Klimaänderung und Skigebiete im bayerischen Alpenraum
©2004
Diplomarbeit
131 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Problemstellung:
Der Skitourismus im bayerischen Alpenraum ist durch eine Klimaerwärmung massiv gefährdet. Durch die vorliegende Impact Studie sollen Erkenntnisse über die Auswirkung einer Klimaänderung auf den Skitourismus, welche für die Schweiz, Österreich und andere Länder schon vorliegen, für den bayerischen Alpenraum gewonnen werden. Darüber hinaus wird eine eigene Methode entwickelt, um die Einsetzbarkeit von Beschneiungsanlagen unter veränderten klimatischen Rahmenbedingungen abschätzen zu können.
Ziel dieser Arbeit ist festzustellen, in welchem Ausmaß die Skigebiete betroffen sein werden und was für Anpassungsmöglichkeiten in Frage kommen. Dabei können aber keine exakten Prognosen über ein zukünftiges Klima gegeben werden, sondern nur Abschätzungen, die auf eigenen Untersuchungen, sowie Studien beruhen.
Zentrale Fragen dieser Arbeit sind:
- Wie hat sich das Klima im bayerischen Alpenraum in den letzten Jahrzehnten entwickelt?
- Wie wirkt sich eine Klimaerwärmung auf die Schneesicherheit bayerischer Skigebiete aus?
- Mit welchen Problemen haben Seilbahnunternehmen derzeit zu kämpfen und was für Lösungsvorschläge bieten sich an?
- Mögliche Anpassungsmaßnahmen im Zuge einer Klimaerwärmung.
Gang der Untersuchung:
Zur Darstellung der vergangenen Klimaentwicklung wurden Temperatur- und Schneedaten im Zeitraum 1960-2000 von Messstationen im bayerischen Alpenraum ausgewertet. Da die technische Beschneiung auch in Bayern immer mehr an Bedeutung gewinnt, wird untersucht, welche Höhenlagen heute, und bei einer Klimaänderung von +2 K, ausreichend tiefe Temperaturen bieten.
Diese Ergebnisse werden in einem weiteren Schritt auf die bayerischen Skigebiete übertragen. Durch Erfassen der mittleren Höhe von Tal- und Bergstationen in jedem Skigebiet wird eine eigene Liftstatistik erstellt und die Schneesicherheit jedes Gebiets ausgewertet. Die Auswirkungen einer Klimaerwärmung und mögliche Anpassungsstrategien werden anhand der Fallbeispiele Garmisch-Partenkirchen und Lenggries exemplarisch verdeutlicht.
Kapitel 2 bietet eine Einführung in den Themenbereich Klimaänderung und Klimafolgenforschung. Es werden globale und regionale Klimamodelle für den Alpenraum vorgestellt. Methodische Ansätze in der Klimafolgenforschung und ein Forschungsüberblick in diesem Bereich bilden den zweiten Teil des Kapitels.
Kapitel 3 beinhaltet die Auswertung der Klimadaten bayerischer Messstationen von 1960 - 2000. Durch Bildung von langjährigen […]
Der Skitourismus im bayerischen Alpenraum ist durch eine Klimaerwärmung massiv gefährdet. Durch die vorliegende Impact Studie sollen Erkenntnisse über die Auswirkung einer Klimaänderung auf den Skitourismus, welche für die Schweiz, Österreich und andere Länder schon vorliegen, für den bayerischen Alpenraum gewonnen werden. Darüber hinaus wird eine eigene Methode entwickelt, um die Einsetzbarkeit von Beschneiungsanlagen unter veränderten klimatischen Rahmenbedingungen abschätzen zu können.
Ziel dieser Arbeit ist festzustellen, in welchem Ausmaß die Skigebiete betroffen sein werden und was für Anpassungsmöglichkeiten in Frage kommen. Dabei können aber keine exakten Prognosen über ein zukünftiges Klima gegeben werden, sondern nur Abschätzungen, die auf eigenen Untersuchungen, sowie Studien beruhen.
Zentrale Fragen dieser Arbeit sind:
- Wie hat sich das Klima im bayerischen Alpenraum in den letzten Jahrzehnten entwickelt?
- Wie wirkt sich eine Klimaerwärmung auf die Schneesicherheit bayerischer Skigebiete aus?
- Mit welchen Problemen haben Seilbahnunternehmen derzeit zu kämpfen und was für Lösungsvorschläge bieten sich an?
- Mögliche Anpassungsmaßnahmen im Zuge einer Klimaerwärmung.
Gang der Untersuchung:
Zur Darstellung der vergangenen Klimaentwicklung wurden Temperatur- und Schneedaten im Zeitraum 1960-2000 von Messstationen im bayerischen Alpenraum ausgewertet. Da die technische Beschneiung auch in Bayern immer mehr an Bedeutung gewinnt, wird untersucht, welche Höhenlagen heute, und bei einer Klimaänderung von +2 K, ausreichend tiefe Temperaturen bieten.
Diese Ergebnisse werden in einem weiteren Schritt auf die bayerischen Skigebiete übertragen. Durch Erfassen der mittleren Höhe von Tal- und Bergstationen in jedem Skigebiet wird eine eigene Liftstatistik erstellt und die Schneesicherheit jedes Gebiets ausgewertet. Die Auswirkungen einer Klimaerwärmung und mögliche Anpassungsstrategien werden anhand der Fallbeispiele Garmisch-Partenkirchen und Lenggries exemplarisch verdeutlicht.
Kapitel 2 bietet eine Einführung in den Themenbereich Klimaänderung und Klimafolgenforschung. Es werden globale und regionale Klimamodelle für den Alpenraum vorgestellt. Methodische Ansätze in der Klimafolgenforschung und ein Forschungsüberblick in diesem Bereich bilden den zweiten Teil des Kapitels.
Kapitel 3 beinhaltet die Auswertung der Klimadaten bayerischer Messstationen von 1960 - 2000. Durch Bildung von langjährigen […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Robert Steiger
Klimaänderung und Skigebiete im bayerischen Alpenraum
ISBN: 978-3-8366-0065-1
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich, Diplomarbeit, 2004
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Printed in Germany
Vorwort und Dank
Besonderer Dank gilt Prof. Dr. Johann Stötter für die ausgezeichnete Betreuung meiner
Diplomarbeit während des gesamten Arbeitsprozesses.
Für die Bereitstellung von Materialien, Informationen, persönliche Auskünfte in Interviews
und begleitende Hilfestellungen möchte ich folgenden Personen und Institutionen danken:
·
Dr. Hanns Kerschner, Institut für Geographie, Universität Innsbruck für unterhaltsame
Diskussionen zu den Themen Klima und Klimastatistik
·
Der Arbeitsgruppe ,,Naturgefahren" am Geographischen Institut der Universität
Innsbruck, für Hilfestellungen jeder Art und geistige Unterstützung
·
Rolf Vonau, Kaufmännischer Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn
·
Peter Lorenz, Geschäftsführer Brauneckbergbahn Lenggries
·
Harald Riedlsperger, Schneimeister Bergbahnen Zell am Ziller
·
Günter Troy, Doppelmayer Seilbahnen, Wolfurt
·
Euen Diver, Environmental Services Manager Thredbo Ski Resort, Australien
·
Alois Feichnter, LRA Miesbach
·
Kathrin Mitterer, Hinterglemmer Bergbahnen, Saalbach-Hinterglemm
·
Den Mitarbeitern der Gästeinformation Lenggries
·
Den Mitarbeitern der Kurverwaltung Garmisch-Partenkirchen
Ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir mein Studium in der Ferne überhaupt erst
ermöglicht haben!
2
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung... 8
1.1 Ziele und Fragestellung... 9
1.2 Methodik ... 9
1.3 Aufbau der Arbeit... 10
2. Klimaerwärmung ... 11
2.1 Klimamodelle ... 11
2.1.1 Globale Szenarien ... 11
2.1.2 Klimaänderung im Alpenraum... 13
2.1.2.1 Wanner et al (2000)... 13
2.1.2.2 BayFORKLIM (1999)... 14
2.1.2.3 Resümee ... 15
2.2 Klimafolgenforschung... 16
2.2.1 Methodik ... 16
2.2.1.1 Impact Approach ... 16
2.2.1.2 Integrated approach ... 17
2.2.1.3 Interactive approach ... 17
2.2.2 Forschungsüberblick ... 18
2.2.2.1 Schweiz ... 18
2.2.2.2 Österreich ... 19
2.2.2.3 Deutschland... 22
2.2.2.4 Kanada... 23
2.2.2.5 Australien ... 24
3. Klimaentwicklung im bayerischen Alpenraum... 27
3.1 Auswertung der Klimadaten... 29
3.1.1 Temperatur ... 29
3.1.2 Schneehöhe... 35
3.1.2.1 Wintersporttage ... 39
3.1.2.2 Neuschneesummen... 43
3.1.2.3 Die schlechtesten Jahre ... 44
3.1.3 Klimatische Bedingungen für die technische Beschneiung ... 48
3
Inhaltsverzeichnis
3.1.3.1 Methodik ... 48
3.1.3.2 Ergebnisse ... 51
3.2 Höhengrenzen der Schneesicherheit ... 53
3.2.1 Höhengrenze der natürlichen Schneesicherheit ... 53
3.2.2 Höhengrenze der technischen Schneesicherheit ... 54
3.3 Erwärmungsszenario ... 56
3.3.1 Entwicklung der Potenziellen Beschneiungstage... 56
3.3.2 Zukünftige Höhengrenze der natürlichen Schneesicherheit... 58
3.3.3 Höhengrenze der technischen Schneesicherheit ... 58
3.4 Zusammenfassung... 60
4. Wintersport im bayerischen Alpenraum ... 61
4.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen ... 62
4.1.1 Technische Beschneiung ... 62
4.1.2 Ausbau der Skigebiete... 63
4.2 Schneesicherheit bayerischer Skigebiete ... 65
4.2.1 Methodik der Liftstatistik... 65
4.2.2 Aktuelle Schneesicherheit ... 67
4.2.3 Schneesicherheit im Zuge einer Klimaerwärmung ... 67
4.3 Wertschöpfung durch Seilbahnen ... 69
5. Probleme der Seilbahnunternehmen und Lösungsansätze ... 71
5.1 Aktuelle Probleme der Branche ... 73
5.2 Innerbetriebliche Probleme und Lösungsvorschläge ... 74
5.2.1 Professionalität in der Führungsebene und im Kundenkontakt ... 75
5.2.2 Angebotsstruktur und Marketing ... 77
5.2.3 Kooperationen ... 78
5.3 Erforderliche Maßnahmen aus Sicht der Seilbahner... 79
5.4 Alternativangebote ... 80
5.4.1 Sommer ... 81
5.4.1.1 Hexenwasser Hochsöll ... 82
5.4.1.2 Alpine Coaster Imst... 83
5.4.1.3 Bike-World Saalbach-Hinterglemm/Leogang... 83
5.4.2 Winter... 84
4
Inhaltsverzeichnis
5.4.2.1 Rodelsportanlagen... 85
5.4.2.2 Winterwanderwege... 86
5.4.2.3 Winterwege für Mountain Biker ... 87
5.5 Rolle der Politik ... 88
5.5.1 Skitouristische Raumplanung... 88
5.5.2 Staatliche Förderprogramme ... 88
5.5.3 Einsatz von Beschneiungszusätzen ... 89
5.6 Umsetzung... 90
6. Fallbeispiele... 92
6.1 Garmisch-Partenkirchen... 92
6.1.1 Die Skigebiete ... 93
6.1.2 Wirtschaftsdaten der Bayerischen Zugspitzbahn ... 94
6.1.3 Projektvorschläge ... 95
6.1.4 Ausblick ... 98
6.2 Lenggries... 99
6.2.1 Das Skigebiet Brauneck ... 99
6.2.2 Wirtschaftsdaten der Brauneckbergbahn ... 101
6.2.3 Projektvorschläge ... 102
6.2.4 Ausblick ... 106
7. Zusammenfassung... 107
8. Summary ... 110
9. Quellenverzeichnis ... 112
10. Anhang ... 119
5
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Auswirkungen einer Klimaänderung auf Temperatur und Niederschlag im Winter... 14
Abbildung 2: Regionen unterschiedlicher Klimasensibilität in Österreich ... 20
Abbildung 3: Abweichungen der Wintersaisontemperaturen vom Mittelwert 1960/61-1989/90 ... 29
Abbildung 4: Entwicklung der Monatsmitteltemperatur im November (1960/61-1999/00)... 30
Abbildung 5: Entwicklung der Monatsmitteltemperatur im Dezember (1960/61-1999/00) ... 31
Abbildung 6: Entwicklung der Monatsmitteltemperatur im Januar (1960/61-1999/00) ... 32
Abbildung 7: Entwicklung der Monatsmitteltemperatur im Februar (1960/61-1999/90) ... 33
Abbildung 8: Entwicklung der Monatsmitteltemperatur im März (1960/61-1999/90) ... 34
Abbildung 9: Entwicklung der Monatsmitteltemperatur im April (1960/61-1999/90) ... 34
Abbildung 10: Jährliche Summe der Neuschneehöhen Garmisch und Wendelstein (1960/61-2000/01)... 35
Abbildung 11: Entwicklung der Schneehöhe an Tagen mit Schnee - Garmisch (1960/61-1999/00)... 36
Abbildung 12: Entwicklung der Schneehöhe an Tagen mit Schnee - Wendelstein (1960/61-1999/00) ... 37
Abbildung 13: Mittlere Wahrscheinlichkeit einer Schneedecke in Garmisch und Oberstdorf ... 38
Abbildung 14: Wahrscheinlichkeit einer Schneedecke in Garmisch und Oberstdorf in den 1990er Jahren ... 39
Abbildung 15: Anzahl der Wintersporttage in tiefen Lagen (1960/61-2000/01) ... 40
Abbildung 16: Anzahl der Wintersporttage in Hochlagen (1960/61-2000/01) ... 41
Abbildung 17: Entwicklung der mittleren Summe der Neuschneesummen... 43
Abbildung 18: Abweichung der Neuschneehöhen vom 30 jährigen Mittel ... 44
Abbildung 19: Tageswerte der Schneehöhen in Garmisch 1988/89 und 1989/90 ... 45
Abbildung 20: Tageswerte der Schneehöhen am Wendelstein 1971/72 und 1989/90 ... 47
Abbildung 21: Anzahl der Beschneiungstage in Garmisch (Mittelwert 1960/61-1989/90)... 51
Abbildung 22: Anzahl der Beschneiungstage am Wendelstein (Mittelwert 1960/61-1989/90)... 52
Abbildung 23: Höhenlage der technischen Schneesicherheit (Mittel 1960/61-1989/90)... 55
Abbildung 24: Anzahl der Beschneiungstage bei +2 K, Garmisch... 57
Abbildung 25: Anzahl der Beschneiungstage bei +2 K, Wendelstein ... 57
Abbildung 26: Höhenlage der technischen Schneesicherheit bei +2 K... 58
Abbildung 27: Höhenlage der Skigebiete und Grenzen der natürlichen Schneesicherheit ... 68
Abbildung 28: Von Bergbahnen profitierende Wirtschaftszweige ... 69
Abbildung 29: Mögliche Anpassungsstrategien für Seilbahnunternehmen ... 72
Abbildung 30: Im Zuge einer Klimaerwärmung notwendige Maßnahmen aus Sicht Schweizer Seilbahner... 79
Abbildung 31: Anzahl der Bergfahrten der Brauneckbergbahn 1986/87-1994/95... 101
Abbildung 32: Schneehöhe an der Bergstation Brauneck und Öffnung der Loipen 1986/87 und 1989/90 ... 102
Abbildung A - 1: Die Höhenerstreckung bayerische Skigebiete... 122
Abbildung A - 2: Schneehöhen am Brauneck und Öffnung der Loipen (1980/81-1986/87) ... 126
Abbildung A - 3: Schneehöhen am Brauneck und Öffnung der Loipen (1986/87-1992/93) ... 127
Abbildung A - 4: Schneehöhen am Brauneck und Öffnung der Loipen (1993/94-1999/00) ... 128
Abbildung A - 5: Schneehöhen am Brauneck und Öffnung der Loipen (2000/01-2003/04) ... 129
6
Inhaltsverzeichnis
Tabellen:
Tabelle 1: Auswirkungen einer Klimaerwärmung auf die Schneesicherheit australischer Skigebiete... 24
Tabelle 2: Klimaszenarien zu Temperatur- und Niederschlagsänderungen in Canada ... 25
Tabelle 3: Abweichungen der Temperatur- und Schneewerte in Garmisch 1988/89 und 1989/90... 46
Tabelle 4: Abweichungen der Temperatur- und Schneewerte am Wendelstein 1971/72 und 1989/90... 47
Tabelle A - 1: Unterschiedliche Klimaszenarien für den Alpenraum ... 119
Tabelle A - 2: Tabellarische Übersicht der bayerischen Skigebiete... 121
Fotos:
Foto 1: Blick von Westen auf die Bergstation der Hausbergbahn ... 98
Foto 2: Blick von der Bergstation der Hausbergbahn Richtung Westen... 98
Foto 3: Auffahrt am Schlepplift mit Bullcarts... 103
Foto 4: Abfahrt mit Bullcarts auf der Piste ... 103
Karten:
Karte A - 1: Die Lage der verwendeten Klimastationen ... 119
Karte A - 2: Die Lage der bayerischen Skigebiete... 120
Karte A - 3: Panoramakarte Garmisch-Partenkirchen... 123
Karte A - 4: Panoramakarte Lenggries-Brauneck ... 123
Karte A - 5: Das Skigebiet Garmisch-Classic mit Projektvorschlägen ... 124
Karte A - 6: Skigebiet Lenggries-Brauneck mit Projektvorschlägen ... 125
7
Einführung
1. Einführung
In den letzten Jahren verdichten sich die Anzeichen einer Klimaerwärmung (Schönwiese et al
2003). So war 1998 global gesehen das wärmste Jahr seit Beginn der systematischen
weltweiten Messungen (1856), ,,aufgrund indirekter Rekonstruktionen nordhemisphärisch
sogar mindestens der letzten 1000 Jahre" (Schönwiese et al 2003, S. 1). Das zweit- und
drittwärmste Jahr waren 2002 und 2001. In Deutschland wurde im Jahr 2000 die höchste
Jahresmitteltemperatur seit Beginn der Aufzeichnungen 1761 gemessen (Schönwiese et al
2003).
Eine Klimaerwärmung bewirkt Anpassungsprozesse in der Natur: Höhere Mitteltemperaturen
lassen beispielsweise Vegetationsgrenzen im Gebirge nach oben steigen. Ein Ansteigen der
Schneegrenze ist anhand des Gletscherrückzugs weltweit zu beobachten (Veit 2002). Eine
höhere Verdunstungsrate und sich ändernde Niederschlagsverhältnisse beeinflussen den
Wasserhaushalt, mit entsprechenden Auswirkungen auf Flora und Fauna.
Auch der menschliche Lebens- und Wirtschaftsraum ist den Auswirkungen einer
Klimaerwärmung ausgesetzt: In manchen landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen und
Ballungsräumen Europas, könnte Wasser zur Mangelware werden (Veit 2002).
Extremereignisse, wie z.B. die Hitzewelle in Europa 2003, das Pfingsthochwasser 1999 in
Deutschland und Österreich, der Lawinenwinter in den Alpen 1999, belasten und gefährden
Menschen und Wirtschaft in den betroffenen Regionen. Im Zuge einer Klimaerwärmung ist
mit einer Zunahme dieser Extremerscheinungen zu rechnen (IPC 2001).
Wetter und Klima bilden die Basis für die Tourismuswirtschaft. Der Sommertourismus ist auf
viele Sonnenstunden und Badetemperaturen angewiesen. Der Wintertourismus ist in einem
hohen Maße von ausreichenden Niederschlägen und niedrigen Temperaturen abhängig.
Relativ geringe Änderungen der klimatischen Rahmenbedingungen können massive
Ertragsausfälle in der Tourismusbranche zur Folge haben. Schneearme Winter Ende der
1980er/Anfang der 1990er Jahre haben zu Einnahmeverlusten nicht nur bei Beherbergungs-
betrieben und Seilbahnen geführt, sondern auch bei Wintersportartikelherstellern, der
örtlichen Gastronomie und den Zulieferbetrieben (Abegg 1996). Bergbahnunternehmen, die
meist den Großteil ihres Jahresumsatzes im Winter erwirtschaften, sind mit am stärksten von
lokalen Wetter- und Schneebedingungen abhängig. Diese Abhängigkeit hat sich in den letzten
Jahrzehnten durch immer größere Investitionen in die skitouristische Infrastruktur zusehends
verstärkt.
8
Einführung
1.1 Ziele und Fragestellung
Der Skitourismus im bayerischen Alpenraum ist durch eine Klimaerwärmung massiv
gefährdet (Harrer 1996). Durch die vorliegende Impact Studie (vgl. 2.2.1.1) sollen
Erkenntnisse über die Auswirkung einer Klimaänderung auf den Skitourismus, welche für die
Schweiz, Österreich und andere Länder schon vorliegen, für den bayerischen Alpenraum
gewonnen werden. Darüber hinaus wird eine eigene Methode entwickelt, um die
Einsetzbarkeit von Beschneiungsanlagen unter veränderten klimatischen Rahmenbedingungen
abschätzen zu können (vgl. 3.1.3.1).
Ziel dieser Arbeit ist festzustellen, in welchem Ausmaß die Skigebiete betroffen sein werden
und was für Anpassungsmöglichkeiten in Frage kommen. Dabei können aber keine exakten
Prognosen über ein zukünftiges Klima gegeben werden, sondern nur Abschätzungen, die auf
eigenen Untersuchungen, sowie Studien (Abegg 1996, Bürki 2000, Breiling 1997, Harrer
1996, Wanner et al 2000, u.a.) beruhen.
Zentrale Fragen dieser Arbeit sind:
·
Wie hat sich das Klima im bayerischen Alpenraum in den letzten Jahrzehnten
entwickelt?
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Wie wirkt sich eine Klimaerwärmung auf die Schneesicherheit bayerischer Skigebiete
aus?
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Mit welchen Problemen haben Seilbahnunternehmen derzeit zu kämpfen und was für
Lösungsvorschläge bieten sich an?
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Mögliche Anpassungsmaßnahmen im Zuge einer Klimaerwärmung
1.2 Methodik
Zur Darstellung der vergangenen Klimaentwicklung wurden Temperatur- und Schneedaten
im Zeitraum 1960-2000 von Messstationen im bayerischen Alpenraum ausgewertet. Da die
technische Beschneiung auch in Bayern immer mehr an Bedeutung gewinnt, wird untersucht,
welche Höhenlagen heute, und bei einer Klimaänderung von +2 K, ausreichend tiefe
Temperaturen bieten.
Diese Ergebnisse werden in einem weiteren Schritt auf die bayerischen Skigebiete übertragen.
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Einführung
Durch Erfassen der mittleren Höhe von Tal- und Bergstationen in jedem Skigebiet wird eine
eigene Liftstatistik erstellt und die Schneesicherheit jedes Gebiets ausgewertet.
Die Auswirkungen einer Klimaerwärmung und mögliche Anpassungsstrategien werden
anhand der Fallbeispiele Garmisch-Partenkirchen und Lenggries exemplarisch verdeutlicht.
1.3 Aufbau der Arbeit
Kapitel 2 bietet eine Einführung in den Themenbereich Klimaänderung und
Klimafolgenforschung. Es werden globale und regionale Klimamodelle für den Alpenraum
vorgestellt. Methodische Ansätze in der Klimafolgenforschung und ein Forschungsüberblick
in diesem Bereich bilden den zweiten Teil des Kapitels.
Kapitel 3 beinhaltet die Auswertung der Klimadaten bayerischer Messstationen von 1960-
2000. Durch Bildung von langjährigen Mittelwerten können Veränderungen in der
Temperatur- und Schneehöhenentwicklung festgestellt werden. Die möglichen Auswirkungen
einer Klimaerwärmung auf Schneesicherheit und Rahmenbedingungen der technischen
Beschneiung, werden mit Hilfe eines Klimaszenarios +2 K ermittelt.
In Kapitel 4 werden die Ergebnisse der Liftstatistik präsentiert, und die gesetzlichen
Rahmenbedingungen in Bayern für den Ausbau von Skigebieten und Beschneiungsanlagen
beschrieben.
Aktuelle Probleme der Branche und Lösungsansätze bilden das Kapitel 5. Es werden für die
Bergbahnen mögliche Alternativangebote vorgestellt und die Rolle der Politik diskutiert.
Im Kapitel 6 werden Ergebnisse aus den Kapiteln 3-5 an den Fallbeispielen Garmisch-
Partenkirchen und Lenggries exemplarisch angewandt.
Abschließend fasst die Schlussbetrachtung in Kapitel 7 die wichtigsten Ergebnisse zusammen
und gibt einen Ausblick auf zukünftigen Forschungs- und Handlungsbedarf.
10
Klimaerwärmung
2. Klimaerwärmung
2.1 Klimamodelle
2.1.1 Globale Szenarien
Aktuelle globale Klimamodelle simulieren für das 21. Jahrhundert eine Klimaerwärmung von
1,4-5,8 K bei einer Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehalts (IPCC 2001). Die große
Bandbreite ist dadurch begründet, dass die Modelle noch größere Unsicherheiten v.a. im
Bereich der internen Rückkoppelungen (z.B. Wolkenbildung und damit verbundene Prozesse)
aufweisen. Sulfataerosole mindern durch ihre abkühlende Wirkung die mittlere Erwärmung.
Zu beachten ist dies bei älteren Studien, da die Sulfataerosole erst seit ca. 1994 in die Modelle
miteinbezogen werden (Cubasch & Kasang 2000).
Grundsätzlich erwärmt sich das Land schneller als der Ozean und die Erwärmung fällt in
höheren Breiten stärker aus als in niedrigeren. Sie übersteigt das globale Mittel im Winter um
mehr als 40% (1,3-6,3 K) (IPCC 2001).
Im Zuge der Erwärmung wird sich die Meereis- und die Schneeverteilung auf der
Nordhalbkugel vermindern. Die größte Verringerung der Schneehöhe mit 50-70% wird für
die norwegischen Küstengebiete, die Alpen und die Karpathen simuliert (Giorgi zit. nach
Wanner et al 2000).
Für den Niederschlag wird ein globaler Anstieg erwartet. In den hohen Breiten findet dieser
Anstieg sowohl im Winter als auch im Sommer statt, verbunden mit einer verstärkten
Variabilität.
Auch bei Extremereignissen sind Änderungen sehr wahrscheinlich: Mehr heiße Tage und
Hitzewellen sind über den meisten Landmassen zu erwarten. Der Anstieg der Tagesminimum-
temperaturen wird dort am stärksten sein, wo sich Eis und Schnee zurückziehen. Frosttage
und Kältewellen werden seltener. Die Häufigkeit von Niederschlagsextremen wird sich
prozentual stärker erhöhen als der durchschnittliche Niederschlag, und die Intensität der
Ereignisse wird aufgrund der verstärkten hydrologischen Zirkulation zunehmen (IPCC 2001).
In den Medien wurde in der letzten Zeit immer wieder die Möglichkeit einer Abkühlung in
Europa durch das Ausbleiben des Golfstroms diskutiert. Ohne die warme Atlantikströmung
wären v.a. die Wintertemperaturen deutlich niedriger, wodurch das höhere Temperaturniveau
11
Klimaerwärmung
bei einer Klimaerwärmung gesenkt oder gar ganz ausgeglichen werden könnte. Eine
Erwärmung bringt dem Nordatlantik mehr Süßwassereintrag durch das Abschmelzen von
Meereis und den Gletschern auf Grönland. Dadurch könnte die sog. ,,Grönlandpumpe",
welche warme Meeresströmungen nach Nordeuropa vordringen lässt, zum Erliegen kommen.
Rahmstorf und Ganopolski (1999) haben sich ausschließlich mit dieser Fragestellung
auseinandergesetzt und die Resultate sollen nun kurz präsentiert werden:
Als Basis für das verwendete Klimamodell wird das pessimistischste IPCC Szenario IS92e
(IPCC 1996) verwendet, welches die größte Erhöhung des CO2-Gehalts vorsieht (1200 ppm
im Jahre 2150 heute ca. 380 ppm). Andere Treibhausgase, werden nicht berücksichtigt,
auch keine Sulfataerosole, welche wie schon beschrieben dämpfend auf die Erwärmung
wirken.
Bis 2100 nimmt demnach die Intensität der nordatlantischen Zirkulation ab. Bis dorthin steigt
die Temperatur in Europa aber weiter in einem Bereich, der auch von üblichen GCMs
simuliert wird. Danach zeigen die erstellten Szenarien, welche von unterschiedlichen
Süßwassereinträgen in den Nordatlantik ausgehen, entgegengesetzte Entwicklungen:
In zwei Szenarien mit geringeren Süßwassereinträgen erholt sich die Zirkulation in den
folgenden Jahrzehnten wieder. In den anderen zwei Szenarien aber kommt die Zirkulation
zum Erliegen und bleibt in diesem Zustand bis zum Ende der Simulation im Jahr 3000.
Bis 2100 steigt die Wintertemperatur über dem Atlantik auf 55°N um 3 K, um dann innerhalb
von nur 40 Jahren um 3 K rapide abzufallen. Die Wintertemperatur sinkt in den nächsten
Jahrhunderten konstant weiter. 2200 ist der vorindustrielle Temperaturwert erreicht, bis zum
Jahr 3000 ist er um 6 K niedriger, als in vorindustrieller Zeit.
Natürlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich hierbei nur um ein einziges
Modell handelt. Es ist außerdem fraglich, ob das IPCC Szenario IS92e realistisch ist. Jedoch
macht diese Studie deutlich, dass eine globale Klimaerwärmung regional ganz unterschiedlich
ausfallen kann.
Nach dieser Untersuchung ist also ein Ausfallen des Golfstroms selbst beim pessimistischsten
Szenario in den nächsten 100 Jahren nicht zu erwarten und somit auch derzeit für die
Klimafolgenforschung nicht relevant. Die Annahme, dass dieser Abkühlung mit einer
Erhöhung des CO2-Gehalts entgegengewirkt werden müsse oder könne ist fatal, da eben erst
extrem hohe CO2-Werte in der Atmosphäre zu solch einem Szenario führen könnten.
12
Klimaerwärmung
2.1.2 Klimaänderung im Alpenraum
Die Szenarien für das globale Klima lassen schon einige Schlüsse für das alpine Klima zu.
Jedoch ist die zeitliche Auflösung der Ergebnisse noch zu grob, um aussagekräftige Impact-
Studien durchführen zu können. Deshalb ist es nötig, regionale Klimamodelle für die Alpen
oder einzelne Teilbereiche zu erstellen. Einige dieser Modelle werden in Folge vorgestellt:
2.1.2.1 Wanner et al (2000)
Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms der Schweiz (NFP 31), in dem zahlreiche
Klimafolgenforschungsarbeiten zu den unterschiedlichsten Themenbereichen durchgeführt
wurden, haben Wanner et al (2000) Klimaszenarien zusammengetragen, eigene erstellt und
miteinander verglichen. Aus dieser Zusammenschau können folgende Aussagen für die
mögliche Klimaentwicklung getroffen werden:
Die Regionalen Klimamodelle geben für die Alpen generell größere Temperaturerhöhungen
an als die globalen Modelle. Dies stimmt mit der Aussage überein, dass sich Landmassen
stärker erwärmen als die Ozeane (siehe oben). Für die Alpennordseite wird eine stärkere
Erwärmung als auf der Alpensüdseite erwartet (Wanner et al 2000). Als möglicher Grund
wird vermutet, ,,dass die Temperaturen auf der Alpennordseite viel stärker von der Advektion
von Luftmassen aus den hohen Breiten und dem Inneren des Kontinents abhängen"
(Wanner et al 2000, S.231). Dies sind Gebiete, für die die globalen Modelle die größten
Temperaturanstiege simulieren. ,,Für diese Hypothese spricht auch, dass für den Winter, wo
die Advektion eine größere Rolle spielt, größere Nord-Süd-Unterschiede als für den Sommer
berechnet wurden" (Wanner et al 2000, S.231). Die Temperatursensitivität für die Alpen liegt
bei den verglichenen Szenarien im Jahresmittel zwischen +1,3 K bis +5,5 K (alle Modelle
gemittelt: +2,9 K). Für den Winter (Dez-Mar) ergibt sich ein Mittel von +2,6 K (vgl.
Abbildung 1).
Die Modelle mit Einbeziehung der Sulfataerosole (abkühlende Wirkung) geben die geringste
Erwärmung an (Jahres- und Wintermittel +1,4 K bis +1,5 K), allerdings bezieht sich der
Berechnungszeitraum auf das Jahr 2020, ausgehend von 1950.
Beim Niederschlag sind die Ergebnisse der Modelle noch schlechter interpretierbar. Hier liegt
die Bandbreite im Jahresmittel bei -2 % bis +19 %. Was allerdings klar herauskommt ist ein
deutlich zunehmender Winterniederschlag (im Mittel +17 %) und eher eine generelle
13
Klimaerwärmung
Abnahme im Sommer. Wie in Abbildung 1 dargestellt, ist allerdings die Bandbreite der
Modellergebnisse sehr groß, wie auch die gewählten Zeiträume. Die meisten Modelle haben
einen Zeithorizont von 2050 bis 2085 ausgehend vom Jahr 1980-1990, einige wenige enden
auch schon im Jahr 2020 bis 2050 (vgl. Tabelle A-1).
Abbildung 1: Auswirkungen einer Klimaänderung auf Temperatur und Niederschlag im Winter
Quelle: Wanner et al (2000), Eigene Darstellung
2.1.2.2 BayFORKLIM (1999)
Der Bayerische Klimaforschungsverbund hat im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung von
1990 bis 1998 regionale Klimamodelle für Bayern erstellt. Als Basis wird das IPCC Szenario
von 1990 verwendet (+1,8 K global; 2050-2070) unter Annahme einer CO2 Verdoppelung im
Jahr 2050. Im Sommer zeigen die Resultate deutliche regionale Unterschiede von +3 K in
Teilen des bayerischen Inntals bis +6 K im Bodenseeraum (Mittel: +4 K). Im Winter ist der
Temperaturanstieg deutlich geringer mit 0,5 K im Mittel mit etwas höheren Werten in
Oberbayern. Der Niederschlag nimmt im Winter im Westen deutlich zu, im Sommer dagegen
ab, v.a. im Schwarzwald und im Alpenraum. Die Anzahl der Tage mit Schneefall und
Schneebedeckung vergrößert sich im südlichen Bayern, Frosttage (T
min
< 0°C) werden im
Alpen-vorland seltener, Eistage (T
max
< 0°C) dagegen häufiger aufgrund der längeren
Schneebedeckung.
Bei Betrachtung der Klimareihen wird festgestellt, dass Schwankungen von ±2 K gegenüber
dem 200jährigen Mittel als Klimarauschen bezeichnet werden können. Dies kann allerdings
nicht von den Modellen simuliert werden. Ein um 2 K wärmeres Klima wäre noch im
normalen Schwankungsbereich, aber das Klimarauschen läge dann schon außerhalb der
14
Klimaerwärmung
Temperaturbandbreite der letzten 1000 Jahre. Eine Erwärmung um 3 K würde zu
Temperaturverhältnissen führen, wie sie in den letzten 8000 Jahren nicht geherrscht haben.
Die prognostizierten Änderungen im Winter werden als kaum relevant bezeichnet.
Handlungsbedarf sieht BayFORKLIM nur im Bereich der erhöhten UV-Strahlung, hier sind
Aufklärungsmaßnahmen für die Bevölkerung dringend nötig. ,,Darüber hinaus sieht
BayFORKLIM derzeit keinen akuten Handlungsbedarf, da alle sonstigen prognostizierten
Klimaänderungen und Klimafolgen von einer Art und Intensität sind, dass eine gezielte
Vorsorge im Augenblick nicht zwingend notwendig erscheint" (BayFORKLIM 1999, S. 73).
2.1.2.3 Resümee
Zuerst sei angemerkt, dass die Ergebnisse von BayFORKLIM der Vollständigkeit halber
angeführt wurden, da sie sich konkret auf den Untersuchungsraum dieser Arbeit beziehen.
Hinsichtlich der Aussagekraft der Ergebnisse bestehen allerdings einige Zweifel. Ein zentraler
Kritikpunkt ist die veraltete Daten- und Modellgrundlage aus dem Jahr 1990. Der IPCC
Bericht von 2001 gibt eine deutlich stärkere Temperaturerhöhung an, als der von 1990. Die
Ergebnisse von Wanner et al (2000) erscheinen insofern plausibler, da erstens die
Datengrundlage aktueller ist, und zweitens eine Vielzahl von verschiedenen Modellen
präsentiert und verglichen wird. Diese Modelle geben - wie oben beschrieben - alle eine
Temperaturerhöhung im Winter an, wenn auch mit relativ großer Bandbreite. Im Vergleich
dazu erscheinen die Ergebnisse von BayFORKLIM als zu optimistisch und weniger
wahrscheinlich als die deutlich umfassenderen Untersuchungen vom NFP 31, insbesondere
Wanner et al (2000).
15
Klimaerwärmung
2.2 Klimafolgenforschung
In Folge der Klimaerwärmung im 20. Jahrhundert und der prognostizierten sich verstärkenden
Erwärmung in diesem Jahrhundert, kommt der Klimafolgenforschung eine immer größere
Rolle zu. Sie ist ein interdisziplinärer und querschnittsorientierter Wissenschaftszweig, in dem
nicht nur physikalische und geowissenschaftliche Grundlagen sondern auch ökologische und
sozioökonomische Zusammenhänge von Bedeutung sind. Gerade die Geographie kann hier
,,als klassisches Brückenfach zwischen der Geo- und der Anthroposphäre prominente Beiträge
liefern" (Abegg et al 1997, S. 105).
In der Klimafolgenforschung können drei Ansätze unterschieden werden:
2.2.1 Methodik
2.2.1.1 Impact Approach
Bei diesem vergleichsweise einfachsten Ansatz werden die direkten Auswirkungen einer
Klimaänderung auf den Untersuchungsgegenstand dargestellt. Im Bereich Wintertourismus
wäre die logische Denkfolge ,,weniger Schnee" (first-order impact) dadurch ,,weniger
Skifahrer" (second-order impact) (Elsasser et al 1998). Es wird versucht die Skifahrerzahl
unter wärmeren Bedingungen abzuschätzen, wobei alle anderen Faktoren (z.B. sozioöko-
nomische Veränderungen), die die Skifahrerzahl beeinflussen könnten, unverändert gehalten
werden.
Eine Vielzahl vor allem der früheren Arbeiten in der Klimafolgenforschung ist diesem Ansatz
zuzurechnen. Elsasser et al (1998) führen an, dass diese Methode zu simplifizierend ist, da für
die Abschätzung künftiger Verhältnisse im sozioökonomischen Bereich unterschiedliche
Faktoren berücksichtigt werden müssen. Nichtsdestotrotz müssen aber die Erkenntnisse im
Grundlagenbereich weiter verbessert werden, da sie als Basis für komplexere Ansätze dienen
(Elsasser et al 1998).
16
Klimaerwärmung
2.2.1.2 Integrated approach
Dies ist der komplexeste Ansatz, denn es wird versucht, die Auswirkungen auf das gesamte
sozioökonomische System abzuschätzen. Dadurch können wiederum Rückschlüsse auf
bestimmte Sektoren (z.B. den Wintertourismus) gezogen werden. Ein Beispiel für das
Gedankengebäude dieses Ansatzes: Die Bedeutung von Vorhandensein von Schnee in den
Quellgebieten der Gäste. Bei einer abnehmenden Zahl von Tagen mit Schnee und Kälte geht
die Beziehung zu diesen Grundeigenschaften des Winters verloren, was weniger Interesse am
Winterurlaub und somit weniger Buchungen zur Folge hat. Seit den 1990er Jahren werden
Fernreisen im Winter immer beliebter, was zu Einbrüchen im heimischen Wintertourismus
geführt hat. Die Frage, die nun bei diesem Ansatz gestellt wird ist, inwieweit sich eine
Klimaänderung auf die Fernzielgebiete der Touristen auswirkt und welche Rückkopplungen
es dadurch auf den alpinen Wintertourismus geben könnte.
Die Komplexität dieses Ansatzes ist allerdings auch das zentrale Problem, da die Unsicher-
heiten mit einer zunehmenden Anzahl an Faktoren immer größer werden (Elsasser et al 1998).
2.2.1.3 Interactive approach
Bei diesem Ansatz werden, zusätzlich zu den Inhalten des impact approaches, z.B. auch
Modeströmungen im Tourismus und andere Faktoren berücksichtigt, was - neben den
Klimaänderungen - auch große Auswirkungen auf das Verhalten der Gäste und somit die
Entscheidungsträger im Tourismus hat. Laut Elsasser et al (1998) ist dies der zielführende
Ansatz als Kompromiss zwischen zu eindimensionalem impact approach und zu komplexem
integrative approach.
Das größte Problem in der Klimafolgenforschung ist die Unsicherheit. Diese steigt vom GCM
über das RegCM bis hin zu den Impactmodellen womit sich eine ,,Kaskade der Unsicherheit"
(Elsasser et al 1998, S.152) ergibt. Genau diese Unsicherheiten machen die Umsetzung der
Ergebnisse im Tourismus so schwierig. Deshalb muss das Ziel der Wissenschaft sein, diese
Unsicherheiten noch weiter zu minimieren.
17
Klimaerwärmung
2.2.2 Forschungsüberblick
Im Folgenden soll ein kleiner Ein- und Überblick über Arbeiten zum Thema ,,Klimaänderung
und Tourismus" gegeben werden. Es werden Beispiele genannt, die sich mit unterschied-
lichen Ebenen befassen, vom überregionalen bis zum lokalen Maßstab. Die Untersuchungen
in diesem Themenbereich werden in letzter Zeit immer zahlreicher, weshalb hier keine
vollständige Erfassung präsentiert wird, sondern die wichtigsten Arbeiten einerseits und
Beispiele für weiterführende Arbeiten auf lokaler Ebene andererseits.
2.2.2.1 Schweiz
Das Nationale Forschungsprogramm der Schweiz (NFP 31), das sich mit den Auswirkungen
einer Klimaerwärmung auf die unterschiedlichsten Bereiche des menschlichen Lebens- und
Wirtschaftsraumes befasst, kann als umfassendster Beitrag zur Klimafolgenforschung im
europäischen Raum bezeichnet werden. Im Rahmen dieses Forschungsprogramms und im
Weiteren auf dessen Basis sind zahlreiche Arbeiten zum Thema Klimaänderung und
Skitourismus durchgeführt worden, wovon einige in Folge vorgestellt werden:
Abegg (1996)
Abegg (1996) hat eine umfassende Studie zum Thema Klimaänderung und Tourismus in der
Schweiz erstellt. Auf Basis der Arbeit von Föhn (1990), der ein Ansteigen der Grenze der
Schneesicherheit von derzeit etwa 1200 m auf mindestens 1500 m annimmt (+2 K Szenario),
überprüft Abegg (1996) die Schneesicherheit der Schweizer Skigebiete. Demnach gelten
heute ca. 85 % der Schweizer Skigebiete als schneesicher, bei einer Erwärmung um 2 K bis
zum Jahr 2050 nur noch etwa 63 %. Skigebiete die zumindest zu einem bedeutenden Anteil
unter dieser Grenze liegen werden nicht mehr rentabel führbar sein und früher oder später vor
dem Aus stehen.
An den Fallbeispielen Surselva und Einsiedeln werden die Auswirkungen schlechter
Schneeverhältnisse (v.a. Ende 1980er/Anfang 1990er Jahre) auf Hotellerie und Seilbahn-
unternehmen dargestellt.
Eine im Kanton Graubünden durchgeführte Umfrage unter touristischen Entscheidungsträgern
zeigt, dass sich diese der Schneeabhängigkeit ihrer Destination bewusst sind und auch mit
18
Klimaerwärmung
entsprechenden Maßnahmen (hauptsächlich technische Sicherung des Skisports) reagieren
wollen.
Diese Arbeit liefert ausführliche Informationen, nicht nur über mögliche klimatische, sondern
auch über wirtschaftliche Auswirkungen einer Klimaerwärmung. Sie wird in einem Großteil
von Klimafolgenforschungsarbeiten zitiert und auf ihrer Basis sind viele Folgearbeiten
entstanden.
Bürki (2000)
Mit aktualisierten Schneemodellierungen auf Basis zweier Klimaszenarien (+1,2 K bis
+2,6 K, -12,5 % bis +4,2 % Niederschlag) kommt Bürki (2000) zu einer pessimistischeren
Einschätzung der Höhenlage der Schneesicherheit: Diese liegt für den Zeitraum 2030-2050
bei 1600-2000 m. Bei Verwendung des Mittelwerts 1800 m wären nur noch 44 % der
Schweizer Skigebiete schneesicher. Wirklich gute Aussichten haben somit nur Gebiete
oberhalb von 2000 m. Aufgrund der geringeren Höhenlage der Skigebiete in Deutschland,
aber auch in Österreich und Italien (in Italien liegen 50 % der Skiorte unterhalb von 1500 m)
sind die zu erwartenden Auswirkungen in diesen Ländern noch weitaus gravierender.
Eine Gästebefragung und gewonnene Erkenntnisse aus einer Fokusgruppe mit
Tourismusverantwortlichen zeigen die Reaktionen der Angebots- und Nachfragerseite auf
eine Klimaerwärmung.
2.2.2.2 Österreich
Breiling (1997)
Breiling (1997) hat die Auswirkungen einer Klimaerwärmung auf den Wintertourismus in
Österreich untersucht. Er geht aus von einer Erwärmung um 2-3 K mit ungefährem Bezug auf
das Jahr 2050. Zuerst werden die niedrig liegenden Bezirke des Alpenostrandes, dann Bezirke
des zentralen Bereichs von Österreich und zuletzt der Westen betroffen sein. Die
gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der am ersten betroffenen Bezirke im Osten werden
noch als gering eingeschätzt, ,,da günstiger liegende Bezirke den Ausfall kompensieren
können" (Breiling 1997, S. 2). Weitaus gravierendere Folgen sind zu erwarten, wenn auch
touristische Spitzenregionen (Pinzgau/Pongau, Tiroler Unter- und Oberland) mit der
19
Klimaerwärmung
Klimaerwärmung zu kämpfen haben. Breiling (1997) fasst die Bezirke in fünf Kategorien
zusammen, die die zeitliche Dimension und die zu erwartenden wirtschaftlichen
Auswirkungen darstellen (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Regionen unterschiedlicher Klimasensibilität in Österreich
Quelle: Breiling (1997), S. 94
Als Adaptierungsmaßnahmen an ein wärmeres Klima werden - zumindest vorläufig als
Überbrückung - eine Ausweitung des Skibetriebs in höhere Regionen und die Installation von
Beschneiungsanlagen vorgeschlagen. In der Region (i) sind diese Anpassungsmaßnahmen
unrentabel und somit nicht empfehlenswert. In Region (ii) könnten die Maßnahmen rentabel
sein bei einer entsprechenden starken lokalen Nachfrage (Metropole Wien als Einzugsgebiet),
allerdings aufgrund der niedrigen Höhenlage nur etwa bis 2020. In den Regionen (iii) und (iv)
ist der Druck zur Anpassung besonders groß und auch von nationaler wirtschaftlicher
Bedeutung. Der Erwärmungstrend kann durch Adaptionsmaßnahmen bis etwa 2020
ausgeglichen werden, danach wird dies immer schwieriger. Geringer ist die Notwendigkeit in
Region (v), da hier die Wintersportinfrastruktur am höchsten gelegen ist. Maßnahmen sind
dennoch heute schon sinnvoll, um die Auswirkungen der Klimavariabilität ausgleichen zu
können. Ab dem Jahr 2020 erfordert die Erwärmung auch in dieser Region
Adaptierungsmaßnahmen.
20
Klimaerwärmung
Als Abschlussempfehlung wird eine Vertiefungsstudie zur Einsetzbarkeit von
Beschneiungsanlagen mit Klimawerten auf Tagesbasis angeregt, da bisher nur
Monatsmittelwerte als Abschätzung dienten, dies aber bei weitem zu ungenau ist.
Kromb-Kolb & Formayer (2001)
Im Auftrag der Salzburger Landesregierung wurde eine Studie über die möglichen
Auswirkungen einer Klimaänderung auf den Wintertourismus in Salzburg erstellt. Die
Auswertung der Klimadaten der letzten 50 Jahre ergibt einen Temperaturanstieg um 1 K in
allen Höhen. In den letzten zehn Jahren hat sich die Schneedeckendauer bis ca. 1000-1500 m
um 1-2 Wochen verkürzt, oberhalb 1500 m gab es keine Änderungen.
In dieser Arbeit wurde auch die technische Beschneiung miteinbezogen. Ausgehend von
Tageswerten der Temperaturminima (0°C; -2°C) und der Unterschreitungswahrscheinlichkeit
konnten die aktuellen und zukünftigen Schneibedingungen erfasst werden. Im Tal
(Referenzstation: Zell am See) sinken die Schwellenwerte pro Grad Temperaturerhöhung um
10 %, am Berg (Referenzstation: Schmittenhöhe) um 5 %.
Trawöger (2003)
In dieser Diplomarbeit wurden die Bezirke Tiroler Unterland und Oberland hinsichtlich ihrer
Sensitivität auf eine Klimaänderung miteinander verglichen. Es wurden die mittleren Höhen
der Tal- und Bergstationen der jeweiligen Skigebiete ermittelt, sowie der Anteil der
Pistenflächen oberhalb der von Abegg (1996) angegebenen Grenze der Schneesicherheit. Es
ist eine umfassende Klimadatenbank enthalten, was einen guten Einblick in die klimatischen
Verhältnisse und Entwicklungen der letzten 50 Jahre auf lokaler Ebene ermöglicht. Trawöger
(2003) kommt zu dem Ergebnis, dass ein Großteil der Skigebiete im Unterland massiv von
einer Erwärmung betroffen sein wird. Im Oberland sind die Konsequenzen weniger
dramatisch, wenn auch lokal zum Teil sehr unterschiedlich. Es wurde eine Befragung unter
Seilbahnern durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass alle auf Beschneiungsanlagen setzen. Die
Höhenerschließung spielt im Unterland keine Rolle (aufgrund mangelnder Möglichkeiten), im
Oberland wird dies durchaus in Erwägung gezogen.
Als Empfehlung für künftige Arbeiten wird eine genauere Untersuchung der Einsetzbarkeit
von Beschneiungsanlagen angeregt, da auch hier nur Monatsmittelwerte der Temperatur zur
21
Klimaerwärmung
Verfügung standen und somit dieser Themenbereich nur sehr grob miteinbezogen werden
konnte.
Zimmerl (2001)
Diese Diplomarbeit soll als Beispiel für Klimafolgenforschungsarbeiten auf der untersten
räumlichen Ebene dienen. Hier wurden die Auswirkungen einer Klimaänderung auf Kitzbühel
untersucht.
Erwähnenswert ist, dass neben der Änderung des Skiangebots auch Änderungen des
touristischen Gesamtpotenzials abgeschätzt wurden (z.B. Kulturangebot, alternative
Sportmöglichkeiten etc.). Diese werden mit ca. -10 % angegeben. Die geschätzten
Nächtigungsrückgänge betragen 22-27 % mit einer monatlichen Auflösung. Als Anpassungs-
maßnahmen wird der Zusammenschluss mit Westendorf angeführt, um Synergien und
Rationalisierungseffekte erzielen zu können. Auch eine Erweiterung der Beschneiungsanlagen
wird als sinnvoll erachtet. Es wird empfohlen, eine Diversifikation des Angebots bei den
Zukunftsstrategien miteinzubeziehen.
2.2.2.3 Deutschland
Harrer (1996)
Ausgehend vom Szenario +3 K ermittelt Harrer (1996) die Konsequenzen für den
Wintertourismus in Deutschland. Probleme sind bis in Höhenbereiche um 1500 m (nordseitig)
bis 2000 m (südseitig) zu erwarten. Durch mangelnde Schneesicherheit könnten zwischen
4-5 Mio. Gäste (20-25 Mio. Übernachtungen) wegfallen. Diese Zahlen ergeben sich aus einer
Umfrage zur Bedeutung von Schneesicherheit für die Gäste. Für 50 % der Befragten in den
alten und 25 % in den neuen Bundesländern hat eine Änderung der Schneesicherheit eine
Änderung im Reiseverhalten zur Folge, was nach Harrer (1996) in den o.g. Zahlen resultiert.
Diese Arbeit befasst sich vor allem mit touristischen Zahlen (Gäste, Übernachtungen) und
Umfragen, woraus dann weitere Schlüsse für die Zukunft gezogen werden. Am Fallbeispiel
Lenggries/Brauneck wird anhand von empirischen Untersuchungen die Rolle der Schnee-
sicherheit und des Tourismus für Gäste und Einheimische dargestellt.
22
Klimaerwärmung
2.2.2.4 Kanada
Schon in den 1980er Jahren wurden in Kanada Arbeiten zur Auswirkung einer
Klimaänderung auf den Skitourismus durchgeführt. Die Methodik von Wall & McBoyle
(Wall et al 1985) zur Berechnung der Saisondauer basiert auf Arbeiten von Crowe et al
(1977) und wurde in mehreren Studien für unterschiedliche Regionen in Kanada angewandt.
Die Zeitspanne mit ausreichender Schneedecke wird mittels Schneedecken-Perzentilen
berechnet. Diese Perzentile sind definiert als Wahrscheinlichkeit, dass an einem Tag
mindestens 5 cm Schnee liegen, kein flüssiger Niederschlag messbar ist und die Tageshöchst-
temperatur unter 4,5°C liegt. Auf einer 10-Tages-Basis ergeben sich Werte, mit denen dann
die Skigebiete in der betrachteten Zeitperiode als nicht schneesicher, mittelmäßig schnee-
sicher und sehr schneesicher bezeichnet werden können. Da die Forschungsergebnisse schon
älteren Datums sind werden sie hier nicht mehr näher vorgestellt. Einen tieferen Einblick in
die Methodik und Ergebnisse gibt Abegg (1996, S. 38 ff).
Scott et al (2003)
Scott et al (2003) haben in einer Fallstudie zur Tourismusregion Lakelands die Auswirkungen
einer Klimaerwärmung unter Miteinbeziehung der technischen Beschneiung ermittelt. So
bewirkt ein Temperaturanstieg bei aktueller Beschneiungsintensität eine Verkürzung der
Skisaison je nach Gebiet um 0-16 % im Jahr 2020, 7-32 % (2050) und 11-50 % (2080). Ohne
Beschneiung ist bis zum Jahr 2050 ein Rückgang der Betriebstage um 37-57 % zu erwarten.
Um derzeitige durchschnittliche Saisonlängen erreichen zu können, ist eine Ausweitung der
Beschneiung bis 2020 um 36-144 % und bis 2050 um 48-187 % erforderlich. Die ökono-
mischen Auswirkungen durch den zusätzlichen Aufwand bleiben aber unklar. Die Kompen-
sation dieser Zusatzkosten wird als entscheidender Faktor gesehen, damit die Skigebiete
wirtschaftlich überleben können.
23
Klimaerwärmung
2.2.2.5 Australien
Auch in Australien, welches nicht gerade zu den Ländern gehört, das man am ehesten mit
Wintersport verbindet, sind Forschungsarbeiten zum Thema Klimaänderung und Ski-
tourismus erstellt worden. Erwähnenswerte ältere Studien sind Galloway (1988) und Haylock
et al (1994) deren Methodik und Ergebnisse in Abegg (1996, S. 46 ff) zusammengefasst sind.
König (1999)
König (1999) hat mit einem best/worst-case Szenario die Auswirkungen einer
Klimaerwärmung auf Skigebiete in Australien untersucht (vgl. Tabelle 1). Für das Jahr 2030
sind im best-case Szenario (+0,3 K) noch neun von zehn Skigebieten rentabel. Im worst-case
Szenario (+1,3 K, -8 % Niederschlag) nur noch ein Skigebiet, bei fünf ist es fraglich und drei
Gebiete sind nicht mehr wirtschaftlich führbar. Im Jahr 2070 sind im besten Fall (+0,6 K)
noch die Hälfte der Skigebiete rentabel, bei dreien ist es fraglich, ein Skigebiet würde
wegfallen. Im schlimmsten Fall (+3,4 K, -20 % Niederschlag) ist kein Skigebiet mehr
wirtschaftlich überlebensfähig.
Ski resort
'Best case'
2030
T =
+0.3°C
P =
0%
'Best case'
2070
T =
+0.6°C
P =
0%
'Worst case'
2030
T =
+1.3°C
P =
-8%
'Worst case'
2070
T =
+3.4°C
P =
-20%
Charlotte Pass
+ + + -
Thredbo
+ + ?/+
-
Perisher-Blue
+ + ?/+
-
Falls Creek
+ + ?/+
-
Hotham
+ + ?/+
-
Mt Buller
+ ?/+
? -
Mt Buffalo
+ ?/+
- -
Selwyn
+ ? - -
Mt Baw Baw
- - - -
Tabelle 1: Auswirkungen einer Klimaerwärmung auf die Schneesicherheit australischer Skigebiete
Quelle: König (1999), S. 150
24
Klimaerwärmung
Es wurden auch alle zehn Skigebietsbetreiber befragt, inwieweit eine mögliche
Klimaänderung in die Planungen miteinbezogen wird: Eine Klimaerwärmung wird in neun
von zehn Skigebieten nicht berücksichtigt! In Thredbo dagegen - das mit 2037 m den
höchstgelegenen Skilift Australiens hat - wurde ein wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt,
welcher Folgen einer Klimaerwärmung untersuchen und dem Management Vorschläge
unterbreiten sollte. In den darauffolgenden Jahren wurde die Beschneiung massiv ausgebaut
und das Marketing für den Ganzjahrestourismus verstärkt.
Hennessy et al (2003)
Auf Basis aktueller australischer Klimaszenarien, erstellt vom CSIRO Atmospheric Research,
und Modifizierung des Schneemodells von Whetton et al (1996), wurden Auswirkungen einer
Klimaänderung auf die natürliche Schneedecke und die Rolle der technischen Beschneiung
untersucht. Es werden für 2020 und 2050 jeweils ein ,,low impact" und ,,high impact"
Szenario erstellt (vgl. Tabelle 2). Die Verfasser gehen mit über 95 % Wahrscheinlichkeit
davon aus, dass die zu erwartenden Änderungen nicht geringer als das low impact und nicht
stärker als das high impact Szenario ausfallen.
Tabelle 2: Klimaszenarien zu Temperatur- und Niederschlagsänderungen in Canada
Quelle: Hennessy et al (2003), S. 4
Aufgrund der nur relativ geringen Bandbreite der Unsicherheit für 2020 sind die Ergebnisse
für die Skigebietsbetreiber von großer Bedeutung. Die Unsicherheiten für 2050 sind dagegen
noch zu groß, um auf dieser Basis weitere Berechnungen zur Schneesicherheit anstellen zu
können. So wird für den Erwartungshorizont 2020 eine Verkürzung der Saison um fünf Tage
für das low impact Szenario (in Folge als ,,low" bezeichnet) und um 30-40 Tage beim high
impact Szenario (in Folge als ,,high" bezeichnet) erwartet. Aufgrund höherer Temperaturen
25
Klimaerwärmung
und somit verstärkter Abschmelzung v.a. im Frühjahr ist der Zeitpunkt des Schneehöhen-
maximums nach vorne verschoben - in Thredbo beispielsweise um 20 Tage.
Wie auch bei Scott et al (2003) wird hier die technische Beschneiung weitaus detaillierter
miteinbezogen. Anhand der potenziellen Betriebsstunden pro Saison, und der somit potenziell
produzierbaren Menge an Schnee pro Saison, kann der nötige Aufwand an Beschneiung
abgeschätzt werden. Bemerkenswert ist auch, dass bei den Temperaturwerten mit der
Feuchtkugeltemperatur gerechnet wird. Dieser Wert setzt die Temperatur und die relative
Luftfeuchtigkeit in Beziehung zueinander. Da die Luftfeuchtigkeit einen bedeutenden
Einfluss auf die Beschneiungsmöglichkeiten hat (je trockener desto besser), können mit der
Feuchtkugeltemperatur die Schneibedingungen exakt erfasst werden. Als Schwellenwert wird
mit -2°C Feuchtkugeltemperatur gearbeitet.
Je nach Skigebiet reduzieren sich die potenziellen Schneizeiten um 2-7 % (low) bzw. 17-54 %
(high). Durch Angaben der Skigebietsbetreiber ihrer Zielschneehöhe am Ende jeden Monats -
bis zu dieser Schneehöhe bleiben die Schneekanonen in Betrieb - kann nun auf Basis des
Schneemodells, das auch natürlichen Schneefall und Ablation beinhaltet, der erforderliche
Mehraufwand ermittelt werden. Die Anzahl der Schneekanonen müsste somit bis 2020 je
nach Höhenlage um 11-24 % (low) bis 73-200 % (high) erhöht werden!
26
Klimaentwicklung im bayerischen Alpenraum
3. Klimaentwicklung im bayerischen Alpenraum
Für diese Arbeit standen Tagesmitteltemperaturen und Schneehöhenwerte von insgesamt acht
Stationen im bayerischen Alpenraum von 1960/61 bis 2000/01 zur Verfügung (Lage vgl.
Karte A-1). Diese sind (von West nach Ost): Oberstdorf (810 m), Hindelang-Oberjoch (1053
m), Hohenpeißenberg (977 m), Garmisch-Partenkirchen (719 m), Bayrischzell (789 m),
Wendelstein (1832 m), Ruhpolding (692 m) und Rauschberg (1640 m). Die Stationen werden
wie folgt abgekürzt:
·
Oberstdorf (ODF)
·
Hindelang-Oberjoch (HIN)
·
Hohenpeißenberg (HOP)
·
Garmisch-Partenkirchen (GAP)
·
Bayrischzell (BAY)
·
Wendelstein (WEN)
·
Ruhpolding (RUH)
·
Rauschberg (RAU)
Hier wird schon ein Grundproblem deutlich: Es gibt im bayerischen Alpenraum keine
Klimastationen im Bereich von 1100-1500 m. Dieser Bereich ist jedoch für die vorhandene
Fragestellung von großer Bedeutung, da die derzeitige Höhengrenze der Schneesicherheit bei
etwa 1200 m liegt (vgl. 2.2.2.1).
Für einzelne Fragestellungen wurden deshalb Werte für Höhenlagen von 1200 m und 1500 m
extrapoliert. Da diese Bereiche oberhalb der winterlichen Inversionsgrenze liegen, ist es nicht
möglich von einer Talstation die Werte zu berechnen. Somit wurde als Ausgangsstation der
Wendelstein (1832 m) gewählt, da hier im Gegensatz zum Rauschberg (1640 m) eine
lückenlose Datenreihe vorhanden ist. Als Höhengradient wird 0,7 K pro 100 m verwendet.
Die Berechnung eines lokalen Höhengradienten mit dem vorhandenem Datenmaterial ist nicht
sinnvoll, da die einzigen verwendbaren Stationen WEN und RAU zu weit voneinander
entfernt sind und der Höhenunterschied relativ gering ist.
Die erhaltenen Werte dürfen nicht als Absolutwerte gesehen werden, sondern sie sind eine
Annäherung an die Realität, mit dieser der lückenhafte Bereich von 1100-1500 m dargestellt
27
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2004
- ISBN (eBook)
- 9783836600651
- DOI
- 10.3239/9783836600651
- Dateigröße
- 2.9 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Leopold-Franzens-Universität Innsbruck – Fakultät für Geo- und Atmosphärenwissenschaften, Geographie
- Erscheinungsdatum
- 2006 (Dezember)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- tourismus wintertourismus klima alpen
- Produktsicherheit
- Diplom.de