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Produktion und Nutzung von Bioethanol als Kraftstoffkomponente in Deutschland und der Europäischen Union

©2006 Diplomarbeit 174 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Bevölkerungswachstum, fortschreitende Industrialisierung und Globalisierung führen zu einer stetigen Zunahme des weltweiten Energiebedarfs. Um diesen Energiehunger zu stillen wird die Expolration und Nutzung der natürlichen Erdöl- und Erdgasvorkommen extensiviert. Dabei nähern wir uns einem Punkt, wo der Energieverbrauch für Exploration außerhalb des Nahen Ostens größer ist als die Energie, die aus dem geförderten Öl gewonnen werden kann. Darüber hinaus verursacht die Nutzung von fossilen Energieträgern seit geraumer Zeit erhebliche ökologische Probleme. So wird sich nach Ansicht von Wissenschaftlern die Erde wesentlich stärker Erwärmen als bisher angenommen.
Für das Jahr 2007 erwarten Klimaforscher die höchsten Jahrestemperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Studien des Intergovermental Panel on Climate Change, die im Auftrag der Vereinten Nationen den Klimawechsel erforschen, kommen zu dem Schluss, dass sollte der Ausstoß von Treibhausgasen, hauptsächlich CO2, nicht sinken, die Temperaturen in den nächsten 100 Jahren um bis zu sechs Grad steigen werden.
Fast die Hälfte des weltweit geförderten Erdöls fließt in den Transportsektor. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird sich die weltweite Automobilflotte von derzeit etwa 800 Mio. Pkw und Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2030 mehr als verdoppeln. Der Verkehrsbereich stellt also klimapolitisch die größte Herausforderung dar. Während Alternativen zu fossilen Energieträgern im Bereich der Wärme- und Stromerzeugung inzwischen erhebliche Marktanteile erreicht haben, werden Kraftstoffe bis heute noch fast ausschließlich aus Erdöl gewonnen. Mit der EU-Biokraftstoffrichtlinie, die bis zum Jahr 2010 einen Mindestanteil an Biokraftstoffen von 5,75 % festschreibt, wurde im Mai 2003 endlich der Grundstein für eine anhaltende europäische Förderung von Biokraftstoffen geschaffen. Unter anderem durch Einführung des Biokraftstoffquotengesetz (BioKraftQuG) zum 01.01.2007 versucht die Deutsche Bundesregierung den Verpflichtungen aus der EU-Richtlinie nachzukommen.
Gang der Untersuchung:
In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, auf welche Weise, in welchem Ausmaß und mit welchen ökonomischen wie ökologischen Begleitumständen Bioethanol, ein aus Pflanzen gewonnener Alkohol, der auch als Treibstoff für Motoren Verwendung findet, herkömmliche Kraftstoffe ersetzen kann. Zusätzlich wird in einer eigenen empirischen Erhebung unter mehreren hundert Autofahrern ermittelt, wie weit […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Definitionen
1.3 Pro und Contra Bioethanol

2 Bioethanolkonzepte in außereuropäischen Ländern
2.1 Brasilien
2.1.1 Das Proálcool-Programm
2.1.2 Zuckerrohrproduktion und Ethanolerzeugung
2.1.3 Der brasilianische Markt für Bioethanol
2.1.4 Energie- und Treibhausgasbilanz
2.2 USA
2.2.1 Das Gasohol-Programm
2.2.2 Ethanolerzeugung und Marktentwicklung

3 Erzeugung und Verwendung von Bioethanol in der EU
3.1 Überblick über den europäischen Kraftstoffmarkt
3.1.1 Kraftstoffpreise
3.1.2 Fahrzeugbestand
3.1.3 Kraftstoffverbrauch
3.2 Bioethanolproduktion und Verwendung im europäischen Kraftstoffsektor
3.2.1 Der europäische Markt für Bioethanol
3.2.2 Verwendung von Bioethanol in ausgewählten Ländern der EU
3.2.2.1 Deutschland
3.2.2.2 Großbritannien
3.2.2.3 Italien
3.2.2.4 Frankreich
3.2.2.5 Spanien
3.2.2.6 Schweden
3.2.2.7 Polen
3.2.2.8 Zusammenfassende Betrachtung
3.3 Ausblick und Konfliktpotenzial der europäischen Bioethanolnutzung

4 Ethanolerzeugung in Deutschland
4.1 Gewinnung aus Zuckerrüben
4.1.1 Rohstoffkosten
4.1.2 Konversionsprozess
4.1.3 Ethanolherstellungskosten
4.2 Gewinnung aus Kartoffeln
4.2.1 Rohstoffkosten
4.2.2 Konversionsprozess
4.2.3 Ethanolherstellungskosten
4.3 Gewinnung aus Getreide
4.3.1 Überblick des deutschen Getreideanbaus
4.3.2 Rohstoffkosten
4.3.3 Konversionsprozess
4.3.4 Ethanolherstellungskosten
4.4 Vergleichende Betrachtung der Ethanolherstellung bei unter-schiedlichem Rohstoffeinsatz
4.5 Neue Ethanolrohstoffe
4.6 Menge und Standorte der deutschen Ethanolproduktion

5 Ethanolverwendung im deutschen Kraftstoffsektor
5.1 Der deutsche Kraftstoff- und Mineralölmarkt
5.1.1 Verteilung und Entwicklung des deutschen Mineralölverbrauchs
5.1.2 Verteilung und Entwicklung des deutschen Kraftstoffver-brauchs
5.1.3 Entwicklung von Mineralölsteuer und Kraftstoffpreisen
5.2 Verwendungsmöglichkeiten von Ethanol im Kraftstoffsektor
5.2.1 Umwandlung von Ethanol zu ETBE
5.2.2 Ethanol als Kraftstoffadditiv
5.2.3 Ethanol für Flexible-Fuel-Fahrzeuge
5.2.4 Ethanol als Reinkraftstoff
5.2.5 Stärken und Schwächen der verschiedenen Verwendungsformen von Bioethanol
5.2.6 Ausblick BtL-Kraftstoffe

6 Bedeutende Einflussgruppen auf dem deutschen Bioethanolmarkt
6.1 Mineralölindustrie
6.1.1 Mineralölwirtschaftsverband
6.1.2 BP/Aral
6.1.3 Shell
6.1.4 Esso
6.2 Automobilkonzerne und ihre Kraftstoffstrategien
6.2.1 Volkswagen
6.2.2 Opel
6.2.3 BMW
6.2.4 Ford
6.3 Bundesregierung
6.3.1 Ausgangssituation
6.3.2 Kraftstoffstrategie der Bundesregierung
6.3.3 Förderpolitik der Bundesregierung
6.4 Konsumenten
6.4.1 Befragung der VW-AG
6.4.2 Eigene Befragung über Bioethanol
6.4.2.1 Zielsetzung und Vorgehensweise
6.4.2.2 Ergebnisse

7 Ökologische Bilanz der Bioethanolnutzung
7.1 Treibhausgas-Emissionen
7.2 Treibhausgas-Vermeidungskosten

8Ausblick
8.1 Ölpreisentwicklung und Profitabilität der Bioethanolerzeugung
8.1.1 Entwicklung des Weltenergieverbrauchs
8.1.2 Die weltweiten Ölreserven
8.1.3 Erdölförderung und -verbrauch weltweit
8.1.4 Auswirkungen des Rohölpreises auf die Profitabilität der Bioethanolerzeugung
8.2 Produktionspotenzial bei Bioethanolrohstoffen
8.2.1 Überschüsse aus landwirtschaftlicher Produktion
8.2.2 Potenzial durch Nutzung der Stilllegungsflächen
8.2.3 Gesamtes Bioethanolpotenzial

9 Fazit

Anhang A (Bioethanoltankstellen)

Anhang B (Fragebogen)

Anhang C (Auswertung Fragebogen)

Literatur- und Quellenverzeichnis

Autorenprofil

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Verwendung des weltweit geförderten Erdöls, 2001

Abb. 2: Darstellung eines Ethanolmoleküls

Abb. 3: Aufteilung der globalen Ethanolproduktion, 2004

Abb. 4: Neuzulassungen von PKWs nach Kraftstoffart in Brasilien

Abb. 5: Einflussfaktoren des brasilianischen Bioethanolmarktes

Abb. 6: Entwicklung von Zucker-, Ölpreis und brasilianischer Ethanolproduktion

Abb. 7: Preiskomponenten in Europa für Euro Super 95 in 2005

Abb. 8: Preiskomponenten in Europa für Dieselkraftstoff in 2005

Abb. 9: In der EU-15 zugelassene PKW nach Kraftstofftyp im Jahr 2004

Abb. 10: Ottokraftstoffverbrauch der EU-25 im Jahr 2005

Abb. 11: PKW-Verkehr in Mrd. Personen-km pro Jahr

Abb. 12: EU-Bioethanolproduktion nach Rohstoffen 2005

Abb. 13: Verbrauch und Produktion von Kraftstoffethanol in Europa 2005

Abb. 14 Regionale Gliederung

Abb. 15: Verfahrensschema zur Ethanolerzeugung aus Zuckerrüben

Abb. 16: Konzentration des deutschen Getreideanbaus 2005

Abb. 17: Getreideanbaufläche in Deutschland in 1.000 ha, 2005

Abb. 18: Entwicklung der Getreideernten von 1999 bis 2004 in 1.000 t

Abb. 19: Deutsche Erzeugerpreise für Getreide in €/t

Abb. 20: Verfahrensschema zur Ethanolerzeugung aus Getreide

Abb. 21: Preisentwicklung von Sojaschrot und Cornglutenfeedpellets

Abb. 22: Flächenproduktivität verschiedener Ethanolrohstoffe

Abb. 23: Ethanolerzeugung nach Rohstoffen 2004/2005, Menge: 302.850 m³

Abb. 24: Bioethanolanlagen in Deutschland

Abb. 25: Mineralölabsatz in Deutschland für das Jahr 2005 in Mio. t

Abb. 26: Entwicklung des deutschen Mineralölverbrauchs von 1975 bis 2005

Abb. 27: Primärkraftstoffverbrauch in Deutschland, Jahr 2005 in Prozent

Abb. 28: Prognose des Primärkraftstoffverbrauchs in Deutschland bis 2025

Abb. 29: Marktgewichteter Kraftstoffverbrauch von PKW aus deutscher Produktion

Abb. 30: Entwicklung der Mineralölsteuersätze seit 1985

Abb. 31: Zusammensetzung der Kraftstoffpreise an deutschen Zapfsäulen

Abb. 32: Zusammenhang von Benzinpreis, Steuersatz und Rohölpreis

Abb. 33: Die Kraftstoffstrategie von BP/Aral

Abb. 34: Kraftstoffoptionen der Shell Deutschland Oil

Abb. 35: Neuzulassungen von PKW nach Marken Januar bis Juni 2006

Abb. 36: Die Kraftstoffstrategie des Volkswagen-Konzerns

Abb. 37: Dreifach-Strategie der Adam Opel GmbH

Abb. 38: Kraftstoffstrategie des BMW-Konzerns

Abb. 39: Alternative Antriebe bei Ford

Abb. 40: Kraftstoffstrategie der Bundesregierung

Abb. 41: Umfrage der VW AG zum Thama Automobil und Umwelt

Abb. 42: Aufteilung der gesamten Befragungsteilnehmer

Abb. 43: Ungeschlossener CO2-Kreislauf

Abb. 44: Treibhausgas-Emissionen bei Nutzung von Bioethanol und Benzin in einem PKW mit Verbrennungsmotor

Abb. 45: Treibhausgas-Vermeidungskosten verschiedener Studien

Abb. 46: Wachsender Weltenergiebedarf in Mrd. TOE pro Jahr

Abb. 47: Die zehn ölreichsten Länder der Welt, Reserven 2006 in Mrd. t

Abb. 48: Entwicklung der Welt-Erdölnachfrage in Mio. t pro Jahr

Abb. 49: Entwicklung des Welt-Erdölangebots in Mio. t pro Jahr

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Pro und Contra Bioethanol

Tab. 2: Kennzahlen zur Beurteilung des Bioethanolmarktes in ausge- wählten Ländern der EU

Tab. 3: Produktionskosten für Zuckerrüben in Deutschland nach Regionen

Tab. 4: Produktionskosten für Zuckerrüben in Deutschland und durchschnittliche Rübenerträge

Tab. 5: Durchschnittliche Ethanolproduktionskosten aus Zuckerrüben

Tab. 6: Produktionskosten von Stärkekartoffeln

Tab. 7: Ethanolproduktionskosten aus Kartoffeln

Tab. 8: Ethanolproduktionskosten aus Weizen, Roggen und Mais

Tab. 9: Kennzahlen verschiedener Ethanolrohstoffe

Tab. 10: Stärken und Schwächen landwirtschaftlicher Rohstoffe für die Ethanolerzeugung

Tab. 11: Ausbauziele der EU für alternative Kraftstoffe

Tab. 12: Sukzessive Erhöhung des Steuersatzes für Biodiesel

Tab. 13: Stärken und Schwächen der Verwendungsformen von Bioethanol

Tab. 14: Zusammenfassung Kraftstoffmatrix der Bundesregierung

Tab. 15: Preisvor- und -nachteil von Bioethanol gegenüber Ottokraftstoff in Abhängigkeit des Rohölpreises

Tab. 16: Potenzial der deutschen Bioethanolerzeugung

1 Einleitung

1.1 Einführung

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Biomasse – überwiegend Holz – die bedeutendste Rohstoffquelle der Menschheit. Da Holz jedoch nur langsam nachwächst, traten bald eine Übernutzung und eine ernste Krise ein. Durch den Übergang auf fossile Energieträger – anfangs Kohle, später zunehmend Erdöl und Erdgas – wurden die Voraussetzungen für die industrielle Entwicklung geschaffen, jedoch wurde gleichzeitig das Dilemma der sich erschöpfenden Rohstoffressourcen eingeleitet (El Bassam 1998). Der durch das stetige Bevölkerungswachstum, die Industrialisierung und Globalisierung hervorgerufene weltweit steigende Energiebedarf kann allein durch fossile Energieträger und Kernenergie langfristig nicht gedeckt werden. Die Exploration und Nutzung der natürlichen Erdöl- und Erdgasvorkommen verursacht bereits seit geraumer Zeit erhebliche ökologische Probleme. Sämtliche fossile Energieträger entstammen einer längst vergangenen Zeit und haben Jahrmillionen bis zu ihrer Entstehung benötigt. Der ursprünglich in der Atmosphäre vorhandene Kohlenstoff wurde in Pflanzen und Tieren gebunden und nach deren Absterben allmählich in tieferen Erdschichten eingeschlossen. Seit der Industriellen Revolution werden nun diese Kohlenwasserstoffverbindungen durch Verbrennung wieder in die Atmosphäre zurückgeführt. Das Problem dieses – im eigentlichen Sinne natürlichen – Vorgangs ist jedoch die Geschwindigkeit, mit der er abläuft. Den heutigen Lebensformen auf der Erde steht für einen Anpassungsprozess kein angemessener Zeitraum zur Verfügung. Angesichts der Tatsache, dass der über Jahrmillionen gespeicherte Kohlenstoffanteil innerhalb von nur wenig mehr als 100 Jahren wieder freigesetzt wird, ist es nicht verwunderlich, dass das komplizierte natürliche Gleichgewicht dabei aus der Balance geraten kann (Geitmann 2005, S. 14 ff.). Neben möglichen Klimaveränderungen birgt auch die Abhängigkeit der Öl importierenden Länder von den Fördernationen ein stetig wachsendes Konfliktpotenzial. Alexander King, ehemaliger Präsident des „Club of Rome“ beschreibt die Krise folgendermaßen: „Wir nähern uns einem Punkt, wo der Energieverbrauch für Exploration und Förderung außerhalb des Nahen Ostens höher ist als die Energie, die aus dem geförderten Öl gezogen wird. Unsere Volkswirtschaften müssen mit Energiebilanzen gelenkt werden und nicht nach monetären Größen. Geld ist relativ und vergänglich, Energie ist essentiell und ewig. Wir müssen begreifen, dass die Rohstoff-, Nahrungsmittel-, Bevölkerungs-, Klima- und Umweltprobleme zusammenhängen “ (zitiert in El Bassam 1998). Durch den Einsatz natürlicher, nachwachsender Ressourcen bietet sich endlich die Chance, die stoffliche und energetische Bilanz unserer Erde wieder in das notwendige Gleichgewicht zu rücken. Darüber hinaus kann bei einer effektiven Nutzung nachwachsender Rohstoffe auch mit einem langfristigen Wirtschaftswachstum und mit Erhöhungen der Produktionskapazitäten gerechnet werden. Momentan stellt sich die Lage beim Energieverbrauch so dar, dass der gesamte Verkehrssektor (inklusive Gütertransport sowie Flugzeug- und Schiffsverkehr) mit 46 % knapp die Hälfte des weltweit geförderten Erdöls vereinnahmt (siehe Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei wird sich laut einer Studie der Vereinten Nationen die weltweite Automobilflotte von derzeit 800 Mio. Pkw und Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2030 auf 1,6 Mrd. noch verdoppeln. Verschiedene Klimamodelle prognostizieren aufgrund des dadurch steigenden CO2-Ausstoßes eine Erhöhung der globalen Temperatur um 2,8 bis 5,2 °C in den nächsten 100 Jahren (IPCC 1996). Um dieser Problematik entgegenzuwirken, hat sich die Europäische Union im Rahmen des Kyoto-Protokolls dazu verpflichtet ihre Emissionen an Kohlenstoffdioxid und Treibhausgasen im Zeitraum 2008 bis 2012 um 8 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu reduzieren. Deutschland hat in diesem Zeitraum eine Minderung von 21 % zugesichert. Mittelfristig wird in den europäischen Ländern eine Emissionsreduktion von 20 bis 40 % (bis zum Jahr 2020) und langfristig eine Reduktion von 70 % (bis 2040) angestrebt. Um dieses Ziel zu erreichen, ist in der EU-Richtlinie 2003/30/EG festgelegt worden, bis zum Jahr 2010 rund 5,75 % aller mineralischen Kraftstoffe in den EU-Mitgliedsstaaten durch biogene zu ersetzen (Geitmann 2005, S. 32).

Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel dieser Arbeit zu analysieren, in welchem Maße Bioethanol dazu beitragen kann, die in der EU Richtlinie 2003/30/EG formulierte Forderung zu erfüllen. Des Weiteren soll geprüft werden, ob eine verstärkte Nutzung von Bioethanol als Treibstoffkomponente aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht überhaupt sinnvoll ist und mit welchen Widerständen der verschiedenen Interessengruppen dabei zu rechnen ist. Zunächst soll dabei ein Blick auf die Erfahrungen Brasiliens und der Vereinigten Staaten von Amerika geworfen werden, die schon seit geraumer Zeit die Marktetablierung von Bioethanol betreiben und schon allein aufgrund ihrer Ethanolproduktionsmengen eine absolute Sonderstellung auf der Welt einnehmen. Daran anschließend soll der europäische Markt für Bioethanol analysiert werden, bevor die Bioethanolnutzung in Deutschland detailliert betrachtet wird. Kernstück bietet dabei eine vom Autor durchgeführte Befragung unter deutschen PKW-Fahrern, die dazu beitragen soll, das hierzulande vorhandene Potenzial der Bioethanolnutzung zu evaluieren. Ein Ausblick auf den künftig möglichen Beitrag von Bioethanol zur Deckung des deutschen Kraftstoffbedarfs, vor allem im Hinblick auf die Entwicklung der weltweiten Erdölförderung, rundet diese Arbeit ab.

1.2 Definitionen

Ethanol

Ethanol oder Ethylalkohol ist eine organische Verbindung aus zwei Kohlenstoffatomen, Wasserstoff und einer Hydroxylgruppe (Summenformel C2H5OH). Der auch zum Genuss geeignete Trinkalkohol ist der prominenteste Vertreter der Stoffgruppe der Alkohole und wird umgangssprachlich häufig nur als Alkohol bezeichnet. Andere geläufige Namen sind Äthylalkohol, Äthanol, Spiritus oder Weingeist. Den durch Gärung aus Agrarprodukten gewonnenen Ethanol bezeichnet man als Agrar- oder Bioethanol (Bützer 2002).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gasohol

Gasohol ist ein Kurzwort aus Gasolin und Alkohol (Duden 2006). Folglich bezeichnet Gasohol ein Gemisch aus i.d.R. bleifreiem Benzin und wasserfreiem Alkohol (Ethanol). Der Alkoholanteil beträgt mind. 10 % (Dooley 1999). In Brasilien wird unter der Bezeichnung Gasohol Benzin mit einer Beimischung von 25 % Ethanol (E-25) verstanden (Schmitz 2005, S. 153).

FFV

Felxible Fuel Vehicles (FFVs) sind Fahrzeuge, die sowohl mit Benzin als auch mit Bioethanol sowie mit jedem beliebigen Mischungsverhältnis von Benzin und Bioethanol betrieben werden können.

MTBE (Methyl-Tertiär-Butyl-Ether)

MTBE (Summenformel C5H12O) wird seit Mitte der 1970er Jahre als Ersatz von Bleialkylverbindungen verwendet um die Oktanzahl in unverbleitem Benzin zu erhöhen. Die eingesetzten Konzentrationen betrugen ca. 2 bis 5 Gewichtsprozente des damit versetzten Benzins. Seit Anfang der 1990er Jahre wird MTBE vor allem in den USA und in einigen Ländern der EU in Konzentrationen von 11 bis 15 Gewichtsprozent als sog. Oxygenat beigemischt um den Sauerstoffgehalt im Benzin zu erhöhen und somit den Verbrennungsvorgang zu verbessern. Die weltweite Jahresproduktion beträgt etwa 20 Millionen Tonnen. MTBE steht unter dem Verdacht beim Menschen krebserzeugend zu wirken (BUWAL 2004, S. 2 ff.).

ETBE (Ethyl-Tertiär-Butyl-Ether)

ETBE (Summenformel C6H14O) ist ein Veredelungsprodukt, das bezogen auf das Volumen zu 47 % aus Ethanol und zu 53 % aus Isobuten besteht (BayStMLF 2003, S. 3). Es hat ähnliche Eigenschaften wie MTBE und könnte dieses als Oktanzahlerhöher ablösen. Gegenüber MTBE werden die geringere Toxizität und der höhere erreichbare regenerative Anteil als entscheidende Vorteile gesehen (BayStMLF 2003, S. 47 f.).

1.3 Pro und Contra Bioethanol

Bereits Henry Ford erkannte, dass die Zukunft des Kraftstoffes in Agrarprodukten liegt. Der Prototyp seines Ford-T-Modells von 1908 konnte per Handschaltung von Diesel- auf Ethanolbetrieb umgestellt werden. Seine Vision war: „… to build a vehicle affordable to the working family and powered by a fuel that would boost the rural farm economy“ (zitiert von Vogt/Dirscherl 2004, S. 115 ff.). Er sah also schon vor 100 Jahren, dass positive Effekte für die landwirtschaftliche Entwicklung durch die Nutzung von agrarischen Treibstoffen möglich sind. Auch wenn heute eher der Umweltschutzgedanke im Vordergrund stehen dürfte, betonen zahlreiche Studien die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Rechnen Wintzer et al. (1993) bei einer anhaltenden politischen Förderung nachwachsender Rohstoffe mit bis zu 60.000 neuen Arbeitsplätzen in Westdeutschland, gelangt eine jüngere Studie der Biofrac (2006, S. 5) zu dem Ergebnis, dass für jedes Prozent fossiler Kraftstoffe, welches durch Biokraftstoffe ersetzt wird, 45.000 bis 75.000 neue Arbeitsplätze in der EU entstehen könnten.

Der Einsatz von Bioethanol als regenerativer Kraftstoff ist jedoch nicht unumstritten. Gegner argumentieren mit ungünstigen Treibhausgasbilanzen aufgrund geringer, teils negativer Energieausbeuten des aufwändigen Umwandlungsprozesses. In der Tat ist das Ausmaß der Treibhausgasreduktionen stark abhängig von den verwendeten Rohstoffen und den eingesetzten Konversionsanlagen. Weiterhin sind Vermeidungspotenzial als auch Vermeidungskosten bspw. pro Liter verwendetes Ethanol von Land zu Land sehr unterschiedlich. Da es sich bei den Treibhausgasemissionen um ein globales Umweltproblem handelt, ist es theoretisch nicht von Bedeutung, in welchen Wirtschaftsregionen oder Staaten sie vermieden werden. Weltweit betrachtet ist eine Treibhausgasreduktion dort sinnvoll, wo sie mit den geringsten Kosten durchgeführt werden kann (Henke 2005, S. 24). Einen erstenen Überblick über angeführte Pro- und Contra-Argumente der europäischen Bioethanolnutzung gibt Tabelle 1.

Tab. 1: Pro und Contra Bioethanol

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2 Bioethanolkonzepte in außereuropäischen Ländern

Im Jahr 2004 wurden weltweit rund 42,2 Mio. m³ Ethanol produziert. Dies bedeutete eine Steigerung von 11,6 % gegenüber dem Vorjahreswert von 37,8 Mio. m³ (F.O. Licht 2004). Allein Brasilien und die USA produzierten mit 69 % über zwei Drittel dieser Menge. Die Ethanolproduktion Brasiliens zeichnet sich nicht nur durch günstige Produktionsbedingungen aus, sondern auch durch Subventionen des staatlichen Proálcool-Programms (Putensen 2005, S. 21).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Aufteilung der globalen Ethanolproduktion, 2004

2.1 Brasilien

2.1.1 Das Proálcool-Programm

Brasilien kann auf eine lange Tradition bei der Herstellung von Ethanol aus Rohrzucker zur Nutzung als Treibstoff zurückblicken. Bereits im Jahr 1931 wurde eine 5%ige Ethanolbeimischung zum Kraftstoff verbindlich festgelegt. In den Folgejahren schwankte die Höhe der Beimischung abhängig von der Entwicklung der Zucker-, Ethanol- und auch der Energiepreise. Das eigentliche Ethanolprogramm (Proálcool) wurde jedoch erst im Jahre 1975 als späte Reaktion auf den ersten Erdölpreisschock (1973) verabschiedet. Da Brasilien während dieser Zeit rund 80 % seines Rohölbedarfs importieren musste, war das Hauptziel des Proálcool die Substitution von Erdöl. In der Anfangsphase des Programms war die Zumischung von wasserfreien Ethanol auf max. 22 % des Kraftstoffes (E22) reglementiert. Wasserhaltiges Ethanol dient in Reinform zwar als Kraftstoff, um jedoch dem Benzin beigemischt werden zu können, muss es wasserfrei sein. Nach dem zweiten Ölpreisschock 1979 entschied sich die Regierung das Proálcool-Programm weiter auszubauen. Die Markteinführung von Ethanolfahrzeugen sowie die Entwicklung neuer Motoren wurden gefördert. Des Weiteren wurden günstige Kredite an Landwirtschaft und Industrie, mit dem Ziel Ethanolkraftstoff günstiger als den normalen Kraftstoff zu machen, vergeben (Schmitz 2005, S. 131 ff.). Als Folge dieser Politik waren in der zweiten Hälfte der 80er Jahre über 80 % der PKW-Neuzulassungen mit ethanolfähigen Motoren ausgestattet. Die Zahl der Ethanolfahrzeuge stieg bis zum Jahr 1990 auf über vier Millionen (Anfavea 2005, S. 56).

Abb. 4: Neuzulassungen von PKWs nach Kraftstoffart in Brasilien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit dem Beginn der 90er Jahre fielen jedoch die Gründe weg, die für die Initialisierung des Proálcool ursprünglich eine Rolle gespielt hatten. Der Rohölpreis fiel während der 90er Jahre um nahezu 40 % und Brasilien entwickelte sich dank der Ausbeutung von Ölquellen im Offshore-Bereich selbst zu einem bedeutenden Ölproduzenten. Darüber hinaus zog der Preis für Zucker, aufgrund der gestiegenen Nachfrage im ehemaligen Ostblock, erheblich an, so dass sich der Zuckerexport für viele Produzenten als die ökonomischere Alternative darstellte. Zeitweise war die brasilianische Regierung sogar gezwungen Ethanol zu importieren. Den absoluten Tiefpunkt erreichte das Proálcool 1997, als nur noch etwa 1.000 Ethanolfahrzeuge verkauft werden konnten. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass immer noch ca. 20 bis 25 % Ethylalkohol dem Normalbenzin beigemischt werden (Dünkmann 2004).

Auch wenn die Zahl der Neuzulassungen für Ethanolfahrzeuge mittlerweile wieder die 50.000-Marke erreicht hat, dürfte die Zukunft den Flexible-Fuel-Vehicles (FFVs) gehören. Wichtige in Brasilien tätige Automobilproduzenten (VW und GM) schätzen, dass bald sämtliche Kleinfahrzeuge auch als FFVs am Markt erscheinen (Schmitz 2005, S. 134). Eine weitere Belebung könnte das Proálcool durch den Beginn des internationalen Handels mit Emissionszertifikaten und durch den rasanten Anstieg der Rohölpreise erhalten.

Ökologische oder soziale Überlegungen spielten bei der Konzeption des Proálcool-Programms kaum eine Rolle. Durch die staatlichen Interventionen – welche in erster Linie die Besitzer der großen Zuckerrohrplantagen und die Weiterverarbeitungsbetriebe (usinas) begünstigten – wurden die Einkommens-disparitäten eher noch verstärkt. Auch ist es sozial sehr fragwürdig, wenn die Kosten eines so teuren Programms nur denjenigen bessergestellten Konsumentenschichten zugute kommen, die sich überhaupt ein privates Auto leisten können. Ein gravierendes Umweltproblem beim Zuckerrohranbau stellen der oft übermäßige Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden sowie das Abbrennen der Felder vor der Ernte dar. Auch fallen bei der Weiterverarbeitung enorme Mengen an Abwässern an, die gerade in der Anfangszeit des Programms nicht selten ungeklärt in die Flüsse geleitet wurden. Positiv ist jedoch hervorzuheben, dass bei der Verbrennung von Ethylalkohol deutlich weniger Schadstoffe freigesetzt werden als bei der Verbrennung von Benzin. Außerdem konnte durch die Beimischung von Alkohol zum Normalbenzin in Brasilien schon früh auf den Zusatz von Blei verzichtet werden (Dünkmann, 2004).

2.1.2 Zuckerrohrproduktion und Ethanolerzeugung

Die Zuckerrohrproduktion Brasiliens nimmt gegenwärtig nur etwa 1 % (4,5 Mio. ha) der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche ein. Da Zuckerrohr neben Baumwolle und Reis eine der wasserintensivsten Kulturpflanzen ist, ist der großflächige Anbau, welcher oft auch zu Bodenerosionen führt, nicht ganz unproblematisch. Aus dem agrarischen Rohstoff Zuckerrohr kann sowohl Zucker als auch Ethanol hergestellt werden. Mit 310 Mio. t Zuckerrohr pro Jahr ist Brasilien der weltweit größte Produzent. Hieraus wurden im vergangenen Jahr rund 15 Mrd. l. Ethanol gewonnen. Im Bundesstaat Sao Paulo befindet sich die größte und modernste Zuckerindustrie des Landes. 400.000 Menschen produzieren hier über 60 % des brasilianischen Ethanols. Bei bis zu fünf Ernten pro Jahr und einem Hektarertrag von 93 t lassen sich so aus einem Hektar Zuckerrohranbau ungefähr 10.000l. Ethanol gewinnen (Sieg 2006, S. 13). Derzeit wird knapp die Hälfte der Zuckerrohrernte für die Ethanolproduktion verwendet. Infolge dieser ansteigenden Produktion kletterte auch der Preis für Zucker im Verlauf des letzten Jahres auf ein 25-Jahres-Hoch. Der monatliche Durchschnittspreis (USDA 2006) lag im April 2006 bei 21,35 Dollar-Cents pro Pfund (Rogers 2005, S. 234).

2.1.3 Der brasilianische Markt für Bioethanol

Von den derzeit über 17 Mio. PKWs in Brasilien sind ca. 72 % mit E25-Motoren (Gasohol) und 19 % mit reinen Ethanolmotoren (E100) ausgestattet. Der Rest verteilt sich auf Diesel und FFVs. Für den Betrieb dieser Fahrzeuge werden derzeit ca. 9 Mrd. l. Ethanol und 16 Mrd. l. Benzin pro Jahr verbraucht. In 2004 wurden rund 279.000 FFVs auf dem brasilianischen Markt verkauft, dies entsprach einem Marktanteil von ca. 21,5 %. Nach Prognosen von ANFAVEA und Petrobras soll dieser Anteil bis 2010 auf 67 % gesteigert werden. Demnach würde die brasilianische PKW-Flotte in 2010 etwa zu einem Viertel aus FFVs bestehen. Die inländische Nachfrage nach Ethanolkraftstoff sollte sich dadurch auf 10 Mio. m3 mehr als verdoppeln. Durch die Flexibilität im Treibstoffverbrauch der FFVs sowie die Regulierung des Prozentsatzes von Ethanol, welcher dem Benzin beigemischt werden darf, werden die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Zucker- und Bioethanolmarkt trotzdem weiter schwer zu kalkulieren bleiben. Nachfolgende Grafiken verdeutlichen die wesentlichen Einflussfaktoren auf den brasilianischen Bioethanolmarkt (Schmitz 2005, S. 157 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.4 Energie- und Treibhausgasbilanz

Die energetische Bilanz der Bioethanolproduktion aus Zuckerrohr in Brasilien ist extrem vorteilhaft, da nur ein sehr geringer Anteil an fossilen Energieträgern für die Erzeugung aufgewendet werden muss. Die Netto-Energie-Bilanz beträgt nach Macedo et al. (2003) durchschnittlich 8,3. Dies bedeutet, dass sich bei einem fossilen Input von 250 GJ pro Tonne Ethanol etwa 2100 GJ/t Ethanol ausbeuten lassen. Auch die Treibhausgasbilanz liest sich beispielhaft. Bei der heutigen Produktionstechnik werden pro Tonne verarbeiteten Zuckerrohr 34,5 kg CO2-Äquivalente emittiert. Mit dem so erzeugten Ethanol können allerdings je nach Einsatz als entwässertem Ethanol oder azeotropem Ethanol zwischen 255 kg und 182 kg CO2-Äquivalente pro Tonne Zuckerrohr vermieden werden. Insgesamt lassen sich hierdurch Treibhausgase in Höhe von 25,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr einsparen. Bei Produktionskosten von knapp über 20 Euro-Cent pro Liter Ethanol ist die Ethanolproduktion zudem bereits bei Benzinpreisen zwischen 270 und 300 US-Dollar pro m³ auf dem heimischen Markt konkurrenzfähig (Schmitz 2005, S. 160 ff.).

2.2 USA

Die USA sind mit einer Produktion von knapp 14 Mio. m³ Ethanol in 2004 der zweitgrößte Ethanolproduzent der Welt. Allein die Produktionssteigerung des Jahres 2004 von ungefähr 2,5 Mio. m³ entspricht der gesamten Ethanolproduktion der EU (F.O. Licht 2004).

2.2.1 Das Gasohol-Programm

Auch in den USA wurde die Ethanolproduktion durch ein massives Förderprogramm vorangetrieben. Das „Gasohol“ genannte Programm wurde schrittweise als Reaktion auf die Energiekrisen von 1973 und 1979 und aufgrund des gegen die Sowjetunion ausgesprochenen Getreideembargos eingeführt. Neben einer energiepolitischen Zielsetzung wollte die US-amerikanische Regierung auch neue Absatzmärkte für das in den USA produzierte Getreide schaffen. Das Programm sah die zehnprozentige Beimischung von Ethanol zum Benzin vor (E10-Kraftstoff). Die steuerliche Förderung betrug im Jahr 1978 zunächst 10 US-Cent je Liter und sorgte so für Konkurrenzfähigkeit von Ethanol im Vergleich zu Benzin. Zugleich bot sich Ethanol als Ersatz für Bleiadditive zur Verbesserung der Klopffestigkeit, aufgrund seiner hohen Oktanzahl und des hohen Sauerstoffanteils, an (Schmitz 2003, S. 188).

Mit dem Surface Transportation Act (1998) wurde die Förderung bis auf das Jahr 2007 auf 13,5 US-Cent je Liter ausgedehnt. Weiterhin wird die Verwendung von Bioethanol durch die Verabschiedung des Clear Air Act Amendments (CAAA) von 1990, in welchem die Beimischung von sauerstoffreichen Komponenten in Städten mit besonders hoher Luftverschmutzung vorgeschrieben wird, gefördert (Schmitz 2003, S. 188 f.).

2.2.2 Ethanolerzeugung und Marktentwicklung

Die Ethanolerzeugung in den USA konzentriert sich auf die Staaten Illinois, Iowa, Minnesota und Nebraska. Ungefähr vier Fünftel der derzeit bestehenden 97 amerikanischen Ethanolanlagen sind hier beheimatet. Ethanol wird hierbei zu über 90 % aus Mais gewonnen, welcher ebenfalls überwiegend dieser Region entstammt. Darüber hinaus werden noch Weizen und Gerste für die Ethanolherstellung angebaut. Neben Trink- und Industriealkohol werden über 80 % des erzeugten Ethanols im Kraftstoffsektor genutzt. Für die gesamte Ethanolherstellung werden etwa 20 Mio. t Getreide verwendet. Bis Februar 2006 erreichte der US-amerikanische Ethanolsektor eine Kapazität von rund 16 Mio. m³. Durch Erweiterungen und noch im Bau oder in Planung befindliche Anlagen wird diese Kapazität aller Voraussicht nach bis 2010 um weitere 10 Mio. m³ anwachsen. Die Preise für Ethanol sind in den USA bisher relativ konstant gewesen. Im Zeitraum 1993 bis 1998 bewegten sie sich mit Ausnahme von 1996 in einer Bandbreite von 260 bis 320 US-$ pro m³ (Schmitz 2003, S. 187 ff). Der starke Ölpreisanstieg und die chronischen Engpässe im amerikanischen Raffineriegeschäft führten jedoch auch beim Ethanol zu drastischen Preissteigerungen. Von Oktober 2005 auf Mai 2006 hat sich der Preis für eine Gallone Ethanol von 1,60 US-Dollar auf 2,95 US-Dollar nahezu verdoppelt. Umgerechnet entspricht dies etwa einem Preis von knapp 800 US-Dollar pro m³ (Riecke 2005; Rettberg 2006).

Eine starke Erhöhung der Ethanolnachfrage wird für Kalifornien prognostiziert.[1] Im März 1999 wurde durch Gouverneur Davis mit Executive Order D-5-99 die Verwendung des MTBE-Additivs bis spätestens Ende 2002 untersagt. Er reagierte damit auf Berichte über Wasserverunreinigungen durch MTBE. Da die Versorgung mit alternativen sauerstoffhaltigen Kraftstoffen jedoch nicht gewährleistet war, wurde die Verwendung von MTBE bis Ende 2003 weiterhin erlaubt. Von 2004 an wird die Verwendung von MTBE sukzessive von 0,6 Volumenprozent bis auf 0,05 Volumenprozent in 2007 beschränkt.[2] Da in den Vereinigten Staaten derzeit etwa ein Drittel (160 Mio. m³) aller abgesetzten Kraftstoffe eine MTBE-Komponente beinhalten, könnte bei einem flächendeckenden MTBE-Verbot mit einer zusätzlichen Ethanolnachfrage in Höhe von etwa 8 Mio. m³ gerechnet werden. Mittlerweile wurde MTBE bereits in 17 Bundesstaaten verboten. Einen weiteren Anreiz wird die amerikanische Bioethanolproduktion durch die steigende Anzahl an FFVs, die sich auch in den USA immer stärkerer Beliebtheit erfreuen, erfahren. Es existiert mittlerweile ein FFV-Fahrzeugpark von ca. 3 Millionen Fahrzeugen. An rund 500 der über 180.000 Tankstellen der USA[3] kann damit E-85-Kraftstoff getankt werden (Schmitz 2003, S. 187-193; Henke 2005, S. 11 f.).

3 Erzeugung und Verwendung von Bioethanol in der EU

Die wachsende Energieabhängigkeit der EU bei gleichzeitig dramatisch steigenden Ölpreisen macht die Entwicklung erneuerbarer Energien praktisch zwingend. Die Förderung von Biokraftstoffen eröffnet eine fabelhafte Gelegenheit die europäische Energieabhängigkeit zu reduzieren und dabei die ländliche Entwicklung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Reduzierung von Treibhausgasen voranzutreiben. Im Jahr 2004 wurden in der EU ca. 500.000 t Bioethanol zu Treibstoffzwecken hergestellt. Um das von der EU ausgegebene Ziel, bis zum Jahr 2010 einen Marktanteil von 5,75 % bei Biokraftstoffen zu erreichen, wären jedoch etwa 11 Mio. t notwendig. Ohne zusätzliche Investitionen in Milliardenhöhe sowie die Beseitigung technischer als auch bürokratischer Hindernisse wird dies nicht möglich sein (UEPA 2005).

3.1 Überblick über den europäischen Kraftstoffmarkt

Die Größe des europäischen Marktes für Bioethanol wird neben einer einheitlichen Regelung zur Ethanolbeimischung und diversen Förderinitiativen verschiedener EU-Länder maßgeblich von der Ausgestaltung des momentanen europäischen Kraftstoffmarktes bestimmt. Im Folgenden sollen verschiedene Aspekte des europäischen Kraftstoffsektors näher betrachtet werden.

3.1.1 Kraftstoffpreise

Die Kraftstoffpreise setzten sich aus dem eigentlichen Produktpreis und den staatlichen Belastungen zusammen. Mineralölsteuer und Umsatzsteuer werden in allen EU-Staaten auf Kraftstoff erhoben. Große Unterschiede in den Kraftstoffpreisen werden nicht nur durch die unterschiedliche Höhe der Abgaben hervorgerufen, sondern bereits die reinen Produktpreise variieren zwischen den Ländern zum Teil beträchtlich. Bei Verbraucherpreisen (März 2005) zwischen 0,73 € in Estland und 1,28 € in den Niederlanden (der Durchschnitt EU-25 betrug 0,98 €) bewegten sich die Abgaben für einen Liter unverbleiten Euro Super in den Mitgliedsstaaten zwischen 51 % in Malta und 73 % in Großbritannien. Bei Dieselkraftstoff liegen die Tankstellenpreise insgesamt etwas niedriger. Hier reichte die Skala von 0,74 € in Lettland und 1,24 € in Großbritannien (der Durchschnitt EU-25 betrug 0,91 €). Die Extremwerte der Abgaben bildeten auch beim Dieselkraftstoff Malta mit einem Anteil von 45 % und Großbritannien mit einem Anteil von 70 %. Die jeweiligen Preise und Abgaben der unterschiedlichen Kraftstoffarten sind in den Abbildungen 26 und 27 dargestellt (DIW 2005, S. 14-29).

Abb. 7: Preiskomponenten in Europa für Euro Super 95 in 2005

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1.2 Fahrzeugbestand

Im Jahr 2004 wurden in den EU-15-Staaten etwa 195 Mio. PKW genutzt. Die Wachstumsrate von 2003 auf 2004 betrug dabei 1,4 %. Einzig in Italien schrumpfte der PKW-Bestand während dieses Jahres um einen Prozentpunkt. Das höchste Wachstum wurde mit 7,1 % in Griechenland erreicht. Deutschland lag mit einer Wachstumsrate von 0,8 % auf dem vorletzten Rang. Insgesamt waren im Jahr 2004 in Deutschland mit gut 45 Mio. Stück die meisten PKW zugelassen. Italien lag mit fast 34 Mio. Fahrzeugen auf Rang zwei, gefolgt von Frankreich und Großbritannien mit jeweils knapp 30 Mio. PKW. Auf Rang fünf folgte Spanien. Dort sind etwa 20 Mio. PKW im Betrieb. Zusammen werden in diesen fünf Ländern etwa 80 % der europäischen (EU-15) PKW genutzt. Fahrzeuge mit anderen Antriebskonzepten als Benzin- oder Dieselantrieb wurden noch nicht in nennenswertem Umfang genutzt. Nur in Italien (3,8 %), den Niederlanden (3,7 %) und Belgien (1,5 %) beträgt deren Anteil über ein Prozent (ACEA 2004).

[...]


[1] Mit 44,235 Mio. t. Benzinverbrauch im Jahr 2004 stand Kalifornien an zweiter Stelle der Benzin konsumierenden Länder hinter den USA, aber noch vor Japan (3), China (4) und Kanada (5). Quelle: California Energy Commission.

[2] Vgl. The California Reformulated Gasoline Regulations as of May 1, 2003

[3] Vgl. o.V. Ford to Create New Midwest Ethanol Corridor; Chicago Taxis To Go Green With Ford Hybrids in: Finanzen.net, 08.06.2006.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836601672
DOI
10.3239/9783836601672
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Wirtschaftsgeographie
Erscheinungsdatum
2007 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
biokraftstoff bioethanol energie erdöl mineralöl
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Titel: Produktion und Nutzung von Bioethanol als Kraftstoffkomponente in Deutschland und der Europäischen Union
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