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Die Region Hannover

Regionale Kooperation vor dem Hintergrund einer institutionalisierten Gebietskörperschaft

©2005 Diplomarbeit 145 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das einleitende Kapitel beschreibt die Hintergründe und Absichten dieser Arbeit. Gegenstand und Zielsetzung werden definiert, Leitfragen, die im Zentrum des Forschungsinteresses stehen, formuliert, sowie die Methodik vorgestellt. Ein Schaubild (Abb. 1) am Ende des Kapitels veranschaulicht den Aufbau und die Vorgehensweise der Arbeit.
Problemstellung:
Die Begriffe „Region“ und „regionale Kooperation“ besitzen im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs um moderne Kommunalorganisationen in Ballungsräumen einen hohen Stellenwert. Es wird diskutiert über neue Organisationsformen stadtregionaler Zusammenarbeit, Verwaltungsreformen auf regionaler Ebene und es geht vielfach um die Frage, inwieweit „harte“ Kooperationsstrukturen für die regionale Entwicklung erforderlich sind. Die Gründe für Kooperation sind in einer ersten Annäherung:
Die politisch-ökonomische Dynamik weltweiter Arbeitsteilung - bekannt unter dem Schlagwort der Globalisierung - führt zu einer partiellen Entgrenzung und Enträumlichung. Politisch-administrative Grenzen verlieren an Bedeutung, weil der Produktionsfaktor Kapital weltweit mobil und einsetzbar ist und neue Kommunikationstechnologien („technischer Fortschritt“) zu einer zunehmend international werdenden Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen führen.
Im Zuge des verschärften globalen bzw. europäischen Standortwettbewerbs wird immer deutlicher, dass nicht einzelne Städte, sondern nur größere Regionen die hinreichenden Bezugsräume für wirtschaftliche Entwicklung sind. Suburbanisierungsprozesse von Bevölkerung und Gewerbe, anhaltende Flächenknappheit in den (Kern-)Städten und durch Pendlerverflechtungen ausgelöste Engpässe im Verkehrsbereich stellen bestehende Organisationen stadtregionaler Kooperationen in Frage und ziehen interkommunale Kooperation auf regionaler Basis als zukünftige Strategie nach sich.
Eine sich dramatisch verschlechternde Finanzsituation kommunaler Haushalte betrifft sowohl die Kernstädte als auch die Gebietskörperschaften im eher ländlichen Raum. Großstädte sind vor allem von sozialen Segregationstendenzen und damit einhergehende hohe Kosten im Sozialhilfebereich betroffen. Sie halten zentralörtliche Infrastruktureinrichtungen vor, an denen sich das Umland meist finanziell nicht beteiligt. Da sich der Staat mehr und mehr aus der sozialen Verpflichtung zurückzieht, sind kleinere Gemeinden und Städte in ihren Handlungsspielräumen eingeschränkt und nicht in der Lage, die ihnen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jens Wassermann
Die Region Hannover
Regionale Kooperation vor dem Hintergrund einer institutionalisierten Gebietskörperschaft
ISBN-10: 3-8324-9861-3
ISBN-13: 978-3-8324-9861-0
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Hochschule Bremen (FH), Bremen, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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MEINE PERSÖNLICHEN DATEN
Alter: 27
Geburtsort: Bremen
Familienstand: ledig
Staatsangehörigkeit: deutsch
MEIN ANGESTREBTER AUFGABENBEREICH
Regionalplanung, Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung
Unternehmensberatung öffentlicher Einrichtungen
STUDIUM
2006
Master ,,Business Management (M.A.)" an der Hochschule Bremen
Fachrichtung: Corporate Finance and Financial Services, Corporate Restructuring
2000 ­ 2005
,,Europäischer Studiengang Wirtschaft und Verwaltung" an der Hochschule Bremen
Fachrichtungen: Wirtschaftswissenschaften, Öffentliches Recht, Stadt- und
Regionalplanung
Diplomprüfung: 12.07.2005
Akad.-Grad: Diplom-Verwaltungsbetriebswirt (Gesamtnote: 2,2)
Diplomarbeit: Die Region Hannover ­ Regionale Kooperation vor dem Hintergrund
einer institutionalisierten Gebietskörperschaft (Note: 1,0)
PRAKTIKA UND BERUFLICHE ERFAHRUNGEN
Seit August 2005
Mitarbeit im elterlichen Immobilienbetrieb

April 2004 bis September 2004
Praktikum im Referat ,,Raumordnung, Stadtentwicklung, Flächennutzungsplanung"
beim Senator für Bau, Umwelt und Verkehr der Freien Hansestadt Bremen
Aufgaben:
Verfassen einer Deputationsvorlage, Teilnahme an überregionalen
Veranstaltungen, Sammlung und Studium der Fachliteratur für Diplomarbeitsthema,
Erarbeitung eines qualitativen Interviewleitfadens für empirische Untersuchung im
Rahmen der Abschlussarbeit
Mai 2003 bis August 2003
Auslandspraktikum im ,,Facilities Managment Graduate Centre" an der Sheffield
Hallam University
Aufgaben: Vorbereitung von Meetings und Workshops
Februar 2003 bis April 2003
Praktikum im ,,Wissenschaftstransfer" an der Universität Bremen
Aufgaben: Mitarbeit an Projektbericht ,,Patentverhalten an Bremer Hochschulen",
Teilnahme an Existenzgründungsgesprächen, Vorbereitung von BRIDGE und
CampunsIdeen 03, Aufbereitung eines Business Plans
August 2002 bis Februar 2003
Auslandssemester an der ,,Arnhem Business School" in den Niederlanden
Januar 2000 bis März 2000
Praktikum im Referat ,,Allgemeine Verwaltung, Rechtsangelegenheiten, Daten-
schutz" beim Statistischen Landesamt Bremen
Aufgaben: Berechnung von Bewährungs- und Zeitaufstiegen, die Bearbeitung von
Urlaubsangelegenheiten und sonstiger Personalübersichten, Präsentationen für die
Amtsleitung
Studententätigkeiten in den Semesterferien bei KarstadtQuelle (2005/2006), beim
Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (2005), beim Amt für Soziale
Dienste (2005), DaimlerChrysler (2000/2001), Vitakraft (2000)
KENNTNISSE UND INTERESSEN
Sprachen: Englisch in Wort und Schrift; Grundkenntnisse in Niederländisch; Kleines
Latinum
Gute Kenntnisse der Informationstechnik (Betriebssysteme, MS-Office, branchen-
übliche Software, SAP R/3)
Sportliche Aktivitäten: Jogging und Fussball


III
INHALTSÜBERSICHT
1. Einleitung ______________________________________________________________ 9
1.1 Ausgangslage _________________________________________________________ 9
1.2 Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit ____________________________________ 10
1.3 Methodik und Aufbau der Arbeit _________________________________________ 11
2. Regionale Kooperation __________________________________________________ 13
2.1 Regio, Region, Regional________________________________________________ 13
2.1.1 Der Raumbezug___________________________________________________ 14
2.1.2 Der Maßstabsbezug________________________________________________ 14
2.1.3 Der Sachbezug ___________________________________________________ 15
2.2 Regionalisierung______________________________________________________ 18
2.2.1 Regionalisierung der Ökonomie ______________________________________ 18
2.2.2 Dezentralisierung staatlicher Aufgaben ________________________________ 19
2.2.3 Regionalisierung der Lebensweisen ___________________________________ 20
2.2.4 Planungsverständnis im Rahmen nachhaltiger Raumentwicklung ____________ 22
2.3 Kooperation als Steuerungsform _________________________________________ 23
2.3.1 Verständnis regionaler Kooperation ___________________________________ 23
2.3.2 Merkmale regionaler Kooperation ____________________________________ 24
2.3.3 Typen regionaler Kooperation _______________________________________ 26
2.3.3.1 ,,Weiche" Formen der Kooperation_________________________________ 26
2.3.3.2 ,,Harte" Formen der Kooperation __________________________________ 28
2.3.3.3 Harte oder weiche regionale Kooperationsstrukturen? __________________ 30
2.4 Kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände ___________ 32

IV
3. Neue Institution stadtregionaler Kooperation________________________________ 37
3.1 Die Regionalreform ,,Region Hannover" ___________________________________ 37
3.1.1 Aufgaben und Kompetenzen_________________________________________ 38
3.1.2 Innere Organisation________________________________________________ 40
3.2 Entstehungsprozess und politische Willensbildung zur Regionalreform ___________ 45
Exkurs: Regionale Organisationsstrukturen in Verdichtungsräumen ________________ 46
3.3 Geschichte regionaler Kooperation im Großraum Hannover____________________ 52
3.3.1 Verband Großraum Hannover (1962 - 1974) ____________________________ 52
3.3.1.2 Interessenlagen zum Gesetzentwurf ________________________________ 53
3.3.1.3 Gesetz zur Ordnung des Großraumes Hannover_______________________ 54
3.3.1.4 Bewertung ____________________________________________________ 58
3.3.2 Großraum Hannover (1974 - 1980)____________________________________ 62
3.3.2.2 Interessenlagen zum Gesetzentwurf ________________________________ 64
3.3.2.3 Gesetz über die kommunale Neugliederung im Raum Hannover__________ 65
3.3.2.4 Bewertung ____________________________________________________ 70
3.3.3 Zweckverband Großraum Hannover (1980 - 1992) _______________________ 72
3.3.3.1 Interessenlagen zum Gesetzentwurf ________________________________ 73
3.3.3.2 Gesetz über die Auflösung des Verbandes Großraum Hannover __________ 75
3.3.3.3 Bewertung ____________________________________________________ 77
3.3.4 Kommunalverband Großraum Hannover (1992 - 2001)____________________ 80
3.3.4.1 Interessenlagen zum Gesetzentwurf ________________________________ 80
3.3.4.2 Gesetz über den Kommunalverband Großraum Hannover _______________ 82
3.3.4.3 Bewertung ____________________________________________________ 84
3.4 Empirischer Teil: Evaluation der Region Hannover __________________________ 87
3.4.1 Ziel und Durchführung der Evaluation _________________________________ 87
3.4.2 Ergebnisse der Interviews: Qualitative Erhebung_________________________ 89
3.4.2.1 Bildung der Region _____________________________________________ 89
3.4.2.2 Finanzierung von regionalen und kommunalen Aufgaben _______________ 93
3.4.2.2.1 Aufgabenwahrnehmung auf regionaler Ebene _____________________ 93
3.4.2.2.1.1 Regionalplanung ________________________________________ 93

V
3.4.2.2.1.2 Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung ____________________ 95
3.4.2.2.1.3 Abfallwirtschaft _________________________________________ 98
3.4.2.2.2 Die Finanzierung innerhalb der regionalen Gebietskörperschaft _______ 99
3.4.2.2.3 Besondere Aufgaben der Gemeinden im Gebiet der Region _________ 103
3.4.2.3 Kooperation oder Konkurrenz? ___________________________________ 108
3.4.2.4 Bilanz und Ausblick ___________________________________________ 111
4. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen ___________________________ 115
Anhang ________________________________________________________________ 119
Anlage 1: Interviewleitfaden ___________________________________________ 119
Anlage 2: Ausgewählte Städte und Gemeinden und Bevölkerungszahlen ________ 121
Anlage 3: Gesprächspartner ___________________________________________ 122
Anlage 4: Räumliches Planungssystem___________________________________ 123
Anlage 5: Verwaltungs- und Vermögenshaushalt___________________________ 124
Anlage 6: Synergieeffekte bei der Bildung der Region Hannover ______________ 125
Anlage 7: Ergebnisse der Qualitativen Erhebung ___________________________ 126
Anlage 8: Verbandsmodelle im Großraum Hannover von 1963-2001 ___________ 128
Anlage 9: Bevölkerungsprognose 2000 ­ 2010 ____________________________ 129
Erklärung zur Urheberschaft ___________________________________________ 130
Literaturverzeichnis _____________________________________________________ 131
Gesetze, Verordnungen und Drucksachen ________________________________ 139
Weitere Informationsquellen___________________________________________ 140

VI
Verzeichnis der Abbildungen, Tabellen und Diagramme
Abbildung 1:
Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit
12
Abbildung 2:
Raumkategorien
16
Abbildung 3:
Regionsabgrenzung bzw. Regionsbildung nach
inhaltlichen Kriterien
17
Abbildung 4:
Idealtypisches Phasenschema regionaler Kooperation
26
Abbildung 5:
Region Hannover
38
Abbildung 6:
Verwaltungsstruktur in der Region Hannover
43
Abbildung 7:
Organigramm der Region Hannover
44
Abbildung 8:
Organe des Kommunalverbandes Großraum Hannover
84
Tabelle 1:
Schema informeller und formeller Kooperationsformen
30
Tabelle 2:
Chancen und Risiken regionaler Kooperationsformen
31
Tabelle 3:
Kommunale Aufgabenstruktur
36
Tabelle 4:
Städte und Gemeinden nach Einwohnerzahl
und Fläche (Stand: 31.12.1971)
66
Diagramm 1:
Generelle Einschätzung der Regionsbildung
91
Diagramm 2:
Ziel ­ Effizientere und transparentere
Verwaltungsstrukturen?
92
Diagramm 3:
Stärkung der gemeindlichen Ebene durch Regionsbildung
92
Diagramm 4:
Größe der Gebietskörperschaft
92
Diagramm 5:
Regionalplanung
95
Diagramm 6:
Regionsumlage
103
Diagramm 7:
Finanzierung kommunaler Aufgaben
107
Diagramm 8:
Kfz-Zulassungsstelle in kommunaler Selbstverwaltung?
107
Diagramm 9:
Kooperation oder Konkurrenz bei Gewerbeflächen?
111
Diagramm 10:
Halbzeitbilanz
114

VII
Verzeichnis der Abkürzungen
Abb.
Abbildung
Abk.
Abkürzung
Abs.
Absatz
ABZ
Abfallbehandlungszentrum
aha
Zweckverband Abfallwirtschaft
ARL
Akademie für Raumforschung und Landesplanung
Art.
Artikel
BauGB
Baugesetzbuch
BBR
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BROP
Bundesraumordnungsprogramm
bzw.
beziehungsweise
CDU
Christlich Demokratische Union
Dez.
Dezernat
d.h.
das heißt
DM
Deutsche Mark
EU
Europäische Union
e.V.
eingetragener Verein
f.
folgende (Seite)
ff.
fortfolgende (Seiten)
FNP
Flächennutzungsplanung
GG
Grundgesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GrRG
Gesetz zur Ordnung des Großraumes Hannover
GrRG-H
Großraumgesetz Hannover
GVH
Großraum-Verkehr Hannover
HARA
Raumordnungspolitischer Handlungsrahmen
HAZ
Hannoversche Allgemeine Zeitung
HVB
Hauptverwaltungsbeamte
IBA
Internationale Bauausstellung
IHK
Industrie ­und Handelskammer
Kap.
Kapitel
KGH
Kommunalverband Großraum Hannover
KVR
Kommunalverband Ruhrgebiet
LHH
Landeshauptstadt Hannover
LKH
Landkreis Hannover

VIII
LROP
Landesraumordnungsprogramm
MKRO
Ministerkonferenz für Raumordnung
N
Stichprobenumfang
NBauO
Niedersächsische Bauordnung
Nds. GVBl.
Niedersächsisches Gesetzes- und Verordnungsblatt
NFAG
Niedersächsisches Finanzausgleichsgesetz
NGO
Niedersächsische Gemeindeordnung
NIW
Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung
NLO
Niedersächsische Landkreisordnung
NLPB
Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung
NNatG
Niedersächsisches Naturschutzgesetz
NROG
Niedersächsisches Gesetz über Raumordnung und Landesplanung
NRW
Nordrhein-Westfalen
NSchG
Niedersächsisches Schulgesetz
NV
Niedersächsische Verfassung
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
ORA
Raumordnungspolitscher Orientierungsrahmen
p.a.
jährlich
PZH
Produktionstechnisches Zentrum Hannover
qkm
Quadratkilometer
REK
Regionales Entwicklungskonzept
resp.
respektive, beziehungsweise
ROG
Raumordnungsgesetz
RROP
Regionales Raumordnungsprogramm
RVR
Regionalverband Ruhr
SBUV
Senator für Bau, Umwelt und Verkehr in Bremen
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
StVO
Straßenverkehrsordnung
SVR
Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk
Tab.
Tabelle
u.a.
unter anderem/und andere
UVF
Umlandverband Frankfurt
vgl.
vergleiche
z.B.
zum Beispiel
ZGH
Zweckverband Großraum Hannover
ZIN-Regionen
Zukunftsinitiative Nordrhein-Westfalen
z.Zt.
zu Zeiten

9
1. Einleitung
Das einleitende Kapitel beschreibt die Hintergründe und Absichten dieser Arbeit. Gegenstand
und Zielsetzung werden definiert, Leitfragen, die im Zentrum des Forschungsinteresses ste-
hen, formuliert, sowie die Methodik vorgestellt. Ein Schaubild (Abb. 1) am Ende des Kapitels
veranschaulicht den Aufbau und die Vorgehensweise der Arbeit.
1.1 Ausgangslage
Die Begriffe ,,Region" und ,,regionale Kooperation" besitzen im aktuellen wissenschaftlichen
Diskurs um moderne Kommunalorganisationen in Ballungsräumen einen hohen Stellenwert.
Es wird diskutiert über neue Organisationsformen stadtregionaler Zusammenarbeit, Verwal-
tungsreformen auf regionaler Ebene und es geht vielfach um die Frage, inwieweit ,,harte"
Kooperationsstrukturen für die regionale Entwicklung erforderlich sind. Die Gründe für Ko-
operation sind in einer ersten Annäherung:
-
Die politisch-ökonomische Dynamik weltweiter Arbeitsteilung - bekannt unter dem
Schlagwort der Globalisierung - führt zu einer partiellen Entgrenzung und Enträumli-
chung. Politisch-administrative Grenzen verlieren an Bedeutung, weil der Produkti-
onsfaktor Kapital weltweit mobil und einsetzbar ist und neue Kommunikationstechno-
logien (,,technischer Fortschritt") zu einer zunehmend international werdenden Ver-
flechtung der Wirtschaftsbeziehungen führen. Im Zuge des verschärften globalen bzw.
europäischen Standortwettbewerbs wird immer deutlicher, dass nicht einzelne Städte,
sondern nur größere Regionen die hinreichenden Bezugsräume für wirtschaftliche
Entwicklung sind. Suburbanisierungsprozesse von Bevölkerung und Gewerbe, anhal-
tende Flächenknappheit in den (Kern-)Städten und durch Pendlerverflechtungen aus-
gelöste Engpässe im Verkehrsbereich stellen bestehende Organisationen stadtregiona-
ler Kooperationen in Frage und ziehen interkommunale Kooperation auf regionaler
Basis als zukünftige Strategie nach sich.
-
Eine sich dramatisch verschlechternde Finanzsituation kommunaler Haushalte betrifft
sowohl die Kernstädte als auch die Gebietskörperschaften im eher ländlichen Raum.
Großstädte sind vor allem von sozialen Segregationstendenzen und damit einherge-
hende hohe Kosten im Sozialhilfebereich betroffen. Sie halten zentralörtliche Infra-
struktureinrichtungen vor, an denen sich das Umland meist finanziell nicht beteiligt.

10
Da sich der Staat mehr und mehr aus der sozialen Verpflichtung zurückzieht, sind
kleinere Gemeinden und Städte in ihren Handlungsspielräumen eingeschränkt und
nicht in der Lage, die ihnen obliegenden Aufgaben zu erfüllen.
Aus diesen Überlegungen heraus ist das zunehmende Interesse an regionalen Kooperationen
und deren Funktionsweise zu erklären und es stellt sich die Frage nach einer angemessenen
politisch-administrativen Steuerung von Stadtregionen, die dem neuen Verhältnis von Stadt
und Umland gerecht wird.
1.2 Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit
Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet die ,,Region Hannover". Sie ist Gegenstand der vor-
liegenden Arbeit. Ziel ist es, anhand dieser in Deutschland in ihrem Institutionalisierungsgrad
einmaligen Form der regionalen Zusammenarbeit Funktionsweisen, Kooperationsstrukturen
und Schwachpunkte zu ermitteln. Darauf aufbauend sind Handlungsempfehlungen aufzuzei-
gen, die für den Raumtyp der Stadtregion gelten. Verdichtungsräume sind Veränderungen und
Herausforderungen ausgesetzt, die über bestehende administrative Strukturen und Grenzen
hinausreichen. Lösungsansatz für den Großraum Hannover ist die Schaffung einer regional
verfassten Gebietskörperschaft, die eine neue Dimension im niedersächsischen Verwaltungs-
aufbau darstellt.
Im Zentrum dieser Ausarbeitung stehen die folgenden Leitfragen:
Inwieweit ist die Bildung einer regionalen Gebietskörperschaft für die Bewältigung der Stadt-
Umland-Problematik und die Entwicklung einer Region förderlich?
Welche Aufgaben werden vor dem Hintergrund einer kommunal verfassten Gebietskörper-
schaft auf regionaler Ebene wahrgenommen?
Wie ist die Finanzierung zwischen Kernstadt und Umland ausgestaltet?
Ist mit Schaffung eines Regionalkreises die Kooperationsbereitschaft/-fähigkeit bei den
einzelnen Akteuren gestiegen?
Ist grundsätzlich eine institutionelle Neuordnung in Verdichtungsräumen zukunftsträchtig
und lassen sich allgemeingültige Kriterien für andere Regionen ableiten?

11
Bei der Bewertung der interkommunalen Kooperation in der ,,Region Hannover" und bezogen
auf den regionalen Entwicklungsprozess ist dem zweieinhalbjährigen Bestehen (Zeitpunkt der
Interviews) in den weiteren Ausführungen der Arbeit Rechnung zu tragen. Aufgrund des kur-
zen Wirkungszeitraums seit 1.11.2001 kann nicht der Anspruch einer systematischen Evaluie-
rung dieser regionalen Organisation erhoben werden.
1.3 Methodik und Aufbau der Arbeit
Der Anwendungsbezug der Zielsetzung führt dazu, dass neben einem theoretischen auch ein
empirischer Zugang gewählt wird. Der theoretische Ansatz beinhaltet die Auswertung der
Literatur. Für den Untersuchungsraum stellt die Auswertung umfangreicher ,,grauer" Literatur
einen wichtigen Bestandteil dar. Es handelt sich dabei um Veröffentlichungen, Positionspa-
piere und Gutachten des früheren Großraumverbandes bzw. Kommunalverbandes und um
Artikel aus der regionalen Tagespresse.
Der empirische Zugang wird über die Methode offener leitfadengestützter Interviews (qualita-
tive Erhebungsmethode) mit Experten aus der Region gesucht, um Positionen und das jewei-
lige Gewicht der einzelnen Akteure herauszuarbeiten. Vorteile ergeben sich dadurch, dass
neue Aspekte, die nicht im Leitfaden erscheinen, aufgenommen werden und in die Arbeit ein-
fließen können. Einschränkungen hinsichtlich der ausführlichen Beantwortung in bestimmten
Bereichen sind aufgrund zeitlicher Vorgaben und unterschiedlicher Gesprächsverläufe zu
konstatieren.

12
Abb. 1: Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit

13
2. Regionale Kooperation
In diesem Kapitel werden die zentralen Begriffe der Arbeit und ihre Hintergründe vorgestellt.
Zunächst wird diskutiert, was eine ,,Region" ist und in welchen Zusammenhängen das Attri-
but ,,regional" Verwendung findet. Danach wird der Bedeutungsgewinn der regionalen Ebene
im Rahmen der ,,Regionalisierung" aufgezeigt. Die Zusammenarbeit als Steuerungsform regi-
onaler Entwicklung wird beschrieben und es werden Kooperationsfelder und Kooperationsty-
pen näher dargestellt. Den Abschluss dieses Kapitels bildet die Darstellung der verfassungs-
rechtlichen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung für Gemeinden und Gemeindever-
bände.
2.1 Regio, Region, Regional
Die Region als Planungs- und Handlungsebene hat sich in den letzten Jahrzehnten von einem
Fachterminus der Geographen und Raumplaner zu einem Modewort in Politik, Wissenschaft
und Öffentlichkeit entwickelt. Der Begriff ,,Region" ist lateinischen Ursprungs. ,,Regio" (lat.)
bedeutet zum einen ,,Richtung, Linie oder Lage", zum anderen ,,Himmelsraum, Weltgegend"
sowie ,,Gegend, Gebiet, Landschaft oder Stadtbezirk".
Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den heutigen öffentlichen und wissenschaftlichen Dis-
kursprozessen wieder; die Verwendung von ,,Region" und ,,regional" ist mannigfaltig und die
Mehrdimensionalität lässt unterschiedliche Konnotationen zu. Vielfach wird der Regionsbeg-
riff auch metaphorisch verwendet, so dass, ähnlich wie bei dem Begriff ,,Raum", kaum noch
auszumachen ist, was ,,eigentlicher Sinn" und was Metapher ist
1
.
Nach traditionellem raumwissenschaftlichen Begriffsverständnis wird der Begriff der Region
definiert als ,,ein geographisch bestimmter Raum mittlerer Größenordnung, der als zusam-
mengehörig angesehen wird"
2
.
In ähnlicher Weise heißt es im 1995 erschienenen Handwörterbuch der Raumordnung: ,,All-
gemein versteht man unter einer Region einen durch bestimmte Merkmale gekennzeichneten,
zusammenhängenden Teilraum mittlerer Größenordnung in einem Gesamtraum"
3
.
Beiden Definitionen ist gemeinsam, dass sie relativ weit und offen gehalten sind und so dem
üblichen Begriffsverständnis in der Geographie und anderen raumbezogenen Wissenschaften
1
Vgl. Blotevogel, Zur Konjunktur der Regionsdiskurse in: Informationen zur Raumentwicklung 9/10 2000, S. 496
2
Lange, Regionen in: Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung 1970, Sp. 2705-2719
3
Sinz, Region in: Handwörterbuch der Raumordnung 1995, S. 805

14
entsprechen. Zusammengefasst enthalten sie drei Aspekte, die im folgenden näher beleuchtet
werden:
den Raumbezug
(geographisch bestimmter [Teil-]Raum in einem
Gesamtraum)
den Maßstabsbezug
([Teil-]Raum mittlerer Größenordnung)
den Sachbezug
(durch bestimmte Merkmale gekennzeichneter und
als zusammengehörig angesehener Raum)
4
2.1.1 Der Raumbezug
Die ,,Region" ist immer auch erdräumlich definiert, d.h. eine Region als ,,Raum" bildet einen
bestimmten physischen Raum der Erdoberfläche ab. So kann es sich nach räumlichen Bezü-
gen bei der Verwendung des Begriffs ,,Region" um räumliche Einheiten mit bestimmten na-
türlichen Merkmalen, die sie von anderen unterscheiden bzw. abgrenzen, handeln. Beispiele
für naturräumliche Einheiten sind die norddeutsche Tiefebene, die Geest, die Rhön oder das
Sauerland.
Blotevogel weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das ,,Räumliche", das traditionell
Materielle des Raumes verstärkt seit den 80er Jahren durch neuere Auffassungen in Kultur-,
Wirtschafts-, und Sozialgeographie erweitert worden ist. So hat die Region auch als Wirt-
schafts-, Verkehrs-, Sozial-, und Kulturraum im Sinne eines gesellschaftlich nichtmateriellen
Raumes Eingang in die Diskussionen gefunden
5
.
2.1.2 Der Maßstabsbezug
Das zweite Merkmal ,,(Teil-)Raum mittlerer Größenordnung" bedeutet einen Maßstabsbe-
reich, der über den örtlichen/kommunalen Zusammenhang hinausreicht und unterhalb der
staatlichen/nationalen Ebene angesiedelt ist
6
. Dieser Maßstabsbereich einer mittleren Dimen-
sion (subnational) führt im politisch-administrativen Zusammenhang häufig zu einem Span-
nungsverhältnis zwischen kommunaler Selbstverwaltung und staatlicher Einflussnahme und
zu einem unübersichtlichen Nebeneinander unterschiedlichster Organisationen mit regionaler
Aufgabenwahrnehmung. So findet man im Ruhrgebiet zwischen kommunaler Ebene und
4
In Anlehnung an Blotevogel, a.a.O., S. 497
5
Vgl. Blotevogel, a.a.O., S. 497 f.
6
Vgl. Sinz, a.a.O., S. 805

15
staatlicher Ebene des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen mindestens vier Konzepte mit regi-
onaler Ausrichtung:
der Kommunalverband Ruhrgebiet KVR bzw. aktuell RVR,
die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland,
die Regierungsbezirke Düsseldorf, Münster und Arnsberg sowie
die sog. ZIN-Regionen der regionalisierten Strukturpolitik
7
.
Vielfach wird auch eine ,,Regionalisierung der Lebensweisen" hervorgehoben, die in der
wachsenden Mobilität der Bevölkerung begründet ist. Das soziale Leben (Wohnen, Arbeiten,
Freizeit) vollzieht sich zwischen lokaler und regionaler Ebene, wobei sich die Region als Me-
soebene (Zwischenebene) als entscheidender Lebensraum für die Organisation des Alltags
mittlerer Reichweite und unter Umständen als geeignete Grundlage für die Entwicklung
räumlicher Identitäten herausbildet.
Neben der mittleren Maßstäblichkeit gibt es auch Ansätze zur Verwendung des Begriffs ,,Re-
gion" für Teilbereiche ganzer Kontinente aus globalpolitischer Sicht. Die Zusammenfassung
mehrerer Staaten zu regionalen Wirtschafts- und Freihandelszonen wie EU, NAFTA (Abk. für
North-American Free Trade Association), oder APEC (Abk. für Asia-Pacific Economic Coo-
peration) entspricht einer supranationalen Regionalisierung und verdeutlicht die Vielfalt sehr
unterschiedlicher Maßstabsebenen
8
. Wird in dieser Arbeit der Begriff ,,Region" bzw. das Att-
ribut ,,regional" verwendet, so sind immer Gegebenheiten und Zusammenhänge intendiert, die
sich unterhalb der staatlichen Ebene, aber oberhalb der gemeindlichen Ebene vollziehen.
2.1.3 Der Sachbezug
Nicht nur in der Größenordnung weist der Begriff ,,Region" eine große Spannweite auf. Die
inhaltlichen Kriterien (,,als zusammengehörig angesehen") nach denen Regionen im Sinne der
Raumordnung abgegrenzt und festgelegt werden können, sind:
Deskriptiv (wissenschaftlich) und
Normativ (planerisch-administrativ)
9
7
Vgl. Blotevogel, a.a.O., S. 498
8
Vgl. Blotevogel, a.a.O., S. 498
9
Siehe Abb. 3

16
Deskriptive Regionen sind Analyse- bzw. Problem- und Potentialräume, die auf wissenschaft-
lichen Bestandsanalysen beruhen und mit deren Hilfe umfangreiche Systemzusammenhänge
auf ihre räumliche Dimension reduziert werden, um sie leichter lesbar und interpretierbar zu
machen
10
. Ziel ist eine räumliche Abstraktion bzw. Systematisierung, die zum Beispiel zu der
Abgrenzung Verdichtungsräume - ländliche Räume als Raumkategorien führt.
Abb.2: Raumkategorien
(Quelle: BBR, Kurzfassung des Raumordnungsberichts 2000, S. 8)
Innerhalb der deskriptiven Regionen wird nach homogenen oder funktionalen Kriterien abzu-
grenzender Regionen unterschieden. Nach dem Homogenitäts-/Ähnlichkeitsprinzip können
zum Beispiel naturräumliche Einheiten, Landschaften, Sprachräume und Verdichtungs- und
ländliche Räume zu Regionen zusammengefasst werden. Funktionale Abgrenzungen sind
dagegen in wirtschaftlichen und sozialen Beziehungsverflechtungen sowie Daseinsgrundfunk-
10
Vgl. Sinz, a.a.O., S. 806

17
tionen begründet. Nach dem Funktionalitäts-/Verflochtenheitsprinzip können Arbeitsmarktre-
gionen und Stadtregionen
11
abgegrenzt werden.
Normative Regionen werden als Handlungs- und Tätigkeitsräume bezeichnet; sie sind das
Ergebnis politisch-administrativer und planerischer Entscheidungen. Es handelt sich hierbei in
erster Linie um Planungsregionen der Regionalplanung. Die Regionalplanung - als teilraum-
bezogene, regionale Stufe der Landesplanung - ist mit Ausnahme des Saarlandes und der drei
Staatstaaten in allen Bundesländern auf der Grundlage des Raumordnungsgesetzes sowie der
jeweiligen Landesplanungsgesetze eingerichtet worden. Die Planungsregionen stimmen nur
teilweise mit administrativen Raumeinheiten wie Regierungsbezirken oder Landkreisen über-
ein. Sie sind zumeist das Resultat übergemeindlicher Zusammenarbeit ­ Konstrukte unter-
schiedlicher Interessen und Vorstellungen gesellschaftlicher Organisationen, die sich in einer
Vielzahl von (Planungs-)Regionen manifestieren. Im Idealfall erfolgt die Abgrenzung von
Planungsregionen nach homogenen und funktionalen Merkmalen und in der Diskussion um
Verdichtungsräume geht es immer wieder um eine bessere Übereinstimmung zwischen Pla-
nungsregionen und administrativen Raumeinheiten
12
.
Abb.3: Regionsabgrenzung bzw. Regionsbildung nach inhaltlichen Kriterien
Quelle: eigene Darstellung (in Anlehnung an: Neue Formen regionaler Kooperation, Dressen 2000, S. 18)
11
Verdichtungs-, Agglomerationsräume und (Groß-)Stadtregionen werden auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen oftmals synonym
zur Bezeichnung einer oder mehrerer Kernstädte und ihrem Umland verwandt, obwohl jeweils präzise Definitionen vorliegen (siehe Raum-
ordnungsbericht 2000). Die Agglomerationsräume bilden dabei die größte Raumkategorie der drei genannten Begriffe; ,,Stadtregion" oder
,,Verdichtungsraum" fallen darunter. Eine trennscharfe Verwendung der Begriffe wird in dieser Arbeit nicht vorgenommen; es geht vielmehr
darum, dass diese Räume durch Stadt-Umland-Beziehungen geprägt sind (vgl. Irmen, Stadt-Umland in: Handwörterbuch der Raumordnung
1995, S. 916 f.).
12
Vgl. Sinz, a.a.O., S. 808
Deskriptive Regionen
(wissenschaftlich)
Normative Regionen
(planerisch-administrativ)
,,Region"
Homogene Regionstypen:
Naturräumliche Einheiten
Landschaften
Sprachräume
Verdichtungs- und ländliche
Räume
Funktionale Regionstypen:
Arbeitsmarktregionen
Stadtregionen (zentralörtliche
Verflechtungsbereiche)
Planungs- und Verwaltungsregionen:
Planungsräume der Regionalpla-
nung
Stadt-Umland-Verbände
Bezirksregierungen und Land-
kreise

18
2.2 Regionalisierung
Der Begriff der Regionalisierung wird häufig im Zusammenhang mit einer wachsenden Be-
deutung der regionalen Ebene verwendet. Da ,,Regionalisierung" ein wissenschaftlich nicht
eindeutig definierter Begriff ist, haben sich zwei unterschiedliche Herangehensweisen heraus-
gebildet:
,,...die Einbeziehung des Raumes in fachpolitisches Gestalten..."
13
und
,,...Aufwertung der Region als politisch-administrative Ebene der gesellschaftlichen
Steuerung"
14
.
Im Kontext des ersten Begriffsfeldes geht es um die Regionalisierung von (Fach-)Politiken.
Hierunter werden z.B. die Wirtschafts-, die Steuer-, die Verkehrs- und die Bildungspolitik
verstanden. Nähert man sich der Bildungspolitik, so ist erkannt worden, dass die Entwick-
lungsperspektiven einer Region in erhöhtem Maße von der Qualität der regionalen Bildungs-
infrastruktur und vom Bildungsniveau der Bevölkerung bestimmt werden. Somit ist Bil-
dungspolitik immer auch ein Stück weit regionales Betätigungsfeld, für das es die ,,richtige"
Regionsabgrenzung zu finden gilt.
Regionalisierung im Sinne der Aufwertung der Region als politisch-administrative Steue-
rungsebene ist als Ausdruck sich verändernder Rahmenbedingungen zu verstehen. Die Grün-
de hierfür sind u.a.:
Regionalisierung der Ökonomie
Dezentralisierung staatlicher Aufgaben
Regionalisierung der Lebensweisen
Planungsverständnis im Rahmen nachhaltiger Raumentwicklung
2.2.1 Regionalisierung der Ökonomie
Die Region als Wirtschaftsstandort hat im Zuge der viel zitierten ,,Globalisierung" an Bedeu-
tung gewonnen. Dies mag auf den ersten Blick verwundern, da in Zeiten supranationaler Ver-
kehrs-, Handels- und Kapitalverflechtungen globale Märkte im Vordergrund stehen und der
13
Back, Regionalisierung in: Handwörterbuch der Raumordnung 1995, S. 821
14
Fürst, Regionalisierung ­ die Aufwertung der regionalen Steuerungsebene? in: Grundriß der Landes- und Regionalplanung, ARL 1999, S.
351

19
Prozess der Globalisierung eine weltweite Arbeitsteilung entstehen lässt, die von der Flexibi-
lität der Unternehmen in der Standortwahl bestimmt ist und in der der ,,Raum" bzw. die ,,Re-
gion" als vernachlässigbar angesehen werden kann.
Aus der Globalisierung der Ökonomie (,,Strukturwandel") folgt allerdings ein weltweiter
Standortwettbewerb
15
, dem die einzelne Kommune nicht mehr gewachsen ist. Im Sinne einer
Aufwertung der regionalen Ebene sind günstige Rahmenbedingungen für eine positive wirt-
schaftliche Entwicklung nur noch durch regional abgestimmtes Handeln erreichbar. So kann
die Regionalisierung der Ökonomie ,,als Kehrseite des Globalisierungsprozesses"
16
bezeich-
net werden, in der die Region als Produktions-Cluster relevant wird. Cluster als Standortge-
meinschaften können verkehrspolitisch motiviert sein (Einzelhandelszentren, Logistikzentren)
oder Existenzgründern und technologie- und innovationsorientierten Unternehmen in Grün-
derzentren und Technologieparks eine Basis für ihre weitere Entwicklung bieten. Aus den
lokalen resp. regionalen Verflechtungen resultieren Fühlungsvorteile und Synergieeffekte, die
für einen ,,Standortraum", d.h. eine Region, sprechen können. Grundsätzlich gilt sicherlich,
dass die Orientierung auf die regionale Ebene nicht einen Gegensatz zur Globalisierung be-
deutet; vielmehr steht die Aufwertung der regionalen Potentiale für die Bewältigung der glo-
balen Herausforderungen.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird auf die räumliche Ausdehnung resp. regionale Ab-
grenzung der ,,Region Hannover" als Antwort auf die ,,Regionalisierung der Ökonomie" und
die Diskussion um die Bildung einer Metropolregion näher eingegangen.
2.2.2 Dezentralisierung staatlicher Aufgaben
Die Dezentralisierung staatlicher Aufgaben wird vielfach mit dem Rückzug des Staates aus
der Verantwortung und Übertragung von Aufgaben auf Akteure der regionalen Ebene ver-
bunden. So bezeichnet Fürst die ,,Regionalisierung von oben" als eine Form der Dezentralisie-
rung, die in Zeiten leerer Kassen der öffentlichen Haushalte (,,fiscal crisis of the state") als
Verlagerung der Lasten nach unten verstanden wird
17
. Eine Regionalisierung in dieser Form
führt zu einer Einbindung dezentraler Einheiten in den Vollzug zentraler Einheiten und ,,kann
deshalb vereinfacht als Folge eines ablaufenden Umstrukturierungs- und Modernisierungs-
15
In diesem Zusammenhang wird von einem zunehmenden ,,Wettbewerb der Regionen" gesprochen.
16
Danielzyk, Regionale Kooperationsformen in: Informationen zur Raumentwicklung 9/10 1999, S. 577
17
Vgl. Fürst, a.a.O., S. 353

20
prozesses in Staat und Gesellschaft begriffen werden, der in Richtung einer Verstärkung der
dezentralen Selbststeuerungsstrukturen geht"
18
.
Das bedeutet auch, dass man die Strategie der Dezentralisierung bzw. Regionalisierung ver-
folgt, weil man erkannt hat, dass bei sinkender staatlicher Steuerungskapazität (Bund, Länder)
komplexer werdende gesellschaftliche Probleme besser vor Ort gelöst werden können. Dies
trifft auf Handlungsfelder wie zum Beispiel in Bereichen des Schienenpersonennahverkehrs,
der Arbeitsmarktpolitik und der Kulturförderung zu
19
.
Im Bereich der regionalen Strukturpolitik hat sich ein neues, dezentrales Verständnis in den
letzten Jahren verfestigt. Eine ,,Politik für die Regionen" (klassische interventionistische
Strukturpolitik) ist einer ,,Politik durch die Regionen" (endogene/innovationsorientierte Regi-
onalpolitik) gewichen, d.h., dass eine ausschließlich hierarchische Steuerung den neuen Her-
ausforderungen nicht gerecht werden würde. Im Sinne einer endogenen Regionalpolitik wer-
den vorhandene Entwicklungspotentiale identifiziert, regionale Zusammenarbeit initiiert und
klein- und mittelständische Unternehmen gefördert. Die klassische Strukturförderung ,,er-
gänzt" lediglich die eigenständige bzw. endogene Regionalentwicklung. Die Abkehr von der
interventionistischen Steuerung hin zu einer zunehmenden Dezentralisierung und Mobilisie-
rung von Selbsthilfekräften (,,Verstärkung der dezentralen Selbststeuerungsstrukturen") führt
unweigerlich zu einer wachsenden Bedeutung der regionalen Ebene.
Problem der Dezentralisierung staatlicher Aufgaben ist die finanzielle und sachliche ,,Über-
forderung"
20
kommunaler Gebietskörperschaften. So droht vielen Kommunen gerade im Be-
reich der Jugend- und Sozialhilfe aufgrund steigender Ausgaben der finanzielle Kollaps, weil
Bund und Länder immer mehr (staatliche) Aufgaben übertragen, ohne aber gleichzeitig für
eine angemessene finanzielle Ausstattung zu sorgen. Dieses Problem wird im empirischen
Teil dieser Arbeit weiter diskutiert.
2.2.3 Regionalisierung der Lebensweisen
Der Prozess der Verlagerung von Bevölkerung, Dienstleistungen und Gewerbe aus den Städ-
ten heraus ins Umland (,,Suburbanisierung") hat das traditionelle Stadt-Umland-Verhältnis
obsolet werden lassen und zu einer Zunahme der räumlichen und funktionalen Verflechtungen
(,,Regionalisierung der Lebensweisen") geführt.
18
Fürst, a.a.O., S. 354
19
Vgl. Danielzyk, a.a.O., S. 578
20
Danielzyk, a.a.O., S. 578

21
Städte und Gemeinden sind zu Stadtregionen geworden, in denen politisch-administrative
Grenzen aufgrund der zunehmenden Mobilität und der Bereitschaft der Bevölkerung größere
Entfernungen zurückzulegen keine Rolle mehr spielen. Einerseits sind die Städte in die Fläche
gewachsen, andererseits haben sich die Umlandgemeinden gegenüber den Kernstädten als
Oberzentren emanzipiert. Einkommensstarke Bevölkerungsschichten sind ins ,,Grüne" gezo-
gen, um sich ihren Traum des Einfamilienhauses zu verwirklichen und ihre Kinder außerhalb
des ,,Moloch Stadt" aufwachsen zu sehen. Diese selektive Wanderung bedingt Probleme wie
soziale Polarisierung zwischen Kernstädten und Umlandgemeinden, sinkende Steuereinnah-
men und zurückgehende einwohnerabhängige Finanzzuweisungen. Wohnen im Umland und
Arbeiten in der Stadt führt darüber hinaus zu verkehrlichen Belastungen, die sich nur auf der
regionalen, die Stadt und ihr Umland umfassenden Ebene lösen lassen
21
. Es ist festzustellen,
dass die regionale Ebene zum Aktions- und Lebensraum von Unternehmen und Haushalten
wird. Sie agieren oberhalb der lokalen Ebene (,,Mikroebene") und da sich die nationale oder
staatliche Ebene (,,Makroebene") den Wahrnehmungs- und Handlungsmöglichkeiten weitge-
hend entzieht, bildet sich die (Stadt-)Region (,,Mesoebene") als entscheidender Lebensraum
für die Organisation des Alltags mittlerer Reichweite und unter Umständen als geeigneter
Rahmen für die Erfassung räumlicher Identifikationsprozesse. Blotevogel verweist in diesem
Zusammenhang auf eine Renaissance des Regionalen; einerseits ist eine Entgrenzung, eine
räumliche Entankerung der politisch-administrativen Grenzen zu erleben, andererseits wächst
aber das Bedürfnis nach überschaubaren, identifikationsstiftenden Regionen als räumlich de-
finierte Lebenswelten
22
.
Ein anschauliches Beispiel regionaler Lebensweisen in einer Stadtregion bietet Priebs, indem
er folgende Konstellationen ­ für den Raum Hamburg ­ beschreibt:
,,...ist es nicht unüblich, daß ein Individuum
im Reihenhaus einer sogenannten Speckgürtel-Gemeinde (z.B. in Henstedt-Ulzburg)
wohnt (wo es sich zu erschwinglichen Preisen den verbreiteten Traum vom Wohnen in
den eigenen vier Wänden mit Austritt in den Garten realisiert hat),
in einer Bürostadt am Rande der Kernstadt arbeitet (z.B. in der Hamburger City
Nord),
zum Wochenendeinkauf in eine Shopping-Mall (z.B. nach Norderstedt-Garstedt) fährt,
[...] und
21
Vgl. Danielzyk, a.a.O., S. 578
22
Vgl. Blotevogel, a.a.O., S. 492

22
den persönlichen Freundeskreis in einem Gründerzeitviertel der Kernstadt pflegt und
dort gelegentlich die urbane Kneipenszene (z.B. in Hamburg-Eppendorf) besucht"
23
.
Inwieweit diese Eindrücke und Entwicklungen auf den Untersuchungsraum ,,Region Hanno-
ver" zutreffen, gilt es im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu untersuchen.
2.2.4 Planungsverständnis im Rahmen nachhaltiger Raumentwicklung
Die Regionalisierung im Sinne einer Aufwertung der regionalen Ebene zeichnet sich in einer
Neuorientierung der Raumordnung in Bund und Ländern ab. Der 1992 vorgelegte ,,Raumord-
nungspoltischen Orientierungsrahmen"
24
und der anschließend in 1995 erarbeitete ,,Raumord-
nungspolitischen Handlungsrahmen" fördern neue Leitbilder und Strategien für die räumliche
Entwicklung Deutschlands.
So werden die größeren (Stadt-)Regionen als Wachstumsmotoren für die räumliche Entwick-
lung des Bundesgebietes angesehen und es wird betont, dass im europäischen Maßstab nicht
mehr einzelne Städte miteinander in Konkurrenz stehen, sondern ganze Regionen
25
. Der Regi-
on wird ,,als Umsetzungsebene raumordnerischer Aktivitäten"
26
entscheidendes Gewicht bei-
gemessen.
Neue Akzente setzt auch das 1997 novellierte und zum 1.1.1998 in Kraft getretene Raumord-
nungsgesetz des Bundes (ROG 1998). Die ,,nachhaltige Raumentwicklung" ist im novellierten
Raumordnungsgesetz eine besonders hervorgehobene Leitvorstellung jeglichen raumordneri-
schen, landes- und regionalplanerischen Handelns. Es wird der Vorgabe einer ökonomischen,
sozialen und ökologisch ausgewogenen nachhaltigen Raumentwicklung (§1 Abs. 2 ROG)
Rechnung getragen, die bereits 1987 von der World Commission on Environment and Deve-
lopment verfasst wurde und ihren Ausdruck in der von 179 Staaten unterzeichneten Agenda
21 in Rio de Janeiro fand.
Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang eine Auflösung des tradierten Stadt-
Verständnisses und beinhaltet eine integrative Sichtweise, welche die Verflechtungen und
23
Priebs, Erfordert die Auflösung der Stadt in die Region neue regionale Verwaltungsstrukturen? ­ Der Vorschlag zur Bildung der ,,Region
Hannover" in: Harburger Berichte zur Stadtplanung 1997, S. 152/153
24
Der ,,Raumordnungspolitische Orientierungsrahmen" (ORA) ist vom damaligen Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und
Städtebau in Zusammenarbeit mit den Ländern im Rahmen der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) erarbeitet und in der 21.
Sitzung am 27. November 1992 zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Gleiches gilt für den ,,Raumordnungspolitischen Handlungs-
rahmen" (HARA) mit Beschluss der MKRO vom 8. März 1995.
25
Vgl. ORA 1992 in: Raumordnung in Deutschland 1996, S. 63 f.
26
HARA 1995 in: Raumordnung in Deutschland 1996, S. 75

23
gegenseitigen Abhängigkeiten der Räume hervorhebt. Es gilt, dass ökonomische, soziale und
ökologische Nachhaltigkeit nur im Zusammenspiel zwischen Kernstadt und Umland zu erfül-
len sind und daher ist die regionale Ebene eine besonders wichtige Handlungsebene für die
Umsetzung der nachhaltigen Raumentwicklung
27
.
2.3 Kooperation als Steuerungsform
Kooperation (,,Zusammen-Arbeit") ist zum Handlungsprinzip vieler Gemeinden, kreisangehö-
riger oder kreisfreier Städte sowie Landkreise geworden, um den Regionalisierungsprozessen
begegnen zu können. Dabei ist Kooperation immer auch ein Stück ,,freiwillige" Einsicht in
regionale Zusammenhänge, Verzicht auf Machtausübung und eigene Interessenlagen. Erste
Schritte einer kooperativen, koordinierenden Handlungsweise beruhen zumeist auf zwei auto-
nomen Akteuren, die mit Hilfe von Verhandlungen partnerschaftliche Spielregeln entwickelt
haben, um einen Konsens für das vorliegende Problem zu erzielen.
Historisch gesehen war die Zusammenarbeit in Verdichtungsräumen begründet in der Not-
wendigkeit, für eine bestimmte (Wirtschafts-)Region eine räumlich-strukturelle Ordnungs-
und Entwicklungsstrategie zu erarbeiten. Landesplanerische Zusammenschlüsse in Großberlin
und dem Ruhrgebiet Anfang des 20. Jahrhunderts bildeten den Anfang überkommunaler Zu-
sammenarbeit und infolgedessen fanden auch Begriffe wie ,,Landesplanung"
28
und ,,Raum-
ordnung" Eingang in die wissenschaftliche, administrative und rechtliche Terminologie.
2.3.1 Verständnis regionaler Kooperation
Unter die Begriffe ,,interkommunale und regionale Kooperation" fallen in Deutschland eine
Vielzahl bewährter Formen der Kooperation. Es gibt inzwischen praktisch keinen Verdich-
tungsraum mehr, der nicht über eine zweckgebundene Kooperation zwischen Kommunen in
Handlungsfeldern wie Regionalplanung, Öffentlicher Personennahverkehr, Ver- und Entsor-
gung oder die Trägerschaft der Schulen und Bildungseinrichtungen sowie Naherholungsein-
richtungen berät bzw. verfügt.
Während man unter interregionalen Kooperationen die (Staats-)Grenzen übergreifende Form
der Zusammenarbeit versteht, die sich zumeist in benachbarten grenznahen Zusammenschlüs-
27
Vgl. von Hinüber, Historische Wurzeln und wichtige Etappen der Entwicklung in: Grundriß der Landes- und Regionalplanung, ARL 1999,
S. 49 f.
28
Die Bezeichnung Landesplanung wurde ursprünglich für regionalplanerische Aktivitäten verwendet; erst Anfang der 60er Jahre setzte sich
der Begriff ,,Regionalplanung" durch (vgl. von Hinüber, a.a.O., S. 7).

24
sen konstituiert (z.B. EUREGIO), geht es bei den ,,interkommunalen und regionalen Koopera-
tionen" um:
,,...die Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften, also Gemeinden, kreisangehörigen oder
kreisfreien Städten sowie Kreisen auf der Grundlage gemeinsamer Interessen oder Ziele"
29
.
Bei einer Unterscheidung der beiden Begriffe ,,interkommunal" und ,,regional" wird der Dif-
ferenzierung von Danielzyk gefolgt, der zwischen regionaler Kooperation als kooperativer
Strategie-Definition und interkommunaler Kooperation als Umsetzung der Kooperationsziele
zu unterscheiden weiß
30
. Der regionale Kooperationsraum unterscheidet sich vielfach in der
Zahl der beteiligten Kommunen und somit auch in der Größe der Region. Interkommunale
Kooperation wird im folgenden als die Zusammenarbeit zweier oder mehrerer Kommunen
innerhalb des regionalen Bezugsraumes verstanden.
Die Kooperation in ländlichen, eher ,,rückständigen" Regionen wird nicht näher beleuchtet;
regionale Kooperation im Sinne dieser Arbeit bezieht sich auf die Zusammenarbeit in Ver-
dichtungsräumen resp. Stadtregionen, die aufgrund der zunehmenden räumlichen und funkti-
onalen Verflechtungen in jüngster Zeit zusätzlichen Kooperationsbedarf aufweisen. Gerade
die sehr umfangreichen Planungs- und Verwaltungsstrukturen und die ausgeprägten Interes-
senkonflikte zwischen Kernstadt und Umlandgemeinden in Verdichtungsräumen lassen regi-
onale Kooperations- und Organisationsstrukturen unausweichlich erscheinen.
2.3.2 Merkmale regionaler Kooperation
Regionale Kooperation in Stadt-Umland-Beziehungen ist grundsätzlich geprägt von der ge-
genseitigen Furcht, von der jeweils anderen Seite übervorteilt zu werden und eigene Interes-
sen im Sinne einer Einsicht in regionale Zusammenhänge und Problemlösungskonzepte zu-
rückstellen zu müssen. Gemeinden gehen weniger leicht Kooperationen ein als Unternehmen;
sie nehmen vor allem deren Kosten wahr und weniger deren Nutzen. Es stehen Fragen der
kurzfristigen Ressourcenumverteilung, Folgekosten und Autonomieverluste deutlich mehr im
Mittelpunkt, als Fragen der qualitativ verbesserten Problemlösung, der verbesserten länger-
fristigen Entwicklungspotentiale und der (inter-)regionalen Wettbewerbsfähigkeit
31
. Koopera-
29
Gawron/Jähnke, Kooperation in der Region ­ Einführung und Problemstellung in: Regionale Kooperation ­ Notwendigkeit und Heraus-
forderung kommunaler Politik, IRS 2001, S. 11
30
Vgl. Danielzyk, a.a.O., S. 582 f.
31
Vgl. Fürst/Müller/Schefold, Weiterentwicklung der gemeinsamen Landesplanung Bremen/Niedersachsen, GLP 1994, S. 35

25
tion ist nicht gleichzusetzen mit Konsens; sie organisiert sich vielmehr um Betroffenheit und
ist ,,...Ergebnis der ,,relativen" Schwäche des Einzelnen bzw. der ,,relativen" Größe der Auf-
gabe"
32
.
Die vielfältigen Verflechtungsbeziehungen in Stadtregionen lassen es nicht mehr zu,
Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung ohne Einbeziehung der angrenzenden Nachbar-
gemeinden zu bewältigen. Daraus folgt, dass Differenz, Autonomie, Konkurrenz und Wett-
bewerb bestenfalls von Kooperation, Kongruenz und Konsens abgelöst werden. Grundlage für
eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bietet eine gemeinsame Informationspolitik, in die alle
Akteure miteingebunden sind und so bilden freiwillige (,,informelle") Kooperationsansätze, in
denen eine partnerschaftliche Beziehung im Vorder-grund steht, zumeist den Anfang regiona-
ler Kooperationsformen. Die Kooperation, die auf Freiwilligkeit beruht, entspricht der ,,Regi-
onalisierung von unten", d.h. Akteure aus der Region bilden aus eigener Initiative ,,Runde
Tische" oder ,,Regionalkonferenzen" um die überkommunalen Gemeinschaftsaufgaben (z.B.
regionale Abfallwirtschaftskonzepte, Wirtschaftsförderungs- und Marketingmaßnahmen) zu
bearbeiten.
Im Grundsatz zeigen regionale Kooperationen typische Verlaufsformen, die mit den ,,Pro-
duktlebenszyklen" - aus dem Bereich des Marketing - vergleichbar sind. Der Kooperations-
verlauf lässt sich in vier bzw. fünf Phasen aufteilen
33
:
die Startphase (beträchtliche Unsicherheit und Misstrauen bei Akteuren)
die Entwicklungsphase (die Kooperation erzielt erste Erfolge und ,,gewinnt an
Fahrt")
die Sättigungsphase (Engagement der ,,Pionierzeit" weicht Routine und geht auf
Fachkräfte über)
die Endphase (entweder dauerhafte Stabilisierung und ,,härtere" Institutionalisierung
oder Rückbauphase wegen ,,Projekt-Ende", Geldmangel oder anderen externen Rah-
menbedingungen)
34
32
Junkernheinrich/Micosatt, Expertise: Finanzwirksame Bündelungseffekte einer integrativen Siedlungsentwicklung, S. 5
33
Siehe Abb. 4
34
Vgl. Fürst, a.a.O., S. 357

26
Abb.4: Idealtypisches Phasenschema regionaler Kooperation
Quelle: eigene Darstellung (in Anlehnung an: Produktlebenszyklus bei Mönnich, Kommunalökonomie, S. 140)
2.3.3 Typen regionaler Kooperation
Regionale Kooperation ist ,,en vogue"; es gibt eine beliebig erscheinende Vielfalt an inter-
kommunalen bzw. regionalen Kooperationsformen. Zentrales Kriterium für eine Differenzie-
rung ist die Rechtsverbindlichkeit, die von informellen, weichen Kooperationen bis hin zu
formellen, harten Kooperationen reicht. Die Begriffe ,,weiche" und ,,harte" Strukturen für die
Institutionalisierung und Verstetigung von Kooperationen haben sich in den wissenschaftli-
chen Ausführungen etabliert. Dies geht auf F. Wagener zurück, der bezugnehmend auf eine
Studie aus dem Jahr 1963 in einer Veröffentlichung 1974 sieben Modelltypen der Stadt-
Umland-Verwaltung vorstellte
35
.
2.3.3.1 ,,Weiche" Formen der Kooperation
Innerhalb der weichen Formen gibt es wiederum Varianten, die sich unterscheiden. ,,Runde
Tische" bilden die einfachste Form regionaler Kooperation. Charakteristisch ist der sehr ge-
ringe Institutionalisierungsgrad und die Gleichberechtigung aller Teilnehmer.
Das Ziel ,,Runder Tische" ist der Dialog über Sachprobleme, ein Projekt oder Perspektiven
für die weitere regionale Entwicklung. Sie bewirken Lern- und Erfahrungsprozesse bei den
Beteiligten im Sinne eines Netzwerkes. Im Vordergrund steht die thematische Orientierung,
die sich z.B. in Gesprächskreisen von Amtsleitern aus dem gleichen Zuständigkeitsbereich
benachbarter Kommunen oder auch in Arbeitskreisen zur Information der kommunalen Bau-
35
Vgl. Fürst, ,,Weiche Kooperationsstrukturen" ­ eine ausreichende Antwort auf den Kooperationsbedarf in Stadtregionen? in: Informatio-
nen zur Raumentwicklung 9/10 1999, S. 609; vgl. Gawron/Jähnke, a.a.O., S. 13 ff.
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27
leitplanung manifestiert. ,,Runde Tische" sind rechtlich völlig unverbindlich und gewährleis-
ten eine große Offenheit und Flexibilität der Zusammenarbeit.
Davon abzugrenzen sind sektorale Kooperationsformen, die auch thematisch orientiert, aber
privatrechtlich ausgestaltet sind. Beispiele hierfür wäre ein Kulturbüro in der Form eines ein-
getragenen Vereins, dessen Mitglieder die Kommunen sind und die gemeinsam Kulturange-
bote entwickeln und Kulturprogramme in Kooperation erarbeiten. Zu dieser Variante zählen
auch Wirtschaftsförderungsgesellschaften
36
.
Eine stärker institutionalisierte Form der Zusammenarbeit bilden die Regionalkonferenzen.
Da die Bündelung der Eigenkräfte für die Verwirklichung regionaler Entwicklungsziele im-
mer wichtiger wird (siehe Kapitel 2.2), werden Regionalkonferenzen und regionale Entwick-
lungskonzepte (REK) u.a. als ,,Modellvorhaben der Raumordnung"
37
vom BBR initiiert, mit
dem Ziel laufende regionale Entwicklungsinitiativen zu unterstützen und die Zusammenarbeit
in der Region zu stärken. Regionalkonferenzen gehen im Gegensatz zu ,,Runden Tischen"
über die sektorale bzw. thematisch orientierte Betrachtungsweise hinaus. Sie sind integrativ
orientiert, d.h. es wird versucht, die Entwicklung der Region in Abstimmung möglichst vieler
Handlungsfelder voranzutreiben. In diesem Zusammenhang gewinnt die Regionalplanung
neue Aufgaben, die von der Moderation der Konferenzen bis hin zur Koordinierung der
raumwirksamen Projekte reicht. Der Bund hat in den vergangenen Jahren mehrere Regional-
konferenzen als Modellvorhaben der Raumordnung gefördert, weil sich gezeigt hat, dass sie
einen breiten regionalen Konsens über Entwicklungsziele und Maßnahmen herbeiführen kön-
nen. Städtenetze
38
, in denen Akteure aus Politik und Verwaltung von Städten einer Region
zusammenarbeiten, zählen auch zu dieser freiwilligen und informellen Form der regionalen
Kooperation.
Eine Verstetigung der integrativen Zusammenarbeit erfordert nicht selten rechtlich verbindli-
chere Kooperationsformen. Entsprechende Regionale Entwicklungsagenturen, Regionalbüros,
Gesellschaften und eingetragene Vereine verfügen meist über eigene Geschäftsstellen, Fi-
nanzmittel und eigene Handlungsbefugnisse. Eine bekannte Regionale Entwicklungsagentur
ist die Internationale Bauausstellung Emscherpark (IBA)
39
, in der öffentliche Institutionen und
private Investoren miteinander kooperieren, um den Strukturwandel im Ruhrgebiet zu bewäl-
tigen.
36
Vgl. Danielzyk, a.a.O., S. 580
37
Vgl. BBR, Raumentwicklung und Raumordnung in Deutschland, BBR 2001, S. 56 f.
38
Als ein Schwerpunkt werden die Städtenetze im 1995 erschienenen Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen von der Ministerkonfe-
renz für Raumordnung betont und in § 13 ROG hervorgehoben.
39
Inzwischen hat der Emscher-Landschaftspark die IBA-Nachfolge angetreten.

28
2.3.3.2 ,,Harte" Formen der Kooperation
Zu den harten Kooperationsformen in Verdichtungsräumen zählt die Gründung eines Zweck-
verbandes. Sogenannte ,,Ein-Themen-Zweckverbände" sind seit langem eine bewährte Form
der Zusammenarbeit von kommunalen Gebietskörperschaften. Zweckverbände als Organisa-
tionsform eignen sich in der Regel für eindimensionale, aufgabenspezifische Zusammenhän-
ge. Sie sind verhältnismäßig leicht einzurichten und so gibt es eine Fülle von Aufgabenberei-
chen wie dem Öffentlichen Personennahverkehr, der Ver- und Entsorgung, sowie der gemein-
samen Trägerschaft von öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Naherholungseinrichtungen
und Institutionen des Sozial- und Gesundheitswesens. Bei dieser Kooperationsform gehen
hinsichtlich des vereinbarten Aufgabenbereichs alle Rechte und Pflichten auf die neue Kör-
perschaft des öffentlichen Rechts über.
Da die sozioökonomischen Verflechtungen und die Intensität der überlagernden Aufgaben
vielfach zu einer ,,Auflösung" des traditionellen Stadt-Umland-Verhältnisses führen, bietet
sich in Stadtregionen die Kooperation in Regional- bzw. Umlandverbänden an. Regionalver-
bände haben sich oftmals aus derartigen (Zweck-)Verbänden entwickelt und vereinen weitere
Fachplanungsaufgaben unter einem Dach. In diesem Zusammenhang kann im Unterschied zu
,,Ein-Themen-Zweckverbänden" auch von ,,Mehr-Themen-Zweckverbänden" bzw. ,,Mehr-
zweckverbänden" gesprochen werden. Regionalverbände sind in vielen Verdichtungsräumen
per Gesetz als Planungsverbände konzipiert, d.h. ein Verband umfasst mehrere benachbarte
kommunale Gebietskörperschaften und ist als Planungsverband aufgrund gesetzlicher Grund-
lagen für die Regionalplanung und die damit verbundene Erstellung von Regionalplänen bzw.
Raumordnungsprogrammen einer Region zuständig.
Immer wieder wird in Verdichtungsräumen über Regionale Gebietskörperschaften als Weiter-
entwicklung der bisherigen regionalen Kooperation diskutiert. Modelle, die (noch) der for-
mellen, harten Kooperation zugeordnet werden, sind der Regionalkreis und die Regionalstadt.
Sie werden als ,,Extrempunkte"
40
auf der gleitenden Skala von informellen Netzwerken bis hin
zu formellen Organisationsformen angesehen und laut Danielzyk ,,...handelt es sich [...] we-
niger um eine Form der interkommunalen Kooperation im engeren Sinne, sondern um eine
Form der kommunalen Gebietskörperschaft auf regionaler Ebene..."
41
.
40
Fürst, a.a.O., S. 609
41
Danielzyk, a.a.O., S. 582

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832498610
ISBN (Paperback)
9783838698618
DOI
10.3239/9783832498610
Dateigröße
5.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Bremen – Nautik und Internationale Wirtschaft, Europäischer Studiengang Wirtschaft und Verwaltung
Erscheinungsdatum
2006 (September)
Note
1,0
Schlagworte
regionalkreis stadtregion kernstadt regionalisierung gemeinde
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