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Das Informationsfreiheitsgesetz als Korruptionsbekämpfungsmaßnahme

Akteure und Rahmenbedingungen des Entwicklungsprozesses auf Bundesebene

©2005 Magisterarbeit 129 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Korruption und Korruptionsbekämpfung sind seit den 1990ern zu einem politisch und politikwissenschaftlich relevanten Thema – auch in entwickelten Industriegesellschaften – geworden. Im Zentrum der Diskussion stehen dabei geeignete Instrumente der Korruptionsprävention, insbesondere auch durch einen gesetzlich garantierten Informationszugang für Bürger, wie bereits weltweit in mehr als 50 Staaten vorhanden. Nach jahrelanger ergebnisloser Debatte über die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes in Deutschland und mehreren gescheiterten Entwürfen ist schließlich im Januar 2006 das bundesweite Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Kraft getreten.
Die Magisterarbeit widmet sich in diesem Zusammenhang den Einführungsbedingungen des bundesweiten Informationsfreiheitsgesetzes als wesentliches Instrument der Korruptionsprävention: Die Untersuchung zeigt, dass sowohl theoretische Überlegungen als auch Plausibilitätserwägungen den Stellenwert von Transparenz für die Bekämpfung von Korruption verdeutlichen. Es stellt sich somit die Frage, warum die Einführung eines solchen Gesetzes in Deutschland über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren wiederholt scheiterte, obwohl sich zahlreiche Akteure aus Politik und Gesellschaft dafür einsetzten.
Auch die Rahmenbedingungen bzw. Akteurskonstellationen, die schließlich doch noch eine Realisierung ermöglichten, sind ein zentraler Aspekt der Arbeit. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Jahre von 1986, als es zu ersten Versuchen des Agenda-Settings durch die Opposition kommt, bis März 2005, als erstmals ein Fraktionsentwurf mit Chance auf Realisierung vorliegt.
Auf der Grundlage von Interviews beteiligter Akteure aus Politik und Gesellschaft und einer Untersuchung der relevanten Bundestagsdrucksachen und Plenarprotokolle wird deutlich, dass das Thema „Informationsfreiheit“ viele Jahre lang in der parlamentarischen Diskussion nicht erwähnt wird – es zunächst also für die Korruptionsbekämpfung als nicht relevant erachtet wird.
Ein solcher Zusammenhang wird erstmals von „Transparency International“ hergestellt, deren deutsche Sektion sich seit Mitte der Neunziger Jahre für ein derartiges Gesetz einsetzt. Als „neues“ gewichtiges Argument erreicht „der Faktor Korruptionsprävention“ im Zuge der zunehmenden Bekanntheit der Organisation die parlamentarische Debatte und führt im Laufe der zweiten Legislaturperiode von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen zu sichtbaren Ergebnissen, als dieser Aspekt schließlich […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Anja Rössner
Das Informationsfreiheitsgesetz als Korruptionsbekämpfungsmaßnahme
Akteure und Rahmenbedingungen des Entwicklungsprozesses auf Bundesebene
ISBN-10: 3-8324-9827-3
ISBN-13: 978-3-8324-9827-6
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Ludwig-Maximilian-Universität München, München, Deutschland, Magisterarbeit,
2005
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

a
Inhaltsverzeichnis
Personenverzeichnis... I
Abkürzungsverzeichnis...II
1 Einleitung... 1
1.1 Gegenstand der Arbeit und Forschungsstand zum Thema ... 1
1.2 Aufbau, methodisches Vorgehen und Quellen ... 5
1.3 Untersuchungsansatz: Policy-Analyse und Akteurszentrierter Institutionalismus ... 8
1.4 Grundlegendes zu den Begriffen Transparenz, Informationsfreiheit und Korruption... 14
2 Der Begriff der Transparenz im Hinblick auf Korruption ... 18
2.1 Transparenz als Schlüsselbegriff der Korruptionsbekämpfung... 18
2.2 Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns durch Medien und Internet... 22
2.2.1
Die ambivalente Rolle der Medien im Hinblick auf Transparenz... 23
2.2.2
Möglichkeiten und Grenzen des Internets für die Herstellung von
Transparenz ... 25
2.3 Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns durch IFGs ... 30
2.3.1
Problematisierung des Nutzens eines Informationsfreiheitsgesetzes für die
Korruptionsbekämpfung ... 30
2.3.2
Korruption in der Verwaltung: Möglichkeiten und Grenzen von
Informationsfreiheitsgesetzen ... 35
3 Die institutionellen Rahmenbedingungen des bisherigen Entwicklungsprozesses eines
bundesweiten Informationsfreiheitsgesetzes... 40
3.1 Die Rechtslage in Deutschland auf Landes- und Bundesebene... 40
3.2 Informationsfreiheit international und in der EU ... 46
3.2.1
Deutschland als ,,Schlusslicht" im internationalen Vergleich ... 46
3.2.2
Informationsfreiheit auf europäischer Ebene ... 49
3.3 Der Faktor Zeit und die Ressourcenverfügbarkeit... 53
3.4 Zwischenfazit: Die Rolle institutioneller Bedingungen... 55

b
4 Problemdefinition und Agenda-Setting: Akteure und Arenen ... 57
4.1 Vorgeschichte: Problemdefinition und erfolglose Agendasetting-Versuche der
Opposition zur Regierungszeit von CDU/CSU und FDP (1986-98) ... 57
4.2 Parlamentarische Arena: Agendasetting durch Fraktionen nach Regierungswechsel
(1998-2002) ... 63
4.3 Verwaltungs- und Regierungsarena: Vorbehalte und Ursachen (1998-2002) ... 66
4.4 Vorparlamentarische Arena: Gegner und Förderer eines IFGs (1998-2002) ... 71
5 Politikformulierung: Akteure, Arenen und Netzwerke ... 81
5.1 Parlamentarische Arena I: Stagnation und neue Versuche (2002-2004) ... 81
5.2 Verwaltungsarena und Regierung: Bedenken und Blockade (seit 2002) ... 86
5.3 Vorparlamentarische Arena: zunehmendes Engagement und Koalitionen (seit 2002) .. 88
5.3.1 Die
Rolle
der
Bertelsmann-Stiftung
... 88
5.3.2
Der zunehmende Einfluss von Transparency International und das ,,neue"
Argument der Korruptionsbekämpfung... 90
5.3.3 Koalitionen:
Die
AGID
und die Verbändekoalition ... 93
5.4 Netzwerkbildung: Vorparlamentarische und parlamentarische Arena II (seit 2004) ... 96
6. Fazit, Aktuelle Geschehnisse und Ausblick ... 104
6.1 Zusammenfassung
der
Ergebnisse... 104
6.2 Aktuelle Geschehnisse und Ausblick ... 109
7 Literatur- und Quellenverzeichnis ... 110
7.1 Literatur ... 110
7.2 Dokumente
und
Quellen ... 115
7.2.1 Interviews ... 115
7.2.2
Bundestagsdrucksachen (BT-Drs.) und Plenarprotokolle (Plpr.) ... 116
7.2.3
Sonstige Dokumente und Quellen ... 117
8 Anhang ... 122
9 Eidesstattliche Erklärung ... 122
10 Lebenslauf... 122

I
Personenverzeichnis
Bettin, Grietje
Medienpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.
Bruch, Dr. Christoph
Mitglied der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union; war am Verbände-Entwurf beteiligt.
Dix, Dr. Alexander, LL.M.
Landesbeauftragter für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht in Brandenburg.
Garstka, Prof. Dr. Hansjürgen
Berliner Datenschutzbeauftragter; seit 2002 auch Vorstandsvorsitzender der Europäischen Akademie
für Informationsfreiheit und Datenschutz, Berlin; Mitglied im Beirat der Humanistischen Union.
Hart, Thomas, Dr.
Projektmanager bei der Bertelsmann-Stiftung, Zuständig u.a. für das Projekt zur Förderung transparen-
ter Strukturen in der Bürgergesellschaft.
Hintzen, Sigrid, R.A.
Rechtsanwältin in der Rechtsabteilung des BDI
Huber, Roman
Bundesgeschäftsführer von Mehr Demokratie e.V.
Hüsgen, Dieter
Mitglied bei Transparency-Deutschland; war am Entwurf der Verbände beteiligt
Kollbeck, Johannes
Referent und wissenschaftlicher Mitarbeiter von Jörg Tauss.
Leif, Dr. Thomas
Vorsitzender von "Netzwerk Recherche" und Chefreporter TV des Südwestrundfunks in Mainz
Özdemir, Cem
Bis 2002 Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und deren rechts- und innenpo-
litischer Sprecher
Redelfs, Dr. Manfred
Politikwissenschaftler und Journalist, Mitbegründer der Journalistenorganisation "Netzwerk Recher-
che" und z.Zt. Leiter der Recherche-Abteilung von Greenpeace
Roth, Jürgen
Referent für Innen- und Rechtspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag
Schmitz, Dr. Heribert
Referatsleiter beim Bundesinnenministerium der Abteilung V5 (Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht
und Personenstandswesen), die u.a. auch für das Thema Informationsfreiheit zuständig ist
Von Stokar, Silke
Innenpolitische Sprecherin und stellvertretende Koordinatorin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die
Grünen.

II
Tauss, Jörg
Bildungs-, forschungs- und medienpolitischer Sprecher sowie Beauftragter zur Reform des Informati-
ons- und Datenschutzrechtes der SPD-Fraktion im Bundestag
Thiel, Reinold
Mitglied von Transparency International - Deutsches Chapter e.V.
Wiefelspütz, Dr. Dieter
Seit 1987 Mitglied der SPD-Fraktion im Bundestag und z.Zt. deren innenpolitischer Sprecher
Wiehen, Dr. Michael
Vorstandsmitglied von Transparency International - Deutsches Chapter e.V.
Abkürzungsverzeichnis
AGID Arbeitsgemeinschaft der Informationsbeauftragten Deutschlands
AIG Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz
BDI Bundesverband der deutschen Industrie
BMI Bundesministerium des Inneren
BMVg Bundesministerium für Verteidigung
BMF Bundesministerium für Finanzen
BMWA Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
BMJ Bundesministerium für Justiz
BR Bundesrat
BT Bundestag
CILIP Civil Liberties and Police; Bürgerrechte und Polizei (Zeitschrift)
CPI Corruption Perception Index von Transparency International
Drs Drucksache
EuGH Europäischer Gerichtshof
FOI Freedom of Information
FOIA Freedom of Information Act
IFG Informationsfreiheitsgesetz
LP Legislaturperiode
NGO Nichtregierungsorganisation
PlPr Plenarprotokoll
UIG Umweltinformationsgesetz
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz

1
1 Einleitung
1.1 Gegenstand der Arbeit und Forschungsstand zum Thema
Weil der freie Zugang zu Verwaltungsinformationen als wesentlicher Bestandteil mo-
derner Demokratien betrachtet wird, werden seit Mitte des 20.Jahrhunderts in immer mehr
westlichen Staaten so genannte ,,Informationsfreiheitsgesetze" (IFGs) eingeführt. Deutschland
stellt in dieser Entwicklung bislang eine Ausnahme dar, obwohl die grundsätzliche Bedeutung
des Informationszugangs für Bürger und damit das Informationsfreiheitsprinzip auch hier
immer häufiger thematisiert werden. Einigkeit besteht zwar darin, dass der Zugang der Bürger
zu Informationen auf dem Weg zur Informationsgesellschaft immer bedeutsamer geworden ist
und dies grundsätzlich nach neuen politischen Konzepten verlangt.
1
Bei der Informationsfrei-
heit allerdings handelt es sich um ein höchst umstrittenes Prinzip, was die konkrete Ausgestal-
tung betrifft.
Dies spiegelt sich in der Debatte um ein bundesweites Informationsfreiheitsgesetz: Basierend
auf der Annahme, dass Informationen eine zunehmend wichtige Ressource für die Bürger
sind, wird seit Jahren die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes als Form der Infor-
mationsfreiheit diskutiert ­ alle Realisierungsversuche auf Bundesebene scheiterten allerdings
bislang, obwohl sich zahlreiche Akteure aus Politik und Gesellschaft dafür einsetzten. Im
Rahmen des zunehmenden Bewusstsein für das Phänomen Korruption
2
und dessen gravieren-
de gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Folgeschäden
3
wurde insbesondere von der
NGO Transparency International zunehmend argumentiert, dass Informationsfreiheitsgesetze
auch den Kampf gegen Korruption unterstützen. Die Grundlage dieser Annahme ist, dass In-
formationsfreiheitsgesetze Transparenz fördern ­ ein Schlüsselbegriff, der aufgrund seiner
Abstraktheit allerdings konkretisiert werden muss, wenn man sich nicht mit seiner Bedeutung
als politischem Schlagwort begnügen will. Eine Vielzahl von Instrumenten zielt darauf ab,
1
Anmerkung: So befasste sich etwa die Enquetekommission ,,Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesell-
schaft ­ Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" des Deutschen Bundestags in der 13. Legislaturperi-
ode mit den nationalen Aspekten der sich entwickelnden Informationsgesellschaft. (BT Drs. 13/11004).
2
Eigen, 2003, S.:181.
3
Anmerkung: Wirtschaftliche Folgen: u.a. Korruption hemmt Wirtschaftswachstum, vgl. z.B.: Montinola/
Jackmann, 2002, S.: 147-170; politische Folgen: u.a. Legitimitätsverlust, Rückgang der Wahlbeteiligung, Gefahr
des Anwachsens organisierter Kriminalität, bzw. Infiltration in staatliche Strukturen, vgl. z.B. Zentrum für Euro-
pa- und Nordamerika-Studien (Hrsg.), 2000, S.: 93-115 oder UN-Anti-Corruption-Toolkit.

2
transparente staatliche Strukturen und Abläufe zu schaffen, wobei sich Informationsfreiheits-
gesetze auf die Verwaltung beziehen.
Die Forderung nach mehr Verwaltungstransparenz wird generell in Zusammenhang mit dem
steigenden politischen Einfluss der Verwaltung
4
erhoben und die weitgehend alleinige Ent-
scheidungsbefugnis der deutschen Verwaltung über die Herausgabe von Informationen kriti-
siert:
,,In der stetig und rasant sich entwickelnden sog. Informationsgesellschaft gilt
der öffentliche Sektor als größter Informationsbesitzer. In vielen Bereichen be-
steht ein staatliches Wissens- und Informationsmonopol.
[...] Über den Umgang
mit den bei ihr befindlichen Informationsbeständen entscheidet die Verwaltung
in Deutschland ­ im Rahmen des objektiven Rechts ­ weithin nach eigenem Er-
messen
"
5
Darüber hinaus ist die Verwaltung ein staatlicher Bereich, der als besonders anfällig für Kor-
ruption gilt. Aus der Perspektive des Korruptionskontextes heraus stellt sich somit die Frage,
ob und inwiefern Art, Umfang und Zugänglichkeit von Informationen für die Bürger in der
Bundesrepublik verbessert werden könnten, um auf diese Weise die Transparenz der Verwal-
tungsstrukturen und Abläufe zu erhöhen und damit Möglichkeiten für korruptes Verhalten zu
vermindern. Da davon ausgegangen wird, dass transparente Strukturen und Verfahren in der
Verwaltung das dortige Korruptionsniveau mindern, steht das Fehlen eines Informationsfrei-
heitsgesetzes in Deutschland der allgemein anerkannten Notwendigkeit und den zunehmenden
Bestrebungen, gegen Korruption vorzugehen, entgegen.
Forschungsstand
Wissenschaftliche Studien zum Thema Korruption stammen vor allem aus dem Bereich der
Ökonomie: ,,Studies from this area were the most commonly cited and provided the most
valuable recommendations on how to cope with this problem."
6
Demgegenüber wurde das
Phänomen von der Politikwissenschaft lange mehr oder weniger ignoriert. Erst seit den Neun-
ziger Jahren findet eine zunehmende Beschäftigung mit dem Thema statt: Neben der allge-
4
Anmerkung: Auch Schnapp weist daraufhin, dass die Verwaltung zunehmende politische Einflussmöglichkei-
ten hat, obwohl sie im Gesetzgebungsverfahren nach dem Grundgesetz theoretisch keine Rolle spielt, vgl.
Schnapp, 2001, S.: 14-24; Hierzu auch Scherzberg, 2000, S.: 308.
5
Schoch/ Kloepfer, 2000, S.: 25 (Einleitung).
6
Vgl. Gonzalez, 2004, S.: 7.

3
meinen Definitionsdebatte
7
und der Frage nach Erklärungshypothesen für Korruption
8
widmet
sich die politikwissenschaftliche Forschung insbesondere auch den Möglichkeiten der Kor-
ruptionsprävention. Dabei werden verschiedene Kontrollmechanismen, wie die Rolle demo-
kratischer Institutionen beleuchtet.
9
Wenn in diesem Zusammenhang auf den Begriff der
Transparenz verwiesen wird, so wird dieser oft anhand verfassungsrechtlich vorgegebener
staatlicher Instrumente, die Transparenz zum Ziel haben, untersucht. Dagegen fand der Stel-
lenwert der Transparenz im Bereich der korruptionsgefährdeten Verwaltung bislang keine
ausreichende Beachtung.
10
So wurde auch die Relevanz von Informationsfreiheitsgesetzen,
wie der Bedarf deren gesetzlicher Regelung überhaupt, noch nicht thematisiert ­ vielleicht
auch aufgrund des fehlenden empirischen Zugangs zum Phänomen Korruption, der die Darle-
gung des Nutzens solcher Gesetze erschwert.
Obwohl inzwischen zahllose Internet-Seiten
11
mit Linksammlungen und ausführlichen Infor-
mationen zum Thema Informationsfreiheit, Informationszugangsrechte, Akteneinsicht etc.
(siehe Unterkapitel 1.4.3 zur Begriffsdefinition und -verwendung) die Aktualität des Themas
verdeutlichen und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes im Bundestag seit vie-
len Jahren diskutiert wird, wurde der bisherige Entwicklungsprozess einschließlich neuerer
Entwicklungen der letzten Jahre politikwissenschaftlich noch nicht detailliert untersucht.
12
Zudem beschränkt sich die Aufmerksamkeit für die Diskussion von Informationsfreiheitsge-
setzen auf relativ begrenzte Fachkreise.
13
Zwar existieren Studien zur Informationsfreiheit in
Deutschland. Diese stammen jedoch nicht aus der politikwissenschaftlichen Forschung, son-
dern erörtern in erster Linie juristische oder verwaltungswissenschaftliche
14
Fragestellungen:
Sowohl juristische Studien als auch die juristisch geprägte
15
Verwaltungswissenschaft be-
schäftigen sich vornehmlich mit dem Status quo der Öffentlichkeit der deutschen Verwal-
7
Vgl. Kapitel 1.4.2 dieser Arbeit.
8
Anmerkung: Zu den verschiedenen Studien, die sich mit Ursachen und Einflussfaktoren von Korruption aus-
einandersetzen vgl. Manow, o.J., Politische Korruption als Gegenstand der Politikwissenschaft. Eine Kritik des
Forschungsstandes.
9
Vgl. Andvig, Fjeldstadt, 2000, S.: 52.
10
Anmerkung: Die Verwaltungswissenschaft instrumentalisiert den Begriff Transparenz häufig anhand verwal-
tungsinterner präventiver Regelungen, wie dem ,,Rotationsprinzip" oder dem ,,Vier-Augen-Prinzip".
11
Vgl. z.B. www.informationsfreiheit.de; www.informationsfreiheit.info.
12
Anmerkung: Die Studie ,,Informationsfreiheit. Die `gläserne Bürokratie' als Bürgerrecht" von der Bertels-
mann-Stiftung geht zwar auch auf den neueren Entwicklungsprozess ein, es handelt sich dabei allerdings um
keine explizit politikwissenschaftliche Untersuchung, vgl. von Hart, Welzel, Garstka, 2004.
13
Vgl. Hart Welzel, Garstka, 2004, S.: 156.
14
Anmerkung: Vgl. z.B. die Studien der deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften zur Informati-
onsfreiheit in Deutschland (http://www.hfv-speyer.de).
15
Vgl. Jann, Wegrich,2003, in Schubert Bandelow, S.: 72.

4
tung.
16
Beleuchtet werden Prinzipien wie das Akteneinsichtsrecht nach Art. 29 VwVfg, das
Umweltinformationsfreiheitsgesetz oder die in vier Bundesländern existierenden Informati-
onsfreiheitsgesetze, deren Anwendungsbereiche und Beschränkungen. In der juristischen Li-
teratur werden u. a. Grundlagen und Grenzen des Informationsanspruchs untersucht, wie die
Frage nach einer gegebenenfalls aus Art. 5 Abs. 1 GG hervor gehenden Verpflichtung für den
Gesetzgeber, ein Informationsfreiheitsgesetz einzuführen
17
oder diejenige nach Grundrechts-
kollisionen durch ein solches Gesetz.
Untersuchungen dieser Art wurden für die Arbeit herangezogen: Einerseits dienten juristische
Betrachtungen dazu, die rechtlichen Bedingungen näher analysieren zu können und verwal-
tungswissenschaftliche Studien dazu, die deutsche Verwaltungssituation zu veranschaulichen,
auf deren Grundlage die Notwendigkeit für ein Informationsfreiheitsgesetz untersucht wurde
(2.3.2). Zudem sind verwaltungswissenschaftliche Elemente ein Merkmal der Policy-
Forschung (siehe dazu 1.3) und rücken damit schon aufgrund des gewählten Untersuchungs-
ansatzes der vorliegenden Arbeit in den Vordergrund. Andrerseits aber greifen diese Untersu-
chungen, die nicht explizit auch politikwissenschaftliche Sichtweisen mit einschließen, zu
kurz,
18
wenn analysiert werden soll, inwiefern formale Rahmenbedingungen das Verhalten
der beteiligten Akteure einer Policy tatsächlich prägen.
Wegen der bislang fehlenden politikwissenschaftlichen Herangehensweisen an das Thema
soll daher aus politikwissenschaftlicher Perspektive die Frage nach den Einführungsbedin-
gungen eines bundesweiten Informationsfreiheitsgesetzes als Instrument der Korruptionsprä-
vention durch einen verbesserten Informationszugang der Bürger gestellt werden. Anhand der
Rolle der institutionellen Rahmenbedingungen sowie der Akteure und ihrer Handlungsmoti-
vationen soll untersucht werden, warum die Einführung eines solchen Gesetzes in Deutsch-
land wiederholt scheiterte. Ein weiteres Ziel der Untersuchung ist es, herauszufinden, worauf
es zurückzuführen ist, dass der immer wieder stagnierende Entwicklungsprozess jetzt eine
neue Stufe erreichte. Denn nach mehr als 15 Jahren der ergebnislosen Diskussion um das Ge-
setz befindet sich nun schließlich ein aktueller Entwurf im Stadium der Plenardebatte.
16
Vgl. im Bereich der Verwaltungswissenschaft z.B. Frenzel, 2000 ; Scherzberg, 2000; im juristischen Bereich
z.B. Schoch, Kloepfer, 2002.
17
Vgl. z.B. Angelov, 2000.
18
Vgl. hierzu auch König, Dose, 1993, S.: 158.

5
1.2 Aufbau, methodisches Vorgehen und Quellen
Im ersten Teil der Arbeit wird untersucht, inwiefern Transparenz und Korruption zusammen-
hängen (Kapitel 2), nachdem international und national auf die Bedeutung des Begriffes im
Korruptionskontext verwiesen wird. Sowohl das institutionen-ökonomische Modell der Kor-
ruption als auch Definitionen von Korruption als ,,deviantem" Verhalten lassen auf die Be-
deutung von Transparenz im Korruptionskontext schließen (2.1). Ehe der Begriff Transparenz
durch Informationsfreiheitsgesetze instrumentalisiert wird, soll zunächst anhand der Medien
und des Internets ­ zwei für die Korruption sehr einflussreichen Faktoren ­ dargestellt wer-
den, ob und inwiefern diese ein Informationsfreiheitsgesetz voraussetzen, bzw. in ihrer Wirk-
samkeit durch ein solches Gesetz unterstützt werden würden (2.2).
Mit Hinblick auf die dargestellte theoretische Relevanz von Transparenz für die Korruptions-
bekämpfung werden schließlich die praktischen Möglichkeiten eines Informationsfreiheitsge-
setzes im Korruptionskontext untersucht (2.3). Zwar weist der empirische Zugang dabei deut-
liche Grenzen auf, weil ein wissenschaftlicher Beweis für die Wirksamkeit nicht erbracht
werden kann. Dennoch sollen die Möglichkeiten eines solchen Gesetzes verdeutlicht werden
wie auch die Ursache dafür, warum die führende Anti-Korruptionsorganisation Transparency
International
und viele Befürworter eines solchen Gesetzes große Hoffnungen in ein Informa-
tionsfreiheitsgesetz legen.
Dies führt auch zu der Frage, warum in Deutschland ein solches Gesetz bisher nicht existiert,
weshalb die Entwicklungsgeschichte des Informationsfreiheitsgesetzes auf Bundesebene un-
tersucht wird. Die institutionellen Rahmenbedingungen (Kapitel 3) umfassen die derzeitige
Rechtslage in Deutschland auf Bundes- und auf Landesebene (3.1) sowie internationale und
europäische Regelungen zur Informationsfreiheit (3.2), darüber hinaus aber auch, im Sinne
eines weiteren Institutionenbegriffs, die Verfügbarkeit von Ressourcen und die Rolle der be-
grenzten Zeitperioden einer Legislaturperiode (3.3).
Anschließend widmet sich die Analyse in Kapitel 4 den einzelnen Phasen des Gesetzespro-
zesses und den jeweils beteiligten Akteuren bei Problemdefinition und Agendasetting-
Versuchen vor dem Regierungswechsel (Kapitel 4.1), sowie dem gelungenem Agendasetting
und der Politikformulierung nach dem Regierungswechsel (Kapitel 4.2 und 4.3). Bei der Ana-
lyse des Prozesses nach 1998 wird in Hinblick auf die Konfliktsituation zwischen Regierung

6
und Verwaltung auf der einen Seite und dem Parlament auf der anderen Seite jeweils zwi-
schen den Akteuren der parlamentarischen Arena, der vorparlamentarischen Arena und der
Verwaltungsarena, bzw. Regierung unterschieden. So wird deutlich, dass es zu einer innerpar-
teilichen Frontenbildung kam, aufgrund derer die Einführungsversuche des Gesetzes trotz
offizieller Absichtserklärungen in den Koalitionsverträgen von 1998 und 2002 wiederholt
scheiterten. Anschließend wird in Kapitel 5 untersucht, inwiefern es seit 2002 nach einer Pha-
se der Stagnation (5.1 und 5.2) zu einer neuen, erfolgsversprechenden Dynamik im Gesetzes-
prozess kam. Hierzu werden die entsprechenden Akteurskonstellationen in Hinblick auf Ver-
änderungen und auf der Grundlage des Netzwerkansatzes untersucht (5.3 und 5.4). Kapitel 6
enthält die Ergebnisse der Untersuchung, einen kurzen Überblick über aktuelle Geschehnisse
und einen Ausblick.
Quellen
Die Darstellung beruht auf der Inhaltsanalyse von Texten und Dokumenten, insbesondere von
Plenarprotokollen und Drucksachen
19
, die die Diskussion um ein bundesweites Informations-
freiheitsgesetz betreffen. Diese umfassen den Zeitraum von 1987 (als sich die parlamentari-
sche Diskussion entfaltete) bis zur gegenwärtigen 15. Legislaturperiode, wobei der Fokus auf
der Regierungszeit von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen seit dem Jahre 1998 liegt: Verstärk-
tes Engagement für ein Informationsfreiheitsgesetz ist im parlamentarischen Geschehen erst
nach dem Regierungswechsel erkennbar. Die betreffenden Dokumente wurden vollständig
eingesehen und ­ soweit sie für die Argumentation aufschlussreiche Details enthielten ­ in die
Analyse miteinbezogen.
Zudem wurden Interviews mit beteiligten Akteuren der verschiedenen ,,Arenen"
20
geführt und
anschließend qualitativ ausgewertet. Diesen liegt ein Leitfaden zugrunde, der nach dem jewei-
ligen Engagement des beteiligten Akteurs bzw. seiner Partei oder Organisation, den in An-
spruch genommenen Argumenten und der gegenüber dem Gesetzesvorhaben eingenommenen
Haltung fragt sowie nach der jeweiligen Einschätzung der bisherigen Hindernisse auf dem
Weg zu einem Informationsfreiheitsgesetz. Darüber hinaus enthalten die Interviews auch Fra-
gen, die sich aus der Analyse von Texten und Dokumenten ergeben haben und deren Beant-
wortung dazu dienen soll, Lücken im Entwicklungsverlauf des bundesweiten Informations-
19
Vgl. Verzeichnis der Drucksachen und Plenarprotokolle im Literaturverzeichnis (7.2.2)
20
Anmerkung: Siehe hierzu die Erläuterung zum ,,Arena-Konzept" Lowis in Kapitel 1.3

7
freiheitsgesetzes zu füllen, da dieser, wie erwähnt, in der Literatur nicht vollständig dokumen-
tiert ist. Darüber hinaus bezieht sich die Analyse in besonderem Maße auch auf das Gesche-
hen seit 2002, zu dem sich überwiegend nur aus der Befragung von beteiligten Akteuren Er-
kenntnisse ziehen ließen. In die Befragung einbezogen sind Akteure, die eine maßgebliche
Rolle bei der Thematisierung des bundesweiten Informationsfreiheitsgesetzes, beim Agenda-
Setting und bei der Politikformulierung wahrgenommen haben, bzw. wahrnehmen (der Pro-
zess der Politikformulierung ist noch nicht abgeschlossen; Stand: März 05): Auf Seiten der
gegenwärtig regierenden Parteien handelt es sich insbesondere um den bildungs-, forschungs-
und medienpolitischen Sprecher der SPD Jörg Tauss
21
und auf Seiten von Bündnis 90/ Die
Grünen um deren Referent für Innen- und Rechtspolitik, Jürgen Roth, der seit Beginn an den
Verhandlungen beteiligt gewesen ist. Für den Bereich des Innenministeriums (welches als
federführendes Ministerium innerhalb der Verhandlungen auch die Bedenken der anderen
Ministerien vertrat) dient ein ausführliches Interview mit dem zuständigen Referatsleiter
22
Dr.
Heribert Schmitz
der ergänzenden Darstellung der Haltung auf Verwaltungsebene. Auf Seiten
der gesellschaftlichen Akteure wurde mit verschiedenen Repräsentanten von Transparency
International
gesprochen, die sich besonders für ein Informationsfreiheitsgesetz einsetzen
oder eingesetzt haben (neben Reinhold E. Thiel auch Vorstandsmitglied Dr. Michael Wiehen
und Dieter Hüsgen, der als Vertreter der deutschen Sektion von Transparency-International
an dem Entwurf der Verbände beteiligt war). Befragt wurden darüber hinaus auch Vertreter
der Humanistischen Union (Dr. Christoph Bruch), Mehr Demokratie e.v. (Roman Huber) und
Netzwerk Recherche
(Dr. Manfred Redelfs) sowie ein Experte für das Thema Informations-
freiheit von der Bertelsmann-Stiftung (Dr. Thomas Hart). Auf Seiten des BDIs gab Sigrid
Hintzen
(Rechtsabteilung) ergänzend zu den offiziellen Thesen des BDI zum Informations-
freiheitsgesetz
Auskunft über Bedenken und deren Ursachen.
21
Anmerkung: Zusätzliche Informationen kamen auch von Johannes Kollbeck, Referent und wissenschaftlicher
Mitarbeiter von Jörg Tauss.
22
Der Abteilung V5 (Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und Personenstandswesen).

8
1.3 Untersuchungsansatz: Policy-Analyse und Akteurszentrierter Institu-
tionalismus
Als analytischer Bezugsrahmen zur Untersuchung des Entwicklungsprozesses dient eine
Kombination aus der Policy-Analyse und dem akteurszentrierten Institutionalismus nach
Mayntz und Scharpf
23
. Auf diese Weise sollen bereits in der Policy-Analyse vorhandene Ele-
mente ausgeweitet werden, um eine stärkere Integration des Institutionalismus und der mit
diesem Ansatz verbundenen ,,analytischen Werkzeuge"
24
zu erzielen. So werden die Konzepte
,,Politiknetzwerk" und ,,Policy-Arena" genutzt, um die für die Policy-Analyse typischen Mus-
ter der Akteurskonstellationen und Interaktionsformen systematisch hervorzuheben. Bevor
diese Konzepte allerdings näher erläutert werden, soll zunächst die Funktion der Policy-
Analyse in der Politikwissenschaft beschrieben werden.
Policy Analyse
Seit den 80er Jahren bildet die Policy-Analyse (Politikfeldforschung) auch in der Bundesre-
publik ein Hauptfeld der politikwissenschaftlichen Forschung. Im Rahmen der Policy-
Analyse wird ein Teilbereich aus dem größeren politischen Zusammenhang herausgegriffen,
um konkrete Inhalte, Einflussfaktoren und Wirkungen politischen Handelns zu untersuchen.
25
Damit wird der Ausweitung der Staatstätigkeit und einer stärkeren Spezialisierung der Politik-
formulierung in einzelnen Politikfeldern (z.B. Umweltpolitik, Wirtschaftspolitik oder Hoch-
schulpolitik) Rechnung getragen. Der politische Prozess wird dazu in verschiedenen Phasen
dargestellt, die meist mit Agenda-Setting, Policy-Formulation, Decision Making, Policy
Implementation
und Policy Evaluation benannt werden und im Idealfall den so genannten
,,Politikzyklus"
26
bilden. Die einzelnen, theoretisch angenommenen Stufen des Prozessmo-
dells sind in der Realität allerdings nicht klar voneinander zu trennen, sondern gehen fließend
23
Anmerkung: Näheres zum Ansatz des akteurszentrierten Institutionalismus im Rahmen der Policy-
Forschung, vgl. Scharpf, 2000.
24
Scharpf, 2000, S.: 19
25
Vgl. die Definition von Dye, 1978: ,,Policy Analysis is what governments do, why they do it and what differ-
ence it makes."
26
Anmerkung: Das Phasenmodell geht auf den amerikanischen Politologen Lasswell zurück, vgl. Lasswell
Harold D., 1956. Es existieren mehrere Modelle des Politikzyklus. Die Phaseneinteilung der verschiedenen Mo-
delle und die jeweiligen Phasenbezeichnungen variieren, vgl. Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.:
77.

9
ineinander über, was auch zu Kritik an der Policy-Analyse führte.
27
Schubert zufolge stellen
die Phasen daher aus theoretischer Sicht nur ,,sequentielle Kategorien"
28
dar.
Dennoch ist das Phasenmodell für die Analyse des Gesetzesentwicklungsprozesses als analy-
tischer Bezugsrahmen eine ,,unverzichtbare Grundlage"
29
der aktuellen politikwissenschaftli-
chen Diskussion.
30
Innerhalb der vorliegenden Arbeit dient es vorwiegend zur Strukturierung
des Entwicklungsprozesses. Da es in Deutschland bisher noch nicht zur Implementierung und
Evaluierung eines bundesweiten Informationsfreiheitsgesetzes kam, bilden die Phasen des
Agenda-Settings
und der Policy-Formulation die Schwerpunkte dieser Arbeit. Die jeweilige
Phase beeinflusst die Auswahl der Akteure, indem innerhalb der Untersuchung konzeptionell
zwischen Akteuren der einzelnen Phasen unterschieden wird. F. U. Pappi weist auf die Rele-
vanz dieser Unterscheidung hin: ,,So wird man bei einer Phase, die sich primär mit dem A-
gendasetting
[kursiv i. O.] beschäftigt, andere Akteure auswählen als bei einer Frage, bei der
die Verabschiedung bestimmter Gesetze im Zentrum der Aufmerksamkeit steht."
31
Der Begriff Agendasetting bezeichnet diejenigen Prozesse, in denen Vorentscheidungen im
Hinblick auf die Auswahl, Prioritätensetzung und Strukturierung des Policy-Problems hin-
sichtlich möglicher Handlungsstrategien getroffen werden,
32
wobei unterschiedliche gesell-
schaftliche Gruppen, Institutionen oder Individuen mit verschiedenen Motivationen als Ak-
teure beteiligt sein können. Agendasetting umfasst auch die ,,Problemwahrnehmung und
-definition"
33
, denn erst durch die Definition einer Policy kann ein Problem einer Entschei-
dung zugeführt werden. Das als relevant wahrgenommene Problem muss für die Problemver-
arbeitung auf die politische Agenda gesetzt werden, wobei sich dabei die Frage nach den Me-
chanismen des Agenda-Settings stellt,
34
also nach der Art und Weise, wie ein politisches
Problem letztlich auf die politische Tagesordnung kommt.
Im Folgenden wird mit Blick auf die Phasen der Problemdefinition und des Agenda-Settings
untersucht, welche Akteure politischen Handlungsbedarf für das Thema eines Informations-
freiheitsgesetzes artikulieren, welche Akteure Versuche unternehmen, die Thematik auf die
27
Anmerkung: Mehr zur Kritik an der Policy-Analyse, vgl. Héritier, 1993, S. 9.
28
Schubert, 1991, S.: 34.
29
Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 71.
30
Vgl. Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 71.
31
Pappi, 1993, in: Heritiér, S.: 92.
32
Vgl. Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 83.
33
Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 95.
34
Vgl.: Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 83.

10
politische Agenda zu setzen und welche Initiativen dagegen setzen. Entscheidend sind bereits
in dieser Phase politische Macht und politischer Einfluss, um das Thema auf die ,,Entschei-
dungsagenda"
35
zu setzen.
36
Als Policy Formulation wird der Prozess der ,,Politikformulierung und Entscheidung"
37
be-
zeichnet, aufgrund dessen aus Problemwahrnehmung, Vorschlägen und Forderungen staatli-
che Programme werden. Dabei spielt vor allem die Frage eine Rolle, wie politische Program-
me und Entscheidungen zustande kommen, bzw. scheitern, wobei dieser Prozess nicht auf
eine Koalition von Akteuren begrenzt sein muss: ,,Thus there may well be two or more formu-
lation groups producing competing (or complementary) proposals."
38
Die Politikformulierung
kann über einen langen Zeitraum stattfinden, während dessen keine der Vorlagen ausreichen-
de Unterstützung findet: ,,Formulation and reformulation may occur over a long period of
time without ever building sufficient support for any one proposal."
39
Dies verdeutlicht der
Entwicklungsprozess des bundesweiten Informationsfreiheitsgesetzes insofern, als zunächst
eine Vielzahl von abgeänderten Versionen des Referentenentwurfs diskutiert wird, ohne dass
dies zu einem Ergebnis führt.
Gegenüber der traditionellen Perspektive, die nur die politisch verantwortlichen Organe mit
politischen Entscheidungen befasst sieht, werden auf die beschriebene Weise die tatsächlichen
Entscheidungen im modernen Staat untersucht. Dabei wird insbesondere die Rolle der Ver-
waltung hervorgehoben.
40
Diese ist insofern entscheidend, als im modernen Staat die eigentli-
chen politischen Institutionen nicht mehr alle Entscheidungen bestimmen können:
,,Während die eigentliche Entscheidung über eine Policy im Rahmen eines for-
malen Verfahrens von den zuständigen politischen Entscheidungsinstanzen ge-
troffen wird (Parlament, Regierung),
[...], geht dem ein umfangreicher, mehr
oder weniger offener, häufig informeller Austausch- und Verhandlungsprozess
voraus, bei dem Ministerialverwaltung und Interessengruppen von entscheiden-
der Bedeutung sind. Die Policy-Forschung konnte dabei zeigen, dass die Pro-
zesse innerhalb von Policy-Netzwerken häufig einen weit größeren Einfluss auf
35
Windhoff-Héritier, 1987, S.: 71.
36
Vgl.: Windhoff-Héritier, 1987, S.: 71.
37
Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 85.
38
Howlett, Ramesh, 1995, S.: 123.
39
Howlett, Ramesh, 1995, S.: 123.
40
Vgl. Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 72/3.

11
die Politikinhalte haben als Entscheidungsprozesse in der parlamentarischen
Arena.
"
41
Dabei zeigt sich, welche Probleme eher verdrängt und welche Ziele vernachlässigt werden
sowie welche Alternativen in der Phase der Entscheidungsvorbereitung von der Verwaltung
bereits ausgeschieden wurden, ehe ein verantwortlicher Politiker mit dem Entscheidungsvor-
schlag überhaupt befasst war.
42
Demzufolge wird der Entwicklungsprozess des bundesweiten
Informationsfreiheitsgesetzes in der vorliegenden Arbeit auch insofern mit Hilfe der Policy-
Analyse beschrieben, als auf diese Weise typische Elemente ,,moderner" Politik hervorgeho-
ben werden können, die den Entwicklungsprozess offensichtlich charakterisieren.
Der Ansatz des akteurszentrierten Institutionalismus in Verbindung mit der Policy-Analyse
Die Policy-Analyse wird im Rahmen der Untersuchung mit dem akteurszentrierten Institutio-
nalismus verknüpft,
43
ausgehend von der grundlegenden Annahme, dass die Untersuchung
von Strukturen ohne Bezug auf Akteure genauso wenig erklärungskräftig ist, wie die Analyse
von Akteurshandeln ohne Bezug auf die Strukturen. Das Konzept der Institution umfasst da-
bei Regelsysteme, die die Handlungen der Akteure strukturieren, wobei dies nicht nur formale
rechtliche Regeln einschließt, sondern auch soziale Normen.
44
Die Untersuchung der Rah-
menbedingungen des Entwicklungsprozesses bezieht in diesem Sinne formal-rechtliche Rege-
lungen zur Informationsfreiheit ein, weil diese erwartungsgemäß die Handlungen der Akteure
zu einem gewissen Grad beschränken. Darüber hinaus soll aber mit dem Faktor Zeit, bzw. der
begrenzten Legislaturperioden auch ein Element aufgenommen werden, das ­ im Sinne einer
sozialen Norm ­ den Entwicklungsprozess charakterisiert, weil Anträge und Annahmen (be-
absichtigt oder unbeabsichtigt) der Diskontinuität zum Opfer fallen.
Die Sichtweise des akteurszentrierten Institutionalismus geht davon aus, dass Institutionen
den Handlungsspielraum der Akteure beschränken oder auch vorgeben, wie Entscheidungen
getroffen werden. Sie prägen damit das Handeln der Akteure und bilden ,,einen ­ stimulieren-
den, ermöglichenden oder auch restringierenden ­ Handlungskontext",
45
aber keinen determi-
41
Vgl. Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, 2003, S.: 86.
42
Vgl. Scharpf, 1973, S.: 16.
43
Anmerkung: Der akteurszentrierte Institutionalismus stellt nach Mayntz und Scharpf kein Erklärungsmodell
dar, sondern eine ,,Forschungsheuristik, indem er die wissenschaftliche Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte
der Wirklichkeit lenkt.", vgl. Mayntz, Scharpf, 1995, in: ebd., S.: 39.
44
Vgl. Scharpf, 2000, S.: 77.
45
Mayntz, Scharpf, 1995, in: ebd., S.: 39.

12
nierenden. Veränderungen im Entwicklungsprozess einer Policy können somit auch bei wenig
veränderten institutionellen Bedingungen beobachtet werden. Die Herausbildung einer be-
stimmten Politik wird dann aus den meist sehr komplexen Interaktionen der staatlichen und
nicht-staatlichen Akteure abgeleitet, wobei die politische Entscheidung durch Akteurskonstel-
lationen und Interaktionsformen (beim Entwicklungsprozess des Informationsfreiheitsgeset-
zen spielt insbesondere die Verhandlung eine Rolle) bestimmt wird. Als analytische Raster für
die Untersuchung eines solchen interdependenten Handelns mehrerer Akteure, das zu einer
Policy führt, dienen die Konzepte ,,Politiknetzwerk" und ,,Politikarena"
46
, die im Folgenden
näher erläutert werden sollen.
Politiknetzwerke
In der Politikwissenschaft spielt der Netzwerkansatz neben der Abbildung der wahrgenom-
menen Veränderungen politischer Entscheidungsprozesse insbesondere als Analyseansatz
eine Rolle: ,,Network Analysis includes the broad array of methodological tools fort he analy-
sis of relational configurations and structures."
47
Auf der Grundlage des Netzwerkansatzes
werden Entscheidungen als Verhandlungsprozesse zwischen den Akteuren in Politiknetzwer-
ken dargestellt. Der Begriff umfasst somit diejenigen Akteure, die an der Entstehung und
Durchführung einer Policy beteiligt sind, wobei die Beziehungen in der vorliegenden Arbeit
nicht quantitativ ausgewertet werden (wie dies häufig auf der Grundlage von Netzwerkansät-
zen geschieht), sondern deskriptiv erschlossen werden sollen. Diese Vorgehensweise versucht
darzulegen, inwiefern das Ergebnis durch die Beziehungen, Interessenkonstellationen und
Einflussverteilungen zwischen den unterschiedlichen Akteuren bestimmt wird.
48
Solche Netzwerke entstehen, ,,weil auf der einen Seite gesellschaftliche Akteure eine Beteili-
gung am politischen Prozess anstreben, während umgekehrt eine Zusammenarbeit mit ihnen
für den Staat die Möglichkeit eröffnet, sich Informationen zu beschaffen; [...]"
49
Unter derar-
tigen Bedingungen entstehen Policies aus der Interdependenz verschiedener Handlungen, wo-
bei die Beziehungsmuster zu einem gewissen Maß durch Institutionen bestimmt werden, dar-
über hinaus aber auch informell sein können und zum Beispiel von gleichgerichteten Interes-
sen und Zielen bestimmt werden. So erlangen Netzwerke bei der Politikgestaltung in einzel-
46
Windhoff-Heritier, 1987, S.: 10.
47
Vgl.: Kenis, Schneider,1991, in: Marin, Mayntz, S.: 44.
48
Vgl. Jann, Wegrich, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.: 87.
49
Mayntz, 1993, in Héritier, S.: 41.

13
nen Politikfeldern zunehmende Bedeutung und überlagern die verfassungsmäßig vorgegebe-
nen Strukturen.
Das Konzept des Netzwerks widerspricht damit dem ,,stereotypischen Bild einer klaren Tren-
nung von Staat und Gesellschaft und der Vorstellung des Staates als dem höchsten gesell-
schaftlichem Kontrollzentrum"
50
und verdeutlicht, dass Politik heute oft in einem Prozess, in
den eine Vielzahl von sowohl öffentlichen als auch privaten Organisationen eingebunden
ist,
51
entsteht ­ ein für Policy-Analysen typisches Ergebnis: ,,Im politischen Bereich der Ent-
wicklung und Implementation von Policies sind die Organisationen außerhalb des Staates
wichtiger geworden, so dass man hier nicht mehr länger von einer Trennung von Staat und
Gesellschaft sprechen kann."
52
In der Praxis zeigt sich dies, indem Vertreter ihrer jeweiligen
Organisationen über einen längeren Zeitraum kollektiv agieren, wobei das Handeln auf einen
gemeinsamen Output
53
gerichtet ist. Bei der Untersuchung der Politikformulierung wird diese
Annahme insofern einbezogen, als die Akteure auf Verbandseite und die politischen Akteure
zu den jeweiligen Verbindungen untereinander befragt werden, um gegebenenfalls Einflüsse
aufeinander herauszuarbeiten.
Policy Arena-Konzept : Distributive und Redistributive Politik
Da die Politikwissenschaft dem Konfliktniveau großen Einfluss auf die Problemlösungsfähig-
keit politischer Systeme zuschreibt,
54
soll im Rahmen der Untersuchung insbesondere auch
die Art der Konfliktmuster im Zusammenhang mit der politischen Diskussion um ein Infor-
mationsfreiheitsgesetz näher untersucht werden. Der Begriff der Politikarena hebt auf den
politischen Prozess, Konflikt und Konsensus während Entstehung und Durchführung einer
Policy ab.
55
Nach dem Motto ,,policy determines politics" hat für Lowi der Inhalt von Policies
auch Rückwirkungen auf deren politischen Verarbeitungs- und Lösungsprozess: Dabei wird
die Arena und damit die Art des politischen Prozesses letztlich von den erwarteten Kosten
und Nutzen einer Policy definiert. Schubert verweist darauf, dass redistributive Politik im
Gegensatz zu distributiver meist in Nullsummen-Situationen stattfindet, in denen einem Ak-
50
Mayntz , 1993, in: Héritier, S.: 40.
51
Mayntz, 1993, in: Heritier, S.: 40.
52
Pappi, 1993, in: Héritier, S.: 84.
53
Anmerkung: Die Begriff ,,Input" und ,,Output" entstammen ursprünglich dem Modell von Easton, auf dessen
grundlegenden Annahmen die Policy-Analyse basiert, vgl. Easton, 1953.
54
Scharpf, 2000, S.: 88.
55
Windhoff-Héritier, 1987, S.: 43.

14
teur nur etwas gegeben werden kann, wenn es einem oder mehreren anderen weggenommen
wird.
56
Wie angedeutet, wirken bereits die Reaktionen und Erwartungen der Betroffenen antizipativ
auf den politischen Entscheidungs- und Umsetzungsprozess ein. Über diese antizipierten Wir-
kungen können nach Lowi bereits analytisch unterscheidbare Politikarenen gebildet werden.
Auch König und Dose betonen die Relevanz einer solchen Differenzierung, weil eine ,,Be-
trachtung, die nicht auch dezidiert die Interessen der von staatlicher Steuerung Betroffenen
einbezieht"
57
, zu kurz greift: ,,So werden die Nutznießer einer staatlichen Maßnahme diese
begrüßen, während die von ihr negativ Betroffenen sich gegen sie wehren werden."
58
Dieser
Auffassung entspricht die Zuordnung der verschiedenen beteiligten Akteure zu den Arenen
,,Parlament", ,,Regierung und Verwaltung" und ,,Vorparlamentarische Arena" innerhalb der
Untersuchung, denn das Konfliktpotential des Informationsfreiheitsgesetzes, welches zum
Ziel hat, die weitgehende Entscheidungsautonomie der Verwaltung über die Herausgabe von
Informationen zu beschränken, zeigt sich schon früh innerhalb der Diskussion.
1.4 Grundlegendes zu den Begriffen Transparenz, Informationsfreiheit
und Korruption
Transparenz
Transparenz staatlichen Handelns und Entscheidens wird als grundlegend für das Funktionie-
ren einer Demokratie verstanden und gilt als ,,Wesensmerkmal eines demokratischen Rechts-
staates"
59
: Ohne ein bestimmtes Maß an Transparenz lassen sich Wahlentscheidungen nicht
sinnvoll treffen, und nur indem die Bürger Einblick in die politischen Entscheidungsabläufe
erhalten, entsteht Vertrauen. Der Begriff Transparenz verweist damit auf ein qualitatives und
quantitatives Maß an Informationen, das von der Exekutive veröffentlicht wird: ,,[...] in the
political science literature, the concept of transparency is used to describe information re-
leased by government to external and domestic actors alike."
60
56
Vgl. Schubert, 1991, S.: 40.
57
König/ Dose, 1993, S.: 158.
58
König/ Dose, 1993, S.: 158.
59
Kugelmann, 2001, S.: 11: ,,Wesensmerkmal eines demokratischen Rechtsstaates ist die Transparenz staatli-
chen Handelns und Entscheidens. Dies gilt für alle drei Gewalten."
60
Burkart, 1998, in: DuD 8/1998.

15
Die OECD benützt den Begriff Transparenz im Zusammenhang mit der öffentlichen Verfüg-
barkeit von ,,reliable, relevant and timely information about the activities of government
[...]".
61
Transparenz steht in engem Zusammenhang mit dem Begriff Accountability,
62
da der
Rechenschaftspflicht der Regierung gegenüber den Bürgern in modernen Demokratien durch
transparente Entscheidungsabläufe entsprochen wird: Nur durch hinreichende Informationen
über das Handeln der Regierung erhält der Bürger die Möglichkeit, diese auch durch Abwahl
zu bestrafen:
,,
Even the most minimal understandings of what democracy entails
[...] assume
that one should have access to government information in order to know about
what to complain. Thus, transparency of governments toward their societies is
seen as a necessary factor of government accountability and responsiveness
and, implicitly, of a truly democratic polity
[...]. "
63
Die Bedeutung, die der Transparenz über ihre Bedeutung als generelles Charaktermerkmal
einer funktionierenden Demokratie hinaus für die Korruptionsbekämpfung zukommt, macht
den Begriff für die Arbeit zum Schlüsselbegriff. Transparenz in den politischen Entschei-
dungsabläufen gilt als das Instrument gegen Korruption, indem ein bestimmtes Ausmaß von
Transparenz weit reichende Kontrolle ermöglicht und präventiv gegen Korruption wirkt:
,,In a transparent system, a politician or bureaucrat acts knowing that his or
her actions may someday be discovered by the public because permanent proc-
esses allow for it. It is more likely that such an individual will act for `the good
of the people' (rather than for him- or herself) than one in a non-transparent
system"
64
Korruption
Die Politikwissenschaft bedient sich einer Vielzahl unterschiedlicher Definitionen von Kor-
ruption, die jeweils andere Aspekte betonen. Schon aufgrund der äußerst unterschiedlichen
Kontexte, in denen Korruption stattfinden kann, gibt es keine universale Definition:
,,It is quite obvious that the quest for a universal definition of corruption that
suits all possible analytical elements entailed in this word is mostly impossible.
61
Anmerkung: Accountability wird von der OECD wie folgt definiert: ,,[...] that it is possible to identify and
hold public officials to account for their actions, vgl. Bertók, 2002, S.: 7.
62
Bertók, 2002, S. : 7.
63
Grigorescu, 2003, S. : 644.
64
Grigorescu, 2003, S. : 644.

16
The issue of whose norms to follow when defining corruption is the major im-
pediment of most approaches.
"
65
Im Wesentlichen stehen sich die Definition von Korruption als (individuell) abweichendes
Verhalten
66
und die von Korruption als Beziehungsphänomen (institutionenökonomisches
Modell) gegenüber. Besonders aufgrund der Tatsache, dass Normen, auf deren Basis Korrup-
tion als abweichendes Verhalten definiert wird, nicht universal festgeschrieben werden kön-
nen, entfernt sich die neuere Forschung allerdings zunehmend von der Betrachtungsweise von
Korruption unter dem Gesichtspunkt individueller Devianz.
67
Das institutionenökonomische
Modell beschreibt auf der Basis der Grundannahme eines egoistischen Akteurs Korruption als
mehr oder weniger ,,normales" Verhalten und stellt dieses in Abhängigkeit gegebener Struktu-
ren: Je geringer die Entdeckungswahrscheinlichkeit, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit
für korruptives Verhalten (siehe auch Kapitel 2.1).
Informationsfreiheit
So häufig der Begriff der Transparenz auch in Zusammenhang mit Korruptionsbekämpfung
gebracht wird ­ er bleibt seinem Charakter nach unscharf und abstrakt. Eine konkretere Form
erhält er mithilfe von Instrumenten, die zum Ziel haben, Transparenz in den staatlichen Ab-
läufen und Strukturen herzustellen. Dabei stellen Informationsfreiheitsgesetze eine Regelung
unter vielen dar, welche die politische Transparenz eines Regierungssystems bestimmen.
68
Der Begriff ,,Informationsfreiheit" entstand aus der direkten Übersetzung des englischen
Ausdrucks Freedom of Information. Generell umfasst er die Freiheit aller öffentlichen Kom-
munikationsprozesse, einschließlich der bestehenden Regelungen des Akteneinsichtsrechtes,
des Rechercherechts im Rahmen der Pressefreiheit, des Zensurverbots und des grundsätzli-
chen Anspruches, nicht daran gehindert zu werden, Informationen zu empfangen.
69
Während
das Informationsfreiheitsprinzip international in vielen Ländern, sowie innerhalb der BRD in
vier Bundesländern durch so genannte Informationsfreiheitsgesetze (IFG) realisiert wird, be-
steht bundesweite Informationsfreiheit in Deutschland bislang nur insofern, als Art. 5 Absatz
65
González, 2004, S : 29.
66
Anmerkung: Zum Beispiel die häufig zitierte Definition von Korruption als Missbrauch eines öffentlichen
Amtes zum privaten Nutzen.
67
Vgl. Johnston, 1996, S.: 321-335.
68
Vgl. Bruch, 2000, S.: 3.
69
Bruch, 2000, S.: 1.

17
1 GG
70
das Recht garantiert, sich ,,aus allgemein zugänglichen Quellen" ungehindert zu unter-
richten.
Neben dem Begriff Informationsfreiheitsgesetz existieren im deutschen Sprachgebrauch auch
die Begriffe Akteneinsichtsrecht, bzw. Aktenzugangsrecht und Informationszugangsrecht.
Einerseits wird durch den Gebrauch dieser Begriffe vermieden, dass Informationsfreiheitsge-
setze missverständlich mit dem im Grundgesetz bereits verankerten Anspruch auf Informati-
onsfreiheit gleichgesetzt werden. Andererseits aber können oben genannte Begriffe als zu eng
bezeichnet werden, da Informationsfreiheit nach der Ansicht der Befürworter eines solchen
Rechts mehr umfassen muss als nur die Möglichkeit der Einsicht, indem Informationen zum
Beispiel auch aktiv von der Verwaltung öffentlich gemacht werden sollen.
71
Im Folgenden
wird daher der Begriff ,,Informationsfreiheitsgesetz" verwendet, der synonym für eine Kate-
gorie einschlägiger Regelungen und Regelungsversuche steht sowie Mindestinhalte eines sol-
chen Gesetzes einschließt, die als Standards einer angemessenen Regelung betrachtet werden:
So würde ein Informationsfreiheitsgesetz in Deutschland im Gegensatz zu den bisher gelten-
den, stark einschränkenden Regelungen (siehe 3.1.2) einen generellen Informationszugang
garantieren. Zugang bedeutet in diesem Zusammenhang allgemein die Möglichkeit, sich In-
formationen aus Behördenunterlagen durch Einsicht selbst zu beschaffen oder diese durch
Auskunft der Behörden zu erhalten. Die Offenlegung der auf diese Weise erhältlichen Infor-
mationen soll dabei die Regel, die Geheimhaltung der Informationen dagegen Ausnahme sein.
Nicht der Bürger soll sein Interesse an bestimmten Behördenunterlagen begründen müssen,
um Zugang zu diesen zu erhalten, sondern die Verwaltung muss darlegen, warum in den Aus-
nahmefällen spezielle Informationen oder ganze Informationsbereiche geheim gehalten wer-
den.
70
Anmerkung: Art 5 GG, Abs.1: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern
und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
71
Vgl. Persönliches Interview mit Michael Wiehen/ Transparency International am 24.11.04.

18
2
Der Begriff der Transparenz im Hinblick auf Korruption
2.1 Transparenz als Schlüsselbegriff der Korruptionsbekämpfung
Informationsfreiheit setzt eine rechtliche Regelung voraus, mit der ein gewisses Maß
an Transparenz in den staatlichen Strukturen und Abläufen garantiert wird. Auch wenn in
Deutschland umstritten ist, welche Funktion Informationsfreiheitsgesetzen zukommt, werden
diese generell als Instrumente betrachtet, Transparenz besonders im Bereich der Verwaltung
herzustellen, bzw. zu verbessern. Dies ist erwähnenswert im Hinblick auf die Diskussion um
Möglichkeiten der Korruptionsprävention, denn dabei gilt Transparenz als Schlüsselbegriff:
So wird etwa im Manual on Anti-Corruption Policy der Vereinten Nationen dargestellt, wel-
che Bedeutung der öffentliche Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen und somit der
Begriff Transparenz im Zusammenhang mit der Korruptionsverhinderung haben:
,,Transparency in government is widely viewed as a necessary precursor to
good governance and corruption reduction. The public has a right to know
about the activities of its government. Public access to the decision-making
process is a key in providing accountability of government operations."
72
Für die Weltbank ist Transparenz ebenfalls ein wichtiger Schlüsselbegriff. Unter dem Stich-
wort increased transparency wird im Public Policy Journal der Weltbank aufgeführt, dass
Korruption durch transparente Verfahren innerhalb der Regierung bzw. Verwaltung abge-
wehrt werden kann: ,,Within the public sector certain structures and systems can make go-
vernment actions more transparent. Corruption is deterred because it is more difficult to hide.
"
73
Unter dem Motto Korruptionsbekämpfung und Verbesserung der Transparenz wurde im
Juni 2003 auf dem G8-Weltwirtschaftsgipfel mehr Transparenz bei den Staatseinnahmen und
-ausgaben für notwendig befunden, da Transparenz Korruption erschwere.
74
Auch in Deutschland wird die Bedeutung von Transparenz im Zusammenhang mit der Kor-
ruptionsbekämpfung erkannt: Eine Enquete-Kommission des deutschen Bundestages zur Glo-
balisierung bezeichnet Transparenz sogar als ,,Zauberwort der Korruptionsbekämpfung"
75
,
72
United Nations Office for Drug Control and Crime Prevention, 2001, S. : 18.
73
Rose-Ackermann, 1996, in: Public Policy for the Private Sector. Worldbank, 75 (April 1996).
74
G8-Weltwirtschaftsgipfel in Evian, Dokumentation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, S.: 40.
75
Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft ­ Herausforderungen und Antwor-
ten, 2002.

19
nicht zuletzt auch deshalb, weil ,,ein Korruptionsopfer gewöhnlich keine Kenntnis [hat], dass
es Opfer wurde"
76
. Zur Bedeutung von ,,transparenten" Strukturen im Staat heißt es daher im
Kommissionsbericht:
,,Die in eine korrumpierte Transaktion eingebundenen Parteien werden alles
versuchen, um ihr Tun zu verschleiern. Für Außenstehende hat es den Anschein,
es sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Dies fällt umso leichter, je
intransparenter Abläufe gestaltet sind. Reformen müssen in den Bereichen Ver-
waltung, Politik und Wirtschaft stattfinden."
77
Die aufgeführten unterschiedlichen Zusammenhänge, in denen auf die Bedeutung von Trans-
parenz für die Korruptionsbekämpfung verwiesen wird, verdeutlichen, dass sowohl ,,Transpa-
renz" als auch ,,Korruption" in verschiedenen Kontexten jeweils unterschiedlichen Definitio-
nen unterliegen. Dennoch besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass fehlende Transparenz,
bzw. der Mangel an ausreichenden Informationen eine grundlegende Ursache für Korruption
darstellen. Im Folgenden ist dieser Zusammenhang theoretisch zu erörtern.
Wie erwähnt, stehen sich in der wissenschaftlichen Diskussion im Wesentlichen das instituti-
onenökonomische Modell und die Definition von Korruption als ,,deviantes" Verhalten ge-
genüber. Im Folgenden geht es allerdings nicht um die umstrittene Frage einer geeigneten
Definition sondern darum, darzustellen, inwiefern stark divergierende Ansätze dennoch eine
Gemeinsamkeit aufweisen, indem sie dem Begriff der Transparenz eine ausschlaggebende
Rolle zuweisen. In Ansätzen, die von normenabweichendem Verhalten von Individuen ausge-
hen
78
wird Korruption als ein Verhalten dargestellt, das die involvierten Personen auf illegiti-
me bzw. illegale Weise begünstigt. Aus dieser Tatsache folgt, dass sich Korruption nur im
Verborgenen, das heißt aufgrund fehlender Transparenz vollziehen kann.
79
So handelt es sich
bei Korruption nach der Definition von della Porta und Mény
80
um einen im Verborgenen
stattfindenden, gegen Normen verstoßenden Austausch zwischen Akteuren der politischen
und/oder administrativen Sphäre auf der einen Seite und der ökonomischen und sozialen
Sphäre auf der anderen Seite. Dieser führt zu einem Zugang zu öffentlichen Ressourcen für
den privaten Akteur, der ihm einen unfairen Vorteil sichert:
76
Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft ­ Herausforderungen und Antwor-
ten, 2002.
77
Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft ­ Herausforderungen und Ant-
worten, 2002.
78
Anmerkung: Die neuere Forschung entfernt sich allerdings zunehmend von der Betrachtungsweise von Kor-
ruption unter dem Gesichtspunkt individueller Devianz, vgl. Johnston, 1996, S.: 321-335.
79
Vgl. Della Porta, Mény (Hrsg.), 1997, S.: 4.
80
Vgl. Della Porta, Mény (Hrsg.), 1997, S.: 4 ff.

20
,,So corruption can be initially defined as a clandestine exchange between two
`markets', the `political and/or administrative market' and the economic and
social market. The exchange is an occult one since it violates public, legal and
ethical norms and sacrifices the common good to private ­ personal, corpora-
tist, partisan, etc. ­ interests. And such a transaction enables private actors to
have access to public resources (contracts, financing, decision-making, etc.) by
giving them an unfair advantage, because there is neither transparency nor
competition. "
81
Auch im institutionen-ökonomischen Modell spielt Transparenz von Strukturen und Verfah-
ren eine entscheidende Rolle. Dabei geht es um sogenannte ,,Informationsasymmetrien" zwi-
schen Agent und Prinzipal, die Korruption ermöglichen und daher ­ so weit dies möglich ist ­
abgebaut werden müssen. Das institutionen-ökonomische Modell betont damit die vorhande-
ne Informationsasymmetrie als zentrales Problem in der Beziehung zwischen dem Prinzipal
auf der einen Seite und dem Agenten (und Klienten) auf der anderen Seite. Der Agent hat die
Möglichkeit, seinen Auftraggeber zu schädigen, da dieser ,,weder das Verhalten noch die In-
formationen des Agenten perfekt oder kostenlos kontrollieren"
82
kann. Auf der Grundlage von
Interessenkonflikten und Informationsasymmetrien besteht ein hohes Risiko für den Prinzipal,
sogenannte ,,Agenturverluste" zu erleiden, indem er durch eine Transaktion des Agenten mit
einem Dritten betrogen wird
83
:
,, [...] the core of the principal-agent-client problem are divergent objectives
and asymmetric information between the actors involved. The principal's prob-
lem arises when, as is usually the case in the public sector, he has poor knowl-
edge about the agent's type, either honest or dishonest, and poor information
about the agent's (and the client's) activities, either productive or corrupt. "
84
Da der Prinzipal allerdings aufgrund seines Informationsnachteils keine oder nur zu wenig
Möglichkeiten hat, das Verhalten des Agenten zu überprüfen, ist die Versuchung für den A-
genten groß, entgegen dem Interesse des Prinzipals zu handeln: ,,Agents have incentives to
disregard their principal`s interest due to information asymmetrie. The principal lacks ability
to monitor the agent´s behavior because monitoring is costly. "
85
Dem Modell zufolge er-
scheint die Lösung des Problems, Transparenz herzustellen, um die Informationsasymmetrie
abzubauen und dadurch die Entdeckungswahrscheinlichkeit von korruptivem, das heißt Ver-
trags verletzendem Verhalten durch den Agenten zu erhöhen.
81
Della Porta, Mény (Hrsg.), 1997, S. : 4.
82
Stykow, 2002, in: Bluhm/ Fischer, S.:90.
83
Vgl. Stykow, 2002, in: Bluhm/ Fischer, S.: 89ff.
84
Andvig, Fjeldstad, 2000, S. : 105.
85
Jain, 1998, in: ders., S. : 25.

21
Dem entspricht auch Klitgaards Gleichung
86
, in der Korruption in Abhängigkeit von den Fak-
toren ,,Machtmonopol" über Entscheidungen oder Leistungen (monopoly power), geringe
accountability
, also ,,Rechenschaftspflicht" gegenüber dem Prinzipal und dem eigenen Er-
messen des Agenten (discretion by officials) steht. Die zentrale Bedeutung des Begriffes
Transparenz für die Korruptionsbekämpfung wird besonders ersichtlich, wenn Klitgaard aus
seiner Gleichung folgert, für die Bekämpfung von Korruption müsse auch Transparenz erhöht
werden: ,,Limit monopoly. [...] Clarify official discretion. [...] Enhance accountability and
transparency."
87
Weil der so genannte Informationsvorsprung der Exekutiven immer mehr zunimmt, wird häu-
fig argumentiert, dieses Ungleichgewicht der zur Verfügung stehenden Informationen müsse
beseitigt werden, um ausreichende Kontrolle der Regierung und Verwaltung gewährleisten zu
können. Im Rahmen einer verstärkten Kontrolle soll insbesondere auch der Korruption entge-
gengewirkt werden.
Dass Korruptionsprävention nur mit Hilfe von Transparenz erfolgreich verlaufen kann,
scheint auch die juristische Perspektive zu bestätigen. Der Frankfurter Oberstaatsanwalt
Schaupensteiner
etwa, der seit 1987 die erste Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korrupti-
onsbekämpfung
in Deutschland leitet und somit langjährige Erfahrungen in diesem Bereich
hat, bezeichnet Korruption als ,,Kontrolldelikt"
88
, weil die Korrupten von ,,fehlenden oder
löchrigen Kontrollstrukturen"
89
profitieren. Seine Auffassung von Transparenz als ,,Todfeind
der Korruption"
90
, leitet er vor allem aus der korruptionstypischen Tatsache fehlender Trans-
parenz ab: Korruption sei eine Wachstumsbranche, die das Gemeinwohl aushöhle und von der
Tatsache profitiere, dass meist keine direkten Opfer, sondern nur zwei Täter existierten, die
daher im Dunkelfeld agieren könnten.
91
Da Geheimhaltungstaktiken naturgemäß umso erfolg-
reicher sind, je intransparenter die Strukturen sind, ist auch aus dieser Perspektive der im Mo-
dell dargestellte Nutzen von Transparenz für die Korruptionsbekämpfung aus staatsanwalt-
schaftlicher Sicht bestätigt.
86
Anmerkung: Die Gleichung lautet: Corruption (C) equals monopoly power (M) plus discretion by officials
(D) minus accountability (A): C= M + D- A.
87
Klitgaard, 1998, Strategies against Corruption.
88
Vgl. Schaupensteiner, 2000, in: Friedrich Ebert Stiftung (Hrsg.), S.: 20.
89
Vgl. Schaupensteiner, 2000, in: Friedrich Ebert Stiftung (Hrsg.), S.: 20.
90
Bannenberg/ Schaupensteiner (Hrsg.), 2004 , S.: 213.
91
Vgl. Transparency International Rundbrief 29.2.2004, S.:17.

22
In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass auch sozialwissenschaftliche Laborexpe-
rimente die Bedeutung von Transparenz innerhalb der Korruptionsbekämpfung bestätigen:
Maßnahmen, mit dem Ziel, Transparenz herzustellen, erwiesen sich dabei wirksamer als an-
dere Korruptionsbekämpfungsversuche. So zum Beispiel wurde in einem Experiment das Ri-
siko der Entdeckung erhöht, indem durch einen Zufallszug bestimmt wurde, welche Entschei-
dungen transparent sind. Die Erhöhung von Transparenz führte zu einem starken Rückgang
der Bestechungsgeldnahme.
92
2.2 Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns durch Me-
dien und Internet
Wie bereits erwähnt, sind Informationsfreiheitsgesetze nur eines von vielen Instrumenten, die
zum Ziel haben, die Transparenz staatlicher Strukturen und Verfahren herzustellen.
93
Infor-
mationsfreiheitsgesetze beziehen sich grundsätzlich auf Verwaltungsinformationen. Die
Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns wird in der BRD vorwiegend durch
Kontrolle hergestellt: Die politische Kontrolle durch das Parlament
94
, die Kontrolle der Ord-
nungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch die Rechnungshöfe, die Über-
prüfung von Rechtmäßigkeit durch die Gerichte sowie nicht zuletzt auch durch verwaltungs-
interne Kontrollen.
95
Die Mehrzahl dieser Instrumente ist verfassungsrechtlich festgeschrieben, wobei allerdings
kein genereller Informationszugang für Bürger in Bezug auf die Verwaltungstätigkeit vorge-
sehen ist: Indem das Parlament eine vermittelnde Institution zwischen Exekutive und Bürgern
wahrnimmt, wird traditionell davon ausgegangen, dass durch die Kontrollfunktion des Parla-
mentes eine ausreichende Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns für den
Bürger sichergestellt ist. Tatsächlich sind die Parlamente eine der wichtigsten indirekten
Quellen, aus denen Bürger Informationen über Regierungs- und Verwaltungshandeln bezie-
hen. In Hinblick auf die zunehmende Komplexität des Verwaltungshandelns, welches wegen
dieser Entwicklung nur noch bedingt durch das Parlament kontrolliert werden kann, wie auch
92
Renner, 2004, in: Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung, S.: 279.
93
Anmerkung: Hierzu gehören z.B. die Öffentlichkeit von Sitzungen der Parlamente und Gerichtsverhandlun-
gen, Veröffentlichungen wie Parlamentsprotokolle, Amtsblätter etc. Diese (mit Ausnahmen der Amtsblätter, die
zum Teil auch Verordnungen veröffentlichen) dienen aber nicht explizit der Transparenz der Verwaltung (wie
IFGs) und sollen daher nicht thematisiert werden.
94
Anmerkung: Als Voraussetzungen ihrer Kontrollfunktion sind Parlamente durch die Verfassung mit ver-
schiedenen Kontrollrechen (z.B. Anfragen) ausgestattet, die hier allerdings nicht thematisiert werden sollen.
95
Vgl. Wollmann, 2003, in: Schubert, Bandelow, S.:335.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832498276
ISBN (Paperback)
9783838698274
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München – Sozialwissenschaftliche Fakultät, Geschwister-Scholl-Institut für politische Wissenschaften
Note
1,3
Schlagworte
korruption transparenz policy-analyse informationszwang korruptionsbekämpfung
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Titel: Das Informationsfreiheitsgesetz als Korruptionsbekämpfungsmaßnahme
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