Demotivation - Ursachen, Entwicklungen, Auswirkungen
Darstellung mit Anwendungsbezug und kritische Würdigung
Zusammenfassung
In der Organisations- und Personalforschung werden bereits seit geraumer Zeit Motivation, Zufriedenheit und Leistung untersucht. Der Mittelpunkt der Untersuchung richtet sich vornehmlich darauf, die Arbeitsmotivation bei Mitarbeitern zu erhöhen.
Vielfach sind Führungskräfte und Mitarbeiter jedoch bereits intrinsisch motiviert und bedürfen daher keiner weiteren Förderung. Jedoch würden nicht zahlreiche Konzepte und Trainingsmaßnahmen in der aktuellen betrieblichen Praxis Anwendung finden, wenn diese Motivation bereits für die Organisation ausgeschöpft würde.
Es kommt daher also auf eine Vermeidung und den Abbau motivationshemmender Prozesse, bzw. auf die Schaffung remotivierender Bedingungen an, durch die das Potential der Mitarbeiter an Effektivität und Produktivität wieder voll ausgeschöpft werden kann.
Im Folgenden werden dazu im ersten Teil der Arbeit die in Bezug auf Demotivation wichtigsten Grundbegriffe der Motivationspsychologie erläutert, bevor als Basis für demotivationale Prozesse auf ausgewählte Motivationstheorien eingegangen wird.
Im dritten Teil wird das komplexe Phänomen der Demotivation mit seinen ursächlichen Zusammenhängen und Wirkungen erläutert, bevor gestaltungspraktische Implikationen zur Vermeidung und Umkehrung motiva-tionshemmender und demotivationaler Prozesse im vierten Teil benannt und beschrieben werden.
Im letzten Teil der Arbeit wird als Anwendungsbezug auf die Besonderheit der weiblichen Betrachtungsweise von Demotivation eingegangen. Dazu werden Ursachen aus biologischer und sozialisationstheoretischer Sicht erklärt, bevor besonders starke Motivationsbarrieren für weibliche Mitarbeiter beschrieben und der mögliche Sinn und Aufbau einer geschlechtsspezifische Präventions- und Remotivation betrachtet werden.
Im Fazit wird die Entstehung, Bedeutung und Wirkung von Demotivation noch einmal zusammengefasst und auf notwendige weiterführende Untersuchungen hingewiesen.
Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
AbkürzungsverzeichnisIII
AbbildungsverzeichnisIV
Einleitung1
1.Begriffliche Grundlagen2
1.1Verhalten und Handlung2
1.2Identifikation3
1.3Motiv4
1.4Motivation4
1.5Demotivation5
1.6Remotivation6
2.Motivation als Verhaltensursache6
2.1Inhaltstheorien7
2.1.1Bedürfnistheorie nach Maslow7
2.1.2Theorie der gelernten Bedürfnisse nach McClelland8
2.1.3Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg9
2.1.4Bezug der Inhaltstheorien zur Demotivation10
2.1.5Kritische Würdigung der […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
In der Organisations- und Personalforschung werden bereits seit geraumer Zeit Motivation, Zufriedenheit und Leistung untersucht. Der Mittelpunkt der Untersuchung richtet sich vornehmlich darauf, die Arbeitsmotivation bei Mitarbeitern zu erhöhen.
Vielfach sind Führungskräfte und Mitarbeiter jedoch bereits intrinsisch motiviert und bedürfen daher keiner weiteren Förderung. Jedoch würden nicht zahlreiche Konzepte und Trainingsmaßnahmen in der aktuellen betrieblichen Praxis Anwendung finden, wenn diese Motivation bereits für die Organisation ausgeschöpft würde.
Es kommt daher also auf eine Vermeidung und den Abbau motivationshemmender Prozesse, bzw. auf die Schaffung remotivierender Bedingungen an, durch die das Potential der Mitarbeiter an Effektivität und Produktivität wieder voll ausgeschöpft werden kann.
Im Folgenden werden dazu im ersten Teil der Arbeit die in Bezug auf Demotivation wichtigsten Grundbegriffe der Motivationspsychologie erläutert, bevor als Basis für demotivationale Prozesse auf ausgewählte Motivationstheorien eingegangen wird.
Im dritten Teil wird das komplexe Phänomen der Demotivation mit seinen ursächlichen Zusammenhängen und Wirkungen erläutert, bevor gestaltungspraktische Implikationen zur Vermeidung und Umkehrung motiva-tionshemmender und demotivationaler Prozesse im vierten Teil benannt und beschrieben werden.
Im letzten Teil der Arbeit wird als Anwendungsbezug auf die Besonderheit der weiblichen Betrachtungsweise von Demotivation eingegangen. Dazu werden Ursachen aus biologischer und sozialisationstheoretischer Sicht erklärt, bevor besonders starke Motivationsbarrieren für weibliche Mitarbeiter beschrieben und der mögliche Sinn und Aufbau einer geschlechtsspezifische Präventions- und Remotivation betrachtet werden.
Im Fazit wird die Entstehung, Bedeutung und Wirkung von Demotivation noch einmal zusammengefasst und auf notwendige weiterführende Untersuchungen hingewiesen.
1 Begriffliche Grundlagen
Zur Erläuterung des Phänomens der Demotivation ist die Definition verschiedener Kernbegriffe aus der Motivationspsychologie angebracht. Neben den bereits allgemein gebräuchlichen, aber z.T. unterschiedlich definierten Termini wie Verhalten und Handeln, Identifikation, Motiv und Motivation werden auch Demotivation und Remotivation klar voneinander abgegrenzt, um eine präzise Darstellung zu ermöglichen.
1.1 Verhalten und Handlung
Sämtliche Aktivität oder Reaktion eines Organismus auf einen inneren oder äußeren Reiz wird als Verhalten bezeichnet (vgl. Weibler 2001, S. 40). Dazu gehören physische (muskuläre) und psychisch-emotionale Prozesse, d.h. Wahrnehmung, Fühlen und Denken, die vom zentralen Nervensystem gesteuert werden.
Handeln ist nach Wiswede (1998, S. 44) beschrieben als intentionales, zielgerichtetes und sinnhaftes Verhalten. Diese Abgrenzung betont die Besonderheit des menschlichen gegenüber dem tierischen Verhalten (vgl. Weibler 2001, S. 40).
In der Motivationspsychologie ist menschliches Verhalten komplex definiert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bedingungen des Verhaltens (vgl. v. Rosenstiel 2003, S. 49)
Determinanten des Verhaltens sind das Können, Wollen, Dürfen/Sollen und die situative Ermöglichung. Das persönliche Können ist durch vorhandene Fertigkeiten und Fähigkeiten bestimmt. Vorhandene Qualifikationen reichen allein jedoch nicht aus, um entsprechendes Verhalten zu zeigen, da sowohl die Situation als auch Normen und Regelungen Verhalten ermöglichen müssen. Nerdinger (1995, S. 10) beschreibt bspw. die Fähigkeit der Frauen zur Führung, die jedoch aufgrund verschiedener Mechanismen situativ nicht ermöglicht wird, wegen bestehender gesellschaftlicher Normen nicht anerkannt ist und daher nicht bewiesen werden kann.
Das individuelle Wollen spricht ein weiteres Grundproblem der Motivation an: als Ergebnis der Wechselwirkung zwischen Person und Situation entsteht eine motivationale Tendenz, ein bestimmtes Ziel anzustreben. Die Wahl bzw. Entscheidung für eine bestimmte Handlung prägt dabei die eine Seite der ablaufenden Prozesse, während die Intensität und Persistenz eine gewählte Alternative zu realisieren, die andere Seite beschreibt (vgl. Nerdinger 1995, S. 12f.). Die hierbei ablaufenden volitionalen Prozesse werden im Handlungsmodell nach Heckhausen in Kap. 2.3 erläutert. Das Wollen wird jedoch erheblich beeinflusst durch die individuelle Identifikation sowohl mit der Aufgabe als auch mit den organisationalen Strukturen (vgl. Moser 1996).
1.2 Identifikation
Unter dem Begriff „Identifikation“ (lateinisch aus „idem“ = der/dasselbe und „facere“ = machen) wird das „Sich-Gleichsetzen“ mit anderen Personen und die Übernahme ihrer Motive bzw. Ideale durch die selbständige Wahl von Identifikationsobjekten für die eigene Lebens- und Arbeitsgestaltung in das eigene Ich verstanden (vgl. Wunderer/Küpers 2003, Wunderer/Mittmann 1995). Die organisationale Identifikation bezeichnet weiter die ganzheitliche Bindung an die Arbeitsorganisation (vgl. v. Dick 2003). Dabei ist es wichtig, dass diese im Rahmen ihres Zielsystems mit den Zielen der Mitarbeiter übereinstimmt (vgl. v. Rosenstiel 2000). Unterschieden wird zwischen Idealität (organisationale Werte werden als erstrebendwerte individuelle Ideale gesehen), Similarität (organisationale Werte sind den individuellen ähnlich) und Identität (organisationale Werte stimmen mit den individuellen überein) (vgl. Wunderer/Küpers 2003, Wunderer 2000). Identifikation ist in Abhängigkeit von Situation und Wandel des organisationalen Kontextes veränderbar und stellt als Selbststeuerungspotential eine grundlegende Voraussetzung für Motivierung dar. Mitarbeiter stellen sich die Frage: „Trage ich mit dem, was ich bei der Arbeit tue, zu Zielen bei, die ich bejahen kann?“ (vgl. Rosenstiel 2000, S. 392). Wie später noch dargestellt, werden Demotivations- und Remotivationsprozesse durch Identifikationsverluste und Reidentifikation stark beeinflusst (vgl. Kap. 3 und 4).
1.3 Motiv
Der Begriff „Motiv“ wurzelt etymologisch im lateinischen Infinitiv „movere“ = bewegen, anregen, antreiben und beschreibt als hypothetisches Konstrukt, aus welchen intrapersonellen Gründen eine Handlung erfolgt.
Dabei steht zumeist die Befriedigung von Bedürfnissen im Vordergrund, die klassifikatorisch unterschieden werden können (s. auch Kap. 2.1.). Motive werden differenziert in primäre Motive, die als Instinkte und Triebe (z.B. Hunger, Schlaf) angeboren sind, und sekundäre Motive, die durch Sozialisation und kulturelle Einflüsse gezielt gefördert oder unterdrückt werden (z.B. Streben nach Macht, Status, Erfolg) (vgl. Wunderer/Küpers 2003). Jedem Motiv entsprechen situationsbedingte Anreize als gelernte Merkmale, die bestimmte Handlungsfolgen erwarten lassen und somit die Befriedigung oder Nicht-Befriedigung eines Motivs ankündigen (vgl. Lück et al. 2002). Anreize aktivieren zunächst noch latente Motive (vgl. v. Rosenstiel/Comelli 1995). Neben diesen Unterscheidungsmerkmalen wird zusätzlich zwischen extrinsischen und intrinsischen Motiven differenziert. Extrinsisch motiviert sind handelnde Personen, wenn sie die Handlung als Mittel zur Erreichung des gewünschten und begehrten Ziels sehen. Diese Gruppe kennzeichnen Erwartungen nach äußerer Belohnung und/oder Furcht vor Sanktionen (vgl. Lück et al. 2002). Antagonistisch dazu sind die intrinsischen Motive zu sehen, die die handelnde Person in der Handlung selbst Befriedigung erleben lassen. Die Handlung geschieht also aus innerem Antrieb und nicht aus Zweckrationalität. Als Beispiel kann die erfolgreich erledigte Arbeit dienen: extrinsisch Motivierte führen die Arbeit aus, um dem Ziel näher zu kommen, und um den Lohn für bestimmte Wünsche zu verwenden. Intrinsisch motivierte Personen finden dagegen bereits in der Arbeit selbst ihre Erfüllung (vgl. Weibler 2000, v. Rosenstiel 2000, Lück et al. 2002).
1.4 Motivation
Der Begriff „Motivation“ wurzelt etymologisch ebenfalls im lateinischen Infinitiv „movere“. Neben diesem Ursprung werden der Motivation im allg. Sprachgebrauch auch Begriffe wie „Wollen und Drängen“, „Spannung“ und „Ruhelosigkeit“ zugeschrieben (vgl. Weibler 2001). So definiert Zimbardo (2003, S. 407) Motivation als „…das Ingangsetzen, Steuern und Aufrechterhalten von körperlichen und psychischen Aktivitäten“. Nach v. Rosenstiel (2003, S. 206) entsteht Motivation dann, „wenn eine Person mit Anregungsbedingungen der umgebenden Situation konfrontiert wird, die in ihr ganz bestimmte Motive aktivieren, die wiederum Verhaltensintentionen auslösen“. Dabei erklärt sie die Richtung, die Stärke und die zeitliche Dauer des individuellen Verhaltens (vgl. Nerdinger 1995). Motivation lässt sich nicht direkt beobachten, sondern wird durch äußere Verhaltensindikatoren, wie das Aktivitätsniveau, der Präferenz für ein bestimmtes Ziel oder eine Aktivität erfahrbar (vgl. Zimbardo 2003). Durch extrinsische und intrinsische Motive werden hier Prozesse der Fremdsteuerung (bspw. durch bedürfnisbefriedigende Optionen wie Gehalt, Sicherheit etc.) und Selbststeuerung (Lebensentscheidungen aufgrund von intrinsischen Motiven) in Gang gesetzt (vgl. Wunderer/Küpers 2003).
Nach den Modellen von Vroom (VIE - Theorie, Vroom 1964) oder auch von Hackman/Oldham (Job Description Survey, Hackman/Oldham 1975) können der Motivation differenzierte Stärken zugeordnet werden, die sich über Erwartungen, Bedürfniskategorien (subjektive Wertigkeiten), sowie kognitiven und emotionalen Verhaltensbedingungen bestimmen lassen. In der Arbeits- und Organisationspsychologie sind mehrere sehr unterschiedliche Theorien zur Motivation erstellt worden. Einige sind in Kap. 2 erläutert.
1.5 Demotivation
Unter dem Begriff der Demotivation versteht man das Phänomen der fehlenden oder reduzierten Motivation, bestimmte Handlungen, aber auch bestimmte Denk- und Fühlweisen zu vollziehen. Verursacht wird diese Leistungsblockade durch Motivationsbarrieren und demotivierende Prozesse innerhalb eines personalen, interpersonellen und/oder strukturellen Kontexts. Demotivierte Personen können nicht nur die Handlung an sich unterlassen, sondern auch absichtsvoll „falsch“ handeln. Demotiviertes Handeln lässt sich demnach als „nichtrollen- bzw. -zielkonformes Verhalten“ interpretieren (vgl. Wunderer/Küpers 2003, S. 60ff.). Kniehl (1998, S. 25) zufolge entzieht ein demotivierter Mitarbeiter der Arbeitsorganisation sein Potential, um es in anderen Beschäftigungsformen oder aber in Freizeitaktivitäten zu investieren. Blumenstock/Stockhausen (2005, S. 136) führen auch die Vermeidung von Konflikten und die „innere Kündigung“ an, die sich in Resignation und abwartendem/aussitzenden Verhalten äußert (vgl auch Weibler/Küpers S. 133ff.). Demotivation verläuft in Phasen und hat nicht nur Auswirkungen auf den betrieblichen Leistungserstellungsprozess, sondern auch auf den demotivierten Mitarbeiter, der durch physische und/oder psychische Krankheitsbilder stark beeinträchtigt werden kann. Markantes Beispiel ist das medizinisch belegte „Burn-Out-Syndrom“, bei dem durch emotionale und stressbedingte Überbeanspruchung ein Verlust der körperlichen und seelischen Leistungsfähigkeit auftritt, der die individuelle Lebensqualität stark einschränkt (vgl. Roche 2003). Demotivation lässt sich allerdings vorbeugen und ist kein irreversibler Prozess, sondern kann durch Remotivation vermindert oder überwunden werden. Auf die Motivationsbarrieren bzw. Demotivationsfaktoren und Auswirkungen der Demotivation wird in Kap. 3 detaillierter eingegangen.
1.6 Remotivation
Während die Prävention von Demotivation die Hauptaufgabe eines gelungenen Motivationsmanagements sein sollte, kann reduzierte oder verloren gegangene Leistungsbereitschaft auch revitalisiert werden. Der Prozess der Remotivation versucht beeinträchtigte oder verlorene (Motivations-) Energien und Potentiale wiederzugewinnen. Dabei soll jedoch nicht stärker motiviert werden, sondern durch den Abbau von Motivationsbarrieren Energien wiederbelebt werden (vgl. Wunderer/Küpers 2003, S. 69). Der Begriff Remotivation kann differenziert werden in den Erklärungsbegriff, der die Untersuchung von Remotivation auf Entwicklungen, Förderungsmöglichkeiten und Wirkungen beschreibt und den Gestaltungsbegriff, der auf einen direkten Demotivationsabbau und die Wiedergewinnung verlorener Motivationskräfte hinweist. So kann die o.g. Definition die Realisierung fremd- und selbstgesteuerter Remotivation zusammenfassend erläutern.
Die direkte Remotivation reduziert dabei bestehende Motivationsbarrieren bzw. Demotivationsfaktoren, während die indirekte Remotivation über die Substitution, d.h. die Kompensation unbeeinflussbarer Motivationsbarrieren über Veränderung des Mikrokontextes Arbeitsumfeld (bspw. durch Veränderung der Aufgaben oder des Personaleinsatzes), reduzierte Motivationsenergien aufleben lässt. Mitarbeiter, die aus eigener Kraft Motivationsbarrieren überwinden, remotivieren sich selbst. Dies wirkt nachhaltiger, als eine fremdgesteuerte Remotivation, bei der durch Strategien oder verändertes Verhalten der Führungskräfte die Reaktivierung der Motivationsenergien erreicht wird (vgl. Wunderer/Küpers 2003, S. 70f., Schindler 2004).
Um Prozesse, die zur Demotivation führen, verständlich zu machen, wird im Folgenden auf die Grundmodelle der Motivationspsychologie eingegangen.
2 Motivation als Verhaltensursache
Die Entstehung von Demotivation und aus welchen Gründen Remotivation stattfinden bzw. gestaltet werden kann, soll nun anhand verschiedener Motivationstheorien dargestellt werden. Die Differenzierung zwischen Inhalts- und Prozesstheorien schafft bereits eine wichtige Separierung, jedoch gibt es eine große Anzahl von Theorien, die teilweise aufeinander aufbauen und sich in Teilbereichen ergänzen. Hier sollen nur die für die Demotivation relevantesten Motivationstheorien dargestellt und ihr Bezug auf die Demotivation erläutert werden, bevor abschließend im „Rubikon“-Modell der Handlungsphasen von Heckhausen als Beschreibung der volitionalen Motivationsumsetzung erläutert wird.
2.1 Inhaltstheorien
Zu den Inhaltstheorien der Motivation zählen alle die Theorien, welche die Grundlagen des Antriebs von Menschen, also Bedürfnisse, Motive und indirekte Anreize in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen (vgl. Weibler 2001, Zimbardo 2000). Dynamische Prozesse werden jedoch weitgehend vernachlässigt (vgl. v. Rosenstiel 2000, S. 207). Die Bedürfnistheorie nach Maslow, die Theorie der gelernten Bedürfnisse nach McClelland und die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg sollen nachfolgend mit ihrem Bezug auf Demotivation dargestellt werden.
2.1.1 Bedürfnistheorie nach Maslow
Maslow (2002, S. 62ff.) stellt die Gesamtheit menschlicher Motive in hierarchisch geordneten Bedürfnisgruppen zusammen:
- physiologische Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schlaf;
- Sicherheitsbedürfnisse wie Abgrenzung, Ordnung, Recht, Schutz;
- soziale Bedürfnisse wie Liebe, Zugehörigkeit zu einer Gruppe;
- Achtungs- oder Anerkennungsbedürfnisse wie positive Selbstbewertung und Anerkennung durch andere;
- Selbstverwirklichungsbedürfnisse wie Individualität, Güte, Gerechtigkeit, Selbstlosigkeit.
Hier postuliert Maslow, dass die Inhalte der nächsthöheren Bedürfnisebene erst dann motivational wichtig werden, wenn die Bedürfnisse der vorgeordneten Stufen erfüllt sind (vgl. Maslow 2002, S. 102).
Maslow beschreibt dabei Defizit- und Wachstumsmotive. Die Defizitmotive unterliegen dem Prinzip der Homöostase, d.h. sie werden bei Mangelzuständen oder Störungen aktiviert. Motivation wird demzufolge als Zustand des Ungleichgewichts im Organismus interpretiert, der durch Bedürfnisbefriedigung wieder ins Gleichgewicht geführt wird. Charakterisiert wird Homöostase als Regelmechanismus wie folgt (vgl. Nerdinger 1995, S. 38):
- Gleichgewichtszustand;
- Abweichung des aktuellen Zustands:
- Energiemobilisierung;
- Einleitung von Handlungen zur Annäherung an das Gleichgewicht;
- Rückkehr zum Gleichgewichtszustand.
Während die ersten vier Maslow´schen Kategorien Defizitbedürfnisse darstellen, die zumindest theoretisch abschließend befriedigt werden können, ist das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung als Wachstumsbedürfnis charakterisiert, welches durch Lernprozesse ständig wachgehalten wird (vgl. Weibler 2001). Die alleinige Befriedigung der Defizitbedürfnisse führen nach Wunderer/Küpers (2003) noch nicht zum „Wohlergehen“. Erst das Verlangen nach Selbsterfüllung schafft das, was Maslow (2002, S. 96f.) als psychologische Gesundheit ansieht.
Das Modell ist in zweifacher Hinsicht dynamisch. Einerseits kann das Aktivitätsniveau erhöht werden, andererseits werden auch regressive und Selbstwert verringernde Tendenzen von Maslow beschrieben (vgl. Wunderer/Küpers 2003). So ist verständlich, dass in Zeiten des Wohlstands andere Bedürfnisse (z.B. Anerkennung) aktuell sind als in Notzeiten, in denen Menschen wieder zuerst an die Befriedigung der niedrigrangigen Bedürfnisse (z.B. Hunger) denken.
Im aktuellen Arbeitsalltag hat die Theorie Erklärungswert, wenn es um die Gestaltung und den Einsatz von Anreizen geht, die den Motiven der Mitarbeiter entsprechen sollten. Nur bei denjenigen Mitarbeitern, bei denen der gebotene Anreiz mit der individuellen Bedürfnisstufe übereinstimmt, wirkt dieser Anreiz als Motivation, die Leistung zu steigern (vgl. v. Rosenstiel/Comelli 1995).
2.1.2 Theorie der gelernten Bedürfnisse nach McClelland
Viele der verhaltensbestimmenden Motive des Menschen sind angeboren. Als Beispiele mögen die physiologischen Bedürfnisse wie Hunger und Schlaf dienen. Nach McClelland (1987) werden Bedürfnisse und Motive aber auch durch emotionale Erfahrungen erlernt und in der Sozialisationsphase der Kindheit angeeignet. Beispielsweise ist das Erleben von Erfolg mit dem Gefühl des Stolzes verbunden, während Misserfolg mit Scham verknüpft ist (vgl. Nerdinger 1995). Aber: „Emotions are not motives, but they are an important part of motivational systems: they indicate the presence of natural incentives“ (vgl. McClelland 1987, S. 128). Affektive Zustände, die mit situativen Anreizen verbunden wurden, können später wieder aktiviert werden. Je nachdem, ob angenehme oder unangenehme Gefühle damit zusammenhängen, ergibt sich eine der Situation zuwendende oder vermeidende Handlungstendenz (vgl. Nerdinger 1995).
Die menschlichen Bedürfnisse werden von McClelland nicht in eine hierarchische Beziehung gesetzt, sondern durch vier verschiedene Bedürfnisebenen, die im Individuum unterschiedlich stark ausgeprägt sind, beschrieben:
Leistungsmotiv (engl. Achievement-Motive)
Das Leistungsbedürfnis der Menschen, zeichnet sich durch das Streben nach Leistungsverbesserung und Erfolg, aber auch nach Autonomie aus (vgl. McClelland, S. 224ff.). Leistung gilt nicht nur als Verhaltensdisposition, sondern auch als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung und ist damit besonders intrinsisch wirksam (vgl. Wunderer/Küpers 2003). Die USA und Deutschland gehören zu Leistungsgesellschaften, bei denen das Leistungsmotiv besonders einflussreich ist (vgl. Zimbardo 2000).
Zugehörigkeitsmotiv (engl. Affiliation-Motive)
Jeder Mensch strebt danach, in sozialen Netzen Aufnahme zu finden. Dies wird durch den Wunsch nach Liebe und Annerkennung analog zu Maslows „sozialen Zugehörigkeitsmotiven“ deutlich. Auswirkungen dieses Motivs finden sich im Zusammenhalt von Gruppen/Teams und in Formen gegenseitiger Unterstützung (vgl. McClelland 1987, S. 334ff., Weibler 2001, Wunderer/Küpers 2003).
Machtmotiv (engl. Power-Motive)
Je stärker das Machtmotiv ausgeprägt ist, desto mehr streben Individuen danach, eine überlegene Position einzunehmen. Kampfbereitschaft und Überzeugungsfähigkeit können diesem Motiv zugeordnet werden (vgl. McClelland 1987, S. 269 ff., Weibler 2001, Wunderer/Küpers 2003).
Vermeidungsmotiv (engl. Avoidance-Motive)
Missachtung, Zurücksetzung und Misserfolge sind Ereignisse, die Menschen möglichst zu vermeiden versuchen, auch wenn sie im direkten Zusammenhang mit der Erfüllung angestrebter Ziele stehen (vgl. McClelland 1987, S. 374ff., Weibler 2001, Staehle 1994).
2.1.3 Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg
Herzberg führte empirische Untersuchungen (Pittsburgh-Studien) über Ursachen der Arbeitszufriedenheit durch und entwickelte draus eine Theorie, die deutlich von Maslow inspiriert wurde (vgl. Nerdinger 1996). Als Resultat wurden statt der vermuteten Eindimensionalität „Zufriedenheit-Unzufriedenheit“ zwei Kontinuen „Zufriedenheit – Nicht-Zufriedenheit“ und „Unzufriedenheit – Nicht-Unzufriedenheit“ postuliert (vgl. Weibler 2001).
Es werden dabei zwei Faktorklassen der Arbeitszufriedenheit unterschieden:
Contentfaktoren oder Motivatoren, die überwiegend intrinsische Tätigkeitsaspekte wie Leistungserfolg, Anerkennung, Verantwortung usw. thematisieren. Sie führen bei Vorhandensein zur „Zufriedenheit“, bei Fehlen aber nicht zur Unzufriedenheit, sondern zur „Nicht-Zufriedenheit“. Im Normalfall kann der Handelnde gern ausgeführte Tätigkeiten bereits als belohnend empfinden (siehe auch Kap. 1.4). Im Idealfall erlebt der Mensch intrinsisch motiviertes Handeln in einem Zustand der Selbstvergessenheit, die Csikszentmihalyi (2000) als „Flow“ bezeichnete. Die Handlung verschmilzt mit dem Bewusstsein und versetzt den Handelnden in einen Zustand „optimalen Erlebens“, ähnlich dem eines Künstlers, der in dem Akt der Kreation eines Werkes völlig aufgeht und nach Fertigstellung das Interesse daran verliert.
Contextfaktoren oder Hygienefaktoren thematisieren dagegen extrinsische Erfahrungen im Arbeitsumfeld wie z.B. Gehalt, Führungsstil, Unternehmenspolitik. Werden die individuellen Erwartungen an diese Faktoren nicht erfüllt (ist bspw. das Gehalt zu niedrig), führt das zur „Unzufriedenheit“, während die Erfüllung nur zu einem neutralen Zustand der „Nicht-Unzufriedenheit“ führt (vgl. Nerdinger 1996, Weibler 2001, Zimbardo 2000).
Herzbergs Gestaltungsempfehlung aus der Pittsburgh-Studie lautet, dass zuerst die negativen Hygienefaktoren eliminiert werden müssen, bevor die Motivatoren verstärkt werden sollen, um nicht nur „Unzufriedenheit“ zu vermeiden, sondern auch langfristig „Zufriedenheit“ zu erzeugen (vgl. Wunderer/Küpers 2003, Nerdinger 1996).
2.1.4 Bezug der Inhaltstheorien zur Demotivation
Inhaltstheorien beschäftigen sich mit den Anreizen und Bedürfnissen der Menschen. Demotivation kann durch mangelnde Befriedigung von Bedürfnissen entstehen. Während einerseits unerfüllte Bedürfnisse als Defizitmotive immer stärkeren Handlungsdruck erzeugen, dem u.U. nicht entsprochen werden kann, führt ein demotivierter Zustand andererseits auch zu einer mangelnden inhaltlichen Orientierung des Betroffenen. Die Fokussierung auf das unerfüllte Motiv kann so stark werden, dass andere Bedürfnisse, die als mögliche Alternativen gelten könnten, nicht genügend beachtet werden (vgl. Wunderer/Küpers 2003).
Maslows Bedürfnismodell beschäftigt sich ausschließlich mit Motiven und Anreizen. Es beschreibt nur die Wirkungen von Bedrohungen und Frustration in Bezug auf Bedürfnisbefriedigung (vgl. Wunderer/Küpers 2003). Demotivationsphänomene werden nicht in Betracht gezogen. Somit ist Demotivation im Bedürfnismodell ausschließlich als unzureichende Motivation erklärbar, da unbefriedigte Defizitbedürfnisse demnach ebenso zu Demotivation führen, wie unbefriedigte Wachstumsbedürfnisse.
Auch McClelland beschäftigt sich nur indirekt mit dem Phänomen der Demotivation. Jedoch kann jedes seiner vier Motive auf Demotivation bezogen werden:
Leistungsmotiv: für demotivierte Mitarbeiter führt enttäuschendes Feedback über eigene Resultate zur Demotivation und damit zur Abschwächung des Leistungsmotivs. Sie entwickeln unzureichende Ziele und übernehmen keine Leistungsverantwortung.
Zugehörigkeitsmotiv: von sozialen Netzwerken innerhalb des Arbeitsumfelds Ausgeschlossene entwickeln häufig eine gestörte Kommunikation, die wiederum Konflikte verstärken kann. Das unbefriedigte Zugehörigkeitsmotiv führt so zu Demotivation. Demotivierte befinden sich in einer Abwärtsspirale und können sich zunehmend schlechter remotivieren.
Machtmotiv: Machtstreben führt zweifellos zu Konflikten. Zum einen kann die Versagung des eigenen Machtanspruchs demotivierend wirken, zum anderen demotivieren dominante Mitarbeiter und Führungskräfte vor allem Personen mit geringer Selbstwertschätzung.
Vermeidungsmotiv: Demotivation führt oft zu Vermeidungsverhalten. Dies kann Ausdruck in psychosomatischen Phänomenen wie der inneren Kündigung und dem Burn-Out-Syndrom finden (vgl. Wunderer/Küpers 2003, v. Rosenstiel 2003, Nerdinger 1995, Schindler 2003).
Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie gibt detailliertere Auskunft über die Art der unbefriedigten Bedürfnisse, da explizit unzureichende Contextfaktoren (Hygienefaktoren) für „Unzufriedenheit“ und in direkter Folge auch für Demotivation ursächlich sind. Allerdings ist hierbei die „Nicht-Unzufriedenheit“ kein Garant zur Verhinderung von Demotivation, da auch die Versagung von Contentfaktoren zu demotivierenden Zuständen führen kann (vgl. Lück et al. 2002, Wunderer/Küpers 2003).
2.1.5 Kritische Würdigung der Inhaltstheorien
Alle drei dargestellten Inhaltstheorien sind vielfältigen Kritiken ausgesetzt. Maslows Bedürfnismodell wird als zu wenig komplex gesehen, da kognitive und temporäre Veränderungen im Individuum nicht betrachtet werden können. Es bietet darüber hinaus wenig Möglichkeiten, die Motivstrukturen zu operationalisieren (vgl. Wunderer/Küpers 2003). Durch mangelnde empirische Substanz (Maslow bezog seine Klassifizierung aus Biographien herausragender historischer Persönlichkeiten) und das Scheitern der Überprüfungsversuche konnte seine Theorie nicht verifiziert werden. Auch sein Menschenbild gibt Anlass zur Kritik, da Maslow von einem „bürgerlich-humanistischen Menschenbild“ ausgeht, welches das ausschließlich Gute im Menschen betrachtet (vgl. Nerdinger 1995).
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Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783832499587
- ISBN (Paperback)
- 9783838699585
- DOI
- 10.3239/9783832499587
- Dateigröße
- 1.5 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften, BWL, insbesondere Personalführung und Organisation
- Erscheinungsdatum
- 2006 (November)
- Note
- 2,0
- Schlagworte
- motivation demotivation remotivation remotivierung motivationstheorie
- Produktsicherheit
- Diplom.de