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Committed to Burnout?

Eine Untersuchung über den Zusammenhang von Organizational Commitment und Burnout

©2007 Diplomarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
In einer Arbeitswelt, die mobiler denn je ist, stellt sich den Individuen wie auch den Organisationen die Frage, welche Faktoren schuld sind am „Ausbrennen“ einst hoch motivierter Mitarbeiter/innen und was getan werden kann, um ebendieses zu verhindern. Lag Burnout als Managerkrankheit bei Workaholics bis vor kurzem noch voll im Trend, so ist das Phänomen inzwischen zu einer Volkskrankheit angewachsen, deren Folgen auch volkswirtschaftlich ein nicht unbeträchtliches Problem darstellen.
Ergebnisse einer jüngst durchgeführten Studie - der bisher größten dieser Art in Österreich - zeichnen ein alarmierendes Bild: Rund 18 Prozent der in Sozial- und Pflegeberufen beschäftigten Personen sind stark oder sehr stark Burnout-gefährdet. Burnout droht in unserer Wohlstandsgesellschaft immer größere Gruppen zu erfassen und diese aus ihren beruflichen wie auch sozialen Bahnen zu werfen.
Das Organizational Commitment, das psychologische Band, das Mitarbeiter/innen mit ihren Organisationen verbindet, scheint im Entstehungsprozess von Burnout eine gewichtige Rolle zu spielen, die den Prozess entweder verstärken oder entschärfen kann. Bis dato vorliegende Forschungen haben Organizational Commitment größtenteils als eine einheitliche Variable erfasst und dabei der Mehrdimensionalität des Konstruktes nicht Rechnung getragen. Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist somit eine Betrachtung der verschiedenen Komponenten des Organizational Commitment, die unterschiedliche Beiträge zur Entstehung von Burnout liefern. Folgende Forschungsfrage leitet den Gang der Untersuchungen:
Haben die einzelnen Komponenten des Organizational Commitments einen Einfluss auf die Höhe des Burnout?
Ziel dieser Arbeit ist, Aufschluss über die Art des Zusammenhanges der affektiven, normativen und kalkulativen Komponente des Organizational Commitment mit der Höhe des empfunden Burnout geben zu können.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in 5 Abschnitte. In Kapitel 2 wird das Organizational Commitment behandelt. Nach der Vorstellung zweier konträrer Forschungstraditionen werden unterschiedliche Bindungsursachen erörtert und die drei Komponenten des Organizational Commitment besprochen. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Vorstellung der beiden gängigsten Messinstrumente.
Kapitel 3 geht auf die Entstehung, den Verlauf und die Symptome von Burnout ein und beleuchtet das Phänomen als Symptom der heutigen Zeit. Weiters wird ein […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Stefan Reischl
Committed to Burnout?
Eine Untersuchung über den Zusammenhang von Organizational Commitment und
Burnout
ISBN: 978-3-8366-0728-5
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Wirtschaftsuniversität Wien, Wien, Österreich, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
1.1
Relevanz des Themas und Forschungsfrage ... 1
1.2
Aufbau der Arbeit ... 2
2 Organizational Commitment... 3
2.1
Begriffsannäherung... 3
2.1.1
Commitment im Allgemeinen ... 3
2.1.2
Definition... 4
2.1.3
Abgrenzung zu anderen Konstrukten ... 5
2.1.4
Systematik der Organizational Commitment-Forschung... 7
2.2
Verhaltensbezogener Ansatz ... 8
2.3
Einstellungsbezogener Ansatz... 10
2.4
Bindungsursachen und ­objekte... 12
2.4.1
Bindungsursachen... 12
2.4.2
Bindungsobjekte ... 16
2.5
Messinstrumente des Organizational Commitment... 17
2.5.1
Organizational Commitment Questionaire (OCQ) ... 17
2.5.2
Organizational Commitment Scale (OCS) ... 17
3 Burnout... 19
3.1
Begriffsklärung... 19
3.1.1
Die ,,Geburt" des Burnout-Begriffes ... 19
3.1.2
Definition... 21
3.1.3
Abgrenzung zu Innerer Kündigung ... 23
3.2
Burnout ­ ein Symptom unserer Zeit? ... 23
3.3
Ätiologie von Burnout... 25
3.3.1
Intraindividueller Ansatz ... 25
3.3.2
Interindividueller Ansatz ... 26
3.3.3
Organisationaler Ansatz ... 28
3.4
Maslach Burnout Inventory (MBI)... 29
3.4.1
Die MBI-Subskalen ... 30
3.4.2
Alternative Messinstrumente ... 32
3.5
Symptome von Burnout ... 32
3.6
Phasenmodell von Burnout ... 33

4 Die Wechselwirkung zwischen Organizational Commitment und Burnout... 36
4.1
Burnout als Einflussgröße von Organizational Commitment... 37
4.2
Organizational Commitment als Einflussgröße von Burnout... 39
4.2.1
Der Effekt des affektiven Commitment... 43
4.2.2
Der Effekt des kalkulativen Commitment ... 46
4.2.3
Der Effekt des normativen Commitment... 47
5 Empirische Studie: Der Einfluss des Organizational Commitment auf Burnout bei
Pflegekräften... 50
5.1
Ziel der Untersuchung ... 50
5.2
Hypothesen... 50
5.3
Methode... 51
5.3.1
Stichprobe und Ablauf der Studie... 51
5.3.2
Untersuchungsvariablen und Messverfahren... 52
5.4
Ergebnisse ... 54
5.5
Diskussion der Ergebnisse ... 62
5.6
Limitationen... 66
6 Conclusio ... 67
7 Literaturverzeichnis ... 69
8 Anhang ... 74

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Symptome des Burnout (Tabelle verkürzt nach Burisch 2006, S. 25f) ... 33
Tabelle 2: Phasen-Modell von Burnout (Tabelle aus: Golembiewski et al., 1983)... 35
Tabelle 3: Deskriptive Statistik der Untersuchungsvariablen ... 54
Tabelle 4: Interkorrelationen der Untersuchungsvariablen... 54
Tabelle 5: Verteilung der Burnout-Schwere anhand Golembiewskis et al. (1983) Phasenmodells ... 55
Tabelle 6: Deskriptive Statistik der Commitment-Komponenten klassifiziert nach der Schwere des Burnout 56
Tabelle 7: Homogenitätstest der Varianzen ... 56
Tabelle 8: ANOVA der Burnout-Schweregrade der einzelnen Commitment-Komponenten... 57
Tabelle 9: Korrelationen des kalkulativen Commitment mit den Subskalen von Burnout... 59
Tabelle 10: Korrelationen des normativen Commitment mit den Subskalen von Burnout... 60
Tabelle 11: Korrelationen der Commitment-Komponenten mit der emotionalen Erschöpfung... 60
Tabelle 12: F-Test der Varianzunterschiede ... 61
Tabelle 13: Regressionsanalyse ... 61
Tabelle 14: Nach der Regressionsanalyse beibehaltene Koeffizienten ... 61
Tabelle 15: Werte der durch die Regressionsanalyse exkludierten Variablen ... 61
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Burnout-Modell (Abbildung aus: Leiter, 1991)... 38
Abbildung 2: Antezedenzen, Korrelate und Konsequenzen der drei Komponenten des Organizational
Commitment (Abbildung aus: Meyer et al., 2002) ... 41
Abbildung 3: Dauer der Krankenhaus-Zugehörigkeit in der Stichprobe ... 52
Abbildung 4: Dauer der Krankenhaus-Zugehörigkeit in der Stichprobe ... 52
Abbildung 5: Zusammenhang zwischen der Burnout- Schwere und dem Organizational Commitment ... 57
Abbildung 6: Zusammenhang zwischen der Burnout- Schwere und dem affektiven Commitment ... 58

1
1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas und Forschungsfrage
In einer Arbeitswelt, die mobiler denn je ist, stellt sich den Individuen wie auch den
Organisationen die Frage, welche Faktoren schuld sind am ,,Ausbrennen" einst hoch
motivierter Mitarbeiter/innen und was getan werden kann, um ebendieses zu verhindern.
Lag Burnout als Managerkrankheit bei Workaholics bis vor kurzem noch voll im Trend, so
ist das Phänomen inzwischen zu einer Volkskrankheit angewachsen, deren Folgen auch
volkswirtschaftlich ein nicht unbeträchtliches Problem darstellen (Burisch, 2006).
Ergebnisse einer jüngst durchgeführten Studie
1
- der bisher größten dieser Art in
Österreich - zeichnen ein alarmierendes Bild: Rund 18 Prozent der in Sozial- und
Pflegeberufen beschäftigten Personen sind stark oder sehr stark Burnout-gefährdet.
Burnout droht in unserer Wohlstandsgesellschaft immer größere Gruppen zu erfassen und
diese aus ihren beruflichen wie auch sozialen Bahnen zu werfen.
Das Organizational Commitment, das psychologische Band, das Mitarbeiter/innen mit
ihren Organisationen verbindet, scheint im Entstehungsprozess von Burnout eine
gewichtige Rolle zu spielen, die den Prozess entweder verstärken oder entschärfen kann.
Bis dato vorliegende Forschungen haben Organizational Commitment größtenteils als eine
einheitliche Variable erfasst und dabei der Mehrdimensionalität des Konstruktes nicht
Rechnung getragen. Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist somit eine Betrachtung
der verschiedenen Komponenten des Organizational Commitment, die unterschiedliche
Beiträge zur Entstehung von Burnout liefern. Folgende Forschungsfrage leitet den Gang
der Untersuchungen:
Haben die einzelnen Komponenten des Organizational Commitments einen
Einfluss auf die Höhe des Burnout?
Ziel dieser Arbeit ist, Aufschluss über die Art des Zusammenhanges der affektiven,
normativen und kalkulativen Komponente des Organizational Commitment mit der Höhe
des empfunden Burnout geben zu können.
1
Business Doctors International HRM Business Consulting Network GmbH, 2007

2
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in 5 Abschnitte. In Kapitel 2 wird das Organizational
Commitment behandelt. Nach der Vorstellung zweier konträrer Forschungstraditionen
werden unterschiedliche Bindungsursachen erörtert und die drei Komponenten des
Organizational Commitment besprochen. Den Abschluss des Kapitels bildet eine
Vorstellung der beiden gängigsten Messinstrumente.
Kapitel 3 geht auf die Entstehung, den Verlauf und die Symptome von Burnout ein und
beleuchtet das Phänomen als Symptom der heutigen Zeit. Weiters wird ein Verlaufsmodell
von Burnout präsentiert und das wichtigste Messinstrument zur Erfassung von Burnout
vorgestellt.
In Kapitel 4 wird die Verbindung von Organizational Commitment und Burnout hergestellt.
Zunächst wird der Forschungsstand zum Einfluss des Burnout auf Organizational
Commitment erörtert, um dann Organizational Commitment als Einflussgröße auf Burnout
ausführlicher darzustellen. Ausgehend von den drei Komponenten des Organizational
Commitment werden Annahmen zum Einfluss auf Burnout präsentiert.
In Kapitel 5 werden die theoretischen Überlegungen in einer empirischen Studie im
Pflegebereich eines Krankenhauses hypothesengeleitet überprüft und diskutiert.
Kapitel 6 schließlich rundet die Arbeit mit einer abschließenden Betrachtung und
Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse ab.

3
2 Organizational Commitment
In der Organisationsforschung nimmt die Frage, wie Mitarbeiter/innen ihrer Organisation
gegenüberstehen und welche Bindungen es zwischen ebendiesen gibt, eine prominente
Rolle ein (Mowday et al., 1983). Bindungen können sich in Form von Anwesenheit (bzw.
Absentismus), Aufrecherhaltung der Mitgliedschaft oder Loyalität gegenüber der
Organisation äußern (Mowday et al., 1983), wobei sich Organizational Commitment mit
letztgenannter Möglichkeit beschäftigt.
2.1 Begriffsannäherung
Im Folgenden wird zunächst der Begriff des Organizational Commitment erarbeitet und
anschließend eine Abgrenzung zu anderen Konstrukten vorgenommen.
2.1.1 Commitment im Allgemeinen
Etymologisch erschließt sich die Wurzel des Begriffes ,,Commitment" aus dem Lateinischen.
,,Committere"
bedeutet etwas ,,zusammenfügen" oder ,,vereinigen". In der transitiven
Form enthält
,,se committere"
die Bedeutung ,,sich getrauen" bzw. ,,sich auf etwas
einlassen" (Gauger, 2000, S.6). Auch in seiner aktuellen Bedeutung im Englischen
bedeutet
,,to commit someone/oneself to"
jemanden/sich selbst auf etwas festzulegen,
sich zu engagieren oder sich für etwas zu verpflichten. ,,Commitment" kann mit
,,Selbstverpflichtung" oder ,,freiwillige Bindung" übersetzt werden (Gauger, 2000, S.7).
Im deutschen Sprachgebrauch findet sich kein gleichwertiger Begriff für Commitment, der
die gesamte Bandbreite des Konstruktes erfasst (Karst et al., 2000), was in erster Linie
damit zusammenhängt, dass diese Disziplin lange Zeit vom angloamerikanischen Raum
dominiert wurde (Tan Akhtar, 1998). So haben sich die meisten Autoren hierzulande für
die Übernahme des Anglizismus entschieden um einer ungenauen Begriffsbestimmung zu
entgehen (vgl. Karst et al., 2000, S.1).
Das Commitment-Konstrukt hat in der Verhaltensforschung und hier vor allem in der
Sozialpsychologie seinen Anfang genommen (Gauger, 2000). Erst später wurde es um den
organisationalen Aspekt erweitert. Entscheidende Beiträge zur Organisationspsychologie
(vgl. Mathieu Zajac, 1990) lieferten Meyer und Allen (1991, 1997) sowie Mowday et al.
(1982). Im Vorwort zu ,,Commitment in Organisationen" schreibt Moser (1996):

4
Commitment kann sich auf Personen, aber auch auf Organisationen oder
Produkte beziehen. Bindung gegenüber Organisationen kann als
Organizational Commitment
bezeichnet werden, Commitment gegenüber
Personen als
Treue
, Commitment gegenüber Produkten oder Marken als
Produkt-
oder
Markentreue
. (S. VII)
In weiterer Folge ist für diese Arbeit nur das Commitment gegenüber der Organisation,
das in weiterer Folge ,,Organizational Commitment" genannt wird, interessant.
2.1.2 Definition
Das Organizational Commitment beschäftigt sich mit dem ,,psychologischen
Band" (Mowday et al., 1982), das Mitarbeiter/innen mit ihren Unternehmen verbindet.
Aufgrund des Ursprungs der Commitment-Forschung in den unterschiedlichen Disziplinen
der Sozial- sowie Organisationspsychologie existiert auch eine Fülle an Definitionen
(Meyer Herscovitch, 2001) in der Literatur, die die Erforschung des Konstruktes
erschwert hat (Mathieu Zajac, 1990). Allen Definitionen gemeinsam ist die Ansicht, dass
es (a) eine stabilisierende und bindende Kraft gibt, die (b) die Richtung des Verhaltens
diktiert (z.B. die Freiheit einschränkt oder die Person an eine Handlungsfolge bindet
(Meyer Herscovitch, 2001, S.301). Im Gegensatz zu austausch-basierten Formen der
Motivation oder zielgerichteten Einstellungen geht vom Organizational Commitment auch
bei Fehlen von extrinsischer Motivation oder positiver Einstellung eine
verhaltensbeeinflussende Wirkung aus (Meyer Herscovitch, 2001).
Die wohl am häufigsten genannte und gleichfalls einflussreichste Definition (Meyer
Herscovitch, 2001) von Organizational Commitment stammt aus einer Monographie von
Mowday, Steers Porter aus dem Jahr 1982:
[Organizational Commitment is] the relative strength of an individual's
identification with and involvement in a particular organization. Conceptually,
it can be characterized by at least three factors: (a) a strong belief in and
acceptance of the organization's goals and values; (b) a willingness to exert
considerable effort on behalf of the organization; and (c) a strong desire to
maintain membership in the organization. (S.27)

5
Wann immer im Lauf dieser Arbeit der Terminus ,,Commitment" fällt, ist damit das
Organizational Commitment (OC) gemeint. Die Bezeichnung ,,organisationales
Commitment" wird dabei ebenso wie ,,Commitment gegenüber Organisationen" oder
,,Bindung an eine Organisation" synonym verwendet (vgl. Moser, 1996, S. VII).
2.1.3 Abgrenzung zu anderen Konstrukten
Neben dem Organizational Commitment gibt es in der Organizational Behaviour-
Forschung noch andere Konzepte, die ähnliche Symptome hinsichtlich Arbeitswilligkeit,
Fluktuation und Absentismus aufweisen. Im Folgenden soll Organizational Commitment
von verwandten Konstrukten wie Involvement und Arbeitszufriedenheit abgegrenzt
werden. Neben den Unterschieden sollen aber auch eventuelle Zusammenhänge
aufgezeigt werden. Einen Einblick in die Korrelationen der beiden geben Meyer et al.
(2002). Die Beziehungen zwischen den Konzepten gelten als nicht restlos erforscht.
Unterschiede betreffen vor allem die zeitliche Stabilität und den Fokus bzw. das
Referenzobjekt.
2.1.3.1 Involvement
Involvement kann definiert werden als das Ausmaß, in dem sich Menschen mit ihrer
Arbeit identifizieren (Moser, 1996, S.49). Im Zentrum des Involvement steht einerseits der
Stellenwert der Arbeit (
work
), andererseits jener des spezifischen Arbeitsplatzes (
job
),
was auch in den Begriffen
,,work involvement"
und
,,job involvement"
festgehalten wird.
Job Involvement wird definiert als ,,a cognitive belief state reflecting the degree of
psychological identification with one's job" (Brooke et al., 1988, S.139) und erfasst die
,,Anstrengungsbereitschaft" des Individuums. Work Involvement beschäftigt sich mit der
,,Arbeit als zentrales Lebensinteresse" (vgl. Moser, 1996, S.50).
Die Unklarheit der Abgrenzung des Involvement vom Organizational Commitment hat ihre
Ursache zum einen in der Unschärfe des Involvement-Begriffes per se und zum anderen
in der wirren Forschungsgeschichte über das Organizational Commitment (Moser, 1996).
Einzelne Autoren (z.B. Becker, 1960; Buchanan, 1974; Porter et al., 1974; Wiener Vardi,
1980; zitiert in: Moser, 1996, S.49, 59ff) haben Involvement als zentralen Begriff des
Organizational Commitment gesehen und ebendiesen teilweise auch verwendet, um
Commitment zu beschreiben. Um den Betrachtungsgegenstand der vorliegenden Arbeit
nicht aus den Augen zu verlieren, wird darauf im Lauf der Arbeit nicht weiter eingegangen
und Involvement als klar separierbares Konstrukt gesehen.

6
Eine primäre Abgrenzung der Begriffe besteht darin, dass das Organizational Commitment
als Bezugsobjekt die gesamte Organisation betrachtet, wohingegen sich Involvement auf
die Arbeit an sich bezieht. "Job involvement describes an employee's attachment to his or
her job, whereas OC describes an attachment between an employee and the
organization." (Mathieu Zajac, 1990, S.182)
Schon Mowday et al. (1982) schlossen aus früheren empirischen Befunden, dass Personen
mit einer stark ausgeprägten Arbeitsethik dazu tendieren, ein hohes Organizational
Commitment an den Tag zu legen. In einer 1990 durchgeführten Meta-Studie belegen
auch Mathieu und Zajac (1990) starke Korrelationen zwischen dem Organisational
Commitment und Job Involvement, vor allem was die affektive Komponente (die
emotionsbesetzte Organisationsbindung, vgl. Kapitel 2.4.1.1) betrifft.
Bemerkenswert ist auch das Zusammenspiel von Job Involvement und Organizational
Commitment hinsichtlich der Arbeitsleistung: Studien ergeben, dass hohes Job
Involvement bei gleichzeitig niedrigen Werten von Organizational Commitment (,,einsame
Wölfe" bei Blau und Boal, 1987), zu verhältnismäßig schwacher Leistung der
Mitarbeiter/innen führt (vgl. Meyer und Allen, 1997). So gesehen verspricht auch Job
Involvement per se unter ungünstigen organisationalen Arbeitsbedingungen nicht die
gewünschten Effekte auf die Arbeitsleistung.
2.1.3.2 Arbeitszufriedenheit
Unter Arbeitszufriedenheit versteht man einen ,,positiven emotionalen Zustand, der sich
aus der Bewertung der eigenen Arbeit und der Arbeitserlebnisse der Person
ergibt." (Locke, zitiert nach Wegge van Dick, 2006, S.12)
Während sich Organizational Commitment als globales Konzept auf die Organisation als
Ganzes bezieht, entspricht die Arbeitszufriedenheit (
job satisfaction
) der Einstellung des
Individuums entweder zu einer konkreten Beschäftigung oder Aspekten dieses
Arbeitsplatzes (Moser, 1996). ,,Commitment emphasizes attachment to the organization
whereas satisfaction emphasizes the specific task environment where an employee
performs his or her duties" erkannten auch Mowday et al. (1982, S.28).

7
Neben der Unterscheidung des Bezugsobjektes bietet auch der zeitliche Horizont
geeignete Unterschiede: Organizational Commitment scheint sich langsam, aber
kontinuierlich über die Zeit zu entwickeln, wenn Individuen ihre Beziehung zur
Organisation überdenken. Arbeitszufriedenheit, auf der anderen Seite, gilt als weniger
stabile Größe, in der sich mehr unmittelbare Reaktionen zu Arbeitsaspekten widerspiegeln.
Die tägliche Arbeitsbelastung kann sich also recht schnell auf die Arbeitszufriedenheit
auswirken, wohingegen Organisational Commitment eine hohe zeitliche Stabilität aufweist
(Mowday et al., 1982).
Arbeitszufriedenheit gehört zu den meist erforschten Korrelaten der OC-Forschung
(Mathieu Zajac, 1990), da sie ebenso wie Organizational Commitment in
Zusammenhang mit Fluktuation und Fluktuationsneigung steht. Bisherige Forschungen
zeichnen das Bild eines sehr komplexen, aber zumeist positiven Zusammenhangs
zwischen dem Organizational Commitment und der Arbeitszufriedenheit mit unklaren
Kausalitäten (vgl. Moser, 1996, S.66; Mathieu Zajac, 1990, S.183). Dies lässt auf eine
Wechselseitigkeit zwischen den beiden Konzepten schließen. Im Allgemeinen fördert eine
hohe Arbeitszufriedenheit die Bildung von Organizational Commitment. Ein hohes, bereits
bestehendes Organizational Commitment kann im Gegenzug aber auch allenfalls
mangelnde Voraussetzungen für die Arbeitszufriedenheit kompensieren. (Moser, 1996)
2.1.4 Systematik der Organizational Commitment-Forschung
Trotz Versuchen, eine umfassende Darstellung des Konstruktes zu geben, hat sich kein
dominantes Konzept von Organizational Commitment ergeben. Vielmehr besteht die OC-
Forschung aus einzelnen Mosaiksteinen, die noch kein kohärentes Ganzes ergeben (van
Dick, 2004). Die Erklärungsansätze für Commitment gehen weitgehend auf zwei
Forschungstraditionen zurück, die als verhaltensbezogener und einstellungsbezogener
Ansatz bekannt sind (Siehe dazu Kapitel 2.2 sowie 2.3). Die erstmalige Unterteilung der
Forschung in die beiden Ansätze stammt von Salancik aus dem Jahre 1977 (vgl. Mowday
et al., 1982, S.24).
Darüber hinaus kann eine Unterscheidung aufgrund unterschiedlicher Bindungsursachen
und Bindungsobjekte erfolgen. In einer Zusammenfassung der vorhandenen Literatur zur
OC-Forschung unterteilen Meyer und Herscovitch (2001) die vorhanden Ansätze auch in
solche, die Organizational Commitment eindimensional, und solche, die es
mehrdimensional abbilden.

8
Obwohl einstellungs- und verhaltensbezogenes Commitment in der Theorie klar
abgegrenzt werden können, ist es unerlässlich für das Verstehen des Commitment-
Prozesses, die subtile Wechselbeziehung von Einstellung und Verhalten über die Zeit zu
sehen (vgl. Mowday et al., 1982, S.47).
You act. You believe your action was valuable, worthwhile, desirable. You act
again, renewing the belief. In time, without realizing it, you have made a
myth; your sense of veracity and value has been merged into the pattern of
action. The myths sustain the action; and the action sustains the myth.
(Salancik, 1977, zitiert nach Mowday et al., 1982, S.26)
Mitarbeiter/innen, die sich freiwillig für ein bestimmtes Verhalten entscheiden und ihre
Entscheidung als schwer abänderbar sehen, entwickeln
intrapsychische
und
interpersonelle
Kräfte, die sie drängen, sich
konsistent
mit der Festlegung zu verhalten.
2
Aus dieser Festlegung heraus entstehen Einstellungen, die vorhergehende
Entscheidungen rechtfertigen. Aufgrund der Rückkoppelung warnen einige Autoren vor
der Verwendung der Begriffe ,,einstellungsbezogenes" und ,,verhaltensbezogenes
Commitment" und postulieren stattdessen die Begriffe ,,irrational school" und ,,rational
school" (Gauger, 2000). Die Systematik dieser Arbeit bedient sich nichtsdestotrotz der
gebräuchlicheren Unterscheidung (Gauger, 2000) in den einstellungs- und den
verhaltensorientierten Ansatz.
2.2 Verhaltensbezogener Ansatz
Der verhaltensbezogene Ansatz konstatiert, dass Verhalten zur Entstehung von
Einstellung beiträgt, und kehrt so die üblicherweise angenommene Kausalwirkung der
Einstellung auf das Verhalten um. Der Ansatz wurde von den Arbeiten von Kiesler (1971)
und Salancik (1977) geprägt. Commitment wird als Bindung an Handlungen oder
Verhalten definiert. Diese Handlungen sind nach Salancik (1977) besonders dann bindend,
wenn sie
(1) für Dritte nachvollziehbar und eindeutig interpretierbar sind
(2) schlecht widerrufen oder rückgängig gemacht werden können
(3) willentlich und aus freien Stücken durchgeführt werden
2
einen tieferen Einblick in den psychologischen Bindungsprozess bietet Cialdini (2002)

9
(4) oft stattfinden
(5) als bedeutsam wahrgenommen werden
(6) in einen übergeordneten sozialen Kontext eingebunden sind.
Als bedeutendster Vertreter dieses Ansatzes gilt Howard Becker (1960), der in den frühen
Sechzigern konsistentes Verhalten mithilfe von Seitenwetten (
,,side bets"
) erklärte (Weller,
2003). Der Fokus seiner Forschungen liegt auf den Entscheidungen von Individuen, die
zur Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in einer Organisation führen.
Mitgliedsentscheidungen werden folglich über bereits getätigte Investitionen begründet.
Die Seitenwetten werden in Form von individuellen Investitionen in nicht unmittelbar
organisationsbezogene Objekte getätigt (z.B. der Kauf eines Hauses, das Erlernen von
sozialen Normen oder der Aufbau eines sozialen Beziehungsgefüges in der Nähe des
Arbeitsplatzes) und können nur selten ohne Verluste rückgängig gemacht werden. Bei
einem Austritt aus der Organisation gehen die positiven Effekte der getätigten Investition
größtenteils verloren und es wird auch der größere soziale Kontext beeinträchtigt (wie
eben die Einbettung in ein soziales Gefüge), womit nach Becker (1960) die eingegangene
Wette verloren ist. Die Seitenwetten erhöhen folglich die Austrittsbarrieren aus der
Organisation, was die Bindung der Mitarbeiter/innen erhöht (vgl. Gauger, 2000; Weller,
2003). Aus der für diesen Ansatz alternativen Bezeichnung ,,irrational school" ist
ersichtlich, dass diese Investitionsentscheidungen oft nicht bewusst gefällt werden, und
somit bis zum geplanten Organisationsaustritt latent dahinschwellen.
Hat sich Commitment erst einmal herausgebildet, so wirkt eine motivierende und
verhaltensstabilisierende Kraft, die situative Abwägungen und Kosten-Nutzen-
Überlegungen in den Hintergrund stellt. Das Commitment-Konzept hebt sich somit vor
allem durch seine temporäre Unabhängigkeit von situationsgebundenen oder kurzfristigen
Anreizen ab und garantiert auch bei Wegfall üblicher Motivationsmechanismen eine
Verhaltensweise, die der Erreichung hoch bewerteter Ziele dient. So bleibt man z.B. der
Organisation treu, um durch die fortwährende Teilnahme einen Verlust früherer
Investitionen (z.B. durch Inkaufnahme einer geringeren Anfangsentlohnung) zu
verhindern (Weller, 2003).

10
Für die Erklärung des Verhaltens in Organisationen sind nach Salancik (Weller, 2003) bei
diesem Ansatz drei Hypothesen entscheidend, die Festingers (1978) Theorie der
kognitiven Dissonanz folgen und besagen, dass:
Individuen danach trachten, Unstimmigkeiten (Inkonsistenzen) zwischen ihren
Verhaltensweisen und Einstellungen zu vermeiden;
Individuen dazu tendieren, sich konform zu früheren Verhaltensweisen zu
verhalten;
dies unter Berücksichtigung persönlicher und sozialer Normvorstellungen erfolgt.
Meyer und Allen (1991) argumentieren dagegen, dass verhaltensbezogenes Commitment
nicht freiwillig erfolgt, sondern vielmehr einen Zwang darstellt. So müssen
Mitarbeiter/innen ihren Mitgliedsstatus aufrechterhalten, um nicht negative Konsequenzen
im Falle eines Organisationsaustrittes zu erleben.
2.3 Einstellungsbezogener Ansatz
Die zweite grundlegende Forschungsrichtung gründet auf späteren Überlegungen von
Mowday, Porter, Steers und Kollegen (z.B. 1982). Das Forschungsinteresse gilt hier dem
psychologischen Zustand, der Commitment konstituiert. Einstellungsbezogenes
Commitment erklärt also konsistentes Verhalten anhand von psychischen Dispositionen,
die sich über Beeinflussung von inneren Prozessen (Denken, Lernen, etc.) sowie
exogenen Faktoren (z.B. Arbeitserfahrungen, Meinungen von anderen Personen)
entwickeln.
Aufgrund der Einstellungen und Verhaltensintentionen wird Commitment als
multidimensionales Konstrukt verstanden, das Phänomene wie die Identifikation mit der
Organisation, die Einsatzbereitschaft für diese sowie den Wunsch, die Mitgliedschaft
aufrechtzuerhalten, beinhaltet (vgl. Mowday et al., 1982, S.27). Die anfangs gegebene
Definition von Commitment entspringt somit diesem Ansatz. Mowday et al. (1982)
entwickelten zur Abbildung des Commitments eine Skala, das Organizational Commitment
Questionaire (OCQ, siehe Kap. 2.5.1), die sich als eines von zwei Werkzeugen zur
Erfassung des Organizational Commitment etabliert hat. Im Gegensatz zur später
kommenden Organizational Commitment Scale (OCS; siehe Kapitel 2.5.2) bildet das OCQ
jedoch nur die affektive Komponente des Commitment ab.

11
Einstellungen, die das Organizational Commitment konstituieren, basieren dabei auf der
Kongruenz von Wertvorstellungen und Interessen eines Mitglieds und seiner Organisation.
Zu den Meinungen und Gefühlen gegenüber der Organisation entwickeln sich auch
bestimmte Verhaltensweisen, die mit der Organisation in Verbindung gebracht werden. Es
kann davon ausgegangen werden, dass eine positive Einstellung gegenüber einem Objekt
(in diesem Fall der Organisation), auch ein - auf das Objekt bezogen - positives Verhalten
nach sich zieht. Haben sich Einstellungen einmal etabliert, so sind diese zeitlich relativ
stabil und lassen sich nur mittel- bis langfristig wieder verändern (Weller, 2003).
Drei Komponenten stechen bei Mowdays et al. (1982) Beschreibung heraus: Identifikation,
Anstrengungsbereitschaft und geringere Fluktuationsneigung (vgl. Moser, 1996, S.40). Als
moderierende Variablen kommen persönliche Merkmale, Arbeitsplatz- und
Tätigkeitsmerkmale, Arbeitserfahrungen und rollenbezogene Merkmale in Frage. Positive
Korrelationen mit dem Alter bzw. der Betriebszugehörigkeit sind ebenso nachgewiesen
worden (vgl. Mathieu Zajac, 1990).
Organizational Commitment im Sinne von Mowday und Mitarbeitern (1982) geht weit über
passive Loyalität hinaus: ,,It involves an active relationship with the organisation such that
individuals are willing to give something of themselves in order to contribute to the
organization's well-being" (Mowday et al., 1982, S.27). Erfahren Mitarbeiter/innen nun
eine Bedürfnisbefriedigung innerhalb der Organisation, so entwickeln sie quasi als
Gegenleistung im Sinne einer Austauschbeziehung Organizational Commitment.
Als weiterer Meilenstein in der Forschungsgeschichte (Meyer HErscovitch, 2001) über
das Organizational Commitment gelten die Arbeiten von John P. Meyer und Nancy J. Allen
(z.B. 1990, 1991, 1997). Ausgangspunkt für ihre Überlegungen war die Beobachtung,
dass die existierenden Modelle zum Organizational Commitment einerseits
Übereinstimmungen, aber auch Gegensätzlichkeiten aufwiesen. Als gemeinsamen Nenner
konnten sie die resultierende Bindung an die Organisation ausmachen, die jedoch in den
existierenden Modellen durch gegensätzliche
mind-sets
hervorgerufen wurden (vgl. Meyer
Herscovitch, 2001). Frühere Vertreter/innen hatten dabei drei dominierende Themen
herausgearbeitet: Die affektive Affinität zur Organisation, die wahrgenommenen Kosten
eines Organisationsaustrittes und die Verpflichtung, in der Organisation zu verbleiben
(Meyer Allen, 1991).

12
Das Verdienst von Meyer und Allen (1997) liegt in der Zusammenfassung der
eindimensionalen Betrachtungsweisen zu ihrem Dreikomponentenmodell, das die
verschiedenen Forschungsrichtungen zusammenfasst sowie die Kluft zwischen verhalten-
und einstellungsbezogenem Ansatz schließt. Sie argumentieren, ,,that it was more
appropriate to consider affective, continuance, and normative commitment to be
components, rather than types of commitment, because an employee's relationship with
an organization might reflect varying degrees of all three" (Meyer Allen, 1997, S. 13).
Die Dimensionen des Organizational Commitment wurden affektives Commitment
(
affective commitment
), kalkulierendes Commitment (
continuance commitment
) und
normatives Commitment (
normative commitment
) bezeichnet.
2.4 Bindungsursachen und ­objekte
2.4.1 Bindungsursachen
Um die psychologischen Entstehungsprozesse der Commitment-Bildung effektiver zu
erforschen und um dem Auseinanderdriften der unterschiedlichen Ansätze Einhalt zu
gebieten, entstanden mehrdimensionale Konzepte des Organizational Commitment.
Neben Meyer und Allen (1991, 1997) haben auch andere Autoren - darunter z.B. O'Reilly
und Chatman (1986) ­ mehrdimensionale Konzepte des Organizational Commitment
präsentiert.
3
Einen Überblick über publizierte Modelle geben Meyer Herscovitch (2001).
Da die Unterschiede größtenteils begrifflicher Natur und somit vergleichbar sind, wird im
Folgenden die Nomenklatur des Dreikomponentenmodells von Meyer und Allen (1991,
1997) verwendet. Gemäß der unterschiedlichen Natur der drei Komponenten des
Organizational Commitment haben diese auch unterschiedliche Konsequenzen zur Folge,
wie noch in Kapitel 4.2 anhand des Einflusses auf Burnout gezeigt werden wird.
2.4.1.1 Affektives Commitment
Zunächst kann Commitment aus der Perspektive einer positiven Einstellung des
Individuums zur Organisation betrachtet werden. Das bedeutet, dass ,,eine Einbindung
und Festlegung auf eine Organisation aufgrund einer emotionalen, positiven Zuwendung
zu einer Organisation besteht, wie sie etwa die Identifikation mit Zielen und Werten
darstellt" (Gauger, 2000, S. 79).
3
O'Reilly Chatman (1986) benannten die Dimensionen des Organizational Commitment mit Compliance,
Identification und Internalization.

13
Affective commitment refers to the employee's emotional attachment to,
identification with, and involvement in the organisation. Employees with a
strong affective commitment continue employment with the organisation
because they want to do so. (Meyer Allen, 1997, S.67)
In der emotionalen Bindung von Mitarbeiter/innen an ihr Unternehmen, der Identifikation
mit diesem sowie der Eingebundenheit in dieses ist die Affinität dieser Commitment-
Komponente zum einstellungsbezogenen Ansatz klar ersichtlich. Mitarbeiter/innen haben
Freude an der Mitgliedschaft in der Organisation, sie fühlen sich mit ihr emotional
verbunden und erleben ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zu ihr.
Porter et al. (1974) nahmen als Merkmalsdimensionen Identifikation und Involvement an.
Mit der Identifikation mit spezifischen Zielen oder Werten geht ein
Wiedererkennungseffekt der eigenen Selbstkonzeption (Gauger, 2000) einher, wodurch
simultan eine positive Redefinition des eigenen Selbst erfolgen kann. Der Identifikation
folgt das Involvement, welches wiederum eine Rückkoppelung zur Identifikation hat.
Aufgrund von positiv empfundenen Gefühlen im Kontext der Organisation entwickelt sich
somit über die Zeit die emotionsbetonte Bindung, die den Kern der Affektion bildet. Das
Gefühl der Verbundenheit mit der Organisation steht im Mittelpunkt der affektiven
Komponente des Commitments (vgl. Weller, 2003).
Das affektive Commitment nach Meyer und Allen (1991) korrespondiert eng mit Porters et
al. (1974)
attitudinal commitment
, das als ,,the relative strength of an individual's
identification with and involvement in a particular organization" (Mowday et al., 1982,
S.27) definiert wird. Ebenso wie Meyer und Allen (1991, 1997) teilen auch andere neue
Theorieansätze die Meinung, dass die affektive Bindung, die Personen ihrer Organisation
gegenüber eingehen, eine wesentliche Grundkomponente des Commitment-Konzeptes
darstellt (Meyer Herscovitch, 2001).
2.4.1.2 Kalkulatives Commitment
Das abwägende oder kalkulative Commitment lehnt sich eng an den verhaltensbezogenen
Ansatz an. Es beschreibt die psychologische Festlegung eines Organisationsmitglieds, die
auf der Kalkulation von Austrittsbarrieren in Form von Opportunitätskosten gegenüber der
Organisation beruht (vgl. Weller, 2003).

14
Continuance commitment refers to an awareness of the costs associated
with leaving the organization. Employees whose primary link to the
organization is based on continuance commitment remain because they need
to do so. (Meyer Allen, 1997, S.67)
Durch rationales Abwägen im Sinne einer Kosten-Nutzen-Kalkulation entsteht nach dieser
Komponente beim Individuum die Einsicht, dass das Ausscheiden aus der Organisation
mit Nachteilen (Kosten) verbunden ist. Zum einen handelt es sich bei diesen Kosten um
die tatsächlich anfallenden Kosten, zum anderen fließen hier aber vor allem auch
Opportunitätskosten eines Austrittes ein (vgl. Weller, 2003). Wie Gauger (2000) zeigt,
resultieren die Opportunitätskosten aufgrund bereits getätigter Investitionen und dem
,,zukünftig erwarteten Nutzen der Organisationsmitgliedschaft, relativ zu anderen
verfügbaren Alternativen" (S.99). Die Einschätzung von Anreizen im Vergleich zu
verfügbaren Alternativen unterliegt der subjektiven Bewertung des Individuums.
Der Aufbau eines unternehmensspezifischen Netzwerks oder die Entwicklung einer
unternehmensspezifischen Qualifizierung sind Investitionen eines Mitgliedes in die
Organisation. Da diese Investitionen außerhalb des Unternehmens wertlos, und somit die
,,Austrittskosten" hoch sind, spricht man von ,,irreversiblen Kosten" (
sunk costs
). Ebenso
verfänglich für das Individuum erweist sich die Inkaufnahme von momentan ungünstigen
Bedingungen unter Erwartung einer Kompensation zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. ein
niedriges Einstiegsgehalt bei einem starken Gehaltssprung nach zwei Dienstjahren, eine
versprochene Beförderung oder die Möglichkeit zur Verwirklichung persönlicher
Vorstellungen in der Zukunft). Aus der anfänglichen Investition entsteht eine temporäre
Bindung an die Organisation, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt amortisiert. Das
kalkulative Commitment entspricht in dieser Definition individuellen Austrittsbarrieren, die
,,die Person gewissermaßen nötigen, in der Organisation zu verbleiben und sich in diesem
Sinne auf das Unternehmen festzulegen" (Gauger, 2000, S.98).
Im Grunde kann somit nicht von echter Bindung gesprochen werden, da der Verbleib in
der Unternehmung auf der Vermeidung negativer Konsequenzen basiert. Charakteristisch
ist somit der empfundene ,,Zwang, die organisationale Mitgliedschaft aufrecht erhalten zu
müssen" (Weller, 2003, S.83).

15
2.4.1.3 Normatives Commitment
Zu guter Letzt bietet sich noch die Betrachtungsweise von Commitment als Resultat der
Wahrnehmung einer Verpflichtung gegenüber der Organisation. Das Ausscheiden aus der
Organisation wird aufgrund von ,,normativen Überzeugungen oder Wertvorstellungen als
moralisch bedenklich oder verwerflich und somit als falsch" (Weller, 2003, S.83) erachtet.
Das Individuum erlebt dabei eine ,,einzulösende Schuld" gegenüber der Organisation. Als
psychologisches Gegengewicht entsteht die Überzeugung, dass es richtig ist, der
Organisation treu zu bleiben.
Finally, normative commitment reflects a feeling of obligation to continue
employment. Employees with a high level of normative commitment feel that
they ought to remain with the organization. (Meyer Allen, 1997, S.67)
Eine solche Beziehung basiert entweder auf gesellschaftlichen Normen oder
Moralvorstellungen des Individuums oder entsteht als Reaktion auf ein besonders faires
Verhalten der Organisation. Das Organisationsmitglied möchte einen Ausgleich für das
Zuvorkommen und die Leistungen von Seiten der Organisation schaffen und zeigt deshalb
pflichtbewusstes Handeln und bleibt ihr deshalb erhalten. Als Vorleistungen kommen z.B.
Ausbildungen in Frage, die das Unternehmen den Mitarbeiter/innen ermöglicht; als
Beispiele für faires Organisationsverhalten können gerechte Entlohnungspraktiken,
angemessenes Vorgesetztenverhalten oder faire Personalbeurteilungen genannt werden.
Speziell das Eintreten der Organisation für ihre Beschäftigten in Zeiten von wirtschaftlicher
Stagnation erhöht die Loyalität der Mitarbeiter/innen beträchtlich.
Normatives Commitment kann mithilfe sozialer Tauschtheorien erklärt werden, und wird
auch als spezielle Form der Reziprozität gesehen (Weller, 2003). Wesentliche
Voraussetzungen für die normative Commitment-Komponente liegen in der kulturellen
Sozialisation und oft auch im religiösen Kontext
4
begründet, aber auch im individuellen
sowie familiären Erfahrungsschatz, der die Werte und Einstellungen des Individuums
nachhaltig prägt. Schließlich kann auch die Organisation durch Steuerung der
Unternehmenskultur zur Bildung sozialer Normen beitragen, die allerdings nur relevant
sind, wenn sie in hohem Maße handlungswirksam sind (vgl. Mayrhofer, 2002, S.286f)
4
z.B. die protestantisch-calvinistischer Arbeitsethik, oder das buddhistische Streben nach Ausgleich, bedingt
durch die Akzeptanz von Wohl- oder Fehlverhalten in früheren Leben.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836607285
DOI
10.3239/9783836607285
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Department für Management, Verhaltenswissenschaftlich orientiertes Management
Erscheinungsdatum
2007 (Dezember)
Note
1,0
Schlagworte
burnout verhaltenswissenschaften organizational commitment krankenhaus emotionale erschöpfung
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Titel: Committed to Burnout?
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