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Die Möglichkeiten und Grenzen der Einflussnahme der Kommune auf ihre Vertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft

©2005 Diplomarbeit 103 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Rahmen der Daseinsvorsorge können sich Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben unter bestimmten Voraussetzungen an privatrechtlichen Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft beteiligen. Hierdurch entsteht eine Schnittstelle zwischen Gesellschafts- und Kommunalrecht.
Schwierige Rechtsprobleme gilt es überall dort zu lösen, wo Sachverhalte auf der Grenzlinie zweier verschiedener Rechtsgebiete angesiedelt sind. Nach dem Grundgesetz ist das Gesellschaftsrecht als Bundesrecht dem Kommunalrecht vorrangig. Gleichzeitig lässt sich aus dem Grundgesetz eine Einwirkungspflicht der Kommune auf ihre Unternehmen ableiten.
Trotz aller in den Gemeindeordnungen festgelegten Absicherungen (wie z.B. der Haftungsbegrenzung) können nicht alle Beteiligungsrisiken ausgeschlossen werden, da die Entscheidungen über Art und Ausmaß der Aufgabenerfüllung nicht von der Kommune bzw. deren Vertretung selbst, sondern von den Gesellschaftsorganen getroffen werden.
Hieraus lässt sich die Frage ableiten, welchen Einfluss die Kommune auf diese Organe, im Speziellen auf den Aufsichtsrat, nutzen kann. Einwirkungsmöglichkeiten auf Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat kommunaler Unternehmen hat die Kommune weder als Aktionär einer Aktiengesellschaft noch als Gesellschafter einer GmbH. Etwas Anderes gilt für die kommunalen Vertreter.
Gang der Untersuchung:
In dieser Arbeit wird die Frage erörtert, welche grundsätzlichen Möglichkeiten der Kommune zur Verfügung stehen, ihre Interessen durch ihre Vertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vertreten zu lassen, und welche gesellschaftsrechtlichen Grenzen dabei zu beachten sind.
Nach der Einleitung wird im zweiten Kapitel der Arbeit zunächst aufgezeigt, unter welchen Bedingungen sich die Kommune auf der Ebene des Privatrechts wirtschaftlich betätigen darf.
Daraufhin werden im dritten Kapitel die Einwirkungspflichten der Kommune auf ihre Unternehmen in Privatrechtsform behandelt.
Anschließend wird im vierten Teil der Arbeit die Funktion des Aufsichtsrats in der deutschen Unternehmensverfassung vorgestellt.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich speziell mit kommunalen Aufsichtsratsmitgliedern sowie deren Bestellung und Abberufung.
Im sechsten Kapitel wird auf die besondere Stellung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder im Gesellschaftsrecht eingegangen, die in der Modifizierung der Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Gebietskörperschaft […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Tobias Kannen
Die Möglichkeiten und Grenzen der Einflussnahme der Kommune auf ihre Vertreter in
Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft
ISBN-10: 3-8324-9891-5
ISBN-13: 978-3-8324-9891-7
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

- II -
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ... VII
Tabellenverzeichnis ...XI
1. Einleitung ... 1
1.1.
Problemstellung ... 1
1.2.
Gang der Untersuchung... 2
2. Kommunale Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ... 2
2.1.
Einführung ... 2
2.2.
Die kommunalrechtliche Schrankentrias ... 3
2.2.1.
Öffentlicher Zweck ...4
2.2.2.
Leistungsfähigkeitsbezug...5
2.2.3.
Funktionssperre oder Subsidiaritätsklausel...5
2.3.
Die Privatrechtsform... 6
2.3.1.
Gründe für die Wahl der Privatrechtsform...6
2.3.2.
Folgen für die kommunalen Handlungsmöglichkeiten ...6
2.3.3.
Die Kapitalgesellschaft als privatrechtliche Rechtsform ...7
3. Die Einwirkungspflicht der Kommune auf die Geschäftstätigkeit der
kommunalen Unternehmen ... 8
3.1.
Die Notwendigkeit kommunaler Einwirkung ... 8
3.2.
Die verfassungsrechtlichen Gründe der Einwirkungspflicht ... 9
3.2.1.
Demokratieprinzip ...9
3.2.2.
Rechtsstaatsprinzip ...9
3.2.3.
Sozialstaatsprinzip ...10
3.3.
Die Grenzen der Einwirkungspflicht ... 10
4. Der Aufsichtsrat - Grundlagen... 11
4.1.
Der Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft... 11
4.2.
Der Aufsichtsrat in der GmbH... 11
4.2.1.
Fakultativer Aufsichtsrat...11
4.2.2.
Obligatorischer Aufsichtsrat ...12
4.3.
Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats ... 13

- III -
4.4.
Das Verhältnis des Aufsichtsrats zur Geschäftsführung ... 13
4.4.1.
Die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft...13
4.4.1.1.
Der Vorstand als geschäftsführendes Organ der Aktiengesellschaft ...13
4.4.1.2.
Das Verhältnis zwischen der Geschäftsführung und den Gesellschaftern in der
GmbH ...14
4.4.1.2.1.
Die Geschäftsführung ...14
4.4.1.2.2.
Die Gesellschafter ...15
4.4.2.
Die Überwachungsfunktion ...16
4.4.2.1.
Die Überwachung der Geschäftsführung in der Aktiengesellschaft...16
4.4.2.2.
Die Überwachung der Geschäftsführung in der GmbH...16
4.4.3.
Der Einfluss des Aufsichtsrats auf die Geschäftsführung ...16
4.4.3.1.
Zur Rechtslage bei der Aktiengesellschaft ...16
4.4.3.2.
Zur Rechtslage bei der GmbH...18
4.4.3.2.1.
Die Kompetenzen des obligatorischen Aufsichtsrats...18
4.4.3.2.2.
Die Kompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats ...18
4.4.3.3.
Schlussfolgerungen ...19
5. Kommunale Vertreter im Aufsichtsrat ... 20
5.1.
Grundlegendes ... 20
5.2.
Die Erlangung und Beendigung des Mandats als kommunales Mitglied des
Aufsichtsrats... 21
5.2.1.
Die Mandatserlangung ...21
5.2.1.1.
Die Mandatserlangung in der Aktiengesellschaft...21
5.2.1.2.
Die Mandatserlangung in der GmbH...21
5.2.2.
Die Mandatsbeendigung ...22
5.2.2.1.
Die Mandatsbeendigung in der Aktiengesellschaft ...22
5.2.2.2.
Die Mandatsbeendigung in der GmbH...24
6. Die Verschwiegenheitspflicht kommunaler Aufsichtsräte... 25
6.1.
Der Pflichtenkonflikt kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat ... 25
6.1.1.
Die Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsräten im Allgemeinen ...25
6.1.1.1.
Die Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsräten in der Aktiengesellschaft...25
6.1.1.2.
Die Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsräten in der GmbH ...25
6.1.2.
Die Auskunftspflicht kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat...25
6.1.2.1.
Regelungen im Gemeindewirtschaftsrecht ...26
6.1.2.1.1.
Gesetzliche Regelungen in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen...26
6.1.2.1.2.
Gegenstand der Auskunftspflicht...27
6.1.2.2.
Regelungen im Kommunalverfassungsrecht ...28

- IV -
6.2.
Die Sondervorschriften der §§ 394 f. AktG... 29
6.2.1.
Die Regelungen der §§ 394 f. AktG ...29
6.2.1.1.
Hintergrund und Kurzdarstellung...29
6.2.1.2.
Der Anwendungsbereich der §§ 394 f. AktG ...30
6.2.1.3.
Die Berichtspflicht gegenüber der Gebietskörperschaft als Voraussetzung der
Anwendung des § 394 AktG ...31
6.2.1.4.
Die Berichtsempfänger nach §§ 394 f. AktG ...32
6.2.2.
Die analoge Anwendung der §§ 394 f. AktG bei der GmbH ...34
7. Kritische Analyse der Weisungsbefugnis der Kommune ... 35
7.1.
Darstellung der Problematik anhand von Fallbeispielen... 35
7.2.
Zur Lage in den einzelnen Gemeindeordnungen... 36
7.2.1.
Die Notwendigkeit der Differenzierung der kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat...36
7.2.2.
Die ausdrückliche Weisungsgebundenheit in Nordrhein-Westfalen...37
7.2.3.
Analoge Regelungen der Weisungsbefugnis gegenüber dem Aufsichtsrat mit der
Gesellschafterversammlung in Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,
Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ...37
7.2.4.
Die Regelung der Weisungsbefugnis in Bayern ...39
7.2.5.
Die Regelung der Weisungsbefugnis in Schleswig-Holstein...39
7.2.6.
Die Regelung der Weisungsbefugnis im Saarland...40
7.2.7.
Unklare Regelung in Thüringen...40
7.2.8.
Weisungsgebot nur für Gemeindevertreter in der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung
in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen ...41
7.3.
Zur Lage im Gesellschaftsrecht... 42
7.3.1.
Die Rechtslage im Aktiengesetz ...42
7.3.1.1.
Gewählte Mitglieder des Aufsichtsrats...42
7.3.1.2.
Entsandte Mitglieder des Aufsichtsrats ...43
7.3.2.
Die Rechtslage im Mitbestimmungsgesetz und Drittelbeteiligungsgesetz...44
7.3.3.
Die Rechtslage im GmbH-Gesetz ...44
7.4.
Weisungsbindungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Regelungen und deren
Verhältnis zum Gesellschaftsrecht... 45
7.4.1.
Weisungsbindungen aufgrund des Beamtenrechts...45
7.4.2.
Weisungsbindungen in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen ...45
7.5.
Das Verhältnis zwischen Kommunal- und Gesellschaftsrecht ... 46
7.5.1.
Die Ansichten vom ,,Vorrang des öffentlichen Rechts" ...46
7.5.1.1.
Die Argumentation des ,,Vorrangs des öffentlichen Rechts" ...46
7.5.1.2.
Kritische Würdigung der Argumentationen ...47
7.5.2.
Der Vorrang des Gesellschaftsrechts ...47

- V -
7.6.
Konsequenzen aus der Rechtslage für den Aufsichtsrat... 48
7.6.1.
Konsequenzen für den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft und den obligatorischen
Aufsichtsrat der GmbH ...48
7.6.2.
Konsequenzen für den fakultativen Aufsichtsrat der GmbH ...49
7.7.
Die Problematik der internen Weisungen ... 51
7.7.1.
Die Ansichten der Zulässigkeit interner Weisungen...51
7.7.2.
Kritische Würdigung...52
7.8.
Unverbindliche Empfehlungen des Rats als Lösung der Weisungsproblematik52
7.8.1.
Die Ansichten der Zulässigkeit unverbindlicher Empfehlungen...52
7.8.2.
Kritische Würdigung...53
8. Die Schnittstelle zwischen der Kommune und dem Aufsichtsrat kommunaler
Unternehmen: Das öffentliche Beteiligungscontrolling ... 53
8.1.
Begriffsklärung ... 53
8.2.
Die Aufgaben des öffentlichen Beteiligungscontrollings ... 54
8.3.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Aufsichtsrat und dem öffentlichen
Beteiligungscontrolling... 55
8.3.1.
Das öffentliche Beteiligungscontrolling als ein Instrument der Ermöglichung
zielorientierter Unternehmensaufsicht ...55
8.3.2.
Kritische Analyse der Zusammenarbeit ...56
9. Zur Handhabung der Einflussnahme in den Ländern: Eine empirische
Studie ... 57
9.1.
Vorgehensweise... 57
9.2.
Ergebnisse aus den einzelnen Ländern... 57
9.2.1.
Baden-Württemberg...57
9.2.2.
Bayern...58
9.2.3.
Brandenburg...60
9.2.4.
Hessen...61
9.2.5.
Mecklenburg-Vorpommern ...62
9.2.6.
Niedersachsen ...62
9.2.7.
Nordrhein-Westfalen...63
9.2.8.
Rheinland-Pfalz ...68
9.2.9.
Saarland ...69
9.2.10. Sachsen ...70
9.2.11. Sachsen-Anhalt ...70
9.2.12. Schleswig-Holstein ...71
9.2.13. Thüringen...72

- VI -
9.3.
Zusammenfassung und Stellungnahme zu den empirischen Ergebnissen ... 73
9.3.1.
Weisungen des Rats ...73
9.3.2.
Stellungnahmen seitens des Beteiligungscontrollings ...74
10. Schlussbetrachtung... 75
Quellenverzeichnis... 77

- VII -
Abkürzungsverzeichnis
§
Paragraph
§§
Paragraphen
%
Prozent
&
und
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)
AktG
Aktiengesetz
a.M.
am Main
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
BAT
Bundes-Angestelltentarifvertrag
BB
Der Betriebsberater (Zeitschrift)
BBG
Bundesbeamtengesetz
Bd.
Band
BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (Zeit-
schrift)
BRRG
Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts
(Beamtenrechtsrahmengesetz)
BW
Baden-Württemberg
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa

- VIII -
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DGO
Deutsche Gemeindeordnung
d.h.
das heißt
DM
Deutsche Mark
DrittelbG
Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im
Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz)
DVBl.
Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)
Euro
EU
Europäische Union
e.V.
eingetragener Verein
f.
folgende
ff.
fortfolgende
gem.
gemäß
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GHH
Der Gemeindehaushalt (Zeitschrift)
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GmbHR
GmbH-Rundschau (Zeitschrift)
GO
Gemeindeordnung
H.
Heft
Hbjb.
Halbjahresband
HEW
Hamburger Elektrizitätswerke AG
HGO
Hessische Gemeindeordnung
Hrsg.
Herausgeber
IFG
Industrie-Förderungs-Gesellschaft
i.V.m.
in Verbindung mit

- IX -
Jg.
Jahrgang
KAGG
Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KO
Kommunalordnung
KSVG
Kommunalselbstverwaltungsgesetz
KV
Kommunalverfassung
LBG
Landesbeamtengesetz
LG
Landgericht
LT
Landtag
lt.
laut
Mio.
Millionen
MitbestG
Mitbestimmungsgesetz
MontanMitbestG
Montan-Mitbestimmungsgesetz
Mrd.
Milliarden
MV
Mecklenburg-Vorpommern
NGO
Niedersächsische Gemeindeordnung
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
Nr.
Nummer
NRW
Nordrhein-Westfalen
o.g.
oben genannten
o.Jg.
ohne Jahrgang
OLG
Oberlandesgericht
RHO
Reichs-Haushaltsordnung
Rn.
Randnummer
RP
Rheinland-Pfalz
S.
Seite(n) bzw. Satz

- X -
SA
Sachsen-Anhalt
SächsGemO
Sächsische Gemeindeordnung
SH
Schleswig-Holstein
sog.
so genannte
ThürKO
Thüringer Kommunalordnung
TransPuG
Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu
Transparenz- und Publizität (Transparenz- und Publizitätsge-
setz)
u.a.
und andere (Herausgeber bzw. Verlagsorte) bzw. unter anderem
u.U.
unter Umständen
v.
von bzw. vom
v.a.
vor allem
Vgl.
Vergleiche
VVDStRL
Veröffentlichungen
der
Vereinigung
der
Deutschen
Staatsrechtslehrer
WM
Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht
z.B.
zum Beispiel
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZKF
Zeitschrift für Kommunalfinanzen
ZSächsStädte/GemT Zeitschrift des Sächsischen Städte- und Gemeindetages

- XI -
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Handhabung von Weisungen an kommunale Aufsichtsräte in
Gesellschaften mit fakultativem Aufsichtsrat... 73

- 1 -
1.
Einleitung
1.1.
Problemstellung
Im Rahmen der Daseinsvorsorge können sich Kommunen
1
zur Erfüllung ihrer Aufga-
ben unter bestimmten Voraussetzungen an privatrechtlichen Unternehmen in der
Rechtsform einer Kapitalgesellschaft beteiligen.
2
Hierdurch entsteht eine Schnittstelle
zwischen Gesellschafts- und Kommunalrecht. Schwierige Rechtsprobleme gilt es über-
all dort zu lösen, wo Sachverhalte auf der Grenzlinie zweier verschiedener Rechtsge-
biete angesiedelt sind.
3
Nach dem Grundgesetz ist das Gesellschaftsrecht als Bundes-
recht dem Kommunalrecht vorrangig. Gleichzeitig lässt sich aus dem Grundgesetz eine
Einwirkungspflicht der Kommune auf ihre Unternehmen ableiten.
Trotz aller in den Gemeindeordnungen
4
festgelegten Absicherungen (wie z.B. der Haf-
tungsbegrenzung) können nicht alle Beteiligungsrisiken ausgeschlossen werden, da die
Entscheidungen über Art und Ausmaß der Aufgabenerfüllung nicht von der Kommune
bzw. deren Vertretung selbst, sondern von den Gesellschaftsorganen getroffen werden.
Hieraus lässt sich die Frage ableiten, welchen Einfluss die Kommune auf diese Organe,
im Speziellen auf den Aufsichtsrat, nutzen kann. Einwirkungsmöglichkeiten auf Arbeit-
1
Neben den Gemeinden fallen unter den Begriff ,,Kommune" die Landkreise als Gemeindeverbände
sowie in Bayern und den ehemals zur bayerischen Pfalz gehörenden Teilen Rheinland-Pfalz die Be-
zirke (vgl. Wehling, H.G., Kost, A.: Kommunalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland ­ eine Ein-
führung, in: Wehling, H.G., Kost, A. (Hrsg.): Kommunalpolitik in den deutschen Ländern, Wiesbaden
2003, S. 7-19, S. 14 f.). Die Regelungen bzgl. der wirtschaftlichen Betätigung der Landkreise und Be-
zirke sind in den jeweiligen Landkreisordnungen bzw. vergleichbaren Verfassungen und in der Be-
zirksordnung für Bayern bzw. für den Bezirksverband Pfalz zu finden. Da sich die für die wirtschaftli-
che Betätigung der Kommune relevanten Regelungen dieser Verfassungen in ihrem Wesen nicht von
den Regelungen der entsprechenden Gemeindeordnungen unterscheiden, wird auf die Landkreise und
Bezirke in dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Daher steht der Begriff ,,Rat" stellvertretend für
sämtliche kommunale Volksvertretungen. Die Schlussfolgerungen für die Gemeinden und Gemeinde-
vertreter im Aufsichtsrat gelten analog auch für die Kreise und Bezirke sowie deren Vertreter in Auf-
sichtsräten.
2
Vgl. Giesen, K.: Die Informations- und Prüfungsrechte der Gemeinden gegenüber
Beteiligungsunternehmen, in: GHH, 90. Jg., Nr. 10, 1989, S. 223-225 (im Folgenden zitiert als: Gie-
sen (1989)), S. 223.
3
Vgl. Harder, N., Ruter, R.X.: Die Mitglieder des Aufsichtsrats einer GmbH mit öffentlich-rechtlichem
Anteilseigner ­ ihre Rechte und Pflichten, in: GmbH-Rundschau, 80. Jg., Nr. 11, 1995, S. 813-816
(im Folgenden zitiert als: Harder, Ruter (1995)), S. 813.
4
Die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Thüringen verfügen über keine separaten
Gemeindeordnungen. Die Gemeindeordnungen dieser Länder wurden in die Kommunalverfassung
(Mecklenburg-Vorpommern), Kommunalordnung (Thüringen) bzw. in das Kommunalselbstverwal-
tungsgesetz (Saarland) integriert. Auf die Regelungen der drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Ham-
burg wird im Folgenden nicht eingegangen, da diese - abgesehen von Bremens ,,Verfassung für die
Stadt Bremerhaven" - nicht über Gemeindeordnungen verfügen.

- 2 -
nehmervertreter im Aufsichtsrat kommunaler Unternehmen hat die Kommune weder als
Aktionär einer Aktiengesellschaft noch als Gesellschafter einer GmbH. Etwas Anderes
gilt für die kommunalen Vertreter. In dieser Arbeit wird die Frage erörtert, welche
grundsätzlichen Möglichkeiten der Kommune zur Verfügung stehen, ihre Interessen
durch ihre Vertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen in der Rechtsform
einer Kapitalgesellschaft vertreten zu lassen, und welche gesellschaftsrechtlichen Gren-
zen dabei zu beachten sind.
1.2.
Gang der Untersuchung
Nach der Einleitung wird im zweiten Kapitel der Arbeit zunächst aufgezeigt, unter wel-
chen Bedingungen sich die Kommune auf der Ebene des Privatrechts wirtschaftlich
betätigen darf. Daraufhin werden im dritten Kapitel die Einwirkungspflichten der
Kommune auf ihre Unternehmen in Privatrechtsform behandelt. Anschließend wird im
vierten Teil der Arbeit die Funktion des Aufsichtsrats in der deutschen Unternehmens-
verfassung vorgestellt. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich speziell mit kommunalen
Aufsichtsratsmitgliedern sowie deren Bestellung und Abberufung.
Im sechsten Kapitel wird auf die besondere Stellung kommunaler Aufsichtsratsmitglie-
der im Gesellschaftsrecht eingegangen, die in der Modifizierung der Verschwiegen-
heitspflicht gegenüber der Gebietskörperschaft liegt. Im anschließenden siebten Teil der
Arbeit wird die Weisungsbefugnis der Kommune gegenüber ihren Vertretern in Auf-
sichtsräten unter verschiedenen rechtlichen Aspekten kritisch betrachtet. Schließlich
geht es im achten Kapitel um die Zusammenarbeit der Kommune mit ihren Aufsichts-
räten durch das öffentliche Beteiligungscontrolling. Der theoretischen Analyse folgt im
neunten Kapitel eine empirische Studie, in der aufgezeigt wird, wie in den Städten der
einzelnen Bundesländer auf die kommunalen Vertreter in den Aufsichtsräten eingewirkt
wird. In der Schlussbetrachtung werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst
und es wird ein Ausblick auf noch zu klärende Sachverhalte gegeben.
2.
Kommunale Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft
2.1.
Einführung
Unter dem Begriff ,,kommunale Unternehmen" werden privatwirtschaftlich organisierte
Unternehmen verstanden, an denen die Kommune entweder alleine (sog. Eigengesell-
schaften) oder gemeinsam mit anderen Hoheitsträgern bzw. Privatpersonen (sog.
Beteiligungsgesellschaften) beteiligt ist. Vom Unternehmensbegriff abzugrenzen sind

- 3 -
sog. Eigen- bzw. Regiebetriebe. Hierbei handelt es sich um öffentlich-rechtliche Unter-
nehmensformen, die nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts geführt wer-
den können, rechtlich jedoch nicht selbständig sind.
5
Im Jahr 2004 gab es in Deutschland ca. 3.500 kommunale Unternehmen, die in der
Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, d.h. einer AG oder einer GmbH, betrieben wer-
den. Bei 80% dieser Unternehmen ist die Kommune alleiniger Anteilseigner. Die
Kommunen betreten vor allem mit den Branchen der Energie-, Wasser- und Abfallwirt-
schaft, des öffentlichen Personennahverkehrs, des Wohnungswesens und der Telekom-
munikationsunternehmen die Ebene der Privatwirtschaft.
6
Ausgangspunkt wirtschaftlicher Betätigungen der Kommunen sind die Art. 28 Abs. 2
GG und die Landesverfassungen, die jeweils die kommunale Selbstverwaltung garantie-
ren.
7
Grundsätzlich steht es den Kommunen innerhalb der gesetzlichen Vorgaben frei,
selbst über das ,,Ob" und ,,Wie" einer wirtschaftlichen Betätigung zu entscheiden.
8
Der
Kommune stehen hierbei sowohl verschiedene öffentlich-rechtliche als auch mehrere
private Unternehmensformen zur Verfügung.
9
2.2.
Die kommunalrechtliche Schrankentrias
Der Gesetzgeber hat sich bemüht, die Kommunen in ihren wirtschaftlichen Betätigun-
gen strikten Auflagen zu unterwerfen. In Anlehnung an § 67 Abs. 1 DGO aus dem Jahr
1935 werden die Grenzen der kommunalwirtschaftlichen Betätigung in den Gemeinde-
5
Vgl. Cronauge, U., Westermann, G.: Kommunale Unternehmen: Eigenbetriebe ­ Kapitalgesellschaf-
ten ­ Zweckverbände, 4. Aufl., Berlin 2003 (im Folgenden zitiert als: Cronauge, Westermann (2003)),
S. 33 ff..
6
Vgl. Féderation des sem: Kommunale Unternehmen in den 25 Mitgliedsstaaten der EU, 2. Ausgabe,
http://www.federationdessem.org/fnsem2/document/carte_EPL_all.pdf (Zugriff am 15.11.2004,
15:00).
7
Vgl. Hellermann, J.: Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, Tübingen 2000
(im Folgenden zitiert als: Hellermann (2000
)), S. 146 ff..
8
Vgl. Ehlers, D.: Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigungen, in: Ipsen, J.
(Hrsg.): Kommunalwirtschaft im Umbruch ­ Kommunale Wirtschaftsunternehmen zwischen öffentli-
cher Aufgabe und Wettbewerb, Osnabrück 2001, S. 10-34 (im Folgenden zitiert als: Ehlers (2001)), S.
10.
9
Vgl. Mühlenkamp, H.: Öffentliche Unternehmen: Einführung unter Berücksichtigung
betriebswirtschaftlicher, volkswirtschaftlicher und rechtlicher Aspekte, München u.a. 1994 (im Fol-
genden zitiert als: Mühlenkamp (1994)), S. 21.

- 4 -
ordnungen
10
aller Bundesländer relativ eng gefasst. Die Kommunen dürfen sich entspre-
chend dieser Generalvorschrift nur dann wirtschaftlich betätigen oder ihre bestehende
Betätigung ausbauen, wenn folgende Bedingungen, die sog. kommunalrechtliche
Schrankentrias, erfüllt sind:
11
·
Der öffentliche Zweck rechtfertigt dieses.
·
Das öffentliche Unternehmen steht nach Art und Umfang in einem
angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Kommune (Leistungs-
fähigkeitsbezug).
·
Der öffentliche Zweck kann nicht durch andere, d.h. durch private,
Unternehmen besser und wirtschaftlicher erfüllt werden (Funktionssperre
oder Subsidiaritätsklausel
12
).
2.2.1.
Öffentlicher Zweck
Als zentrale Legitimationsgrundlage für die wirtschaftliche Betätigung gilt der öffentli-
che Zweck. Als öffentlicher Zweck gilt in diesem Sinne jede gemeinwohlorientierte, im
öffentlichen Interesse der Einwohner liegende Zielsetzung, also die Wahrung sozial-,
gemeinwohl- und damit einwohnernütziger Aufgaben.
13
Die Gemeinde darf sich nicht
aus kommunalwirtschaftlicher Zweckmäßigkeit wirtschaftlich betätigen, weil es etwa
vorteilhaft für die Einnahmeentwicklung erscheint, oder weil sie darin ein nützliches
Angebot für ihre Bürger sieht. Somit ist der Gemeinde eine reine Unternehmenstätigkeit
oder erwerbswirtschaftliche Wettbewerbsteilnahme ohne einen besonderen, dadurch
unmittelbar erreichbaren öffentlichen Zweck verwehrt.
14
In der Literatur besteht weitge-
hend Einigkeit darüber, dass eine rein erwerbswirtschaftliche Zielsetzung auch dann
kein öffentlicher Zweck ist, wenn damit eine unzureichende Finanzausstattung der
10
Die jeweiligen Gemeindeordnungen weisen durchaus Unterschiede auf, lassen sich jedoch im Kern
alle auf § 67 Abs. 1 DGO zurückführen. Daher soll in diesem Abschnitt überwiegend auf Verweise
auf die entsprechenden Paragraphen der unterschiedlichen Gemeindeordnungen verzichtet werden.
11
Vgl. Fuest, W., Kroker, R., Schatz, K.: Die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen und die
Daseinsvorsorge, Köln 2002 (im Folgenden zitiert als: Fuest, Kroker, Schatz (2002)), S. 14 f..
12
Hierbei handelt es sich um die sog. ,,unechte Subsidiaritätsklausel", vgl. 2.2.3..
13
Vgl. Cronauge, U.: Kommunale Wirtschaft zwischen Recht und Realität, in: Archiv für
Kommunalwissenschaften, 38. Jg., 1. Hbjb., 1999, S. 24-44 (im Folgenden zitiert als: Cronauge
(1999), S. 31.
14
Vgl. Fuest, Kroker, Schatz (2002), S. 16.

- 5 -
Kommune ausgeglichen werden soll.
15
Dennoch sollte die öffentliche Zwecksetzung
nicht in dem Sinne fehlinterpretiert werden, dass eine Gewinnerzielung ausgeschlossen
sei.
16
Beispielsweise sieht § 109 Abs. 1 S. 2 GO NRW vor, dass Gewinne erzielt werden
sollen, wenn und soweit der öffentliche Zweck nicht beeinträchtigt wird.
Worin die Kommune letztendlich eine Förderung des Allgemeinwohls ihrer Einwohner
sieht, ist den Anschauungen und Beschlüssen ihrer maßgeblichen Organe überlassen
und hängt von den individuellen örtlichen Gegebenheiten ab.
17
2.2.2.
Leistungsfähigkeitsbezug
Die wirtschaftliche Betätigung muss nach Art und Umfang in einem angemessenen
Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen. Hierbei handelt es sich nicht
ausschließlich um den Aspekt der finanziellen Leistungskraft, sondern auch beispiels-
weise um die Angemessenheit personeller Ressourcen.
18
Langfristig sollten weder
Über- noch Unterkapazitäten geschaffen werden, da sich Fehlinvestitionen in diesen
kapitalintensiven Anlagen in erheblichem Maße negativ auf den Gemeindehaushalt
auswirken.
19
2.2.3.
Funktionssperre oder Subsidiaritätsklausel
Die Subsidiaritätsklauseln in den Gemeindeordnungen bezwecken, dass der Gemeinde
nicht das freie Ermessen zugebilligt wird, darüber zu entscheiden, ob sie eine Aufgabe
der örtlichen Daseinsvorsorge selbst durchführt oder ob sie diese der Privatwirtschaft
überlässt.
Zu unterscheiden sind zwei unterschiedliche Ausgestaltungen:
20
·
Die ,,echte Subsidiaritätsklausel"
21
lässt die wirtschaftliche Betätigung einer
Gemeinde nur dann zu, wenn der Zweck nachweislich besser durch kommu-
nale Unternehmen erfüllt werden kann.
15
Vgl. Ehlers (2001), S. 15.
16
Vgl. Ehlers (2001), S. 18.
17
Vgl. Schmid, H.: Voraussetzungen für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen, in: Finanzwirt-
schaft, 55. Jg., Nr. 2, 2001, S. 39-44 (im Folgenden zitiert als Schmid (2001)), S. 39.
18
Vgl. Cronauge (1999), S. 32.
19
Vgl. Schmid (2001), S. 42.
20
Vgl. Schmid (2001), S. 43.
21
Zu finden beispielsweise in der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz (§ 85 Abs. 1 Nr. 3).

- 6 -
·
Die ,,unechte Subsidiaritätsklausel"
22
gestattet die wirtschaftliche Betätigung
der Gemeinde nur, wenn der Unternehmenszweck nicht besser und wirt-
schaftlicher durch einen anderen erfüllt werden kann.
Subsidiaritätsklauseln stoßen in der Literatur teilweise auf Kritik, da sich private Unter-
nehmen mit dem ausschließlichen Ziel der Gewinnerzielung und die kommunale Wirt-
schaft mit der primären Aufgabenstellung der Verwirklichung des öffentlichen Auftrags
nicht vergleichen lassen.
23
2.3.
Die Privatrechtsform
2.3.1.
Gründe für die Wahl der Privatrechtsform
Durch die Wahl der Privatrechtsform sollen vor allem bestimmte Restriktionen des öf-
fentlichen Rechts vermieden werden. Hierbei geht es zum einen um die Zurückdrän-
gung von Bindungen durch das öffentliche Organisations-, Personal-, Haushalts- und
Vergaberecht, zum anderen auch um die mögliche steuerrechtliche Vorteilhaftigkeit der
Privatrechtsform.
24
Mit der privatrechtlichen Organisationsform wird eine größere unternehmerische Selb-
ständigkeit und Flexibilität erwartet, die im Ergebnis zu einer wirtschaftlich effiziente-
ren Betätigung - auch durch die Zurückdrängung des politischen Einflusses - führen
soll.
25
2.3.2.
Folgen für die kommunalen Handlungsmöglichkeiten
Die Tätigkeit des kommunalen Unternehmens soll zwar nach herrschender Meinung als
Ausübung der Staatsgewalt gelten,
26
jedoch ist das privatrechtsförmig organisierte kom-
munale Unternehmen nicht mehr Inhaber der kommunalen Aufgabe und der öffentlich-
rechtlichen Handlungsbefugnisse der Kommune. Mit der Gründung einer Eigen- bzw.
22
Zu finden beispielsweise in der Sächsischen Gemeindeordnung (§ 97 Abs. 1 Nr. 3) und mit einer
Besonderheit in Baden-Württemberg: Hier bezieht sich die ,,unechte Subsidiaritätsklausel" nur auf
Betätigungen außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge (§ 102 Abs. 1 Nr. 3 GO BW).
23
Vgl. z.B. Cronauge (1999), S. 32.
24
Vgl. Hellermann, J.: Handlungsformen und ­instrumentarien wirtschaftlicher Betätigung, in: Hoppe,
W., Uechtritz, M. (Hrsg.): Handbuch Kommunale Unternehmen, Köln 2004, S. 115-189 (im Folgen-
den zitiert als: Hellermann (2004)), S. 154.
25
Vgl. Hellermann (2004), S. 154 f..
26
Vgl. z.B. Storr, S.: Der Staat als Unternehmer: öffentliche Unternehmen in der Gleichheits- und Frei-
heitsdogmatik des nationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 86 f.

- 7 -
Beteiligungsgesellschaft entsteht ein rechtlich selbständiges und von der Kommune zu
unterscheidendes Unternehmen, dessen Handeln nicht unmittelbar der Kommune selbst
zuzurechnen ist. Das Handeln des privatrechtsförmigen kommunalen Unternehmens ist
nicht unmittelbar als kommunale Aufgabenwahrnehmung zu qualifizieren und ist
grundsätzlich auf die privatrechtlichen Handlungsmöglichkeiten beschränkt.
27
Die Entscheidungen über das Handeln der kommunalen Unternehmen werden von den
Gesellschaftsorganen und nicht von der Kommune getroffen;
28
durch die Auslagerung
öffentlicher Erfordernisse auf private Unternehmensformen kann sich die Kommune
ihrer verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Verantwortlichkeit jedoch nicht entzie-
hen
29
.
2.3.3.
Die Kapitalgesellschaft als privatrechtliche Rechtsform
Die Regelungen der Gemeindeordnungen
30
betreffen nicht nur das ,,Ob" kommunaler
Wirtschaftstätigkeit, sondern enthalten auch ­ in einem gewissen Umfang ­ Vorgaben
hinsichtlich des ,,Wie" marktbezogener Entfaltung.
31
Die Zulässigkeit der Verwendung
einer Organisationsform des Privatrechts ist bislang in der Literatur kaum ernsthaft in
Zweifel gezogen worden.
32
Die maßgeblichen Bestimmungen der Gemeindeordnungen machen in übereinstimmen-
der Weise die Betätigung der Kommune im Rahmen privater Gesellschaften davon ab-
hängig, dass eine Rechtsform gewählt wird, die die Haftung der Gemeinde auf einen
bestimmten Betrag begrenzt
33
. Aufgrund dessen ist von den drei Kategorien der Unter-
nehmensrechtsformen des Privatrechts (Einzelkaufmann, Personengesellschaft und
Kapitalgesellschaft) nur die Kapitalgesellschaft für eine Beteiligung der Kommune
27
Vgl. Hellermann (2004), S. 155.
28
Vgl. Giesen (1989), S. 223.
29
Vgl. Schön, W.: Der Einfluß öffentlich-rechtlicher Zielsetzung auf das Statut privatrechtlicher
Eigengesellschaften der öffentlichen Hand: Gesellschaftsrechtliche Analyse, in: ZGR, 25. Jg., H. 3,
1996, S. 429-457, S. 429.
30
Vgl. z.B. § 103 Abs. 2 GO BW.
31
Vgl. Keßler, J.: Die rechtlichen Grundlagen für die kommunale und die gemeinnützige GmbH sowie
ihre Organe, in: Ossola-Haring, C. (Hrsg.): Die GmbH mit kommunaler Beteiligung und die gemein-
nützige GmbH, 2. Aufl., Stuttgart 2004, S. 25-48 (im Folgenden zitiert als: Keßler (2004)), S. 46.
32
Vgl. Koch, T.: Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, Baden-Baden
1994, S. 26.
33
Vgl. z.B. § 108 Abs. 1 Nr. 3 GO NRW.

- 8 -
geeignet,
34
im Speziellen die Rechtsformen der AG und der GmbH
35
. Aufgrund der
höheren Gestaltungsspielräume wird in der Literatur häufig die Gründung einer GmbH
im Vergleich zur AG empfohlen.
36
Grundsätzlich möglich sind auch andere
privatrechtliche Organisationsformen wie der Verein, die Genossenschaft oder die
rechtsfähige Stiftung.
3.
Die Einwirkungspflicht der Kommune auf die Geschäftstätigkeit der
kommunalen Unternehmen
3.1.
Die Notwendigkeit kommunaler Einwirkung
Die Notwendigkeit, sich der Steuerung und Kontrolle der Beteiligungsunternehmen
anzunehmen, ergibt sich zum einen aus den im folgenden Abschnitt aufgezeigten ver-
fassungsrechtlichen Gründen. Die Verpflichtung lässt sich jedoch auch von einem ande-
ren Aspekt aus ableiten:
Die Praxis zeigt, dass bei kommunalen Unternehmen der Unternehmensgegenstand im
Laufe der Zeit ausgeweitet wird, wobei nicht immer eine Orientierung am Gemeinwohl
erfolgt. Die Legitimation des Verwaltungshandelns (der Betrieb wirtschaftlicher Unter-
nehmen stellt eine Verwaltungshandlung dar) der Kommune basiert auf der Wahrneh-
mung der öffentlichen Aufgaben, was jedoch bei einem kommunalen Unternehmen, das
sich nicht mehr (ausschließlich) am Gemeinwohl orientiert, nicht mehr gegeben ist. Die
Kommunen sind daher aus ihrer (Mit-)Eigentümerstellung heraus sowie aufgrund der
Gesamtverantwortung für die örtliche Politik zur Steuerung und Kontrolle ihrer Unter-
nehmen verpflichtet.
37
34
Grundsätzlich denkbar wäre für den Fall der Wahl der Personengesellschaft als Rechtsform auch die
Stellung eines Kommanditisten oder stillen Gesellschafters. Hierbei müsste aber ein privater Kom-
plementär gefunden werden, der dieses Risiko bei einem zwingend vertraglich zu verankernden Mit-
spracherecht der Kommune eingeht. Vgl. Mühlenkamp (1994), S. 32.
35
Die Rechtsform der KGaA ist für eine kommunale Beteiligung aufgrund der unbeschränkten Haftung
des Komplementärs praktisch irrelevant. Vgl. Hauser, W.: Die Wahl der Organisationsform für kom-
munale Einrichtungen, Köln u.a. 1987, S. 7.
36
Vgl. z.B. Keßler (2004), S. 47.
37
Vgl. Ade, K.: Einführung öffentliches Beteiligungsmanagement, in: Ade, K. (Hrsg.): Handbuch
kommunales Beteiligungsmanagement, Stuttgart u.a. 1997, S. 14-31 (im Folgenden zitiert als: Ade
(1997)), S. 24.

- 9 -
3.2.
Die verfassungsrechtlichen Gründe der Einwirkungspflicht
Da der Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen rechtsformunabhängig von der kommu-
nalen Selbstverwaltungsgarantie umfasst wird, steht die wirtschaftliche Betätigung der
Kommune unter dem Geltungsbereich verfassungsrechtlicher Normen und Regelungs-
prinzipien.
38
Im Gegensatz zu den Anteilseignern privater Unternehmen ist es der Kom-
mune verwehrt, sich auf den Grundsatz der Privatautonomie zu berufen und ihren Un-
ternehmen ein freies, unkontrolliertes Betätigungsfeld einzuräumen.
39
Die Inhalte der Einwirkungspflicht ergeben sich aus den in Art. 20 GG festgelegten
Prinzipien allen Verwaltungshandelns, dem Demokratieprinzip, dem Grundsatz der
Rechtsstaatlichkeit der Verwaltung sowie dem Sozialstaatsgebot.
40
3.2.1.
Demokratieprinzip
Die Legitimationskette zum Volk darf nicht abreißen. Ohne eine Ermächtigung darf es
keine Übertragung von Aufgaben auf privatrechtlich organisierte Unternehmen geben.
Nur wenn die Kommune die Geschicke ihrer wirtschaftlichen Unternehmen und Betei-
ligungen in ausreichendem Maße beeinflussen kann, genügt sie ihrer demokratischen
Verantwortung gegenüber dem Volk.
41
3.2.2.
Rechtsstaatsprinzip
Kommunales Handeln ist ­ wie jede staatliche Tätigkeit ­ unmittelbar grundrechtsge-
bunden und dem Rechtsstaat verbunden.
42
Die staatlichen Organe sind verpflichtet,
keine kontrollfreien Räume im Bereich des hoheitlichen Handelns entstehen zu lassen,
43
38
Vgl. Mahlberg, L.: Kontrolle gemeindlicher Unternehmen, Stuttgart u.a. 1986 (im Folgenden zitiert
als: Mahlberg (1986)), S. 18.
39
Vgl. Püttner, G.: Die öffentlichen Unternehmen: Ein Handbuch zu Verfassungs- und Rechtsfragen der
öffentlichen Wirtschaft, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1985 (im Folgenden zitiert als: Püttner (1985)), S. 136
f..
40
Vgl. Püttner (1985), S. 18.
41
Vgl. Spannowsky, W.: Die Verantwortung der öffentlichen Hand für die Erfüllung öffentlicher Aufga-
ben und die Reichweite ihrer Einwirkungspflicht auf Beteiligungsunternehmen in: DVBl., 107. Jg.,
Nr. 6, 1992, S. 1072-1079
(im Folgenden zitiert als: Spannowsky (1992)), S. 1075.
42
Vgl. Mahlberg (1986), S. 19.
43
Vgl. Spannowsky (1992), S. 1075.

- 10 -
so dass die Bindung der Kommune an ,,Recht und Gesetz" mittelbar auch für kommu-
nale Unternehmen in privatrechtlicher Form gilt
44
.
3.2.3.
Sozialstaatsprinzip
Nach dem Sozialstaatsprinzip werden (auch) die Kommunen von der Verpflichtung
erfasst, für eine ,,sozial gerechte Gestaltung des Gemeinwesens zu sorgen"
45
, Versor-
gungseinrichtungen zu schaffen und die für die Grundbedürfnisse der Bevölkerung er-
forderliche Bedarfsdeckung zu sichern und zu überwachen. Das Sozialstaatsprinzip er-
fordert die Aufsicht und Kontrolle kommunaler Unternehmen sowie die Möglichkeit
gestaltender Einflussnahme.
46
3.3.
Die Grenzen der Einwirkungspflicht
Die Einwirkungspflicht der Kommune lässt sich zwar durch die oben aufgezeigten
Punkte in einem gewissen Maße konkretisieren, genaue Aussagen lassen sich daraus
jedoch nicht ableiten.
47
Zu beachten ist vor allem, dass aus der Einwirkungspflicht nicht
abgeleitet werden kann, dass die Unternehmensorgane ständiger Weisungsgebung und
täglicher Kontrolle unterliegen müssten,
48
da dies gesellschaftsrechtlich nicht zulässig
ist und zudem die in der Privatrechtsform angelegten Organisationsvorteile bereits im
Keim erstickt würden.
49
Die Einwirkungspflicht bezieht sich daher in erster Linie auf
die Vorgabe und Kontrolle der Unternehmensziele und der grundsätzlichen Aufgaben-
stellung der Unternehmen.
50
Die erforderlichen Detailkonkretisierungen sind durch die
Geschäftsleitung des Unternehmens und die weiteren Unternehmensorgane eigenver-
antwortlich vorzunehmen.
51
Wann die Kommune konkret auf diese Organe einzuwirken
hat, muss im Einzelfall entschieden werden. Hierbei spielt eine besondere Rolle, welche
44
Vgl. Mahlberg (1986), S. 19.
45
Vgl. Püttner (1985), S. 179.
46
Vgl. Mahlberg (1986), S. 20.
47
Vgl. Ade (1997), S. 25.
48
Vgl. Püttner (1985), S. 137.
49
Vgl. Ehlers, D.: Verwaltung in Privatrechtsform, Berlin 1984, S. 131.
50
Vgl. Püttner (1985), S. 137.
51
Vgl. Engellandt, F.: Die Einflußnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das
Anteilseignerorgan: Rechtliche, organisatorische und kompetenzielle Probleme ihrer Einwirkungs-
pflicht, Heidelberg 1995 (im Folgenden zitiert als: Engellandt (1995)), S. 22.

- 11 -
öffentlichen Interessen und Aufgaben so bedeutend sind, dass sie durch die Einfluss-
nahme der Kommune abgesichert werden müssen.
52
4.
Der Aufsichtsrat - Grundlagen
4.1.
Der Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft
Im deutschen Aktienrecht gilt das System der dualistischen Unternehmensverfassung,
welches das Prinzip der Funktionstrennung verfolgt. Es erfolgt eine Trennung der Un-
ternehmensverwaltung in die unabhängige Leitung und die Überwachung derselben.
Der Vorstand hat das Unternehmen gem. § 76 Abs. 1 AktG unabhängig und unter eige-
ner Verantwortung zu leiten. Aus dieser weit reichenden Kompetenz ergibt sich die
Notwendigkeit eines unabhängigen Überwachungsgremiums, damit der Vorstand seine
Leitungsmacht nicht zum Schaden der Anteilseigner ausnutzen kann. Im § 111 Abs. 1
AktG wird diese Funktion dem Aufsichtsrat zugeschrieben. Der Aufsichtsrat fungiert
als Schaltstelle zwischen der durch den Vorstand repräsentierten Geschäftsführung und
dem/den Anteilseigner(n), der/die seine/ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesell-
schaft gem. § 118 AktG in der Hauptversammlung, dem dritten Organ der Aktiengesell-
schaft, ausübt/ausüben.
4.2.
Der Aufsichtsrat in der GmbH
4.2.1.
Fakultativer Aufsichtsrat
Anders als das Aktiengesetz kennt das GmbH-Gesetz keinen obligatorischen, also durch
das Gesetz vorgeschriebenen, Aufsichtsrat. Es hängt vom Willen der Gesellschafter ab,
welcher im Gesellschaftsvertrag seinen Ausdruck findet, ob sie einen Aufsichtsrat
bestellen oder nicht.
53
Sobald die Kommune jedoch ­ unmittelbar oder mittelbar - als Gesellschafter einer
GmbH auftritt, stellt sich die Frage, ob nicht die Vorschriften der jeweiligen Gemeinde-
ordnungen nur dann eine kommunale Beteiligung zulassen, wenn ein Aufsichtsrat ge-
bildet wird. Dieser Gedanke basiert auf der Bestimmung, dass die Gemeinde Einfluss
auf das kommunale Unternehmen über den Aufsichtsrat oder ein entsprechendes Über-
52
Vgl. Ade (1997), S. 25.
53
Vgl. Höhn, R.: Die Geschäftsleitung der GmbH: Organisation, Führung und Verantwortung; Kontrolle
durch Aufsichtsrat und Beirat, 2. Aufl., Köln 1995, S. 269.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832498917
ISBN (Paperback)
9783838698915
DOI
10.3239/9783832498917
Dateigröße
734 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg – Wirtschaftswissenschaften, Öffentliche Wirtschaft und Personalwirtschaft
Erscheinungsdatum
2006 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
öffentliches recht verwaltung gebietskörperschaft öffentliche unternehmen aufsichtsrat
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Titel: Die Möglichkeiten und Grenzen der Einflussnahme der Kommune auf ihre Vertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft
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