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Jugendarbeit und Ganztagsschule

Grundlagen und Wege zu einer Kooperation

©2006 Diplomarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Jugendarbeit und Ganztagsschule - Grundlagen und Wege zu einer Kooperation.“ Als im Jahr 2001 die Ergebnisse der ersten PISA- Vergleichsstudie veröffentlicht wurden, begann in Deutschland eine so noch nicht da gewesene Bildungsdiskussionen über die flächendeckende Einführung der Ganztagsschule. Nach den schockierenden Resultaten der deutschen Schüler im Ländervergleich wurde die Ganztagsschule innerhalb kürzester Zeit zu einem Allheilmittel für die Bildungsprobleme in Deutschland.
Ich erinnere mich gut, dass kurz nach der Veröffentlichung der PISA Ergebnisse eine Podiumsdiskussion mit den politischen Vertretern aller großen Parteien veranstaltet wurde, in der über die Vorteile und Nachteile beim Ausbau der Ganztagsschulen diskutiert wurde. Dies war die einzige Diskussion dieser Art, die ich erlebte, in der sich alle anwesenden Politiker in der Kernaussage einig waren. Diese lautete: „Die Ganztagsschulen müssen ausgebaut werden, um Deutschland im Ländervergleich unter die ersten Plätze zu bringen und zudem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.“
Für die anwesenden Vertreter der Kinder- und Jugendarbeit wurde die stringente Forderung nach dem deutschlandweiten Ausbau der Ganztagsschulen jedoch als eine Art „Kampfansage“ aufgenommen, da die Ganztagsschulen für diese eine enorme Konkurrenz bedeuteten. Sie verbanden diese Schulart mit einer Verringerung der Erziehungsmöglichkeiten der Eltern, einer absoluten Verschulung der kindlichen Freizeit und einem Ablösen der Familie als zentrale Erziehungsinstanz. Zudem stellte sich für die Vertreter der Jugendarbeit die Frage, wann sie ihre Freizeitprogramme noch durchführen sollten, wenn Kinder und Jugendliche ihre Tage bis vier Uhr nachmittags in der Schule verbrächten erst gegen halb fünf wieder zu Hause seien und dann gegebenenfalls noch Lernen müssten.
Für die Jugendarbeit würde dies bedeuten, dass die Kernzeiten der Arbeit, die Nachmittagsstunden, nicht mehr zur Verfügung stünden und es somit zu einer Art Konkurrenzkampf zwischen den Bereichen Jugendarbeit und Ganztagsschule käme.
Die „[…] flächendeckende Versorgung mit Ganztagsschulen […] wird zu einer verstärkten Konkurrenz zwischen schulischen und sozialpädagogischen Angeboten für Schulkinder am Nachmittag führen.“. Mit dieser Aussage griff das Bundesjugendkuratorium im Dezember 2001 die Befürchtungen der Verantwortlichen in der Jugendarbeit und anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Doris Middeke
Jugendarbeit und Ganztagsschule
Grundlagen und Wege zu einer Kooperation
ISBN-10: 3-8324-9857-5
ISBN-13: 978-3-8324-9857-3
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Fachhochschule Osnabrück, Osnabrück, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Autorinnenprofil
Persönliche
Name:
Doris Middeke
Email:
doris.middeke@osnanet.de
Familienstand:
ledig
Geburtsdatum:
04.02.1980
Geburtsort:
Osnabrück
Konfession:
römisch-katholisch
Angestrebte Tätigkeit
Erwachsenenbildung, Jugendbildung
Stationäre/ teilstationäre Jugendhilfe
Persönliche
Eigenschaften:
teamfähig, flexibel, konfliktfähig, selbstbewusst, belastbar
Studium
2003-2006
Studium ,,Soziale Arbeit"
Fachhochschule Osnabrück, ehemals Katholische
Fachhochschule Norddeutschland
09- 2006
Diplomprüfung Abschluss
Diplom Sozialpädagogin/ Diplom Sozialarbeiterin
10/2006-
Berufsanerkennungsjahr
09/2007
Jugendhof
Obermeyer,
stationäre
Jugendhilfeeinrichtung
Hagen a.T.W.
Berufliche Entwicklung
1999-2000 Freiwilliges Soziales Jahr
Caritas Seniorenzentrum Haus Simeon, Sögel
Katholische Kirchengemeinde St. Johannis, Alfhausen
2000-2003
Ausbildung zur Speditionskauffrau
Hellmann Worldwide Logistics, Osnabrück
01-09/2003
Speditionskauffrau im Import/ Export EU
Hellmann Worldwide Logistics, Osnabrück
Tätigkeiten neben/
08-09/2004
achtwöchiges Blockpraktikum im Rahmen des
Grundstudiums
in
der
Kinder-
und
Jugendbildungsstätte
Dionysiushaus
Holsten-Mündrup
02-03/2006
achtwöchiges Blockpraktikum im Rahmen des
Hauptsstudiums im Gerhard-Uhlhorn Haus, Osnabrück
ab 05/2005
nebenamtliche Tätigkeit als Pädagogische Mitarbeiterin der
Hausleitung in der Kinder- und Jugendbildungsstätte
Dionysiushaus Holsten-Mündrup
ab 01/2000
ehrenamtliche Schulungsteamerin für die Aus-, Weiter-
und Fortbildungen von Gruppenleiter/innen im Rahmen
der katholischen Jugendarbeit des Dekanats Osnabrück
ab 01/2003
ehrenamtliche Schulungsteamerin in der Kinder- und
Jugendbildungsstätte Dionysiushaus Holsten-Mündrup für
Klassengemeinschaftstage, Tage der religiösen oder
beruflichen Orientierung etc.
Hobbys:
Schwimmen, Lesen, Gitarre spielen, mit Freunde etwas unternehmen, Kino
Informationen
im Rahmen des
Studiums

1. Einleitung
2. Politische Entwicklungen zum Thema Ganztagsschule
2.1 Der ,,PISA-Schock"
2.2 Das Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung"
2.3 Die Umsetzung des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und
Betreuung" in Niedersachsen
3. Die Ganztagsschule
3.1 Rechtliche Grundlagen der Ganztagsschule
3.2 Formen von Ganztagsschulen
3.2 Aufgaben und Ziele von Ganztagsschulen
4. Jugendarbeit
4.1 Rechtliche Grundlagen der Jugendarbeit
4.2 Aufgaben und Prinzipien der Jugendarbeit
4.3 Organisationsformen und Felder der Jugendarbeit
5. Jugendarbeit und Ganztagsschule - ein struktureller Vergleich
5.1 Bildung
5.2 Strukturelle Vergleiche
6. Kooperation konkret
6.1 Was ist Kooperation?
6.2 Warum Kooperation?
6.2.1 Motivlagen aus Sicht der Jugendarbeit
6.2.2 Motivlagen aus Sicht der Schule
6.3 Kooperationsprobleme
7. Wege zu einer gelingenden Kooperation
7.1 Voraussetzungen für eine gelingende Kooperation
7.2 Planung einer Kooperation
7.3 Arbeitsfelder einer Kooperation
8. Fazit
Literaturverzeichnis
2
6
7
9
12
14
15
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25
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80

2
1. Einleitung
,,Jugendarbeit und Ganztagsschule - Grundlagen und Wege zu einer
Kooperation." Der Titel dieser Arbeit ergibt sich aus einer Art persönlichen
Reflexion, meiner ehrenamtlichen Arbeit im Bereich der Jugendarbeit. Als im
Jahr 2001 die Ergebnisse der ersten PISA- Vergleichsstudie veröffentlicht
wurden, war meine Schulzeit bereits seit zwei Jahren beendet und ich war im
Hinblick auf die an PISA anschließenden Bildungsdiskussionen ziemlich froh
darüber. Für mich wäre es niemals in Frage gekommen eine Ganztagsschule
zu besuchen, da meine Freizeit durch Aktivitäten im Sportverein und in der
Jugendarbeit vollkommen ausgefüllt war und ich dies auch nicht hätte ändern
wollen. Freizeit definierte sich für mich immer als ,,freie Zeit ohne Schule" und
nicht ,,freie Zeit in der Schule". Durch meine jahrelange ehrenamtliche
Tätigkeit in einem Jugendverband habe ich die auf die PISA-Studie folgende
Diskussion rund um Ganztagsschulen und Kooperationen jedoch trotzdem
nah und aktiv verfolgen können. Ich erinnere mich gut, dass kurz nach der
Veröffentlichung der PISA Ergebnisse eine Podiumsdiskussion mit den
politischen Vertretern aller großen Parteien veranstaltet wurde, in der über
die Vorteile und Nachteile beim Ausbau der Ganztagsschulen diskutiert
wurde. Dies war die einzige Diskussion dieser Art, die ich erlebte, in der sich
alle anwesenden Politiker in der Kernaussage einig waren. Diese lautete:
,,Die Ganztagsschulen müssen ausgebaut werden, um Deutschland im
Ländervergleich unter die ersten Plätze zu bringen und zudem eine bessere
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen." Für uns, als Vertreter
der Jugendverbände wurde die stringente Forderung nach dem
deutschlandweiten Ausbau der Ganztagsschulen als eine Art ,,Kampfansage"
aufgenommen, da die Ganztagsschulen für uns eine enorme Konkurrenz
bedeuteten. Wir verbanden diese Schulart mit einer Verringerung der
Erziehungsmöglichkeiten der Eltern, einer absoluten Verschulung der
kindlichen Freizeit und einem Ablösen der Familie als zentrale
Erziehungsinstanz. Zudem stellte sich für uns als Jugendverband die Frage,
wann wir unsere Freizeitprogramme noch durchführen sollten, wenn Kinder

3
und Jugendliche ihre Tage bis vier Uhr nachmittags in der Schule
verbrächten erst gegen halb fünf wieder zu Hause seien und dann
gegebenenfalls noch Lernen müssten. Für die Jugendarbeit würde dies
bedeuten, dass die Kernzeiten der Arbeit, die Nachmittagsstunden, nicht
mehr zur Verfügung stünden und es somit zu einer Art Konkurrenzkampf
zwischen den Bereichen Jugendarbeit und Ganztagsschule käme.
Die ,,[...] flächendeckende Versorgung mit Ganztagsschulen [...] wird zu
einer verstärkten Konkurrenz zwischen schulischen und
sozialpädagogischen Angeboten für Schulkinder am Nachmittag führen.".
1
Mit dieser Aussage griff das Bundesjugendkuratorium im Dezember 2001 die
Befürchtungen der Verantwortlichen in der Jugendarbeit und anderen
Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe auf und forderte gleichzeitig, die
jeweiligen institutionellen Begrenzungen kritisch zu beleuchten und
gegebenenfalls zu überwinden, um angemessen mit der neuen
Herausforderung der ganztägigen Bildungsangebote umgehen zu können.
Die Notwendigkeit dieser Forderung wurde nach der anfänglichen Skepsis
bezüglich der Ganztagsschulen auch in den Bereichen der Jugendarbeit und
der Jugendverbandsarbeit erkannt und es wurden Arbeitskreise und
Konzeptgruppen eingerichtet, in denen mögliche Kooperationsmodelle
entwickelt wurden. Im Nachhinein könnte diese Entwicklung wahrscheinlich
als Resignation von Seiten der Verantwortlichen der Jugendarbeit eingestuft
werden. Ein Vertreter des Bundes der Katholischen Jugend in der Diözese
Osnabrück sagte hierzu zu Beginn einer Arbeitskreissitzung, an der ich
teilnahm, dass die Entwicklung im Bereich der Ganztagsschulen nicht
aufzuhalten sei. Unabhängig von der persönlichen Meinung bezüglich der
Einrichtung von Ganztagsschulen sei es wichtig, sich der Situation zu stellen
und das Beste daraus zu machen. Die Jugendverbände müssten sich mit der
Einführung der Ganztagsschulen abfinden und nach Lösungsmöglichkeiten
1
Bundesjugendkuratorium (Hrsg.):Streitschrift.
Zukunftsfähigkeit sichern! ­ Für ein
neues Verhältnis von Bildung und Jugendhilfe
, Bonn/ Berlin 2001.

4
suchen, wie verbandliche Arbeit und ganztägige Schule miteinander
vereinbart werden könnten.
Doch auch die Verantwortlichen der Ganztagsschulen taten sich zu Beginn
der Entwicklung schwer, einer Kooperation zwischen Jugendarbeit und
Ganztagsschulen etwas Positives abzugewinnen. Schulen sind kompakte
und in sich geschlossene Systeme, denen es bekanntermaßen schwer fällt,
Einflüssen von außen zuzulassen. Zudem galt der Kooperationspartner
Jugendarbeit und insbesondere die Jugendverbandsarbeit auf Grund der
Vielzahl von ehrenamtlichen Kräften als nicht gerade als kompetent und
leistungsstark. Glücklicherweise haben sich die Einstellungen beider Seiten
in den letzten Jahren verändert und Kooperationen werden mittlerweile in
den meisten Fällen als gewinnbringend und chancenreich für alle Beteiligten
gesehen. Nichts desto trotz gestaltet sich der Weg zu einer Kooperation
zwischen den Systemen oftmals als schwierig und konfliktanfällig und ist
vielfach geprägt durch persönliche -teils negative- Erfahrungen und
Vorurteile. Die Kernfrage dieser Arbeit lautet daher:
,,Wie ist es dennoch möglich, eine gelingende und notwendige Kooperation
zwischen den Bereichen Jugendarbeit und Ganztagsschule zu entwickeln,
welche Grundlagen sind hierfür von Belang und welche Punkte müssen
bedacht werden?"
Ich beginne mit einem Kapitel zu den politischen Entwicklungen bezüglich
der flächendeckenden Einrichtung von Ganztagsschulen in Deutschland. In
diesem Kapitel wird kurz erläutert wodurch diese Entwicklung ausgelöst
wurde, wie die Bundesregierung den Ausbau der Ganztagsschulen
unterstützt und wie insbesondere im Land Niedersachsen mit dem
Investitionsprogramm des Bundes umgegangen wird. Im dritten Punkt werde
ich dann die wichtigsten Fakten und Grundlagen über Ganztagsschulen
zusammentragen. Hierzu gehören die rechtlichen Grundlagen, die speziellen
Formen und die Aufgaben und Ziele von Ganztagsschulen. Der vierte
Teilbereich der Arbeit ist kongruent zu dem vorgegangenen Abschnitt
aufgebaut bezieht sich jedoch auf die Fakten und Grundlagen der
Jugendarbeit. In den ersten Kapiteln dieser Arbeit wird somit eine Grundlage

5
geschaffen, die dem Leser als Basis für die weiteren Darlegungen
hinsichtlich einer Kooperation zwischen Jugendarbeit und Ganztagsschule
dienen soll. Als eine Art Übergang zwischen diesen Grundlagenpunkten und
den weiter folgenden ist der fünfte Abschnitt gedacht. Dieser befasst sich mit
einem strukturellen Vergleich der Bereiche Jugendarbeit und
Ganztagsschule. Dieser Vergleich scheint mir aus dem Grund wichtig zu
sein, als dass er kurz und knapp deutlich macht, wie unterschiedlich die
Jugendarbeit und die Ganztagsschule in ihren Arbeitsweisen, ihren
strukturellen Vorraussetzungen und der inhaltlichen Besetzung grundsätzlich
gleicher Begrifflichkeiten sind. In diesem Punkt lege ich zu Beginn Wert auf
die jeweils spezifische Auslegung des Bildungsbegriffs, um dann im
folgenden Jugendarbeit und Ganztagsschule auch in weiteren Grundlagen
wie Organisation, Recht, Finanzen und Personal zu vergleichen. Zum
Abschluss dieses Kapitels findet sich dann ein kurzes Zwischenfazit, welches
die wesentlichsten Erkenntnisse des letzten Abschnitts zusammenfasst.
Bevor es dann im letzten Teilbereich der Arbeit um den konkreten Weg zu
einer Kooperation geht, werden im sechsten Arbeitsschritt grundlegende
Elemente
im Hinblick auf eine gelingende Kooperation behandelt. Hierzu gilt
es zwei wesentliche Fragen zu beantworten: ,,Was ist Kooperation?" und
,,Warum Kooperation?". Bei der Beantwortung der letzteren werde ich zudem
unterscheiden nach Motivlagen der Jugendarbeit und der Ganztagsschulen,
um herauszustellen, welche Vorteile eine Kooperation mit sich bringt. Dieses
Kapitel zu den grundlegenden Fakten bezüglich einer Kooperation zwischen
Jugendarbeit und Ganztagsschule endet mit der Benennung verschiedener
Kooperationsprobleme, die im Rahmen einer Zusammenarbeit auftreten
könnten.
Wie bereits genannt werde ich im abschließenden Abschnitt den Weg zu
einer gelingenden Kooperation aufzeigen. Hierzu benenne ich zu Anfang
Vorrausetzungen, die den Verlauf einer Kooperation positiv beeinflussen und
als Grundlagen für den Weg zu einer gelingenden Kooperation gesehen
werden können. Im nachfolgenden Punkt zeige ich an Hand einer Tabelle
von Manuel Fuchs auf, wie eine gelingende Kooperation vorbereitet,

6
entwickelt, durchgeführt und ausgewertet werden könnte. Dieser Leitfaden
gibt den genauen Planungsablauf einer Kooperation wieder und bearbeitet
Schritt für Schritt alle aufkommenden Fragen bevor zum Abschluss dieses
Teilbereichs spezifische Arbeitsfelder im Bereich der Ganztagsschule
angegeben werden, in denen eine Kooperation mit der Jugendarbeit
besonders sinnvoll und gewinnbringend erscheint.
2. Politische Entwicklungen zum Thema Ganztagsschule
In Deutschland gab es bereits im 19. Jahrhundert ein Ganztagsschulsystem,
welches als ,,traditionelles Ganztagsschulsystem" bezeichnet werden kann.
2
Dieses Ganztagsschulsystem orientierte sich schwerpunktmäßig an den
Arbeitszeiten der Handwerker. Die klassische Halbtagsschule, wie es sie
heute gibt, wurde erst Anfang des 19. Jahrhunderts eingeführt. Zu dieser Zeit
war die Kinderarbeit in Landwirtschaft und Industrie weit verbreitet und auf
Grund der Vielzahl von Schülern musste ein Schichtunterricht eingeführt
werden. Um diesen zu ermöglichen, wurde aus der traditionellen
Ganztagsschule die Halbtagsschule, die bis heute in Deutschland bestand
hat. Die bildungspolitischen Entwicklungen der letzten fünf Jahre, die
ursächlich auf das ungenügende Abschneiden der deutschen Schüler im
Ländervergleich der PISA-Studie zurückgehen, haben eine neue Debatte um
das Thema Ganztagsschulen ausgelöst. Im folgenden Kapitel sollen die
politischen Entwicklungen bezüglich der (Wieder-)Einführung der
Ganztagsschule kurz thematisiert werden. Hierzu ist es notwendig in einem
ersten Schritt die PISA-Studie
3
aufzugreifen, um dann auf das
Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung" als Reaktion der
2
Und im Folgenden vgl. Harald Ludwig:
Die Entwicklung der modernen Ganztagsschule
in:
Volker Ladenthin, Jürgen Rekus (Hrsg.): Die Ganztagsschule, Weinheim/München 2005, S.
261ff..
3
Programme for International Student Assessement (Programm für die zyklische Erfassung
basaler Kompetenzen).

7
Bundesregierung auf die PISA Ergebnisse zu kommen und die Umsetzung
im Land Niedersachsen.
2.1 Der ,,PISA-Schock"
Im Jahr 2001 veröffentlichte das Deutsche PISA Konsortium die Ergebnisse
der Ersten von insgesamt drei geplanten Untersuchungen über die
Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern kurz die PISA-Studie.
4
"Ziel der PISA-Studie war und ist es, die Leistungsfähigkeit der formellen
Bildungssysteme international zu vergleichen und zu analysieren."
5
Zu dieser
Studie gehören drei Teilerhebungen, die im Abstand von drei Jahren
durchgeführt und veröffentlicht werden und die Grundkompetenzen der
Schülerinnen und Schüler in verschiedenen schulischen Bereichen testen
sollen. Die erste Teilstudie befasste sich im Jahr 2000 mit der
Lesekompetenz, die zweite Studie, die im September 2004 von der
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
6
veröffentlicht wurde, beschäftigte sich im Kern mit der mathematischen
Grundbildung. Der dritte Teil der Studie, welcher voraussichtlich im Herbst
2006 veröffentlicht wird, befasst sich mit der naturwissenschaftlichen
Grundbildung der Schülerinnen und Schüler.
7
Insgesamt wurden in
Deutschland 5000 Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 Jahren getestet.
Die Ergebnisse der ersten PISA-Studie lösten in Deutschland eine vorher so
noch nicht da gewesene Bildungsdiskussion, den so genannten ,,PISA-
Schock" aus. Die deutschen Schülerinnen und Schüler lagen im Vergleich zu
den anderen Ländern nur auf Platz 23, wobei insbesondere der
Zusammenhang zwischen Bildung und sozialer Herkunft als
4
Deutsches Pisa Konsortium (Hrsg.):
PISA 2000, Basiskompetenzen von Schülerinnen und
Schülern im Internationalen Vergleich
, Opladen 2001.
5
Manuel Fuchs: Jugendarbeit und Schule in Kooperation, Konstanz 2005, S. 5.
6
Im Folgenden OECD (in Deutschland vertreten durch das Bundesministerium für Bildung
und Forschung).
7
Vgl. Manuel Fuchs 2005, S.5.

8
besorgniserregend benannt wurde
8
. Hierzu äußerte sich das Deutsche PISA-
Konsortium wie folgt:
,,Während in Deutschland die Kopplung von sozialer Lage der
Herkunftsfamilie und dem Kompetenzerwerb der nachwachsenden
Generation ungewöhnlich straff ist, gelingt es in anderen Staaten
ganz unterschiedlicher geographischer Lage und kultureller
Tradition, trotz ähnlicher Sozialstruktur der Bevölkerung, die
Auswirkungen der sozialen Herkunft zu begrenzen. Dies ist in der
Regel auf eine erfolgreiche Förderung von Kindern und
Jugendlichen aus sozial schwächeren Schichten zurückzuführen."
9
Dass die Verantwortung dieser Förderung jedoch nicht allein die Schule
tragen kann, ist in Deutschland schnell erkannt worden. So ziehen das
Bundesjugendkuratorium, die Sachverständigenkommission des Elften
Kinder- und Jugendberichts und die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe in
ihrer gemeinsamen Erklärung ,,Bildung ist mehr als Schule - Leipziger
Thesen zur aktuellen politischen Debatte"
10
nachstehende Schlussfolgerung:
,,Nur wenn auch die Familie, die verschiedenen Bereiche der
Kinder- und Jugendhilfe sowie die berufliche Ausbildung als Orte
der Bildung gezielt gefördert werden, verbessern sich die Bildungs-
und Teilhabechancen aller jungen Menschen."
11
Die Vermittlung von Bildung wird heute nicht mehr als alleinige Aufgabe der
Schulen gesehen und als Reaktion auf die Ergebnisse der PISA-Studie
mehrten sich die Forderungen nach der Entwicklung eines neuen
8
Vgl. Karl Späth:
Zum Verhältnis von Erziehungshilfen - Schule - Bildung
in: Evangelischer
Erziehungsverband e.V. (Hrsg.): Schule und Jugendhilfe, Hannover 2004, S. 26.
9
Deutsches Pisa Konsortium 2001, S. 393.
10
Bundesjugendkuratorium u.a. (Hrsg.):
Bildung ist mehr als Schule. Leipziger Thesen zur
aktuellen bildungspolitischen Debatte
, Bonn/Berlin/Leipzig 2002.
11
Ebd..

9
Bildungsverständnisses, nach dem Ausbau der Ganztagsangebote und der
Kooperation zwischen der Institution Schule und den Institutionen der Kinder-
und Jugendhilfe.
12
Der Titel der Leipziger Thesen ,,Bildung ist mehr als
Schule"
13
wurde zu einem politischen und pädagogischen Grundgedanken
und zu einer existentiellen Forderung nach einem strukturellen Wandel des
deutschen Bildungssystems.
14
Dieser Forderung hat die Bundesregierung
mit der Vorlage des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und Betreuung"
Rechnung getragen, welches im Folgenden kurz als Grundlage für den
Ausbau der Ganztagsschulen vorgestellt wird.
2.2 Das Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung"
Mit dem Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB)
15
legte die Bundesregierung im Jahr 2002 den Grundstein für den Ausbau von
Ganztagsschulen in Deutschland. Die genauen Modalitäten des Programms
wurden in einer Verwaltungsvereinbarung festgelegt, die am 1. Januar 2003
in Kraft trat. Das IZBB wurde vielfach als Antwort auf die mäßigen
Ergebnisse der deutschen Schüler in der PISA-Studie gesehen und ist eines
der größten Investitionsprogramme der deutschen Bildungsgeschichte.
16
Im
Rahmen des Programms werden von der Bundesregierung in den Jahren
2003 bis 2007 insgesamt 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die für den
Ausbau von Ganztagsschulen bestimmt sind. Durch das IZBB könnten bis
2007 insgesamt 10.000 zusätzliche Ganztagsschulen entstehen führte
Altbundeskanzler Gerhard Schröder in einer Regierungserklärung zum
12
Vgl. Bundesjugendkuratorium 2001; Vgl. Bundesministerium für Familien, Senioren,
Frauen und Jugend (Hrsg.):
11. Kinder- und Jugendbericht
, Berlin 2002; Vgl.
Bundesjugendkuratorium 2002; Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände (Hrsg.):
Positionspapier ,,Für mehr Ganztagsschulen
, Berlin 2000.
13
Bundesjugendkuratorium 2002.
14
Vgl. Manuel Fuchs 2005, S. 7.
15
Im Folgenden IZBB.
16
Vgl. http://www.ganztagsschulen.org/131.php.

10
Thema Bildung und Innovation am 13.06.2002 an.
17
Weiterhin heißt es hier,
dass sich in Ganztagsschulen Bildung und Erziehung leichter miteinander
verbinden ließen und eine Ausweitung der Ganztagsbetreuung ohnedies aus
familienpolitischen Gründen eine absolute Notwendigkeit sei.
18
Durch das
IZBB ,,[...] soll die Schaffung einer modernen Infrastruktur im
Ganztagsschulbereich unterstützt"
19
werden, um so ein bedarfsorientiertes
Angebot in allen Regionen zu erreichen.
20
Das Ziel des Programms liege im
Aufbau zusätzlicher Ganztagsschulen und in der qualitativen
Weiterentwicklung bestehender Ganztagsschulen. Die
Sachverständigenkommission des 12. Kinder- und Jugendberichts
bezeichnet das IZBB als einen ,,[...] wichtigen Impuls für den Ausbau von
Ganztagsschulen"
21
.
Die Zahlung der Finanzhilfen, die im Rahmen des IZBB an die Länder
bewilligt werden, basieren auf Artikel 104a Absatz 4 Grundgesetz in dem es
heißt:
,,[...](4) Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für besonders
bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden
(Gemeindeverbände) gewähren, die zur Abwehr einer Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich
unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur
Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind. Das
Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen,
wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
17
Vgl. http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/regierungserklaerung/64/84264/multi.html.
18
Vgl. http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/regierungserklaerung/64/84264/multi.html.
19
Bundesministerium für Bildung und Forschung(BMBF):
Verwaltungsvereinbarung zum
Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung" 2003 ­ 2007
, o.O. 2003, Präambel.
20
Und im Folgenden vgl. BMBF 2003, Präambel.
21
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.):
12.
Kinder- und Jugendbericht
, Berlin 2005, S.306.

11
bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch
Verwaltungsvereinbarung geregelt."
22
Im Sinne des Grundgesetzes handelt es sich somit beim Ausbau des
Ganztagsschulbereichs um eine besonders bedeutsame Investition, die unter
anderem zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich ist.
23
Die Ausdehnung der Ganztagsschulen in Deutschland soll jedoch nicht nur
zu einer Verbesserung der Schülerleistungen in verschiedenen Erhebungen
führen.
24
Durch die Förderung aller Potentiale in der Schule werde ein
entscheidender Beitrag zu einer guten Qualifizierung für die zukünftige
Erwerbsarbeit geleistet.
25
Die Einrichtung neuer Ganztagsangebote soll
durch die Ausschöpfung des vorhandenen Potentials für eine Deckung des
Bedarfs an qualifizierten Erwerbspersonen sorgen und neue, zukunftssichere
Arbeitsplätze entstehen lassen.
26
Dies bezeichnet Konrad Fees in seinem
Beitrag zu den Daten und Konzepten von öffentlichen Ganztagsschulen als
volkswirtschaftlich investives Qualitätsargument.
27
Die Höhe der Finanzhilfe, die der Bund im Rahmen des
Investitionsprogramms gewährt, ist vertraglich mit jedem Bundesland
geregelt und bemisst sich nach den Schülerzahlen der Grundschulen und der
Sekundarstufen I des jeweiligen Bundeslandes und an der Gesamtzahl der
Schüler im Bundesgebiet im Schuljahr 2000/2001.
28
Gemäß dieser
Berechnung bekommt das Land Niedersachsen von der Bundesregierung
insgesamt 394.617.429 Euro für den Ausbau der Ganztagsschulen im
Zeitraum 2003 bis 2007.
29
Dieses Geld ist primär als Subvention für bauliche
Maßnahme wie den Aus-, Auf- und Umbau von Ganztagsschulen und die
22
Beck-Texte:
Grundgesetz
, 38. neubearbeitete Auflage Stand: Oktober 2002,
S. 49.
23
Vgl. Beck-Texte:
Grundgesetz
, 38. neubearbeitete Auflage Stand: Oktober 2002,
S. 49.
24
Vgl. Konrad Fees:
Die öffentliche Ganztagsschule in Deutschland: Daten und Konzepte
in:
Volker Ladenthin, Jürgen Rekus (Hrsg.): Die Ganztagsschule, Weinheim/München 2005, S.
126.
25
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2003, Präambel.
26
Vgl. ebd.
27
Vgl. Konrad Fees 2005, S. 126.
28
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2003, Präambel.
29
Vgl. ebd.

12
Renovierung bestehender Ganztagsschulen bestimmt. Gelder für zusätzliche
Personalkosten außerhalb dieser Sachinvestitionen sind nicht vorgesehen.
30
Es werden allerdings auch Fördergelder im Rahmen von Kooperationen der
Schulen mit Horten oder mit Trägern der Jugendhilfe gezahlt.
31
Die Mittel
aus dem IZBB sind als Zusatzfinanzierungen abzurufen, das heißt, die
Länder müssen den erhaltenen Betrag mit mindestens 10% Eigenmitteln
ergänzen.
32
Zudem ist festgelegt, dass ein pädagogisches Konzept der zu
fördernden Ganztagsschule vorliegen muss.
33
Was unter dem Begriff
Ganztagsschule zu verstehen ist, ist in den jeweiligen Erlassen der Länder
geregelt.
34
Die Umsetzung des IZBB wird in den Bundesländern unterschiedlich
gehandhabt. Daher habe ich mich entschlossen im Folgenden exemplarisch
die Umsetzung im Land Niedersachsen darzustellen.
2.3 Die Umsetzung des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und
Betreuung" in Niedersachsen
Da die Ausgestaltung der Bildungspolitik den Ländern vorbehalten ist, galt es
die im Jahr 2003 auf Bundesebene vorgegebenen Rahmenbedingungen auf
Länderebene umzusetzen. Das IZBB des Bundes wird in Niedersachsen
durch die ,,Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des
Investitionsprogramms ,Zukunft Bildung und Betreuung' 2003-2007"
35
aufgegriffen. Diese Richtlinie wurde von der niedersächsischen
Ministerkonferenz im November 2003 verabschiedet und trat rückwirkend
zum 01.01.2003 in Kraft. Gefördert werden hiernach:
30
Vgl. ebd.
31
Vgl. Konrad Fees 2005, S. 126.
32
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2003.
33
Vgl. ebd..
34
Vgl. hierzu Kapitel 3
35
Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.):
Richtlinie über die Gewährung von
Zuwendungen im Rahmen des Investitionsprogramms ,,Zukunft Bildung und Betreuung"
2003-2007, o.O. 2003 .

13
,,[...] genehmigte Ganztagsschulen gemäß §23 Abs. 1
Niedersächsisches Schulgesetz
36
sowie genehmigte
Ganztagsschulzüge gemäß §23 Abs. 2 NSchG, die über ein
pädagogisches Konzept verfügen"
37
.
Zudem werden Schulen mit ganztägigen Angeboten gefördert, sofern diese
die ,,beschlossenen Kriterien"
38
der Kultusministerkonferenz erfüllen. Schulen
einschließlich angegliederter Horte sowie Kooperationsmodelle zwischen
Schulen und Trägern der Jugendhilfe sind ebenfalls zu fördern.
39
Die
genauen Bestimmungen zur Arbeit in der öffentlichen Ganztagsschule finden
sich im gleichnamigen Runderlass der Ministerkonferenz vom 16.03.2004.
40
Dieser Erlass verweist ebenfalls auf das NSchG und ,,[...] räumt die
Möglichkeit ein, dass allgemein bildende Schulen als Ganztagsschulen
geführt werden können."
41
, wobei Hauptschulen ,,bei der Einrichtung
zusätzlicher Ganztagsangebote"
42
besonders berücksichtigt werden. Ein
spezielles Augenmerk wird zudem auf die Kooperation mit außerschulischen
36
Im Folgenden NSchG.
37
Niedersächsisches Kultusministerium 2003, Nr. 2.2.1.
§ 23 Abs. 1 NSchG lautet: ,,Allgemein bildende Schulen mit Ausnahme der
Abendgymnasien können als Ganztagsschulen geführt werden. Eine Ganztagsschule
ergänzt den Unterricht an mindestens vier Tagen der Woche um eine Förder- und
Freizeitangebot. Die Teilnahme an dem zusätzlichen Förder- und Freizeitangebot ist in der
Regel freiwillig. Unterricht und zusätzliches Förder- und Freizeitangebot sollen acht
Zeitstunden an einem Tag nicht überschreiten. Sonderschulen, an denen wegen des
sonderpädagogischen Förderbedarfs ihrer Schülerinnen und Schüler ein ganztägiger
Unterricht erteilt wird, sind keine Ganztagsschulen im Sinne dieser Vorschrift."
§23 Abs. 2 NSchG lautet: ,,An Halbtagsschulen können auch Ganztagsschulzüge geführt
werden. Für diese gilt Absatz 1 Sätze 1 bis 4 entsprechend."
38
Zu diesen Kriterien gehören:
- die Bereitstellung eines ganztägiges Angebots an mindestens drei Tagen in der Woche,
welches mindestens sieben Zeitstunden umfasst
- an allen Tagen mit Ganztagsangeboten ist ein Mittagessen bereitzustellen
- die Durchführung der Angebote unter Aufsicht und Verantwortung der Schulleiter bzw. in
enger Kooperation mit der Schulleitung ( vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2003)
39
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2003.
40
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.):
Die Arbeit in der öffentlichen
Ganztagsschule
, o.O. 2004.
41
Hanna Kiper:
Die Ganztagsschule in der bildungspolitischen Diskussion
in: Anke Spies/
Gerd Stecklina (Hrsg.): Die Ganztagsschule, Bad Heilbrunn 2005, Bd.1 S.188.
42
Niedersächsisches Kultusministerium 2004, Nr.1.1.

14
Partnern gelegt.
43
Dieses findet sich unter anderem in der Konkretisierung
des Begriffs pädagogisches Konzept wieder.
44
Hier heißt es:
,,Jede Ganztagsschule arbeitet auf der Grundlage eines
pädagogischen Konzepts, in dem:
- insbesondere die Aufgaben und Ziele [...] im Hinblick auf die
örtlichen Gegebenheiten einschließlich der Möglichkeiten einer
Zusammenarbeit mit außerschulischen Anbietern und Trägern
konkretisiert werden[...]"
45
Im Runderlass des niedersächsischen Kultusministeriums werden hierzu
zwei Modelle von Ganztagsschulen genannt. Die offene und die teilweise
offene Ganztagsschule.
46
Die Definition dieser Modelle basiert im
Wesentlichen auf der Auslegung der Kultusministerkonferenz. Hiernach ,,[...]
beinhaltet der Terminus Ganztagsschule die beiden Aufgaben der
ganztägigen Beschulung als auch den der Betreuung."
47
. Auf den
allgemeinen Begriff der Ganztagsschule und die spezifischen Modelle wird
im nächsten Kapitel näher eingegangen.
3. Die Ganztagsschule
Bei dem Begriff Ganztagsschule liegt schnell die Vermutung nahe, dass es
sich hier um eine ganztägige Schule handelt, was auch zugegebenermaßen
nicht ganz unkorrekt ist. Da jedoch fast jeder Mensch den Begriff der Schule
mit Lernen, Unterricht und Klassenarbeiten füllt, würde diese Vermutung im
Fall der Ganztagsschule bedeuten, dass hier den ganzen Tag Unterricht
stattfindet. Auch das ist, wohlgemerkt nur in Teilen, richtig. Was genau aber
43
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2004, Nr.1.2.
44
Vgl. ebd. Nr.1.4.
45
Niedersächsisches Kultusministerium 2004, Nr.1.4.
46
Vgl. Kapitel 3.2
47
Konrad Fees 2005, S. 127.

15
eine Ganztagsschule ausmacht, welche unterschiedlichen Formen es gibt
und welche Aufgaben eine Ganztagsschule hat, darum wird es im folgenden
Kapitel gehen.
3.1 Rechtliche Grundlagen der Ganztagsschule
In Niedersachsen basiert die Führung einer Schule als Ganztagsschule auf
dem Niedersächsischen Schulgesetz. Der §23 NSchG behandelt die
besondere Organisation allgemein bildender Schulen und lautet wie folgt:
,,(1) Allgemein bildende Schulen mit Ausnahme der
Abendgymnasien können als Ganztagsschulen geführt werden.
Eine Ganztagsschule ergänzt den Unterricht an mindestens vier
Tagen der Woche um ein Förder- und Freizeitangebot. Die
Teilnahme an dem zusätzlichen Förder- und Freizeitangebot ist in
der Regel freiwillig. Unterricht und zusätzliches Förder- und
Freizeitangebot sollen acht Zeitstunden an einem Tag nicht
überschreiten. Förderschulen, an denen wegen des
sonderpädagogischen Förderbedarfs ihrer Schülerinnen und
Schüler ein ganztägiger Unterricht erteilt wird, sind keine
Ganztagsschulen im Sinne dieser Vorschrift. [...]"
48
Als allgemein bildende Schulen gelten im Sinne des Gesetzes Grund-,
Haupt- und Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Abendgymnasien,
das Kolleg und die Förderschulen.
49
Gemäß des oben zitierten Artikels kann
sich jede allgemein bildende Schule mit Ausnahme der Abendgymnasien als
Ganztagsschule anerkennen lassen, sofern ein ,,geeignetes pädagogisches
Konzept vorliegt und die organisatorischen, personellen und sächlichen
48
Niedersächsisches Schulgesetz in der Fassung vom 03.03.1998 zuletzt geändert durch
Artikel 1 des Gesetztes vom 02.07.2003.
49
Vgl. ebd. §5 Abs. 2.1.

16
Vorraussetzungen geschaffen sind."
50
. Dies zu garantieren liegt in
Verantwortung der Schule, wobei die Annerkennung als Ganztagsschule in
finanzieller Hinsicht wesentlich durch das IZBB erleichtert wird.
Bei der Errichtung von Ganztagsschulen sind in Niedersachsen gemäß §23
Abs.5 NSchG ,,Hauptschulen [...] besonders zu berücksichtigen."
51
Die
Genehmigung einer ganztägigen Organisation obliegt der zuständigen
Schulbehörde. Nach Inkrafttreten des IZBB wird das Niedersächsische
Schulgesetz bei der Einrichtung neuer Ganztagsschulen durch die jeweiligen
Erlasse der Ministerkonferenz ergänzt. Besonders zu erwähnen ist hier der
Runderlass ,,Die Arbeit in der öffentlichen Ganztagsschule"
52
vom 16.3.2004
auf den bereits unter Punkt 1.3 genauer eingegangen wurde.
3.2 Formen von Ganztagsschulen
Die Kultuspolitik liegt in Deutschland in den Händen der einzelnen
Bundesländer und nicht in Verantwortung des Bundes. Durch das
Investitionsprogramm ,,Zukunft Bildung und Betreuung" versucht der Bund,
politische Impulse im Hinblick auf die Kultuspolitik der einzelnen Länder zu
setzen.
53
Um den Ausbau des Ganztagsschulbereichs trotz der bildungspolitischen
Länderhoheit in einer überschaubaren Form zu halten, hat die
Kultusministerkonferenz bestimmte Kriterien festgelegt, die eine Schule,
welche als Ganztagsschule geführt werden soll erfüllen muss. Diese lauten:
50
NSchG §23 Abs. 4 Satz 2.
51
Ebd. §23 Abs. 5.
52
Niedersächsisches Kultusministerium 2004.
53
Vgl. Konrad Fees 2005, S.125.

17
Angebotsdauer
: Das bereitgestellte Angebot muss an wenigstens drei Tagen
die Woche angeboten werden und an diesen Tagen mindestens sieben
Zeitstunden umfassen.
54
Verbindliche Mittagspause:
Der Ganztag soll durch eine Mittagspause
unterbrochen sein, in der den Schülerinnen und Schülern ein Mittagsessen
angeboten wird.
Konzept:
Die nachmittäglichen Angebote müssen konzeptionell mit dem
Unterricht am Vormittag in Zusammenhang stehen und diesen sinnvoll
ergänzen. Diesen Zusammenhang zu garantieren, liegt in Verantwortung der
Schulleitung.
Neben diesen im Sinne der Kultusministerkonferenz konstitutiven Merkmalen
werden zudem drei Formen von Ganztagsschulen unterschieden.
55
Gebundene Ganztagsschule:
Diese verpflichtet Schülerinnen und Schüler zu einem ganztägigen
Unterricht.
56
Gebundene Ganztagsschulen weisen oftmals einen
differenzierteren Zeit- und Stundenrhythmus als teilweise gebundene oder
offene Ganztagsschule auf, da sie durch ihren verpflichtenden Ganztag
verschiedene Lernformen und Lernprozesse mit Spiel- und Freizeitphasen
verbinden können. Diese Form wird daher auch integrierte Ganztagsschule
genannt.
57
54
Und im Folgenden vgl. Konrad Fees 2005, S. 127; Vgl. Bundesministerium für Familien,
Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 2005, S.306.
55
Vgl. Konrad Fees 2005, S. 127 .
56
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 2005, S.306.
57
Vgl. Anke Spies/ Gerd Stecklina:
Aktuelle Entwicklungen von Ganztagsschule und
Jugendhilfe - Zugang
in: Anke Spies/ Gerd Stecklina (Hrsg.): Die Ganztagsschule, Bad
Heilbrunn 2005, Bd.1 S. 11.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832498573
ISBN (Paperback)
9783838698571
DOI
10.3239/9783832498573
Dateigröße
577 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Katholische Fachhochschule Norddeutschland Osnabrück – Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Studiengang Sozialwesen
Erscheinungsdatum
2006 (September)
Note
1,8
Schlagworte
pisa-studie zukunft bildung betreuung strukturvergleich jugendarbeit ganztagsschule
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Titel: Jugendarbeit und Ganztagsschule
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