf den Wettbewerbsvorteil niedriger Kosten konzentriert. Differenzierung zielt auf die Schaffung eines in einer Branche einzigartigen Produktes bzw. einer damit vergleichbaren Leistung ab, welche(s) dem Kunden einen höheren Nutzen als Konkurrenzprodukte bietet. Mit Fokussierung auf Schwerpunkte ist die Konzentration auf eine bestimmte Nische (z.B. eine besondere Kunden-Gruppe, eine ungewöhnliche Produktlinie, ein geographisches Segment (vgl. [Steinmann/Schreyögg 00], S. 193)) unter Beibehaltung einer der beiden erstgenannten Strategien gemeint.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Die drei Strategien nach Porter

Quelle: [Porter 99], S. 75

Bei der Verknüpfung der zwei zentralen Strategien Kostenführerschaft und Differenzierung mit der Strategiealternative Standardisierung kommen Fließ/Möller zu dem Schluss, dass eine umfassende Kostenführerschaft nur durch Standardisierung von Leistungen zu erreichen ist, wobei die Standardisierungsstrategie nicht zwangsläufig auch die Strategiebefolgung der Kostenführerschaft impliziert (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 188). Das heißt, dass die Standardisierungsstrategie eine Differenzierungsstrategie nicht ausschließt, wenn sie einen erhöhten Kundennutzen zur Folge hat.

Während es sich aber bei den Strategien Kostenführerschaft, Differenzierung und Konzentration auf Schwerpunkte um „reine“ Strategien handelt, lässt sich die Strategiealternative Standardisierung einerseits als Strategie, andererseits aber auch als Realisierung der entsprechenden konkreten Maßnahmen interpretieren. Somit sind Porter’s Strategien nur auf der strategischen Ebene anzusiedeln; im Gegensatz dazu hat die Strategiealternative Standardisierung sowohl strategischen wie auch operativen Charakter (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 188f.).

Die strategische Ausrichtung großer amerikanischer Unternehmensberatungen in der Wahrnehmung der Marktteilnehmer hat Payne untersucht (vgl. [Payne 84] zitiert nach [Schade 97], S. 235). Er gelangt zu zwei (Wahrnehmungs-) Dimensionen. Die eine Dimension beschreibt den Spezialisierungsgrad der Tätigkeit mit den Polen Spezialisierung und Generalisierung, die zweite Dimension bezieht sich auf den Standardisierungsgrad der Arbeitsweise mit den Polen „eher situationsspezifische“ und „eher standardisierte Vorgehensweise“. Die Positionierung der verschiedenen Beratungsunternehmen ergab sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Positionierung amerikanischer Beratungsunternehmen

Quelle: [Schade 97], S. 236; dort zitiert nach [Payne 86]

Es zeigt sich z.B., dass McKinsey als Generalist mit hohem Standardisierungsgrad eingestuft wird, während Arthur D. Little als Spezialist mit hohem Standardisierungsgrad angesehen wird. Die Boston Consulting Group ist offenbar weder als Spezialist noch als Generalist zu bezeichnen; ihr wird jedoch die am stärksten situationsspezifische Arbeitsweise zugesprochen (vgl. [Schade 97], S. 235f.; vgl. auch [Meffert/Bruhn 00], S. 135).

3.2 Ansatzpunkte für Standardisierung im Dienstleistungsbereich

Um sinnvolle inhaltliche Ansatzpunkte zur Standardisierung bzw. potenzielle Standardisierungsobjekte in der Unternehmensberatung zu identifizieren, soll im Folgenden insbesondere auf den in Kapitel 2.2.2 vorgestellten Ansatz zurückgegriffen werden, Dienstleistungen anhand der Dimensionen Leistungspotenzial, Leistungserstellungsprozess und Leistungsergebnis zu beschreiben. Ausgehend vom allgemeinen Dienstleistungsbereich wird dann in den nachfolgenden Kapiteln eine Übertragung auf den Forschungsgegenstand Unternehmensberatung erfolgen.

Die Standardisierung von Leistungspotenzialen bezieht sich auf alle zur Herstellung eines Produktes oder Erbringung einer Leistung notwendigen Faktoren, die den Input zu einem Prozess bilden (vgl. [Gudergan/Hoeck 02], S. 31). Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass der Anbieter in Bezug auf das Leistungspotenzial autonom über das Ausmaß an Standardisierung entscheiden kann. Er legt eigenständig fest, welche Arten von Leistungen er am Markt anbietet und ob es sich hierbei um standardisierte oder individualisierte Leistungen handeln soll. Zum Beispiel stellt die Entscheidung über das Leistungsspektrum (z.B. die Spezialisierung auf eine bestimmte Kundengruppe/Branche) eine autonome Entscheidung des Anbieters im Rahmen des Leistungspotenzials dar (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 21 und 23).

Im Leistungserstellungsprozess bilden die betrieblichen und überbetrieblichen Prozesse einer Dienstleistungsorganisation, die an der Leistungserbringung bzw. Wertschöpfung beteiligt sind, Ansatzpunkte für eine Standardisierung (vgl. [Gudergan/Hoeck 02], S. 29). Hier ist es dem Anbieter nun nicht mehr möglich, seine Ressourcen autonom zu disponieren; vielmehr ist er auf die Mitwirkung des Nachfragers und der von ihm zur Verfügung gestellten externen Faktoren angewiesen. Somit ist der Gestaltungsspielraum in Bezug auf die Standardisierung des Leistungserstellungsprozesses stärker eingeschränkt als im Rahmen des Leistungspotenzials. Dabei kommt den steuernden Prozessinformationen des Nachfragers besondere Bedeutung zu (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 22). Diese charakterisiert Ernenputsch wie folgt: „Auf diese informatorische Mitwirkung des Abnehmers sind wesentliche Teile der Produktionsaktivitäten des Produzenten angewiesen. Ohne diese Mitwirkung des einzelnen Nachfragers an der Planung ist die Durchführung der Faktorkombination nicht möglich“ ([Ernenputsch 86], S. 35). So sind z.B. die übermittelten Informationen an einer Kinokasse steuernde Prozessinformationen, die die Leistung individualisieren, da man als Kinogänger aus dem Angebot der Filme eine individuelle Auswahl trifft und auch Wünsche bezüglich des Sitzplatzes äußert (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 17). Je stärker diese steuernden Prozessinformationen von Nachfrager zu Nachfrager variieren, desto individueller verläuft der Leistungserstellungsprozess und desto schwieriger ist es für den Anbieter, diesen zu standardisieren.

Die Zusammenhänge zwischen der Standardisierung im Rahmen von Leistungspotenzial und Leistungserstellungsprozess lassen sich gerade am Beispiel der Unternehmensberatung veranschaulichen. So vermag der Unternehmensberater über die Art der angebotenen Leistungen Einfluss auf die steuernden Prozessinformationen nehmen. Er kann sich beispielsweise auf die Lösung von EDV-Problemen, auf bestimmte Branchen (z.B. Banken, Versicherungen) oder auf ausdrückliche Funktionsbereiche eines Unternehmens (z.B. Vertrieb, Produktion) spezialisieren. Über diese Eingrenzung der angebotenen Problemlösungen grenzt er gleichzeitig die Vielfalt und Heterogenität der steuernden Prozessinformationen ein. Dies zeigt, dass autonome Entscheidungen im Rahmen des Leistungspotenzials den Standardisierungsgrad im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses bestimmen. Gleichzeitig hat jedoch der Standardisierungsgrad des Leistungserstellungsprozesses auch Auswirkungen auf den Standardisierungsgrad im Rahmen des Leistungspotenzials. Entscheidet sich der Beratungsanbieter nämlich beispielsweise, Beratung für besonders schwierig zu lösende EDV-Probleme anzubieten, die in der Regel aufgrund der hohen Varietät externer steuernder Prozessinformationen einen hohen Individualisierungsgrad erfordert, so hat dies besondere Anforderungen an die Flexibilität des Leistungspotenzials zur Folge. Es ist dann wesentlich schwieriger, mit standardisierten Beratungstools und begrenzten standardisierten Qualifikationen der Mitarbeiter in derartig individualisierten Leistungserstellungsprozessen zu agieren.

Nachdem die Ansatzpunkte und Zusammenhänge zwischen der Standardisierung im Rahmen von Leistungspotenzial und Leistungserstellungsprozess erörtert wurden, wird im nächsten Schritt auf das Leistungsergebnis als Output des Leistungserstellungsprozesses eingegangen. Es resultiert unmittelbar aus dem Zusammenwirken der Produktionsfaktoren im Rahmen des Leistungspotenzials sowie der Kombination von internen und externen Faktoren im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses. Somit wird der Standardisierungsgrad des Leistungsergebnisses durch die (individualisierte bzw. standardisierte) Gestaltung des Leistungserstellungsprozesses und des Leistungspotenzials determiniert. Damit ist das Leistungsergebnis kein eigenständiger Ansatzpunkt der Standardisierung, sondern ein Folgeprodukt bereits vorher getroffener Entscheidungen im Rahmen des Leistungspotenzials und des Leistungserstellungsprozesses (vgl. [Fließ/Möller 02], S. 22-25).

3.3 Ansatzpunkte für Standardisierung in der Unternehmensberatung

Anhand der im Kapitel 3.1 und 2.2.2 beschriebenen Dimensionen Leistungspotenzial, Leistungserstellungsprozess und Leistungsergebnis sollen nun konkrete Ansatzpunkte für Standardisierung im Unternehmensberatungsbereich abgeleitet werden.

3.3.1 Das Leistungspotenzial

Als erster Baustein der Leistungserstellung werden zunächst die verschiedenen Inputfaktoren eines Beratungsprojektes vorgestellt und hinsichtlich ihrer Standardisierbarkeit überprüft.

(1) Sachanlagen

Hiermit sind Büroräume und deren Ausstattung, Arbeitsmaterialen (insbesondere Hard- und Software), Fahrzeuge der Berater sowie sonstige materielle Faktoren gemeint, die der Leistungsbereitschaft dienen. Diese lassen sich vergleichsweise einfach normieren (vgl. [Dichtl 98], S. 128).

(2) Wissen

Der Produktionsfaktor Wissen ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor von Unternehmensberatungen, da ihr Kerngeschäft darin besteht, durch die Anwendung des eigenen kollektiven Wissens Lösungen für Probleme ihrer Kunden zu finden (vgl. [Ryan 95], S. 481 zitiert nach [Steiger 00], S. 101). Gelingt es dem Beratungsunternehmen, das für den Unternehmenserfolg relevante Wissen der Mitarbeiter zu identifizieren, zu bündeln und aktiv zu managen, ist dies ein entscheidender Schritt in Richtung Aufbau und Stärkung von Kernkompetenzen .

Hansen et al. beschreiben in diesem Zusammenhang zwei unterschiedliche Wissensmanagement-Strategien vor (vgl. [Hansen et al. 99], S. 85-96): Kodifizierung und Personalisierung.

Bei der Kodifizierungsstrategie wird das Wissen systematisch erfasst und in einem IT-basierten Wissensmanagementsystem abgelegt. Im Rahmen von Personalisierungsstrategien wird das Wissen zwischen einzelnen Mitarbeitern persönlich ausgetauscht. Wichtig ist, dass nicht ausschließlich eine der beiden Strategien verfolgt wird, sondern beide im richtigen Verhältnis Anwendung finden. Hansen et al. schlagen eine 80:20-Relation vor, bei der 80% der Wissensnutzung der Primärstrategie folgen sollen, 20% der jeweils anderen

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783836604857
ISBN (Paperback)
9783836654852
DOI
10.3239/9783836604857
Dateigröße
1.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Paderborn – Wirtschaftswissenschaften, Decision Support und OR Lab
Erscheinungsdatum
2007 (August)
Note
2,0
Schlagworte
unternehmensberatung standardisierung dienstleistung consulting managementberatung
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Titel: Analyse der Standardisierbarkeit von Unternehmensberatungsleistungen
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