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Chinas Beitritt in die Welthandelsorganisation

Perspektiven und Strategien

©2006 Studienarbeit 54 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Beitritt Chinas in die WTO am 11. Dezember 2001 hat in den letzten Jahren wie kaum ein anderes Thema zu Spekulationen und Diskussionen geführt. Dies betrifft insbesondere die Auswirkungen in China und die gesamtweltwirtschaftliche Entwicklung. Optimisten sehen die Chance eines durch China geöffneten, gigantischen neuen Weltmarktes und dadurch resultierend gepuschten weltweiten Aufschwungs.
Sie versprechen sich anhaltendes wirtschaftliches Wachstum nicht nur in China und den angrenzenden Regionen sondern auch in führenden Industrienationen wie den USA und der EU. Pessimisten verweisen auf die Gefahren eines übermäßigen Wachstums, der einhergehenden ungesunden strukturellen Entwicklung wie der Einkommensverteilung in China und die Gefährdung deutscher Arbeitsplätze. Sie befürchten eine Überschwemmung der Märkte durch importierte, preiswerte chinesische Produkte und schlimmstenfalls ein Kollabieren des chinesischen Systems mit katastrophalen Folgen für die Weltwirtschaft.
Die vorliegende Abschlussarbeit gibt einen Überblick der Wirtschaftsgeschichte Chinas, der Handelsabkommen und der Entwicklungen in ausgewählten Industriezweigen seit dem Beitritt in die WTO, um die oben genannten Thesen besser beurteilen zu können.
In Kapitel 2 wird die historische Entwicklung und die für den WTO Beitritt relevante Phase der Reform- und Öffnungspolitik Chinas dargestellt. Dieser Abschnitt dient zum besseren Verständnis, welche Politik die chinesische Regierung bei wirtschaftlichen Fragen verfolgt. In Kapitel 3 werden die globalen Handelsabkommen GATT und die WTO vorgestellt. Diese haben für China und seine Handelspartner bei fortschreitendem Handel, wirtschaftlichen Wachstum und Liberalisierung eine immer stärkere Bedeutung. In Kapitel 4 wird erläutert, wie sich einzelne Wirtschaftsbereiche bis zum Beitritt in die WTO in China entwickelt haben und welche Konsequenzen sich durch den Beitritt in die WTO für China und ausländische Handelspartner zumindest theoretisch ergeben. Im Anschluss wird in Kapitel 5 dargestellt, inwieweit der WTO Beitritt zu den erwarteten Veränderungen führte und welche Zukunftsentwicklungen in bestimmten Sektoren zu erwarten sind. In Kapitel 6 werden notwendige Maßnahmen aus jeweils chinesischer und deutscher Sicht diskutiert und in Kapitel 7 ein Fazit daraus gezogen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
2.Chinas wirtschaftliche Entwicklung vor dem Eintritt in die WTO1
2.1 Chinas […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Christine Bartels
Chinas Beitritt in die Welthandelsorganisation
Perspektiven und Strategien
ISBN: 978-3-8366-0002-6
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Leibniz-Akademie Hannover (VWA), Hannover, Deutschland, Studienarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany


Leibniz-Akademie Hannover
i
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
2
Chinas wirtschaftliche Entwicklung vor dem Eintritt in die WTO... 1
2.1
Chinas Historie vor der Reform- und Öffnungspolitik 1978...1
2.1.1
Das Zeitalter der Dynastien...1
2.1.2
Der Einzug der Europäer...2
2.1.3 Die
Republik China ...3
2.1.4
Die Ära von Mao Zedong ...3
2.2
Der Prozess des Umdenkens ­ Reform- und Öffnungspolitik ab 1978...4
2.2.1 Die
Wirtschaftslage Chinas 1978...4
2.2.2 Das
,,trial-and-error"-Verfahren der Wirtschaftstransformation...5
2.2.2.1
Die vier Sonderwirtschaftzonen ... 6
2.2.2.2
Erste Erfolge der Liberalisierung ... 7
2.2.3
Weitere Phasen der Reform- und Öffnungspolitik ...8
3 Der
Beitritt
in die WTO... 9
3.1
Das GATT und die Entwicklungen bis zur Gründung der WTO...10
3.1.1
Chinas Bemühungen zum Beitritt in das GATT ...11
3.2
Grundlagen der Welthandelsorganisation (WTO)...12
3.2.1
Die wichtigsten Hauptabkommen der WTO...12
3.2.2 Struktur,
Prinzipien
und Funktionen der WTO...13
3.2.3
Chinas Bemühungen zum Beitritt in die WTO...14
4
Auswirkungen des WTO Beitritts auf China... 15
4.1 Direkte
Auswirkungen ...16
4.1.1
Die Landwirtschaft und für China bedeutende Industrien...16
4.1.1.1
Entwicklungen in der Landwirtschaft vor dem Beitritt in die WTO...16
4.1.1.2
WTO Vereinbarungen für den Bereich Landwirtschaft...17
4.1.2 Banken
und Finanzen...20
4.1.2.1
Entwicklungen im Bereich Banken und Finanzen vor dem Beitritt in die WTO...20
4.1.2.2
WTO Vereinbarungen für den Bankensektor...22
4.1.3 Die
Automobilindustrie...24
4.1.3.1
Entwicklungen in der Automobilindustrie vor dem Beitritt in die WTO ...24
4.1.3.2
WTO Vereinbarungen für den Bereich Automobilindustrie...27
4.2 Indirekte
Auswirkungen ...28
4.2.1 Die
chinesischen
Staatsunternehmen...28
4.2.2 Die
wachsende
Einkommenskluft ...29
4.2.3 Wirtschaftskriminalität in China...31
5
Vier Jahre nach Eintritt in die WTO ... 32
5.1 Die
Automobilindustrie
nach dem Beitritt in die WTO...33
5.2
Der Bankensektor nach dem Beitritt in die WTO...35
6 Perspektiven,
Risiken
und Strategien ... 37
6.1 Die
chinesische Sicht ...37
6.2
Stimmen zu Optimismus und Pessimismus in Deutschland...39
7 Fazit ... 40
Literatur ... 42

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ii
Anhang ... 43
A.1
Die Textil- und Bekleidungsindustrie...43
A.1.1
Entwicklungen in der Textil- und Bekleidungsindustrie vor dem Beitritt in die WTO..43
A.1.2
WTO Vereinbarungen für den Bereich der Textil- und Bekleidungsindustrie...44
A.2 Der
Dienstleistungsbereich Telekommunikation ...46
A.2.1
Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation vor dem Beitritt in die WTO ...46
A.2.2
WTO Vereinbarungen für den Bereich Telekommunikation...46
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Teufelskreis der Armut...5
Abbildung 2: Das chinesische Monobankensystem im Jahre 1979...20
Abbildung 3: Der Mittelklassewagen ,,Landwind" des chinesischen Automobilherstellers
Brilliance...:... 33
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Geschätztes Pro-Kopf-Einkommen von China und Europa 50-1820 (in US-Dollar) ...2
Tabelle 2: Ausländische Direktinvestitionen 1979-2000 (in Mrd. US-Dollar)...8
Tabelle 3: Entwicklung von Zollbelastung und Anzahl der Vertragspartner im GATT ...11
Tabelle 4: Zielvereinbarungen über den Abbau von Handelshemmnissen im Agrarbereich beim
GATT 94...13
Tabelle 5: Der private Handelsanteil in Chinas TRQ-System ...18
Tabelle 6: Verteilung im chinesischen Bankensystem 1999...22
Tabelle 7: Vergleich zwischen chinesischen und ausländischen Banken (1999)...22
Tabelle 8: Vereinbarungen für Devisen- und RMB-Geschäfte im Bankenbereich in Mio. RMB..23
Tabelle 9: Abbau der Zölle für Pkws in %...27
Tabelle 10: Ausländische Beteiligungen an chinesischen Banken...35
Tabelle 11: Das Textil- und Bekleidungsabkommen der WTO (ATC) ...45

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iii
Abkürzungsverzeichnis
ATC
Agreement on Textile and Clothing
DBS
Dispute
Body
System
FAW
First Automotive Works
GATS
General
Agreement
on Trade in Services
GATT
General Agreement on Tariffs and Trade
HSBC
Hongkong Shanghai Banking Corporation
KPCh
Kommunistische Partei China
IPR
Intellectual Property Rights
MFA
Multi-Faser-Abkommen
PBoC
People's Bank of China
SAIC
Shanghai
Automotive Industry Corporation
SASAC
State Assets Supervision and Administration
SWZ
Sonderwirtschaftszone
TPRB
Trade Policy Review Body
TRIPS
Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights
TRQ
tariff-rate
quota
VR Volksrepublik
China
WTEZ
Wissenschaftliche
und
technologische Entwicklungszone
WTO
Welthandelsorganisation

Leibniz-Akademie Hannover
1
1
Einleitung
Der Beitritt Chinas in die WTO am 11. Dezember 2001 hat in den letzten Jahren wie kaum ein
anderes Thema zu Spekulationen und Diskussionen geführt. Dies betrifft insbesondere die
Auswirkungen in China und die gesamtweltwirtschaftliche Entwicklung. Optimisten sehen die
Chance eines durch China geöffneten, gigantischen neuen Weltmarktes und dadurch resultierend
gepuschten weltweiten Aufschwungs. Sie versprechen sich anhaltendes wirtschaftliches
Wachstum nicht nur in China und den angrenzenden Regionen sondern auch in führenden
Industrienationen wie den USA und der EU. Pessimisten verweisen auf die Gefahren eines
übermäßigen Wachstums, der einhergehenden ungesunden strukturellen Entwicklung wie der
Einkommensverteilung in China und die Gefährdung deutscher Arbeitsplätze. Sie befürchten eine
Überschwemmung der Märkte durch importierte, preiswerte chinesische Produkte und
schlimmstenfalls ein Kollabieren des chinesischen Systems mit katastrophalen Folgen für die
Weltwirtschaft.
Die vorliegende Abschlussarbeit gibt einen Überblick der Wirtschaftsgeschichte Chinas, der
Handelsabkommen und der Entwicklungen in ausgewählten Industriezweigen seit dem Beitritt in
die WTO, um die oben genannten Thesen besser beurteilen zu können.
In Kapitel 2 wird die historische Entwicklung und die für den WTO Beitritt relevante Phase der
Reform- und Öffnungspolitik Chinas dargestellt. Dieser Abschnitt dient zum besseren Verständnis,
welche Politik die chinesische Regierung bei wirtschaftlichen Fragen verfolgt. In Kapitel 3 werden
die globalen Handelsabkommen GATT und die WTO vorgestellt. Diese haben für China und seine
Handelspartner bei fortschreitendem Handel, wirtschaftlichen Wachstum und Liberalisierung eine
immer stärkere Bedeutung. In Kapitel 4 wird erläutert, wie sich einzelne Wirtschaftsbereiche bis
zum Beitritt in die WTO in China entwickelt haben und welche Konsequenzen sich durch den
Beitritt in die WTO für China und ausländische Handelspartner zumindest theoretisch ergeben. Im
Anschluss wird in Kapitel 5 dargestellt, inwieweit der WTO Beitritt zu den erwarteten
Veränderungen führte und welche Zukunftsentwicklungen in bestimmten Sektoren zu erwarten
sind. In Kapitel 6 werden notwendige Maßnahmen aus jeweils chinesischer und deutscher Sicht
diskutiert und in Kapitel 7 ein Fazit daraus gezogen.
2
Chinas wirtschaftliche Entwicklung vor dem Eintritt in die WTO
2.1 Chinas Historie vor der Reform- und Öffnungspolitik 1978
2.1.1 Das Zeitalter der Dynastien
Die Chinesen stellen die älteste Zivilisation der Menschheit dar und können auf eine über 5000
Jahre alte Historie zurückblicken, die bekannte Dynastien wie die Tang- und Ming-Dynastie
umfasst. In der Tang-Dynastie ab dem 6ten Jahrhundert n. Chr. entwickelt das bis dahin autarke

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2
China Handel mit dem Mittleren Osten. Verkehrswege wie die Seidenstraße entstehen zu dieser
Zeit. Während Europa auf das dunkelste Mittelalter zusteuert, leistet China in der Tang-Dynastie
Pionierleistungen wie die Erfindung von Porzellan, Sprengstoff, Geld, Kompass und dem
Papierdruck
1
. Schon zu dieser Zeit gibt es in China Millionenstädte wie Xi'an und mehr als zwei
Dutzend Städte mit mehr als einer halben Millionen Einwohnern. China gilt als das mit Abstand
am weitesten entwickelte Land der Erde, wo kaum jemand hungern muss und ein Großteil der
Bevölkerung wohlhabend ist. Die wirtschaftliche Entwicklung in dieser Dynastie gibt den
Chinesen einen Vorsprung, der bis zu Beginn des 18ten Jahrhunderts währt. In den darauf
folgenden Dynastien zeichnet sich China durch wechselnde zentralisierte Herrschaftsstrukturen -
unter anderem durch die Mongolen und Mandschuren - aus. Die kulturelle Entwicklung vollzieht
sich bis zum Ende des 18ten Jahrhunderts sehr viel langsamer als in der Tang-Dynastie. Während
der Mandschu-Herrschaft kommt es sogar zur völligen Stagnation. Die Chinesen verbreiten zwar
ihr Kulturgut in angrenzende Länder, jedoch verspielen sie durch die zunehmende Isolation den
Aufstieg zur Weltmacht über die damals noch unterentwickelten europäischen Länder.
Die folgende Tabelle gibt das Pro-Kopf-Einkommen Chinas im Vergleich zu Europa und dem Rest
der Welt an.
Jahr
China
Europa
Welt
50 450 300 -
960 450 400 -
1280
600 500 -
1700
600 870 360
1820 600 1130 710
Tabelle 1: Geschätztes Pro-Kopf-Einkommen von China und Europa 50-1820 (in US-Dollar)
2
2.1.2 Der Einzug der Europäer
Die Europäer holen im 18ten Jahrhundert technologisch auf und erobern das durch Unruhen
geschwächte China zu Beginn des 19ten Jahrhunderts. Das von seinem überheblichen Weltbild
besessene stolze China muss erstmals die Ausbeutung und Demütigungen der technologisch und
wirtschaftlich besser aufgestellten europäischen Großmächte als Kolonialstaat erleben. Dem
durch die Briten eingeführten Opium haben die Chinesen nichts entgegenzusetzen. Der Unmut
der Bevölkerung gegenüber den Besatzungsmächten findet seinen Höhepunkt im Boxeraufstand
um 1900. Die Niederlage der Chinesen und die daraus resultierenden Reparationszahlungen an
1
Wolfgang Hirn, 2005, S.17
2
Liangya Cheng, 2005, S.15

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3
die Briten, Franzosen, Japaner, Russen, Deutschen, Österreicher und Amerikaner hinterlassen im
Bewusstsein und den Kassen der Chinesen schmerzliche Wunden.
2.1.3 Die Republik China
Trotz der Antipathie gegen die Kolonialmächte hat die Einführung des kapitalistischen und
demokratischen Gedankenguts durch die Europäer Unruhen und Bürgerkriege zur Folge. Nach
dem Aufstand des revolutionären Sun Yatsen wird China 1912 zur Republik. Die Abkehr von der
über Jahrtausende währenden zentralistischen Herrschaftsform und Traditionen zur Demokratie
überfordert China, das von da an durch Chaos und Konflikte geprägt ist, welche wirtschaftliches
Wachstum verhindert. Nach dem Tod Sun Yatsen, dem es nicht gelingt, das Land während seiner
Regierungszeit effektiv zu führen und demokratische Ideen durchzusetzen, kämpfen der
Demokrat Chang Kaischek und der Kommunist Mao Zedong grausam um die Macht. Der von Mao
Zedong angeführte Lange Marsch bringt den Kommunisten letztendlich das Vertrauen der
landwirtschaftlichen Bevölkerung, die zur treibenden Kraft der Kommunisten wird. Während des
Einmarsches der Japaner 1931/1932 und im zweiten Weltkrieg sind Mao Zedong und Chang
Kaischek zwar gezwungen, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, um den Angriff der
Japaner abzuwehren. Dennoch scheitern nach dem zweiten Weltkrieg die Koalitionsgespräche
der Verhandlungspartner, so dass es 1946 wieder zu Unruhen kommt, die abermals einen
wirtschaftlichen Aufschwung verhindern. Nach der endgültigen Machtübernahme 1949 durch
Mao Zedong durch Gründung der Volksrepublik (VR) China vergrößert sich der Abstand zu den
westlichen Industriestaaten auch in den kommenden Jahrzehnten weiter.
2.1.4 Die Ära von Mao Zedong
Aufgrund der bitteren Erfahrungen mit den westlichen Nationen ordnet Mao Zedong die
Reinigung Chinas von westlichen Ideen an, was auf breite Zustimmung der Masse der
chinesischen Bevölkerung stößt. Ausländer werden vertrieben, Unternehmen verstaatlicht und
die private Landwirtschaft zu Kollektiven zusammengeführt. Die Zielsetzung besteht
insbesondere darin, landwirtschaftlichen Überschuss zu produzieren und der verarmten
Bevölkerung eine Versorgungsgrundlage zu bieten. Der Handel wird zentralistisch anhand von
Plandaten organisiert und erfolgt ausschließlich mit politisch gleich gesinnten Ländern wie
Russland und einigen Ländern Osteuropas. Doch die durchgeführten Reformen zur
Kollektivwirtschaft, die unternehmerisches Potential unterdrücken statt es zu fördern, erzielen
nicht den gewünschten Erfolg.
Als Reaktion erfolgt im Jahr 1958 die Politik des ,,Großen Sprung nach vorn". Mao Zedong erhofft
sich, durch Förderung der Schwerindustrie und Fortsetzung der Kollektivierung der Städte das
Land wirtschaftlich stärken zu können. Durchschnittliche Investitionsquoten von 30% können nur
durch Sparquoten finanziert werden, die mit einer erheblichen Einschränkung des Konsums

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4
verbunden sind. Statt einer wirtschaftlichen Stärkung kommt es zur Hungersnot, bei der mehr als
40 Millionen Menschen sterben
3
. Um seiner geschwächten Position und den wachsenden
Stimmen im Land, die nach der Wiedereinführung des Kapitalismus rufen, zu begegnen, leitet
Mao Zedong 1966 die Kulturrevolution ein. Die durch massiven Einsatz der chinesischen
Volksarmee zur Zerschlagung von Protesten geprägte politisch-ideologische Kampagne hat zur
Folge, dass viele Intellektuelle das Land verlassen oder in den Untergrund verschwinden. Durch
ineffiziente Wirtschaftsstrukturen und die Vermeidung jeglichen innovativen Denkens gerät China
in eine nie zuvor da gewesene Misere. Produktivitätssteigerungen mit dem Schwerpunkt auf die
Schwerindustrie als Vorhängeschild werden nur durch den Mehreinsatz von Kapital durch
Zwangssparen und Arbeit erreicht. ,,Bis zum Jahr 1978 liegt der Anteil des bevölkerungsreichen
Chinas am Weltsozialprodukt bei lediglich 7%, was nur noch einem Viertel seines Anteils von vor
anderthalb Jahrhunderten entspricht."
4
Erst nach dem Tod Mao Zedongs scheint der Weg für
umgreifende Reformen freigegeben zu sein.
2.2 Der Prozess des Umdenkens ­ die Reform- und Öffnungspolitik ab 1978
2.2.1 Die Wirtschaftslage Chinas 1978
1978 hat China zwar ein hohes Bruttosozialprodukt von 219 Mrd. US-Dollar, bezogen auf eine
Bevölkerung von 1 Mrd. Menschen ergibt sich hieraus jedoch ein Pro-Kopf-Einkommen von
durchschnittlich 219 US-Dollar pro Jahr, was gemessen an anderen asiatischen Ländern wie
Südkorea mit 1160 US-Dollar pro Jahr, Taiwan mit 1400 US-Dollar pro Jahr, Hongkong mit 3040
US-Dollar pro Jahr oder Singapur mit 3290 US-Dollar pro Jahr die Rückständigkeit Chinas deutlich
macht
5
. China benötigt zur Bearbeitung eines Hektars Land zur Weizenproduktion ca. 180 Mal so
viele Arbeitskräfte wie die USA
6
. Zurückzuführen ist die niedrige Produktivität unter anderem auf
den mangelnden Anreiz der Wirtschaftsteilnehmer, einem Engpass an Kapital für Investitionen,
einen niedrigen Ausbildungsstand und veraltete Produktionstechniken. Vernachlässigt sind
zusätzlich Bereiche der Versorgungsinfrastruktur, was dazu beiträgt, dass die wenigen
vorhandenen Produktionskapazitäten nicht ausgelastet sind. China weist zu diesem Zeitpunkt die
typischen Merkmale eines Entwicklungslandes auf, nicht zuletzt durch die starke Abhängigkeit
vom primären, landwirtschaftlichen Sektor, der 1978 einen Beschäftigungsanteil von 80% der
Bevölkerung ausmacht.
3
Wolfgang Hirn, 2005, S.24 ff.
4
Liangya Cheng, 2005, S.20
5
Liangya Cheng, 2005, S.21
6
Klenner, 1980, S.74 f.

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5
Da die Möglichkeiten zur privaten Kapitalbildung in der Planwirtschaft relativ eingeschränkt sind,
sind China nur begrenzte Mittel zum Import von neuen Technologien und direkten Investitionen
zur Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums gegeben.
Abbildung 1: Teufelskreis der Armut
7
Um diesen Teufelskreis der Armut zu durchbrechen, ist China auf den Kapitalzufluss aus dem
Ausland angewiesen. Der Außenhandel ist jedoch 1978 aufgrund der planwirtschaftlichen
Vorgehensweise durch Importkontrollen und Restriktionen gekennzeichnet. Produzenten ist der
direkte Kontakt zu ausländischen Firmen verwehrt. Die von China verfolgte Preisfixierung spiegelt
nicht die Knappheitsverhältnisse und Produktionskosten der gefertigten Güter wieder, wodurch
es zu falschen Spezialisierungen kommt. China nutzt seine komparativen Kostenvorteile nicht,
um im Außenhandel bestehen zu können. Strukturelle Reformen sind dringend notwendig, um
die wirtschaftliche Lage Chinas zu verbessern.
2.2.2 Das ,,trial-and-error"-Verfahren der Wirtschaftstransformation
Die Phase des Umdenkens führt nach dem Tod Mao Zedongs zur Reform- und Öffnungspolitik,
die vornehmlich auf Ideen Deng Xiaopings beruht. Auf der 3. Plenartagung des XL Zentralkomi-
tees der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) wird ein grundlegendes Programm beschlossen.
Die Ziele bestehen darin, bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ein ausreichendes Wirtschaftswachs-
tum durch stetiges Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens zu erlangen, um so die materiellen und
kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen zu können. Dies soll durch Dezentralisierung
des Wirtschaftssystems und Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen unterstützt werden. Den
Wirtschaftsteilnehmern sollen mehr Entscheidungsfreiräume gegeben werden, um so durch Ei-
geninitiative Produktivitätssteigerungen zu erzielen. Als Konsequenz wird die Investitionsquote
7
Kaiser/Wagner, 1991, S.87 f.

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6
gesenkt, um Kapital für Konsum bereitzustellen. Investitionen in marode staatliche Sektoren wie
der Schwerindustrie lassen kaum erfolgreiche Effekte erwarten; stattdessen sollen Infrastruktur-
maßnahmen die Erschaffung von Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Wachstum fördern.
Der Fokus wird auf die Leichtindustrie und die Landwirtschaft gesetzt, während die Schwerindust-
rie nur noch den Zweck erfüllen soll, das Wachstum der beiden anderen Industriezweige zu för-
dern. Häusliches Nebengewerbe und Markthandel werden wieder erlaubt.
Um jedoch alle gesetzten Ziele zu erreichen und finanzieren, ist ausländische Unterstützung ins-
besondere durch Kapital und Technologien notwendig. Da China bislang noch keine Erfahrung mit
der Marktwirtschaft hat, zudem die Angst vor Überfremdung durch eine starke wirtschaftliche
Öffnung besteht und die Geschichte lehrt, dass radikale Reformen ein Land mit den Ausmaßen
Chinas überfordert, beschließt die Regierung die Politik der kleinen Schritte mit Hilfe des ,,trail-
and-error"-Verfahrens. Die wirtschaftliche Öffnung soll in geographisch abgegrenzten Gebieten
zugelassen werden, worauf es im Jahr 1979 zur Gründung der vier Sonderwirtschaftzonen (SWZ)
kommt. Um die Kooperation mit dem Ausland insbesondere für den Transfer technischen Know-
hows zu erreichen und ausländischen Kapitalgebern die Möglichkeit zur Investition in die chinesi-
sche Wirtschaft zu geben, wird das Jointventure
8
-Gesetz verabschiedet. Um eine komplette
marktwirtschaftliche Öffnung zu vermeiden, werden Zölle als außenwirtschaftliches Instrumenta-
rium eingesetzt, die auf 56% angesetzt werden. Auch die ausländischen Firmen auferlegten
Konditionen der Jointventures und weitere nicht tarifäre Handelshemmnisse geben Firmen nur
bedingt Möglichkeiten, auf den chinesischen Markt zu expandieren und Außenhandel zu betrei-
ben
9
.
Dennoch stellen die getroffenen Maßnahmen den Beginn der Liberalisierung der Außenwirt-
schaft dar und setzen in China revolutionäre marktwirtschaftliche Entwicklungen in Gang.
2.2.2.1 Die vier Sonderwirtschaftzonen
Die Gründung der vier Sonderwirtschaftszonen Shenzhen, Shantou, Zhuhai und Xiamen verfolgt
die folgenden ökonomischen Ziele
10
:
- Exportwachstum und Devisenbeschaffung
- Technologie- und Ausbildungstransfer
- Schaffung neuer Arbeitsplätze
8
Die Formen der Jointventures können bei Liangya Cheng, 2005, S.47 ff. nachgelesen werden.
9
Dennoch betragen die Zolleinnahmen in den darauf folgenden Jahren im Schnitt weniger als 10% des Importwerts.
Dies ist mit Schmuggel und weiteren Vorzugsbehandlungen zu erklären. Im Rahmen der auftretenden Probleme bei
den tarifären Handelshemmnissen reagiert die Regierung mit beständiger Senkung der Zölle. Von größerer Bedeu-
tung für den Außenhandel sind daher die nichttarifären Handelshemmnisse.
10
Liangya Cheng, 2005, S.31

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7
- Anregung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums durch graduelle Verbindung mit dem
Rest des Landes
Um ausländische Investoren anzulocken, werden diese bevorzugt bei der Nutzung der Infrastruk-
tur behandelt und erhalten allerlei Vergünstigungen. Dazu gehören reduzierte Landnutzungsge-
bühren, Sonderkonditionen bei der Kreditvergabe, Reduzierung von Steuern und Zöllen usw. Ein
zusätzlicher Anreiz besteht darin, dass die Lagen der SWZ so gewählt sind, dass sie in unmittelba-
rer Nähe zu Wirtschaftszentren wie Hongkong und Taiwan liegen. Der Anteil der Auslandschine-
sen ist hier sehr hoch, wodurch man sich erleichterten Zugang zu Investitionen verspricht.
Sprachliche und kulturelle Barrieren sind hier weniger problematisch. Aufgrund des Zugangs der
SWZ zum Meer sind Exportmöglichkeiten gegeben. China will der Außenwelt demonstrieren,
dass es im marktwirtschaftlichen Wettbewerb bestehen kann.
Je nach Lage und Infrastruktur der SWZ werden unterschiedliche ökonomische Schwerpunkte
gesetzt. So fokussiert sich Xiamen z.B. auf den Tourismus und die Exportproduktion von Nah-
rungsmitteln, Textilien, Maschinen und Haushaltsgeräten und sucht entsprechende Investoren für
diesen Zweig.
Die SWZ sind zu Beginn keine entwickelten Regionen mit vorhandener Industrie. Im Rahmen der
Politik der kleinen Schritte wagt es die Regierung nicht sofort, größere Städte oder weiter entwi-
ckelte Regionen der Schwerindustrie dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu öffnen, da die
Konsequenzen nicht abzusehen sind. Dennoch besteht ein hoher politischer Druck, dem Experi-
ment der SWZ zum Erfolg zu verhelfen. Lösungsansätze, die hier Erfolg haben, sollen in optimier-
ter Form auch für andere Regionen genutzt werden.
2.2.2.2 Erste Erfolge der Liberalisierung
Alleine durch den Wegfall staatlicher Festpreise und der Möglichkeit des freien Handels im land-
wirtschaftlichen Sektor kann sich die Produktion ohne weitere Investitionen in den Jahren 1979
bis 1983 in diesem Sektor verdoppeln. Der Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze
reduziert sich in diesen Jahren um die Hälfte auf 15%.
Tatsächlich investieren insbesondere die Auslandschinesen in China und fördern die arbeitsinten-
sive Industrie wie die Textilindustrie und andere Leichtindustriezweige. Ebenso investieren be-
nachbarte asiatische Länder in China, ebenso um komparative Kostenvorteile in der Produktion
zu nutzen.
Die Interessen der westlichen Industrieländer beschränken sich mehr in der Erkundung des der-
zeitigen Entwicklungstands des Landes und in der Abschätzung des marktwirtschaftlichen Poten-
tials bei weiteren Öffnungsreformen. Ihre Investitionen sind eher politisch begründet. Somit lässt
sich auch erklären, warum ihr Anteil in den ersten Jahren der Liberalisierung eher bescheiden im
Vergleich zu benachbarten asiatischen Ländern ausfällt.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783956360787
ISBN (Paperback)
9783836600026
Dateigröße
698 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leibniz Akademie Hannover - Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hannover – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2006 (Dezember)
Note
1,0
Schlagworte
volkswirtschaft wirtschaftswissenschaft handel china
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