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Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Infrastruktur von Kommunen

©2006 Diplomarbeit 107 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Konsequenzen des demographischen Wandels in Deutschland sind seit Jahrzehnten bekannt. Bevölkerungsforscher weisen immer wieder auf den demographischen Wandel hin. In Deutschland war Mitte der 1970er Jahre zum ersten Mal ein negatives natürliches Bevölkerungssaldo zu beobachten. Seitdem stagnieren die Geburtenzahlen auf dem niedrigen Niveau von 1,4 Kindern pro Frau. Da es Anfang der 1990er Jahre zu starken Zuwanderungen kam, setzte sich kaum einer mehr intensiv mit dem Thema der demographischen Entwicklung auseinander. Erst seitdem die Entwicklungen in den ostdeutschen Bundesländern sichtbar wurden, gerieten die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die städtischen Strukturen verstärkt in die politische Diskussion.
Seit dem beschäftigen sich immer mehr Kommunen mit der demographischen Entwicklung. Für eine Kommune ist es wichtig, zukunftsfähige Anpassungsstrategien zu entwickeln, um sich auf den demographischen Wandel einzustellen. Für die kommunale Entwicklungsplanung sind die Bevölkerungsentwicklung und die Bevölkerungsstruktur entscheidende Bezugsgrößen. Dies betrifft vor allem die Auslastung bestehender Infrastruktureinrichtungen und die für die Zukunft erforderlichen Neuinvestitionen.
Für die Gegenwart und Zukunft stellt die demographische Entwicklung eine der größten Herausforderungen dar. Der demographische Wandel ist in Deutschland durch eine steigende Lebenserwartung der Bevölkerung bei gleichzeitigem Rückgang der Geburtenzahlen unter das Reproduktionsniveau gekennzeichnet. Daraus resultieren eine zunehmende Alterung und die quantitative Abnahme der Bevölkerung.
Der demographische Wandel ist so tief greifend, dass alle Lebensbereiche von ihm betroffen sind. Im Bereich der sozialen Infrastruktur muss sich die Bereitstellung von Kinderbetreuung, Pflegeheimen und Tagesstätten verändern, um den Bedürfnissen und dem Bedarf der Gesellschaft zu entsprechen. Der demographische Wandel wird sich jedoch räumlich sehr differenziert auswirken. In strukturschwachen und ländlichen Regionen wird es zu starken Einwohnerverlusten kommen. Dabei wird in vielen Regionen die Tragfähigkeit von Infrastruktureinrichtungen gefährdet sein. In anderen Regionen, wie z. B. im süddeutschen Raum und hier besonders in München, wird der demographische Wandel weniger stark ausfallen. Es wird zwar auch hier zu Veränderungen in der Altersstruktur kommen, aber die Bevölkerung wird größtenteils nicht rückläufig sein.
Jede dieser […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Lars Rottstein
Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Infrastruktur von Kommunen
ISBN: 978-3-8366-0158-0
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Kassel, Kassel, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... III
Tabellenverzeichnis... IV
Abkürzungsverzeichnis ...V
1 Einleitung ... 1
1.1 Problemstellung... 1
1.2 Zielsetzung
und
Themeneingrenzung... 2
1.3 Vorgehensweise... 3
2 Demographie ... 4
2.1 Grundlagen
der
Demographie ... 4
2.2
Determinanten der Demographie ... 5
2.2.1 Fertilität ... 5
2.2.2 Mortalität ... 6
2.2.3 Migration ... 7
2.3 Demographische
Trends in Deutschland... 8
2.4
Strukturwandel von Familien ... 16
2.4.1 Haushaltsformen... 19
2.4.2
Änderung der Familienstrukturen bei der Pflege ... 23
2.5 Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2050 ... 25
2.6
Auswirkungen auf das Arbeitsangebot bis 2050 ... 34
2.7 Zwischenfazit ... 35
3
Infrastruktur von Kommunen ... 37
3.1 Grundlagen
zur
Infrastruktur... 37
3.2
Definition und Aufgabe von Kommunen ... 38
3.3
Zusammenhänge zwischen Demographie und Infrastruktur... 39
3.4 Zukunftsfähige
Infrastrukturentwicklung... 40
3.5
Demographische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Infrastruktur
von Kommunen ... 41
3.5.1 Kinderbetreuung ... 43
3.5.2 Bildungsversorgung... 45
3.5.3 Pflegebedarf... 48
3.5.4 Seniorengerechte
Wohnangebote ... 51
3.5.5 Medizinische
Versorgung... 55
3.5.6 Wohnungsmarkt ... 56

II
3.5.7 Öffentlicher
Personennahverkehr... 58
3.5.8 Netzinfrastruktur... 59
4
Demographische Entwicklung in Kassel... 63
4.1 Bevölkerungsentwicklung ... 63
4.2 Bildungswesen... 67
4.3 Pflegebedarf... 70
4.4 Wohnen... 73
4.5 Gewerbe... 74
4.6
Zielsetzungen der Stadt Kassel... 75
4.7
Bevölkerungsentwicklung in Hessen... 76
5 Zusammenfassung
und
Ausblick... 80
Abbildungen im Anhang ... 82
Literaturverzeichnis... 86

III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Entwicklung der zusammengefassten Geburtenziffer seit 1952... 9
Abb. 2: Entwicklung der Lebenserwatung Neugeborener... 11
Abb. 3: Entwicklung des Wanderungssaldos bis 2001 ... 12
Abb. 4: Annahmen zur Entwicklung des Wanderungssaldos bis 2050... 13
Abb. 5: Ausländische Bevölkerung nach ihrer Herkunft ... 15
Abb. 6: Einpersonenhaushalte nach Gemeindegrößenklassen in % aller Privathaushalte
der jeweiligen Gemeindegrößenklassen ... 20
Abb. 7: Anteil der in nichtehelichen Lebensgemeinschaften lebenden Bevölkerung unter
65 Jahren nach Alter, 2006... 22
Abb. 8: Anteil der Pflegebedürftigen nach Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2001
... 23
Abb. 9: Versorgung von Pflegebedürftigen... 24
Abb. 10: Neun Varianten der Bevölkerungsvorausberechnung ... 27
Abb. 11: Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland ... 28
Abb. 12: Lebendgeborene und Gestorbene in Deutschland bis zum Jahr 2050 ... 29
Abb. 13: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland... 32
Abb. 14: Altenquotienten bei verschiedenen Altersabgrenzungen ... 33
Abb. 15: Bevölkerungsentwicklung 2003 bis 2020 in den Landkreisen und kreisfreien
Städten (in Prozent) ... 42
Abb. 17: Anteil der Frauen und Männer an der jeweiligen Altersklasse nach Anzahl der
Erkrankungen (in %) im Jahr 2002 ... 49
Abb. 18: Pflegepotential und Pflegebedürftige ... 50
Abb. 19: Einrichtungen der Altenhilfe ... 52
Abb. 20: Bevölkerungsentwicklung der Stadt Kassel von 1995 - 2006... 64
Abb. 21: Altersjahrgänge in der Stadt Kassel zum 01.01.2006... 65
Abb. 22: Altersjahrgänge in der Stadt Kassel zum 01.01.2006... 69
Abb. 23: Pflegebedürftige in Kassel bis 2050 ... 71
Abb. 24: Pflegekulturelle Orientierungen und soziale Milieus ... 72
Abb. 25: Bevölkerungsprognose von hessischen Großstädten... 77
Abb. 26: Pflegebedarf nach Altersgruppen ... 82
Abb. 27: Voraussichtliche Übergänge vom Jahrgang 4 in den Jahrgang 5... 83
Abb. 28: Demographische Prozesse als Herausforderung für die Stadt Kassel ... 84
Abb. 29: Demographische Prozesse als Herausforderung für die Stadt Kassel ... 85

IV
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands... 31
Tab. 2: Wohnsituation in Deutschland 2002 ... 56
Tab. 3: Anpassungsfähigkeit und betriebstechnische sowie investive Maßnahmen bei
Auslastungsproblemen für die Ver- und Entsorgungssysteme... 61

V
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
BMFSFJ
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
BMVBS
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
ca.
circa
DDR
Deutsche Demokratische Republik
d. h.
das heißt
NRW
Nordrhein-Westfalen
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
SGB
Sozialgesetzbuch
Tab.
Tabelle
TAG
Tagesbetreuungsausbaugesetz
u. a.
unter anderem

1
1
Einleitung
1.1
Problemstellung
Die Konsequenzen des demographischen Wandels in Deutschland sind seit Jahrzehnten
bekannt. Bevölkerungsforscher weisen immer wieder auf den demographischen Wandel
hin. In Deutschland war Mitte der 1970er Jahre zum ersten Mal ein negatives natürli-
ches Bevölkerungssaldo zu beobachten. Seitdem stagnieren die Geburtenzahlen auf dem
niedrigen Niveau von 1,4 Kindern pro Frau.
1
Da es Anfang der 1990er Jahre zu starken
Zuwanderungen kam, setzte sich kaum einer mehr intensiv mit dem Thema der demo-
graphischen Entwicklung auseinander. Erst seitdem die Entwicklungen in den ostdeut-
schen Bundesländern sichtbar wurden, gerieten die Auswirkungen des demographischen
Wandels auf die städtischen Strukturen verstärkt in die politische Diskussion. Seit dem
beschäftigen sich immer mehr Kommunen mit der demographischen Entwicklung. Für
eine Kommune ist es wichtig, zukunftsfähige Anpassungsstrategien zu entwickeln, um
sich auf den demographischen Wandel einzustellen. Für die kommunale Entwicklungs-
planung sind die Bevölkerungsentwicklung und die Bevölkerungsstruktur entscheidende
Bezugsgrößen. Dies betrifft vor allem die Auslastung bestehender Infrastruktureinrich-
tungen und die für die Zukunft erforderlichen Neuinvestitionen.
Für die Gegenwart und Zukunft stellt die demographische Entwicklung eine der größten
Herausforderungen dar. Der demographische Wandel ist in Deutschland durch eine
steigende Lebenserwartung der Bevölkerung bei gleichzeitigem Rückgang der Gebur-
tenzahlen unter das Reproduktionsniveau gekennzeichnet. Daraus resultieren eine zu-
nehmende Alterung und die quantitative Abnahme der Bevölkerung. Der demographi-
sche Wandel ist so tief greifend, dass alle Lebensbereiche von ihm betroffen sind. Im
Bereich der sozialen Infrastruktur muss sich die Bereitstellung von Kinderbetreuung,
Pflegeheimen und Tagesstätten verändern, um den Bedürfnissen und dem Bedarf der
Gesellschaft zu entsprechen. Der demographische Wandel wird sich jedoch räumlich
sehr differenziert auswirken. In strukturschwachen und ländlichen Regionen wird es zu
starken Einwohnerverlusten kommen. Dabei wird in vielen Regionen die Tragfähigkeit
von Infrastruktureinrichtungen gefährdet sein. In anderen Regionen, wie z. B. im süd-
deutschen Raum und hier besonders in München, wird der demographische Wandel
1
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), S. 21.

2
weniger stark ausfallen. Es wird zwar auch hier zu Veränderungen in der Altersstruktur
kommen, aber die Bevölkerung wird größtenteils nicht rückläufig sein.
Jede dieser demographischen Prognosen, besonders wenn sie dreißig oder sogar fünfzig
Jahre in die Zukunft weisen, sollte man mit Vorsicht genießen, da Änderungen in den
verschiedenen Bereichen zu erheblichen Veränderungen in der Prognose führen können.
Denn wer hätte z. B. in den 1950er Jahren mit der Einführung und der Wirkung der Pil-
le rechnen können.
1.2
Zielsetzung und Themeneingrenzung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen des demographischen
Wandels auf die Infrastruktur von Kommunen. Es soll ein Überblick über die Problema-
tik des demographischen Wandels gegeben werden, welche Probleme auf Deutschland
in den nächsten Jahrzehnten zukommen, wenn nichts getan wird. Das Ziel der Arbeit ist
es, neben diesem Überblick zukunftsfähige Anpassungsstrategien als Reaktion auf den
demographischen Wandel zu entwickeln und am Beispiel der Stadt Kassel anzuwenden.
Die enorme Komplexität des demographischen Wandels bedarf einer sinnvollen Ein-
grenzung des Themas. In Abstimmung mit dem Betreuer bildet die Begriffsdefinition
der Demographie eine Grundlage dieser Arbeit. Als Nächstes interessiert die Bevölke-
rungsvorausberechnung bis zum Jahr 2050, die Veränderungen in der Größe und vor al-
lem im Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland unter aus heutiger Sicht realisti-
schen Annahmen zeigt. Diese Annahmen wurden unter den wichtigsten Determinanten
der Bevölkerungsvorausberechnung getroffen: der Fertilität, der Lebenserwartung sowie
der Außenwanderungen. Im Folgenden werden dann Anpassungsstrategien für ver-
schiedene Bereiche der Infrastruktur gezeigt. Diese Strategien werden schließlich auf
die Stadt Kassel angewandt.
Auf die weiteren Einzelheiten der Untergliederung wird näher in der Vorgehensweise
eingegangen.
Das Themengebiet des demographischen Wandels ist so umfangreich, dass nicht auf al-
le Details eingegangen werden kann, so dass der Anspruch auf Vollständigkeit nicht er-
füllt ist.

3
1.3
Vorgehensweise
In Anschluss an die Einleitung, werden im zweiten Abschnitt ein demographisches
Grundwissen und aktuelle Trends in der demographischen Entwicklung dargelegt. Des
Weiteren wird auf den Strukturwandel sowie auf die Bevölkerungsvorausberechnung
bis zum Jahr 2050 eingegangen.
Im dritten Abschnitt werden erst einmal die Grundlagen der Infrastruktur näher erläu-
tert, bevor dann auf die Zusammenhänge zwischen der Demographie und der Infrastruk-
tur eingegangen wird. Nachdem dies erläutert ist, steht die Entwicklung der Infrastruk-
tur von Kommunen unter demographischen Gesichtspunkten im Vordergrund. Hierbei
werden die aus der demographischen Entwicklung resultierenden Konsequenzen aufge-
zeigt. Als erstes erfolgt die Betrachtung der Entwicklung der sozialen Infrastruktur.
Weiterhin wird betrachtet, inwiefern sich die demographische Entwicklung auf die
technische Infrastruktur mit den Bereichen des öffentlichen Personennahverkehrs und
der Wasserversorgung auswirkt.
Aufbauend auf dem resultierenden Ergebnis soll im Abschnitt 4 auf die demographische
Entwicklung der Stadt Kassel eingegangen werden. Zuerst wird eine Prognose für die
Bevölkerungsentwicklung der Stadt Kassel bis zum Jahr 2050 gegeben. Danach werden
zukunftsfähige Anpassungsstrategien für die verschiedenen Bereiche der Infrastruktur
entwickelt. Bevor auf die Bevölkerungsentwicklung in Hessen eingegangen wird, wer-
den die Zielsetzungen der Stadt Kassel, wie sie die demographische Entwicklung be-
wältigen will, erläutert.
Der Abschnitt 5 soll die Ergebnisse zusammenfassen und einen Ausblick für die Zu-
kunft geben.

4
2
Demographie
Der Begriff Demographie stammt aus dem Griechischen und bedeutet ,,Volk beschrei-
ben". Es wird mit Zahlen und Kennziffern beschrieben, wie sich die Bevölkerungszahl
und ihre Strukturen (Alter, Geschlecht, Familienstand, Nationalität) durch demographi-
sche Ereignisse verändern.
2
Um die Aussagen im Bereich der Demographie zu verste-
hen, soll daher zu Beginn dieser Arbeit ein gewisses demographisches Grundwissen
vermittelt werden.
2.1
Grundlagen der Demographie
Die Demographie beschäftigt sich mit dem Stand und der Entwicklung menschlicher
Bevölkerungen sowie den wechselseitigen Beziehungen zwischen Elementen der Be-
völkerungsstruktur und den wirtschaftlichen, sozialen und anderen Merkmalen einer
Gesellschaft.
3
Das wichtigste Instrument der Demographie ist die Bevölkerungsstatistik.
Sie erfasst die Bevölkerung nach Zahl und Struktur zu einem bestimmten Zeitpunkt mit-
tels einer Bevölkerungszählung oder einem Mikrozensus und stellt damit den Aus-
gangspunkt einer jeden demographischen Analyse dar.
4
Die Methoden der Demographie lassen sich grundsätzlich in Struktur- und Ereignisana-
lysen differenzieren. Bei der Strukturanalyse werden die Merkmale Alter, Geschlecht
und Familienstand einer Bevölkerung zu einem gegebenen Zeitpunkt untersucht.
5
Er-
gebnisanalysen untersuchen hingegen die Häufigkeiten gewisser Ereignisse in Populati-
onen, innerhalb eines bestimmten Zeitraums und geben diese Ereigniswahrscheinlich-
keiten mittels demographischer Verhältniszahlen an.
6
Um die Bevölkerungsveränderung zwischen zwei bestimmten Zeitpunkten zu berech-
nen, wird die folgende demographische Grundgleichung verwendet:
Bevölkerung (t1) = Bevölkerung (t0) + Geburten ­ Sterbefälle + Zuzüge ­ Fortzüge
2
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), S. 7.
3
Vgl. Brockhaus ­ Die Enzyklopädie (1966a), S. 406.
4
Vgl. Brockhaus ­ Die Enzyklopädie (1966b), S. 656 f.
5
Vgl. Müller (o. J.), S. 1.
6
Vgl. ebenda.

5
Die Zahl der Bevölkerung wird mittels der demographischen Grundgleichung fortge-
schrieben. Dies basiert auf den Ergebnissen einer Bevölkerungszählung. Dabei verän-
dert sich die Ausgangsbevölkerung (t0) auf Grund von demographischen Ereignissen.
Hierzu zählen die Geburten, Sterbefälle sowie die Zu- und Fortzüge.
7
2.2
Determinanten der Demographie
Die demographische Entwicklung wird durch die drei Hauptdeterminanten Fertilität,
Mortalität und Migration bestimmt. Diese drei Faktoren beeinflussen die Bevölkerungs-
entwicklung und daher werden sie im Folgenden näher dargestellt.
2.2.1
Fertilität
Die Fertilität ist die erste Determinante der Demographie. Sie ist ein Bestandteil der na-
türlichen Bevölkerungsentwicklung, welche Geburten und Sterbefälle umfasst. Diese
natürlichen, demographischen Ereignisse verändern die Bevölkerungszahl und -
struktur.
8
Um das natürliche Bevölkerungssaldo herauszubekommen, werden Geburten
und Sterbefälle eines Beobachtungszeitraums einander gegenübergestellt. Von einem
positiven Bevölkerungswachstum wird dann gesprochen, wenn in einem räumlich ab-
gegrenzten Gebiet die Anzahl der Geburten gegenüber der Anzahl der Sterbefälle über-
wiegen.
Die Fertilität bezeichnet die Geburtenhäufigkeit, d. h. die tatsächliche Realisierung von
Nachkommen in einer Bevölkerung.
9
Die absolute Zahl an Geburten hängt vom genera-
tiven Verhalten einzelner Individuen ab. Dies sind alle allgemein akzeptierten Normen
und Verhaltensweisen, die den Kinderwunsch und seine Realisierung beeinflussen. Die
einfachste Messgröße zur Beurteilung der Fertilität ist die Geburtenziffer (rohe Gebur-
tenziffer). Sie bezieht sich auf die absolute Bevölkerungszahl und ergibt sich aus der
Zahl der Lebendgeburten eines Jahres je 1.000 Einwohner.
10
Entscheidend für die Ge-
burtenhäufigkeit sind aber die Frauen im Alter zwischen 15 und 45 Jahren, also der po-
tenziell gebärfähige Teil einer Bevölkerung. Bei dieser Messziffer wird somit nicht die
Gesamtbevölkerung berücksichtigt, sondern nur der gebärfähige Teil einer Bevölke-
7
Vgl. Münz (2002), S. 2.
8
Vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2002), o. S.
9
Vgl. Höhn (1987), S. 96.
10
Vgl. Münz/Ulrich (2000), S. 20.

6
rung.
11
Die meisten Industrieländer unterschreiten jedoch schon seit den 1970er Jahren
die "magische Schwelle" von 2,1 Kindern pro Frau, die reichen würde um eine Eltern-
generation vollständig zu ersetzen.
12
2.2.2
Mortalität
Die zweite Determinante der Demographie ist die Mortalität, worunter man die Zahl der
Sterbefälle einer Bevölkerung innerhalb eines bestimmten Zeitraums versteht. Die
Sterblichkeit wird mittels der Sterberate wiedergegeben, sie wird definiert durch die
Zahl der Sterbefälle je 1.000 Einwohner pro Jahr.
13
Die Lebenserwartung ist mit Morta-
lität eng verbunden und gilt als die wichtigste demographische Messziffer zur Beurtei-
lung der Sterblichkeitsverhältnisse. Der Begriff Lebenserwartung bezieht sich auf die
durchschnittliche Anzahl von Lebensjahren, die ein Mensch auf Grund der zu einem
Zeitpunkt geltenden altersspezifischen Sterblichkeitsverhältnisses noch leben wird.
14
In
Folge des medizinischen Fortschritts und der veränderten Lebensbedingungen ist die
Höhe der Lebenserwartung einem ständigen Wechsel unterzogen. Sie ist ein guter Indi-
kator für die Qualität der Gesundheitsversorgung und den Lebensstandard eines Landes,
z. B. soziales Umfeld, ausreichend Heizung, warme Kleidung, Qualität von Wohnung
und Arbeitsplatz etc.
15
So ist die Lebenserwartung von Land zu Land sehr unterschied-
lich.
Im Vergleich von Mann und Frau haben Frauen eine längere Lebenserwartung. Die Dif-
ferenz zwischen Männern und Frauen wird als Übersterblichkeit bezeichnet.
Einflussgrößen für die Mortalität sind vor allem:
16
·
Ökologische Determinanten (Vorsorge vor Naturkatastrophen, Umwelt)
·
Sozioökonomische, politische und kulturelle Determinanten (z. B. Verbesserung
des Arbeitsschutzes, Verringerung der körperlichen Arbeit, bessere Ernährung,
Krieg)
·
Medizinische Determinanten (z. B. Schutzimpfungen, Hygienevorschriften)
11
Vgl. Münz/Ulrich (2000), S. 20.
12
Vgl. ebenda, S. 22.
13
Vgl. Höhn (1987), S. 70.
14
Vgl. Münz/Ulrich (2000), S. 14.
15
Vgl. ebenda.
16
Vgl. Wikipedia (2006c), o. S.

7
2.2.3
Migration
Die Migration ist der dritte wichtige Bestimmungsfaktor in der Bevölkerungsentwick-
lung. Sie wird als die Veränderung der Bevölkerung nach Zahl und Struktur durch Zu-
und Fortzüge definiert.
17
Um das Wanderungsvolumen darstellen zu können, bedarf es
der Berechnung des Wanderungssaldos. Hierbei wird die Summe aus Zu- und Fortzü-
gen gebildet. Um die Nettowanderungsrate zu ermitteln, muss die Differenz zwischen
Zu- und Abwanderungen je 1.000 Einwohner berechnet werden.
18
Migration kann in drei Formen erfolgen:
·
Emigration (Auswanderung) ist das freiwillige oder erzwungene Verlassen des
Heimatlandes auf Dauer. Sie erfolgt aus wirtschaftlichen, politischen oder ande-
ren individuellen Gründen.
·
Immigration (Einwanderung). Hierbei verlegt eine Person dauerhaft ihren
Wohnsitz in ein anderes Land.
·
Permigration (Durchwanderung).
Wanderungsgründe lassen sich durch verschiedene Punkte begründen. Zum einen gibt
es die berufs- und ausbildungsbedingten Motive sowie familiäre oder ruhestandsorien-
tierte Gründe.
19
Migration kann hinsichtlich Alter, Geschlecht und Qualifikation zu se-
lektiven Umverteilungsprozessen führen und so die Bevölkerungsstruktur verändern.
20
Meist wandern die Menschen von benachteiligten und strukturschwachen Regionen in
wirtschaftlich stärkere Räume ab. Migration verändert die Struktur sowie die räumliche
Verteilung der Bevölkerung und damit die Siedlungsstruktur.
17
Vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2002), o. S.
18
Vgl. Münz/Ulrich (2000), S. 28.
19
Vgl. Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen des Landes NRW (2005), o.
S.
20
Vgl. Weiss/Hilbig (1998), S. 1.

8
2.3
Demographische Trends in Deutschland
In der demographischen Entwicklung zeichnen sich besorgniserregende Trends ab. Die
wichtigsten Stichworte zur gegenwärtigen Entwicklung der Bevölkerung sind:
Schrumpfung, Heterogenisierung, Alterung und regionale Disparitäten. Es wird mit
großer Wahrscheinlichkeit angenommen, dass die Bevölkerungszahl abnehmen wird
und deutliche Verschiebungen in der Altersstruktur und somit im Bevölkerungsaufbau
auftreten werden. Die Bevölkerungsentwicklung wird zu einem zentralen Problem für
die wirtschaftliche, infrastrukturelle und soziale Entwicklung der Gesellschaft.
(1)
Niedrige Geburtenziffer
Die Geburtenentwicklung verlief seit Mitte der 1950er Jahre in den alten Bundesländern
und in der ehemaligen Deutschen Demokratische Republik (DDR) nahezu parallel. Bei-
de Teile Deutschlands haben Anfang der 1960er Jahre die höchste zusammengefasste
Geburtenziffer der Nachkriegszeit von 2,5 Kindern pro Frau erlebt.
21
Seit dem Jahre 1964 begannen die Geburtenzahlen in der ehemaligen DDR, zwei Jahre
später im früheren Bundesgebiet (Westdeutschland), zu sinken. Dieser Geburtenrück-
gang, von dem man zuerst vermutete, dass er nur temporär sei, hatte ganz Europa relativ
gleichzeitig erfasst. Abb.1 zeigt, dass die Geburtenentwicklung ab Mitte der 1970er Jah-
re in beiden Teilen Deutschlands sehr unterschiedlich verlief. Im früheren Bundesgebiet
herrscht seither ein stabil niedriges Geburtenniveau. Es werden im Durchschnitt je Frau
1,4 Kinder geboren.
22
Die ehemalige DDR wirkte dem ab Mitte der 1970er Jahre mit umfangreichen staatli-
chen Förderungsmaßnahmen für Familie und Kinder entgegen. So kam es, dass die zu-
sammengefasste Geburtenziffer im Jahr 1980 auf 1,94 Kinder pro Frau stieg.
23
Danach
ging auch in der ehemaligen DDR die Geburtenhäufigkeit zurück. Es vollzog sich ein
starker Einbruch, der auf die wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche, die in den neuen
Ländern mit der deutschen Wiedervereinigung einhergingen, zurückzuführen war. Die
zusammengefasste Geburtenziffer erreichte im Jahr 1994 ihren Tiefpunkt mit 0,77 Kin-
dern je Frau. Seit Anfang der 1990er Jahre kam es zu einer Anpassung an das westliche
Verhaltensmuster, d. h. die Frauen bekamen ihre Kinder erst im höheren Alter. Das
21
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003a), S. 10.
22
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), S. 21.
23
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003a), S. 12.

9
durchschnittliche Alter von verheirateten Müttern bei der Geburt des ersten Kindes ist
im Zeitraum von 1970 bis 2000 von 24,3 auf 29 Jahre gestiegen.
24
Seit Mitte der 1990er
Jahre nahm die Geburtenhäufigkeit in den neuen Ländern wieder zu und nähert sich
dem niedrigen Niveau der alten Bundesländer von 1,4 Kindern pro Frau.
25
Eine zusam-
mengefasste Geburtenziffer von 1,4 Kindern pro Frau bedeutet, dass jede Elterngenera-
tion nur zu etwa zwei Dritteln durch Kinder ersetzt wird. Um die gegenwärtige Bevöl-
kerungszahl zu erhalten, müssten im Durchschnitt pro Elternpaar etwas mehr als 2 Kin-
der geboren werden. Wenn man berücksichtigt, dass etwas häufiger Jungen geboren
werden als Mädchen und man die natürliche Mortalität der Mädchen von circa 1 Pro-
zent heranzieht, so müssten 208 Kinder pro 100 Frauen als Minimum geboren werden,
die, wenn sie erwachsen sind, selbst wieder mindestens zwei Kinder bekommen und so
die vorangegangene Generation ersetzen.
26
Abb. 1: Entwicklung der zusammengefassten Geburtenziffer seit 1952
Quelle: Statistisches Bundesamt (2003): Bevölkerung Deutschland bis 2050: 10. koordinierte Bevölke-
rungsvorausberechnung, S. 11.
24
Vgl. Frevel (2004), S. 59.
25
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003a), S. 12.
26
Vgl. Sinn (2005), S. 385 f.

10
Die demographische Krise ist auf einen allgemeinen Wandel in den Einstellungen der
Menschen zurückzuführen.
27
Dafür verantwortlich sind eine Reihe von ökonomischen,
sozialen und psychologischen Faktoren, die zu einem Bestandteil des sozialen Lebens
geworden sind. Zu nennen sind besonders die Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
Kinderkosten und das Selbstverwirklichungsstreben der heutigen Elterngeneration.
28
Erwerbstätigkeit, berufliche Karriere oder auch konsumorientierte Lebensstile haben
heutzutage einen höheren Stellenwert als Familie und Kinder. Der hohe kinderlose An-
teil von Frauen mit Hochschulabschluss deutet darauf hin, dass es im Rahmen der gege-
benen Bedingungen schwierig ist, Beruf und Kinder zu vereinbaren.
29
Hingegen sind
Familien mit drei oder mehr Kindern häufig bei Paaren zu finden, die beide keinen
Ausbildungsabschluss besitzen.
30
Langfristig gesehen dürfte sich die Geburtenhäufig-
keit auf einem niedrigen Niveau von 1,4 Kindern pro Frau stabilisieren.
(2)
Wachsende Lebenserwartung
Die Lebenserwartung der Menschen ist während des letzten Jahrhunderts deutlich ange-
stiegen. Ein 1910 geborener Junge hatte eine durchschnittliche Lebenserwartung von 47
und ein Mädchen von 51 Lebensjahren. Im Jahre 2000 lag die durchschnittliche Le-
benserwartung bei einem neugeborenen Jungen bei ca. 75 und bei einem Mädchen bei
ca. 81 Lebensjahren. Dies ist auf die Fortschritte im Gesundheitswesen, Hygiene, Er-
nährung, die Wohnsituation und die Arbeitsbedingungen der Menschen zurückzufüh-
ren.
31
Auch bei der älteren Bevölkerung hat sich die durchschnittlich zu erwartende wei-
tere Lebenszeit verlängert. Heutzutage lebt ein 60-jähriger Mann noch etwa 19 Jahre.
32
In der Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland bis zum Jahr 2050 wurden drei
Annahmen zur Entwicklung der Lebenserwartung getroffen, wie in der nachfolgenden
Abb. 2 zu sehen ist. Die Lebenserwartung wird nach der mittleren Annahme L2 bei ei-
nem neugeborenen Jungen im Jahr 2050 bei 81,1 Jahren und bei einem Mädchen bei
86,6 Jahren liegen.
27
Vgl. Sinn (2004), S. 67.
28
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2006), S. 30 f.
29
Vgl. Henry-Huthmacher/Hoffmann (2006), S. 23.
30
Vgl. Kaufmann (2005), S. 141.
31
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003a), S. 13 f.
32
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), S. 42.

11
Abb. 2: Entwicklung der Lebenserwatung Neugeborener
Quelle: Statistisches Bundesamt (2003): Bevölkerung Deutschland bis 2050: 10. koordinierte Bevölke-
rungsvorausberechnung, S. 15.
(3)
Wanderungen
Die Migration ist eine demographische Komponente, die die Bevölkerungsentwicklung
bestimmt. In den 1990er Jahren kamen zwei Trends zum Vorschein. Zum einen war es
die Ost-West-Verlagerung der Bevölkerung und zum andern die Internationalisierung
der demographischen Entwicklung durch Außenwanderungsgewinne.
33
Für die gesamt-
deutsche Betrachtung sind die Außenwanderungen, d. h. die Wanderungen über die
Grenzen Deutschlands von Bedeutung. Sie setzen sich aus den Zu- und Fortzügen der
33
Vgl. Kocks/Bucher (1999), S. 759.

12
deutschen und der ausländischen Bevölkerung zusammen. Der Wanderungssaldo ist für
die künftige Bevölkerungszahl und die Altersstruktur ausschlaggebend. Auf der einen
Seite wird der Wanderungssaldo von der Migrationspolitik in Deutschland bestimmt
und auf der anderen Seite hängt er von den Entwicklungen in den Herkunftsländern
ab.
34
Wie man in der Vergangenheit gesehen hat, sind die Wanderungen ausländischer
Personen erheblichen Schwankungen ausgesetzt.
35
Die Abb. 3 zeigt die Entwicklung
des Wanderungssaldos. In den Jahren zwischen 1955 und 1973 gab es eine Anwerbung
von ausländischen Arbeitskräften. Nachdem es 1973 einen Anwerberstopp gab, wurde
das Wanderungsgeschehen vorwiegend von den Familienangehörigen geprägt.
36
In den
1980er und 1990er Jahren kam es dann zu einer starken Zuwanderung, vor allem von
deutschstämmigen Aussiedlern aus Osteuropa, sowie einer großen Zahl von Menschen,
die um Asyl baten. Im Jahre 1992 gab es den höchsten Zuwanderungsüberschuss von
780.000 Personen.
37
Abb. 3: Entwicklung des Wanderungssaldos bis 2001
Quelle: Statistisches Bundesamt (2003): Bevölkerung Deutschland bis 2050: 10. koordinierte Bevölke-
rungsvorausberechnung, S. 21.
34
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003a), S. 20.
35
Vgl. Sommer (2004), S. 96.
36
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), S. 49.
37
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003a), S. 20.

13
Aus den Wanderungsverläufen der letzten fünfzig Jahre ergibt sich, dass das Außen-
wanderungssaldo vorwiegend positiv war. Es betrug im Jahresdurchschnitt knapp
200.000 Menschen. Die Annahmen über die künftigen Wanderungsentwicklungen se-
hen einheitlich eine Abnahme des durch die Zuzüge von Spätaussiedlern geprägten Zu-
wanderungssaldos der deutschen Bevölkerung von 80.000 im Jahr 2003 auf Null im
Jahr 2040 vor.
38
Wie die Abb. 4 zeigt, werden für die ausländischen Personen drei An-
nahmen über die Zu- und Fortzüge ab 2003 nebeneinander gestellt. Die ersten beiden
Annahmen gehen dabei von einem jährlichen Wanderungsüberschuss von 100.000 (An-
nahme W1) bzw. 200.000 (Annahme W2) Personen aus. Diese beiden Annahmen de-
cken den langjährigen Wanderungsdurchschnitt ab. Die dritte Annahme geht von einem
höheren Wanderungssaldo aus. Nach der Annahme wird ab 2011 mit einem jährlichen
Wanderungssaldo von 300.000 (Annahme W3) Personen gerechnet. Sie berücksichtigt
die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit für Personen aus den 2004 der EU beigetre-
tenen Staaten.
39
Mit diesen Wanderungen geht ein Verjüngungseffekt einher, da die
nach Deutschland zuziehenden ausländischen Personen im Durchschnitt jünger sind, als
die Fortziehenden.
40
Abb. 4: Annahmen zur Entwicklung des Wanderungssaldos bis 2050
Quelle: Statistisches Bundesamt (2003): Bevölkerung Deutschland bis 2050: 10. koordinierte Bevölke-
rungsvorausberechnung, S. 24.
38
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003a), S. 22.
39
Vgl. ebenda, S. 22 f.
40
Vgl. ebenda, S. 22.

14
Der zweite Trend, der in den 1990er Jahren zum Vorschein kam, war der Ost-West-
Abwanderungsprozess. Er setzte in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung ein.
Selbst durch Außenwanderungsgewinne konnten die Binnenwanderungsverluste nicht
kompensiert werden. Besonders die ländlichen Regionen hatten mit starken Verlusten
zu kämpfen.
41
Alle neuen Bundesländer bis auf Brandenburg verloren an Bevölkerung.
Die Altergruppe der 18- bis 30-Jährigen verlor dabei überproportional am stärksten.
42
Die Menschen zogen in den Westen mit der Hoffnung, dass damit eine Verbesserung
der Lebensqualität einherging.
43
Der Hauptgrund des Fortzugs war die bessere Arbeits-
marktsituation im Westen Deutschlands. In dem Zeitraum von 1991 bis 2005 gab es
insgesamt ein Wanderungssaldo des früheren Bundesgebietes gegenüber den neuen
Ländern von 948.700 Menschen.
44
Der Abwanderungsdruck in den ostdeutschen Regi-
onen hat sich verringert, gleichzeitig stieg die kleinräumige Mobilität der Ostdeutschen
an.
45
Mittelfristig werden die Ost-West-Wanderungen in abgeschwächter Form bestehen
bleiben.
(4)
Heterogenisierung (Konsequenz von (3))
Die Bevölkerung in Deutschland betrug zum 31.12.2005 82.437.995 Personen. Der An-
teil der ausländischen Bevölkerung beläuft sich dabei auf 7.289.149 Personen, das
macht einen Anteil von 8,8 Prozent an der Gesamtbevölkerung.
46
Die deutschstämmi-
gen Spätaussiedler zählen nicht zu der ausländischen Bevölkerung, da sie durch An-
spruchseinbürgerungen Deutsche sind. Außerdem werden unter der ausländischen Be-
völkerung auch keine eingebürgerten Deutschen aufgeführt.
Wie in der nachfolgenden Abbildung zu sehen, macht die größte Gruppe mit 27 Prozent
die türkische Bevölkerung aus. Das zweitbedeutendste Herkunftsland ist Jugoslawien
auch nach der Abspaltung von Kroatien und Bosnien-Herzegowina, gefolgt von Ita-
lien.
47
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer aller ausländischen Personen betrug im
Jahr 2005 16,8 Jahre.
41
Vgl. Maretzke (1998), S. 743 ff.
42
Vgl. Frevel (2004), S. 22.
43
Vgl. Goltz (2001), S. 67.
44
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006g), o. S.
45
Vgl. Maretzke (1998), S. 745 ff.
46
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006a), o. S.
47
Vgl. Frevel (2004), S. 18.

15
Abb. 5: Ausländische Bevölkerung nach ihrer Herkunft
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an die Daten des Statistischen Bundesamtes.
(5) Suburbanisierung
Unter Suburbanisierung ist die Ausdehnung der städtischen Bevölkerung in das Umland
einer Stadt zu verstehen. Dieser Prozess vollzieht sich im Westen seit Mitte der 1970er
Jahre. Ermöglicht wurde dies durch den Ausbau der Verkehrsnetze, insbesondere durch
den ÖPNV.
48
Als weitere Ursache sind die schlechteren Bedingungen für den Woh-
nungsbau zu nennen und vor allem die gestiegenen Bau- und Bodenkosten. In Ost-
deutschland treten seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt Stadt-Umland-Wanderungen
auf, bevorzugt von jungen Familien.
49
Insgesamt hatten die ostdeutschen Städte (>
20.000 Einwohner) nach der Wende große Bevölkerungsverluste zu verzeichnen. Dieser
Verlust entstand sowohl als Folge des Suburbanisierungsprozesses als auch aufgrund
der Ost-West-Abwanderung. Durch die Umverteilungsprozesse kommt es, dass die
Städte eine Unterauslastung der sozialen Infrastruktur haben. Hier werden teilweise Ein-
richtungen geschlossen. Die Umlandgemeinden haben hingegen Mühe, die notwendige
soziale Infrastruktur bereitzustellen.
50
Ein weiteres Problem, was die Städte betrifft, ist,
dass die in den Umlandkreisen lebenden Personen auch Einrichtungen der Stadt benut-
zen, z. B. Theater, ohne dass die Umlandkreise einen finanziellen Ausgleich zahlen.
Trotz aller negativen Betrachtungen gibt es für die Zukunft auch positive Annahmen für
die Städte. Aufgrund des demographischen Wandels ist künftig mit einer zunehmenden
48
Vgl. Wikipedia (2006d), o. S.
49
Vgl. Roloff (2003), S. 42 - 44.
50
Vgl. Wikipedia (2006d), o. S.

16
Zahl kinderloser Haushalte zu rechnen, die ein Leben in der Stadt aufgrund des Freizeit-
angebots bevorzugen. Des Weiteren gibt es immer mehr ältere Menschen, die bevorzugt
in der Stadt wohnen, um besser am kulturellen Leben teilnehmen zu können.
51
2.4
Strukturwandel von Familien
Infolge des demographischen Wandels zeichnen sich in den Familienstrukturen Verän-
derungen ab. Der derzeitige Wandel in den Familienstrukturen ergibt sich aus alters-
strukturellen Verschiebungen, der niedrigen Heiratsneigung, späteren Eheschließung,
steigenden Scheidungshäufigkeiten und einer zunehmenden Anzahl von kinderlosen
Ehepaaren.
(1)
Eheschließungen
In den letzten Jahrzehnten hat die Ehe an Attraktivität verloren. Die Zahl der Nicht-
Heiratenden hat kontinuierlich zugenommen. In der Bundesrepublik Deutschland blei-
ben 18 Prozent der Männer und 11 Prozent der Frauen im Alter zwischen 40 und 44 le-
dig. Bei den jungen Männern und Frauen werden etwa 30 Prozent ledig bleiben.
52
Die
höchsten Ledigenquoten weisen Frauen und Männer mit Hochschulabschluss auf. Nach
den aktuellen Zahlen für das Jahr 2005 gab es nur noch 388.451 Eheschließungen. Nicht
nur dass weniger geheiratet wird, sondern auch das durchschnittlich höhere Erstheirats-
alter, was seit Mitte der 1970er Jahre besteht, ist zu erwähnen.
53
Zurückzuführen ist dies
auf die verlängerten Ausbildungszeiten und die Zunahme der nichtehelichen Lebensge-
meinschaften. So kommt es, dass heutzutage ledige Frauen bei der ersten Eheschließung
im Durchschnitt 29 Jahre und Männer 31 Jahre alt sind.
54
(2) Scheidungen
Seit den letzten 30 Jahren nimmt die Zahl der Scheidungen zu. Im Jahr 2004 wurden
213.691 Ehen geschieden, dies ist ein absoluter Höchststand. Nur im Jahr zuvor gab es
geringfügig mehr Ehescheidungen.
55
Die Hälfte der im Jahr 2004 Geschiedenen hatte
51
Vgl. Roloff (2003), S. 46 f.
52
Vgl. Frevel (2004), S. 61 f.
53
Vgl. Henry-Huthmacher/Hoffmann (2006), S. 20.
54
Vgl. Frevel (2004), S. 62.
55
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006i), o. S.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783956361876
ISBN (Paperback)
9783836601580
Dateigröße
4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Kassel – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2007 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
öffentliche verwaltung kommunen pflege betreuung demografie
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