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Chinas Beziehungen zu Nordkorea in der Ära Deng Xiaoping (1978-1997)

Von sozialistischer Bündnispolitik zu nationalstaatlicher Interessenpolitik

©2002 Doktorarbeit / Dissertation 250 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die vorliegende Arbeit wirft vor dem Hintergrund des koreanischen Konflikts ein Schlaglicht auf China. Wenn es einen Staat gibt, der über Informationen über die DVRK verfügt, ist es die Volksrepublik China. Seit dem Zerfall der Sowjetunion kann Peking als der letzte Verbündtete Pjöngjangs angesehen werden. Nach dem Koreakrieg, in dem China die DVRK mit Hunderttausenden sogenannter Freiwilligentruppen unterstütze, pflegten beide Seiten zumindest offiziell enge Freundschaftsbeziehungen. China ist der größte geografische Nachbar der DVRK und seit dem Zerfall der UdSSR der wichtigste Handelspartner und Lieferant von Rohstoffen. China ist zudem die einzige Großmacht, welche die Sicherheit der DVRK mit einem Militärpakt (1961) garantiert.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen die Beziehungen zwischen der DVRK und der VR China nach 1978. Die Ära Deng Xiaoping im Titel bezeichnet dabei die Periode der Öffnung Chinas, der Hinwendung zu einem kapitalistischen Wirtschaftsstil und der damit verbundenen Öffnung gegenüber dem Westen. Die Arbeit analysiert die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen der beiden Staaten. Ziel der Arbeit ist es, Antworten oder zumindest eine Annäherung an politische Fragen zu ermöglichen, die wiederum Aufschluss über die weitere Entwicklung der DVRK bieten könnten: Welchen Einfluss hat Peking, das sich öffentlich als Außenseiter im koreanischen Konflikt bezeichnet, auf das nordkoreanische Regime? Besteht eine wirtschaftliche oder militärische Abhängigkeit der DVRK von China? Was sind Chinas Interessen in Korea und welche Außenpolitik verfolgt es? Und schließlich stellt sich noch die Systemfrage: Wird Pjöngjang eines Tages dem Weg der VR China in Richtung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Öffnung folgen?

Einleitung:
Als im Juni 2000 die beiden koreanischen Führer Kim Dae Jung und Kim Jong Il zum Gipfeltreffen in Pjöngjang zusammentrafen, herrschte bei vielen Beobachtern des koreanischen Konfliktes Optimismus. Als ein historisches Gipfeltreffen bezeichneten manche dieses erste Treffen der koreanischen Staatsführer, das mit einem 5-Punkte Plan und einem Kommunique zur Wiedervereinigung und Friedenssicherung abgeschlossen wurde. Südkoreas Präsident Kim Dae Jung, der mit der sogenannten Sonnenscheinpolitik die Annäherung der beiden verfeindeten Staaten vorangetrieben hatte, erhielt im gleichen Jahr den Friedensnobelpreis.
Mittlerweile hat sich jedoch Ernüchterung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Führungsmacht, Vermittler, Außenseiter? Pekings Einfluss in Pjöngjang
1.2 Verschlossene Tore: Wissenschaftliches Arbeiten über Nordkorea

2. Vom Tributstaat zum sozialistischen Bündnispartner - Chinas Beziehungen zu Nordkorea bis 1978
2.1 Historische Beziehungen
2.1.1 Korea und das chinesische Kaiserreich
2.1.2 Pekings Rolle in der kommunistischen Bewegung Koreas
2.1.3 Zusammenfassung
2.2 China und der Koreakrieg
2.2.1 Mao Zedongs Entscheidung zum Kriegseintritt 1950
2.2.2 Chinas Freiwilligenarmee in Korea
2.2.3 Pekings Rolle bei den Waffenstillstandsverhandlungen 1953
2.2.4 Zusammenfassung
2.3 Wettstreit mit Moskau: Pekings Koreapolitik bis Maos Tod
2.3.1 China als Nordkoreas Bündnispartner
2.3.2 Pjöngjang und die Konkurrenz zwischen Peking und Moskau
2.3.3 Kulturrevolution: China kehrt sich nach innen
2.3.4 Zusammenfassung

3. Chinas Beziehungen zu Nordkorea in der Ära Deng Xiaoping (1978-1997)
3.1 Politische Beziehungen
3.1.1 Chinas Außenpolitik in der Reformära
3.1.1.1 Entideologisierung
3.1.1.2 Entpersonalisierung
3.1.1.3 Neuorientierung in Asien
3.1.2 Nordkoreas Außenpolitik nach
3.1.2.1 Aufbau- und Entscheidungsstruktur
3.1.2.2 Theorie- und Ideologie in der Außenpolitik der DVRK
3.1.3 Pekings Weg zur Zwei-Korea-Politik
3.1.3.1 Chinesisch-sowjetische Entspannung
3.1.3.2 Annäherung an Südkorea
3.1.3.3 Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Seoul
3.1.4 China und die Korea-Frage
3.1.4.1 Pekings Interessen auf der koreanischen Halbinsel
3.1.4.2 China und die Koreapolitik der Drittstaaten
3.1.4.2.1 USA
3.1.4.2.2 Russland
3.1.4.2.3 Japan
3.1.4.3 Pekings Koreapolitik und Wiedervereinigung
3.1.5 China als letzter Verbündeter Nordkoreas
3.1.5.1 Rituelle Freundschaftsdiplomatie
3.1.5.2 Peking und Nordkoreas UN-Politik
3.1.5.3 Die Nuklear-Krise 1993/94
3.1.5.4 Kim Il Sungs Tod 1994
3.1.5.5 Die Flucht des Parteisekretärs Hwang Yang Jop
3.1.5.6 China und das nordkoreanische Flüchtlingsproblem
3.1.5.7 Nordkoreas Annäherung an Taiwan
3.1.5.8 Chinas Einschätzung von Kim Jong Il
3.1.6 Zusammenfassung
3.2 Militärische Beziehungen
3.2.1 Chinas Militärpolitik gegenüber Nordkorea
3.2.2 Der Beistandspakt von 1961
3.2.3 Die Rolle der Korea-Veteranen in Chinas Volksbefreiungsarmee
3.2.4 China und Nordkoreas nukleares Raketenprogramm
3.2.5 Zusammenfassung
3.3 Wirtschaftliche Beziehungen
3.3.1 Chinas Reformpolitik und die Auswirkungen auf den Koreahandel
3.3.1.1 China und Nordkorea
3.3.1.2 China und Südkorea
3.3.2 Auslöser der Hungerkrise? Pekings Umstellung des Handels auf
harte Währung
3.3.3 Chinas Reformpolitik: Vorbild für Pjöngjang?
3.3.4 Zusammenfassung

4. Ergebnis: Chinas Weg zur nationalstaatlichen Interessenpolitik am Beispiel der Koreapolitik

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abkürzungs- und Tabellenverzeichnis

1. EINLEITUNG

1.1 Führungsmacht, Vermittler, Außenseiter? Pekings Einfluss in Pjöngjang

Als im Juni 2000 die beiden koreanischen Führer Kim Dae Jung und Kim Jong Il zum Gipfeltreffen in Pjöngjang zusammentrafen, herrschte bei vielen Beobachtern des koreanischen Konfliktes Optimismus. Als ein historisches Gipfeltreffen bezeichneten manche dieses erste Treffen der koreanischen Staatsführer, das mit einem 5-Punkte Plan und einem Kommunique zur Wiedervereinigung und Friedenssicherung abgeschlossen wurde. Südkoreas Präsident Kim Dae Jung, der mit der sogenannten Sonnenscheinpolitik die Annäherung der beiden verfeindeten Staaten vorangetrieben hatte, erhielt im gleichen Jahr den Friedensnobelpreis.

Mittlerweile hat sich jedoch Ernüchterung eingestellt, der erhoffte Durchbruch in dem Jahrzehnte alten koreanischen Konflikt blieb aus. In den politischen Folgegesprächen zwischen Seoul und Pjöngjang konnten sich beide Seiten bislang auf keine konkreten Abrüstungsschritte und Maßnahmen zur Friedenssicherung einigen. Der im Juni 2000 angekündigte Gegenbesuch Kim Jong Ils in Seoul ist bislang offen. Zwar gab es in den Jahren 2000 und 2001 einige kurze, medienwirksame Treffen durch den Krieg getrennter Familien beider Seiten. An der brisanten politischen Lage auf der koreanischen Halbinsel hat sich jedoch nichts grundlegend geändert.

Korea ist weiter ein potentieller Krisenherd in Ostasien. Fünf Jahrzehnte nach dem Koreakrieg (1950-1953) stehen sich entlang der Demarkationslinie am 38. Breitengrad zwei hochgerüstete Armeen gegenüber. Ein Jahrzehnt nach dem Fall der Mauer in Deutschland, nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion herrscht in Korea nach wie vor Kalter Krieg: Auf der einen Seite das kommunistische Nordkorea, seit 1961 durch einen Beistandspakt mit der VR China militärisch verbunden. Im Süden die demokratische Republik Korea, unterstützt durch Truppen der USA.

Im Gegensatz zu anderen kommunistischen Staaten gab es in Nordkorea (DVRK) nach dem Zerfall der Sowjetunion keinen Systemwandel. Als einer der letzten Staaten hält die DVRK an der sozialistischen Planwirtschaft fest und steht damit nahezu isoliert in der Staatengemeinschaft. Das politische und wirtschaftliche System ist von dem Vorbild der einstigen Schutzmacht UdSSR geprägt und wird von einer leninistisch-marxistischen Einparteienherrschaft dominiert. Mit dem Zerfall des Ostblocks gingen Außenhandel und Wirtschaftsentwicklung der DVRK stark zurück, ein Großteil der Fabriken im Land stehen heute still. Seit Mitte der neunziger Jahre sind große Teile der Bevölkerung von Nahrungsmittellieferungen der internationalen Hilfsorganisationen abhängig. Die Einparteienherrschaft der Partei der Arbeit Koreas (PdAK) ist auch nach der Machtübernahme Kim Jong Ils, der 1994 seinen verstorbenen Vater Kim Il Song an der Spitze folgte, ungebrochen.

Anders sieht die Lage in Südkorea aus, das während und nach dem Koreakrieg militärisch und wirtschaftlich von den USA unterstützt wurde. Die Republik Korea entwickelte sich mit einem westlich-kapitalistischen Modell zu einem der wirtschaftlich erfolgreichen asiatischen Tigerstaaten. Südkorea ist hinter Japan und China eine der führenden Industrienationen Asiens. Seit den Achtzigern kam es unter dem Druck der Bevölkerung auch zu einer politischen Liberalisierung. Das Militärregime wurde durch ein demokratisches Mehrparteiensystem abgelöst. 1998 wählten die Südkoreaner den ehemaligen Dissidenten Kim Dae Jung zum Präsidenten. Die Wahl wurde von vielen Beobachtern Südkoreas als letzter Schritt zur Demokratisierung angesehen.

Der Koreakrieg und der ideologische Systemkonflikt führten auf der koreanischen Halbinsel zu einer Teilung, die weitaus stärker ist als die im früheren Deutschland. Im Gegensatz zur einstigen BRD und DDR, die durch eine Reihe ziviler und staatlicher Kontakte miteinander verbunden waren, sind die beiden Koreas nahezu voneinander isoliert. Zwischen Nord- und Südkorea gibt es bis heute weder Briefverkehr noch Telefonverbindungen. Bis auf einige wenige humanitäre Familienzusammenführungen haben Millionen Koreaner seit einem halben Jahrhundert keine einzige Nachricht von ihren Familien aus dem anderen Landesteil erhalten. Viele wissen nicht, ob ihre Verwandten noch leben. Zwischenstaatlicher Austausch zwischen Nord- und Südkorea auf wissenschaftlichem oder privatem Gebiet findet praktisch nicht statt. Auf politischer Ebene haben sich nach 1998 die Kontakte zwar verstärkt. Das Gipfeltreffen im Juni 2000 zwischen Kim Dae Jung und Kim Jong Il führte jedoch zu keinen konkreten Entspannungsmaßnahmen oder Abrüstungsschritten.

Der Mangel an Kontakten zwischen den beiden Koreas verstärkt das Krisenpotential in diesem Konflikt. Im Gegensatz zu den beiden früheren deutschen Staaten und dem Ost-West-Konflikt in Europa gibt es auf der koreanischen Halbinsel praktisch keine friedenssichernden Mechanismen, die potentielle Krisen frühzeitig entschärfen könnten. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu kleineren Zwischenfällen - Grenzschießereien, Marinezusammenstöße und Spionagefälle - die zu Spannungen führten. Die Folgen einer militärischen Konfrontation wären jedoch fatal: Ein Krieg in Korea könnte sich rasch zu einem Stellvertreterkrieg ausweiten, mit der Großmacht China auf der Seite des Nordens und den USA auf der Seite des Süden. Die beiden Hauptstädte Seoul und Pjöngjang sind nur wenige Hundert Kilometer von einander entfernt und könnten innerhalb von Minuten durch Kurzstreckenraketen vernichtet werden.

Die unbekannte Größe in dem Konflikt ist Nordkorea. Während sich Südkorea als Demokratie westlichen Modells in die Staatengemeinschaft einfügt, ist die DVRK seit dem Zerfall des Ostblocks nahezu isoliert. Erst in den vergangenen beiden Jahren haben europäische Staaten und auch die USA den politischen Dialog mit Pjöngjang verstärkt. Die Bundesrepublik Deutschland und andere EU-Staaten nahmen diplomatische Beziehungen zur DVRK auf und eröffneten Botschaften in Pjöngjang. Dennoch ist die DVRK auf der politischen Landkarte weiter ein weißer Fleck. Nordkorea ist der wohl isolierteste Staat der Erde. Ausländern wird nur äußerst selten die Einreise gestattet, im Land werden Besucher rund um die Uhr überwacht. Politische Entscheidungsprozesse finden bis heute in kleinen verschlossenen Zirkeln statt und sind auch für Experten kaum nachvollziehbar. Über die wirtschaftliche Entwicklung der DVRK gibt es nur Schätzungen, seit den sechziger Jahren veröffentlicht Pjöngjang keine regelmäßigen Wirtschaftsstatistiken mehr. Nordkoreas Militärpolitik ist für westliche Beobachter nahezu undurchschaubar. Das Regime in Pjöngjang steht in dem Verdacht, an einem Atomwaffenprogramm zu arbeiten.

Die vorliegende Arbeit wirft vor dem Hintergrund des koreanischen Konflikts ein Schlaglicht auf China. Wenn es einen Staat gibt, der über Informationen über die DVRK verfügt, ist es die Volksrepublik China. Seit dem Zerfall der Sowjetunion kann Peking als der letzte Verbündtete Pjöngjangs angesehen werden. Nach dem Koreakrieg, in dem China die DVRK mit Hunderttausenden sogenannter Freiwilligentruppen unterstütze, pflegten beide Seiten zumindest offiziell enge Freundschaftsbeziehungen. China ist der größte geografische Nachbar der DVRK und seit dem Zerfall der UdSSR der wichtigste Handelspartner und Lieferant von Rohstoffen. China ist zudem die einzige Großmacht, welche die Sicherheit der DVRK mit einem Militärpakt (1961) garantiert.[1]

Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen die Beziehungen zwischen der DVRK und der VR China nach 1978. Die Ära Deng Xiaoping im Titel bezeichnet dabei die Periode der Öffnung Chinas, der Hinwendung zu einem kapitalistischen Wirtschaftsstil und der damit verbundenen Öffnung gegenüber dem Westen. Die Arbeit analysiert die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen der beiden Staaten. Ziel der Arbeit ist es, Antworten oder zumindest eine Annäherung an politische Fragen zu ermöglichen, die wiederum Aufschluss über die weitere Entwicklung der DVRK bieten könnten: Welchen Einfluss hat Peking, das sich öffentlich als Außenseiter im koreanischen Konflikt bezeichnet, auf das nordkoreanische Regime? Besteht eine wirtschaftliche oder militärische Abhängigkeit der DVRK von China? Was sind Chinas Interessen in Korea und welche Außenpolitik verfolgt es? Und schließlich stellt sich noch die Systemfrage: Wird Pjöngjang eines Tages dem Weg der VR China in Richtung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Öffnung folgen?

China und Korea teilen eine lange Geschichte. Chinas Führer sahen Korea traditionell als chinesisches Einflussgebiet. Koreas Fürstenhäuser waren einst dem chinesischen Kaiserhaus als Tributstaaten untergeordnet. Die historischen Beziehungen haben bis heute einen Einfluss auf das Verständnis der beiden Staaten in ihren Beziehungen. Dem Hauptteil der Arbeit ist deshalb ein geschichtliches Kapitel vorgestellt. Pekings Rolle im Koreakrieg, die dank neuen Forschungsarbeiten heute besser dokumentiert ist[2], und Chinas Beziehungen zu Pjöngjang bis 1978 werden dort zusammenfassend analysiert. Der Hauptteil stellt die Beziehungen zwischen Peking und Pjöngjang in den Jahren 1978 bis 1997 dar. Er gliedert sich in drei Unterkapitel über die politischen, militärischen und wirtschaftlichen Kontakte.

Chinas Beziehungen zu Nordkorea sind auch ein Beispiel für den Wandel der chinesischen Außenpolitik nach 1978. Die einst ideologische Bündnispolitik der Mao-Ära wurde durch eine nationalstaatliche Bündnispolitik ersetzt. 1992 nahm Peking diplomatische Kontakte zu Seoul auf. Zwar hielt Peking im Gegensatz zu Moskau seine engen Kontakte zu Pjöngjang weiter aufrecht, de facto verfolgte es jedoch seitdem eine Zwei-Korea-Politik. Peking spielte damit eine Schlüsselrolle in Korea. China war nicht nur Nordkoreas letzter Verbündeter, es war auch die einzige Großmacht, die über funktionierende Kontakte zu beiden koreanischen Staaten verfügte.

1.2 Verschlossene Tore: Wissenschaftliches Arbeiten über Nordkorea

Wenige Politikwissenschaftler beschäftigen sich mit Nordkorea. Ein Grund dafür ist die Schwierigkeit, verlässliche Informationen über die DVRK zu erlangen. Über kaum einen Staat der Erde gibt es so wenig Wissen wie über die DVRK, kein anderes politisches System erscheint für Außenstehende so undurchsichtig. Ein Beispiel für den Mangel an Informationen im Ausland über die politischen Hintergründe der DVRK war das erwähnte Gipfeltreffen der beiden koreanischen Führer im Juni 2000 in Pjöngjang. Südkoreanische und westliche Experten waren bis zu dem Treffen davon ausgegangen, dass Kim Jong Il unter einem schweren Sprachfehler oder einer anderen Behinderung litt, weil dieser praktisch nie öffentlich im nordkoreanischen Fernsehen oder Rundfunk gesprochen hatte.[3] Bei der Ankunft des südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung in Pjöngjang tauchte Kim Jong Il jedoch überraschend auf dem Flughafen auf und sprach mühelos live vor den internationalen TV-Kameras.

Die Probleme des wissenschaftlichen Arbeitens über Nordkorea sind bekannt. Die DVRK veröffentlicht praktisch keine Handelsstatistiken, Wirtschaftszahlen oder sonstigen politischen Kennzahlen. Ebenso rar sind politikwissenschaftliche Literatur, Dokumente oder Quellen. Einzige Ausnahme sind die zum Teil von der Staatspresse veröffentlichten Redetexte Kim Il Sungs und Kim Jong Ils, wobei diese abstrakt und von der politischen Realität des Landes entfernt sind. Pjöngjangs Misstrauen gegenüber allen ausländischen Staaten führt dazu, dass westlichen Forschern eigene Recherche oder Interviews mit nordkoreanischen Entscheidungsträgern in der Regel unmöglich sind.

Auch Peking lässt sich bei seiner Korea-Politik kaum in die Karten schauen. Zwar sind mit der gesellschaftlichen Öffnung Politik und Wissenschaft in China transparenter geworden. Die Beziehungen zu Nordkorea, einst ein enger Verbündeter Chinas, werden jedoch kaum wissenschaftlich dokumentiert. Das liegt zum einen daran, dass Chinas Koreawissenschaftler nach 1992 ihre akademischen Kontakte fast ausschließlich in das wirtschaftlich starke Südkorea verlegt haben. An den Koreanistik-Instituten der großen Universitäten wie der Peking Universität und Qinghua Universität wird heute praktisch nur noch zu Südkorea geforscht und gelehrt. Der Informationsmangel ist aber offensichtlich auch politisch gesteuert. Peking sieht sich nach wie vor als Schutzmacht der DVRK und unterstützt deshalb auch im eigenen Land die Informationskontrolle der Nordkoreaner. Die von Peking veröffentlichten Handelsstatistiken mit der DVRK sind unvollständig. Politische oder militärische Kontakte zwischen Peking und Pjöngjang werden von den Staatsmedien selten und wenn nur kurz erwähnt. Relevante Informationen zur DVRK werden vom chinesischen Außenministerium geheim gehalten. Das Ergebnis ist, dass auch chinesische Politologen über die Entwicklung der Beziehungen zwischen China und der DVRK nur wenig erfahren.

Ausländische Literatur zu Nordkorea und insbesondere zu den Außenbeziehungen der DVRK ist dementsprechend spärlich. Zu den Standartwerken der historischen Beziehungen zwischen China und Korea gehören Reischauer und Fairbanks, in Deutschland hat Kindermann sich mit der Geschichte der beiden Staaten beschäftigt.[4] Die Anfänge der Kommunistischen Bewegung in Korea und die Verbindungen zur chinesischen und sowjetischen KP haben Suh und Scalapino/Lee untersucht.[5] Eine Reihe US-amerikanischer und südkoreanischer Autoren hat sich mit dem Koreakrieg beschäftigt, wobei die meisten dieser Arbeiten sich auf den Kriegsverlauf und die US-Politik in Korea konzentrieren. In den vergangenen Jahren sind jedoch neuere Forschungsergebnisse bekannt geworden, welche die Rolle Pekings im Koreakrieg und bei den anschließenden Waffenstillstandsverhandlungen in Panmunjom genauer beleuchten.[6] China gewährte erstmals einen tieferen Einblick in chinesische Perspektive während des Koreakrieges. Eine Reihe der am Koreakrieg beteiligten Generäle und Militärführer durfte in den chinesischen Staatsverlagen ihre Memoiren veröffentlichen.[7] Wie bei allen chinesischen und nordkoreanischen Veröffentlichungen zur Außenpolitik muss man jedoch davon ausgehen, dass diese mehr oder weniger stark zensiert sind. Vergleichsweise gut dokumentiert ist in der Literatur der außenpolitische Wettkampf zwischen China und der Sowjetunion, die ab Ende der 1950er um den Einfluss in Nordkorea konkurrierten.[8]

Dünner wird die Literatur, wenn es um die jüngeren Beziehungen zwischen Peking und Pjöngjang geht, dem Thema der vorliegenden Arbeit. Die bisher umfassendste und fundierteste Veröffentlichung stammt von Lee Chae Jin vom „Keck Center for International Studies“ (Claremont, CA), der 1996 einen Abriss der Beziehungen zwischen China und Nordkorea herausbrachte.[9] Die Arbeit stellt einen Gesamtüberblick der Beziehungen dar, ist jedoch keine Spezialisierung auf die jüngere Geschichte. In Südkorea hat sich das Sejong-Forschungsinstitut in Seoul mit der chinesisch-koreanischen Politik beschäftigt.[10] Die Veröffentlichungen neigen jedoch dazu, die südkoreanische Perspektive und deren Interessen in den Vordergrund zu stellen. Einige Autoren haben sich in den vergangenen Jahren mit Teilaspekten der nordkoreanischen Politik beschäftigt, und lieferten meiner Arbeit damit wertvolle Hinweise. Der US-amerikanische Militärpublizist Joseph S. Bermudez Jr. ist einer der wenigen Wissenschaftler, der sich an das schwierige Feld der nordkoreanischen Militärpolitik und Streitkräfte heranwagte, ein Thema, zu dem es nur wenige verlässliche Informationen gibt.[11] Zu Nordkoreas Außenhandel und den Wirtschaftsbeziehungen zu China hat Marcus Noland zum Teil mit Koautoren hilfreiche Artikel veröffentlicht.[12] Einige Autoren wie Nicholas Eberstadt und Samuel S. Kim beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit dem politischen System der DVRK, ihre Veröffentlichungen sind ebenfalls in diese Arbeit eingeflossen.[13]

Diese Arbeit ist der erste Versuch, die Beziehungen zwischen der VR China und der DVRK in der Periode der chinesischen Reformpolitik (1978-1997) zu beschreiben. Sie ist zugleich die erste deutschsprachige Veröffentlichung, die sich mit dem gewandelten chinesisch-nordkoreanischen Verhältnis beschäftigt und damit Aufschluss über Pekings Rolle in dem koreanischen Konflikt zu geben sucht. Die Arbeit stützt sich in weiten Teilen auf 2675 chinesische Quellen, offizielle Redemanuskripte sowie Nachrichten der chinesischen Staatspresse, die 1994 von der Koreanistikabteilung der Peking Universität in einer gebündelten Dokumentensammlung veröffentlicht wurden und hier erstmals in einer wissenschaftlichen Arbeit im Ausland vorgestellt werden.[14] Für die nachfolgenden Jahre bis 1997 wurden die chinesischen und nordkoreanischen Staatsmedien ausgewertet. Gespräche mit chinesischen Politologen und Koreanistikforschern ergänzen die Informationen. Literatur und weitere Quellen wurden in Seoul, Tokio, Hongkong und Berlin recherchiert.

Ziel der Arbeit ist, aus den verstreuten Teilinformationen ein Puzzlebild der Beziehungen zwischen Peking und Pjöngjang während des Untersuchungszeitraumes zusammenzusetzen. Viele der Informationen über beide Länder werden nur über die Medien verbreitet. In Fällen, in denen diese Informationen glaubwürdig erscheinen aber nicht von den Regierungen oder den Staatsmedien der beiden Staaten bestätigt wurden, werden in dieser Arbeit auch nicht-wissenschaftliche Zeitungen und Publikationen zitiert. Wegen der generell unsicheren Quellenlage werden strittige Informationen in den Fußnoten vergleichsweise ausführlich zitiert. Aus dem gleichen Grund wurde für die Arbeit ein methodischer Ansatz gewählt, der die Ergebnisse hermeneutisch-deskriptiv erfasst. Der Hauptteil der Arbeit teilt sich in drei Unterkapitel, in denen die politischen, militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen dargestellt werden. Die Ergebnisse werden jeweils kurz zusammengefasst. Chinesische Wörter, Namen und Ortsbezeichnungen werden in der üblichen Pinyin-Transskription der VR China wiedergegeben. Ausnahmen sind die in Deutschland üblichen Umschriften bekannter Orte und Persönlichkeiten (Peking, Taipeh, etc.). Für die Transskription koreanischer Namen wurde so weit wie möglich das übliche McCune-Reischauer-System verwendet.[15] Ausnahmen sind in der Politikwissenschaft übliche Umschriften (Kim Jong Il statt Kim Chongil; Juche statt Chuch´e; Syngman Rhee statt Yi Sungman) sowie in Deutschland gemäß dem Duden übliche Eigennamen (Pjöngjang). In einigen Fällen wurden koreanische Namen aus den chinesischen Schriftzeichen der Originalquellen abgeleitet und romanisiert.

2. VOM TRIBUTSTAAT ZUM SOZIALISTISCHEN BÜNDNISPARTNER - CHINAS BEZIEHUNGEN ZU NORDKOREA BIS 1978

2.1 Historische Beziehungen

2.1.1 Korea und das chinesische Kaiserreich

Durch ihre geografische Nähe teilen China und Korea eine lange Geschichte. Dabei dominierte China kulturell und militärisch seit der Kaiserzeit die Beziehungen.[16] 372n.Chr. wurde der Buddhismus aus China offiziell in dem koreanischen Koguryo-Reich eingeführt. Etwa zur gleichen Zeit wurde in Korea eine Rechtsprechung nach chinesischem Vorbild errichtet, Universitäten zum Unterricht des Konfuzianismus und der chinesischen Geschichte aufgebaut und offiziell ein Großteil des wissenschaftlichen Wissens der Chinesen übernommen. Korea übernahm in den folgenden Jahrhunderten das chinesische Regierungs- und Administrationssystem und organisierte sein Militär nach chinesischen Vorbild.[17]

Die politische Beziehung zwischen den beiden Staaten China und Korea war durch ein hierarchisches Tributsystem symbolisiert.[18] Als das Reich der Mitte betrachtete sich China als das kosmische Zentrum. Wie alle anderen Nachbarstaaten musste Korea Tributzahlungen an das durch das „ Himmelsmandat “ (Chinesisch: “tianming “) legitimierte chinesische Kaiserhaus zahlen. In Korea nannte man China lange Zeit nur „ daeguk “ - „ Großer Staat “ oder „ Älterer Staat “.[19] Tributzahlungen aus Korea begannen erstmals im 5.Jh.n.Chr. In der Koryo-Dynastie (918-1392) wurden diese Zahlungen regelmäßiger, in der Choson-Dynastie (1392-1910) institutionalisierten Korea und China die Tributzahlungen als die Grundlage der zwischenstaatlichen Kontakte.[20] Das chinesische Tributsystem basierte weniger auf militärischer Eroberung oder Besatzung anderer Staaten als vielmehr auf kultureller Dominanz und Überzeugung. Koreas Tribute waren vor allem ein Ausdruck der Unterordnung unter den Pekinger Kaiserhof. Aus geografischen und bevölkerungsmäßigen Überlegenheit sah China Korea historisch stets als einen untergeordneten Vasallenstaat. Dabei lässt sich das Verhältnis zwischen den beiden Staaten mit dem eines älteren und jüngeren Bruders im Konfuzianismus vergleichen. So lange Korea sich dem chinesischen Kaiserhaus unterordnete und regelmäßige Tributzahlungen leistete, mischte sich China in Koreas Angelegenheiten nicht ein.

Chinas Dominanz spiegelte sich in Kultur und Gesellschaft wider. Wie in Japan sind auch in Korea Kultur, Sprache und Philosophie stark durch China geprägt. Korea fungierte als eine Art kulturelle Brücke zwischen China und Japan. Bis zur Einführung der eigenen Hangul-Schrift 1446 wurden in Korea nur chinesische Schriftzeichen verwendet.[21] Koreanische Personalnamen sind bis heute nach chinesischem Vorbild (ein Charakterzeichen für den Familiennamen, ein oder zwei Zeichen für den Vornamen) aufgebaut.[22] Ortsnamen in Korea, wenn sie in chinesischen Schriftzeichen geschrieben werden, sind von chinesischen Ortsnamen nicht zu unterscheiden. Nordkoreas kleinste Organisationseinheit, das sogenannte „ O-ga-t´ong “ (wörtlich: „ fünf Familien Garantiesystem “, heute jedoch 15 bis 20 Haushalte) stammt ursprünglich aus China.[23] Reischauer/Fairbanks schreiben über Chinas kulturellen Einfluss in Korea und Japan:

„For more than a thousand years the higher culture of Korea und Japan resembled that of China so much, that in many respects they seemed virtually identical with it. (...) Most of the finest artistic output of these two countries is hardly to be distinguished from Chinese prototypes.“[24]

Besonders deutlich wurde der enorme kulturelle Einfluss aus China im Shilla-Reich und der späteren Choson-Dynastie, die mit 518 Jahren länger dauerte als jede chinesische Herrschaftsperiode. Reischauer/Fairbanks sehen die Choson-Dynastie als eine „ perfekte Nachbildung “ des Ming-Kaiserreiches in China, wobei Korea zeitweise noch konfuzianischer und noch traditionell-chinesischer war als China selbst.[25] Trotz des Jahrhunderte währenden Einflusses aus China bildete Korea dennoch eine eigenständige staatliche Identität und Kultur heraus. Die frühe Choson-Herrschaft war eine Hochblüte koreanischer Kultur, die durch eine Vielzahl von Erfindungen, gelehrten Büchern und der Entwicklung der Hangul-Schrift, eine der systematischsten Schriften der Erde überhaupt, geprägt war.

Obwohl China sich wie gesagt in normalen Zeiten aus Koreas inneren Angelegenheiten heraushielt, zögerte es nicht, bei Streitigkeiten oder Anzeichen von Widerstand militärisch gegen Korea vorzugehen. Dabei stand China in strategischer Konkurrenz zu Japan. In der Sui-Dynastie (518-618) und der Tang-Herrschaft (618-906) unternahm China sechs Feldzüge gegen Korea, die am erbitterten Widerstand des Koguryo-Reichs scheiterten. Korea war in dieser Zeit in drei konkurrierende Reiche aufgeteilt: Koguryo - der bis dahin mächtigste Staat, der rund zwei Drittel der Halbinsel beherrschte. Das kleinere Paekche im Südwesten- das mit Japan und Koguryo verbündet war. Und das später erstarkende südkoreanische Shilla-Reich. Erst als China sich mit Shilla verbündete, gelang es den Chinesen, Koguryo zu erobern. Koguryos letzter König wurde nach China verschleppt. Unter dem Shilla-Reich (668-935), das auch Paekche erobert hatte, wurde Korea zum ersten Mal unter einer Herrschaft vereinigt. Obwohl es bald zu Machtstreitigkeiten zwischen den Chinesen und dem Shilla-Herrscher kam, nahm der kulturelle und gesellschaftliche Einfluss aus China in Korea in dieser Zeit zu.[26]

In den folgenden Jahrhunderten wurde Korea immer wieder von China und auch Japan militärisch angegriffen. Die Mongolen nahmen, als sie 1254 in Korea einmarschierten und dort große Verwüstungen anrichteten, mehr als 200.000 Kriegsgefangene aus Korea mit zurück nach China. 1627 und 1636 besetzten die Mandschus die koreanische Halbinsel und zwangen den koreanischen König zur Unterwerfung und zu Tributzahlungen. Dabei war Korea auch ein militärischer Korridor zwischen Japan und China, was bei der japanischen Hideyoshi Invasion in Korea (1592-1598) und dem ersten chinesisch-japanischen Krieg (1894-95) deutlich wurde. General Hideyoshi hatte Japan nach zwei Jahrhunderten der Zersplitterung wieder vereint und wollte anschließend China angreifen. Da Korea auf diesem Weg in der Mitte lag, schlug er den Koreanern ein Bündnis vor, was diese jedoch ablehnten. 1592 begann Hideyoshi mit der Invasion Koreas. Chinas und Koreas Armeen verteidigten gemeinsam die Halbinsel und konnten erst 1598, begünstigt durch den plötzlichen Tod Hideyoshis, die Japaner zurückdrängen.[27]

Das Verhältnis zum großen Nachbarn China war aus koreanischer Sicht stets zwiespältig. Trotz der zeitweise enormen Bürden durch die Tributforderungen hatte die enge Beziehung zu China für Korea auch Vorteile. Die Könige der Choson-Dynastie legitimierten ihren Machtanspruch durch die Anerkennung durch das Pekinger Kaiserhaus und konnten so über fünf Jahrhunderte ein stabiles Herrschaftshaus aufbauen. Chinas konfuzianisches Gesellschafts- und Staatssystem sorgte für kulturelle und technische Entwicklung. Indem Korea China als die vorherrschende Hegemonialmacht anerkannte und Tributzahlungen leistete, wurde es im Gegenzug unter den militärischen Schutz Chinas gestellt und vor Drittmächten geschützt.

Allerdings erwies sich diese Schutzfunktion spätestens seit dem 19. Jahrhundert brüchig, als China innerlich geschwächt war und verstärkt westliche Missionare und Kolonialmächte nach Korea eindrangen. Japan erzwang 1876 im Vertrag von Kanghwa nach einer militärischen Offensive Zugang zu Korea. Auf Anraten Chinas, das zunächst zu schwach zu einer Verteidigung Koreas war, unterzeichnete Korea nach 1892 Handelsverträge mit Amerika, Großbritannien, Deutschland und Russland. Zwei Jahre später, beim Ausbruch des ersten chinesisch-japanischen Kriegs (1894/95), war der Interessenkonflikt der beiden Mächte über den Einfluss in Korea mit ein Auslöser. Die chinesische Kriegserklärung beginnt mit dem Satz: „ Korea war in den letzten 200 Jahren unser Tributstaat. In diesem Zeitraum hat es uns Tribut geliefert und das war weltweit bekannt.“[28] China hatte dem durch die Meiji-Reformen gestärkten Japan nur wenig entgegenzusetzen und musste im Friedensabkommen vom 17. April 1895 seinen Anspruch auf Korea abtreten. In dem im japanischen Shimonoseki unterzeichneten Abkommens hieß es:

„China recognizes definitely the full and complete independence and autonomy of Corea and in consequence, the payment of tribute and the performance of ceremonies and formalities by Corea to China in derogation of such independency and autonomy, shall wholly cease for the future.“[29]

Das Abkommen hatte zur Folge, dass China in den folgenden fünfzig Jahren keinen direkten Einfluss auf Korea haben sollte. Im Januar 1895 legte der koreanische König Kojong unter dem Druck Japans und als Reaktion auf den Einfluss der Großmächte Russland, Deutschland und Frankreich ein aus 14 Artikeln bestehendes Gelübde ab, in dem er Korea als offiziell unabhängigen Staat frei von jeder Abhängigkeit von China ausrief. Korea war damit erstmals in der modernen Geschichte ein unabhängiger Staat. Diese Unabhängigkeit war jedoch nur von kurzer Dauer. Nach Japans Sieg im Krieg gegen Russland (1904-5) musste Russland im Abkommen von Portsmouth am 5. September 1905 Japans Vorherrschaft auf der koreanischen Halbinsel anerkennen. In der geheimen Taft-Katsura Vereinbarung im gleichen Jahr akzeptierten auch die USA die Kontrolle Tokios über Korea und erhielten dafür die Vorrechte auf den Philippinen. Nachdem Japan alle anderen Großmächte verdrängt hatte, verstärkte es seinen Einfluss in Korea und annektierte die Halbinsel 1910 schließlich als eine eigene Kolonie und machte die Halbinsel zum Stützpunkt weiterer Eroberungen.[30]

2.1.2 Pekings Rolle in der kommunistischen Bewegung Koreas

Die kommunistische Bewegung Koreas hatte, da die Halbinsel von Japan okkupiert war, ihre Anfänge im Ausland. Motiviert durch die Revolution in Russland von 1917 gründeten Exil-Koreaner am 26. Juni 1918 im russischen Khabarovsk die „ hanin sahoedang “ (Koreanische Sozialistische Volkspartei). Bei der Parteigründung standen russische Berater mit finanzieller und logistischer Hilfe zur Seite. Am 25. April 1919 wurde in der Nähe von Wladiwostok der erste Parteikongress abgehalten. Zur gleichen Zeit entstanden allerdings auch in Schanghai, wo die koreanische Exilregierung unter der Führung Syngman Rhees (Yi Sungman) ihren Sitz hatte, erste kommunistische Gruppen. Im Mai 1920 oder im Januar 1921, der genaue Termin ist unbekannt, gründete Yi Tong Hwi, ein Exilkoreaner, der zuvor in Russland schon die Sozialistische Partei gegründet hatte und anschließend bei der Exilregierung aktiv war, zusammen mit Anhängern in Schanghai die „ koryo kongsandang “ (Koryo Kommunistische Partei). Yi Tong Hwi, der enge Kontakte zu chinesischen und taiwanesischen KP-Gruppen aufbaute und diese zum Teil finanziell unterstützte, war Vertreter der Komintern in Schanghai und zugleich Mittelpunkt der kommunistischen Bewegung der Exilkoreaner. Yi selbst wurde aus Moskau mit Geld versorgt. In Schanghai machte er Propaganda unter Exilkoreanern, übersetzte das Kommunistische Manifest ins Koreanische und veröffentlichte mehrere Magazine. Von Schanghai aus reiste er heimlich nach Korea, um dort kommunistische Parteiableger zu gründen. [31]

Während Yi von Schanghai aus die kommunistische Bewegung unter den Koreanern ausbaute, kam es in den folgenden Jahren zu immer deutlicheren Differenzen mit den Exilgruppen in Russland, vor allem aus Irkutsk, wo koreanisch-stämmige Russen ebenfalls KP-Einheiten aufgebaut hatten. Anfang 1920 hatte dort General Mun Chang Bum, ein ehemaliges Mitglied der Exilregierung, zusammen mit den koreanischen Irkutsk-Kommunisten den „ Chita Parteiausschuss der Koreanischen Kommunistischen Partei “ gegründet. In den folgenden Jahren rangen Schanghai und Irkutsk um die Vorherrschaft der koreanischen Exilkommunisten. Nach einer militärischen Auseinandersetzung verschiedener Kampfgruppen in Russland, dem Alexeyevsk Zwischenfall, standen sie in direkter Konfrontation. Dabei setze sich zunehmend die Irkutsk-Fraktion durch und immer mehr Mitglieder der koreanischen Exilregierung traten der Bewegung bei. Erst 1925 kam es nach langen Streitigkeiten zu einem Bündnis der kommunistischen Exilgruppen in China, Russland und Japan. Am 17. April 1925 wurde in Seoul die „ choson kongsandang “ (Kommunistische Partei Koreas) gegründet, 1926 wurde die Partei Mitglied in der Komintern. Es handelte sich zunächst mehr um einen Geheimbund als eine Partei. Offiziell war die Partei verboten, ihre Aktivitäten fanden im Untergrund statt. Resultierend aus der nach wie vor bestehenden Fraktionierung hatte die Partei eine relativ schwache Struktur.[32] Glenn Paige schreibt dazu:

„The pre-1945 Communist movement in Korea thus appears to have characterized by the clandestine activities of tiny Communist fractions.“[33]

In den Jahren 1925 bis 1928 rangelten die Fraktionen weiter intern um die Vorherrschaft, was 1928 zum Ausschluss aus der Komintern beitrug. Durch eine scharfe Überwachung gelang des der japanischen Sicherheitspolizei, viele Parteizellen zu zerschlagen. Führende Parteikader flohen nach China und in die Sowjetunion ins Exil. Mehrere Versuche, die kommunistische Bewegung aus dem Exil heraus zu bündeln, schlugen fehl. Erst 1945, nach dem Japan kapituliert hatte, fand eine Neuorganisation statt.

Die verschiedenen Fraktionen prägten in den folgenden Jahrzehnten die kommunistische Bewegung Koreas. Dabei waren viele der Exil-Führer durch ihren Aufenthalt in China beeinflusst. Manche lebten jahrelang im Umfeld der chinesischen KP und Mao Zedongs in Yanan. Allerdings schienen Chinas Kommunisten, im Gegensatz zu Moskau, ihren koreanischen Gesinnungsbrüdern eher indifferent gegenüberzustehen. Chinas KP unterstützte die koreanische Bewegung weder finanziell noch traten Chinesen als Berater in der Bewegung auf. Suh schreibt dazu: „Although it is apparent that the Koreans fought under the Chinese Communists against the Japanese, there is no indication of any significant Chinese Communist assistance or concern for the fostering of Korean Communist movement.“[34]

Dennoch muss diese Zeit die koreanischen Führer wie Kim Il Sung geprägt haben. Kim Il Sung (offizielles Geburtsdatum 15.4.1912 in Mangyongdae nahe Pjöngjang) zog im Grundschulalter mit seiner Familie in die Mandschurei, wo sein Vater häufig Geschäfte machte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Pjöngjang besuchte er zwischen 1927 und 1930 eine chinesische Mittelschule in Yuwen in der Provinz Jilin und lernte dort auch Chinesisch. Ab 1926 war er nach eigenen Angaben Mitglied eines kommunistischen Jugendverbandes.[35] 1929 wurde Kim japanischen Quellen zufolge im Alter von Siebzehn Jahren verhaftet, weil er beim Aufbau des kommunistischen Jugendverbandes aktiv gewesen sein soll. Kim saß siebeneinhalb Monate im Gefängnis.[36] Nach seiner Entlassung wurde er den offiziellen nordkoreanischen Angaben zufolge Vorsitzender dieses KP-Jugendverbandes in der östlichen Mandschurei, was ebenfalls angezweifelt wird. Wahrscheinlich ist, dass Kim Il Sung, der diesen Namen erst in dieser Zeit annahm, 1929 zum ersten Mal in Kontakt mit der koreanischen kommunistischen Bewegung kam und - statt wie behauptet als ein Führer - zunächst in eher niedriger Stellung mitarbeitete.[37] Über die nächsten Jahre in Kim Il Sungs Leben ist nur wenig bekannt. Kim äußerte sich später fast nie über seine Zeit in China und der UdSSR. Fest steht, dass Kim Il Sung später unter einem chinesischen Militärkommando der Kommunisten gegen die Japaner in der Mandschurei kämpfte. Ab 1932 führte er eine eigene Kampfgruppe an. Ob er in dieser Zeit als Guerilla-Führer all die militärischen Erfolge errungen hat, die ihm die nordkoreanische Geschichtsschreibung heute zuschreibt, ist unwahrscheinlich.[38] Dennoch war Kim Il Sung, der rund 100 Soldaten befehligte, auf dem Schlachtfeld erfolgreich. Bis 1941 kämpfte er mit seiner Einheit in China gegen die Japaner, wurde dann in das sowjetische Sibirien zurückgedrängt, und diente dort wahrscheinlich der russischen Armee.[39] Im Schatten der sowjetischen Besatzung kam Kim Il Sung 1945 zurück nach Korea.[40]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die Siegermächte Korea entlang des 38. Breitengrades in eine sowjetischen und amerikanischen Einflussbereich aufgeteilt. Im September 1945 begann die UdSSR im Norden mit dem Aufbau einer pro-sowjetischen Kommunistischen Partei. Nationalisten, Kommunisten und verschiedene Splittergruppen kehrten aus dem chinesischen Exil nach Nordkorea zurück. Chung Chin O. zählt fünf Hauptgruppen auf, die miteinander konkurrierten: 1. Koreanische Nationalisten, die dem Kommunismus kritisch gegenüberstanden. 2. Lokale kommunistische Gruppen, die unter den Japanern im Untergrund tätig gewesen waren. 3. Exil-Kommunisten aus China, die später unter dem Namen Yanan-Fraktion geführt wurden. 4. Rückkehrende Kommunisten aus der Sowjetunion. 5. Kommunistische Anhänger von Kim Il Sung, die später als Kapsan -Gruppe[41] bekannt wurde.[42]

Die Yanan-Gruppe stellte sich im Norden als die stärkste der KP-Fraktionen heraus. Zu den Führern gehörten anerkannte Offiziere, die jahrelang in China gegen die Japaner gekämpft hatten und persönliche Verbindungen zur chinesischen KP hatten. Anführer der Yanan-Gruppe waren Kim Tu Bong, ein anerkannter Literat, der seit 1919 in China im Exil gelebt hatte, und Choe Chang Ik. Beide hatten im Zweiten Weltkrieg Kontakt zu Mao und gemeinsam mit den chinesischen Kommunisten gegen Japan gekämpft. Die Yanan-Gruppe trat zunächst in der nordkoreanischen Politik unter ihrem alten Namen „ han´guk tongnip tongmaeng “ (Koreanische Unabhängigkeitsliga) auf, änderte den Namen im März 1946 jedoch in „ sinmindang “ (Neue Volkspartei).[43] Trotzdem waren es zunächst die Sowjet-Koreaner, die politische Schlüsselstellungen in Nordkorea einnahmen. Mit dem sowjetischen Militär waren Tausende russisch-geprägte Koreaner aus der Sowjetunion nach Korea zurückgekehrt. Die Sowjet-Koreaner hatten vom Exil aus mit Moskauer Unterstützung für die Unabhängigkeit Koreas gekämpft. Die Anführer der Fraktion waren Ho Ka I, Pak Chang Ok und Nam Il.[44]

Die Sowjets setzten den damals weitgehend unbekannten Kim Il Sung an die Spitze Nordkoreas. Offensichtlich sah Moskau in Kim einen Kompromisskandidaten, der durch seine Beziehungen zur Yanan-Fraktion auch die Kommunisten mit Beziehungen zu China hinter sich bringen konnte. Moskaus Plänen zufolge wurden alle öffentlichen Ämter der neuen Regierung zwar mit Koreanern besetzt, hinter den Kulissen kontrollierten jedoch die sowjetischen Berater das Geschehen. Kim Il Sung war im September 1945 mit den sowjetischen Militärs nach Pjöngjang zurückgekehrt. Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte er am 14. Oktober, als er bei einer Massenveranstaltung als nationaler Kriegsheld vorgestellt wurde. Kurz zuvor, am 10. Oktober 1945, war Kim zum ersten Sekretär des Nordkoreanischen Zentralbüros der Koreanischen Kommunistischen Partei gewählt worden. Im August 1946 vereinigten sich die Neue Volkspartei der Yanan-Fraktion mit der Kommunistischen Partei der Sowjet-Koreaner zur „ choson nodongdang “ - der „ Partei der Arbeiter Koreas “ (PdAK). Kim Tu Bong, der Führer der Yanan-Fraktion, wurde neuer Vorsitzender, Kim Il Sung übernahm das Amt des Vizevorsitzenden.[45]

„Why Kim Il Sung was not chosen as chairman of the North Korean Workers Party is not clear. He may have sought to avoid the antagonistic feelings of the Yenan and domestic factions and to disguise the fact that the union was an absorption, rather than a merger“,[46]

vermutet Chung. Obwohl er nur das Amt des Vizevorsitzenden einnahm, war Kim Il Sung durch seine Kontakte zu den Sowjets der eigentliche Führer der Partei. In den folgenden Jahren brachte er mit Unterstützung Moskaus die Partei unter seine Kontrolle und schaltete innerparteiliche Rivalen aus. Am 25. August 1948 wurden - zumindest formal - die ersten nationalen Wahlen für die Oberste Volksversammlung abgehalten. Kim Tu Bong von der Yanan-Fraktion wurde zum Vorsitzenden der Versammlung gewählt und hielt den Posten bis 1957 inne. Am 8. September 1948 ratifizierte die Versammlung die erste Verfassung und rief die Koreanische Demokratische Volksrepublik mit Kim Il Sung als erstem Premier aus. Als erste Nation erkannte am 12. Oktober 1948 die Sowjetunion die DVRK. Bis Ende 1948 zog Moskau seine Truppen aus Nordkorea ab, übte allerdings über seine Botschaft sowie durch die Bereitstellung wirtschaftlicher und militärischer Hilfe weiter Einfluss auf Nordkoreas Führung aus.

Ein Jahr später, am 6. Oktober 1949, nahm die neugegründete Volksrepublik China diplomatische Beziehungen zu Pjöngjang auf. Im Januar 1950 entsandten Peking und Pjöngjang erstmals Botschafter in die jeweiligen Hauptstädte.[47] Peking stellte jedoch Moskaus Vorherrschaft in der DVRK nicht in Frage. Ein Grund dafür war, dass Mao Zedong und seine Anhänger im Bürgerkrieg mit der Guomindang und der Gründung der VR China zur Genüge beschäftigt waren. Mao wollte damals wohl auch nicht die guten Beziehungen zur Sowjetunion riskieren, auf deren militärische und technische Unterstützung er angewiesen war. Auch als mehrere Führer der Yanan-Fraktion, darunter der Militärführer Mu Chong, innerhalb der PdAK gestürzt wurden, reagierte Mao nicht.[48] Erst 1953 - nach dem Koreakrieg - unterzeichneten beide Länder ein Wirtschaftsabkommen und Peking baute sein Engagement in der DVRK aus.[49]

2.1.3 Zusammenfassung

Pekings Herrscher betrachteten die koreanische Halbinsel traditionell als besondere Einflusssphäre Chinas. Durch seine Größe, militärische Macht und kulturelle Entwicklung hatte China Jahrhunderte lang starken Einfluss auf die Politik und die Entwicklung Koreas. Die koreanischen Könige zahlten bis zum 19. Jahrhundert Tributzahlungen an das chinesische Kaiserhaus. Koreas Religion, Philosophie und Kultur waren maßgeblich durch China geprägt. Dieser Einfluss zeigt sich bis heute unter anderem in den konfuzianischen Traditionen, die in Korea heute stärker ausgeprägt sind als in der Volksrepublik China.[50] Der chinesische Machtanspruch war jedoch nie unumstritten. Durch seine Lage zwischen Japan und China war Korea auch immer ein Spielball machtpolitischer Interessen. Über Korea eroberte das erstarkende Japan Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts das im Zerfall begriffene chinesische Kaiserreich. Mit der formalen Kolonisierung Koreas 1910 durch Japan endete zum ersten Mal seit vielen Jahrhunderten der direkte Einfluss Chinas auf der koreanischen Halbinsel. Für mehr als fünfzig Jahre, bis zum Koreakrieg (1950-53), sollte China keine direkte Rolle in der koreanischen Entwicklung spielen. Im zweiten Weltkrieg bildeten sich verschiedene Bündnisse zwischen den Exil-Koreanern und China im Kampf gegen Japan. Die spätere Zweiteilung Koreas wurde auch dadurch unterstützt, dass im zweiten chinesisch-japanischen Krieg (1937-1945) Guomindang und Kommunisten unterschiedliche Korea-Gruppen unterstützten. Während die Guomindang in Chongqing die Unabhängigkeitsbewegung der provisorischen Regierung unter Syngman Rhee und die Koreanische Restaurationsarmee förderten, stellten sich Maos Kommunisten hinter die Nordchinesische Koreanische Freiwilligenarmee unter Mu Chong sowie die Nordöstliche Antijapanische Vereinigungsarmee, in der Kim Il Sung als Divisionskommandeur diente.

Nach der Kapitulation der Japaner 1945 und der Teilung Koreas in den sowjetischen Machtbereich im Norden und den US-amerikanischen im Süden unternahm China zunächst keine Anstalten, seinen früheren Machteinfluss auf der Halbinsel wieder geltend zu machen. Kommunisten und Guomindang waren mit ihrem eigenen Bürgerkrieg beschäftigt. Da Mao auf das Bündnis zur Sowjetunion angewiesen war, überließ er die neugegründete DVRK dem Einfluss der UdSSR. Moskau bündelte die verschiedenen kommunistischen Gruppen in Korea zu einer Partei und setzte Kim Il Sung an die Spitze Nordkoreas. Am 6. Oktober 1949 nahmen die VR China und die DVRK diplomatische Beziehungen auf. Auch wenn Moskau als das ideologische und militärische Zentrum des Kommunismus zu diesem Zeitpunkt die klar führende Rolle in der DVRK spielte, und den militärischen und industriellen Aufbau des Landes zum größten Teil finanzierte, hatten viele nordkoreanischen Führer Verbindungen zu China. Nordkoreanische Funktionäre hatten im Exil an der Seite Mao Zedongs gegen die Japaner gekämpft und spielten als sogenannte Yanan-Fraktion weiter eine wichtige Rolle im Militär und der PdAK. Ebenso der kommende Führer Kim Il Sung - auch wenn er mit Hilfe der sowjetischen Truppen an die Spitze der DVRK aufgestiegen war - verfügte über enge persönliche Verbindungen zu China. Kim hatte in der heutigen Jilin Provinz in China die Schule besucht, sprach Chinesisch und hatte jahrelang zusammen in der chinesischen Roten Armee gekämpft. Deutlich wurden diese engen Verbindungen im 1950 ausbrechenden Koreakrieg. Zum ersten Mal seit 1895 mischte sich Peking dabei wieder direkt in die Politik Koreas ein und stellte damit seinen alten Machtanspruch als dominierende Großmacht in Korea wieder her.

2.2 China und der Koreakrieg

2.2.1 Mao Zedongs Entscheidung zum Kriegseintritt 1950

Der Ausbruch des Koreakrieges am 25. Juni 1950, als nordkoreanische Truppen den 38. Breitengrad überschritten und einen Generalangriff auf den Süden starteten, kam für Mao nicht überraschend.[51] Die Archiven in Moskau deuten darauf hin, dass Mao von Stalin über Kim Il Sungs Angriffspläne unterrichtet wurde.[52] Mit dem Koreakrieg, so hoffte Stalin, sollte China langfristig an das Sowjetunion-Bündnis gebunden werden. Stalin und Mao sprachen bei ihren Paktverhandlungen 1950 in Moskau über Kims Angriffspläne. Nikita Chruschtschow zufolge unterstützte Mao das Vorgehen und äußerte die Meinung, dass die USA sich bei einem innerkoreanischen Konflikt nicht einmischen würde.[53] Auch wenn China nicht so stark in Kim Il Sungs Kriegsvorbereitungen involviert war wie Moskau, war Peking dennoch beteiligt. Laut einem Gespräch zwischen Kim Il Sung und dem damaligen sowjetischen Botschafter Terentii Shtykov in Pjöngjang hatte Mao vor dem Kriegsausbruch im Mai 1949 zwei Einheiten der Volksbefreiungsarmee bestehend aus ethnischen Koreanern nach Nordkorea verlegt.[54] Eine dritte Einheit sollte zu einem späterem Zeitpunkt in die DVRK verlegt werden. Mao soll demnach Kim Il Sung geraten haben, einen Überraschungsangriff zu starten. Dabei soll Mao, so behauptete Kim Il Sung in dem Gespräch gegenüber Shtykov, versichert haben, dass China im Falle eines Krieges selbst Truppen nach Korea schicken könnte. In den Wochen vor dem Kriegsausbruch kam es zwischen Moskau, Peking und Pjöngjang zu weiteren Diskussionen, wie der mögliche Angriff der DVRK auszusehen habe. Kim Il Sungs Plänen zufolge, wollte die DVRK den Südkoreanern zunächst einen Vorschlag zur friedlichen Wiedervereinigung unterbreiten. Sollte Seoul ablehnen, wollte Kim den Angriff starten. Kim war der Überzeugung, dank russischer Waffen den Krieg innerhalb eines Monats zu gewinnen. Mao schien davon nicht überzeugt zu sein. Aus ihren Erfahrungen im Bürgerkrieg mögen Mao und seine Militärführer die Schwierigkeiten eines solchen Blitzkrieges erkannt haben. Mao konnte aber, nachdem er selbst China im Bürgerkrieg erobert hatte, den Nordkoreanern die gleiche militärische Option nicht verweigern. Goncharov, Lewis und Xue kommen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass Kim Il Sung auch den Beginn einer Rivalität zwischen Peking und Moskau spürte, und diese für seine Zwecke ausnützte.[55]

Der Kriegsausbruch in Korea kam für die kaum ein Jahr alte Volksrepublik China zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Pekings Kommunisten waren nach dem Bürgerkrieg gegen die Nationalchinesen mit dem Aufbau des Staates und der Verwaltung beschäftigt, die Kriegsindustrie war auf eine zivile Produktion umgestellt worden. Solange Chiang Kai-shek und die Guomindang noch verschanzt auf Taiwan saßen, musste das „ Neue China “ in Peking um seine internationale Anerkennung ringen.

Am 25 Juni, dem Tag des nordkoreanischen Angriffs, wurde auf Antrag der USA eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen einberufen. Der Rat (in dem China damals noch durch die Guomindang vertreten war) forderte ein sofortiges Ende aller Aggressionen. Zwei Tage später, am 27. Juni, erließ der Sicherheitsrat eine Resolution, den Südkoreanern „ die notwendige Unterstützung zu geben, um den Angriff abzuwehren und den internationalen Frieden und die Sicherheit in der Region wieder zu gewährleisten “. Der damalige Außenminister und Premier Zhou Enlai lehnte die Resolutionen für China sofort ab, die Pekinger Renmin Ribao (Volkszeitung) sprach von einer „ illegalen Erklärung imperialistischer Räuber[56]. Am 28. Juni versicherte Mao öffentlich den Nordkoreanern die Unterstützung der Chinesen und warf den Vereinigten Staaten eine „ US Invasion in Asien “ vor: „ Die USA offenbaren ihre imperialistische Natur und ihre wahren Farben.[57] Zhou Enlai entsandte am 30. Juni eine Gruppe von Militärexperten unter der Führung Chai Chengwens nach Pjöngjang. Als Diplomaten der chinesischen Botschaft getarnt, berieten sich die chinesischen Militärs mit den Nordkoreanern über weitere Schritte. Die ersten drei Tage des nordkoreanischen Angriffes hatten sich als überaus erfolgreich erwiesen. Die Truppen der DVRK hatten Seoul eingenommen.[58]

Trotz dieser ersten Erfolge rechnete Mao jedoch offenbar von Beginn an mit einer chinesischen Beteiligung an dem Krieg. Am 2. Juli erklärte Zhou Enlai gegenüber dem sowjetischen Botschafter Roshin, dass Peking Truppen zur Unterstützung der Nordkoreaner schicken werde, falls die USA den 38. Breitengrad überschreiten würden. China habe dazu bereits 120.000 Mann in Shenyang (Provinz Liaoning) versammelt. Am 5. Juli sicherte Stalin den chinesischen Truppen die Luftunterstützung durch sowjetische Militärflugzeuge sowie die Beorderung von 124 Z-Kampfflugzeugen nach China zu. Unter dem Vorsitz Zhou Enlais beschloss die Zentrale Militärkommission in Peking am 7. Juli das 13. Armee-Korps der 4. Feldarmee, drei Artillerie-Divisionen sowie ein Feldlazarett für 60.000 Menschen in die Mandschurei zu verlegen. In Andong (heute Dandong, Provinz Jilin) an der Grenze zur DVRK wurde eine Armee von 255.000 Mann, die Nordöstliche Grenzarmee, unter Leitung von Su Yu aufgebaut. Su wurde später durch Deng Hua ersetzt.[59] Am 4. August erklärte Mao im Politbüro:

„If the US-imperialists won the war, they would become more arrogant and would threaten us. We should not fail to assist the Koreans. We must lend them our hands in the dorm of sending our military volunteers there. The timing could be further decided, but we have to prepare for this.“[60]

In einer Diskussion mit dem sowjetischen Intellektuellen P.F. Yudin erklärte Mao am 19. August, dass China und Nordkorea gemeinsam die US-Truppen schlagen könnten.[61] Am 26. und 31. August beschloss die Zentrale Militärkommission in Peking die Freiwilligenarmee auf 800.000 Mann aufzustocken. Intern wurde dabei geschätzt, dass bis zu 200.000 chinesische Soldaten in dem Krieg sterben könnten. Nach den anfänglichen Erfolgen waren die nordkoreanischen Truppen mittlerweile in der Defensive. Am 22. September erklärte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums, dass die in China lebenden Koreaner das Recht hätten, „ nach Korea zurückzukehren und ihr Heimatland zu verteidigen “.[62] Am 29. September schickte Kim Il Sung ein Hilfstelegramm an Stalin, mit der Bitte Truppen zu schicken, falls die UN-Truppen den 38. Breitengrad überschreiten sollten.[63] Einen Tag später, am 30. September, warnte Zhou Enlai die USA erstmals direkt vor einem chinesischen Kriegseintritt:

„Die Chinesen lieben enthusiastisch den Frieden. Aber um den Frieden zu verteidigen, haben sie niemals und werden sie niemals davor zurückschrecken, einen aggressiven Krieg abzulehnen. Das chinesische Volk wird keine ausländische Aggression tolerieren, noch wird es stillschweigend zuschauen wenn Imperialisten bei seinen Nachbarn einmarschieren.“[64]

Am 1. Oktober 1950 forderte General MacArthur als Führer der UN-Truppen den Norden zur bedingungslosen Kapitulation auf. Kim Il Sung reagierte mit einem Hilfstelegramm an Mao, in dem er von einer „ extrem ernsten militärischen Situation “ sprach und die direkte Entsendung von Truppen der Volksbefreiungsarmee nach Korea forderte.[65] In den folgenden Debatten im Pekinger Politbüro hatten Zhou Enlai, Chen Yun, Lin Biao und andere Führer Zweifel, ob China tatsächlich Truppen schicken sollte, erinnert Peng Dehuai in seinen Memoiren.[66] Am 2. Oktober benachrichtigte Mao Stalin in einem Telegramm, in dem er die Entsendung von chinesischen Soldaten unter der Bezeichnung „ Freiwilligenarmee “ ankündigte:

„We have decided to send some of our troops to Korea under the name of Volunteers to fight the United States and its lackey Syngman Rhee to aid our Korean comrades. (...) The Korean revolutionary force will meet with a fundamental defeat, and the American aggressors will rampage unchecked once they occupy the whole of Korea. This will be unfavourable to the entire East. (...) Under the current situation, we have reached a decision to order the 12 divisions stationed in advance in South Manchuria to set off on October 15.”[67]

Einen Tag später machte Zhou Enlai einen letzten Vermittlungsversuch, indem er gegenüber dem indischen Botschafter erklärte, dass China keine Truppen schicken werde, falls nur südkoreanische Soldaten den 38. Breitengrad überschritten.[68] Die USA ignorierten diese Warnung. Am 7. Oktober marschierten US- und südkoreanische Truppen nach Nordkorea ein. Am Tag darauf entschied Mao, nachdem Zhou Enlai und Lin Biao vergeblich in Moskau versucht hatten, Stalin ebenfalls zum Einsatz sowjetischer Truppen zu bewegen, seine Freiwilligentruppen in den Krieg zu schicken. Am 10. Oktober 1950 teilte das Außenministerium in Peking mit, dass die USA „ für alle Konsequenzen ihre rasenden Handlungen bei der Eskalation der Aggression “ Antwort stehen müsse.[69] Nachdem Stalin am 14. Oktober per Telegramm die Bereitschaft der UdSSR unterstrich, mit Kriegsflugzeugen einen Luftschirm über dem chinesischen Gebiet (nicht koreanischen Boden) aufzubauen, gab Mao am 18. Oktober 1950 schließlich die endgültige Order zum Einmarsch der Freiwilligentruppen in Korea.[70]

2.2.2 Chinas Freiwilligenarmee in Korea

Chinas Kriegseintritt sorgte für eine Wende im Koreakrieg. Nordkoreas Truppen standen zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Niederlage, und in Washington war man der festen Überzeugung, den Krieg in Kürze zu gewinnen. Nachdem die US-Truppen erfolgreich in Inchon gelandet waren, hatte General MacArthur angekündigt, dass der Krieg bis Thanksgiving beendet und die US-Soldaten zu Weihnachten wieder in der Heimat seien.[71] Die US-Militärführer hatten bis zuletzt nicht daran geglaubt, dass China tatsächlich in diesen Krieg eintreten würde. Gegenüber US-Präsident Truman erklärte MacArthur:

„We are no longer fearful of their intervention. We no longer stand hat in hand. The Chinese have 300.000 men in Manchuria. Of these probably not more than 100/125.000 are distributed along the Yalu river. Only 50-60.000 could be gotten across the Yalu River. They have no Air Force. Now we have bases for our Air Force in Korea, if the Chinese try to get down to Pyongyang there would be the greatest slaughter”.[72]

Eine strategische Zusammenarbeit zwischen der sowjetischen Luftwaffe und chinesischen Bodentruppen, wie sie zwischen Moskau und Peking im Gespräch war, hielt MacArthur für nicht praktikabel, da die beiden Armeen keine gemeinsame Praxis hätten.[73] Zu der gleichen Einschätzung kam auch der Geheimdienst CIA: Trotz der Warnungen aus Peking gebe es „ keine überzeugenden Hinweise für eine tatsächliche Absicht Chinas zu einer umfassenden Intervention in Korea “, hieß es in einem Bericht nach Washington.[74]

Die Einschätzung erwies sich als falsch. Tatsächlich hatte Mao mehr als 800.000 Mann in Nordostasien zur Verfügung, und plante diese notfalls auch einzusetzen. Um einen formalen Kriegseintritt der VR China zu umgehen, wurde den Soldaten der Freiwilligenarmee vor dem Einmarsch alle Abzeichen und Insignien der Volksbefreiungsarmee von der Uniform entfernt. Chinesische Offiziere trugen die Uniformen der nordkoreanischen Armee. Zum Oberkommandierenden der sogenannten „ zhongguo renmin zhiyuanjun “ (Chinesische Volksfreiwilligenarmee) ernannte Mao Peng Dehuai, einen hervorragenden Strategen und Militärführer. Als einer seiner Assistenten wurde Mao Anying ernannt, Maos Sohn. Weitere strategische Führungspositionen wurden an die chinesischen Generäle Deng Hua, Hong Xuezhi, Han Xianchu und Xie Fang verteilt. Am 20. Oktober reiste Peng in das nordkoreanische Taeyudong, um dort mit Kim Il Sung die gemeinsame Kriegsstrategie zu diskutieren.[75]

Die erste große Schlacht mit Chinas Beteiligung fand am 25. Oktober 1950 in Unsan-Onjong statt. Mit der 118. Division der 40. Armee starteten die chinesischen Truppen einen Angriff auf das 3. Bataillon des 2. Regiments der 6. Division der Südkoreaner. Die chinesischen Truppen täuschten zunächst eine kleine Straßenblockade vor und gingen dann zu einem Großangriff über, mit dem sie die Südkoreaner und Amerikaner vernichtend schlugen. Am nächsten Tag eroberte die chinesische Volksfreiwilligenarmee Onjong und startete in den folgenden Tagen weitere Angriffe. Ingesamt wurden bei diesem ersten Angriff chinesischen Angaben zufolge mehr als 15.000 südkoreanische Soldaten getötet.[76] Zum Ärger Pengs gelang es den Chinesen und Nordkoreanern jedoch nicht, die Stadt Hoechon zu erobern. Am 3. November war der militärische Druck des Nordens so groß, dass sich die Truppen unter dem United Nations Command (UNC) hinter den Chongchon-Fluss zurückziehen mussten. Am 5. November, nach 13 Tagen ununterbrochener Kämpfe unter starker Luftbombardierung, stoppte Peking seine erste Offensive, um den Soldaten Zeit zum Ausruhen zu geben und den Transport von Nachschub zu organisieren. Begeistert über den ersten Erfolg bereitete Mao den weiteren Vormarsch seiner Truppen nach Pjöngjang vor und orderte dazu die 9. Armee (unter der Führung von Song Shilun) aus der Provinz Shandong an die koreanische Front. In einem Telegramm am 13. November unterrichtete Mao Stalin über den Verlauf der Offensive.[77]

Peking wandte in Korea eine klassische chinesische Militärstrategie an, mit der Mao auch im chinesischen Bürgerkrieg erfolgreich gewesen war. Die UNC-Truppen sollten in Gruppen zersplittert, im Hinterland in Fallen geführt werden, und dann von der zahlenmäßigen Übermacht der chinesischen Truppen überwältigt werden. Dabei kam Peking zu Gute, dass die USA die Truppenzahl der Chinesen zunächst stark unterschätzte. Peng baute diesen Vorteil nach eigenen Angaben noch aus, mit einer Strategie „ uns absichtlich schwach zu zeigen, dadurch die Arroganz des Feindes zu verstärken (...) und sie tief in unsere Gebiete zu locken.[78] Weil MacArthur das Eingreifen Chinas lange für unwahrscheinlich hielt, waren ein Teil der UNC-Truppen zu schnell und ohne ausreichende Absicherung in den Norden vormarschiert. MacArthur erklärte noch am 4. November, dass er einer großangelegten Kriegseintritt Chinas für „ unlogisch “ hielt. Stattdessen glaubte man in Washington, dass Pekings Offensive das Ziel hatte, die Wasserkraftwerke am Yalu-Fluss zu verteidigen und dass sich die chinesischen Truppen entlang der Grenze verschanzen würden. Am 7. November schätzten MacArthurs Militärexperten die Zahl der chinesischen Truppen in Korea auf 34.500, zwei Tage später verdoppelten sie die Zahl auf 76.800. Tatsächlich waren zu diesem Zeitpunkt bereits ein Fünftel der chinesischen Armee - 380.000 Mann - in Korea stationiert.[79]

Ende November startete Peng die zweite, massive Offensive. Mit 230.000 Mann griffen die Chinesen die 130.000 UNC-Soldaten im Westen an. Zugleich starteten 90.000 chinesische Soldaten eine Offensive im Osten, wo 90.000 UNC-Truppen stationiert waren. Die Wucht der Offensive überraschte US-Offiziere, und erst jetzt wurde MacArthur sich der Bedeutung des chinesischen Kriegseintritts bewusst. Die UNC ständen vor einem „ völlig neuen Krieg “ berichtete er am 28. November an das Oberkommando. Die chinesischen Soldaten seien „ frisch, komplett organisiert, hervorragend trainiert und ausgerüstet, und offensichtlich auf dem Formhöhepunkt für den Einsatz “, erklärte MacArthur.[80] Er schlug vor, die Guomindang-Truppen aus Taiwan in Korea einzusetzen, was allerdings vom UN-Oberkommando abgelehnt wurde.

Unter dem Druck des chinesischen Vormarschs ordnete MacArthur am 7. Dezember den Rückzug der UNC-Truppen nach Süden an, notfalls bis in das Gebiet von Pusan. Der US-Politologe Jonathan Pollack bezeichnet dies den „ unrühmlichsten Rückzug in der amerikanischen Militärgeschichte “.[81] Die 8. Armee wurde in Seoul stationiert und sollte die Stadt so lange wie möglich verteidigen. Zwei Tage zuvor, am 5. Dezember, war die Chinesisch-Nordkoreanische Armee ohne auf Widerstand zu stoßen in Pjöngjang einmarschiert. Am 16. Dezember hatten sie die UNC-Truppen hinter den 38. Breitengrad zurückgedrängt. In nur zwei Monaten hatten Pekings Soldaten den Status-quo in Korea wiederhergestellt und die DVRK vor einer Niederlage gerettet. Kim Il Sung reiste am 3. Dezember nach Peking und dankte Mao überschwänglich für den Militäreinsatz. Um die Koordination zwischen den chinesischen und nordkoreanischen Truppen zu verbessern, einigten sie sich darauf, in Taeyudong ein gemeinsames nordkoreanisch-chinesisches Militärkommando einzurichten. Dieses Kommando sollte auf Maos Wunsch geheim bleiben. Bezeichnend war dabei, dass der Posten des Oberkommandierenden mit dem Chinesen Peng Dehuai besetzt wurde. Der Kommandeur der nordkoreanischen Streitkräfte, Kim Ung wurde zusammen mit dem Chinesen und Politkommissar Deng Hua nur als Stellvertreter eingesetzt. Der Nordkoreaner Pak wurde als stellvertretender politischer Kommissar ernannt. Aus Rücksicht auf den Stolz der Nordkoreaner wurde formal vereinbart, dass alle Dokumente gemeinsam von den vier Militärführern unterschrieben werden sollten. Tatsächlich hätten jedoch die Chinesen alle Entscheidungen getroffen, analysiert Lee:

„Yet this integrated command structure was only a facade. For all practical purposes the CPV headquarters was in charge; only a small North Korean liaison office was attached to Taeyudong.“[82]

Nach der ersten, erfolgreichen chinesischen Offensive gab es zwischen Mao und Peng Meinungsverschiedenheiten über das weitere militärische Vorgehen. Während Peng und andere CVP Führer eine Ruhepause für die chinesischen Truppen vorschlugen und eine weitere Offensive im Februar oder März anvisierten, verlangte Mao den sofortigen Vormarsch. Mao wollte den 38. Breitengrad als imaginäre Grenze auflösen und damit eine neue Grundlage für spätere Verhandlungen schaffen. Ein rascher Vormarsch werde „ den sogenannten 38. Breitengrad aus den Gehirnen der Leute entfernen “, erklärte Mao gegenüber Peng am 29. Dezember 1950.[83] Dahinter standen bei Mao grundsätzliche politische Überlegungen:

„If our forces follow the plan to wage a successful campaign in the first half of January, (...) it will have a good effect on the democratic camp and the masses in capitalist countries, will give a new blow to imperialists, and will increase their feeling of pessimism and failure.”[84]

Am 31. Dezember starteten die chinesischen Truppen die dritte Offensive. Mao hatte seit dem Kriegseintritt seine Taktik mit Stalin abgesprochen, der die Sendung weiterer technischer Ausrüstung sowie mehr als 2000 Militärlastwagen zusicherte. Die chinesischen Truppen durchbrachen rasch den 38. Breitengrad, eroberten am 2. Januar 1951 Chunchon, am 4. Januar Seoul und überquerten am 5. Januar den Han-Fluss. Die UN-Truppen zogen sich weiter zurück bis zum 37. Breitengrad. Um nicht den Fehler der Nordkoreaner einer zu schnellen Offensive zu wiederholen, stoppte China den Vormarsch. Mao glaubte damals, die UNC-Truppen aus Korea verdrängen zu können. Auch war er der Ansicht, dass den Amerikanern der Wille fehlte, in Korea größere Verluste hinzunehmen.[85] Während er mit dem eher zögerlichen Peng über eine weitere Offensive diskutierte, ging die Gegenseite selbst zum Angriff über. Unter der neuen Leitung von General Matthew Ridgways starteten die UNC-Truppen am 25. Januar überraschend an beiden Fronten einen massiven Gegenangriff. Versuche Pengs, Mao zu einem teilweisen Rückzug und Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu bewegen, waren erfolglos. Mao wollte einen sofortigen Gegenangriff, zu dem die chinesischen Truppen jedoch nicht in der Lage waren. Unter dem Druck des Angriffes musste die chinesischen Truppen am 16. Februar schließlich Inchon aufgeben. Am 14. März gaben sie Seoul wieder frei, Anfang April hatten sich Chinesen und Nordkoreaner wieder hinter den 38. Breitengrad zurückgezogen.[86]

In den folgenden Wochen kam es zu Offensiven von beiden Seiten, ohne dass der Status-quo am 38. Breitengrad langfristig verändert wurde. Im April starteten die Chinesen mehrere großangelegte Attacken, mit dem Ziel Seoul zurückzuerobern. Mit schweren T-34 Panzern versuchten sie die UNC-Verteidigungslinien zu durchbrechen. Mitte Mai wiederum setzten die UN-Truppen zu einem Gegenangriff an, der die chinesischen Soldaten zu einem chaotischen Rückzug zwang. Unter dem Bombenhagel amerikanischer Flugzeuge, die nach wie vor die Lufthoheit über Korea hatten, wurden ganze Einheiten der Chinesen vernichtet. Zwischen dem 24. April und 10. Juni 1951 wurden nach chinesischen Angaben mehr als 85.000 Tote und Gefangene bei den chinesischen Truppen gezählt, die UNC schätzte mehr als 105.000.[87] Unter diesen enormen Verlusten gab Mao die Vorstellung auf, ganz Korea militärisch erobern zu können. In einem Telegramm am 26. Mai 1951 an Peng gestand er die technische Überlegenheit des Gegners ein. Maos Taktik des Volkskrieges, des Überrennens der Gegner durch zahlenmäßige Überlegenheit, war in Korea fehlgeschlagen. Mao befahl den Truppen, sich entlang des 38. Breitengrades in Verteidigungslinien einzugraben. Bei einem Treffen am 3. Juni zwischen Mao und Kim Il Sung einigten sich die beiden Führer, dass angesichts der militärischen Lage Verhandlungen über einen Waffenstillstand angestrebt werden sollten.[88]

[...]


[1] Moskau kündigte im November 1995 seinen Militärpakt mit Pjöngjang einseitig auf. Siehe Kapitel 3.1.4.2.2

[2] Vgl. Weathersby 1993; Weathersby 1995

[3] Bis Juni 2000 wurde im nordkoreanischen Rundfunk nur einmal ein von Kim Jong Il selbst gesprochener Satz über die Rolle des Militärs gesendet. Kims angebliche Sprachbehinderung fand in den Medien weite Verbreitung und wurde auch von vielen Wissenschaftlern übernommen: Interview des Autors mit Yoo
Young-ku, Redakteur der südkoreanischen Zeitung JoongAng Ilbo und einer der führenden Nordkorea-Experten, im November 2000.

[4] Vgl. Reischauer/Fairbank 1958; Kindermann 1994

[5] Vgl. Suh Dae-sook 1967; Scalapino /Lee Chong-sik 1991

[6] Zu den neueren Studien siehe: Weathersby1993, 1995; Goncharov/Lewis/Xue1993; Chen Jian 1994

[7] Vgl. Peng Dehuai 1981; Nie Rongzhen 1944; Zhou Enlai 1990. Auszüge der Memoiren chinesischer Generäle auf Englisch finden sich bei: Li /Millett/Yu 2001; Peng Dehuai 1984

[8] Nennenswert sind dabei die Arbeiten: Chung Chin O. 1978; Cho M.Y. 1967; Zagoria 1983

[9] Vgl. Lee Chae Jin 1996

[10] Zu den englischsprachigen Veröffentlichungen zählen: Kim Ilpyong J./Lee Hong Pyo 1993; Kim Dou Joong 1994

[11] Vgl. Bermudez 1994, 2001; Bermudez/Browner/Segal 1994

[12] Vgl. Noland 1996, 1997, 1998m 1998a, 1998b, 2000, 20001; Noland/Robinson/Wang 2000

[13] Zu den jüngeren politischen Entwicklungen in der DVRK siehe: Eberstadt, Nicholas 1999; Kim Samuel S. 1998

[14] Ein Großteil der Quellen dieser Arbeit stammt aus einer fünfbändigen Dokumentensammlung zur chinesischen Koreapolitik, die bisher nur in China zugänglich war: Liu, Jinzhi/Yang, Huaisheng (Hg.) (1994): Zhongguo dui chaoxian he hanguo zhengcewenjian huibian (Dokumentensammlung der chinesischen Nord- und Südkoreapolitik), Bände I-V (1949-1994). Peking: Chinas Verlag der Sozialwissenschaft. Die aus Nordkorea stammenden Presseartikel der Staatsmedien und Rundfunkmitschnitte basieren auf Transskriptionen der japanischen Organisation Radiopress in Tokio.

[15] Nordkoreanische Namen sind nach der Schreibweise der Nachrichtenagentur KCNA buchstabiert. Um das Aufsuchen von Quellen zu erleichtern, werden koreanische Namen und Titel in der Literaturliste unverändert übernommen. Koreanische Zunamen tauchen deshalb mit und ohne Bindestrich auf.

[16] Das kaiserliche China sah sich als Reich der Mitte den Nachbarstaaten überlegen an. So gab es im kaiserlichen China kein Außenministerium sondern bezeichnenderweise nur ein Ritenministerium, das mit ausländischen Herrschern umging und dessen Aufgabe war, die Riten am Kaiserhof zu überwachen.

[17] Sie dazu: Reischauer/Fairbank 1958, 406ff.; Eckardt 1960, 7ff.

[18] Ausführlicher dazu: Chun Hae-jong 1968, 90ff.

[19] Vgl. Oberdorfer 1997, 230

[20] Vgl. Fairbank 1968, 3ff.

[21] Koreas Gelehrte hielten bis zum 20. Jahrhundert an Chinesisch als schriftlicher Hochsprache fest.

[22] Der populäre koreanische Familienname Kim (Chinesisch „ Jin “) ist jedoch in China weniger geläufig.

[23] Vgl. Pratt/Rutt Richard 1999, 123; Oh/Hassig 2000, 136

[24] Reischauer/Fairbank 1958, 396

[25] Vgl. Reischauer/Fairbank 1958, 426

[26] Vgl. Kindermann 1994, 11-12; Oh/Hassig 2000, 3ff.

[27] Vgl. Lee Chae Jin 1996, 2

[28] Zitiert nach Kindermann 1994, 35

[29] Zitiert nach: The Diplomacy of Japan 1884-1922 (Volume 1) (1976). Tokyo: Kaijima Institute of International Peace, 262-269

[30] Vgl. Kindermann 1994, 35ff.

[31] Vgl. Suh 1967, 4ff.

[32] Vgl. Suh 1967, 67ff.

[33] Paige 1960, 5

[34] Suh 1967, 228

[35] Dieser Punkt ist umstritten, da die von Kim angegeben Organisation, der Koreanische Kommunistische Jugendverband, 14jährigen damals keine Mitgliedschaft erlaubte.

[36] Vgl. Oh/Hassig 2000, 81ff.

[37] Vgl. Suh 1967, 264ff.

[38] Die erste offizielle Biografie Kim Il Sungs erschien in der Rodong Sinmun am 10.4.1952. Eine zweite, ausführlichere wurde 1961 vom Nordkoreanischen Forschungsausschuss zur neusten koreanischen Geschichte 1961 veröffentlicht. Vgl. Geschichte der Koreanischen Revolutionären Bewegung (Choson kundae hyongmyong undong-sa) (1962). Tokio: Hak-o sobang

[39] Kim kommandierte unter anderem das 1. Bataillon der 88. Brigade, das aus 200 Chinesen, Koreanern und Russen stammte. Dass Kim seine Guerilla-Erfolge in der chinesischen und russischen Armee hatte, passte nicht in das Bild des Vaters der Nation und taucht in den offiziellen DVRK-Quellen nicht oder nur verzerrt auf. Ausführlicher dazu: Suh 1988

[40] Vgl. Suh 1967, 263ff.; Renmin Ribao, 7.5.1984

[41] Benannt nach dem Ort Kapsan nahe der mandschurischen Grenze, in dem Kim Il Sungs Truppen lang Zeit ihr Hauptquartier hatten.

[42] Vgl. Chung Chin O. 1978, 5ff.

[43] Vgl. Chung Chin O. 1978, 6

[44] Vgl. Suh 1967, 10ff.

[45] Vgl. Scalapino/Lee 1991, 267ff.

[46] Chung Chin O. 1978, 9

[47] Vgl. Telegramm der chinesischen Regierung an die nordkoreanische Regierung, 6.10.1949; Mao Zedong empfängt den nordkoreanischen Botschafter, 28.3.1950 (Liu/Yang 1994, 1ff.)

[48] Vgl. Chung Chin O. 1978, 13

[49] Vgl. Vereinbarung über wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit, 23.11.1953 (Liu/Yang 1994, 617)

[50] Der Einfluss des kaiserlichen Chinas auf die Entwicklung Koreas und das Tributsystem ist in nordkoreanischen Geschichtsbüchern kaum erwähnt. Die Tatsache passte vermutlich nicht in das beschönigende Bild der sozialistischen Freundschaft zwischen der VRCh und der DVRK. Durch die Teilung war Nordkorea zudem im besonderen Maße um internationale Anerkennung seiner Souveränität bemüht und wollte den Eindruck vermeiden, kulturell von China dominiert zu sein. Siehe z.B.: The Outline of Korean History 1977

[51] Ältere Studien kommen zu dem Schluss, dass Mao von dem militärischen Vorstoß Kim Il Sung gegen den Süden nicht unterrichtet war. Das behauptet auch Peking offiziell. Als Indizien dafür galten, dass China ab Anfang 1950 sein Militär abrüstete, die Botschaft in Pjöngjang noch nicht einsatzbereit war und China beim Kriegsausbruch kaum Truppen im Gebiet entlang des Yalu-Flusses stationiert hatte. Vgl: Whiting 1960; Hao/Zhai 1990; Chen Jian 1994.

[52] Kathryn Weathersby kommt nach der Durchsicht der damaligen Protokolle zu dem Ergebnis, dass Stalin den Korea-Krieg als eine Möglichkeit sah, langfristig einen Keil zwischen die USA und China zu schlagen. Vgl. Weathersby 1995, 1ff.

[53] Vgl. Chen Jian 1994, 87ff.; Merrill 1989, 21ff.

[54] Die 166. und die 164. Division der Volksbefreiungsarmee wurden kurz danach nach Nordkorea verlegt und der nordkoreanischen Armee eingegliedert. Vgl. Lee Chae Jin 1996, 11ff.

[55] Vgl. dazu Goncharov/Lewis/Xue 1993, 146f.

[56] Erklärung von Außenminister Zhou Enlai, 29.6.1950; Kommentar der Renmin Ribao; 29.6.1950; (Liu/Yang 1994, 7 und 9)

[57] Zitiert nach: Mao 1993, 423

[58] Chai/Zhao 1989, 35

[59] Vgl. Lee Chae Jin 1996, 12ff.

[60] Zitiert nach: Chen Jian 1994, 143

[61] Vgl. Mao 1993, 469

[62] Erklärung des Sprechers des Außenministeriums, 22.9.1950 (Liu/Yang 1994, 36)

[63] Vgl. Mao 1993, 469; Chen Jian 1994, 150-151

[64] Zhou Enlais Bericht vor der Konsultativkonferenz, 30.9.1950 (Liu Yang 1994, 40)

[65] Vgl. Lee Chae Jin 1996, 16

[66] Vgl. Peng Dehuai 1984, 472ff.

[67] Zitiert nach: Goncharov/Lewis/Xue 1993, 177

[68] Zhou Enlais Rede gegenüber dem indischen Botschafter, 3.10.1950 (Liu/Yang 1994, 43)

[69] Erklärung des Sprecher des Außenministeriums gegen die US-Absicht, den Aggressionskrieg zu vergrößern, 10.10.1950 (Liu/Yang 1994, 48) Ye 1990, 39-40; Goncharov/Lewis/Xue 1993, 177; Chai/Zhao 1992, 84f.

[70] Vgl. Goncharov/Lewis/Xue 1993, 195ff.

[71] Vgl. Whiting 1960, 163

[72] Zitiert nach: Lee Chae Jin 1996, 22

[73] Ebenda

[74] Zitiert nach: Lee Chae Jin 1996, 23

[75] Vgl. Beijing Review, 16-22.7.1990, 25

[76] Vgl. Peng 1981, 59

[77] Vgl. Lee Chae Jin 1996, 24f.

[78] Peng 1981, 259f.

[79] Vgl. Appelman 1989, 762ff.

[80] Zitiert nach: Lee Chae Jin 1996, 26f.

[81] Pollack 1989, 224

[82] Lee Chae Jin 1996, 28

[83] Mao 1993, 741f.

[84] Zitiert nach: Hong 1991, 104f.

[85] Mao gegenüber Stalin am 1.3.1951, vgl. Mao 1993, 151ff.

[86] Vgl. Chen 1994, 48ff.; Lee Chae Jin 1996, 33

[87] Vgl. ebenda

[88] Vgl. Mao 1993, 331f.; Chai/Zhao 1989, 123

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832498795
ISBN (Paperback)
9783838698793
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Politik- und Sozialwissenschaften
Note
2
Schlagworte
internationale beziehungen pjöngjang atomwaffe sperrvertrag flüchtlinge
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Titel: Chinas Beziehungen zu Nordkorea in der Ära Deng Xiaoping (1978-1997)
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