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Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft

©2005 Diplomarbeit 49 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Netzgebundene Dienstleistungen wie die Wasser-, Strom-, Gasversorgung oder die Telekommunikation (Festnetz) weisen die klassischen Merkmale natürlicher Monopole auf, d.h. hohe Markteintrittsbarrieren aufgrund hoher versunkener Kosten sowie die Unwirtschaftlichkeit einer Duplizierung der Netze in einem Versorgungsgebiet.
In anderen Netzindustrien (Elektrizität - und Gasversorgung, Telekommunikation) hat in der jüngeren Vergangenheit eine Umstrukturierung in der Weise stattgefunden, dass Wettbewerb zwischen Produzenten bzw. Anbietern innerhalb eines Versorgungsgebietes möglich wurde. In der Wasserwirtschaft wurde dies jedoch bislang unter anderem aus Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen weitgehend abgelehnt. In der Elektrizitätswirtschaft können Kostenreduktionen vor allem in der wettbewerblich organisierbaren Stromerzeugung realisiert werden, auf die in der Regel mehr als die Hälfte der Kosten entfällt. In der Wasserversorgung ist die Kostenstruktur anders. Hier entfällt ein erheblicher Teil der Kosten auf die überwiegend lokal angelegten Versorgungsnetze, also auf jenen Teil, der aufgrund der oben genannten Effekte nur schwierig einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt werden kann.
Die deutsche Wasserwirtschaft musste sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit der Frage ihrer Effizienz auseinander setzen. Die Schwerpunkte der Diskussion verschieben sich dabei von Zeit zu Zeit. Nach der Veröffentlichung der Studie zum Forschungsvorhaben „Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserwirtschaft“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie im Jahr 2001 war zunächst intensiv über eine weitgehende Marktöffnung mit deutlichen Einschnitten für die kommunale Entscheidungsfreiheit in der Wasserwirtschaft diskutiert worden. Heute stehen eher weniger weitreichende Maßnahmen, wie verstärkte Kooperation oder Benchmarking im Vordergrund.
Die vorliegende Arbeit greift die in den vergangenen Jahren geführte Diskussion auf, stellt die verschiedenen diskutierten Möglichkeiten der Effizienzsteigerung im deutschen Wassersektor dar und stellt diesen Erfahrungen aus England und Wales gegenüber, wo seit den 80er Jahren die Wasserwirtschaft in einem Ausmaß privatisiert und liberalisiert wurde, wie es weltweit einmalig ist.
Die vorliegende Arbeit soll darstellen, welche Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und des Wettbewerbs im deutschen Wassersektor bestehen. Sie soll dabei […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Dirk Schäfer
Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
ISBN-10: 3-8324-9835-4
ISBN-13: 978-3-8324-9835-1
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Universität Witten/Herdecke GmbH, Witten, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

AUTORENPROFIL
Dirk Schäfer
Der Autor studierte von 1993 bis 1999 an der Technischen Universität Darmstadt
Bauingenieurwesen mit der Vertiefungsrichtung Siedlungswasserwirtschaft,
Wasserbau und Umweltwissenschaften. Titel der Diplomarbeit:
Organisationsformen von Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland ­
Möglichkeiten der Privatisierung
Nach dem Studium arbeitete er für 3 Jahre in der deutschen Consultingwirtschaft
sowie zeitweise an der Privaten Universität Witten/Herdecke gGmbH, mit den
Schwerpunkten Wasserversorgung, Abwasser und Privatsektorbeteiligung.
Seit 2002 arbeitet der Autor als Berater für die Deutsche Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) mit den Schwerpunkten Regulierung,
Privatsektorbeteiligung, Sektorreformen, Performance Monitoring und
Benchmarking im Bereich der Wasserwirtschaft. Von 2003 bis 2005 vorwiegend
in Sambia, seit 2005 in Tansania.
Die Diplomarbeit mit dem Titel ,,Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der
Wasserwirtschaft" wurde an der Universität Witten/ Herdecke geschrieben und
bildet den Abschluss des Fernstudiums der Wirtschaftswissenschaften an der
FernUniversität Hagen, das der Autor mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann von
2000 bis 2006 absolvierte.

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
INHALT
1
Einleitung ... 1
2
Aufgabenstellung und Struktur der Arbeit ... 2
2.1
Aufgabenstellung und Methode... 2
2.2
Struktur... 2
3
Derzeitige Wasserversorgung in Deutschland ... 3
4
Diskussion zur Effizienz der deutschen Wasserwirtschaft ... 4
4.1
Begriffsverständnis... 4
4.2
Grundsätzliche Argumentationen ... 4
5
Rechtlicher Rahmen... 8
6
Liberalisierung... 10
7
Ausgestaltung des Wettbewerbs im Markt ... 13
7.1
Wassergewinnung und -aufbereitung... 13
7.2
Inkasso und Kundendienst ... 14
7.3
Zwischenhändler ... 15
7.4
Eigenversorgung ... 16
7.5
Parallele Versorgungsnetze ... 16
7.6
Verbundnetze und Durchleitung... 17
7.7
Versorgung von Großkunden ... 19
7.8
Missbrauchsaufsicht durch die Kartell- oder Kommunalaufsichtsbehörden ... 20
7.8.1
Beispiel Stadtwerke Wiesbaden... 21
7.9
Benchmarking ... 22
7.9.1
Beispielprojekte in Bayern und Hessen... 23
7.9.2
Fazit Benchmarking ... 26
7.10 Kooperation... 27
8
England und Wales ... 28
8.1
Einleitung ... 28
8.2
Privatisierung und der Wassersektor heute... 28
8.3
Yardstick oder Comparative Competition ... 30
8.4
Inset Appointments... 31
8.5
Common Carriage - Durchleitung... 33
8.5.1
Beispiel Bristol Water ... 36
8.5.2
Beispiel Northumbrian Water ... 37
8.5.3
Vergleich der Zugangskonditionen von Bristol und Northumbrian Water... 38
8.5.4
Fazit Common Carriage ... 38
9
Fazit ... 40
Literatur ...42

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
1
1 E
INLEITUNG
Netzgebundene Dienstleistungen wie die Wasser-, Strom-, Gasversorgung oder die
Telekommunikation (Festnetz) weisen die klassischen Merkmale natürlicher Monopole auf,
d.h. hohe Markteintrittsbarrieren aufgrund hoher versunkener Kosten sowie die
Unwirtschaftlichkeit einer Duplizierung der Netze in einem Versorgungsgebiet.
In anderen Netzindustrien (Elektrizität - und Gasversorgung, Telekommunikation) hat in der
jüngeren Vergangenheit eine Umstrukturierung in der Weise stattgefunden, dass
Wettbewerb zwischen Produzenten bzw. Anbietern innerhalb eines Versorgungsgebietes
möglich wurde. In der Wasserwirtschaft wurde dies jedoch bislang unter anderem aus
Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen weitgehend abgelehnt.
In der Elektrizitätswirtschaft können Kostenreduktionen vor allem in der wettbewerblich
organisierbaren Stromerzeugung realisiert werden, auf die in der Regel mehr als die Hälfte
der Kosten entfällt. In der Wasserversorgung ist die Kostenstruktur anders. Hier entfällt ein
erheblicher Teil der Kosten auf die überwiegend lokal angelegten Versorgungsnetze, also
auf jenen Teil, der aufgrund der oben genannten Effekte nur schwierig einem verstärkten
Wettbewerb ausgesetzt werden kann.
Die deutsche Wasserwirtschaft musste sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit
der Frage ihrer Effizienz auseinander setzen. Die Schwerpunkte der Diskussion verschieben
sich dabei von Zeit zu Zeit. Nach der Veröffentlichung der Studie zum Forschungsvorhaben
,,Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige
Wasserwirtschaft" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie im Jahr 2001 war
zunächst intensiv über eine weitgehende Marktöffnung mit deutlichen Einschnitten für die
kommunale Entscheidungsfreiheit in der Wasserwirtschaft diskutiert worden. Heute stehen
eher weniger weitreichende Maßnahmen, wie verstärkte Kooperation oder Benchmarking im
Vordergrund.
Die vorliegende Arbeit greift die in den vergangenen Jahren geführte Diskussion auf, stellt
die verschiedenen diskutierten Möglichkeiten der Effizienzsteigerung im deutschen
Wassersektor dar und stellt diesen Erfahrungen aus England und Wales gegenüber, wo seit
den 80er Jahren die Wasserwirtschaft in einem Ausmaß privatisiert und liberalisiert wurde,
wie es weltweit einmalig ist.

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
2
2 A
UFGABENSTELLUNG UND
S
TRUKTUR DER
A
RBEIT
2.1 Aufgabenstellung und Methode
Die vorliegende Arbeit soll darstellen, welche Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und
des Wettbewerbs im deutschen Wassersektor bestehen. Sie soll dabei die Diskussion
aufgreifen, die in den vergangenen Jahren zu diesem Thema in der Fachwelt geführt wurde
und immer noch geführt wird. Verschiedene Modelle, welche unterschiedliche Teilbereiche
und -aufgaben der Wasserversorgung betreffen, sollen hierzu erläutert und wo möglich
bezüglich ihrer Anwendbarkeit bzw. ihres Potentials zur Steigerung der Effizienz von
Wasserversorgungsunternehmen beurteilt werden.
Da praktische Erfahrungen mit manchen dieser Modelle in Deutschland bislang nicht
gesammelt wurden, soll die Arbeit schließlich beschreiben, welche Maßnahmen zur
Wettbewerbssteigerung in England und Wales in den vergangenen Jahren umgesetzt
wurden.
Für die Bearbeitung sind aktuelle Studien, Veröffentlichungen aus Fachbüchern und
Fachzeitschriften sowie dem Internet auszuwerten und zu diskutieren. Relevante Gesetze
und Verordnungen sind zu berücksichtigen.
2.2 Struktur
Die Arbeit gibt in Kapitel 3 zunächst einen kurzen Überblick über die Struktur des deutschen
Wassersektors, d.h. wer welche Aufgaben wahrnimmt und wer die Kunden sind.
Im folgenden Kapitel 4 wird die seit langem kontrovers geführte Diskussion über die Effizienz
deutscher Wasserunternehmen dargestellt. Die verschiedenen anzutreffenden Positionen
und deren Begründungen werden aufgezeigt und kritisch hinterfragt.
Kapitel 5 erläutert den rechtlichen Rahmen der Wasserversorgung soweit er für die
Wettbewerbsgestaltung und -ausprägung von Bedeutung ist.
Die Liberalisierungsdiskussion sowie eine Abgrenzung der häufig nicht klar getrennten
Begriffe ,,Liberalisierung" und ,,Privatisierung" erfolgt in Kapitel 6. Dieses zeigt auch in einer
Übersicht, wo die wesentlichen Unterschiede einer Marktöffnung in der Wasserwirtschaft im
Vergleich zum Strom- oder Gasmarkt liegen.
Die möglichen Ausgestaltungen eines verstärkten Wettbewerbs in der deutschen
Wasserwirtschaft werden in Kapitel 7 dargestellt. Die in der Vergangenheit sehr kontrovers
diskutierte Liberalisierung der Wasserwirtschaft würde nur einen Teil der denkbaren
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung umfassen. Daher werden in diesem Kapitel weitere
Optionen bzw. Instrumente zur Effizienzsteigerung erläutert. Manche dieser Maßnahmen
sind bereits unter dem bestehenden rechtlichen Rahmen möglich und werden in Einzelfällen
auch praktiziert (z.B. Benchmarking).

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
3
Erfahrungen aus der Praxis liegen für ausgewählte Maßnahmen insbesondere aus England
und Wales vor. Daher werden in Kapitel 8 einige der dortigen Bemühungen zur
Wettbewerbssteigerung sowie die damit gesammelten Erfahrungen aufgezeigt.
Kapitel 9 gibt eine abschließende Beurteilung der dargestellten Optionen zur
Effizienzsteigerung und Wettbewerbsstärkung.
3 D
ERZEITIGE
W
ASSERVERSORGUNG IN
D
EUTSCHLAND
Die Wasserversorgung in Deutschland wird heute durch eine Vielzahl kleiner sowie durch
einige wenige, große Versorgungsunternehmen durchgeführt. Wasserversorgung und
Abwasserbeseitigung erfolgen in der Regel durch getrennte Unternehmen. Ein Umstand, der
in den vergangenen Jahren immer wieder für Kritik sorgte, da einige Fachleute davon
ausgehen, dass bei einer Zusammenlegung von Wasserver- und Abwasserentsorgung
erhebliche Synergieeffekte frei würden.
1
Heute existieren in Deutschland ca. 6.700 Wasserversorgungsunternehmen (WVU), die
mehr als 17.000 Wasserwerke betreiben, wobei die Zahl der Unternehmen aufgrund von
Unternehmenskonzentrationen in den vergangenen Jahren leicht rückläufig ist. Damit
entfallen auf 1 Mio. Einwohner in Deutschland ca. 88 Wasserversorger. In den Niederlanden
sind dies zum Vergleich 4,4, in England/Wales 0,7 und in Italien 2,3 Wasserversorger je
1 Mio. Einwohner. Rund 60% der produzierten Trinkwassermenge entfallen auf lediglich
3,6% der Unternehmen. 4.500 WVU versorgen hingegen nur jeweils zwischen 50 und 3.000
Einwohner. Auf diese 4.500 der bestehenden WVU entfallen insgesamt lediglich 8,2% der
produzierten Trinkwassermenge.
2
Etwa 5.000 WVUs produzieren jährlich weniger als 1 Mio.
m
3
Trinkwasser.
Der Anschlussgrad an die Trinkwasserversorgung liegt in Deutschland bei 98,6%. Rund 76%
der von öffentlichen WVU an Endverbraucher abgegebenen Wassermenge entfällt auf
private Haushalte und Kleingewerbe, ca. 16% auf Industriekunden und 8% auf andere
Einrichtungen (Schulen, Krankenhäuser etc.). Der Eigenversorgungsgrad der Industrie
beträgt fast 90%, wobei der Wasserbezug der Industrie aus dem öffentlichen Netz rückläufig
ist. Insgesamt bezieht die Industrie nur 5% ihres Bedarfs von öffentlichen WVU, wobei der
größte Abnehmer die Nahrungsmittelindustrie ist, die Wasser in Lebensmittelqualität in der
Produktion einsetzt. Für andere industrielle Einsatzbereiche kann hingegen in der Regel
Brauchwasser verwendet werden, dass nicht über Trinkwasserqualität verfügen muss und
somit geringere Aufbereitungskosten verursacht.
Etwa 75% der WVU haben ihr Benutzungsverhältnis mit den Kunden öffentlich-rechtlich
ausgestaltet
und
erheben
Gebühren
und
Beiträge
entsprechend
dem
Kommunalabgabengesetz. Die übrigen 25% der Unternehmen erheben privatrechtliche
Entgelte. Auf die letztgenannten Unternehmen entfallen ca. 50% der Trinkwasserproduktion.
1
Rudolph, K.-U. (2001B), S. 12
2
BMWi (2001), S. 13

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
4
Die durchschnittlichen Wasserpreise in Deutschland variieren sehr stark. So lag der mittlere
Preis je m
3
im Jahr 2002 in Niedersachsen bei 1,27 , in Hessen bei 2,11 und in Thüringen
bei 2,35
.3
Die Preiselastizität im Bereich der Wasserversorgung erweist sich hingegen als
sehr gering, d.h. in der Regel ist kein Einfluss des Wasserpreises auf den Wasserverbrauch
je Einwohner messbar.
4
Die Preise für Industriekunden liegen in der Regel zwischen 15%
und 23% unter den Preisen für Privathaushalte, was insbesondere mit den geringeren
Verteilungskosten bei der Versorgung von Großkunden begründet wird.
5
4 D
ISKUSSION ZUR
E
FFIZIENZ DER DEUTSCHEN
W
ASSERWIRTSCHAFT
4.1 Begriffsverständnis
Da
eines
der
Kernthemen
der
folgenden
Kapitel
die
Effizienz
von
Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland sein wird, soll an dieser Stelle das dieser
Arbeit zu Grunde liegende Verständnis des Begriffes erläutert werden.
Effizienz im Allgemeinen beschreibt das Verhältnis zwischen dem erzielten Ergebnis und den
eingesetzten Mitteln. Das gewünschte Ergebnis in der Wasserversorgung steht weitgehend
fest ­nämlich die zuverlässige Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser unter
Beachtung ökonomischer und ökologischer Belange. Daher steht im Zentrum der
Effizienzdiskussion dieser Arbeit die Minimierung des Mitteleinsatzes für die Erreichung des
angestrebten Ergebnisses. Die Reduzierung des Mitteleinsatzes soll zu einer
Kostenreduzierung auf Seiten des Versorgers sowie zu einer Preisreduzierung auf Seiten
des Kunden führen, ohne dass hierdurch inakzeptable Einschränkungen in der Qualität der
erbrachten Dienstleistung auftreten.
4.2 Grundsätzliche Argumentationen
Aufgrund der bestehenden günstigen Rahmenbedingungen (z.B. kostendeckende Tarife) ist
es in Deutschland gelungen, ein im internationalen Vergleich qualitativ hochwertiges,
flächendeckendes Versorgungssystem aufzubauen.
Diese Einschätzung teilte auch eine Expertenkommission der Weltbank, die 1995 die
deutsche Wasserwirtschaft begutachtete. Ihr Bericht, der innerhalb der deutschen
Wasserwirtschaft kontrovers diskutiert wurde, verweist jedoch zugleich auch auf einige
zentrale Strukturprobleme der deutschen Wasserwirtschaft. Positiv hervorgehoben werden
der hohe technische Versorgungsstandard und das erreichte Qualitätsniveau.
Kritisiert werden hingegen insbesondere die nicht zuletzt eben daraus resultierenden hohen
Wasserpreise. Gründe für die mangelnde von der Kommission festgestellte Effizienz werden
in der kleinteiligen Struktur und einem generell nur gering ausgeprägten Kostenbewusstsein
gesehen. Belege hierfür sieht die Weltbank u.a. in dem im internationalen Vergleich hohen
3
BGW (2002b)
4
Clausen, H.; Scheele, U. (2003)
5
BMWi (2001), S. 14

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
5
Abbildung 1: Wasserverluste in ausgewälten europäischen Ländern
27%
25%
8%
29%
9%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
England
Italien
Frankreich
Dänemark
Deutschland
Quelle: BGW - Wasserfakten im Überblick
Abbildung 2: Investitionen der öffentlichen Wasserversorgung 2001
(insgesamt 2,44 Mrd. Euro)
8%
5%
2%
13%
64%
8%
Wasseraufbereitung
Wasserspeicherung
Wassergewinnung
Zähler/Messgeräte
sonstige
Rohrnetz
Quelle: BGW - Wasserfakten im Überblick
Personalstand. Als exemplarisch führt der Bericht auch die Gelsenwasser AG an, wo nach
Schätzung der Weltbank zur Vermeidung des Verlustes von 1 m
3
Trinkwasser im
Leitungsnetz ca. 20 DM ausgegeben wurden. Ein Wert, der weit über den Produktionskosten
eines zusätzlichen m
3
liegt.
6
Mit
Wasserverlusten
von
durchschnittlich
lediglich
8%
belegt Deutschland international
einen
Spitzenplatz.
Das
Umweltbundesamt
bezeichnet
aus
hygienischen
Gründen
Wasserverluste von weniger als
5% als anstrebenswert während
in England unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten Wasserverluste
von bis zu 60% als hinnehmbar
angesehen werden.
7
Die Diskussion über die Effizienz
deutscher Wasserunternehmen
wird von den verschiedenen
Interessenvertretern sehr kontrovers geführt und weist ebenso wie die Diskussion über
Liberalisierung und Privatsektorbeteiligung einen hohen Grad an Emotionalität auf. So wird
von Kritikern am System der deutschen Wasserwirtschaft gerne der Preisvergleich mit
anderen, insbesondere europäischen Ländern angeführt. Dieser zeigt Deutschland
tatsächlich regelmäßig an der Spitze bzgl. der je m
3
zu zahlenden Wasserpreise. Dies
könnte als Hinweis auf erhebliche Ineffizienzen deutscher Wasserversorger gewertet
werden.
Bei diesem Preisvergleich ist
jedoch u.a. zu beachten,
welche
Leistungen
die
Wasserunternehmen in den
einzelnen Ländern erbringen
und in die Wasserpreise
einrechnen
(z.B.
Umweltschutzmaßnahmen)
und ob die Wasserwirtschaft
u.U. aus anderen staatlichen
Bereichen
heraus
subventioniert wird. Grund-
wasserabgabe, Finanzierung
und Abschreibungen, Steuern
und Abgaben, Rücklagen-
6
Briscoe
, J.
(1995)
7
Umweltbundesamt (2001), S. 62

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
6
295
278
260
256
255
237
213
191
170
162
158
156
149
145
140
139
130
127
120
107
0
50 100 150 200 250 300 350
USA
Japan
Norwegen
Australien
Kanada
Schweiz
Italien
Schweden
Luxemburg
Österreich
Polen
Frankreich
England
Finnland
Griechenland
Dänemark
Niederlande
Deutschland
Belgien
Ungarn
Abbildung 3: Haushaltswasserverbrauch in Litern
pro Einwohner und Tag
Quelle: BGW Jahresbericht 1998
bildung, Kosten für Reservekapazitäten, Anschlussdichte im System, Wasserverluste,
Wasserzähler, Lohn- und Energiekosten sind nur einige der Kostenfaktoren, die den
Wasserpreis beeinflussen. All diese Faktoren können regional wie international stark
variieren und liegen nicht immer im Einflussbereich der Wasserunternehmen. Ein einfacher
Preisvergleich ohne Berücksichtigung solcher Faktoren wird den besonderen
Rahmenbedingungen in der Wasserwirtschaft nicht gerecht. Der Bundesverband der Gas-
und Wasserwirtschaft (BGW) schätzt bspw. den Grad der Subventionen im französischen
Wassersektor auf bis zu 20%, im italienischen Wassersektor gar auf bis zu 70%. Hinzu
kommen auf die deutschen Wasserpreise noch Wasserentnahmeentgelte, von bis zu 17%
(in Berlin z.B. 0,31 je m
3
). Diese Faktoren bewirken eine deutliche Verzerrung bei
einfachen Vergleichen des Wasserpreises in den verschiedenen europäischen Ländern.
8
Im Gegenzug führen die Befürworter des
deutschen Systems zahlreiche Gründe für die in
Deutschland höheren Preise an, die teilweise
gerechtfertigt sind, teilweise jedoch unreflektiert
in die Diskussion gebracht werden. Häufig
genannt wird etwa der hohe technische
Standard, mit Wasserzählern in jedem Haus
sowie die niedrigen Leitungsverluste.
9
Dies kann
jedoch nur sehr begrenzt als Begründung
höherer
Wasserpreise
dienen.
Die
Installationskosten für Wasserzähler können
kaum einen erheblichen anhaltenden Effekt auf
die Wasserpreise haben. Die geringeren
Wasserverluste
müssten
zu
einer
Kostenreduzierung auf Seiten der Unternehmen
führen und damit die Wasserpreise zunächst
reduzieren. Es sei denn, die hierfür notwendigen
Investitionen
oder
Instandhaltungskosten
würden
die
eingesparten
Kosten
für
Wasseraufbereitung
und
-verteilung
überschreiten
(siehe
o.g.
Beispiel
der
Gelsenwasser AG).
Aufgrund der bei der Wasserversorgung
vorliegenden Kostenstruktur hat jedoch der verhältnismäßig geringe Wasserverbrauch (und
insbesondere die Tatsache, dass dieser in den vergangenen Jahren stetig abgenommen hat)
einen direkten Einfluss auf den Wasserpreis je m
3
.
8
BGW, Wasserfakten im Überblick, www.bgw.de
9
u.a. Schmitz, M. (2002), S. 18

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
7
147
144
140
134
133
132
130
130
129
130
129
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125
130
135
140
145
150
L
it
e
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E
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h
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e
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u
n
d
T
a
g
19
90
19
91
19
92
19
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19
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19
95
19
96
19
97
19
98
19
99
20
00
20
01
p
Abbildung 4: Entwicklung des personenbezogenen Wasserverbrauchs
p = prognostizierter Wert
Quelle: BGW - Wasserfakten im Überblick
Nach Schätzung des BGW beträgt der Anteil der Fixkosten an den Gesamtkosten der WVU
in Deutschland zwischen 80 und 90%.
10
Dies bedeutet, dass lediglich 10-20% der Gesamt-
kosten von der tatsächlich aufbereiteten und verkauften Wassermenge abhängen. Diese
Kostenverteilung führt unter anderem dazu, dass in zahlreichen Regionen mit rückläufigem
Wasserverbrauch zugleich die Wasserpreise je m
3
steigen. Da der Wasserverbrauch in
Deutschland im internationalen Vergleich verhältnismäßig gering ist, kann hiermit ein Teil der
höheren Wasserpreise erklärt werden, sofern es nicht möglich ist, die aufgrund des
sinkenden Wasserverbrauchs frei werdende Überkapazitäten Kosten sparend stillzulegen
(z.B. durch Reduzierung der Brunnenzahl).
11
Eine allgemeine Aussage zur Effizienz der deutschen Wasserversorger ist aufgrund der
zahlreichen unterschiedlich ausgeprägten Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen nicht
möglich. Effizienzuntersuchungen sollten vielmehr an einzelnen Unternehmen vorgenommen
werden.
In einer Veröffentlichung aus dem Jahre 2000 schätzt die Deutsche Bank, auch mit einem
Seitenblick auf die damals bestehenden Erfahrungen mit der Liberalisierung des
Strommarktes, dass bei einer fortschreitenden Liberalisierung bzw. fortschreitendem
Wettbewerb im deutschen Wassermarkt die Trinkwasserpreise innerhalb von 10 Jahren um
etwa 15% sinken könnten. Die Deutsche Bank nennt dabei verschiedene Maßnahmen, die
zu einer Erhöhung der Effizienz deutscher WVU beitragen könnten. Exakte Zahlen, wie stark
sich die jeweiligen Maßnahmen auswirken würden, nennt die Deutsche Bank nicht.
12
10
BMWi (2001), S. 13
11
Rudolph, K.-U.; Antoni, M. (1998), S. 723
12
Deutsche Bank (2000), S. 8

Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
8
Die genannten 15% liegen in dem Bereich, der häufig als möglicher Effizienzgewinn im
Zusammenhang mit Wettbewerbssteigerung bzw. Privatsektorbeteiligung genannt wird.
Internationale Erfahrungen aus vergangenen Privatsektorbeteiligungen zeigen, dass dort, wo
tatsächlich Kosteneinsparungen erzielt wurden, diese insbesondere auf Personalreduzierung
zurück zu führen waren. Volkswirtschaftliche Untersuchungen könnten demzufolge zu
weniger positiven Aussagen über tatsächlich erreichte positive Effekte gelangen.
5 R
ECHTLICHER
R
AHMEN
Der Bund verfügt in Deutschland bezüglich des Wasserhaushalts lediglich über eine
Rahmengesetzgebungskompetenz
(Art. 75 Grundgesetz),
der
er
mit
dem
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) nachkommt. Das WHG wird von den Bundesländern durch
Landeswassergesetze sowie Rechtsverordnungen konkretisiert und vollzogen. Von den
Möglichkeiten der konkurrierenden Gesetzgebung z.B. beim Schutz von Lebensmitteln hat
der Bund mit der Trinkwasserverordnung, welche die Trinkwasserqualität regelt, Gebrauch
gemacht.
13
Die Wasserversorgung stellt je nach Landesrecht entweder eine dem Bereich kommunaler
Selbstverwaltung zugeordnete Aufgabe der Daseinsvorsorge dar (z.B. Nordrhein-Westfalen)
oder ist wie beispielsweise in Hessen eine gemeindliche Pflichtaufgabe.
14
Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz verleiht den Gemeinden grundsätzlich die Kompetenz, alle
Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich wahrzunehmen. Darüber
hinaus legen die Länderverfassungen bzw. die Landeswassergesetze die Verantwortlichkeit
der Gemeinden für die Wasserversorgung fest. Diese besagen jedoch in der Regel nur, dass
die Gemeinden die Verantwortung für eine funktionierende Wasserversorgung haben. Wie
die Aufgabenerfüllung wahrgenommen wird, d.h. von einem kommunalen oder einem
privaten Unternehmen bleibt dabei den Gemeinden überlassen.
15
Die Wasserversorgung
stellt eine wirtschaftliche, steuerpflichtige Tätigkeit dar, unabhängig von der Rechtsform des
Unternehmens.
16
Neben diesem die Organisation der Wasserversorgung betreffenden rechtlichen Rahmen gilt
für die öffentliche Wasserversorgung eine wettbewerbsrechtliche Sonderstellung, die durch
§ 103 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) (alte Fassung, jedoch auch in der
seit 1999 geltenden Neufassung mit § 131 VIII GWB bestätigt) gesichert wird. Diese
gesetzlichen Sonderregelungen erlauben den Gemeinden, ausschließliche Wegerechte im
Rahmen von Konzessionsverträgen zu vergeben. In solchen Konzessionsverträgen mit
Ausschließlichkeitsregelungen verpflichtet sich die Gebietskörperschaft, die Nutzung
öffentlicher Wege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur unmittelbaren
Versorgung von Endverbrauchern mit Wasser in ihrem Gebiet ausschließlich einem
Unternehmen zu gestatten. Den Versorgungsunternehmen wird darüber hinaus die
13
Clausen, H.; Scheele, U. (2003)
14
Kahlenborn, W. et al. (1999), S. 14
15
Umweltbundesamt (2000), S. 15
16
Scheele, U. (2000), S. 5

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832498351
ISBN (Paperback)
9783838698359
DOI
10.3239/9783832498351
Dateigröße
451 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Witten/Herdecke – Wirtschaftswissenschaften, Umwelttechnik und Management
Erscheinungsdatum
2006 (September)
Note
1,7
Schlagworte
versorgung liberalisierung benchmarking regulierung england
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Titel: Wege zu mehr Effizienz und Wettbewerb in der Wasserwirtschaft
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