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Zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit von Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht

©2003 Diplomarbeit 166 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Wirtschaft unterliegt einem ständigen Wandel, der ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsvermögen der Firmen und Gesellschafter fordert. Chancen und Risiken müssen frühzeitig erkannt werden um die Wettbewerbsfähigkeit und die zukünftige Entwicklung des Unternehmens nicht zu gefährden. Die anhaltende schlechte konjunkturelle Lage der deutschen Wirtschaft führt seit einigen Jahren zu betriebs- oder finanzwirtschaftlichen Problemen in fast allen Branchen.
Viele Unternehmen, die vor kurzem in einer zum Teil guten wirtschaftlichen Situation standen, befinden sich heute in der Krise, da erwartete Umsatzzahlen nicht mehr erreicht werden können oder der Kapitaldienst für Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten derart hoch bemessen wurde, das dieser nicht mehr erwirtschaftet werden kann.
Mit der deutschen Vereinigung und den darauf folgenden Jahren mit hohen Wachstumsraten ließen optimistische Prognosen und somit große Investitionen zu, für die oftmals hohe Darlehensverbindlichkeiten in Kauf genommen wurden. Auch die Banken unterstützten diese Entwicklung durch die Gewährung von Krediten, deren hohen Tilgungsraten heute in keinem Verhältnis zu den realisierten Erträgen stehen.
Das oft ohnehin schon geringe Eigenkapital der Unternehmen wird durch die großen Belastungen so stark verringert, dass die Insolvenzantragsgründe häufig binnen kürzester Zeit eintreten. Um die entgültige Insolvenz der betroffenen Geschäftsbetriebe zu vermeiden, besteht unter Umständen die Möglichkeit mit Hilfe einen Sanierungskonzeptes den Totalausfall der Firmen zu vermeiden. Bestandteil eines solchen Sanierungskonzeptes ist unter anderem die Beurteilung über die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens.
Gang der Untersuchung:
Vor den einleitend genannten Hintergründen soll die vorliegende Arbeit aktuelle Empfehlungen und Vorgehensweisen zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit von in der Krise befindlichen Unternehmen aufzeigen. Dabei sollen Schwachstellen und Probleme angesprochen werden, die bei der Sanierungsprüfung eine Berücksichtigung finden müssen und auf Grund der rechtlich eher kurzfristig ausgerichteten Betrachtung einer betriebswirtschaftlich langfristigen Sichtweise unter Umständen kontrovers gegenüberstehen können.
Daher soll im Verlauf dieser Arbeit ein Fahrplan aufgestellt werden, der als Empfehlung zur Vorgehensweise bei der Sanierungsfähigkeitsbeurteilung angesehen werden kann. Dabei muss jedoch von vornherein darauf […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Matthias Kühne
Zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit von Unternehmen
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht
ISBN-10: 3-8324-9902-4
ISBN-13: 978-3-8324-9902-0
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Fachhochschule Merseburg, Merseburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2003
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis... III
Abbildungsverzeichnis...V
I Einleitung ... 1
I.1 Abgrenzung... 1
I.2 Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit... 2
I.3 Methodik und Aufbau der Arbeit... 3
II Grundlagen der Unternehmenssanierung ... 4
II.1 Begriffsbestimmung ... 4
II.2 Wirtschaftliche Aspekte einer Sanierungsprüfung... 6
II.2.1 Die Krise als Ausgangspunkt der Sanierung ... 6
II.2.2 betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Grundbetrachtungen .. 9
II.3 Rechtliche Aspekte einer Sanierungsprüfung ... 12
II.3.1 Sanierungsprüfung im Rahmen des Insolvenzverfahren ... 12
II.3.2 Sanierungsprüfung bei der Sanierungskreditvergabe ... 17
II.3.3 Sanierungsprüfung zur Überschuldungsmessung... 19
II.4 Bestandteile der Sanierungsprüfung ... 20
III Beurteilung der Sanierungsfähigkeit im Rahmen der Unternehmensanalyse
und des Sanierungskonzeptes ... 23
III.1 Konzepte der Sanierungsfähigkeitsprüfung ... 23
III.2 Ziel und Aufgabe der Sanierungsfähigkeitsprüfung... 24
III.3 Bestandteile der Sanierungsfähigkeitsprüfung ... 28

II
III.4 Analyse des Unternehmens und der Krisenursache ... 29
III.4.1 Analyse der Finanzlage ... 30
III.4.2 Analyse der Ertragslage ... 44
III.4.3 Analyse der strategischen Lage ... 61
III.4.4 Analyse des Managements und der Organisation... 82
III.4.5 Analyse der Unternehmensumwelt... 90
III.4.6 Aggregation eines Gesamtergebnisses der Krisenursachenanalyse 100
III.5 Zur Lagebeurteilung ... 101
III.6 Prüfung des Sanierungskonzeptes ... 103
III.6.1 Sanierungsziel und Sanierungsstrategien ... 104
III.6.2 Analyse der Sanierungsmaßnahmen ... 107
III.7 Analyse der Chancen des Sanierungserfolges ... 133
III.7.1 Die Erstellung von Finanzplänen und Planbilanzen ... 134
III.7.2 Formulierung besonderer Risiken, Erfolgsfaktoren und
Sanierungsbarrieren für den Sanierungserfolg... 136
III.8 Ermittlung des Gesamturteils über die Sanierungsfähigkeit ... 139
IV Zusammenfassung und Ausblick ... 141
Literaturverzeichnis ...A
Anhang ...H

III
Abkürzungsverzeichnis
AktG
Aktiengesetz
AO
Abgabenordnung
AV
Anlagevermögen
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
ChemG Chemikaliengesetz
EK
Eigenkapital
EstG
Einkommenssteuer
Gesetz
FK
Fremdkapital
GE
Gelteinheiten
ggf.
gegebenenfalls
GKV
Gesamtkostenverfahren
GmbHG
GmbH-Gesetz
GuV
Gewinn-
und
Verlustrechnung
HGB
Handelsgesetzbuch
i.d.R.
in
der
Regel
IKS
interne
Kontrollsysteme
InsO
Insolvenzordnung
i.S.d.
im
Sinne
des
i.V.m.
in
Verbindung
mit
KfW
Kreditanstalt
für
Wiederaufbau
KLR
Kosten-
und
Leistungsrechnung
KMU
kleine
und
mittelständige
Unternehmen
KWG
Kreditwesengesetz
lat.
lateinisch

IV
lt.
laut
RHB
Roh-,
Hilfs-
und
Betriebsstoffe
RoI
Return
on
Investment
TQM
Total
Quality
Management
u.a.
unter
anderem
UKV
Umsatzkostenverfahren
u.U.
unter
Umständen
UV
Umlaufvermögen
wc
working
capital

V
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1 : Zielvorstellungen der Anspruchsgruppen / Bilanzadressaten 11
Abbildung
2
:
Insolvenzverfahren
16
Abbildung 3 : Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit
20
Abbildung 4 : Unterschied Turnaround und Sanierung
21
Abbildung 5 : zeitliche Struktur einer Sanierungsfähigkeitsprüfung
25
Abbildung 6 : Ablaufschema der Sanierungsprüfung
26
Abbildung 7 : Untersuchungen zur Analyse des Jahreserfolges
46
Abbildung
8:
Umfeldanalyse
91
Abbildung 9: mögliche Indikatoren
der
Umweltsegmente
93
Abbildung
10:
Marktformenschema
95
Abbildung 11: Krisenursachenanalyse, Lagebeurteilung, Sanierung
101
Abbildung 12: Wirkung finanzwirtschaftlicher Sanierungsmaßnahmen
120
Abbildung 13: Wirkung leistungswirtschaftlicher Sanierungsmaßnahmen
131
Abbildung 14: Erfolgsfaktoren versus Sanierungsbarrieren
138
Abbildung 15: Ableitung des Ergebnisses der Sanierungsprüfung
139
Abbildung
16:
Insolvenzstatistik H1
Abbildung
17:
Definitionen
von
KMU
H1
Abbildung 18: Das Unternehmensrisiko und seine Teilrisiken
H2
Abbildung
19:
Krisenprozess
H3
Abbildung
20:
Krisenmerkmale
H4
Abbildung
21:
Entscheidungsquadrat
H4
Abbildung
22:
Das
Return-on-Investment-Konzept
H5
Abbildung 23: Zehn Schlüsselkennzahlen zur Beurteilung des Vertriebs
H6
Abbildung 24: Formales Chancen-/Risiken -Profil der Umweltanalyse
H7
Abbildung 25: Struktur der Sanierungsmaßnahmen
H8

1
I Einleitung
I.1 Abgrenzung
Die Wirtschaft unterliegt einem ständigen Wandel, der ein hohes Maß an Flexibilität
und Anpassungsvermögen der Firmen und Gesellschafter fordert. Chancen und Risi-
ken müssen frühzeitig erkannt werden um die Wettbewerbsfähigkeit und die zukünf-
tige Entwicklung des Unternehmens nicht zu gefährden. Wenn ein Betrieb diese
Grundvoraussetzungen nicht erfüllt oder nicht mehr erfüllen kann, so ist der Weg in
die Unternehmenskrise, welche bis zur Insolvenz des betroffenen Unternehmens füh-
ren kann, unvermeidbar.
1
Die anhaltende schlechte konjunkturelle Lage der deutschen Wirtschaft führt seit
einigen Jahren zu betriebs- oder finanzwirtschaftlichen Problemen in fast allen Bran-
chen. Viele Unternehmen, die vor kurzem in einer zum Teil guten wirtschaftlichen
Situation standen, befinden sich heute in der Krise, da erwartete Umsatzzahlen nicht
mehr erreicht werden können oder der Kapitaldienst für Verbindlichkeiten gegenüber
Kreditinstituten derart hoch bemessen wurde, das dieser nicht mehr erwirtschaftet
werden kann.
Die wachsenden Anzahl der in die Krise geratenen Unternehmen lässt sich durch
die steigenden Zahlen der Insolvenzen und Insolvenzanträge belegen. Im Jahr 2002
wurden etwa 38.000 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet und die Tendenz ist
steigend. Es werden für dieses Jahr mindestens 40.000 Insolvenzen erwartet.
2
Ver-
einzelt werden sogar Prognosen mit bis zu 42.000
3
und mehr Unternehmensinsol-
venzen gestellt (siehe Anhang H1 Abb.16).
Mit der deutschen Vereinigung und den darauf folgenden Jahren mit hohen
Wachstumsraten ließen optimistische Prognosen und somit große Investitionen zu,
für die oftmals hohe Darlehensverbindlichkeiten in Kauf genommen wurden. Auch die
Banken unterstützten diese Entwicklung durch die Gewährung von Krediten, deren
hohen Tilgungsraten heute in keinem Verhältnis zu den realisierten Erträgen stehen.
1 vgl. Häger (2000) S.V
2 vgl. Heinemann (2003) S.638
3 vgl. Schult / Bert / Lessing (2003) S.7

2
Das oft ohnehin schon geringe Eigenkapital der Unternehmen wird durch die großen
Belastungen so stark verringert, dass die Insolvenzantragsgründe häufig binnen kür-
zester Zeit eintreten. Um die entgültige Insolvenz der betroffenen Geschäftsbetriebe
zu vermeiden, besteht unter Umständen die Möglichkeit mit Hilfe einen Sanierungs-
konzeptes den Totalausfall der Firmen zu vermeiden. Bestandteil eines solchen Sa-
nierungskonzeptes ist unter anderem die Beurteilung über die Sanierungsfähigkeit
des Unternehmens. Besonders oft zeigt sich die beschriebene Problematik bei klei-
nen und mittelständigen Unternehmen und daher soll in der vorliegenden Arbeit be-
sonders auf diesen Gesellschaften eingegangen werden.
Unberücksichtigt sollen bei den nachfolgenden Ausführungen die Privatinsolven-
zen bleiben.
I.2
Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit
Vor den einleitend genannten Hintergründen soll die vorliegende Arbeit aktuelle
Empfehlungen und Vorgehensweisen zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit von in
der Krise befindlichen Unternehmen aufzeigen. Dabei sollen Schwachstellen und
Probleme angesprochen werden, die bei der Sanierungsprüfung eine Berücksichti-
gung finden müssen und auf Grund der rechtlich eher kurzfristig ausgerichteten Be-
trachtung einer betriebswirtschaftlich langfristigen Sichtweise unter Umständen kon-
trovers gegenüberstehen können. Daher soll im Verlauf dieser Arbeit ein Fahrplan
aufgestellt werden, der als Empfehlung zur Vorgehensweise bei der Sanierungsfä-
higkeitsbeurteilung angesehen werden kann. Dabei muss jedoch von vornherein
darauf hingewiesen werden, dass die Methodik der Prüfung grundsätzlich vom Ein-
zelfall und vom Sanierungsprüfer abhängt ist und daher im Rahmen dieser Arbeit
keine abschließende Empfehlung vorgenommen werden kann. Vielmehr wurde ver-
sucht einen umfassenden Überblick über mögliche Schritte und Schwächen zu ge-
ben, aus dem sich der Leser die aus seiner Sicht relevanten Teilaspekte entnehmen
kann. Vorwiegend wird im Rahmen dieser Arbeit die Betrachtung einer Sanierung im
weiteren Sinne (siehe S. 5) verfolgt.

3
I.3
Methodik und Aufbau der Arbeit
Im Grundlagenteil dieser Arbeit werden einige voraussetzende Begriffsbestimmun-
gen, die zur weiteren Abgrenzungen dienen, vorgenommen, welche den Leser in die
Thematik der Unternehmenssanierung einführen sollen. Weiterhin werden die we-
sentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte der Sanierungsprüfung aufgegrif-
fen um den Zusammenhang zur Sanierungsfähigkeitsprüfung herstellen zu können.
Dabei wird unter anderem auf betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Aspek-
te sowie wichtige Gesetze und Verordnungen eingegangen. Danach werden das
Ziel und die Aufgaben von Unternehmenssanierungen sowie deren prinzipieller Ab-
lauf angesprochen und auf einige Probleme eingegangen.
Anschließend wird im Hauptteil der Arbeit die Sanierungsfähigkeitsprüfung von
Unternehmen behandelt in dem zunächst das allgemeine Ziel und die Aufgaben be-
nannt werden und im Weiteren auf die einzelnen Bestandteile näher eingegangen
wird. Hierbei werden Probleme und Schwächen von Analyseschritten jeweils an der
zutreffenden Stelle erwähnt und soweit möglich Alternativempfehlungen besprochen.
Dieser Teil der Arbeit kann als möglicher Fahrplan für eine Beurteilung der Sanie-
rungsfähigkeit eines Krisenunternehmens angesehen werden, obgleich darauf hin-
zuweisen ist, dass eine Generalisierung nicht möglich wäre. Der Grund ist das die
Analysen im Rahmen der Sanierungsfähigkeitsprüfung jeweils auf das betroffene
Unternehmen abzustellen sind und verschiedene Faktoren berücksichtigen müssen
deren abschließende Aufzählung nicht realisierbar wäre.
Im Weiteren wird noch auf die Problematik der Prognostizierung zukünftiger Ent-
wicklungen eingegangen und die Ermittlung eines Gesamturteils vorgestellt.
Über den gesamten untersuchenden Hauptteil der Arbeit hinweg, steht besonders
die Risikoproblematik im Mittelpunkt, welche einen wesentlichen Einfluss auf die Be-
urteilung hat.
Zum Schluss werden in einer Zusammenfassung die wesentlichen Erkenntnisse
aufgeführt und ein Ausblick vorgenommen.

4
II
Grundlagen der Unternehmenssanierung
II.1 Begriffsbestimmung
Um Missverständnisse im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu vermeiden, ist es not-
wendig zunächst einige Begriffsbestimmungen, Definitionen und Erläuterungen vor-
zunehmen. Der Verfasser begrenzt seine Betrachtungen auf kleine und mittelständi-
ge Unternehmen, da der Mittelstand in Deutschland und Europa den Kernbereich der
Wirtschaft darstellt. Gelegentlich werden weiterführende Bemerkungen genannt.
Zunächst ist daher der Begriff ,,kleine und mittelständiges Unternehmen" (KMU) zu
definieren. Grundsätzlich ist ein Unternehmen eine Institution, die Leistungen für
Haushalte und andere Unternehmen erbringt. Dabei kann es sich um öffentliche, pri-
vatwirtschaftliche oder gemischte Unternehmen handeln.
4
Zur Abgrenzung von KMU
bestehen unterschiedliche Ansätze in der Literatur.
5
Auch der Gesetzgeber hat bei-
spielsweise im §267 HGB eine Größeneinteilung in Abhängigkeit von Bilanzsummen,
Umsatzerlösen und Arbeitnehmerzahlen vorgesehen.
6
Am 06.Mai 2003 hat die Euro-
päische Kommission eine neue Empfehlung zur Definition von KMU angenommen,
die als gemeinschaftsrechtliche Regelung ab dem 01.Januar 2005 die derzeitige De-
finition 96/280/EG ersetzt.
7
Einige Definitionen sind im Anhang H1 (Abb.17) als Ü-
bersicht zusammengefasst um die Unterschiede aufzuzeigen. Der Verfasser lehnt
sich bei der Definition von KMU im Rahmen dieser Arbeit an die Einteilung des Insti-
tutes für Mittelstandsforschung Bonn an. Demnach wird eine Einteilung anhand von
Beschäftigungszahlen vorgenommen. Unternehmen mit einer Arbeitnehmeranzahl
bis 49 Mitarbeitern werden als kleine Unternehmen verstanden. Bis zu einer Anzahl
von 499 Mitarbeitern werden Unternehmen dem Mittelstand zugeordnet und bei grö-
ßeren Beschäftigtenzahlen geht man von einem Großunternehmen aus. Weiterhin ist
die Begrenzung des Jahresumsatzes für die Klassifizierung von Bedeutung.
8
Im Rahmen dieser Arbeit werden die Begriffe ,,Unternehmen", ,,Betrieb", ,,Firma",
,,Geschäft" und ,,Gesellschaft" synonym verwendet.
4 vgl. Voss (1999) S.24f.
5 vgl. o.V. (2003a) S.1
6 siehe §267 Abs.1 und 2 HGB
7 vgl. o.V. (2003b) S.2
8 vgl. o.V. (2003a) S,1ff.

5
Eine Unternehmenskrise (siehe Kapitel II.2.1) stellt den Auslöser für eine Sanierung
dar. Alle Maßnahmen, die zur Beseitigung von krisenverursachenden Umständen
führen und somit die Existenz des Unternehmens sichern sollen, werden unter dem
Begriff der Unternehmenssanierung verstanden. Sie sind langfristig auszurichten
um nachhaltig das Überleben der betroffenen Gesellschaft zu sichern. Sanierung,
welches seinen Ursprung im lat. Begriff ,,sanare" findet und übersetzt Heilen oder
Gesundmachen bedeutet, ist in diesem Zusammenhang als Gesundung und Schaf-
fung leistungsfähiger Zustände zu verstehen.
9
Für Groß beinhaltet der Begriff Sanie-
rung auch die Durchsetzung der Sanierungsbefürworter gegen mögliche Gegner.
10
Die unterschiedlichen Umstände, die eine Unternehmenskrise verursachen kön-
nen, führen dazu, dass grundsätzlich neben der Liquidation der Firma zwei Möglich-
keiten zur Realisierung einer Sanierung bestehen. Einerseits handelt es sich um die
gerichtliche und andererseits um die außergerichtliche Sanierung. Welche Form der
Sanierung in Angriff genommen wird ist auch abhängig von der Ursache und den
Verantwortlichen, die die Krisensituation herbeigeführt haben. Bei einer außerge-
richtlichen Sanierung wird der Versuch unternommen, ein mögliches Insolvenzver-
fahren zu vermeiden und eine Einigung zwischen Schuldner und Gläubiger zu finden.
Dem gegenüber liegen bei einer gerichtlichen Sanierung die insolvenzrechtlichen
Tatbestände bereits vor und sie erfolgt auf Grundlage der Insolvenzordnung.
11
Weiterhin ist eine Unterscheidung des Sanierungsbegriffs nach Art und Umfang
der Sanierungsmaßnahmen möglich. Von einer Sanierung im engeren Sinne (Sa-
nierung i.e.S.) wird gesprochen, wenn eine Gesundung des Unternehmens aus-
schließlich auf finanzwirtschaftlicher Grundlage vorgenommen wird. Dem gegenüber
steht die Sanierung im weiteren Sinne (Sanierung i.w.S.). Bei der Sanierung i.w.S.
dienen neben finanzwirtschaftlichen auch leistungswirtschaftliche Maßnahmen der
Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.
12
In wieweit die Sa-
nierung eines krisenbehafteten Unternehmens gerechtfertigt werden kann ist in einer
speziellen Sonderprüfung, der Sanierungsprüfung darzustellen.
13
9 vgl. o.V. (2003c) S.3f
10 vgl. Groß (1988) S.23
11 vgl. Keller (1999) S.1f.
12 vgl. Häger (2000) S.42
13 vgl. Groß (1988) S.23

6
II.2
Wirtschaftliche Aspekte einer Sanierungsprüfung
II.2.1 Die Krise als Ausgangspunkt der Sanierung
Unternehmen die in einem Wettbewerbsmarkt agieren, sind einem ständigen Wandel
ihrer Umweltbedingungen ausgesetzt und müssen sich den Veränderungen mög-
lichst kontinuierlich anpassen.
14
Diese dauernde Veränderungen der Umwelt beinhal-
ten immer auch Risiken, die es gilt in ihren Teilrisiken zu erkennen und zu beherr-
schen
15
(Anhang H2 Abb.18). Den Wettbewerbern, die dieser permanenten Heraus-
forderung nicht gewachsen sind, droht unweigerlich die Unternehmenskrise. Sie
kann im Extremfall zur Insolvenzantragspflicht i.S.d. Insolvenzordnung führen, da der
Fortbestand des Geschäfts gefährdet oder unmöglich wird.
16
Daher lässt sich eine
Krise als existenzbedrohende Notsituation verstehen, welche die ungewollte Entwick-
lung der Gesamtsituation eines Unternehmens wiederspiegelt.
17
Der Krisenbegriff ist
somit aus wirtschaftlicher Sicht als Beschreibung für eine außergewöhnliche Situati-
on zu verstehen, dessen Problemlösung hohe Anforderungen an die Firma stellt.
18
Befindet sich ein Unternehmen in einer Krisensituation, so ist im Gegensatz zur
Katastrophensituation eine Rettung durch aktives Handeln zur Herstellung des Un-
ternehmensgleichgewichtes möglich.
19
Von der betriebswirtschaftlichen Definition des Begriffs ,,Krise" sind die insolvenz-
rechtlichen Begriffe ,,Überschuldung" und ,,Zahlungsunfähigkeit" zu unterscheiden, da
ein Unternehmen, dass sich in Schwierigkeiten befindet nicht zwingend überschuldet
oder zahlungsunfähig sein muss.
20
Weitere Ausführungen werden Im Kapitel II.3 bei
den rechtlichen Aspekten einer Sanierungsprüfung vorgenommen. Beispielsweise
können Zahlungsverzögerungen und Zwangsvollstreckungen einzelner Gläubiger
nicht zwingend als Krise gedeutet werden, da nicht unbedingt eine Existenzbedro-
hung oder eine akute Gefahr daraus resultieren muss.
21
14 vgl. Häger (2000) S.1
15 vgl. Keller (1999) S.4f.
16 vgl. Häger (2000) S.1
17 vgl. Keller (1999) S.3
18 vgl. Böckenförde (1996) S.15
19 vgl. Böckenförde (1996) S.15
20 vgl. Häger (2000) S.1
21 vgl. Keller (1999) S.3

7
Kriterien, die auf eine Krisensituation schließen lassen sind zum Beispiel eine beste-
hende Kreditunwürdigkeit, d.h. das Unternehmen erhält unter marktüblichen Bedin-
gungen kein Darlehen mehr, oder andauerndes Zahlungsaussetzungen, so sie nicht
auf Rechtsstreitigkeiten basieren.
22
Eine Krise wird gekennzeichnet durch den Kri-
senherd, die Krisenart und das Krisenstadium.
23
Angelehnt an diese Kriterien wird im
späteren die Krisenursachenanalyse (Kapitel III.4) durchgeführt.
Es gibt zwei mögliche Krisenherde durch die ein Unternehmen in eine Krisensitu-
ation kommen kann, wobei ein gemeinsames Auftreten beider Ursachen ebenfalls
möglich ist. Ein Krisenherd beschreibt die Entstehungsart einer Krise und kann zum
einen exogen, d.h. unabhängig von den Aktivitäten des Unternehmens, oder endo-
gen, d.h. bedingt durch das Unternehmen selbst, verursacht werden. Eine endogene
Krise kann zum Beispiel durch fehlerhafte Kalkulation oder falsches Marketing her-
vorgerufen werden. Exogene Krisen entstehen beispielsweise durch hohe Zinsbelas-
tungen, fehlende Arbeitskräfte oder Streiks.
24
Unter Streiks ist der gewerkschaftlich
organisierte Abzug von Arbeitskräften aus den Unternehmungen zu verstehen
25
, was
zeigt, dass ein Unternehmen allein nicht immer die Situation beeinflussen kann.
Weiterhin können drei Krisenarten unterschieden werden. Bei einer Strategiekrise
wurden die langfristigen Erfolgspotentiale aufgebraucht oder sie sind gefährdet, bei
einer Erfolgskrise, auch operative Krise genannt, entstehen dem Unternehmen Ver-
luste, welche zum Aufbrauchen des Eigenkapitals (EK) und somit zur Gefahr einer
Überschuldung führen, und bei einer Liquiditätskrise ist die Zahlungsfähigkeit der
Gesellschaft bedroht oder erloschen.
26
2
Die drei Krisenarten sind gekennzeichnet
durch zeitliche Verknüpfungen. Strategische Krisen sind in der Regel langfristig, die
Erfolgskrisen oft mittelfristig und die Liquiditätskrisen eher kurzfristig.
27
Ihre Entste-
hungsfolge baut aufeinander auf, so dass die Einteilung des Krisenprozesses in
Phasen vorgenommen werden kann.
28
Die Graphik im Anhang H3 (Abb.19) verdeutlicht den Krisenentstehungsprozess.
22 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.23f.
23 vgl. Fechner (1999) S.21
24 vgl. Fechner (1999) S.22f.
25 vgl. Mankiw (1999) S.625
222XX32333
26 vgl. Böckenförde (1996) S.18ff.
27 vgl. Fechner (1999) S.24f.
28 vgl. Böckenförde (1996) S.21

8
Der Grad der Bedrohung von wichtigen Unternehmenszielen wird unter dem Begriff
Krisenstadium zusammengefasst. Die richtige Einschätzung des Stadiums ist eine
Voraussetzung für die richtige Reaktion auf die Krise, da durch den zeitlichen Ablauf
diverse Maßnahmen nicht mehr möglich werden. Für die Beurteilung über die Kri-
senwirkung werden zwei Krisenstadien relevant. Zum Einen kann eine Krise exis-
tenzbedrohend sein, d.h. durch richtiges und rasches Gegensteuern ist die Rettung
des Unternehmens möglich, zum Anderen kann sie existenzvernichtend sein. Im
zweiten Fall ist die Rettung in der bisherigen Form nicht gegeben.
29
Böckenförde
zieht ein weiteres Stadium in Betracht, in dem er bei seinen Betrachtungen über die
Krisenphasen die nicht existenzbedrohende Krise als Ausgangspunkt des Entwick-
lungsprozesses setzt.
30
Die Merkmale hängen miteinander zusammen und sind ge-
meinsam und in ihren Abhängigkeiten zu betrachten (siehe Anhang H4 Abb.20).
Der
Begriff
Insolvenz steht in engem Zusammenhang mit dem Krisenbegriff und
wird in der Insolvenzordnung (InsO) durch die Benennung der drei Insolvenzeröff-
nungsgründe beschrieben, jedoch nicht explizit definiert. Ein Ansatz findet sich je-
doch in Artikel 1 VO(EG) 1346/2000 i.V.m. Anhang A, der besagt das eine Insolvenz
vorliegt, wenn gegen einen Schuldner ein vollständiger oder teilweiser Vermögens-
beschlag sowie die Bestellung eines Insolvenzverwalters vorgenommen wurde. Dies
ist der Fall, wenn einer der in der InsO bestimmten Eröffnungsgründe vorliegt.
31
Wil-
den beschreibt den Begriff der Insolvenz aus Bankensicht in seiner Veröffentlichung
bei Buth / Herrmanns als negatives Endresultat einer Krise.
32
Mit der aktuellen Fassung der Insolvenzordnung wurde dem betriebswirtschaftli-
chem Grundgedanken den Insolvenzbegriff weiter auch auf das Vorfeld der Insolvenz
auszudehnen, durch Einführung der ,,drohenden Zahlungsunfähigkeit" als Eröff-
nungsgrund Rechnung getragen, so dass dem Verfasser eine begriffliche Differen-
zierung im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht notwendig erscheint.
Die weiteren Ausführungen beziehen sich zusätzlich zu den Unternehmen, welche
bereits als insolvent bezeichnet werden können, auch auf ,,notleidende Unterneh-
men" und ,,Unternehmen in Schwierigkeiten".
29 vgl. Fechner (1999) S.25f.
30 siehe Böckenförde (1996) S.23
31 siehe InsO §§17-19, VO(EG) Artikel 1, VO(EG) Anhang A
32 vgl. Wilden (1998) S.1

9
II.2.2 betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Grundbetrachtungen
Bereits in den einführenden Bemerkungen wurde auf die Entstehung von Krisensi-
tuationen als Resultat des fehlerhaften Umgangs mit den unternehmerischer Risiken
und der daraus entstehenden Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen eingegan-
gen. Wenn eine Unternehmenskrise festgestellt wurde, sollte umgehend mit der Sa-
nierungsprüfung begonnen werden
33
. Hierbei soll rational über den Fortbestand des
Unternehmens entschieden werden. Aus volkswirtschaftlicher und betriebswirtschaft-
licher Sicht soll eine optimale Verwendung von Kapital erreicht werden, denn sowohl
für die bisherigen als auch für eventuelle neue Kapitalgeber würde eine fehlgeschla-
gene Sanierung eine Verschlechterung bedeuten. Daher ist das Risiko eines Schei-
terns der Bemühungen und der daraus entstehende volkswirtschaftliche Schaden mit
den Chancen einer Weiterführung abzuwägen
34
.
Die Wettbewerbsverzerrungen, welche die Hilfsmaßnahmen, insbesondere des
Staates und der Banken, im Rahmen der Sanierungsbemühungen hervorrufen kön-
nen, sind sowohl aus wirtschaftswissenschaftlicher als auch aus praxisorientierter
Sicht nachweisbar. Sie gehen grundsätzlich zu Lasten der leistungsfähigen Wettbe-
werber, denen keine Unterstützungen zuteil werden. Das durch derartige Wettbe-
werbsverzerrung ganze Branchen in den Ruin getrieben werden können, erkannte
Brandstetter
35
bereits 1993 und der später einsetzende Niedergang der deutschen
Bauwirtschaft kann nach Meinung des Verfassers als praxisnaher Beweis dieser
Vermutung angesehen werden, denn anfänglich wurde versucht die drohende Ver-
schlechterung durch Förderung und Subventionierung aufzuhalten. Die daraus resul-
tierende erzwungene Lebenserhaltung von wirtschaftlich nicht mehr tragfähigen Un-
ternehmen führte dazu, dass Aufträge und somit Zahlungen an Firmen vergeben
wurden, die unter normalen Bedingungen bereits als Konkurrenten nicht mehr am
Markt gewesen wären. Diese Einnahmen fehlten den bis dahin noch stabilen Unter-
nehmen und führten zur Entstehung von Krisensituationen, die unter reinen Wettbe-
werbsbedingungen wahrscheinlich nicht zustande gekommen wären.
Zu bedenken bleibt jedoch, dass der Zeitgewinn dieser Sanierungsversuche bis
zur Insolvenz zunächst für Arbeitnehmer, Lieferanten und Kunden und nicht zuletzt
222222
33 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.23
34 vgl. Brandstätter (1993) S.12
35 siehe Brandstätter (1993) S.12

10
aus politischen Gründen durchaus von Vorteil sein kann, was eine gesamtwirtschaft-
liche Beurteilung erschwert.
36
Auch spielt die Öffentlichkeit und insbesondere die
Medien je nach Bedeutung des Krisenunternehmens eine Rolle, denn sie kann viel-
versprechende Sanierungsvorhaben erheblich behindern.
37
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht liegt die Bedeutung der Sanierungsprüfung in
großem Maße im Bereich der Zweckmäßigkeit einer weiteren Kapitalzuführung, da
eine Sanierung i.d.R. mit dem Einsatz von Kapital verbunden ist. Dies kann der Be-
seitigung des Überschuldungsstatus oder der Zahlungsunfähigkeit dienen oder zur
Finanzierung der leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen eingesetzt wer-
den. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang die Zufuhr von EK und die Ver-
gabe von FK durch die Kapitalgeber.
38
Für FK ­Geber ist die Vergabe von Kapital analog dem Kapitel II.2.1 mit Risiken
verbunden, die zu Verlusten führen können. Häufig handelt es sich hierbei um Kredit-
institute, welche die Beteiligung an Sanierungsmaßnahmen auf Grund der meist sehr
hohen Kreditvolumina besonders sorgfältig prüfen müssen, da auch die zukünftige
Entwicklung eines erfolgreich sanierten Unternehmens ungewiss ist.
39
Des weiteren
sind ungesicherte oder nicht ausreichend gesicherte bereits bestehende Kreditmittel
hochgradig ausfallgefährdet. Eine Nachsicherung von Altengagements ist problema-
tisch da ein potentieller Verwalter im Insolvenzfall Anfechtungsmöglichkeiten gegen
die Nachsicherungen besitzt.
40
Daher sind alle FK ­Geber bestrebt ihr Risiko mit Hil-
fe eines Risikomanagements zu minimieren. Die Bestimmung des mit der Vergabe
eines Sanierungskredites verbundenen Ausfall- und Terminrisikos ist für die Kredit-
bewilligung von besonderer Bedeutung woraus sich die besonderen Anforderungen
an die Sanierungsprüfung aus Sicht dieser Beteiligten ergeben.
41
Kreditinstitute wer-
den ihre Entscheidung über die Bewilligung von Neukrediten, neben speziellen Absi-
cherungen, von den Ergebnissen einer Sanierungsprüfung abhängig machen.
42
Inso-
fern entspricht die Sanierungsprüfung der Kreditwürdigkeitsprüfung als generelles
Instrument der Risikobestimmung bei der Fremdkapitalvergabe.
43
1234
36 vgl. Flessner (1982) S.250
37 vgl. Böckenförde (1996) S.43
38 vgl. Brandstätter (1993) S.12
39 vgl. Brandstätter (1993) S.12f.
40 vgl. Lützenrath / Schröer (2001) S.1f .
41 vgl. Brandstätter (1993) S.12f.
42 vgl. Lützenrath / Schröer (2001) S.1f .
43 vgl. Brandstätter (1993) S.13f.

11
A n s p r u c h s g r u p p e n /
B i l a n z a d r e s s a t e n
Z i e l v o r s t e l l u n g e n
E i g e n t ü m e r
G e w i n n e r z i e l u n g u n d - a u s s c h ü t t u n g
V e r m ö g e n s m e h r u n g
A r b e i t n e h m e r
S i c h e r u n g d e r A r b e i t s p l ä t z e , V e r b e s s e r u n g d e r
V e r d i e n s t - u n d A u f s t i e g s c h a n c e n ,
E r h a l t u n g d e r P e n s i o n s z u s a g e n
G l ä u b i g e r
E i n b l i c k i n d i e V e r m ö g e n s - , F i n a n z - u n d
E r t r a g s l a g e , A u s s c h ü t t u n g s s p e r r e
L i e f e r a n t e n
B e u r t e i l u n g d e r Z a h l u n g s f ä h i g k e i t u n d d e s
F o r t b e s t a n d e s
K u n d e n
S i c h e r u n g d e r V e r s o r g u n g , d e r W a r t u n g u n d d e r
G a r a n t i e n , S t a b i l i t ä t u n d F o r t b e s t a n d
F i s k u s
E r m i t t l u n g d e r S t e u e r b e t r ä g e
Ö f f e n t l i c h k e i t
E n t w i c k l u n g s t e n d e n z e n a l s A r b e i t g e b e r , S t e u e r -
z a h l e r , E i n h a l t u n g g e s e t z l i c h e r V o r s c h r i f t e n
Aus Sicht der EK-Geber ist die Sanierungsprüfung als Investitionsentscheidungs-
grundlage von Bedeutung, da sie eine rationale Entscheidung über den Kapitalein-
satz unterstützen soll. Daher soll die Sanierungsprüfung Aufschlüsse über die Risi-
ken des Eigenkapitaleinsatzes sowie die zu erwartende Rentabilität geben. Anders
als beim Fremdkapital steht die Verzinsung des Eigenkapitals nicht vorher fest. Da-
her ist die Berechnung der Eigenkapitalrentabilität notwendig.
44
Zur Berechnung der
Rentabilität ist die Ermittlung der zu erwartenden Einzahlungsüberschüsse erforder-
lich. Diese werden in das Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital gesetzt und zei-
gen die Höhe der Kapitalverzinsung.
45
Um die Einzahlungsüberschüsse des Unter-
nehmens zu bestimmen ist die Prognose der zukünftigen Ertragsentwicklung im
Rahmen des Sanierungskonzeptes notwendig. Zusätzlich zu den Risiken, die den
Kapitalgebern von Fremdkapital entstehen, kommen auf die Eigenkapitalgeber even-
tuell weitere Risiken hinzu
46
.
Wie aus den Ausführungen erkennbar ist, besitzt die Sanierungsprüfung sowohl
volkswirtschaftliche als auch betriebswirtschaftliche Bedeutung. Sie hat das Risiko
der Beteiligten in Einklang mit ihren Zielvorstellungen, sowie die Chancen einer er-
folgreichen Sanierung zu analysieren und zu bewerten um eine objektive Entschei-
dung bezüglich der Fortführung fällen zu können. Da die wichtigste Grundlage zur
Informationsbeschaffung die Jahresabschlüsse des Krisenunternehmens sind, sollen
die Anspruchsgruppen mit den typischen Bilanzadressaten gleichgesetzt werden.
47
Abb.1: Zielvorstellungen der Anspruchsgruppen / Bilanzadressaten
Quelle: Klingebiel (2000) Die Rolle des externen Rechnungswesens für die Krisenerkennung und
Krisenüberwindung in: Birker / Pepels (2000) Handbuch Krisenbewusstes Management S.66.
44 vgl. Brandstätter (1993) S.14
45 vgl. Wöhe (2000) S.47
46 vgl. Brandstätter (1993) S.14
47 vgl. Klingebiel (2000) S.65ff.

12
II.3 Rechtliche Aspekte einer Sanierungsprüfung
Neben den bereits genannten wirtschaftlichen Aspekten, die eine Sanierung erforder-
lich machen können, spielen im Falle der bereits eingetretenen Insolvenz des Unter-
nehmens auch rechtliche Aspekte eine wichtige Rolle. Eine Sanierungsprüfung kann
im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, bei der Vergabe von Sanierungskrediten oder
bei der Beurteilung der Überschuldungsmessung relevant werden, obgleich sie nicht
gesetzlich fixiert wurde.
II.3.1 Sanierungsprüfung im Rahmen des Insolvenzverfahren
Bei der Sanierungsprüfung im Rahmen eines Insolvenzverfahren ist die derzeit gel-
tende Insolvenzordnung i.V.m. der Verordnung (EG) 1346/2000 vom 29. Mai 2000
über Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung. Die Insolvenzordnung (InsO)
in ihrer aktuellen Fassung vom 01.Januar 1999 findet ihren Ursprung in der aus dem
Jahr 1877 stammenden Konkursordnung und der 1935 folgenden Vergleichsord-
nung. Am 05.Oktober 1994 legte der Gesetzgeber nach 20jähriger Diskussion die
erste Fassung der Insolvenzordnung vor. Da diese den gegebenen Anforderungen
nicht mehr gerecht werden konnte, trat zum 01.Januar 1999 eine neu angepasste
Insolvenzordnung in Kraft. Hauptanliegen der neuen Insolvenzordnung ist es, den
Eröffnungszeitpunkt eines Insolvenzverfahrens vorzuverlegen, da in der Vergangen-
heit lediglich ein geringer Teil der beantragten Verfahren auch eröffnet wurden. Der
Großteil der Anträge wurde mangels Masse abgewiesen.
48
Durch die Neufassung
der Insolvenzordnung sollte die entstandene Realitätsferne der alten Ordnung revi-
diert und die Zahl der eröffneten Insolvenzverfahren erhöht werden, was dem ersten
Anschein nach gelungen sein könnte. Dies zeigt sich aus dem Umstand der sprung-
haft angestiegenen Zahl der beantragten Insolvenzverfahren mit dem Inkrafttreten
der neuen Insolvenzordnung. Problematisch ist jedoch immer noch die große Zahl an
massearmen Insolvenzverfahren, die sicherlich seitens des Gesetzgebers noch Ver-
besserungen notwendig machen. Dennoch lässt sich sagen, dass ein wesentlicher
888
48 vgl. Hess / Weis (1999) S.43f.

13
Schritt getan wurde. Hierzu wurden wesentliche Veränderungen, wie beispielsweise
die massenanreichernde Maßnahme der Bestimmung der ,,drohenden Zahlungsun-
fähigkeit" §18 InsO als Insolvenzantragsgrund oder die Restschuldbefreiung einge-
führt. Das generelle Ziel der neuen InsO ist die Sammlung, Verteilung und optimale
Verwertung des schuldnerischen Vermögens.
49
Eine Insolvenz im Sinne der InsO liegt vor, wenn die in den §§17-19 InsO genann-
ten Insolvenzgründe gegeben sind. Es handelt sich hierbei um :
- Zahlungsunfähigkeit i.S.d. §17 InsO
- drohende Zahlungsunfähigkeit i.S.d. §18 InsO
- Überschuldung i.S.d. §19 InsO
Von einer Zahlungsunfähigkeit nach §17 Abs.2 InsO kann gesprochen werden,
wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Dies wird regelmäßig angenommen, wenn er die Zahlungen eingestellt hat.
50
Unter
Zahlungseinstellung wird die, auf Grund mangelnder Zahlungsmittel, nach außen
erkennbar gewordene Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen verstanden, wel-
che bereits bei Unvermögen des Schuldners zur Befriedigung von Großgläubigern
vorliegt obwohl geringere Zahlungen erbracht werden können.
51
Man kann in diesem
Zusammenhang von der Illiquidität des Schuldners sprechen. Dieser Insolvenzan-
tragsgrund ist ausschließlich auf Geldleistungen zu beziehen und schließt andere
Verbindlichkeiten wie Lieferungen und Leistungen aus. Eine weitere Voraussetzung
ist die Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung, die nach neuer Rechtsprechung vom
Gläubiger nicht eingefordert werden muss. Die Fälligkeit wird als ausreichend ange-
nommen.
52
Als Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit gelten beispielsweise die Ein-
stellung des Geschäftsbetriebes, die Erklärung nicht mehr zahlungsfähig zu sein,
offene Lohnzahlungen und Sozialversicherungsbeiträge, häufige Wechselproteste,
Nichtzahlung von Energielieferungen und unterlassene Steuerzahlungen.
53
49 vgl. Hess / Weis (1999) S.43ff.
50 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S. 25
51 vgl. Hess / Weis (1999) S.53f.
52 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.25f.
53 vgl. Hess / Weis (1999) S.54

14
Der seit 1999 in der Insolvenzordnung verankerte Eröffnungsgrund nach §18 InsO,
die drohende Zahlungsunfähigkeit, soll der weiteren Vorverlagerung der Eröffnung
eines Insolvenzverfahrens dienen. Einen Antrag aus diesem Grund kann nur der
Schuldner selbst stellen.
54
Diese Vorschrift dient dem Schutz des Schuldners um
frühzeitig im Rahmen eines Insolvenzplanes die Sanierung des Unternehmens zu
ermöglichen. Nach §18 Abs. 2 besteht die drohende Zahlungsunfähigkeit, wenn der
zur Zahlung verpflichtete voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, den bestehen-
den Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Dies kann anhand einer Prognose
über die finanzielle Entwicklung des Unternehmens bis zur Fälligkeit der Verbindlich-
keiten bestimmt werden. Das Ergebnis muss verdeutlichen, dass die Wahrschein-
lichkeit zur Deckung der Verbindlichkeiten aus den Einnahmen und den vorhandenen
Aktiva gering ist.
55
Im Gegensatz zum §17 InsO, der grundsätzlich auf die Zeitpunkt-
Illiquidität abstellt, wird beim §18 InsO von einem Zeitraum ausgegangen, bei dem
zusätzlich die bestehenden aber noch nicht fälligen Zahlungsverpflichtungen berück-
sichtigt werden. Die gegenwärtige und die zukünftige Erlössituation werden für diese
Betrachtung relevant.
56
Insbesondere für Kreditgesellschaften kann die Vorverlage-
rung des Insolvenzverfahrens zu Problemen führen, da damit eine Ausweitung des
Anfechtungszeitraumes nach den §§ 129ff. InsO zugunsten des Insolvenzverwalters
verbunden ist. Dadurch ist für die Kreditgeber eine strengere Überprüfung von be-
stehenden Kreditgeschäfte unabdingbar geworden, da keine Rechtsmittel gegen die-
sen Insolvenzantragsgrund durch die Bank eingesetzt werden können. Auch hat die
Bereitschaft zur Mitarbeit im Sanierungsfall an Bedeutung zugenommen, da eine
Verwertung der bestehenden Sicherheiten oft eine höhere Ausfallquote beinhaltet als
es das Engagement in Form von Stundungen und der Vergabe neuer Kreditlinien
erwarten lässt.
57
Als weiterer Antragsgrund wird die Überschuldung nach §19 InsO aufgeführt. Auf
den Insolvenzantragsgrund einer Überschuldung und deren Messung wird gesondert
im Kapitel II.3.3 eingegangen.
54 vgl. Hess / Weis (1999) S.54
55 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.27
56 vgl. Keller (1999) S.42f.
57 vgl. Rieder / Hoffmann (2001) S.216

15
Zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass die Antragsgründe nach den §17 InsO und
§18 InsO von allen Schuldner erfüllt werden können, aber ein Antrag auf Grundlage
einer Überschuldung nach §19 InsO nur durch juristische Personen eingereicht wer-
den kann. Des Weiteren unterscheidet die InsO zwischen einer Antragspflicht und
der Antragsmöglichkeit. Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags beim zustän-
digen Amtsgericht besteht bei Zahlungsunfähigkeit lt. §17 InsO und bei Überschul-
dung lt. §19 InsO. Im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit i.S.d. §18 InsO hat
der Schuldner ein Wahlrecht. Die unterschiedliche Herangehensweise bei der An-
tragsstellung wurde eingeführt um in den Fällen der §§17 und 19 die Gläubiger vor
weiteren Schäden zu schützen, da der Schuldner aus dem allg. Geschäftverkehr
gehalten werden soll. Die Antragsstellung kann sowohl durch den Schuldner als auch
bei ausreichender Begründung durch den Gläubiger beantragt werden. Zwangsmaß-
nahmen der Gläubiger werden verboten um eine mögliche Sanierung der betroffenen
Gesellschaft zu prüfen. Die Antragsmöglichkeit nach §18 InsO als Wahlmöglichkeit
dient dem Schutz des schuldnerischen Unternehmens, da den Gläubiger einseitige
Zwangsmaßnahmen untersagt werden. Die Weiterführung des Unternehmens soll
durch die Sicherung der Vermögensgegenstände und betriebsnotwendigern Mittel
ermöglicht werden. Die Prüfung der Sanierungsmöglichkeit kann so auf Grundlage
eines Fortbestehens untersucht werden, was bei einseitigen Pfändungsmaßnahmen
durch die Gläubiger nicht gewährleistet ist.
58
Die Neuregelungen der InsO ermöglichen es abweichend von der Regelabwick-
lung, welche die Verwertung des schuldnerischen Vermögens zu Hauptgegenstand
hat, im Rahmen eines Insolvenzplanes die gerichtliche Sanierung des Unternehmens
vorzunehmen.
59
Der §1 InsO bildet die rechtliche Grundlage der Forderung nach
dem Erhalt des Unternehmens.
60
Der vorläufige Insolvenzverwalter kann nach
§22 Abs.1 Nr.3 InsO mit der Prüfung über die Chancen und Risiken einer Fortfüh-
rung des Unternehmens beauftragt werden. Die Erstellung eines Insolvenzplanes soll
eine objektive Bewertung über die bestmögliche Gläubigerbefriedigung abgeben und
kann zum Hinausschieben der Verfahrenseröffnung führen. Bei der Erstellung des
Insolvenzplanes sind die Regelungen der §§217ff. zu berücksichtigen.
61
58 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.24ff.
59 vgl. Keller (1999) S.229
60 siehe §1 InsO
61 vgl. Keller (1999) S.229f.

16
A n tra g
vo rlä u fig e s
In so lve n zve rfa h re n
E rö ffn u n g /
A b w e isu n g
B e rich tste rm in
P rü fu n g ste rm in
E rö ffn e te s
In so lve n zve rfa h re n
g g f. w e ite re
T e rm in e
S ch lu sste rm in
Der Ablauf des Insolvenzverfahrens soll an dieser Stelle nur flankierend Berücksich-
tigung finden. Nach Eintritt der Antragspflicht bzw. Antragsmöglichkeit zu einem In-
solvenzverfahren, wird nach eingehender Prüfung der Antragsunterlagen auf ihre
Richtigkeit und Vollständigkeit das Verfahren eröffnet oder abgewiesen. Gründe für
eine Abweisung können zum Beispiel der Mangel an Masse oder der Verlust der An-
tragsgründe sein. Vom Zeitraum der Antragsstellung bis zur Eröffnung des Verfah-
rens kann das Amtsgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit der Fortführung,
Überwachung, Kontrolle und der Bestansaufnahme beauftragen um mit Hilfe des
anzufertigenden Berichtes eine Entscheidung über die endgültige Eröffnung zu fäl-
len. Nach erfolgter Eröffnung ist zu bestimmten Berichts- und Prüfungsterminen der
Fortgang zu dokumentieren. Durch eine Sanierungsprüfung ist es möglich das Un-
ternehmen im Rahmen der Insolvenz zu sanieren. Andernfalls erfolgt zum Ende des
Insolvenzverfahrens die vollständige oder teilweise Liquidation des Unternehmens.
62
Die Grafik stellt den grundsätzlichen Verfahrensablauf in zeitlicher Folge dar.
Abb.2: Insolvenzverfahren
Quelle: Schulz / Bert / Lessing (2003) Handbuch Insolvenz S.32
Im Rahmen der Insolvenzantragspflicht ist darauf hinzuweisen, dass sich unter ande-
rem weitere Regelungen für haftungsbeschränkte Gesellschaften im GmbHG
63
und
für Aktiengesellschaften im AktG
64
finden.
62 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.104ff.
63 siehe §64 GmbHG
64 siehe §92 AktG

17
II.3.2 Sanierungsprüfung bei der Sanierungskreditvergabe
Weiterhin kann eine Sanierungsprüfung bei der Beantragung von Sanierungskrediten
notwendig werden. Bei derartigen Krediten handelt es sich um die finanzielle Mittel-
zufuhr durch Banken oder andere Kreditgeber an sanierungsbedürftige Unterneh-
men. Sie sind zweckgebunden und dienen der Abwendung der Illiquidität oder der
Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Um einen Kredit als
Sanierungskredit bezeichnen zu können ist grundsätzlich der Zustand der Sanie-
rungsbedürftigkeit eines Unternehmens zu analysieren. Eine Sanierungsprüfung ist
aus Sicht der Banken neben den wirtschaftlichen Aspekten aus rechtlichem Grund
nach §18 Kreditwesengesetz (KWG) erforderlich. Demnach hat das Kreditinstitut die
Pflicht, die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Kreditnehmers zu prüfen um das Ver-
mögen der Bankeinleger zu schützen und die Funktionsfähigkeit des Kreditwesens
zu sichern.
65
Eine besondere Vorsicht auf Bankenseite besteht, wenn die Sanie-
rungsplanung ein Erfordernis der Nachkreditgewährung nicht völlig ausschließt, da
hierdurch die mögliche Rechtspflicht zur späteren Kreditgewährung entstehen kann.
Diese besonders vorsichtige Herangehensweise ist das Resultat von Niederlagen bei
Auseinandersetzungen mit Verwaltern von sanierungsbedürftigen Unternehmen.
66
Ein Kreditinstitut kann in der Regel zur Gewährung von Sanierungskrediten verpflich-
tet sein, wenn beispielsweise eine Zusage seitens der Kreditgeber vorliegt, eine sehr
starke wirtschaftliche Abhängigkeit des Kreditsuchenden zu seiner Hausbank besteht
oder ein Verzicht der Bank auf fristlose Kündigung zum Wegfall des Kündigungsrech-
tes geführt hat.
67
Darüber hinaus hat eine Bank zur Abwehr von Schadenersatzansprüchen den
§826 BGB zu beachten, der ein sittenwidriges Verhalten untersagt. Hierbei ist zu be-
rücksichtigen, dass dieser Tatbestand nur in Betracht kommt, wenn ein eigennützi-
ges Motiv unterstellt werden kann. Von einer Sittenwidrigkeit i.S.d. BGB kann zum
Beispiel bei einer Insolvenzverschleppung, einer Gefährdung weiterer Gläubiger oder
einer Teilhaberschaft durch die Bank gesprochen werden. Das Stillhalten der Bank
durch Stundung von Krediten kann den Tatbestand des §826 BGB erfüllen, wenn die
65 vgl. Brandstätter (1993) S.26
66 vgl. Groß (1988) S.91f.
67 vgl. Fechner (1998) S.204

18
Zeit bis zur Insolvenz genutzt wird um der Bank Vorteile zu verschaffen und dadurch
dritte Gläubiger zu schädigen.
68
Hingegen wird nach einem Urteil des BGH von 1956
kein sittenwidriges Verhalten bei der Vergabe von Sanierungskrediten durch Kredit-
instituten angenommen, wenn im Vorfeld eine sorgfältige Untersuchung der Er-
folgsaussichten einer Sanierung vorgenommen wurde. Dabei muss eine hohe Wahr-
scheinlichkeit des Erfolges ausgewiesen sein, die jedoch auch ein angemessenes
Maß an Risiko beinhalten darf. Lediglich Formulierungen des Prüfers wie ,,ernste
Zweifel" oder ,,wirtschaftliche Sinnlosigkeit weiterer Kredite" lassen bei ungeachteter
Kreditvergabe den Schluss eines sittenwidrigen Handelns zu.
69
Hierzu wurden in den
vergangenen Jahren eine große Reihe an Präzedenzfällen durch den BGH bearbei-
tet, so dass aus Bankensicht bekannt ist, in welchen Fällen eine Vergabe von Sanie-
rungskrediten ohne rechtliche Folgen zu rechen ist.
Befindet sich ein Unternehmen erkennbar in einer Krise ist es notwendig während
der Zeit einer Sanierungskonzepterstellung eine mögliche Insolvenzantragpflicht zu
vermeiden. Für den Fall der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit besteht für eine Bank
die Möglichkeit der Gewährung von gesicherten Überbrückungskrediten, die aus-
schließlich der Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit in dieser Phase dienen und
ohne haftungsrechtliche Risiken gewährt werden können. Voraussetzung ist jedoch,
dass das Unternehmen nicht deutlich sanierungsunfähig oder sanierungsunwürdig
ist.
70
Diese Ausführungen belegen die Notwendigkeit einer Sanierungsprüfung als Absi-
cherungsmaßnahme der Kreditgeber zum Ausschluss haftungsrechtlicher Ansprü-
che. Dem entgegen ist eine Prüfung nicht notwendig, wenn bereits durch die öffentli-
che Hand oder weitere Banken die Sanierungswürdigkeit nachgewiesen wurde
71
.
68 vgl. Brandstätter (1993) S.28f.
69 vgl. Drukarczyk / Brüchner (2001) S.71ff.
70 vgl. Lützenrath / Schröer (2001) S.2
71 vgl. Brandstätter (1993) S.31ff.

19
II.3.3 Sanierungsprüfung zur Überschuldungsmessung
In der InsO ist der Tatbestand der Überschuldung im §19 InsO als Insolvenzantrags-
grund explizit ausgewiesen. Zur Messung der Überschuldung eines Unternehmens
oder einer anderen juristischen Person ist eine Prüfung vorzunehmen. Wie bereits im
Kapitel II.3.1 erwähnt wurde, gilt der Tatbestand einer Überschuldung als weiterer
Antragsgrund für ein Insolvenzverfahren. Sie liegt vor, wenn das Vermögen des
Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt. Feststellbar ist eine Über-
schuldung mittels der Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva des Schuldners.
72
Die Feststellung der rechnerischen Unterdeckung kann auf Basis von zwei Wertan-
sätzen vorgenommen werde. Als Basis können der Fortführungswert oder der Liqui-
dationswert dienen. Der §19 Abs.2 InsO schreibt die Annahme des Fortführungswer-
tes vor, wenn eine Weiterführung des Unternehmens wahrscheinlich ist. Aus diesem
Grund ist in einem ersten Schritt eine Fortführungsprognose zu erstellen. Weiterhin
muss eine Beurteilung über die Stabilisierung des finanziellen Gleichgewichtes in-
nerhalb eines Jahres auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzeptes vorge-
nommen werden. Wird im Rahmen dieser Fortführungsprognose eine positive Be-
wertung für die Zukunft bescheinigt, so ist der Fortführungswert bei der Überschul-
dungsfeststellung zugrunde zu legen. Andernfalls ist der Liquidationswert anzuset-
zen. Ergibt sich bei der Gegenüberstellung des Vermögensvergleiches eine Über-
schuldung ist der Insolvenzgrund begründet.
73
Darüber hinaus bestehen weitere rechtliche Gründe für eine Sanierungsprüfung
die u.a. in den § 22 Abs.1 Nr.3 InsO und § 217 InsO zu finden sind.
74
Auch wenn die InsO eine Prüfung der Sanierungsfähigkeit nicht explizit ausweist,
so erscheint sie dennoch im Rahmen eines Berichtes des Insolvenzverwalters zum
Berichtstermin zwingend erforderlich, denn §156 InsO schreibt neben der Darlegung
der wirtschaftlichen Lage des Schuldners und den Insolvenzursachen die Erfassung
über Möglichkeiten der ganzen oder teilweisen Erhaltung des Unternehmens vor.
75
72 vgl. Hess / Weis (1999) S.56
73 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.28ff.
74 vgl. Friedrich / Flintrop (2003) S.224
75 vgl. Schulz / Bert / Lessing (2003) S.178f.

20
Sanierungsbedürftigkeit
Nein
Zwangsweise
Sanierungsfähigkeit
Liquidation
Ja
Nein
Sanierungswürdigkeit
Nein
Freiwillige
Ja
Liquidation
SANIERUNGSGRUNDLAGEN
II.4
Bestandteile der Sanierungsprüfung
Unabhängig von der Art der Sanierung (siehe Kapitel II.1) ist eine Sanierungsprüfung
vorzunehmen. Im Rahmen der Sonderprüfung soll untersucht werden in wieweit das
betroffene Unternehmen sanierungsbedürftig, sanierungswürdig und sanierungsfähig
ist
76
. Es soll die Frage nach der Überlebensfähigkeit des Unternehmens untersucht
werden und die Sanierung des krisenbehafteten Unternehmens legitimieren. Die Er-
gebnisse dieser Untersuchungen werden in Form eines Situationsberichtes bzw. im
Rahmen eines Sanierungskonzeptes festgehalten und dokumentiert.
77
Abb.3: Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit
Quelle: Böckenförde (1996) Unternehmenssanierung S.44
In den einzelnen Bereichen werden qualitative und besonders quantitative Analysen
und Abschätzungen von Risiken und Erfolgswahrscheinlichkeiten vorgenommen.
Als sanierungsbedürftig können zunächst alle Unternehmen angenommen wer-
den, deren Zustand durch mangelnde oder fehlende Liquidität und eine zunehmende
negative Vermögensentwicklung beschrieben werden können. Sowohl die bevorste-
hende Illiquidität als auch die Unterbilanzierung bzw. Überschuldung müssen gege-
ben sein um von einem sanierungsbedürftigen Unternehmen in einer Krise sprechen
zu können. Sollten lediglich Vorstufen der beschriebenen Zustände erreicht sein,
(((((((((((((((
76 vgl. Brandstätter (1993) S.7f.
77 vgl. Häger (2000) S.43

21
Maßnahmen
mittel- bis
langfristig
kurzfristig
(finanzielle)
t
S trategische
E rfolgs-
Liquiditäts-
Insolvenz A nmeldefrist
K rise
krise
krise
S anierung
S anierung
im weiteren S inne
im engeren S inne
Turnaround /
Restrukturierung
sind die Voraussetzungen für eine Sanierung nicht erfüllt, sondern es wäre eine Aus-
gangssituation für einen Turnaround gegeben, was den Wechsel von einem status
quo in eine gegenteilige, i.d.R. bessere Situation beschreibt. Er sieht lediglich eine
Kursänderung des Unternehmens als Reaktion auf eine strategische Krise oder eine
Erfolgskrise vor und beginnt demnach zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als die
Sanierung. Restrukturierung bedeutet in diesem Zusammenhang einen tiefgreifen-
den geplanten Wandel eines Unternehmen.
78
Abb.4: Unterschied Turnaround und Sanierung
Quelle: Böckenförde (1996) Unternehmenssanierung S.8
Neben den beschriebenen quantitativen Merkmalen sollten auch qualitative Faktoren
bei der Beurteilung der Sanierungsbedürftigkeit berücksichtigt werden, auch wenn
diese ,,weichen" Faktoren nicht oder kaum messbar sind. So können eine entmutig-
te, willensschwache und handlungsbegrenzte Führung oder Mitarbeiter, die um Ihren
Arbeitsplatz bangen und ein passives Verhalten zeigen, Anzeichen für eine Sanie-
rungsbedürftigkeit sein.
79
Diese Zusammenhänge sollen im Rahmen dieser Arbeit
der Vollständigkeit halber nur erwähnt werden und nehmen in den weiteren Ausfüh-
rungen eine untergeordnete Rolle ein.
Wenn die Sanierungsbedürftigkeit festgestellt wurde, muss die Sanierungsfähig-
keit und die Sanierungswürdigkeit des Krisenunternehmens diagnostiziert werden.
Diese betriebswirtschaftlichen Sonderprüfungen bilden die Grundlage einer zuverläs-
sigen Aussage über die Entscheidung bezüglich einer Sanierung bzw. Liquidation.
88888888888
78 vgl. Böckenförde (1996) S.8ff.
79 vgl. Böckenförde (1996) S.36ff.

22
Im Rahmen der Sanierungsfähigkeitsprüfung wird eine Analyse der finanziellen
und betriebswirtschaftlichen Ausgangssituation vorgenommen und die mittel- bis
langfristige Überlebensfähigkeit prognostiziert. Die Kernaufgabe dieser objektiven
Bewertung ist die Ermittlung und Beurteilung der Erfolgs- und Nutzenpotentiale.
80
Die Beurteilung der Sanierungswürdigkeit soll klären ob eine Sanierung aus der
Sicht aller Beteiligten vertretbar ist. Aus diesem Grund sind die Interessen der Ein-
zelnen und die subjektiven Risikoneigungen bei der Bewertung zu berücksichtigen.
81
Als sanierungswürdig kann ein Unternehmen angesehen werden, wenn der durch die
Weiterführung erzielte Ertragswert höher ist als der erwartete Liquidationswert.
82
Ein
entsprechendes von Böckenförde entwickeltes Entscheidungsquadrat findet sich im
Anhang H4 (Abb. 21)
Sollten die Ergebnisse der Untersuchungen eine positive Fortführungsprognose
ergeben wird durch die aktuelle Literatur eine Sanierung empfohlen. Voraussetzung
hierfür ist jedoch auch der grundsätzliche Wille der Beteiligten zur Weiterführung der
Geschäftstätigkeit und der damit verbundenen Geschäftsbeziehungen. Darüber hin-
aus ist den Schuldnern und den Gläubigern das Risiko, aber auch die Chancenmög-
lichkeit bei einer Fortführung des Unternehmens verständlich und nachvollziehbar
darzulegen. Das Sanierungskonzept und somit auch die Beurteilung der Sanierungs-
fähigkeit und Sanierungswürdigkeit soll durch einen unabhängigen Dritten, z.B. Wirt-
schaftsprüfer, vorgenommen werden. Er muss sich als externe Person einen Über-
blick über die Situation des Unternehmens verschaffen und eine objektive Bewer-
tung der vorhandenen quantitativen und qualitativen Daten vornehmen.
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich im Wesentlichen auf die Prüfung der Sa-
nierungsfähigkeit eines Unternehmens. Als Teilprozess des gesamten Prüfungsver-
fahrens ist sie ausschließlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht vorzunehmen und hat
ein Urteil zur Fähigkeit des Unternehmens, mit Hilfe geeigneter Sanierungsmaßnah-
men die Lebensfähigkeit auf Dauer zu sicher oder wiederzuerlangen, abzugeben.
Daher wird im Folgenden die Sanierungsbedürftigkeit unterstellt und auf die Prüfung
der Sanierungswürdigkeit verzichtet.
80 vgl. Böckenförde (1996) S.44f.
81 vgl. Brandstätter (1993) S.9
82 vgl. Häger (2000) S.43

23
III Beurteilung der Sanierungsfähigkeit im Rahmen der Unternehmens-
analyse und des Sanierungskonzeptes
III.1 Konzepte der Sanierungsfähigkeitsprüfung
Sowohl die Betriebswirtschaftslehre als auch die Praxis haben die zunehmende Be-
deutung der Sanierungsfähigkeitsprüfung erkannt und verschiedene Konzepte zur
Durchführung und Beurteilung entwickelt. Dabei wurde in der Vergangenheit häufig
die Aussage auf Basis von Bilanzanalysen und Unternehmensbewertungen vorge-
nommen, jedoch die Einbeziehung der Sanierungsmaßnahmen vernachlässigt. Auch
wurde eine nachvollziehbare Strukturierung vermisst, die eine neue Konzeptionser-
stellung notwendig erscheinen lies. Brandstätter
83
, der einen Vorschlag zur Beurtei-
lung der Sanierungsfähigkeit bereits 1993 entwickelt hat, versuchte aus den beste-
henden Konzepten, die jedes für sich unterschiedliche Mängel aufwiesen, ein um-
fangreiches und detailliertes Verfahren zu entwickeln, das sowohl eine Analyse der
Krise als auch der Sanierungsmaßnahmen und des Sanierungserfolges beinhaltet.
Ein Streitpunkt war und ist die Einbeziehung des Fortführungswertes in die Beurtei-
lung der Sanierungsfähigkeitsprüfung, da dies wieder zurück zur Bewertung auf Ba-
sis einer Unternehmensbewertung führen würde, die ihrerseits auf Grund der Prog-
noseproblematik zukünftiger Entwicklungen zu scheitern droht. Vielmehr sollte dieses
Beurteilungskriterium als Bestandteil der Sanierungswürdigkeitsprüfung angesehen
werden, was im Weiteren auch der Fall ist.
Die folgenden Ausführungen basieren im wesentlichen auf den Ausführungen von
Brandstätter und Friedrich / Flintrop, die zum Einen verschiedene Sanierungsprü-
fungskonzepte verbinden bzw. um eigene Vorstellungen ergänzen und zum Anderen
eine objektive Beurteilung der Sanierungsfähigkeit aus Sicht des Verfassers dieser
Arbeit gewährleisten können. Aus diesem Grund wird auf die weiteren Einzelverfah-
ren nicht weiter eingegangen.
83 vgl. Brandstätter (1993) S.54f.
.

24
III.2 Ziel und Aufgabe der Sanierungsfähigkeitsprüfung
Um ein Krisenunternehmen zu erhalten und dessen Fortführung positiv einzuschät-
zen ist der bloße Wille des Unternehmens kein ausreichender Grund für eine Sanie-
rung. Eine objektive und zuverlässige Bewertung der Erfolgs- und Nutzenpotenziale
für eine Sanierung ist unabdingbar. Eine solche Auswertung der vorhandenen Daten
in Abgleich mit geplanten Zielwerten wird im Rahmen einer Sanierungsfähigkeitsprü-
fung vorgenommen.
84
Ausgangspunkt ist die Analyse des Unternehmens, wobei die
Zusammenhänge von Krisenursachen und Wirkungen erkennbar gemacht werden
müssen um aufbauend auf diese Erkenntnisse die Möglichkeiten einer Sanierung
ausarbeiten und prüfen zu können.
85
Diese Prüfung kann im betriebswirtschaftlichen
Sinn als Soll-Ist-Vergleich verstanden werden, bei der im Anschluss ein Urteil zu fin-
den ist.
86
Das grundsätzliche Ziel der Sanierungsfähigkeitsprüfung ist eine Beurtei-
lung über die Sanierung oder Zerschlagung des Unternehmens durch Abwägung von
Chancen und Risiken. Zur Erstellung eines Soll-Ist-Vergleiches ist zunächst die Be-
schreibung des Ist-Objektes, welches mit dem Krisenunternehmen gleichgesetzt
werden kann, notwendig. Schwierigkeiten hingegen ergeben sich bei der Beschrei-
bung des Soll-Zustandes, da eine Definition lediglich auf Basis der Zielvorgaben und
Visionen des Unternehmens erfolgen kann. Mit Hilfe dieser Vorstellungen wird in der
Praxis versucht, die Situation eines Unternehmens in gesundem Zustand als Ver-
gleichsobjekt darzustellen.
87
Alternativ können Vergleiche mit wirtschaftlich gesunden
Unternehmen bzw. Branchenvergleiche zur Soll-Beschreibungen herangezogen
werden. Somit ist das Soll-Objekt als gedachter Zustand, der als Maßstab für die Be-
urteilung eines Prüfobjektes dient, zu verstehen.
Nach der Festlegung der Vergleichsobjekte kann eine Analyse der Abweichungen
und die damit verbundene Fehlererkennung die Urteilsfindung unterstützen.
88
Es soll
objektiv geklärt werden, ob durch ein Sanierungsverfahren die Probleme des Unter-
nehmens beseitigt werden können und die Zuführung frischen Kapitals wirtschaftlich
vertretbar ist. Die Beseitigung der Schwachstellen erfolgt durch geeignete Sanie-
99999999999999999999999
84 vgl. Böckenförde (1996) S.58
85 vgl. Hess / Weis (1999) S.177f.
86 vgl. v. Wysocki (2003) S.1
87 vgl. Dörner (1998) S.299f.
88 vgl. v. Wysocki (2003) S.2f.

25
Unternehmen
Rückschau
in der Krise
Prognose
Analyse des Sanierungskonzeptes
0
Zeit
Analyse der Krise
noch gesundes
Unternehmen
Krisenursachen
Sanierungsmaßnahmen
saniertes
Unternehmen
rungsmaßnahmen, denen in Abhängigkeit ihrer Bedeutung für den Sanierungserfolg
Prioritäten zugewiesen werden müssen. Diese Bewertungen werden auf Basis eines
erstellten Sanierungskonzeptes vorgenommen. Eine Rangfolge ist notwendig um
zunächst die Hauptursachen der Krisensituation zu beseitigen und weniger brisante
Schwierigkeiten erkennbar zu machen. Die Herangehensweise in chronologischer
Abfolge unterstützt die Nachvollziehbarkeit der Sanierung und zeigt zunächst ob und
wie die primären Krisenursachen zu beseitigen sind und in welcher Form die Beseiti-
gung der sekundären Problemen im Rahmen der Unternehmenssanierung der Stabi-
lisierung dienlich sind. Im Rahmen des Sanierungskonzeptes wird mit Hilfe der erar-
beiteten Sanierungsstrategie versucht den Ziel-Zustandes des Unternehmens als
prognostiziertes Ergebnis einer erfolgreichen Sanierung darzustellen.
89
Abb.5:
zeitliche Struktur einer Sanierungsfähigkeitsprüfung
Quelle:
Brandstätter (1993) Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen S.157
Über die zu betrachtenden Zeiträume gibt es unterschiedliche Auffassungen, wobei
eine ausgedehntere Betrachtung nicht immer einen besseren Überblick verschaffen
kann, da Daten aus der Vergangenheit oft nicht vergleichbar mit der gegenwärtigen
Situation sind und die Prognose über die Zukunft mit zunehmender Zeitvorschau mit
höheren Unsicherheit verbunden ist. Beispiele hierfür sind wirtschaftliche Verände-
rungen oder Veränderungen des Konsumentenverhaltens. Weiterhin liegen auf
111111111111333344111
89 vgl. Brandstätter (1993) S.156ff.

26
Erfassung der Unternehmensdaten
Analyse des Unternehmens
Analyse der Krisenursachen
Ist-Situation
Auswertung der Ergebnisse
Schwachstellenidentifikation
Analyse des Sanierungskonzept
Sanierungsmaßnahmen
Auswertung der Ergebnisse
Beurteilung des Konzeptes
Analyse der Chancen des
Sanierungserfolges
Grund der kurzen Lebensdauer einiger kleiner und mittelständiger Unternehmen (z.T.
unter 3 Jahren) keine oder unzureichende Kenntnisse über die Vergangenheit vor.
Zudem stellt sich das Problem der schnellen Krisenbewältigung, so dass eine aus-
gedehnte Betrachtung der zeitlichen Entwicklung und mögliche Maßnahmen der
kurzfristigen Herstellung der Überlebensfähigkeit widerspricht. In der Praxis wird ver-
sucht dieses Problem durch den Einsatz erfahrener Sanierungspraktiker zu kompen-
sieren.
90
Die Literatur empfiehlt Betrachtungszeiträume von drei bis fünf Jahren in die
Vergangenheit bzw. in die Zukunft, soweit dies realistisch und möglich ist.
91
Die Bil-
dung eines Gesamturteils über die Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens stellt
demnach eine tendenzielle Aussage über die Möglichkeit einer erfolgreichen Sanie-
rung unter Berücksichtigung von Risiken und Unsicherheiten dar. Die Aufgaben der
Sanierungsfähigkeitsprüfung umfassen die Analyse des Unternehmens, der Krisen-
ursachen und des Sanierungskonzeptes bzw. seinen Erfolgsaussichten.
92
Abb.6:
Ablaufschema der Sanierungsprüfung
Quelle:
nach Brandstätter (1993) Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender
Unternehmen
S.158
90 vgl. Fechner (1999) S.11f.
91 siehe Brandstätter (1999) S.157 bzw. Dörner (1998) S.299f.
92 vgl. Brandstätter (1993) S.310

27
In der Literatur besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Sanierungsfähigkeit
angenommen werden kann, wenn die Beseitigung der Krisenursachen wahrschein-
lich ist, jedoch bezüglich der Ertragskraft des Unternehmens bestehen unterschiedli-
che Ansätze. Nach Auffassung von Brandstätter ist das Erreichen einer Ertragskraft
in einer Höhe notwendig, die es dem Unternehmen ermöglicht ohne fremde Hilfe
fortzubestehen
93
. Dem gegenüber argumentiert Groß in Anlehnung an ein Urteil des
BGH, dass eine lediglich drei Jahre anhaltende und somit vorübergehende Gewin-
nerzielung nicht ausreicht, wenn die Schulden die Gewinne und das sonstige Ver-
mögen weit überschreiten
94
. Nach Meinung des Verfassers ist eine voraussichtlich
dauernde Stabilisierung der Ertragskraft auf mindestens kostendeckendes Niveau
notwendig um ein Unternehmen als sanierungsfähig einschätzen zu können. Zur Be-
gründung sind zum einen die sonst drohende Gefahr einer baldigen neuen Krise und
zum anderen die Vermeidung der Behinderung eines wirtschaftlichen Gesund-
schrumpfungsprozesses zu erwähnen.
Neben der Sanierungsfähigkeit wird, wie im Kapitel II.4 erläutert, die Würdigkeit
geprüft. Die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit stellt somit die Informationen für die
Entscheidungsträger bei der Beurteilung der Sanierungswürdigkeit bereit
95
.
Die Erkenntnisse der einzelnen Teilanalysen, welche zu unterschiedlichen Zeit-
punkten und mit verschiedenen unterstützenden Fachkräften vorgenommen werden
können, bringen die ersten Zwischenergebnisse. Da Ursachen und Wirkung jedoch
einen übergreifenden Charakter haben sind weitergehende Auswertungen der Quer-
verbindungen zwischen den Analysebereichen nötig.
96
Es bleibt darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit in der
Praxis stark von den Anspruchsgruppen abhängig sein kann, denn deren Interesse
an der Unternehmensfortführung können unterschiedlich ausgeprägt und motiviert
sein. Auch wenn eine objektive Beurteilung durch die Wissenschaft gefordert wird, so
lässt sich in der Praxis eine gewisse subjektive Wertung, auch des Beurteilers in Ab-
hängigkeit seines Auftraggeber, kaum vermeiden.
93 vgl. Brandstätter (1993) S.8
94 vgl. Groß (1988) S.24
95 vgl. Brandstätter (1993) S.310
96 vgl. Brandstätter (1993) S.157

28
III.3 Bestandteile der Sanierungsfähigkeitsprüfung
Grundlage einer Sanierungsprüfung, und somit auch der Beurteilung der Sanierungs-
fähigkeit, ist das Sanierungskonzept.
97
Zu Beginn einer Sanierungsfähigkeitsprüfung
ist zur untersuchen, ob die wesentlichen Eckdaten des Unternehmens im Sanie-
rungskonzept richtige erfasst wurden. Das betrifft die bisherige Unternehmensent-
wicklung, die rechtlichen Verhältnisse sowie organisatorische Grundlagen. Diese Er-
fassung dient der Vermittlung einer vollständigen Informationsbasis und ist im Um-
fang abhängig vom Einzellfall.
98
Zur Beschreibung der Geschichte sollten Angaben
zur historischen Entwicklung der Gesellschafterstruktur und der Unternehmenslei-
tung gemacht werden. Darüber hinaus sind Angaben über Mitarbeiter und Manage-
ment sowie sonstige Besonderheiten aufzuführen, sofern sie für die Beschreibung
des Unternehmens von Bedeutung sind. Die rechtlichen Gegebenheiten wie bei-
spielsweise die Rechtsform, im Falle einer konsolidierten Betrachtung die verbunde-
nen Unternehmen, wichtige Organe und Prokuristen aber auch relevante Rechts-
streite sind zur lückenlosen Darlegung der rechtlichen Verhältnisse zu erfassen. Die
Beschreibung von Aufbau- und Ablauforganisation sowie eventuell vorhandener In-
formationssysteme kann ebenfalls für die Überblicksverschaffung hilfreich sein.
99
Die Erfassung der finanzwirtschaftlichen und der leistungswirtschaftlichen Entwick-
lung sollte in einem gesonderten Rahmen vollzogen werden, in welchen die durch
den Fachausschuss Recht des Institutes der Wirtschaftsprüfer e.V. geforderte Aus-
wertung der Krisenursachen vorgenommen wird. Anschließend ist das erstellte Sa-
nierungskonzept hinsichtlich seiner Wirkung zu begutachten und eine Lagebeurtei-
lung sowie ein Gesamturteil zu erstellen, welches die Frage nach der Sanierungsfä-
higkeit mit hinreichender Sicherheit beantworten soll.
100
In den nachfolgenden Kapiteln wird auf die einzelnen Bestandteile der Prüfung
näher eingegangen.
97 vgl. Friedrich / Flintrop (2003) S.224
98 vgl.
Dörner (1998) S.338.
99 vgl. Dörner (1998) S.372
100 vgl. Friedrich Flintrop (2003) S.224ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832499020
ISBN (Paperback)
9783838699028
DOI
10.3239/9783832499020
Dateigröße
965 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Merseburg – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2006 (Oktober)
Note
2,1
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Titel: Zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit von Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht
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