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Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmen

Eine Betrachtung anhand des Praxisfalls der Übernahme der Peoplesoft Incorporation durch die Oracle Corporation

©2006 Diplomarbeit 136 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Bereits in den letzten Jahrzehnten gab es vor allem in den USA und in Großbritannien eine Reihe spektakulärer feindlicher Unternehmensübernahmen. In Deutschland ist dieses Phänomen erst Anfang der neunziger Jahre verstärkt in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gedrungen. Die viel zitierte Übernahme von Mannesmann durch die britische Vodafone Airtouch plc. stieß auf ein breites Interesse, so daß spätestens seit diesem Zeitpunkt Unternehmen, Medien und Bevölkerung für dieses Thema sensibilisiert sind. Damit stehen auch Vorstände deutscher Unternehmen vor der Problematik, feindliche Übernahmen im akuten Fall zu verhindern, respektive schon im Vorfeld Maßnahmen zu ergreifen, die eine Übernahme der eigenen Gesellschaft unattraktiv machen.
Die Unternehmensleitungen stehen also vor der Aufgabe, geeignete Abwehreinrichtungen auszuwählen, zu koordinieren und einzurichten. Im Vorfeld sind jedoch die mit den einzelnen Maßnahmen verbundenen wirtschaftlichen Folgen zu berücksichtigen. Diese meist negativen Auswirkungen sollten in einem angemessenen Verhältnis zu dem beabsichtigen Schutzeffekt stehen.
Ferner darf der juristische Aspekt nicht außer acht gelassen werden: So sind die aus der Palette der theoretisch zur Verfügung stehenden Abwehrmaßnahmen auf die jeweilige Situation zu beziehen und hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulässigkeit zu bewerten (beispielsweise sind viele der in den USA zulässigen Abwehrmaßnahmen in Deutschland verboten).
Gang der Untersuchung:
In den ersten Kapiteln dieses Beitrages werden allgemeine theoretische Grundlagen behandelt, die zum besseren Verständnis der Problematik von Übernahmen hilfreich sind. Einleitend werden Hintergründe und Motive für feindliche Übernahmen aufgezeigt. Weiterhin werden verschiedene Abwehrinstrumente vorgestellt, wobei hier zuerst nach präventiven oder reaktiven Charakter differenziert wird. Eine weitere Kategorisierung erfolgt an der Frage, ob für die Instrumentierung ein Hauptversammlungsbeschluß erforderlich ist oder nicht. Ferner wird die feindliche Übernahme als komplettes Konstrukt vorgestellt: Die Interessen der von einer Übernahme betroffenen Akteure werden herausgearbeitet, dies geschieht separat für Bieter- und Zielgesellschaft. Anschließend werden die verschiedenen Möglichkeiten der Übernahme sowohl deren Finanzierungsalternativen vorgestellt.
In den anschließenden Kapiteln wird auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und Restriktionen von Übernahmen in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Martina Lilienthal
Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmen
Eine Betrachtung anhand des Praxisfalls der Übernahme der Peoplesoft Incorporation
durch die Oracle Corporation
ISBN: 978-3-8366-0069-9
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Bergische Universität - Gesamthochschule Wuppertal, Wuppertal, Deutschland,
Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany


Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
7
1.1
Anlaß dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1.2
Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1.3
Status quo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2
Hintergründe von feindlichen Übernahmen
11
2.1
Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2
Merkmale übernahmegefährdeter Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.3
Spezielle Begründungen für feindliche Übernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3.1
Finanzielle Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3.1.1
Disciplinary Hypothesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3.1.2
Underpriced Stock Hypothesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3.1.3
Asset Stripping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.3.2
Strategische Motive
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.3.2.1
Synergiehypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.3.2.2
Marktbeherrschungshypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.3.3
Persönliche Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3.3.1
Hybristheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3.3.2
Empire Buildung Hypothesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3
Das Konstrukt der feindlichen Übernahme
20
3.1
Die von einer Übernahme betroffenen Akteure und ihre Interessen . . . . . . . . 20
3.1.1
Die Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.1.1.1
Die Aktionäre
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.1.1.2
Das Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.1.1.3
Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.1.2
Die Bietergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.1.2.1
Die Aktionäre
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.1.2.2
Das Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.1.3
Verbleibende Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2
Möglichkeiten der Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.2.1
Das öffentliche Übernahmeangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.2.2
Bear Hug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.2.3
Paketkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.2.4
Sukzessiver Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.2.5
Proxy Fight . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1

3.3
Bezahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.3.1
Das Barangebot
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.3.2
Der Aktientausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.4
Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.4.1
Junk Bond-Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.4.2
Überbrückungskredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.4.3
Highly Confident Letter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.4.4
Finanzierung mit Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.4.5
Wertpapierdarlehen im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung . . . 34
3.5
Ablauf einer feindlichen Übernahme
unter Berücksichtigung von rechtlichen Aspekten . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4
Kategorisierung und Bewertung ausgewählter Strategien
des Managements gegen feindliche Übernahmen
37
4.1
Einleitende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.2
Präventive Maßnahmen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.2.1
Mit Hauptversammlungsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.2.1.1
Rückerwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.2.1.2
Gestaffelte Amtszeiten von Vorstand und Aufsichtsrat . . . . . 41
4.2.1.3
Vinkulierte Namensaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.2.1.4
Unternehmensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.2.1.5
Genehmigte Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.2.2
Ohne Hauptversammlungsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.2.2.1
Kurspflege und Public Relations . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.2.2.2
Wechselseitige Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.3
Reaktive Maßnahmen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.3.1
Mit Hauptversammlungsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.3.1.1
Veräußerung von Crown Jewels . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.3.1.2
Ordentliche Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.3.2
Ohne Hauptversammlungsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.3.2.1
Gegenangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.3.2.2
White-Knight . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.3.2.3
Nutzen von rechtlichen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . 50
4.4
Rechtliche und wirtschaftliche Bewertung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
5
Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland
54
5.1
Organisationsstruktur einer Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
5.2
Relevante deutsche Gesetze und deren Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 55
5.3
Konsequenzen des Übernahmeangebotes für den Vorstand . . . . . . . . . . . . 56
5.3.1
Die Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.3.1.1
Informationspflichten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.3.1.2
Die Neutralitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.3.2
Die Bietergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
5.3.2.1
Das Pflichtangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
5.3.2.2
Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
2

6
Rechtliche Rahmenbedingungen
für Übernahmen in den USA
59
6.1
Organisationsstruktur einer Corporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
6.2
Verteilung der Regelungskompetenz
zwischen Bund und Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
6.3
Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
6.3.1
Die Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
6.3.2
Die Bietergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
7
Beschreibung von populären Abwehrmaßnahmen in den USA
68
7.1
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
7.2
Leverage Management Buyout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
7.3
Rückkauf eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
7.4
Shark Repellent Clauses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
7.5
Poison Pills . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
7.6
Pac Man Defense . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
7.7
Scorched Earth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
8
Darstellung und Bewertung der Übernahme von Peoplesoft durch
den feindlichen Bieter Oracle
76
8.1
Beschreibung der Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
8.1.1
Allgemeine Unternehmensbeschreibung der Peoplesoft Inc. . . . . . . . . 76
8.1.2
Allgemeine Unternehmensbeschreibung der Oracle Corp. . . . . . . . . . 77
8.1.3
Wirtschaftlich-strategische Entwicklungen
in der IT-Branche bis 2003
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
8.2
Chronologie der Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
8.3
Wirtschaftliche und rechtliche Aspekte der Übernahme . . . . . . . . . . . . . . 85
8.3.1
Angewandte Abwehrmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
8.3.2
Die Fusionenkontrolle
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
8.3.3
Gründe für die Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
8.4
Darstellung und Bewertung der
Aktienkursentwicklung der beteiligten Unternehmen
während des Übernahmevorhabens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
8.4.1
Identifikation und mögliche Erklärung von Kurssprüngen . . . . . . . . . 89
8.4.2
Ergebnisse bisheriger empirischer Untersuchungen zur
Aktienkursentwicklung bei Übernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
8.4.3
Ermittlung von abnormalen Renditen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
8.4.3.1
Vorbemerkungen und Voraussetzungen
. . . . . . . . . . . . . 91
8.4.3.2
Erklärung zur Datenselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
8.4.3.3
Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
8.4.3.4
Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
8.5
Schlußbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
9
Vergleich der Übernahmeaktivitäten in Deutschland und den USA
101
10 Fazit und Ausblick
103
3

A Verwendete Daten zur Berechnung
der kumulierten Renditen
und des Bestimmtheitsmaßes
106
4

Tabellenverzeichnis
4.1
Systematisierung von Abwehrmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
5.1
Pflichten der Bietergesellschaft
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
5.2
Aktionärsrechte bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte
. . . . . . . . . . . . 58
8.1
Umsatz der Software-Hersteller in 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
8.2
Übernommene Unternehmen:
Abnormale Renditen im Zwei-Tage-Bekanntmachungseffekt
. . . . . . . . . . . 91
8.3
Übernommene Unternehmen:
Abnormale Renditen im Ein-Monat-Bekanntmachungseffekt . . . . . . . . . . . 91
8.4
Übernehmende Unternehmen:
Abnormale Renditen im Zwei-Tage-Bekanntmachungseffekt
. . . . . . . . . . . 91
8.5
Übernehmende Unternehmen:
Abnormale Renditen im Ein-Monat-Bekanntmachungseffekt . . . . . . . . . . . 91
5

Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
Anm.
Anmerkung
Art.
Artikel
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BoD
Board of Directors
BSK
Börsensachverständigenkommission
bzw.
beziehungsweise
CAPM
Capital Asset Pricing Modell
CEO
Chief Executive Officer
Corp.
Corporation
CRM
Customer Relationship Management
d.h.
das heißt
DM
Deutsche Mark
DoJ
Department of Justice
ERP
Enterprise Resource Planning
F&E
Forschung und Entwicklung
HGB
Handelsgesetzbuch
HV
Hauptversammlung
i.d.R.
in der Regel
Inc.
Incorporation
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
LMBO
Leverage Management Buy Out
lt.
laut
M&A
Mergers and Aquisitions
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
S.
Seite
SEC
Securities and Exchange Commission
u.a.
unter anderem
USA
United States of America
USD
United States Dollar
vgl.
vergleiche
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz
WpÜG
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz
6

Kapitel 1
Einleitung
1.1
Anlaß dieser Arbeit
Bereits in den letzten Jahrzehnten gab es vor allem in den USA und in Großbritannien eine
Reihe spektakulärer feindlicher Unternehmensübernahmen. In Deutschland ist dieses Phäno-
men erst Anfang der neunziger Jahre verstärkt in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gedrungen.
Die viel zitierte Übernahme von Mannesmann durch die britische Vodafone Airtouch plc. stieß
auf ein breites Interesse, so daß spätestens seit diesem Zeitpunkt Unternehmen, Medien und
Bevölkerung für dieses Thema sensibilisiert sind. Damit stehen auch die Vorstände deutscher
Unternehmen vor der Problematik, feindliche Übernahmen im akuten Fall zu verhindern,
respektive schon im Vorfeld Maßnahmen zu ergreifen, die eine Übernahme der eigenen Gesell-
schaft unattraktiv machen. Die Unternehmensleitungen stehen also vor der Aufgabe, geeignete
Abwehreinrichtungen auszuwählen, zu koordinieren und einzurichten. Im Vorfeld sind jedoch
die mit den einzelnen Maßnahmen verbundenen wirtschaftlichen Folgen zu berücksichtigen.
Diese, meist negativen Auswirkungen, sollten in einem angemessenen Verhältnis zu dem be-
absichtigten Schutzeffekt stehen. Ferner darf der juristische Aspekt nicht außer acht gelassen
werden: So sind die aus der Palette der theoretisch zur Verfügung stehenden Abwehrmaßnah-
men auf die jeweilige Situation zu beziehen und hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulässigkeit zu
bewerten (beispielsweise sind viele der in den USA zulässigen Abwehrmaßnahmen in Deutsch-
land verboten).
7

1.2
Vorgehensweise
In den ersten Kapiteln dieses Beitrages werden allgemeine theoretische Grundlagen behan-
delt, die zum besseren Verständnis der Problematik von Übernahmen hilfreich sind. In den
anschließenden Kapiteln wird auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und Restriktionen von
Übernahmen in Deutschland und in den USA eingegangen. Letzteres ist für den in Kapitel
8 dargestellten Praxisfall relevant: Die Ende des Jahres 2004 erfolgte Übernahme des Soft-
warehauses Peoplesoft durch den Mitbewerber Oracle. Hierbei werden die Handlungen des
Managements beider Unternehmen aus rechtlicher, wirtschaftlicher und persönlicher Perspek-
tive untersucht. Anschließend werden die mit der Übernahme in Zusammenhang stehenden
Veränderungen des Börsenkurses analysiert, dies erfolgt mit Hilfe der Bestimmung von ab-
normalen Renditen sowohl für die übernehmende, als auch für die übernommene Gesellschaft.
Weiterhin wird ein Vergleich zwischen deutschen und amerikanischen M&A-Aktivitäten auf-
gezeigt. Am Ende dieser Arbeit stellt sich eine Schlußansicht heraus sowie ein Ausblick auf
die zukünftige Entwicklung der Aktivitäten auf den Märkten für Unternehmenskontrolle.
1.3
Status quo
Das noch junge Jahr 2006 ist bereits geprägt von zahlreichen M&A-Aktivitäten, die sich nicht
nur auf eine bestimmte Branche beziehen. Doch vor allem feindliche Übernahmen berühren
mehr als nur privatwirtschaftliche Interessen. Als bekannt wurde, daß der niederländische
Stahlkonzern Mittal seinen luxemburgischen Konkurrenten Arcelor übernehmen will, behaup-
tete die luxemburgische Regierung hierzu sinngemäß, daß dieses Vorhaben in ihrem Land
abgewehrt werden würde. Weiter südlich befürchtete die spanische Regierung den Verlust der
Unabhängigkeit der nationalen Energieversorgung aufgrund des Vorhabens des Düsseldorfer
Energielieferanten Eon, das spanische Unternehmen Endesa zu übernehmen.
1
In Frankreich
schlossen sich die beiden Energieversorger Suez und Gaz de France innerhalb kurzer Zeit
zusammen, um die Suez-Gruppe gegen einen feindlichen Übernahmeversuch seitens der ita-
1
vgl. Spahn, S. 1
8

lienischen Enel zu schützen.
2
Dieser Plan stammte von dem französischen Premierminister
Dominique de Villepin und führte zu diplomatischen Spannungen zwischen den beiden Mittel-
meerländern.
3
Damit sind feindliche Übernahmen längst zum Politikum geworden. Im Kampf
um Arbeitsplätze, Unternehmensstandorte
4
und der Erhaltung eines gesunden Wettbewerbs
schalten sich immer öfter die betroffenen Regierungen in internationale Transaktionsvorhaben
ein. Aber auch aus Prestigegründen stehen sowohl die Regierung als auch die Öffentlichkeit
feindlichen Übernahmen eher negativ gegenüber.
5
Im allgemeinen wird die Beibehaltung der
derzeitigen unternehmensbezogenen Eigentumsverhältnisse bevorzugt. Da diese Interventio-
nen regelmäßig von nationalen Interessen getrieben werden, verhindern sie die Realisation
eines Level-Playing-Field
6
, denn unterschiedliche und unvorhersehbare staatliche Reaktionen
können von den Bietergesellschaften kaum kompensiert werden. Großvolumige Unternehmens-
zusammenschlüsse führen zu Marktkonzentration und damit zu höheren Preisen für die Kon-
sumenten.
7
Der Wegfall von Anbietern führt zu einem verminderten Wettbewerb und damit
zu höheren Gewinnen, so daß weitere Übernahmen finanziert werden können.
8
Logisch ist hier,
daß sich diese Spirale immer weiter dreht. Demzufolge kann nicht kritiklos der teilweise in der
Literatur vorzufindenden Meinung zugestimmt werden, daß ,,der Finanzierungsaufwand für
Übernahmen deutlich höher ist als bisher, und es darf insgesamt davon ausgegangen werden,
daß Übernahmen deshalb auch seltener werden."
9
Eine zukünftige Abnahme von Übernah-
meaktivitäten kann nicht primär auf steigende Transaktionsvolumen und den möglicherweise
damit verbundenen erhöhten Schwierigkeiten der Kapitalbeschaffung zurückführen, sondern
u.a. auf die bereits fortgeschrittene Konsolidierung in bestimmten Branchen. Ein weiterer Fak-
tor ist die Modifizierung von rechtlichen Rahmenbedingungen -- deutschland- und europaweit
werden den von Marktbeherrschungs-Motiven geplanten Übernahmevorhaben von staatlicher
Seite die kartellrechtlichen Regelungen entgegengesetzt. Diese stellen für die bedrohte Gesell-
2
vgl. Spahn, S. 1
3
vgl. www.finanznachrichten.de, 26.02.06
4
diese sind nicht zuletzt aus fiskalischer Sicht von Interesse für den jeweiligen Staat
5
vgl. Mai, S. 17
6
hiermit ist die Schaffung von internationaler ,,Waffengleichheit", also von vergleichbaren rechtlichen Bedin-
gungen für Übernahmen gemeint, vgl. Dauner-Lieb/Lamandini, S. 266
7
inhaltlich so die Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kem-
fert, vgl. Hasenkamp, S. 4
8
vgl. Hasenkamp, S. 4
9
vgl. bspw. Mai, S. 130
9

schaft Ausgangsbedingungen für bestimmte Verteidigungsmaßnahmen dar. Im folgenden wird
herausgestellt, welche Instrumente den Unternehmen in der Praxis tatsächlich verbleiben, um
unkoordinierte Übernahmen zu verhindern.
10

Kapitel 2
Hintergründe von feindlichen
Übernahmen
2.1
Begriffsbestimmungen
Die vorliegende Arbeit bezieht sich ausschließlich auf die Übernahme
1
börsennotierter Akti-
engesellschaften. Eine Aktiengesellschaft (AG) ist gekennzeichnet durch eine eigene Rechtsper-
sönlichkeit und ein in Aktien zerlegtes Grundkapital. Die Haftung aus Verbindlichkeiten den
Gläubigern gegenüber ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.
2
Eine AG ist börsenno-
tiert, wenn ihre Aktien an einem organisierten Markt
3
gehandelt werden
4
.
Ein Übernahmeangebot ist der meist an ein breites Anlegerpublikum gerichtete Vorschlag, die
von diesem gehaltenen Aktien einer bestimmten Gesellschaft zu erwerben. Ziel dieser Offer-
te ist es in den meisten Fällen, die Kontrolle über ein Unternehmen zu erreichen.
5
Unter
Kontrolle ist hierbei das Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte an dem zu überneh-
menden Unternehmen zu verstehen.
6
Bei der Definition des Begriffes Unternehmenskontrolle
muß jedoch zwischen der rechtlichen abgesicherten Kontrollmöglichkeit und der tatsächlichen
Kontrollmacht unterschieden werden. Letztere liegt bereits dann vor, wenn Investoren auf-
1
diese erfolgt im Rahmen eines share deals durch den Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, der eine
Beteiligung in entsprechender Höhe an sämtlichen Vermögensgegenständen der Zielgesellschaft bedeutet
2
vgl. § 1 AktG
3
vgl. § 2 Abs. 7 WpÜG
4
vgl. Wirtz, S. 17
5
vgl. Wymerersch, S. 521
6
vgl. § 29 WpÜG
11

grund von Mehrheiten in den Hauptversammlungen ihre unternehmenspolitischen Interessen
realisieren können. Die Möglichkeit der faktischen Kontrollausübung ist demzufolge abhängig
von der Beteiligung der Aktionäre an Hauptversammlungen
7
, aber auch von der Aktionärs-
struktur, von personellen Verflechtungen, der Inanspruchnahme von Stimmrechtsvertretungen
und Sonderrechten bestimmter Parteien, beispielsweise von institutionellen Anlegern. Mit der
Veränderung dieser Faktoren im Zeitablauf ändert sich auch die Inhaberschaft der Kontroll-
macht.
8
Davon abzugrenzen ist die Übernahme, die einen Eigentumserwerb voraussetzt, der
mit dem Halten von über 50 % bis zu weniger als 75 % der Stimmrechte des Unternehmens
verbunden ist. Rechtliche Grundlage hierfür ist § 133 I AktG, nach dem ein Beschluß der
Hauptversammlung die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich macht. Für den Kauf
eines Unternehmens ist hingegen eine Beteiligung von mehr als 75 % zwingend. Erst ab diesem
Schwellenwert kann eine Satzungsänderung ohne die Beteiligung anderer Eigentümer durchge-
führt werden (falls die Satzung diesen Sachverhalt nicht abweichend regelt). Sind alle Anteile
des zu übernehmenden Unternehmens mit dem gleichen Stimmrecht ausgestattet, können die
Begriffe Aktienerwerb und Stimmrechtserwerb synonym verwandt werden.
9
Soll das Unterneh-
men gegen den Willen des Managements übernommen werden, so handelt es sich um eine
feindliche Übernahme
10
Hostile Takeover. Kennzeichnend ist also die Erlangung der Kontrol-
le über das Unternehmen an dem bis dahin tatsächlichem Inhaber der Kontrolle, d.h. dem
Management, vorbei.
11
In diesem Zusammenhang wird die zu übernehmende Gesellschaft als
Zielgesellschaft
12
bzw. Target bezeichnet. Hierbei sind unter Abwehrmaßnahmen ,,alle direkten
und indirekten Handlungsmöglichkeiten des Managements der Zielgesellschaft zu verstehen,
die eine Übertragung der Kontrollrechte auf einen neuen Eigentümer verhindern sollen."
13
Die Gesellschaft, die ein öffentliches Übernahmeangebot abgibt, wird im folgenden Bieter,
Opponent, Angreifer oder Herausforderer genannt. Für das Angebot selbst stehen uns die Aus-
7
aufgrund der geringen Präsenz der Aktionäre auf deutschen Hauptversammlungen ist regelmäßig eine
Beteiligung von 10 % für eine Einflußnahme ausreichend, vgl. ,,Die Sehnsucht nach dem Autokombinat", Rai-
ner/Meck FAZ am Sonntag Nr. 39, S. 37, 02.10.05
8
vgl. Immgenga/Noll, S. 15 f.
9
vgl. Cunow S. 19 f.
10
vgl. Falkenhausen, S. 163
11
vgl. Immenga/Noll, S. 24
12
vgl. Strotmann, S. 1
13
Schuster, S. 18
12

drücke Kaufofferte, tender offer oder takeover-bid zur Verfügung.
14
Der häufig benutzte Begriff
Mergers & Acquisitions (M&A) unterliegt oft uneinheitlichen Definitionen, im deutschen Sprach-
raum stellt er zumeist auf die Art der Begleichung des Kaufpreises ab. Wird dieser in Form
von Aktien abgegolten, handelt es sich um einen ,,Merger", während ,,Aquisitions" die Zahlung
des Kaufpreises in bar impliziert
15
. Eine andere Definition unterscheidet die Ausdrücke auf-
grund ihrer rechtlichen Perspektive -- in diesem Sinne bezeichnet ein ,,Merger" eine Fusion,
bei der mindestens ein Unternehmen seine Rechtspersönlichkeit verliert. Im Gegensatz dazu
haben ,,Aquisitions" keine Auswirkungen auf die Rechtsform der beteiligten Unternehmen, hier
handelt es sich um eine Übernahme.
16
2.2
Merkmale übernahmegefährdeter Gesellschaften
Das Risiko einer Gesellschaft, zu einem Übernahmeziel zu werden, hängt von verschiedenen
Umständen ab. Hierbei sind auch Gegebenheiten zu berücksichtigen, die von den Unterneh-
men gemeinhin nicht beeinflußbar sind. Zeitweise steigt das allgemeine Übernahmerisiko, wenn
die Investitionsfreudigkeit von Finanzinvestoren ansteigt, beispielsweise aufgrund einer hohen
Liquidität.
17
Die Möglichkeit, Fremdkapital am Kapitalmarkt zu günstigen Zinsen aufzuneh-
men ist ein weiterer Faktor.
18
Auch in Zeiten von schwachen Aktienmärkten besteht eine
erhöhte Gefahr für alle Unternehmen. Neben diesen gesamtwirtschaftlichen Ausgangspunkten
existieren vielfältige einzelwirtschaftliche Hintergründe.
Als potentielle Übernahmekandidaten sind vor allem Unternehmen interessant, welche
1. Kapitalmarkbezogene Faktoren
· an der Börse zu einem signifikant niedrigeren Kurs gehandelt werden -- im Vergleich
zu den von Finanzinvestoren geschätzten ,,wahren" Unternehmenswert
19
14
vgl. Strotmann, S. 1
15
so sinngemäß Bubik, S. 5
16
so sinngemäß Huemer, S. 5
17
vgl. Brühl, S. 109
18
so Linde Vorstandschef Wolfgang Reitzle in ,,Das richtige Zeitfenster gewählt" in Wirtschaftskurier 04/06,
S. 9
19
vgl. Buddenbrock, S. 277
13

· über bestimmte Aktionärsstrukturen in dieses Muster fallen, hierzu gehören Ge-
sellschaften mit hohem Streubesitzanteil der Aktien, aber auch mit Aktionären, die
verkaufsbereite Aktienblöcke halten
20
(vor allem wenn das Grundkapital zum größ-
ten Teil aus Inhaberaktien besteht, ist dem Bieter ein anonymer Erwerb möglich
21
)
· durch ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis gekennzeichnet sind
22
2. Unternehmensspezifische Faktoren
· über wesentliche strategische Vorteile verfügen, wie beispielsweise wertvolle Mar-
kennamen, hohe Liquidität, außergewöhnliche Distributionswege, Erfahrung und
Wissen in profitablen Märkten
23
· eine kritische Unternehmensgröße nicht erreicht haben
24
· auf unausgeschöpfte Kreditmöglichkeiten zurückgreifen können
25
· nicht oder nur gering in einen Konzern eingebunden sind
26
· über ein diversifiziertes Geschäftsportfolio verfügen
27
· über stille Reserven im nicht betriebsnotwendigen Vermögen verfügen
28
· über eine geringe Gesamtkapitalisierung verfügen
29
3. Sonstige Faktoren
· in einer Branche mit großer Dynamik und großem Wettbewerb aktiv sind
30
· einen hohen Buchwert in Relation zur Marktkapitalisierung aufweisen
31
20
vgl. Buddenbrock, S. 285, Yamaguchi, S. 17
21
vgl. Steinmann, S. 42
22
vgl. Yamaguchi, S. 17
23
vgl. Buddenbrock, S. 285
24
vgl. Brühl, S. 109
25
vgl. Yamaguchi, S. 17
26
vgl. Yamaguchi, S. 17
27
vgl. Brühl, S. 109
28
vgl. Brühl, S. 109
29
vgl. Yamaguchi, S. 17
30
vgl. Buddenbrock, S. 285
31
vgl. Yamaguchi, S. 17
14

2.3
Spezielle Begründungen für feindliche Übernahmen
2.3.1
Finanzielle Motive
2.3.1.1
Disciplinary Hypothesis
Die Intention des Bieters für das Übernahmeangebot ist nach dieser Theorie die Substitution
eines nicht effizient arbeitenden Managements.
32
Der Angreifer nimmt an, daß das Unter-
nehmen aufgrund einer mangelhaften Leitung unterbewertet ist und ist aus diesem Grund
bereit, für die Anteile einen über den Börsenkurs liegenden Preis zu zahlen.
33
Dieser wird ge-
rechtfertigt durch erhoffte Gewinnpotentiale, die ein neues Management beispielsweise durch
Restrukturierungsmaßnahmen realisieren kann
34
und die den Wert des Unternehmens steigen
lassen.
35
Diese Theorie beruht auf der Annahme eines effizienten Kapitalmarktes
36
: Der Bör-
senkurs enthält in diesem Fall bereits alle benötigten Informationen über die Gesellschaft und
gibt demzufolge ihren wahren Wert an.
37
2.3.1.2
Underpriced Stock Hypothesis
Die Underpriced Stock Hypothesis wird als Gegenstück zur Disciplinary Hypothesis angese-
hen.
38
Sie liefert eine kapitalmarkttheoretische Erklärung für Übernahmeaktivitäten, indem
sie eine nicht marktkonforme Bewertung der Zielgesellschaft annimmt.
39
Diese Theorie setzt
also eine Ineffizienz des Kapitalmarktes voraus: In einer kurzfristigen Betrachtung des Marktes
werden Aktien oft unter ihrem wahren Wert gehandelt.
40
Diesen Umstand nutzt der Bieter,
um das Unternehmen zu einem Preis unter seinem eigentlichen Wert zu erwerben. Diese An-
sicht gewinnt besonders in konjunkturschwachen Phasen an Bedeutung, da diese oft mit einer
Unterbewertung von börsennotierten Gesellschaften einhergehen.
41
32
vgl. Denzel, S. 33
33
vgl. Strotmann, S. 74
34
vgl. Schuster, S. 21
35
vgl. Strotmann, S. 75
36
vgl. Lohrer, S. 52, zur Kapitalmarkteffizienz s. a. Kapitel 8 dieser Arbeit
37
vgl. Strotmann, S. 75
38
vgl. Denzel, S. 35
39
vgl. Stumpf, S. 10
40
vgl. Strotmann, S. 81
41
vgl. Stumpf, S. 10
15

2.3.1.3
Asset Stripping
Diese Strategie wird im deutschen Sprachgebrauch auch Plünderungshypothese genannt: Hier-
bei ist es das Ziel des Bieters, das Unternehmen nach erfolgter Übernahme zu zerschlagen und
auszuplündern.
42
In diesem Fall stehen ausschließlich finanzielle Interessen im Vordergrund.
43
Besonders in den achtziger Jahren wurden viele Übernahmen in den USA und Großbritannien
lediglich vollzogen, um einen Arbitragegewinn zu realisieren. Hierbei erlangen sogenannte Rai-
der die Kontrolle über ein Unternehmen, das nach ihrer Meinung an der Börse unterbewertet
ist, um dann einzelne Unternehmensteile gewinnbringend zu verkaufen.
44
2.3.2
Strategische Motive
2.3.2.1
Synergiehypothese
Diese Theorie beruht auf der Annahme, daß der Wert eines aus einer Fusion entstandenen
Unternehmens größer ist, als die addierten Werte der einzelnen Unternehmen. Hierbei wird
jedoch die richtige Wahl des Zielunternehmens vorausgesetzt, dieses ist dann oft für einen spe-
ziellen Bieter von einem Wert, der über den Marktpreis liegt.
45
Durch den Zusammenschluß
von Unternehmen können in bestimmten Bereichen positive Synergieeffekte generiert wer-
den
46
, beispielsweise kann die Ressourcenzusammenführung im F&E-Bereich zu schnelleren,
konstengünstigeren oder bedeutenderen Resultaten führen. Im Produktionsbereich existieren
gegebenenfalls nach dem Zusammenschluß Economies of Scale
47
oder Economies of Scope
48
,
die eine Reduzierung der Kosten herbeiführen können.
49
Außerdem können gegebenenfalls
Skaleneffekte erzielt werden, wenn das zusammengeschloßene Unternehmen über einen höhe-
ren Marktanteil verfügt, sich auf neuen Märkten betätigt oder neue Kunden gewinnen kann.
50
42
vgl. Strotmann, S. 83
43
vgl. Denzel, S. 37
44
vgl. Buddenbrock, S. 279
45
vgl. Strotmann, S. 78
46
vgl. Stumpf, S. 9
47
dieser Ausdruck bezeichnet Kostenersparnisse, die aufgrund von Größenvorteilen entstehen, bspw. durch
Massenproduktion
48
hierbei handelt es sich um Kostenvorteile, die aufgrund einer gestiegenen Produktvielfalt entstehen
49
vgl. Immenga/Noll, S. 27
50
vgl. Schmitz, S. 313
16

Auch können bei vertikalen Unternehmenstransaktionen Vorteile in der Güterbeschaffung er-
zielt werden, wenn bspw. ein Lieferant übernommen wird.
51
Falls die vor dem Zusammenschluß
errechneten Synergieeffekte in der Praxis realisiert werden können, führt dies zu einer effi-
zienteren Ressourcenallokation und so zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des
Unternehmens.
52
Seit den neunziger Jahren vollziehen sich Unternehmensübernahmen nicht
mehr überwiegend aus Gründen des kurzfristigen schnellen Gewinns, sondern aus strategischen
Erwägungen heraus.
53
2.3.2.2
Marktbeherrschungshypothese
Laut dieser These versucht die Bietergesellschaft, ihre bereits vorhandene Präsenz in einem
bestimmten Markt auszubauen, beziehungsweise zu festigen oder sich in neuen Märkten (bei-
spielsweise im Ausland oder in noch jungen Branchen) zu engagieren. Das Motiv für diese
Bemühungen ist jedoch immer das Erreichen einer monopolistischen Stellung.
54
Oft ist es
wirtschaftlich vorteilhafter, dies durch den Kauf fremder Unternehmen zu realisieren, statt
durch langwierigeres internes Wachstum.
55
Die Übernahme geschieht hierbei also aus rein
wettbewerblich-strategischen Gründen. Ziel des Bieters ist es, eine verminderte Konkurrenz-
situation zu erreichen und so einen erhöhten Gewinn zu generieren, beziehungsweise Mono-
polgewinne abzuschöpfen. Dem Erreichen einer marktbeherrschenden Position werden jedoch
durch die Fusionskontrolle Grenzen gesetzt, hier sind bei der Frage der rechtlichen Zulässigkeit
der Übernahme die Schwellenwerte für Umsatz und Marktanteile zu beachten.
56
51
vgl. Bühner (1990 (a)), S. 2
52
Auf dem US-amerikanischen Telekommunikationsmarkt will die Gesellschaft AT&T nach eigenen Anga-
ben durch die Übernahme des Unternehmens BellSouth Synergieeffekte in Milliardenhöhe generieren, vgl.
www.heute.de, ,,AT&T will BellSouth kaufen", o.V., 05.03.06
53
vgl. Weisner, S. 9
54
vgl. Strotmann, S. 82
55
vgl. Immenga/Noll, S. 25 f.
56
vgl. Denzel, S. 39
17

2.3.3
Persönliche Motive
2.3.3.1
Hybristheorie
Laut der Hybristheorie spielen persönliche Motive der Vorstandsmitglieder bei einer Über-
nahmeentscheidung eine große Rolle. Diese Ansicht beruht auf der Selbstüberschätzung des
Managements und geht davon aus, daß dieses bei derartigen Zusammenschlüssen die Interessen
der Anteilseigner nicht berücksichtigt.
57
Wenn das Management der Bietergesellschaft fälsch-
licherweise annimmt, daß die Zielgesellschaft sich unter seiner Leitung positiver entwickeln
wird, dann ist es auch bereit, für die Erlangung der Kontrolle an diesem Unternehmen einen
überhöhten Preis zu bezahlen
58
:
,,The takeover premium in such a case is simply a random error, a mistake made by the
bidding firm...If there actually are no aggregate gains in takeover, the phenomenon depends
on the overbearing presumption of bidders that their valuations are correct."
Richard Roll
Der Hybristheorie zu Folge sind Unternehmensübernahmen also nicht das Ergebnis wirtschaft-
licher Überlegungen, sondern sie resultieren vielmehr aus persönlichen Erwägungen der Vor-
standsmitglieder.
2.3.3.2
Empire Buildung Hypothesis
Laut dieser These übernimmt ein Unternehmen ein anderes, bzw. schließt sich mit diesem
zusammen, um damit eine bestimmte kritische Größe zu erreichen. Dies geschieht aus ver-
schiedenen Überlegungen heraus, beispielsweise kann ein Ziel hierbei sein, eine Dimension zu
erreichen, die die Übernahme des eigenen Unternehmens durch Fremde erschwert oder unmög-
lich macht.
59 60
Paradoxerweise beinhaltet also die aktive Übernahme anderer Unternehmen
eine Schutzwirkung vor der eigenen Übernahme. Nach dieser Hypothese können dem Über-
nahmewillen des Managements der Bietergesellschaft allerdings auch ganz andere, nämlich
57
vgl. Stumpf, S. 8 f.
58
vgl. Roll, S. 199 f.
59
vgl. Pape, S. 140
60
so beispielsweise die geplante Fusion des französischen Staatsunternehmens Gaz de France mit dem privaten
Energiekonzern Suez, um zu verhindern, daß der italienische Konzern Enel die Suez-Gruppe übernimmt und
zerschlägt, vgl. www.tagesschau.de, ,,Frankreich bekommt neuen Energie-Riesen", o.V., 27.02.06
18

persönliche Motive zu Grunde liegen, die an die Hybristheorie anknüpfen. Für die Vorstands-
mitglieder des Unternehmens ist ein externes Wachstum aus finanzieller Sicht von Vorteil,
da die Höhe ihres Entgeltes oftmals abhängig ist von Größenkennzahlen. Ferner eröffnet die
Übernahme eines Unternehmens dem Management vielfältigere Betätigungs- und Aufstiegs-
optionen.
61
Es zeigt sich also, daß Übernahmevorhaben, deren Gründe mit dieser Theorie zu
erklären sind, nicht unbedingt mit Vorteilen für die Anteilseigner der übernehmenden Gesell-
schaft verbunden sind.
61
vgl. Röhrich, S. 60
19

Kapitel 3
Das Konstrukt der feindlichen
Übernahme
3.1
Die von einer Übernahme betroffenen Akteure und ihre In-
teressen
3.1.1
Die Zielgesellschaft
3.1.1.1
Die Aktionäre
Der Erfolg eines Übernahmeversuches hängt letztendlich von den Aktionären der Zielgesell-
schaft ab, denn diese entscheiden über den Verkauf und können so die Übernahme möglich
machen oder auch verhindern. Wie oben bereits erwähnt, stellt die Bezeichnung freundliche
bzw. unfreundliche Übernahme lediglich auf die Haltung der Unternehmensleitung der be-
troffenen Gesellschaft gegenüber dem Kaufangebot ab. Daraus folgt jedoch nicht, daß eine
freundliche Übernahme auch zwingend für die Aktionäre der Zielgesellschaft vorteilig ist. Hier
ist sogar in den meisten Fällen das Gegenteil der Fall: Erklären sich die Aktionäre bereit, ihre
Anteile zu verkaufen, kann der Bieter darauf verzichten, hohe Prämienzahlungen als Verkaufs-
anreiz anzubieten.
1
Dieses wirkt sich auf den Gewinn der Anteilseigner folglich negativ aus.
Da für eine Vielzahl von Aktionären bei einer Unternehmensbeteiligung der finanzielle Aspekt
im Vordergrund steht, sind sie bereit, auch das unternehmerische Risiko einer Übernahme ein-
zugehen. Hiervon erhoffen sie sich einen aus Börsenkursschwankungen resultierenden Gewinn,
1
vgl. Lohrer, S. 32
20

ohne die Interessen des Managements oder der Arbeitnehmer der Gesellschaft zu berück-
sichtigen.
2
Natürlich kann für die gesamte Personengruppe der Anteilseigner keine homogene
Interessenstruktur vorausgesetzt werden. So verfolgen Großaktionäre durch ihre Beteiligung
oftmals auch unternehmerische Motive
3
, während Kleinaktionäre überwiegend eine kurzfristi-
gere Investition vorziehen, die einen zeitnahen finanziellen Gewinn vermuten läßt.
4
Bei einer
Verkaufsentscheidung spielen jedoch noch eine Reihe weiterer Faktoren eine Rolle, so ist bei-
spielsweise das Maß der Streuung der Wertpapiere ausschlaggebend für die Möglichkeiten der
Aktionäre, ihre Entscheidungen miteinander abzustimmen. Mit zunehmender Streuung wird
es für die Anteilsbesitzer schwieriger, ihre Handlungen untereinander zu koordinieren, so daß
für den einzelnen die Gefahr besteht, zu einem Minderheitsaktionär
5
zu werden, wenn er das
Angebot zurückweist. Ein weiteres Kalkül der Aktionäre ist der Vergleich des Angebotspreises
mit zukünftigen Renditeerwartungen aus ihrer Beteiligung unter der Prämisse, daß das Unter-
nehmen nicht verkauft wird, also das bisherige Management und die aktuellen Unternehmens-
strukturen beibehalten werden.
6
Bei dieser Kalkulation kann der Anteilseigner nur auf eine
sichere Größe zurückgreifen, nämlich auf den ihm angebotenen Kaufpreis, den er anhand der
bis dato erreichten Börsenkurse bewertet.
7
Außerdem muß berücksichtigt werden, daß sowohl
das Management der Bietergesellschaft als auch das eigene Management versuchen werden, die
Anteilseigner zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Diese stehen zum einen unter Entscheidungs-
druck und können zum anderen an sie herangetragene falsche Informationen nicht als solche
identifizieren, da sie im Vergleich zu den beiden anderen Akteuren schlechter informiert sind.
8
Andererseits tragen die Aktionäre durch ihr finanzielles Engagement eine Verantwortung für
die Personen der Unternehmensleitung und die Beschäftigten
9
, so daß auch die Sichtweisen
dieser Personengruppen im Rahmen eines gewissenhaften Handelns der Aktionäre im Hinblick
auf eine Verkaufsentscheidung zu berücksichtigen sind. Im Falle eines gescheiterten Übernah-
2
vgl. Steinmann, S. 48
3
vgl. Rasner, S. 51
4
vgl. Wöhe, S. 895 f.
5
Der Hauptaktionär kann lt. §§ 327a­327f AktG ab einer Beteiligung von 95 % des Grundkapitals Minder-
heitsaktionäre durch einen Squeeze-Out aus der Gesellschaft ausschließen. Hierbei werden die Aktien der ver-
bleibenden Anteilseigner gegen eine Barabfindung auf den Mehrheitsaktionär übertragen, vgl. Bürger, Rn. 209
6
vgl. Assmann/Bozenhardt, S. 11 f.
7
vgl. Assmann/Bozenhardt, S. 15
8
vgl. Assmann/Bozenhardt, S. 15 o. Röhrich, S. 48
9
vgl. Steinmann, S. 48
21

meversuches entsteht für die Aktionäre ein negativer Nutzen, denn die entstandenen Kosten
für Anwälte, Investmentbanker, durchgeführte Abwehrmaßnahmen etc. verursachen in den
meisten Fallen einen Rückgang des Börsenwertes.
10
3.1.1.2
Das Management
Das Management der Zielgesellschaft kann den Erfolg eines Übernahmeangebotes maßgeblich
beeinflussen, obwohl ihm nicht die Entscheidung hierüber obliegt, sondern lediglich dessen
Beurteilung. Diese stellt aufgrund der oben angesprochenen Informationsunterlegenheit der
Aktionäre für deren Entscheidung ein wichtiges Element dar.
11
Im Hinblick auf die Verwal-
tung der Zielgesellschaft ist von einer abweichenden Interessenlage auszugehen, in der die
Entwicklung des Börsenkurses lediglich eine untergeordnete Rolle spielt.
12
Einerseits ist das
Management an der erfolgreichen wirtschaftlichen Entfaltung der Gesellschaft interessiert, dies
ergibt sich schon aus der Verantwortung gegenüber den Aktionären. Ferner vertritt das Mana-
gement die Interessen Fremder, hier sind eigene Mitarbeiter und Arbeitnehmer verschiedener,
mit der jeweiligen Gesellschaft in Verbindung stehender Unternehmen
13
zu nennen. Auch für
diese Personengruppen können bei einer Übernahme vorteilhafte oder nachteilige Entwicklun-
gen eintreten. Diese haben der Gesellschaft und damit der Unternehmensleitung durch ihre
Kapitalbeteiligung ihr Vertrauen entgegengebracht.
14
Andererseits ist eine vollzogene feind-
liche Übernahme für das Management der übernommenen Gesellschaft selbst überwiegend
mit Nachteilen verbunden. Da es dem Bieter im Abwehrkampf feindlich gegenüberstand, wird
es erwartungsgemäß von diesem ausgetauscht. Gleiches kann auch geschehen, um die Un-
ternehmensleitung mit Personen des Vertrauens des Bieters zu besetzen.
15
Die Abberufung
der Vorstandsmitglieder bedeutet für diese sowohl einen finanziellen Nachteil als auch einen
Verlust von Macht und Prestige. Aus diesem Grund wird den Betroffenen in der einschlägi-
gen Literatur stellenweise die Behauptung unterstellt, generell bei Vorliegen eines öffentlichen
10
vgl. Falkenhausen, S. 171
11
vgl. Röhrich, S. 35
12
vgl. Steinmann, S. 48
13
beispielsweise Lieferanten
14
vgl. Steinmann, S. 48
15
vgl. Denzel, S. 13, o. Buddenbrock, S. 277 f.
22

Übernahmeangebotes primär die eigenen Interessen zu verfolgen. Demzufolge wird das Mana-
gement Handlungen einleiten, mit dem Ziel, die drohende Übernahme zu verhindern und so die
eigene Stellung im Unternehmen zu sichern. Die wahrzunehmende Leitungsfunktion tritt dabei
dergestalt in den Hintergrund, daß bei gegenläufigen persönlichen Interessen der Vorstandsmit-
glieder diese gegen die Interessen der Gesellschaft agieren.
16
Andererseits kann der Bieter dem
amtierenden Vorstand eine Weiterbeschäftigung zusichern, um so seitens des Managements
eine positive Beurteilung der drohenden Übernahme herbeizuführen. Hier besteht für die Ak-
tionäre die Gefahr, daß das Management die Übernahme aufgrund zugesicherter persönlicher
Vorteile als positiv einstuft, ohne die Interessen der Anteilseigner ausreichend berücksichtigt
zu haben.
17
Eine weiteres Risiko liegt in überstürzten Handlungen des Managements, denkbar
ist hier ein ,,Management Buy Out
18
", der mit einer hohen Verschuldung einhergehen kann
19
,
aber dazu führt, daß die Unternehmensleitung in der Gesellschaft verbleibt.
3.1.1.3
Der Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat ist als Kontrollorgan der AG sowohl für die Überwachung des Managements
als auch für dessen Sanktionierung verantwortlich. Er vertritt hierbei die Interessen der Ak-
tionäre. Dies konkretisiert sich vor allem bei wichtigen langfristigen Fragestellungen durch die
ihm zustehenden Mitsprache- und Entscheidungsrechte. Ist der Vorstand einer Gesellschaft
jedoch durch ein Übernahmeangebot bedroht, liegt auch für den Aufsichtsrat eine außerge-
wöhnliche Situation vor, die eine differenzierte Analyse der Interessen der Mitlieder dieses
Gremiums verlangt: Generell kann davon ausgegangen werden, daß die Interessen des Auf-
sichtsrats denen des Vorstandes entsprechen, diese Prämisse wird gerechtfertigt durch einen
entsprechenden Kommentar des Gesetzgebers zur Begründung des WpÜG.
20
16
vgl. Rasner, S. 49 f.
17
vgl. Lohrer, S. 32
18
vgl. zu diesem Begriff Kapitel 7.2
19
vgl. Steinmann, S. 48
20
vgl. Helmis, S. 49
23

3.1.2
Die Bietergesellschaft
3.1.2.1
Die Aktionäre
Für die Beurteilung einer geplanten Übernahme aus Sicht der Aktionäre der Bietergesellschaft
ist die Motivation für das Vorhaben von maßgeblicher Bedeutung. Wenn diese aus strategischen
Überlegungen heraus resultiert, ist der Kauf regelmäßig mit Gewinnen für die Anteilseigner
verbunden, diese werden sich also verbessern. Wird das Kaufangebot jedoch ausschließlich
aufgrund persönlicher Interessen der Managementmitglieder abgegeben, führt die Übernahme
langfristig zu einem Börsenkursrückgang und damit zu einer Schlechterstellung der Aktionäre.
Als wichtige Einflußgröße für diese Sachverhalte ist hier noch die Höhe der zu zahlenden
Übernahmeprämie zu berücksichtigen.
21
3.1.2.2
Das Management
Das Management der Bietergesellschaft kann mit einem Übernahmevorhaben verschiedene In-
teressen verfolgen. Die einzelnen Motive, die auch in Kombination miteinander denkbar sind,
wurden bereits in Abschnitt 2.2 vorgestellt.
Auch ein gescheiterter Übernahmeversuch geht mit hohen Kosten einher, außerdem muß die
Bietergesellschaft in diesem Fall mit einem Reputationsverlust rechnen,
22
allein aus diesen
Gründen sollte das Vorhaben gut durchdacht und vorbereitet sein. Ein in der Literatur meist
unerwähnter Aspekt ist die persönliche Verantwortung und die damit verbundene Haftung des
Managements, das ein Übernahmeangebot abgibt. Diese Problematik ist auch in der Praxis
nur wenigen Akteuren bewußt.
23
Tatsache ist jedoch: ,,Wer als Geschäftsleiter ein feindliches
Übernahmeangebot abgibt, setzt die Bietergesellschaften einem außerordentlichen wirtschaftli-
chen Risiko aus und geht zugleich ein erhebliches Haftungsrisiko ein.
24
" Dieses gilt vor allem
für den Fall eines erfolgreichen Übernahmeangebots, beispielsweise wenn sich die übernomme-
ne Gesellschaft nicht in den Konzern eingliedern läßt oder nach abgeschlossener Transaktion
21
vgl. Röhrich, S. 36 f.
22
vgl. Brühl, S. 109 f.
23
vgl. Lange, S. 113
24
Lange, S. 113
24

feststeht
25
, daß diese mit erheblichen Risiken behaftet ist. Entsteht hieraus ein tatsächlicher
Vermögensschaden für die Bietergesellschaft, der aus einer potentiellen Sorgfaltspflichtverlet-
zung
26
des Managements resultiert, kann dieses von der Gesellschaft in Regress genommen
werden.
27
Die Bedeutung dieser Problematik wird allein anhand der Tatsache erkennbar, daß
Managerhaftpflichtversicherungen normalerweise den Versicherungsschutz für eben diese Si-
tuation ausschließen.
28
Auch aus persönlichen Interessen sollten also die Vorstandsmitglieder
die Abgabe eines Übernahmeangebotes sehr wohl überdenken und die Entscheidung gegebe-
nenfalls von den Aktionären absichern lassen.
29
3.1.3
Verbleibende Stakeholder
In der oben stehenden Betrachtung wurden nur die für diese Arbeit relevanten Akteure und
ihre jeweiligen Interessen betrachtet. In der Praxis sind allerdings noch weitere Personengrup-
pen von einer Übernahme betroffen, wie beispielsweise die Arbeitnehmer
30
, Gläubiger, Kunden
oder Lieferanten
31
der übernommenen Gesellschaft. Letztendlich werden durch erfolgte Un-
ternehmensübernahmen auch gesamtwirtschaftliche Veränderungen herbeigeführt und somit
auch staatliche Interessen berührt.
32
Ob Unternehmenszusammenschlüsse makroökonomisch
positiv oder negativ zu bewerten sind, hängt jedoch von den zu Grunde liegenden Motiven des
Einzelfalles ab. Allerdings ist noch auf die Funktionen der in den meisten Fällen beteiligten
Investmentbanker hinzuweisen, denn deren Dienste werden von beiden Parteien in Anspruch
genommen. Dies fängt an mit der Suche eines geeigneten Kaufobjektes für den Interessenten,
hierauf folgen u.a. die Gestaltung des Kaufangebotes und die Beratung bei der Finanzierung.
Am Ende steht die Durchführung von Restrukturierungsmaßnahmen -- dabei ist beispielswei-
se an die Veräußerung von Tochtergesellschaften zu denken. Aber auch für die Zielgesellschaft
ist die Beratung und Hilfe durch diese Berufsgruppe von Bedeutung, beispielsweise bei der Im-
25
beispielsweise aufgrund einer nicht sorgfältig durchgeführten Due Diligence, wie es in der Dotcom-Ära
häufig der Fall war
26
vgl. zur Sorgfaltspflicht § 93 Abs. 1 AktG
27
vgl. § 93 Abs. 2 AktG
28
vgl. Lange, S. 113
29
vgl. § 119 Abs. 2 AktG, § 93 Abs. 4 AktG
30
vgl. hierzu bspw. Lohrer, S. 49­51
31
vgl. Rasner, S. 52 f.
32
vgl. Rasner, S. 54
25

plementierung wirksamer Abwehrmaßnahmen und in dieser Hinsicht u.a. bei der Suche nach
einem weißen Ritter.
33
3.2
Möglichkeiten der Übernahme
3.2.1
Das öffentliche Übernahmeangebot
Öffentliche Übernahmeangebote stellen die gebräuchlichste Vorgehensweise bei einer feindli-
chen Übernahme dar.
34
Sie richten sich regelmäßig an eine große Zahl von Aktionären, um
eine Aktienmenge zu erwerben, die die tatsächliche Kontrolle über die Gesellschaft möglich
macht.
35
Bei einem öffentlichen Übernahmeangebot tritt der Bieter direkt an die Aktionäre
des Zielunternehmens heran, ohne das jeweilige Mangament mit einzubeziehen.
36
Auch die
Stimmrechte von Kleinaktionären sind für die Bietergesellschaft von Interesse, weshalb diese
bereit ist, einen über den aktuellen Börsenkurs liegenden Preis für die Anteile zu bezahlen.
37
Das Übernahmeangebot kann in Form eines bedingten Angebotes oder eines unbedingten An-
gebotes abgegeben werden. Bei ersterem erklärt sich der Interessent lediglich bei Erfüllung
der von ihm festgelegten Bedingungen bereit, den gebotenen Preis für die Anteile zu zah-
len. Üblicherweise legt der Anbieter auch eine bestimmte Mindestanzahl an Aktien fest,
38
die
für ihn erforderlich ist, um sein Ziel zu erreichen. Werden weniger als diese Anzahl an Be-
teiligungen angedient, wird er von dem Erwerb absehen.
39
Bei einem unbedingten Angebot
verzichtet der Bieter auf die Bindung desselben an vorgegebene Konditionen. Dies impliziert
die Verpflichtung, alle angebotenen Aktien abnehmen zu müssen.
40
Die Annahmefrist eines
Übernahmeangebotes kann in den in § 16 Abs. 1 WpÜG genannten Grenzen von vier bis sechs
Wochen vom Bieter bestimmt werden. Die Laufzeit beginnt mit dem Zeitpunkt der Veröffent-
lichung der Angebotsunterlage,
41
die alle relevanten Informationen enthalten soll, die von den
33
vgl. Falkenhausen, S. 169 f.
34
vgl. Weisner, S. 4
35
vgl. Immenga/Noll, S. 19
36
vgl. Rasner, S. 30
37
vgl. Immenga/Noll, S. 19
38
so wollte die INA Holding Schaeffler KG den Wälzlagerhersteller FAG Kugelfischer nur übernehmen, wenn
mind. 75 % der Aktien zum Kauf angeboten werden, vgl. www.pressetext.de, 15.10.01
39
vgl. Cunow, S. 21
40
vgl. Cunow, S. 21
41
vgl. Stumpf, S. 60
26

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783956361302
ISBN (Paperback)
9783836600699
Dateigröße
1007 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bergische Universität Wuppertal – Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
acquisitions übernahme bietergesellschaft zusammenschluss aktienrecht
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Titel: Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmen
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