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Steigender Wettbewerbsdruck und verändertes Privat-kundenverhalten im deutschen Finanzdienstleistungsmarkt

Analyse der Marktentwicklung und Ableitung möglicher Konsequenzen für das Geschäftsmodell einer traditionellen Genossenschaftsbank

©2006 Masterarbeit 122 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Finanzdienstleistungsmarkt ist in den letzten Jahren stark in Bewegung gekommen. Traditionelle Bankinstitute klagen über Kostendruck, Risiken aus dem Kreditgeschäft und unbefriedigende Erträge. Trends im Wettbewerbs- und Kundenverhalten treten im Branchenvergleich zwar häufig erst mit etwas zeitlicher Verzögerung im Finanzdienstleistungsmarkt auf. Aufzuhalten sind sie dennoch nicht. Einige seit vielen Jahren beobachtbare Entwicklungen haben auch hier Einzug gehalten und zwingen nun die verantwortlichen Manager, darauf zu reagieren.
Auf der Anbieterseite hat die Zunahme des Wettbewerbsdrucks verschiedene Gründe. Insbesondere neue Wettbewerber mit anderen Geschäftsmodellen drängten und drängen mit Macht auf den Markt und nehmen traditionellen Universalbanken Marktanteile ab. Hinzu kommen Non- und Near-Banks wie Ableger von Automobilherstellern, Großkonzernen oder Einzelhändlern. Deren spezifische Geschäftsmodelle zielen auf ganz bestimmte Bedarfsfelder und/oder Kundengruppen der Universalbanken ab. Dabei zeigen sie eine klare Positionierung als preisoptimierte (z. B. ING-DiBa, Postbank) oder qualitätsoptimierte Anbieter (z. B. MLP).
Auf der Nachfragerseite ist ein deutlich verändertes Kundenverhalten spürbar. Eine höhere Wechselbereitschaft resultiert vornehmlich aus einem sensiblen Preisbewusstsein der Verbraucher, das mit Werbeslogans wie „Geiz ist geil“ in allen Branchen Deutschlands massiv Einzug gehalten hat. Die Kundentreue hat abgenommen. Das zeigt sich darin, dass Privatpersonen in der Regel inzwischen mehrere Bankverbindungen haben. Insbesondere Universalbanken werden zu aktiverem und intensiverem Vertrieb und besserer Kundenpflege gezwungen.
Die rund 1300 Genossenschaftsbanken in Deutschland sind von ihrer regionalen, dezentralen Struktur schon immer als Bank für „jedermann“ bekannt. Sie versuchen geschäftspolitisch einen Spagat: mit einigermaßen akzeptablen Preisen & Konditionen eine ausreichend gute Qualität in Beratung und Service darstellen zu können. Dabei laufen sie heute Gefahr, ohne erkennbares Profil im Markt weiter an Boden zu verlieren.
Problemstellung:
Die MBA-Arbeit verfolgt folgende Ziele:
Transparenz schaffen auf der Nachfrageseite bezüglich der Trends im Kaufverhalten von Privatkunden und ihrer Bedeutung für genossenschaftliche Banken.
Transparenz schaffen auf der Anbieterseite bezüglich der vorfindbaren Strategien und Geschäftsmodelle, um das Entstehen des erhöhten Wettbewerbsdruck […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Ulrich Thaidigsmann
Steigender Wettbewerbsdruck und verändertes Privatkundenverhalten im deutschen
Finanzdienstleistungsmarkt
Analyse der Marktentwicklung und Ableitung möglicher Konsequenzen für das
Geschäftsmodell einer traditionellen Genossenschaftsbank
ISBN-10: 3-8324-9924-5
ISBN-13: 978-3-8324-9924-2
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Fachhochschule Ludwigshafen, Ludwigshafen, Deutschland, MA-Thesis / Master,
2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany


3
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
... 3
Abbildungsverzeichnis
... 5
1.
Einleitung... 7
1.1
Ausgangssituation... 7
1.2
Zielsetzung... 8
1.3
Vorgehensweise ... 9
1.4
Beschränkungen ... 10
2.
Die Nachfrageseite - Kundenverhalten im Wandel der Zeit... 11
2.1
Trends im Kundenverhalten - wahrnehmbare Entwicklungen ... 11
2.2
Der Kunde ­ warum er (nicht) kauft ... 18
2.2.1
Kaufentscheidende Faktoren aus Kundensicht... 18
2.2.2
Differenzierung nach Zielgruppen... 25
2.3
Zu erwartende Entwicklungstendenzen ... 28
2.4
Fazit ... 30
3.
Die Angebotsseite ­ neue Anbieter mit neuen Strategien und
Geschäftsmodellen ... 32
3.1
Definition ,,Geschäftsmodell" ... 32
3.2
Bedeutung des Geschäftsmodells ... 35
3.3
Struktur des deutschen Finanzdienstleistungsmarktes ... 38
3.4
Strategien und Geschäftsmodelle wichtiger Wettbewerber im Vergleich
40
3.5
Zusammenfassung und Schlussfolgerung ... 53
4.
Herausforderungen für Genossenschaftsbanken... 57
4.1
Das Genossenschaftswesen... 57
4.1.1
Wurzeln des Genossenschaftswesens ... 57
4.1.2
Spielräume und Grenzen für die Zukunftsgestaltung aus
historisch-ideeller Sicht ... 60
4.2
VR-Banken heute ­ eine genauere Analyse ... 61
4.2.1
Zielgruppensegmentierung und Positionierung... 61
4.2.2
Zwischenfazit ... 66
4.2.3
SWOT-Analyse der Genossenschaftsbanken... 66
4.2.4
Das Geschäftsmodell in der Falle? ... 69

4
4.3
Gesamtfazit zur Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells... 73
5.
Künftige strategische Positionierung als Universalbank ... 75
5.1
Grundstrategische Ausrichtung einer Genossenschaftsbank... 75
5.2
Positionierung im Preis- und Qualitätswettbewerb als Universalbank 80
5.3
Erfolgsfaktoren im Preis- und Qualitätswettbewerb... 82
5.3.1
Erfolgsfaktoren im Preiswettbewerb... 82
5.3.2
Erfolgsfaktoren im Qualitätswettbewerb... 84
5.4
Auswirkungen auf das Geschäftsmodell ... 85
5.5
Kritische Bewertung ... 89
6.
Strategische Wege aus der Positionierungs- und Komplexitätsfalle . 91
6.1
Grundansatz zur strategischen Positionierung... 91
6.2
Einzigartigkeit durch Positionierung in lukrativen Wachstumsmärkten
(innovative Produkt- und Leistungskonzepte)... 93
6.3
Wettbewerbsfähigkeit durch Konzentration auf Vertrieb (Neugestaltung
der Wertschöpfungsstruktur)... 97
6.4
Fazit ... 102
7.
Den Wandel gestalten... 104
7.1
Voraussetzungen ... 104
7.2
Change Management ­ die ,,weichen" Faktoren berücksichtigen ... 106
7.3
Eingearbeitete Ergebnisse der Experteninterviews... 108
8.
Abschließendes Fazit... 110
Literaturverzeichnis ... 112
Anlagen ... 118

5
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozentanteil Internetnutzung und Online-Banking je Altersgruppe
... 14
Abbildung 2: Durchschnittliche Anzahl der Filialbesuche pro Kunde... 16
Abbildung 3: Wechselbereitschaft von Sparkassen-Kunden. ... 18
Abbildung 4: Wirkungsbeitrag pro Faktor auf Kundenzufriedenheit... 20
Abbildung 5: Aktive Kundeninformation ist wichtig. ... 21
Abbildung 6: Sechs kaufentscheidende Kriterien aus Kundensicht (eigene
Darstellung)... 23
Abbildung 7: Bedeutung der kaufentscheidenden Kriterien je Zielgruppe ... 26
Abbildung 8: Bedeutung verschiedener kaufentscheidender Kriterien je
Zielgruppe. Eigene Darstellung. ... 27
Abbildung 9: Anzahl von Artikeln mit dem Begriff "Business Model" in der
Datenbank ABI/Inform... 32
Abbildung 10: Das Geschäftsmodell konkretisiert, Aus: Revolution der
Geschäftsmodelle, Prof. Dr. Ackermann, Universität St. Gallen (2004) ... 34
Abbildung 11: Kategorisierung der Leistungsanbieter im Privatkundengeschäft
... 40
Abbildung 12: Marktanteilsentwicklung bei Genossenschaftsbanken (eigene
Darstellung)... 44
Abbildung 13: Umsatzerlöse MLP AG pro Jahr nach Alter und Produkttyp... 51
Abbildung 14: Typische dreigliedrige Privatkundensegmentierung ... 62
Abbildung 15: Genobanken verlieren an Boden! CIR im Vergleich. (eigene
Darstellung)... 68
Abbildung 16: Sechs Geschäftsmodellfallen ... 70
Abbildung 17: Welches Problem weist das Geschäftsmodell einer
Genossenschaftsbank auf? (eigene Darstellung)... 71
Abbildung 18: VR-Banken zwischen Preis- und Qualitätswettbewerb... 71
Abbildung 19: Beispielhafte Kapazitätsverteilung einer "Median-Genobank"
(eigene Darstellung)... 73
Abbildung 20: Generische Strategien nach Michael Porter ... 75
Abbildung 21: Grundproblematik der Leistungserstellung ... 78
Abbildung 22: Positionierung im Qualitäts- und Preiswettbewerb ... 81

6
Abbildung 23: Kostenführerschaft oder Preisführerschaft? (eigene Darstellung)
... 92
Abbildung 24: Nachfrageschwerpunkte bei Private Banking Dienstleistungen. 97
Abbildung 25: Zentralisierung von Produktionsprozessen in einem
MarktServiceCenter (MSC) unabhängig vom Eingangskanal ... 98
Abbildung 26: Die Wertschöpfungskette im Bankensektor... 99
Abbildung 27: Geringere Wertschöpfungstiefe und fokussierte Ausrichtung
erhöhen die Rentabilität. ... 103

7
1. Einleitung
1.1 Ausgangssituation
Der Finanzdienstleistungsmarkt ist in den letzten Jahren stark in Bewegung
gekommen. Traditionelle Bankinstitute klagen über Kostendruck, Risiken aus
dem Kreditgeschäft und unbefriedigende Erträge. Trends im Wettbewerbs- und
Kundenverhalten treten im Branchenvergleich zwar häufig erst mit etwas
zeitlicher Verzögerung im Finanzdienstleistungsmarkt auf. Aufzuhalten sind sie
dennoch nicht. Einige seit vielen Jahren beobachtbare Entwicklungen haben
auch hier Einzug gehalten und zwingen nun die verantwortlichen Manager,
darauf zu reagieren.
Auf der Anbieterseite hat die Zunahme des Wettbewerbsdrucks verschiedene
Gründe. Insbesondere neue Wettbewerber mit anderen Geschäftsmodellen
drängten und drängen mit Macht auf den Markt und nehmen traditionellen
Universalbanken Marktanteile ab. Hinzu kommen Non- und Near-Banks wie
Ableger von Automobilherstellern, Großkonzernen oder Einzelhändlern. Deren
spezifische Geschäftsmodelle zielen auf ganz bestimmte Bedarfsfelder
und/oder Kundengruppen der Universalbanken ab. Dabei zeigen sie eine klare
Positionierung als preisoptimierte (z. B. ING-DiBa, Postbank) oder
qualitätsoptimierte Anbieter (z. B. MLP).
Auf der Nachfragerseite ist ein deutlich verändertes Kundenverhalten spürbar.
Eine höhere Wechselbereitschaft resultiert vornehmlich aus einem sensiblen
Preisbewusstsein der Verbraucher, das mit Werbeslogans wie ,,Geiz ist geil" in
allen Branchen Deutschlands massiv Einzug gehalten hat. Die Kundentreue hat
abgenommen. Das zeigt sich darin, dass Privatpersonen in der Regel
inzwischen mehrere Bankverbindungen haben. Insbesondere Universalbanken
werden zu aktiverem und intensiverem Vertrieb und besserer Kundenpflege
gezwungen.
Die rund 1300 Genossenschaftsbanken in Deutschland sind von ihrer
regionalen, dezentralen Struktur schon immer als Bank für ,,jedermann"
bekannt. Sie versuchen geschäftspolitisch einen Spagat: mit einigermaßen

8
akzeptablen Preisen & Konditionen eine ausreichend gute Qualität in Beratung
und Service darstellen zu können. Dabei laufen sie heute Gefahr, ohne
erkennbares Profil im Markt weiter an Boden zu verlieren.
1.2 Zielsetzung
Die MBA-Arbeit verfolgt folgende Ziele:
·
Transparenz schaffen auf der Nachfrageseite bezüglich der Trends im
Kaufverhalten von Privatkunden und ihrer Bedeutung für
genossenschaftliche Banken
·
Transparenz schaffen auf der Anbieterseite bezüglich der vorfindbaren
Strategien und Geschäftsmodelle, um das Entstehen des erhöhten
Wettbewerbsdruck nachvollziehen zu können
·
Analyse der Ausgangssituation der VR-Banken bezüglich Kunden- und
Ertragsstrukturen sowie des heutigen typischen Geschäftsmodells
Erst wenn diese Grundlagen gelegt sind kann das Kernziel der Arbeit
angegangen werden:
·
Ausarbeitung einer möglichen Positionierungsstrategie einer VR-Bank im
Preis- und Qualitätswettbewerb in den heutigen Strukturen als
Universalbank. Identifikation der Erfolgsfaktoren für diese Positionierung.
Gesamtbewertung der Strategie auf ihre langfristige Überlebensfähigkeit.
·
Überprüfung möglicher Konsequenzen für das zukünftige Geschäftsmodell
einer Genossenschaftsbank zur dauerhaften erfolgreichen
Marktpositionierung, ggf. auch durch Infragestellen der heutigen Strukturen
·
Herausarbeitung der Voraussetzungen für einen erfolgreichen ,,Change
Prozess"

9
1.3 Vorgehensweise
Zunächst wird eine gründliche, themenspezifische Literaturrecherche betrieben,
um einen Überblick über aktuelle Entwicklungen bezüglich
·
des Kundenverhaltens
·
der Wettbewerbssituation in der Finanzbranche
zu bekommen.
Die Ergebnisse geben eine Erklärung für aktuelle Tendenzen. Der Leser
bekommt einen Überblick über das Umfeld, in dem sich
Genossenschaftsbanken bewegen.
Diese Grundlage erlaubt es, die relevanten Faktoren auf
Genossenschaftsbanken übertragen und die notwendigen Konsequenzen
herauszuarbeiten zu können.
Das Überprüfen der möglichen Konsequenzen für Genossenschaftsbanken wird
mit Hilfe von Experteninterviews durchgeführt. Schwerpunktmäßig kommen
dabei Vorstände von VR-Banken zu Wort. Es wurden aber auch
Unternehmensberater aus dem Branchenumfeld sowie ausgewählte Vertreter
von genossenschaftlichen Dachverbänden oder Wettbewerbern befragt.
Die Interviews selbst werden als freie Interviews mit offenen und direkten
Fragen unter zu Hilfenahme eines Gesprächsleitfaden geführt.

10
1.4 Beschränkungen
Die Ableitung der Handlungserfordernisse beschränkt sich bewusst auf
Genossenschaftsbanken. Andere Universalbanken wie z. B. Sparkassen
werden nicht betrachtet. Hier müssen andere Besonderheiten des
Geschäftsmodells berücksichtigt werden, obwohl sicherlich Parallelen ableitbar
wären.
Eine unreflektierte Anwendung auf jede Genossenschaftsbank ist zwar nur
bedingt möglich, da die Ausgangssituationen bezüglich Größe, Region und
Struktur unterschiedlich ausfallen. Die grundlegenden Gemeinsamkeiten von
Genossenschaftsbanken reichen jedoch aus, um obige Verallgemeinerung
vornehmen zu können. NICHT leisten kann diese MBA-Arbeit aus zeitlichen
Gründen einen detaillierten Umsetzungsplan für die Gestaltung der Strategie.

11
2. Die Nachfrageseite - Kundenverhalten im
Wandel der Zeit
2.1 Trends im Kundenverhalten - wahrnehmbare
Entwicklungen
Abnehmende Kundentreue
Banken klagen über eine deutlich abnehmende Kundenloyalität. War es früher
üblich, fast alle Geschäfte mit seiner Hausbank zu machen, so sind heute eine
Vielzahl von Finanzpartnern bei einem Verbraucher keine Seltenheit. Ein Kunde
hat durchschnittlich 17 Finanzprodukte, die er allerdings bei 7 bis 8
verschiedenen Anbietern unterhält
1
. So ergibt sich für den Kunden eine deutlich
höhere Komplexität und abnehmende Überschaubarkeit seines
Produktportfolios, die er aber für eine gezielte Bedürfnisbefriedigung in Kauf zu
nehmen scheint. Für die Anbieter bringt das einen niedrigeren Cross-Selling-
Faktor (= Anzahl der verkauften Produkte je Kunde) und damit geringere
Deckungsbeiträge je Kunde mit sich. Insbesondere Filialbanken mit höheren
Fixkosten haben dadurch Schwierigkeiten, ausreichende Erträge je Kunde zu
generieren, um die vorgehaltenen Personal- und Sachkosten abdecken zu
können.
Die Tatsache der abnehmenden Kundentreue kann auch als ,,abnehmende
Bindungsbereitschaft" bezeichnet werden. Dieses Phänomen lässt sich nicht
nur im Finanzbereich, sondern u. a. bei Parteien, Kirchen, Partnerschaften etc.
feststellen.
Zunehmende Ansprüche
Ein Grund für das vagabundierende Kaufverhalten sind die weiter wachsenden
Ansprüche des Privatkunden in Finanzfragen.
Die zunehmende soziale Schere bedeutet für einkommens- und
vermögensschwache Menschen die Herausforderung, die vorhandene Liquidität
und Sparfähigkeit optimal einzusetzen. Dem Kunden dabei die notwendige
fachliche Unterstützung zu geben ist zwar notwendig und wäre ethisch wichtig,
1
Szallies, Rüdiger, Dem Wechsler auf der Spur, aus: S-Management Praxis, Ausgabe 49, S.10.

12
das Ertragspotenzial aus einer solchen Bankverbindung lässt eine intensive
Beratung durch den Anbieter jedoch in vielen Fällen nicht zu. Die dabei
anfallenden Kosten würden die erzielbaren Deckungsbeiträge bereits vor deren
Generierung aufzehren. Gleichzeitig sind diese Bevölkerungsschichten auf die
günstigsten Angebote angewiesen und werden sich deshalb preisbewusst
verhalten müssen.
Vermögende Kunden hingegen erwarten zu Recht einen ganzheitlichen
Beratungsansatz durch qualifiziertes Personal und verlangen attraktive,
renditestarke und innovative Produkte und Konzepte.
Trotz unterschiedlicher materieller Voraussetzungen ist die Notwendigkeit, die
eigene private und betriebliche Altersvorsorge optimal zu gestalten, für alle
Menschen ähnlich bedeutend. Die Einsicht, dass die Zahlungen der
gesetzlichen Rentenkassen eine mehr oder weniger große Versorgungslücke
entstehen lassen, hat sich inzwischen breit herumgesprochen. Am Beispiel
dieses Themas zeigt sich, dass steigende Kundenansprüche an eine qualitativ
hochwertige Beratung bestehen, die Banken zur kontinuierlichen Weiterbildung
der Berater zwingen.
2
Ahnungslosigkeit der Bevölkerung in Finanzfragen
Spannend ist die Entwicklung des Kundenverhaltens und ­anspruches,
insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Ahnungslosigkeit der
Bevölkerung in finanziellen Fragen. Einhergehend mit steigenden
Anforderungen an Finanzdienstleister fehlt es paradoxerweise an
ausreichendem Wissen über finanzwirtschaftliche Zusammenhänge, über
Produktfunktionalitäten und Erfahrungen im Umgang mit Finanzangeboten.
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahre 2004 belegt, dass die
Deutschen sich bei finanziellen Fragen sehr unsicher fühlen. Als Konsequenz
beschäftigen sie sich nur ungern mit Geldfragen, nehmen sich keine Zeit oder
schieben wichtige Entscheidungen vor sich her.
3
2
Franke, D., Was will der Kunde? Zeitschrift ,,Die Bank", 12/2004, S.36.
3
Leinert, Johannes, Finanzieller Analphabetismus in Deutschland, Bertelsmann Stiftung,
Gütersloh, 2004.

13
Sicherlich sind hier auch Gesetzgeber und Banken nicht ganz unschuldig an
der Entwicklung.
4
Betrachtet man als Beispiel die Einführung der Riester-Rente
vor einigen Jahren, so musste es nicht verwundern, dass die Komplexität der
Produkt- und Fördergestaltung sowohl den Kunden als auch den Berater eher
abschreckte als ermunterte, das Altersvorsorgeprodukt in das
Beratungsgespräch mit einzubeziehen. Inzwischen hat man u. a. durch den
Wegfall der jährlichen Förderantragsstellung einige Nachbesserungen
vorgenommen.
Insgesamt bleibt für Finanzdienstleister die Herausforderung, dass selbst
Kunden mit wenig Ertragspotenzial und wenig fachlicher Kenntnis hohe
Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Anbieter stellen. Banken, die es
schaffen, diesen Spagat in der Kundenwahrnehmung zu meistern, werden
Zugang zu neuen Einnahmequellen bekommen.
Transparenz des Marktes und veränderte Nutzung der Zugangswege
Das gestiegene Selbstbewusstsein des Nachfragers ist im Besonderen darauf
zurückzuführen, dass der Verbraucher durch das Internet heute eine
umfassende Transparenz über Leistungen und Preise im Markt erhalten kann.
Eigens auf solche Vergleiche spezialisierte Vermittlerportale
5
oder Anbietertests
geben dem Käufer vermeintlich die Möglichkeit, Qualität und Preis auf
Angemessenheit überprüfen zu können. Vor allem bei einfachen, nicht
erklärungsbedürftigen Produkten wie Girokonto, Tagesgeld und Karten drückt
die zunehmende Transparenz auf Preise und Margen. Es gilt ein altes
Sprichwort unter Händlern: ,,Wer das tut, was alle tun, muss den Preis
reduzieren".
Kunden sind kaum noch bereit, für Standardprodukte mehr Geld als nötig
auszugeben. Dies zeigt sich in den Erfolgen von Direktbanken und der
Postbank, die sich in den letzten Jahren sehr stark auf einfache, preisgünstige
und nicht erklärungsbedürftige Produkte des Grundbedarfes konzentriert haben.
4
Neske, R., Der Kunde baut die Bank der Zukunft, Zeitschrift ,,Die Bank", 9/2005, S.28.
5
Beispiele solcher Finanzportale findet man über www.google.de genügend
(Bsp: www.buylando.de)

14
Je simpler das Produkt ist, je mehr achtet der Kunde bei seiner Entscheidung
auf die Attraktivität des Preises.
6
Offensichtlich ist, dass das Internet als ein Medium, das Wirtschaftsleben und
Verbraucherverhalten verändert hat, auch die Bankenwelt revolutioniert.
Betrachtet man die Entwicklung der Internetnutzung und den Anteil der online
geführten Konten, so ergibt sich folgende prozentuale Verteilung:
Abbildung 1: Prozentanteil Internetnutzung und Online-Banking je Altersgruppe
7
Erstaunlich ist, welch schnelle Ausbreitung das Internet in den letzten Jahren
erfahren hat. Inzwischen werden junge Leute ohne Internet immer seltener.
Selbst zwei Drittel aller Bürger im Alter zwischen 50 und 59 Jahren nutzen
bereits das Internet. Die am schnellsten wachsende Gruppe der Internet-Nutzer
sind dabei die über 60-Jährigen.
8
Wer glaubt, die ältere Generation ist der
Online-Welt nicht aufgeschlossen, der irrt.
6
Ott, Dr. U., Raus aus der Nische, aus Zeitschrift ,,die bank", 9/2004, S.33.
7
Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), Sammlung Statistikfolien, Version
26.4.2005, Berlin, Seite 24.
8
Studie "(N)Onliner Atlas 2005" von TNS Infratest

15
12,7 Prozent der Bevölkerung zwischen 14 und 64 Jahren geben an, dass sie
die Nutzung des Internets planen.
9
Damit befindet sich dieser Wert immer noch
über dem aus dem Jahr 2000. Dies trotz der Tatsache, dass 30 Prozent der
Bevölkerung seither bereits online gegangen sind. Der Megatrend hat sein
Potenzial also bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Weiterhin auffällig ist, dass 82 Prozent aller Menschen mit Hochschulreife das
Internet nutzen (höchster Wert aller Schulabschluss-Kategorien). Da bei dieser
Klientel die höchsten Einkommen zu verzeichnen sind, unterstreicht es nur
noch einmal die Bedeutung des Internets für alle Banken.
Interessant ist, dass das Internet zunächst als Informationsquelle benutzt wird,
bevor ein Einkauf getätigt wird. Bei einer Umfrage der Unternehmensberatung
Boston Consulting Group unter Internet-Surfern bestätigten 90 Prozent von
ihnen, dass sie vor dem Kauf eines Produktes in einem Ladengeschäft sich
zunächst online informieren.
10
Ein ähnliches Ergebnis ergab sich, als nach dem
Grund für die Nutzung des Internets gefragt wurde: Hauptzweck war hier die
Möglichkeit des Preisvergleichs (67 Prozent der Befragten).
11
Bei einer genaueren Betrachtung des Anteiles der Online-Banking-Nutzer an
allen Internetusern stellt man fest, dass dieser in den letzten 4 Jahren von 45
auf 57 Prozent gestiegen ist
12
. Somit wird Online-Banking wie das Internet
langsam aber sicher ,,Alltag". Interessant ist, dass die Kunden von Sparkassen
mit 51 Prozent unterproportional zum Durchschnitt von 57 Prozent beitragen
(Durchschnitt beim Volksbank-Klientel: 58 Prozent). Kunden von Großbanken
sehen mit 69 Prozent Online-Banking fast schon als selbstverständlich an. In
diesen Zahlen zeigt sich bereits, dass sich das typische Klientel von
Sparkassen und mit Abstrichen auch von Volksbanken noch etwas weniger
technik-affin gibt. Darin spiegelt sich u. a. die stärkere Präsenz bei ländlichen
9
Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), Sammlung Statistikfolien, Version
26.4.2005, Berlin, Seite 14.
10
Aus: www.brutkasten.de/aktuelles/Prognosen.htm
11
Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), Sammlung Statistikfolien, Version
26.4.2005, Berlin, Seite 21.
12
Aus: Zeitschrift ,,Die Bank", Online Banking ­ der Zuwachs ist ungebrochen, Ausgabe
11/2005, Seite 68.

16
und älteren Kunden wider. Umso größere Bedeutung haben insbesondere die
genannten Universalbanken dem Thema ,,Vertriebs- und Kommunikationsweg
Internet" beizumessen, da deren Kunden die allgemeine Entwicklung noch
weitgehend nachholen werden.
Gravierende Konsequenzen hat das Internet auf die Frequenzen in den Filialen
der Banken. Die Anzahl der Servicekontakte am Bankschalter nimmt gravierend
ab. Viele Kunden sind schon seit Monaten oder gar Jahren nicht mehr für
Serviceangelegenheiten in die Bank gekommen. Schafft es die Bank nicht, den
Kunden zu Beratungsanlässen aktiv in die Bank zu holen, sieht sie ihn
höchstens noch von Ferne am Selbstbedienungsterminal im Eingangsbereich.
Abbildung 2: Durchschnittliche Anzahl der Filialbesuche pro Kunde
Die für das Jahr 2003 ermittelte durchschnittliche Zahl (Abbildung 2) von 2,3
Geschäftsstellenbesuchen je Kunde und Monat liegt bereits um 23 Prozent (!)
unter den Werten von 1995. Neuere Erhebungen besagen gar, dass 60 Prozent
aller Kunden weniger als ein Mal pro Monat für mitarbeiterbediente Service-
oder Beratungsleistungen ihre Bank aufsuchen.
13
Vor dem Hintergrund, dass
viele Kunden mehrere Bankverbindungen unterhalten, dürften beim einzelnen
13
www.die-bank.de

17
Wettbewerber eine Vielzahl der Kunden kaum mehr persönlich in Erscheinung
treten.
Mit dramatischen Konsequenzen für die Filialisten. Nicht nur, dass es einen
erheblichen Aufwand bedeutet, den Kunden für Beratungsgespräche in die
Bank zu locken, um mit ihm Geschäfte machen zu können. Eine
Hauptherausforderung besteht darin, die vorgehaltenen Servicekapazitäten
(=Personalkosten) den Frequenzen und Kundenqualitäten anzupassen. Dies ist
insofern schwierig, als dass in kleineren Filialen mit 2 bis 4 Servicekräften oft
keine Teilmengen von 0,2 bis 0,5 Mitarbeiterjahren herausgelöst werden
können. Selbst wenn dies in einigen Fällen durch flexible Arbeitszeiten und
flexible Teilzeitarbeitsverträge geschafft werden kann, steht die
Daseinsberechtigung bzw. Ausgestaltung der einzelnen Filialen nicht selten
unter einer strengen Prüfung des Managements. Denn die Fixkostenbelastung
durch Filialen ist enorm. Ein einseitiges Reduzieren der Personalkosten vor Ort
löst das Problem nur bedingt.
Hält man sich in obiger Grafik den 42-prozentigen Rückgang der Kontaktzahlen
bei Besserverdienern sowie den mit 37 Prozent weit überdurchschnittlichen
Rückgang bei jungen Kunden vor Augen, wird der Handlungsdruck evident.
Wenn diese interessanten und zukunftsträchtigen Zielgruppen die Filiale
scheinbar immer weniger brauchen, ist im Verlauf dieser Arbeit noch nach
Lösungsalternativen zu suchen.
Eine Frage soll jedoch an dieser Stelle bereits gestellt sein:
Ist es die richtige Ausprägung von ,,Kundenorientierung", wenn wir einen teuren
mitarbeiterbedienten Vor-Ort-Service vorhalten, den alle Kunden indirekt
mitbezahlen müssen, die Mehrzahl ihn aber überhaupt nicht in Anspruch
nimmt?

18
2.2 Der Kunde ­ warum er (nicht) kauft
2.2.1 Kaufentscheidende Faktoren aus Kundensicht
Um herauszuarbeiten, welche Kriterien für den privaten Käufer von
Finanzprodukten wichtig bei seiner Entscheidung sind, bietet es sich an,
zunächst die Gründe für den Wechsel einer Bankverbindung zu untersuchen.
Hat man einmal festgestellt, warum ein Kunde sich eine andere Bank gesucht
hat, ist der Schritt zur Definition der kaufentscheidenden Faktoren nicht mehr
weit.
Zu diesem Thema gibt es verschiedene Studien und Ansätze mit ähnlichen
Tendenzen, die im Detail allerdings andere Ergebnisschwerpunkte liefern.
Wie in Kapitel 3.4 noch herausgearbeitet wird, sind insbesondere Sparkassen-
Kunden mit denen von Genossenschaftsbanken vergleichbar. Deshalb eignet
sich die folgende Untersuchung über die Wechselbereitschaft von Klienten
öffentlich-rechtlicher Institute besonders, Rückschlüsse auf Volksbank-Kunden
zu ziehen.
Abbildung 3: Wechselbereitschaft von Sparkassen-Kunden.
14
14
Szallies, Rüdiger, Dem Wechsler auf der Spur, aus: S-Management Praxis, Ausgabe 49,
S.12, Werte entstammen der Datenbank der icon Wirtschafts- und Finanzmarktforschung.

19
Die Studie belegt, dass durchschnittlich 17 Prozent der Kunden
abwanderungsgefährdet sind. Der Wert variiert je nach Bank zwischen 8 und 34
Prozent. Das Wissen um den bankeigenen Wert wäre für jede einzelne Bank
mit Sicherheit von hohem Wert.
Spannend ist die Detailbetrachtung, welche Gründe die Wechselbereitschaft
der 17 Prozent an Kunden verursachen. Hier stehen mit 33 Prozent der
Antworten die schlechten Zinsen respektive die hohen Gebühren an 1. Stelle.
An Platz 2 mit 28 Prozent rangiert der schlechte, unfreundliche Service.
Erstaunlich ist, dass die schlechte Beratungsqualität mit 12 Prozent deutlich
abgeschlagen folgt.
Es scheint, dass sich die Preissensibilität, wie in Kapitel 2.1 erläutert, bereits
stark auswirkt und man ihr ausschließlich mit Qualitätsoffensiven nicht
begegnen kann. Zumindest, will man weiterhin die breite Masse der Kunden
ansprechen.
Dass Kundenzufriedenheit von mehreren Faktoren beeinflusst wird, ist
sicherlich nicht neu. Die zunehmende Bedeutung des Faktors
,,Guthabenzinsen" als Symbol für die scheinbare ,,Geiz ist geil"-Mentalität der
Deutschen zeigt nachstehendes Schaubild. Darin ist dieses Kriterium in seiner
Wichtigkeit für die Kundenzufriedenheit innerhalb von 8 Jahren von Position 10
auf 4 geklettert. Ganz vorne stehen hier (weiterhin) Beratung, Bedienung und
der vertraute Gesprächspartner.

20
Abbildung 4: Wirkungsbeitrag pro Faktor auf Kundenzufriedenheit
15
Eine andere Untersuchung
16
bezüglich der Gründe für den Wechsel der
Kontoverbindung kam zu folgendem Ergebnis: Gleich nach dem ,,Umzug"
(21 Prozent) war der zweitwichtigste Grund die ,,günstigeren Konditionen"
(20 Prozent) der gewählten Bankverbindung. Weitere Gründe wie
,,Servicequalität" und ,,Beratungsqualität" erreichten hier mit unter 10 Prozent
eine deutlich geringere Bedeutung.
Die Direktbank DiBa belegt, dass unter den potenziellen Direktbankkunden über
66 Prozent der Interessenten die günstigeren Konditionen als Hauptargument
für einen möglichen Wechsel sehen. Interessant war, dass ein weiterer Grund
in der bestehenden Unzufriedenheit mit der Hausbank zu suchen ist.
17
Eine Studie der Unternehmensberatung Bain & Company
18
ergab, dass dem
Kunden nur weniges wirklich wichtig ist: es waren vor allem attraktive Preise,
ein gutes Beschwerdemanagement, eine gute Erreichbarkeit über eine
15
Szallies, Rüdiger, Dem Wechsler auf der Spur, aus: S-Management Praxis, Ausgabe 49,
S.18
16
Wiskow, Jobst-Hinrich, aus: Zeitschrift CAPITAL, 12/2005, Seite 58.
17
Ott, Dr. U., Raus aus der Nische, aus Zeitschrift ,,die bank", 9/2004, S.36.
18
Huber, Dr. J.-A., Wisskirchen, Dr.C., Wichtig ist wenig, aus Zeitschrift ,,die bank", 7/2005, S.57

21
Kundenhotline sowie eine aktive Kundenansprache bezüglich deren
Erwartungen.
Dass eine aktive Kundenansprache durch die Hausbank von den Kunden
erwartet wird und nicht abstoßend wirkt, zeigt sich insbesondere bei den
Zielgruppen der Besserverdiener, der jungen Erwachsenen und den Aufsteigern
mit qualifizierter Ausbildung (siehe Abbildung 5). In diese Lücke sind freie
Finanzdienstleister wie die MLP AG gestoßen, die mit initiativer Ansprache ihrer
fokussierten Zielgruppe junger Akademiker den Universalbanken erfolgreich
Geschäfte abgenommen haben (vgl. Kapitel 3.4). Eine Untersuchung der
Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton bestätigte diese Erkenntnis, indem
sie feststellte, dass Filialkunden mehrheitlich mit ihrer Niederlassung
unzufrieden sind und mehr aktive Ansprache durch den Berater erwarten.
19
Abbildung 5: Aktive Kundeninformation ist wichtig.
20
Warum nutzen dann Kunden ihre Hausbank noch in einem solchen Maße,
wenn Preise oder aktive Ansprache oft nicht stimmen? Es sind vor allem
folgende Gründe, die genannt werden:
21
19
aus: Kundenzeitschrift der Firma Elaxy, 1/2005. S.4, www.boozallen.de
20
Szallies, Rüdiger, Dem Wechsler auf der Spur, aus: S-Management Praxis, Ausgabe 49,
S.15
21
Grieffenhagen, D.; Röckemann, Dr. Ch., Mobil näher zum Kunden, aus Zeitschrift ,,die bank",
2/2005, AT Kearney Studie ,,profitabel wachsen".

22
·
Einfach und bequem erreichbar (93 Prozent)
·
Schnelle und unkomplizierte Abwicklung (92 Prozent)
·
Kompetente Beratung (89 Prozent)

23
Fasst man die obigen Erkenntnisse zusammen, so sind folgende Kriterien aus
Sicht des Kunden entscheidend:
Abbildung 6: Sechs kaufentscheidende Kriterien aus Kundensicht (eigene Darstellung)
Ganz bewusst nicht einbezogen wurde das Kriterium ,,Marke". Da in Kapitel 2.1
konstatiert werden musste, dass Markenbildung bei Banken in der
Vergangenheit von wenig Erfolg geprägt war, ist es in der Liste der
kaufentscheidenden Merkmale nicht mit aufgeführt. Andere Anforderungen
werden vom Kunden als wichtiger betrachtet. Die Marke kann vielmehr als
Ergebnis der einzigartigen Kombination obiger Kriterien im eigenen
Geschäftsmodell betrachtet werden. Unterstützt wird das Ganze von aktivem
Kommunikationsverhalten (Werbung etc.)
Bequemlichkeit
Standort / Ortsnähe
Beratungsqualität
Preis
Prozessqualität
definiert durch
· Zinsen Passiv- und Aktivprodukte
· Gebührenkatalog inkl. Girokonto
· Transaktionen von zu Hause (Kanal-unabh.)
· Verfügbarkeit SB-Terminals
· Transparente Preise und Leistungen
· Freundlicher Service, bekannte Gesichter
· Langfristigkeit der Beziehung
· Wertschätzung
· Aktives Beschwerdemanagement
· Erreichbarkeit, unabhängig vom Eingangskanal
· Prozess- und Verarbeitungsqualität
· Individuelle Lösung aus Kundensicht
· Problemlösungskompetenz / Entscheidungshilfe
· Ganzheitlicher Lebensphasenbegleiter
Aktivität
· Eigeninitiative Ansprache des Kunden
· Information über Neuerungen, Änderungen etc.
· Abfrage von Kundenerwartungen/-zufriedenheit
Kriterium

24
,,Konditionen sind die Eintrittskarte, um Kunden zu gewinnen. Erst danach
kommt die Qualität der Beratung ins Spiel. Der Service einer Bank entscheidet
wiederum, ob sie in der Lage ist, einen Kunden zu halten." (Markus Schad)
Von Bankvorständen wird in den letzten Monaten das Thema Preiswettbewerb
sehr stark problematisiert. S.W.I.-Bankenexperte Marcus Schad vertritt dazu
eine progressive Ansicht:
22
Die Anforderungen nach Bequemlichkeit (englisch ,,convenience") wird oftmals
unterschätzt. Kunden erwarten von ihrer Bank, dass ihnen die Gesamtheit der
Abwicklung ihrer Bankgeschäfte leicht gemacht wird. Diese positiven Erlebnisse
gehen also weit über Produkte und Vertriebskanäle hinaus.
23
Bezogen auf die
Bequemlichkeit muss dabei nicht unbedingt die nächstgelegene Bankfiliale
gemeint sein. Denn Studien belegen, dass ,,80 Prozent der Kunden für eine
qualifizierte Beratung auch in eine weiter entfernte Geschäftsstelle kommen"
24
würden.
Dass der Faktor ,,Mensch und emotionale Nähe" eine große Bedeutung spielt,
scheint auf den ersten Blick unbestritten. Bei genauerem Hinsehen ergibt sich
jedoch das Phänomen, dass viele Kunden keinen Wert auf Beziehung legen.
25
Hier ist genau zu untersuchen, welche Kunden das Asset Mensch schätzen und
bereit sind, dafür zu bezahlen.
Beratungsqualität wiederum heißt in der Konsequenz ausdrücklich nicht, dass
es eine ,,komplizierte Beratung" wird. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem
Ansatz des Behavioural Finance belegen für die weit überwiegende Mehrheit
der Kunden die Notwendigkeit, eine einfache Beratung mit einfachen Produkten
zu bieten. Das schafft Verständnis und somit Kaufbereitschaft. Kombiniert mit
22
Göttsche, V., Syre, R., Die Beste Bank für Sie, aus Zeitschrift ,,DMEuro", Januar 2004, Se.18.
23
Bird, A., Banking should be a positive experience for your customer, American Banker,
Vol.162, issue 150, 1997.
24
Duttenhöfer, S., Keller, B., Finanzvertrieb: Kunden wollen Nähe, aus Zeitschrift ,,bank und
markt", Heft 7/2005, S.32.
25
Spitler, R., Meleis, S., Not everyone wants a relationship, aus Zeitschrift ,,Banking Strategies",
Dezember 2004.

25
einem bekannten Gesicht entsteht Vertrauen, das sich letztendlich in
Kundentreue niederschlagen wird.
26
Unter dem Oberbegriff ,,Prozessqualität" würden Banken enorm punkten
können, wenn sie auf Beschwerden schnell und unbürokratisch reagieren, über
den jeweils bevorzugten Vertriebskanal schnell erreichbar sind und Prozesse
schnell verarbeiten würden. Dieses Kriterium spielt in Deutschland, verglichen
mit anderen Ländern, eine besonders große Rolle.
27
Ganz bewusst trägt dieses
Kriterium nicht die Überschrift ,,Servicequalität", um keinen ausschließlichen
Bezug auf den Service am Schalter zu erzeugen.
2.2.2 Differenzierung nach Zielgruppen
Bei der Beantwortung der Frage, welche Bedeutung das einzelne Kriterium im
Vergleich zu den anderen hat, ist auf den ersten Blick schwierig zu
beantworten. Die Praxis zeigt, dass es je nach Zielgruppe unterschiedliche
Erwartungen bzw. Anforderungen an die Bank geben wird. Um diese
visualisieren zu können, müssen zunächst einige Zielgruppen gebildet werden.
Es können dabei verschiedene Ansätze verfolgt werden. Zur Illustration sollen
an dieser Stelle folgende Teilgruppen separat analysiert werden:
Junge Erwachsene:
·
18 bis 25 Jahre alt, Ausbildung / Studium, erste Berufserfahrung
Junge Familien:
·
26 bis 35 Jahre alt
Kreative Klasse
28
:
·
Anspruchsvolle, gutverdienende Angestellte mit Karriereambitionen
·
Freiberufler, Existenzgründer, flexible freie Mitarbeiter
Nicht-Selbständige mittleren Alters
·
36 bis 55 Jahre alt
Angehende Senioren und Senioren:
·
Ab ca. 55 bis 70 Jahre
26
Hackethal, A., Behavioural Finance als Vertriebsansatz: Das Konzept ,,Easy Bank", aus
Zeitschrift ,,bank und markt" 7/2005, S.34
27
KPMG-Studie ,,Customer Satisfaction: at what price?", S.24, www.kpmg.de
28
Gemäß Trendforschung des Zukunftsinstitut Horx, nachzulesen u.a. in Seidel, Dr. M., Demiri,
Dr. A., Studie ,,VR-Bank Zukunft", Stuttgart, 2004

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832499242
ISBN (Paperback)
9783838699240
DOI
10.3239/9783832499242
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Ludwigshafen am Rhein – MBA-Studiengang International Management Consulting, International Management Consulting (IMC)
Erscheinungsdatum
2006 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
finanzdienstleistungen banken swot business model volksbank
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