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Internetgestützte Arbeitsproben als Methode der Personalauswahl

Einfluss von Umgebungsvariablen auf die Leistung bei internetgestützten Arbeitsproben

©2005 Diplomarbeit 125 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Internet stellt als Informations- und Kommunikationsmedium im privaten als auch wirtschaftlichen Bereich eine der wichtigsten technologischen Neuerungen der letzten Jahrzehnte dar. Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets seit Ende der 1990er Jahre hat auch der Einfluss des Mediums im Bereich des Personalmanagements der Unternehmen deutlich zugenommen und bietet die Möglichkeit, klassische Arbeitsprozesse neu zu formieren.
Durch den stetigen technischen Fortschritt des Mediums Computer konnten zugleich immer aufwendigere Testverfahren am Computer realisiert werden, so dass mittlerweile auch komplexe berufseignungsdiagnostische Verfahren, wie Arbeitsproben, am Computer durchgeführt werden können. Arbeitsproben stellen als Mittel der Berufseignungsdiagnostik eine besondere Rolle dar, weil sie gegenüber den Bewerbern ein besonders hohes Maß an Akzeptanz besitzen und sich gleichzeitig durch eine hohe prädiktive Aussagekraft hinsichtlich der zukünftigen beruflichen Leistung des Bewerbers auszeichnen. Mit der Symbiose von computerbasierten Testverfahren und dem Internet versucht man die Vorteile beider Medien zu vereinen. Internetgestützte Testverfahren sind unabhängig von Ort, Personal und Zeit stets zugänglich und durchführbar.
Da der Bewerber bei internetbasierten Testverfahren nicht mehr in Untersuchungsräumen, sondern von „zu Hause” Testungen durchführt, besteht eine geringe Kontrolle der Situation. In dieser Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit der Ort (Labor vs. private Wohnräume), an dem die Durchführung erfolgt, die Leistung bei internetbasierten Arbeitsproben beeinflusst. In Zusammenarbeit mit einer weiteren Diplomarbeit wird im Rahmen einer gemeinsamen Durchführung darüber hinaus der Frage nachgegangen, inwieweit Persönlichkeitsvariablen einen Einfluss auf die Leistung haben, sodass sich folgende Untersuchungen herleiten lassen:
1. Der Einfluss von Umgebungsvariablen bei internetgestützten Arbeitsproben auf die Leistung von Bewerbern (Christian Kothe).
2. Der Einfluss von Persönlichkeitsvariablen auf die Leistung bei internetgestützten Arbeitsproben (Sven Bohn).

Zusammenfassung:
In der vorliegenden Diplomarbeit wurden die Auswirkungen des Arbeitsortes auf die Leistung bei internetgestützten Arbeitsproben unter drei Umgebungsbedingungen untersucht: (1) einer kontrollierten Laborsituation mit Anwesenheit eines Untersuchungsleiters, (2) einer unkontrollierten Laborsituation ohne […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Christian Kothe
Internetgestützte Arbeitsproben als Methode der Personalauswahl
Einfluss von Umgebungsvariablen auf die Leistung bei Internetgestützten Arbeitsproben
ISBN-10: 3-8324-9819-2
ISBN-13: 978-3-8324-9819-1
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Danksagung
Danksagung
Mein zu tiefster Dank gilt meinen Eltern, die mir das Studium der Psychologie an der Uni-
versität Konstanz und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ermöglichten sowie für
ihre bedingungslose Unterstützung all meiner Explorationen.
Für die hervorragende Betreuung der Diplomarbeit möchte ich ganz herzlich
Herrn Prof. Dr. Konradt danken. Die erhaltene Unterstützung in Form einer fördernden
und fordernden Kooperation war nicht nur inspirierend, sondern erlaubte es mir, die Dip-
lomarbeit in einem persönlichen Interessengebiet zu realisieren.
Mein besonderer Dank gilt Birte Harder für ihr die kompetente und engagierte Unterstüt-
zung beim ,,raten" der Ergebnisdaten. Koffein ist der Motor des effektiven Arbeitens.
Für die Programmierung einer stabilen und störungsresistenten Version des DWST danke
ich Wilfried Klaebe. Ausdrücklich möchte ich mich für den hervorragenden technischen
Support bedanken sowie für das Verständnis, die Geduld und die aufgewendete Zeit zur
Umsetzung all meiner Ideen. Irgendetwas war ja immer.
Ich danke Sven Bohn für die gemeinsame Zusammenarbeit an dem Projekt DWST. Nicht
zu vergessen sind die endlosen Nächte der Literaturrecherche und Konzeptionalisierung.
Für die zur Verfügung gestellten Untersuchungsmaterialen und für die konstruktiven Er-
läuterungen zum DWST danke ich ganz herzlich Markus Niggemann.
Mein ganz ausdrücklicher Dank gilt meiner Familie und allen Freunden für die erhaltene
Unterstützung in jedweder Form. Nicht vergessen sind an dieser Stelle all jene, die ich
nicht persönlich erwähnen konnte, aber deren Unterstützung deshalb nicht geringerer Natur
gewesen ist.
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Zusammenfassung
Zusammenfassung
In der vorliegend Diplomarbeit wurden die Auswirkungen des Arbeitsortes auf die Leis-
tung bei internetgestützten Arbeitsproben unter drei Umgebungsbedingungen untersucht:
(1) einer kontrollierten Laborsituation mit Anwesenheit eines Untersuchungsleiters,
(2) einer unkontrollierten Laborsituation ohne Anwesenheit eines Untersuchungsleiters und
(3) zu Hause (private Wohnräume der Bewerber/Probanden). Neben der Anwesenheit des
Versuchsleiters wurde der subjektiv wahrgenommene Lärm als Umgebungsvariable an
allen drei Orten personenbezogen erfasst, über die Situationen miteinander verglichen und
in Zusammenhang zur Leistung gestellt. Als internetbasierte Arbeitsprobe diente dabei der
,,Distributed Work Sample Test" (DWST).
Es konnte anhand der Untersuchungsergebnisse von 80 Probanden nachgewiesen werden,
dass über die einzelnen Umgebungsbedingungen der subjektiv wahrgenommene Lärm, in
welchem neben der Intensität auch situative Lärmquellen erhoben wurden, unterschiedlich
stark ausfiel (Hypothese 1), wobei in der ,,kontrollierten Laborsituation" das Lärmempfin-
den signifikant am geringsten war, hingegen in den privaten Wohnräumen der Probanden
am stärksten. Entgegen den Erwartungen zeigte sich nur für die Lärmintensität ein negati-
ver Zusammenhang zur Leistung (Hypothese 2), jedoch nicht für die (einzelnen) Lärm-
quellen. Im Widerspruch zu den Befunden der Sozialen Erleichterung konnte durch die
Anwesenheit des Versuchsleiters ein positiver Einfluss auf die Leistung in der ,,kontrollier-
ten Laborsituation" festgestellt werden (Hypothese 3).
Resümierend kann gesagt werden, dass die Umgebungsbedingungen einen Einfluss auf die
Leistung bei internetbasierten Arbeitsproben ausübten, auch wenn die Wirkungsweisen der
erhobenen Untersuchungsvariablen nicht vollständig in Einklang mit den in den Hypothe-
sen postulierten Erwartungen standen. Für weiterführende Untersuchungen wird empfoh-
len Persönlichkeitsdispositionen, die einen Einfluss auf die Leistung besitzen, mit einzube-
ziehen, um die Auswirkungen der Arbeitsorte auf die Leistung bei internetbasierten Ar-
beitsproben besser identifizieren zu können.
3

Abstract
Abstract
This thesis researched work settings effects on performance of internet based "work sam-
ple tests". The experimental design consisted of three work settings: (1.) a "controlled"
laboratory setting under the presence of the investigator, (2.) a "uncontrolled" laboratory
setting without the presence of the investigator and (3.) the setting "at home". In addition
to the manipulation of the presence of the investigator the "individual noise perception"
(dimension quantity/quality) was measured person related overall work settings. Then the
individual noise perception was compared overall experimental conditions and was addi-
tionally correlated with the work performance. The "distributed work sample test"
(DWST) was used as an internet based work sample test.
The results of the study (N = 80) showed a different level of noise perception for every
work setting (hypothesis 1). In the controlled laboratory setting the noise perception was
significantly lower in relation to the setting "at home". Contrary to the expectations, only
for the dimension quantity of the noise perception a negative coherence with the perform-
ance was found, but not for the dimension quality (hypothesis 2). In contrast to the theory
of "social facilitation" the presence of the investigator increased subject's performance in
the controlled laboratory setting (hypothesis 3).
In sum, the results of this study have shown a work setting effect on the performance of
internet based work sample tests, unless the effect is partially not in line with all hypothe-
ses. For further research it is strongly recommended to use personality variables that have
an impact on performance in order to better identify the work setting effects on perform-
ance of work sample tests.
4

Inhalt
Inhalt
1.
Einleitung... 7
2.
Theoretischer und empirischer Hintergrund ... 8
2.1
Computerbasierte Personalauswahl ... 8
2.2
Internetgestützte Personalauswahl... 12
2.2.1 Vorteile internetgestützter Personalauswahl... 13
2.2.2 Probleme internetgestützter Personalauswahl ... 16
2.2.3 Ablauf internetgestützter Personalauswahl... 17
2.3
Arbeitsproben... 18
2.3.1 Definitionen ... 18
2.3.2 Formen von Arbeitsproben ... 19
2.3.3 Gütekriterien von Arbeitsproben ... 21
2.3.4 Akzeptanz von Arbeitsproben ... 22
2.3.5 Ökonomische Aspekte von Arbeitsproben ... 23
2.4
Distributed Work Sample Test (räumlich verteilte Arbeitsprobe)... 24
2.4.1 Entwicklung und Kategorisierung der Aufgaben des DWST... 24
2.4.2 Konzept des Distributed Work Sample Test... 27
2.4.3 Evaluation des DWST ... 28
2.5
Auswirkung von Umgebungsbedingungen auf Arbeitsproben im Internet ... 29
2.5.1 Der Einfluss von Lärm auf die Leistung... 30
2.5.2. Social Facilitation - Leistung bei Anwesenheit Anderer ... 36
3.
Fragestellung und Hypothesen... 41
3.1
Fragestellung... 41
3.2
Hypothesen ... 41
4.
Planung der Untersuchung... 43
4.1
Instrumente der Untersuchung... 43
4.2
Operationalisierung der Variablen... 47
4.2.1 Unabhängige Variablen ... 47
4.2.2 Abhängige Variable ... 48
4.3
Kontrolle möglicher Störvariablen ... 49
4.4
Methoden der statistischen Auswertung ... 51
5.
Durchführung der Untersuchung ... 53
5

Inhalt
5.1
Beschreibung der Stichprobe ... 53
5.2
Versuchsdurchführung... 53
6.
Ergebnisdarstellung ... 57
6.1
Überprüfung von Ausreißern ... 57
6.2. Vorraussetzungen zur Anwendungen der statistischen Verfahren ... 57
6.3. Reliabilitätsanalyse ... 58
6.4. Korrelationen ... 63
6.5
Überprüfung der Hypothesen... 68
6.5.1 Subjektiv wahrgenommener Lärm - Hypothese 1 ... 68
6.5.2 Zusammenhang zwischen Leistung und Lärmempfinden ­ Hypothese 2 ... 72
6.5.3 Social Facilitation ­ Hypothese 3 ... 76
7.
Diskussion... 80
7.1
Lärmempfinden in den Umgebungsbedingungen (Arbeitsorten) ­ Hypothese 1 ... 80
7.2
Zusammenhang zwischen Leistung und Lärmempfinden ­ Hypothese 2 ... 84
7.3
Social Facilitation ­ Hypothese 3 ... 89
7.4
Implikationen ... 91
8.
Literatur ... 94
9.
Anhang... 107
6

Einleitung
1. Einleitung
Das Internet stellt als Informations- und Kommunikationsmedium im privaten als auch
wirtschaftlichen Bereich eine der wichtigsten technologischen Neuerungen der letzten
Jahrzehnte dar. Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets seit Ende der 1990er Jahre
hat auch der Einfluss des Mediums im Bereich des Personalmanagements der Unterneh-
men deutlich zugenommen und bietet die Möglichkeit, klassische Arbeitsprozesse neu zu
formieren. Durch den stetigen technischen Fortschritt des Mediums Computer konnten
zugleich immer aufwendigere Testverfahren am Computer realisiert werden, so dass mitt-
lerweile auch komplexe berufseignungsdiagnostische Verfahren, wie Arbeitsproben, am
Computer durchgeführt werden können. Arbeitsproben stellen als Mittel der Berufseig-
nungsdiagnostik eine besondere Rolle dar, weil sie gegenüber den Bewerbern
1
ein beson-
ders hohes Maß an Akzeptanz besitzen und sich gleichzeitig durch eine hohe prädiktive
Aussagekraft hinsichtlich der zukünftigen beruflichen Leistung des Bewerbers auszeich-
nen. Mit der Symbiose von computerbasierten Testverfahren und dem Internet versucht
man die Vorteile beider Medien zu vereinen. Internetgestützte Testverfahren sind unab-
hängig von Ort, Personal und Zeit stets zugänglich und durchführbar.
Da der Bewerber bei internetbasierten Testverfahren nicht mehr in Untersuchungsräumen,
sondern von ,,zu Hause" Testungen durchführt, besteht eine geringe Kontrolle der Situati-
on. In dieser Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit der Ort (Labor
vs. private Wohnräume), an dem die Durchführung erfolgt, die Leistung bei internetbasier-
ten Arbeitsproben beeinflusst. In Zusammenarbeit mit einer weiteren Diplomarbeit, wird
im Rahmen einer gemeinsamen Durchführung darüber hinaus der Frage nachgegangen,
inwieweit Persönlichkeitsvariablen einen Einfluss auf die Leistung haben, so dass sich fol-
gende Untersuchungen herleiten lassen:
1.
Der Einfluss von Umgebungsvariablen bei internetgestützten Arbeitsproben auf die
Leistung von Bewerbern.
Christian Kothe
2.
Der Einfluss von Persönlichkeitsvariablen auf die Leistung bei internetgestützten
Arbeitsproben.
Sven Bohn
1
Hier und im Folgenden ist mit der männlichen Form auch die Weibliche gemeint.
7

Theoretischer und empirischer Hintergrund
2. Theoretischer und empirischer Hintergrund
Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens, ebenso wie der Berufserfolg des am Ar-
beitsprozess beteiligten Arbeitnehmers, hängt entscheidend davon ab, dass bei der Beset-
zung vakanter Stellen geeignete Bewerber hinsichtlich der am Arbeitsplatz anfallenden
Aufgaben ausgewählt werden. Unter Eignung versteht man dabei nach Schuler und Funke
(1995) den Grad der Übereinstimmung der Anforderungen des Arbeitsplatzes und der Ar-
beitsumgebung mit den Leistungsvoraussetzungen der Person.
Die Entscheidung für ein bestimmtes Auswahlinstrument der Berufseignungsdiagnostik
wird meist unter Berücksichtigung der zu erwartenden Ergebnisqualität, der Akzeptanz des
Verfahrens seitens der Bewerber, der Passung hinsichtlich der Unternehmenskultur und
nicht zuletzt aufgrund des finanziellen und zeitlichen Aufwandes, die das Instrument ver-
ursacht, getroffen.
2.1 Computerbasierte
Personalauswahl
In den 1960er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Computer in der Eignungs-
diagnostik zunächst hauptsächlich eingesetzt, um die herkömmlichen psychometrischen
Testverfahren schneller und zuverlässiger als bisher durchführen zu können (Drasgow &
Olson-Buchanan, 1999).
Ein Beispiel für den Einsatz des Computers in der Eignungsdiagnostik stellen die compu-
tergestützten Fragebögen dar. Durch die adäquate Übertragung von traditionellen Fragebo-
genverfahren auf den Computer wurde vor allem die statistische Auswertung der gewon-
nenen Daten bedeutend vereinfacht, weil die Bewerber ihre Antworten direkt in den Com-
puter eingeben, was neben den übertragungsbedingten Fehlern vor allem den Zeitaufwand
für die Datenaufbereitung deutlich verringert. Außerdem können zusätzliche Informationen
über das Antwortverhalten der Personen gewonnen werden, wie zum Beispiel die Antwort-
zeiten, die Häufigkeit von Eingabekorrekturen oder die Reaktion auf Fehler, wodurch die
Qualität der Daten gesteigert wird und ein Einblick in die Arbeitsweise der Person gegeben
ist (Jäger & Krieger, 1994; Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003). Durch den Einsatz des
Computers kann zusätzlich ohne großen Aufwand sichergestellt werden, dass der Bewer-
ber alle Items vollständig bearbeitet. Ein randomisierter Zugriff auf den gespeicherten
8

Theoretischer und empirischer Hintergrund
Itempool kann außerdem verhindern, dass unerwünschte Reihenfolgeeffekte innerhalb des
Fragebogens auftreten (Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003). Die Benutzung von Compu-
tern beim Messen von Persönlichkeitseigenschaften ermöglichte aber auch die Umsetzung
von adaptiven Testverfahren (Lord, 1979). Adaptive Messverfahren stellen ein Beispiel für
computerbasierte Testverfahren in der Personalauswahl dar, wobei hier die Testitems
durch iterative Feedbackschleifen an das individuelle Antwortverhalten des Bewerbers
angepasst werden. Leistungsfähigere Personen, die es gewohnt sind, bei kognitiven Tests
eher eine Vielzahl subjektiv leichter Items vorzufinden, nehmen adaptive Tests deshalb als
im Vergleich anspruchsvoller wahr, während eher leistungsschwache Personen nicht über-
fordert werden und die Tests deshalb als leichter wahrnehmen. Die Vorteile adaptiver
Tests liegen also in der Minimierung möglicher Unter- und Überforderung des Bewerbers,
während zusätzlich innerhalb des getesteten Leistungsbereichs eine höhere Detailschärfe
erzielt werden kann (Mead & Drasgow, 1993; Burke, 1993).
Etwas komplexer als die bisher genannten Anwendungen sind die computergestützten Si-
mulationen von dynamischen Szenarios und firmentypischen Arbeitsvorgängen, die zur
Messung differenzierter Problemlösestrategien entwickelt wurden, um Verhaltens- und
Leistungsunterschiede bei der Bewältigung komplexer Handlungs- oder Entscheidungssi-
tuationen zu bestimmen (Funke, 1995). Ein Vorteil computergestützter Simulationen be-
steht in der vergleichsweise hohen Akzeptanz seitens der Bewerber, die in der wahrge-
nommenen Plausibilität des Simulationsinhaltes in Bezug auf die zu erwartenden Aufgaben
am Arbeitsplatz begründet liegt (Kleinmann & Strauss, 1998; Kersting, 1998).
Um eine möglichst hohe inhaltliche Realitätsnähe im eignungsdiagnostischen Prozess zu
erzeugen und dabei gleichzeitig den Computer mit all seinen Vorteilen nutzbar zu machen,
wurden die über den Computer vermittelten videobasierten Tests entwickelt, welche eine
Weiterentwicklung der Methode der situativen Fragen darstellen (Konradt & Sarges,
2003). Nachdem der Bewerber zunächst eine berufsbezogene kritische Situation audiovi-
suell präsentiert bekommen hat, wird er anschließend dazu aufgefordert, sich für eine be-
stimmte, meist über Multiple-Choice angegebene, Handlungsalternative zu entscheiden.
Die Vorteile der videobasierten Tests liegen einerseits in der Möglichkeit, die für den spä-
teren Arbeitsplatz relevanten Verhaltenstendenzen direkt messen zu können und anderseits
in der hohen Sprachunabhängigkeit des Verfahrens (Drasgow, Olson, Keenan & Mead,
1993). Abschließend sollen hier computergestützte Postkorbaufgaben als ein weiteres Bei-
spiel für eine Übertragung herkömmlicher eignungsdiagnostischer Methoden auf das
Computermedium genannt werden. Das Verfahren soll administrative Tätigkeiten ohne
9

Theoretischer und empirischer Hintergrund
direkte persönliche Interaktion simulieren, wobei dem Bewerber unterschiedliche, digitali-
sierte Schriftstücke vorgelegt werden, wie sie in ähnlicher Form auch am Arbeitsplatz ei-
ner Führungs- oder Fachkraft anfallen können. Der Bewerber hat dann zu den geschilder-
ten Fällen jeweils eine Entscheidung zu treffen und in offener Form möglichst effizient
eine Lösung zu erarbeiten (Funke, 1993b; Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003).
Äquivalenz von Papier-und-Bleistift- und computergestützten Verfahren
Ein großer Teil der computergestützten psychologischen Testverfahren besteht aus einer
direkten Umsetzung herkömmlicher Papier-und-Bleistift-Verfahren auf das Medium des
Computers (Bartram, 2000). Die zentrale Fragestellung im Zusammenhang mit diesen
Übertragungen ist die der Äquivalenz der beiden Testformen. Der Begriff der Äquivalenz
umfasst dabei nach Klinck (1998) die Bereiche der ,,psychometrischen Äquivalenz", der
,,erfahrungsbezogenen Äquivalenz", die sich mit der Frage einer unterschiedlichen Wahr-
nehmung und emotionalen Bewertung der verschiedenen Testformen beschäftigt und der
,,gruppenspezifischen/individuumsspezifischen Äquivalenz", bei der es darum geht, ob und
inwieweit die individuellen- oder populationsspezifische Merkmalsausprägungen in Ab-
hängigkeit der Darbietungsform unterschiedliche Auswirkungen auf die Testergebnisse
haben.
Konradt, Lehmann, Böhm-Rupprecht und Hertel (2003) zeigen in einem empirischen
Überblick zur Äquivalenz von computergestützten und Papier-und-Bleistift basierten psy-
chologischen Testverfahren auf, dass der Computereinsatz bei kognitiven Testverfahren zu
Unterschieden im Vergleich zu Papier-und-Bleistift-Versionen führt, die eine Äquivalenz-
prüfung und Anpassung der Normen in jedem einzelnen Fall notwendig machen. Dies gilt
in besonderem Maße für Speedtests, in denen sich erhebliche Unterschiede ergeben kön-
nen. Bereits im Jahre 1993 zeigten Mead und Drasgow (1993) im Rahmen einer Meta-
Analyse, dass Tests, die unter einer Zeitbegrenzung durchzuführen sind (Speedtests), signi-
fikant von der Art der Darbietung (computerbasiert vs. Papier-und-Bleistift basiert) beein-
flusst werden. Dem entgegengesetzt bestand für computerbasierte Testverfahren zur Erfas-
sung von Fähigkeit (Powertests) kein Einfluss des Darbietungsmodus.
In der Studie von Bulheller (1994) wurde deutlich, dass die Testleistung besser ausfiel,
wenn der spezielle Leistungstest computerbasiert dargeboten wurde. Dem entgegengesetzt
waren die Leistungen der computerbasierten Version in der Studie von Neubauer, Urban
10

Theoretischer und empirischer Hintergrund
und Malle (1991) signifikant schlechter, wenngleich die Äquivalenz beider Testformen
hinsichtlich der Reliabilität (interne Konsistenz und Split-half) nachgewiesen werden
konnte. Fay und Meyer (1991) ermittelten eine Retest-Reliabilität von r
tt
.90.
Eine umfangreiche Untersuchung im Bereich der kognitiven eignungsdiagnostischen Ver-
fahren hat Klinck (2002) im Rahmen einer bundesweiten Studie für die Agentur für Arbeit
unternommen, bei der die Aspekte der psychometrischen und populationsspezifi-
schen/individuumsspezifischen Äquivalenz einer computergestützten und Papier-und-
Bleistift basierten Version, der ,,Erwachsenen-Test-Serie" (ETS93), eines speedabhängigen
kognitiven Fähigkeitstests, untersucht wurden. Der Vergleich der Testwertverteilungen
unter beiden Medienbedingungen ergab dabei eine hohe psychometrische Äquivalenz.
Im Bereich der populationsspezifischen Äquivalenz (zum Beispiel Geschlecht, Alter,
Schulabschluss) gab es keine Hinweise auf praktisch relevante Unterschiede in Bezug auf
die Darbietungsform. In einer weiteren Studie zur Äquivalenzfrage im Bereich kognitiver
Tests fanden Neuman und Baydoun (1998) mit einer durchschnittlichen Verfahrenskorrela-
tion von .87 ebenfalls eine hohe Übereinstimmung zwischen der computergestützten und
der Papier-und-Bleistift basierten Form eines Bürotests (Office Skills Test).
Richman-Hirsch, Olson-Buchanan und Drasgow (2000) untersuchten in ihrer Studie zu
einem Managertest (Conflict Resolution Skills Assessment) die affektiven Reaktionen der
Testteilnehmer in Abhängigkeit des Darbietungsmediums. Dabei stellte sich heraus, dass
mit der multimedialen Computerversion des Tests im Mittel positivere affektive Reaktio-
nen erzeugt wurden, als in der Papier-und-Bleistift basierten Vergleichssituation. Dabei
lagen nach Aussagen der an der Untersuchung teilnehmenden Manager die Vorteile der
computerbasierten multimedialen Version in einer höheren wahrgenommenen Inhaltsvali-
dität, einer vergleichsweise besseren prädiktiven Aussagekraft des Verfahrens sowie in
einer höheren Menge an arbeitsplatzrelevanten Informationen, die dort vermittelt wurden.
Als Erklärung der widersprüchlichen Befunde können die unterschiedlichen technischen
Ausstattungen, insbesondere in den Ein- und Ausgabegeräten herangezogen werden. Moni-
torgrößen, Tastatur- und Maus, sowie die Computer- und Fingerfertigkeit erzeugen zusätz-
liche Fehlervarianz gegenüber einer Papier-Form. Außerdem sind die software-
ergonomischen Anforderungen in unterschiedlicher Weise berücksichtigt, so dass compu-
terbasierte kognitive Verfahren in sich eine sehr heterogene Gruppe darstellen (Konradt et
al., 2003).
Auch in der Mehrzahl, der im Bereich nicht kognitiver Testverfahren (Persönlichkeits-,
Einstellungs- und Interessentests) durchgeführten Untersuchungen zur Äquivalenzfrage
11

Theoretischer und empirischer Hintergrund
zeigte sich kein Effekt des Darbietungsmodus auf die Gütekriterien der eingesetzten In-
strumente (Funke, 1995; Mead & Drasgow, 1993; Bader, Hoffmann & Kubinger, 1993;
Schuler & Höft, 2001; Konradt et al., 2003). In Bezug auf die Akzeptanz, sowie der inter-
nen Konsistenz computergestützter Fragebögen, zeigt sich eine hohe Übereinstimmung der
jeweiligen Kennwerte im Vergleich zur Papier-und-Bleistift basierten Version des Verfah-
rens.
Hinsichtlich der sozialen Akzeptanz computergestützter Verfahren konnte in den meisten
zu diesem Thema durchgeführten Untersuchungen gezeigt werden, dass die Mehrzahl der
Teilnehmer die computerbasierte Verfahrensversion gut bis sehr gut beurteilten und diese
der traditionellen Papier-und-Bleistift Version zum Teil sogar vorziehen (Wildgrube, 1990;
Booth-Kewley, Edwards & Rosenfeld, 1992; Harrell, Honaker, Heru & Oberwager, 1987;
Krieger, 1993; Konradt et al., 2003). In Übereinstimmung damit konnte auch Klinck
(2002) bei ihrer Untersuchung zur Erwachsenen Test Serie (ETS93) feststellen, dass die
über das Computersystem DELTA vermittelte Version des Tests von den Versuchteilneh-
mern gegenüber der Papier-und-Bleistift basierten Darbietungsform bevorzugt wurde.
Dass eine computerbasierte Testdarstellung allein nicht zwingend zu einer positiveren Ein-
schätzung des Verfahrens führt, zeigten Juraska und Drasgow (2001) in einer Untersu-
chung zum ,,Conflict Resolution Skills Assessment" (CRSA). Es stellte sich heraus, dass
nur die multimediale Darstellung des CRSA im Vergleich mit der traditionellen Version zu
positiveren Akzeptanzwerten führt, nicht aber die relativ einfache und wenig ergonomisch
gestaltete Bildschirmversion des Tests, bei der keine unterstützenden und über das reine
Testmaterial hinausgehenden Programmfunktionen vom Probanden genutzt werden konn-
ten.
Den Forschungsüberblick zusammenfassend ist zu schlussfolgern, dass der Einsatz des
Computers in der Berufseignungsdiagnostik zu einer Steigerung der Effizienz und der so-
zialen Akzeptanz von Personalauswahlverfahren beiträgt.
2.2 Internetgestützte Personalauswahl
Das Internet hat sich in den letzten Jahren als weltweites Kommunikations- und Interakti-
onsmedium etabliert, das sowohl von Unternehmen als auch Privatpersonen gleichermaßen
genutzt wird. Eine Studie von iLogos zeigte, dass bereits 88 Prozent der 500 größten welt-
weit operierenden Firmen eigene Rekrutierungsseiten über ihre Homepages geschaltet hat-
ten (Harris & Lievens, 2003). Bei einer Untersuchung an Studenten und Absolventen der
12

Theoretischer und empirischer Hintergrund
Universitäten Stuttgart, Erlangen-Nürnberg sowie der FH Nürnberg (Eisele & Kühnlein,
2001), gaben 68,4 Prozent der befragten Personen an, sich ,,auf jeden Fall" auf einer Un-
ternehmens-Homepage über Stellenangebote informieren zu wollen. An zweiter Stelle der
bevorzugten Internetquellen lagen mit 46,7 Prozent die Unternehmensanzeigen in elektro-
nischen Jobbörsen. Die nachfolgenden Ränge belegten direkte Online-Bewerbungs-
möglichkeiten, wie die Nutzung von elektronischen Formularen, welche durch Unterneh-
men bereitgestellt werden.
Der Einsatz von aufwändigeren, interaktiven Instrumenten der beruflichen Eignungsdia-
gnostik über das Internet, so genannte ,,Online-Assessments", ist hingegen noch recht we-
nig verbreitet (Bartram 1999). Unter Online-Assessments sind computergestützte Verfah-
ren zur Beurteilung und Vorhersage beruflich relevanter psychologischer Variablen zur
Abschätzung der Eignung zu verstehen, die über das Internet durchgeführt werden (Kon-
radt & Sarges, 2003). Als eines der er ersten großen Unternehmen in Deutschland ver-
knüpfte 1997 die ZF Friedrichshafen AG im Rahmen der Bewerberauswahl für ein
15-monatiges Traineeprogramm die computergestützte Personalauswahl mit den Möglich-
keiten des Internets (Lamprecht & Mailahn, 1998). Aufgrund des hohen Automatisie-
rungsgrades der Interaktion bei der webbasierten Personalvorauswahl konnte sowohl der
finanzielle als auch der zeitliche Aufwand für den gesamten Rekrutierungsprozess erheb-
lich gesenkt werden. Gleichzeitig stieg die diagnostische Aussagekraft durch die Verwen-
dung des Internets, da vollständigere und eindeutigere Entscheidungsgrundlagen eingeholt
werden konnten. Lamprecht et al (1998) machen deutlich, dass ein wichtiger Aspekt des
Verfahrens in der Selbstselektion der Bewerber liegt, da die geeigneten Personen ange-
sprochen und gewonnen werden, während die weniger geeigneten freiwillig aus dem Be-
werbungsprozess ausscheiden. Insgesamt wurde das internetbasierte Testen innerhalb der
ZF Friedrichshafen sehr gut akzeptiert.
2.2.1 Vorteile internetgestützter Personalauswahl
Allgemeine Vorteile internetgestützter Personalauswahl
Durch die Implementierung eignungsdiagnostischer Verfahren ins Internet ergeben sich
sowohl für Unternehmen, als auch für Privatpersonen erhebliche Vorteile im Vergleich zu
den herkömmlichen, offline-basierten Methoden. Einer der wichtigsten Aspekte ist dabei
die weltweite, zeitlich uneingeschränkte Zugangsmöglichkeit zum Internet und seinen
13

Theoretischer und empirischer Hintergrund
Diensten. Durch die Nutzung des Internets kann auf diese Weise innerhalb sehr kurzer Zeit
eine große Zahl an potenziellen Bewerbern auf die zu besetzende Stelle aufmerksam ge-
macht werden, wodurch diese ebenfalls sehr zeitnah auf das Angebot reagieren können.
Die Passung zwischen Stellenprofil und Bewerber kann über die Bereitstellung weiterer
relevanter Informationen auf der Unternehmenshomepage verbessert werden, da sich dem
Bewerber auf diesem Wege die Möglichkeit bietet, ein umfassendes Bild vom Unterneh-
men zu erhalten. Durch das Internet können auch komplexere, multimedial umgesetzte
Auswahlverfahren zum Einsatz kommen, wie beispielsweise webbasierte Arbeitsproben,
die als so genannte ,,realistic job previews" dem Bewerber einen ersten konkreten Einblick
in die späteren Aufgabenstrukturen am Arbeitsplatz geben und dem Unternehmen eine
kontentvalide Aussage über die für den Beruf relevanten kognitiven Fähigkeiten und Fer-
tigkeiten des Bewerbers ermöglichen (Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003). Nach Highou-
se und Hoffmann (2001) sind Bewerber, die ein realistisches Bild (,,realistic job preview")
von der zu besetzenden Stelle hatten, später im Unternehmen leistungsfähiger und wech-
selten seltener.
Das internetgestützte eignungsdiagnostische Verfahren sozial sehr gut akzeptiert sind, fan-
den Konradt, Lehmann, Hertel und Böhm-Rupprecht (2003), ebenso wie Lievens und Har-
ris (2003). In einigen Untersuchungen zeigte sich darüber hinaus, dass die Probanden die
internetbasierten Versionen den Papier-und-Bleistift Applikationen vorzogen (Reynolds,
Sinar & McClough, 2000). Joinson (1999) stellt heraus, dass Probanden, die Fragebögen
im Internet und anonym ausgefüllt hatten, niedrigere Werte der sozialen Erwünschtheit und
der sozialen Angst sowie ein höheres Selbstbewusstsein aufweisen, als Probanden, die die-
se Fragebögen in einer Papier-und-Bleistift-Version und nicht anonym ausgefüllt hatten.
Ein weiterer Vorteil der onlinebasierten Eignungsdiagnostik liegt darin, dass Unternehmen
und Bewerber sich gegenseitig objektiver beurteilen können, ohne durch äußere Erschei-
nungsbilder, sei es die Ausstattung der Unternehmensräume oder die psychische Attrakti-
vität, beeinflusst zu werden , da über das Internet in der Regel ein nichtvisueller Kontakt
herstellt wird (Hertel et al., 2003). Straus, Miles und Levesque (2001) untersuchten den
Einfluss nonverbalen Verhaltens und die Art des Kommunikationsmediums auf die Beur-
teilung einer Person im Bewerbungsgespräch. Die untersuchten Situationen betrafen dabei
ein Face-to-face-Interview, das Gespräch per Videokonferenz sowie die Kommunikation
über das Telefon. Es stellte sich heraus, dass es einen mediierenden Effekt der Körperspra-
che (zum Beispiel Nicken, Lächeln, Augenkontakt) gibt und dass physisch wenig attraktive
Bewerber in der Face-to-face-Bedingung negativer beurteilt wurden als in der Telefonbe-
14

Theoretischer und empirischer Hintergrund
dingung. Zwischen der Videokonferenz-Bedingung und der Face-to-face-Bedingung konn-
te kein systematischer Unterschied bei der Beurteilung der Bewerber festgestellt werden.
Zusätzliche Vorteile für das Unternehmen
Einer der wichtigsten Vorteile der webbasierten Personalrekrutierung liegt in der Verringe-
rung der Kosten für die Besetzung freier Stellen im Unternehmen (Konradt et al., 2003;
Lamprecht & Mailahn, 1998). Dazu zählt, dass die verwendeten internetgestützten Testver-
fahren, falls es notwendig sein sollte, leicht modifizierbar sind und der Zugriff auf die ge-
wonnenen Informationen unkompliziert, schnell und geordnet erfolgen kann (Barak &
English, 2002). Dadurch ermöglichen Online-Assessment Verfahren eine Automatisierung
fehlerträchtiger Hilfsaufgaben, bieten erweiterte Auswertungsmöglichkeiten (zum Beispiel
Einzelauswertungen, differenzierte Profilvergleiche) sowie einen direkten Abgleich zwi-
schen Eignungsprofilen und Angeboten, so dass internetbasierte Testverfahren mit einer
hohen Auswertungsobjektivität aufwarten (Konradt & Hertel, 2004). Die Ausschreibung
vakanter Arbeitsstellen auf dem firmeneigenen Karriereportal oder in Online-Jobbörsen
trägt zur Kostenreduktion des Rekrutierungsverfahrens bei, da auf teuere Anzeigen in
Printmedien verzichtet werden kann (Goeb & Moser, 2001). Aufgrund der dezentralen
Durchführung der Testung kann zusätzlich eine wesentlich größere Bewerberzahl bewäl-
tigt werden, als dies bei herkömmlichen, im Unternehmen durchgeführten Einstellungstests
möglich wäre. Das Ergebnis ist eine Beschleunigung des Auswahlprozesses und eine Ver-
kürzung der Zeit bis zur erfolgreichen Besetzung der vakanten Stelle (Stanton, 1999; Kon-
radt & Hertel, 2004). Die Informationen auf der Unternehmenshomepage ermöglichen im
Vorfeld der Bewerbung eine realistische Tätigkeitsinformation (engl.: realistic job pre-
view), weshalb es bereits an dieser Stelle im Bewerbungsprozess zu einer von Unterneh-
men gewünschten Selbstselektion der Bewerber kommen kann (Hertel et al., 2003; Lamp-
recht & Mailahn, 1998). Als ein letzter, hier aufgezählter Vorteil, ist der zeitgemäße und
moderne Einfluss der internetgestützten Berufseignungsdiagnostik auf das Firmenimage zu
nennen (Konradt & Hertel, 2004).
15

Theoretischer und empirischer Hintergrund
Zusätzliche Vorteile für Bewerber
Internetbasierte Personalselektion bietet auch wenig mobilen Bewerbern, wie beispielswei-
se behinderten Personen, oder Bewerbern mit einem weit entfernten Wohnort die Möglich-
keit, problemlos am Auswahlverfahren teilzunehmen (Hertel et al., 2003). Das Karriere-
portal oder die Homepage eines Unternehmens ermöglichen dem Bewerber auf vielfältige
Informationen zurückzugreifen, wobei er die Informationstiefe nach seinen individuellen
Anforderungen selbst steuern kann, so dass er ein zuverlässiges Bild über das Unterneh-
men und die zu besetzende Stelle erhält (Konradt & Sarges, 2003).
2.2.2 Probleme internetgestützter Personalauswahl
Im Vergleich zu herkömmlichen computerbasierten Testverfahren besitzen internetgestütz-
te Testverfahren eine geringe Kontrolle der Untersuchungssituation (Wilhelm &
McKnight, 2002). So besteht zum Beispiel nur eine geringe Kontrollmöglichkeit, ob der
Bewerber seine Ergebnisse gezielt verfälscht, indem er bei der Bearbeitung der Aufgaben
von anderen unterstützt wird beziehungsweise die Aufgaben von einer anderen Person
bearbeiten lässt (Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003).
Ein weiterer Nachteil internetbasierter Personalselektion sind die hohen Entwicklungskos-
ten der Verfahren, sowie die Kosten für den Aufbau, die Pflege und Weiterentwicklung
von gut konzipierten Websites (Bartram, 2000). Bei der Kommunikation zur Anbahnung
einer Anstellung werden in der Regel Informationen und Daten via Internet übertragen.
Die daraus resultierende Problematik der Datensicherheit und des Datenschutzes stellen ein
weiteres Problem internetbasierter Personalauswahl dar (Moser, Zempel & Göritz, 2003).
Technische Punkte können ebenfalls Nachteile für das Online - Assessment beinhalten.
Unterschiede in der Software (Browser, JAVA - Applets) und die Systemstabilität des In-
ternetzugangs bringen offensichtliche Probleme für internetgestützte Testverfahren mit
sich (Hertel, Konradt & Orlikowski, 2003). Ein letzter, hier erwähnter Nachteil sei der
weltweite Zugang zu webbasierten Auswahlverfahren, der die mögliche Anzahl Bewerber
pro vakante Stelle beträchtlich erhöhen kann.
16

Theoretischer und empirischer Hintergrund
2.2.3 Ablauf internetgestützter Personalauswahl
Nachdem der Bedarf an neuen Mitarbeitern im Unternehmen festgestellt wurde, wird mit-
tels einer detaillierten Anforderungsanalyse das Stellenprofil des zu besetzenden Arbeits-
platzes ermittelt. Alternativ müssen bereits vorhandene Arbeitsstellen im Unternehmen neu
besetzt werden. Anhand dieser Daten werden Stellenangebote über firmeneigene Internet-
seiten und webbasierten Jobbörsen veröffentlicht. Außerdem können Mitarbeiter der fir-
meninternen Personalabteilung aktiv in online verfügbaren Datenbanken der Jobbörsen
recherchieren, wobei multimediale Lebensläufe bereits erste lebendige Eindrücke über die
einzelnen Bewerber vermitteln, die direkt per e-Mail zur Bewerbung eingeladen werden
(Schuler, 2001; Hertel et al., 2003).
Das OKP Modell von Hertel, Konradt und Orlikowski (2003) ist durch drei Phasen (Orien-
tierung, Kategorisierung, Präzisierung) strukturiert, die den weiteren und zugleich prototy-
pischen Ablauf der internetgestützten Personalauswahl beschreiben. Innerhalb dieser Pha-
sen gibt es Entscheidungspunkte oder Schwellen, an denen von vorher festgelegten Krite-
rien geprüft wird, ob ein Bewerber weiterhin im Auswahlverfahren berücksichtigt oder
zurückgewiesen wird. Dadurch reduziert sich die Zahl der Bewerber vom Erstkontakt bis
zum konkreten Stellenangebot stetig.
Die erste Phase, die Orientierung, zeichnet sich durch eine automatische Vorselektion der
Bewerber aus. ,,Cut Off" Kriterien können zum Beispiel durch Alter, Bildungsgang oder
Besitz eines Führerscheins definiert sein. Nach dieser Überprüfung der Eingangsvorausset-
zungen werden dann webbasiert zusätzliche Informationen über den Bewerber in standar-
disierter Form erhoben. Dabei kann es sich um weitere biographische Daten oder Ergeb-
nisse aus Persönlichkeitstests handeln.
In der anschließenden Phase der Kategorisierung wird das bis zu diesem Zeitpunkt erstellte
Bewerberprofil mit den Minimalanforderungen der zu besetzenden Stelle hinsichtlich bio-
graphischer, persönlichkeitsspezifischer und verhaltensbezogener Daten verglichen.
Dies kann sowohl ,,offline" nach Abschluss der Tests aller Bewerber als auch ,,online"
anhand vorher festgelegter Kriterien realisiert werden. Werden die Minimalanforderungen
vom Bewerber nicht erfüllt, so erfolgt die Absage, in welcher auch ein kurzes Feedback für
den Bewerber über sein Abschneiden enthalten sein sollte. Die verbleibenden Bewerber
werden dann per e-Mail aufgefordert ihre Unterlagen (Zeugnisse, Qualifikationen) zur Prü-
fung zuzusenden. Bei Unstimmigkeiten, zum Beispiel in den biographischen Daten, erfolgt
17

Theoretischer und empirischer Hintergrund
ebenfalls die Absage an den Bewerber. Die übrigen Bewerber werden dann zum eigentli-
chen Assessment eingeladen.
In der dritten und letzten Phase, der Präzisierung, durchlaufen die eingeladenen Bewerber
dann verschiedene Auswahlverfahren (Interviews, Assessment Center), die sowohl in tra-
ditioneller Form als auch webbasiert realisiert werden können. In Abhängigkeit der Ergeb-
nisse erfolgt am Ende der Präzisierungsphase die Entscheidung, welchen Bewerbern ein
Stellenangebot vorgelegt werden soll.
2.3 Arbeitsproben
2.3.1 Definitionen
Nach Callinan und Robertson (2000) wurde eine Vielzahl von eignungsdiagnostischen
Messverfahren, die sich oftmals untereinander in ihrer grundlegenden Struktur unterschei-
den, als Arbeitsproben (engl.: work sample tests) kategorisiert. Eine der häufigsten Defini-
tionen bezeichnen Arbeitsproben als motorischen Leistungstest, in welchem der Bewerber
oder Angestellte eine berufsnahe Aufgabe unter denselben Bedingungen ausführt, wie die-
se am Arbeitsplatz gefordert werden. Asher und Sciarrino (1974) unterscheiden neben mo-
torischen auch verbale Arbeitsproben, die in erster Linie sprach- oder personenbezogene
Problemstellungen beinhalten, auch die führerlose Gruppendiskussion für Vorgesetzte so-
wie simulierte Kundentelefonate.
Höft und Funke (2001) ordnen Arbeitsproben, ähnlich wie Robertson und Kandola (1982),
im Feld der simulationsbasierten eignungsdiagnostischen Personalauswahlverfahren ein.
Sie sind durch eine realitätsnahe Simulation beruflicher Aufgaben gekennzeichnet, die als
wichtig für die Tätigkeit erachtet werden, und haben das Ziel, möglichst direkt die indivi-
duelle Leistungsfähigkeit in konkreten beruflichen Anforderungen zu erfassen. Bewerber
geben dabei eine Verhaltensprobe ihrer aktuellen Leistungsfähigkeit in einer arbeitsplatzre-
levanten Aufgabe unter vergleichbaren Bedingungen wie am Arbeitsplatz ab und werden
aufgrund ihrer Bedingungsähnlichkeit als inhaltlich valide Stichprobe des erfolgsrelevan-
ten beruflichen Verhaltens angesehen (Schuler & Funke, 1995).
Callinan und Robertson (2000) erklären das prognostische Konzept von Arbeitsproben mit
der Idee der direkten ,,Punkt-zu-Punkt-Übereinstimmung" (engl.: point-to-point correspon-
dence) des Inhalts der Auswahlmethode und der zu prognostizierenden beruflichen Leis-
tung. Je besser die Übereinstimmung, desto höher ist auch die vorhergesagte Validität oder
18

Theoretischer und empirischer Hintergrund
anders ausgedrückt die Vorhersage zukünftiger Arbeitsleistung. Daher sollten Arbeitspro-
ben Verhaltensweisen messen, von denen bekannt ist, dass sie in ihrer Substanz mit der
jeweiligen Gesamtleistung am Arbeitsplatz in Beziehung stehen. Der Charakter einer Ar-
beitsprobe ist dabei abhängig vom untersuchten Berufszweig und der zu analysierenden
Hierarchiestufe. Da der berufserfolgsrelevante Anteil manueller Arbeitshandlungen bei
einfacheren Tätigkeiten, zum Beispiel Fließbandarbeit, höher ist, als vergleichsweise im
oberen Management einer Firma, wo größtenteils kognitive Arbeit zu leisten ist, ist der
Charakter eines validen simulationsorientierten Auswahlverfahrens dementsprechend an-
zupassen (Höft & Funke, 2001). Die Ablaufstruktur von Arbeitsproben ist im Gegensatz zu
den eigenschaftsorientierten Verfahren (zum Beispiel Persönlichkeitstests) ganzheitlich
aufgebaut, so dass die einzelnen Tätigkeiten in Form einer Gesamtaufgabe mit Planungsan-
forderungen auszuführen sind.
2.3.2 Formen von Arbeitsproben
Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Formen von Arbeitsproben, auf welche die
Vielzahl an Definitionen in der Literatur zurückzuführen ist, kurz erläutert werden. Die am
häufigsten eingesetzte, ursprüngliche Form der von Arbeitsproben wird als psychomotori-
sche Arbeitsprobe bezeichnet (Robertson & Kandola, 1982; Callinan & Robertson, 2000).
Darunter können alle Verfahren mit einem maßgeblichen Anteil an willkürlich gesteuerten,
manuellen Tätigkeiten subsumiert werden. Eine psychomotorische Arbeitsprobe ist ein
Prototyp des simulationsorientierten Prognosekonzeptes (Höft & Funke, 2001). Durch die
1:1-Abbildung des tatsächlichen beruflichen Verhaltens wird bei diesem eignungsdiagnos-
tischen Verfahren, unter Verzicht auf die Integration abstrakter Persönlichkeitsmerkmale,
direkt vom jetzigen auf das zukünftige Verhalten geschlossen. Psychomotorische Arbeits-
proben verlangen vom Handelnden meist die planvolle, physische Manipulation eines
Werkstückes, zum Beispiel das Zusammensetzen eines elektronisches Bauteils (Asher &
Sciarrino, 1974), wodurch die gezeigte Leistung einer Person als Ergebnis dieser Handlung
direkt erfasst werden kann (Hedge & Teachout, 1992). Aufgrund der hohen inhaltlichen
Spezifität der zu bearbeitenden Aufgaben innerhalb einer psychomotorischen Arbeitspro-
be, ist deren Einsatzbereich in der Regel auf jene Bewerbergruppen beschränkt, die bereits
einige Erfahrungen im Arbeitsbereich der zu besetzenden Stelle haben. Die Durchführung
der Arbeitsproben muss zur Gewährleistung der Authentizität und damit einer möglichst
hohen Validität des Verfahrens nach Callinan und Robertson (2000) in einer Umgebung
19

Theoretischer und empirischer Hintergrund
stattfinden, die entweder der Arbeitsplatz selbst darstellt, oder auf einem speziell simulier-
ten Kontext basiert, wie beispielsweise ein Computerprogramm (Funke, 1993a). Asher und
Sciarrino (1974) unterteilten in ihren Überblicksartikel die Arbeitsproben in die Typen
,,motorisch", wenn die Aufgaben eine physiologische Manipulation beinhalteten und ,,ver-
bal", wenn die zu bearbeitenden Problemstellungen primär sprachbasiert oder sozial-
interaktiv basiert waren.
Um das Konzept der Arbeitsproben auch für Bewerber ohne fundierte Berufserfahrungen
einsetzen zu können, wurden so genannte ,,Trainierbarkeitstests" (engl.: trainability tests)
entwickelt. Hierbei wird dem unerfahrenen Bewerber zunächst die später durchzuführende
Handlung an einem Beispiel aufgezeigt. Nach einer anschließenden Übungsphase wird
dann die gezeigte Leistung des Bewerbers hinsichtlich zweier Dimensionen (Fehlerrate
und Globalurteil eines Beobachters) bewertet, um so eine Aussage über die zu erwartende
Berufsleistung erhalten zu können (Robertson & Downs, 1989).
Eine weitere Form der Arbeitsproben stellen ,,Situationstests" (engl.: situational judgement
tests) dar, die sowohl computergestützt als auch herkömmlich durchgeführt werden kön-
nen. Diese Simulationen ermöglichen es, dass sowohl die analytischen als auch sozialen
Kompetenzen der Probanden erfasst werden und konzeptionellen Vorteile von Arbeitspro-
ben ausgenutzt werden können, ohne dabei jedoch die Schwierigkeiten einer möglichst
realistischen Umgebungsgestaltung in Kauf nehmen zu müssen (Callinan & Robertson,
2000). Innerhalb des zugehörigen Aufgabenkomplexes eines Situationstests haben Bewer-
ber zum Beispiel bestimmte Arbeitsschritte zu planen, um einen zuvor genauer beschriebe-
nen Auftrag zu erledigen, oder sie müssen bestimmte aufgabenrelevante Entscheidungen
fällen, wie sie typischerweise am Arbeitsplatz vorkommen können. Dabei ist es üblich,
dass die Bewerber aufgefordert werden, bestimmte Situationen anhand vorliegender In-
formationen verbal einzuschätzen.
Berufswissen stellt einen validen Faktor für den Berufserfolg dar, so dass Tests zum Be-
rufswissen (engl.: job knowledge tests) entwickelt wurden, die in der Regel als Papier-und-
Bleistift Verfahren durchgeführt werden (Callinan & Robertson, 2000). Einsetzbar ist die-
ses Verfahren nur bei Bewerbern, die gewisse Vorerfahrungen im geprüften Berufsfeld
haben. Zu beachten ist die Tatsache, dass Tests zum Berufswissen eine schwächere Bezie-
hung zur ursprünglichen inhaltlichen Konzeption von Arbeitsproben besitzen, da das Wis-
sen über eine Tätigkeit nicht mit der Fähigkeit gleichzusetzen ist, dieses Wissen auch in
eine entsprechende Handlung umsetzen zu können (Callinan & Robertson, 2000). Weiter-
hin kann bei allgemeinen Wissenstests angenommen werden, dass eine starke Konfundie-
20

Theoretischer und empirischer Hintergrund
rung mit der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit besteht, die nach Schmidt und
Hunter (1998) ebenfalls eine hohe prognostische Aussagekraft hinsichtlich des zu erwar-
tenden Berufserfolges besitzt. Korrelative Zusammenhänge zwischen Leistungen in simu-
lations- und in eigenschaftsorientierten Verfahren sind wegen der dabei vorliegenden
Überschneidungen der erfassten Anforderungsbereiche zu erwarten und auch häufig fest-
zustellen (Salgado, 1999).
Arbeitsproben finden indes nicht nur als Prädiktor des zukünftigen Berufserfolges im
Rahmen der Personalauswahl Anwendung, sondern werden auch als Kriterium bei der
Evaluation von betrieblichen Trainingsprogrammen und zur Validierung von unterschied-
lichen Auswahlinstrumenten eingesetzt. Sie werden außerdem benutzt, um den Fähigkeits-
stand von Mitarbeitern zu identifizieren und stellen ein Instrument zur Arbeits- und Aufga-
benzertifizierung dar (Hedge & Teachout, 1992).
2.3.3 Gütekriterien von Arbeitsproben
Hinsichtlich der Reliabilität von Arbeitsproben haben Jackson, Harris, Ashton, McCarthy
und Tremblay (2000) eine Überprüfung der von ihnen entwickelten standardisierten Ar-
beitsproben vorgenommen, in der sie Reliabilitätskennwerte von r = .87 bei der Inter-
Rater-Reliabilität und r = .88 bei der Paralleltestreliabilität (split-half Methode) aufzeigen.
Zur Validität von Arbeitsproben liegen zahlreiche Untersuchungen vor (Callinan & Ro-
bertson, 2000; Hunter & Hunter, 1984; Schmidt & Hunter, 1998; Weekly & Jones, 1999;
Clevenger, Pereira, Wiechmann, Schmitt & Schmidt-Harvey, 2001; Jackson, Harris, Ash-
ton, McCarthy & Tremblay, 2000; Lance, Johnson Douthitt, Bennet & Harville, 2000). Die
Validität eines Personalauswahlverfahrens stellt nach Schmidt und Hunter (1998) die wich-
tigste Eigenschaft von Personalauswahlverfahren dar, weil sie sich direkt proportional zum
praktischen und wirtschaftlichen Nutzen eines Verfahrens verhält. Die Studie von Lance,
Johnson, Douthitt, Bennett und Harville (2000) konnte in diesem Zusammenhang zeigen,
dass es die Möglichkeit einer validen Leistungsmessung der Gesamtbeurteilung in Arbeits-
proben durch die Beurteiler gibt. In der Metaanalyse von Schmidt und Hunter (1998), bei
der 19 unterschiedliche Auswahlverfahren hinsichtlich ihrer prädiktiven und inkrementel-
len Validität untersucht wurden, zeigten Arbeitsproben mit r = .54 die höchste Validität
aller analysierten Instrumente und lagen damit sogar noch vor den Intelligenztests, die ei-
nen Wert von r = .51 erzielen konnten.
21

Theoretischer und empirischer Hintergrund
Wie bereits angesprochen, kann ein Zusammenhang zwischen den Ergebnissen eines Be-
werbers in einem Intelligenztest und in einer Arbeitsprobe angenommen werden, da in
beiden fällen die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit eine wichtige Funktion zur Lö-
sung der Aufgaben darstellt. Diese Vermutung konnten Schmidt und Hunter (1998) in ihrer
Untersuchung stützen. Sie fanden eine Korrelation von r = .38, was die Annahme bestätigt,
dass Arbeitsproben zu einem hohen Anteil die Intelligenz messen. Zu beachten ist jedoch
die Tatsache, dass offensichtlich noch andere Fähigkeiten beziehungsweise leistungsrele-
vante Faktoren zu diesem Ergebnis beitragen. Callinan und Robertson (2000) vermuten in
diesem Zusammenhang, dass Arbeitsproben als Methode der Personalauswahl deshalb eine
so gute Vorhersagekraft besitzen, da sie die Effekte von wichtigen berufsbezogenen Fakto-
ren, wie Motivation, Berufserfahrung, Intelligenz und Berufswissen mediieren. Setzt man
Arbeitsproben in Kombination mit Intelligenztests ein, erbringen Arbeitsproben, zusätzlich
zur prädiktiven Aussagekraft des Intelligenztests, eine inkrementelle Validität von r = .12,
was einem Validitätszuwachs von 24 Prozent entspricht. Einen entsprechenden Wert er-
zielt das strukturierte Interview mit r = .14 (Validitätszuwachs 27 Prozent), sowie Integri-
tätstests, mit ebenfalls r = .14 (Validitätszuwachs 27 Prozent). Clevenger et al. (2001), so-
wie Weekly & Jones (1999) berichten, dass auch für Situationstests eine relativ hohe in-
krementelle Validität besteht, wobei hier ebenfalls recht hohe Korrelationen mit den all-
gemeinen kognitiven Fähigkeiten aufzufinden sind.
2.3.4 Akzeptanz von Arbeitsproben
Arbeitsproben zeichnen sich durch eine hohe soziale Akzeptanz bei Bewerbergruppen aus,
was neben der hohen Validität zur allgemeinen Verbreitung dieses Auswahlinstrumentes
geführt hat. Der Grund für die positive Bewertung von Arbeitsproben durch Bewerber
kann im wahrgenommenen Bezug zur zukünftigen Arbeitsstelle gesehen werden und der
damit zusammenhängenden Augenscheinvalidität (Callinan & Robertson, 2000). Zusam-
menfassend kann deshalb gesagt werden, dass der Einsatz von Arbeitsproben als Instru-
ment bei der Personalauswahl zu bevorzugen ist, da diese für den Bewerber plausibel er-
scheinen und für das Unternehmen eine valide und reliable Entscheidungshilfe darstellen
(Jackson et al. 2000).
Ein weiterer Vorteil, den Arbeitsproben aus Sicht der Bewerber bieten, liegt in dem zu
Grunde liegenden Prinzip der möglichst realistischen Abbildung der zukünftigen Arbeits-
platzanforderungen, begründet. Die Bewerber erhalten durch die Teilnahme an einer Ar-
22

Theoretischer und empirischer Hintergrund
beitsprobe einen realitätsnahen Eindruck der Aufgaben und Bedingungen am Arbeitsplatz.
Arbeitsproben bekommen auf diese Weise einen, aus Sicht der Bewerber, wichtigen In-
formationscharakter, da sie bereits im Bewerbungsprozess einen Einblick in die Arbeitsbe-
dingungen ermöglichen (realstic job preview; vgl. Hertel et. al, 2003). Gleichzeitig sind
Arbeitsproben für das Unternehmen vorteilhaft, wie Phillips (1998) in seiner Metaanalyse
zeigen konnte. So sind ,,realistic job previews" mit einer höheren Berufsleistung und einer
geringeren Fluktuation der Mitarbeiter korreliert. Zudem findet aufgrund der hohen sozia-
len Akzeptanz der Arbeitsproben seltener ein Rückzug aus dem Auswahlprozess statt
(Phillips, 1998).
2.3.5 Ökonomische Aspekte von Arbeitsproben
Die aufgezeigten positiven Eigenschaften von Arbeitsproben, wie die hohe inkrementelle
Validität und Reliabilität, sowie die hohe soziale Akzeptanz des Verfahrens, bieten aus
Sicht der Unternehmen einen hohen praktischen Nutzen. Dennoch besteht aus berufseig-
nungsdiagnostischer Sicht weiterer Entwicklungsbedarf, um die Vorteile der Arbeitsproben
im Rahmen der Personalauswahl weiter auszubauen und bestehende Nachteile zu reduzie-
ren. Im Folgenden sollen einige Nachteile, die vor allem die Wirtschaftlichkeit von Ar-
beitsproben einschränken, kurz genannt und erläutert werden.
Nach Robertson und Downs (1989) liegt ein Nachteil in der im Zeitverlauf abnehmenden
prädiktiven Validität, die im Vergleich zu anderen Auswahlinstrumenten stärker abnimmt.
Dieser Prozess zeigte sich bei der Untersuchung in Form negativer Korrelationen zwischen
der Länge des zeitlichen Abstandes der Folgeuntersuchung und der Höhe der prädiktiven
Validität. Ein Grund dafür wird von Callinan & Robertson (2000) in der schnellen Verän-
derung der arbeitsplatzspezifischen Anforderungen sowie der hohen Spezifität der in den
Arbeitsproben verwendeten Aufgabentypen gesehen.
Ein weiterer Nachteil besteht in dem hohen Zeit- und Kostenaufwand, der für Unterneh-
men im Hinblick auf die Konstruktion, Anschaffung, Durchführung und Verwaltung des
Instrumentes entsteht (Höft & Funke, 2001; Callinan & Robertson, 2000; Schuler & Fun-
ke, 1995). Unternehmen, die eine adäquate Arbeitsprobe selbst entwickeln, müssen zu-
nächst eine möglichst exakte Arbeits- und Anforderungsanalyse durchführen, damit die
verwendeten Aufgaben, gemäß dem Konstruktionsprinzip, den tatsächlichen beruflichen
Anforderungen in einem möglichst hohem Maße entsprechen. Deshalb ist es auch notwen-
dig, für die einzelnen Tätigkeitsbereiche und Hierarchiestufen individuelle Analysen
23

Theoretischer und empirischer Hintergrund
durchzuführen (Callinan & Robertson, 2000). Weiterhin ist es besonders im Zuge der sich
ständig beschleunigenden Technisierung der Arbeitswelt unbedingt notwendig, die Inhalte
der Arbeitsproben auf die veränderten Bedingungen am Arbeitsplatz anzupassen und per-
manent zu aktualisieren (Höft & Funke, 2001). Daneben sind die Personalkosten, die bei
der Durchführung herkömmlicher Arbeitsproben entstehen, noch immer recht hoch, da
meist eine intensive Betreuung der Bewerber während der Durchführung notwendig ist.
Die meisten Arbeitsproben können dabei, je nach Konstruktion und Durchführung, nur bei
Bewerbern mit hinreichender Berufserfahrung eingesetzt werden, so dass Personen, die
aufgrund ihrer Fähigkeiten unter Umständen in der Lage wären, die am Arbeitsplatz anfal-
lenden Aufgaben erfolgreich zu bewältigen, gar nicht erst am Auswahlprozess teilnehmen
können. Ein möglicher Lösungsansatz für die aufgezählten Probleme kann in einer inter-
netbasierten Durchführung von Arbeitsproben liegen, wobei besonders die Kosten im Be-
reich des Personals und der Aktualisierung des Auswahlinstrumentes gesenkt werden
könnten. Zusätzlich kann eine Ausweitung des Konzeptes der Arbeitsprobe auf die Grup-
penstruktur eingeführt werden.
2.4
Distributed Work Sample Test (räumlich verteilte Arbeitsprobe)
2.4.1 Entwicklung und Kategorisierung der Aufgaben des DWST
Die Aufgaben des DWST wurden von einer Forschungsgruppe an der Christian-Albrechts-
Universität zu Kiel auf Grundlage des durch Ward, Marshall und Novick (1995) erweiter-
ten Circumplex-Modells von McGrath (1984) entwickelt, welches unterschiedliche Aufga-
bentypen eines Assessments klassifiziert und integriert. In seinem Modell integriert Mc-
Grath (1984) verschiedenen Konzepte, die seit den 1960er Jahren im Rahmen der Untersu-
chung und Klassifikation von Aufgaben, die in Gruppen bearbeitet werden, entwickelt
worden sind (Straus, 1999; für eine ausführliche Darstellung siehe McGrath, 1984).
McGrath (1984) beschreibt in vier grundlegenden Prozessen (Generieren, Entscheiden,
Verhandeln und Ausführen) Aufgaben, die anhand zweier Dimensionen (Cooperati-
on/Conflict und Conceptual/Behavioral) in acht Aufgabenarten unterteilt sind, welche in
Abbildung 1 dargestellt sind. Dabei spiegelt die horizontale Dimension (Conceptu-
al/Behavioral) den Unterschied zwischen konzeptuellen oder intellektuellen Aufgaben und
behavioralen oder aktionsorientierten Aufgaben wieder. Die vertikale Dimension (Coope-
ration/Conflict) spannt sich auf der einen Seite zwischen den Polen Kooperation oder Ein-
24

Theoretischer und empirischer Hintergrund
verständnis auf und auf der anderen Seite zwischen Konflikt oder Interdependenz. Das
Circumplex Modell von McGrath (1984) wird in vielen Studien als theoretische Grundlage
verwendet, jedoch finden sich in der Literatur zu dem Modell nicht viele empirische Unter-
suchungen.
Abb. 1:
Das Circumplex_Modell von McGrath (1984)
Eine empirische Validierung von Straus (1999), die auf die Daten der Untersuchung von
Straus und McGrath (1994) beruht, unterstützt das Circumplex Modell von McGrath
(1984). In ihrer Untersuchung absolvierten 27 Arbeitsgruppen mit jeweils drei Probanden
Kreativitätsaufgaben (Ideen generieren), Problemlöseaufgaben (Lösen eines logischen
Problems) sowie Beurteilungsaufgaben (Auswahl einer Maßnahme aus einer vorgegebenen
Liste) und kommunizierten dabei über Computer-Konferenzen oder in ,,Face-to-Face"
Diskussionen. Die Kommunikationsmuster, die sich in den Gruppen bei der Bearbeitung
der Aufgaben zeigten, unterstützen vor allem die vertikale Achse (Kooperativ/Kompetitiv)
des Circumplex Modells
Durch die Erweiterung des Circumplex Modells von Ward et al. (1995) um die Aufgabety-
pen ,,Informationsweitergabe" und ,,Informationsbeschaffung", mit jeweils zwei Aufga-
25

Theoretischer und empirischer Hintergrund
benarten, kann das Modell auch auf weniger experimentelle Situationen angewendet wer-
den, da nun ebenfalls Aufgaben, die sich mit der Beschaffung und Weitergabe von Infor-
mationen befassen, integriert sind.
Tab. 2.1: Aufgabengruppen, Aufgabentypen, Definitionen und Beschreibungen der im DWST verwendeten
Aufgaben nach dem erweiterten Circumplex-Modell von McGrath (nach Ward et al., 1995)
Aufgaben-
gruppe
("Quadrant")
Aufgabentyp
("Type")
erweiterte Definition
1. Planungsaufgaben
("Planning tasks")
Entwicklung eines ausführbaren Plans
("Decomposing an agreed-upon goal into
subgoals")
Schlagwort: Plan
I. Generieren
("Genera-
te")
2. Kreativitätsaufgaben
("Creativity tasks")
Generieren von Ideen und Alternativen
("Generating alternatives for later evaluati-
on")
Schlagwort: Kreativität
3. Problemlöseaufgaben
("Intellective tasks")
Ausführung einer bekannten, algorithmi-
schen Prozedur, um ein Problem mit einer
richtigen Antwort zu lösen ("Performing an
algorithmic procedure to produce an ans-
wer")
Schlagwort: korrekte Antwort
II. Entschei-
den
("Choose")
4. Entscheidungsaufgaben
("Decision making tasks")
Lösung einer Aufgabe, bei der die richtige
Lösung die bevorzugte Lösung ist ("Evalu-
ating matters of preference")
Schlagwort: bevorzugte Antwort
9. Aufgaben der
Informationsweitergabe
("Information sharing
tasks")
Zusammenfassung und Weitergabe von
Informationen (Reporting or sharing in-
formation)
Schlagwort: Informationsweitergabe
V. Informieren
("Inform")
10. Aufgaben der
Informationssammlung
("Information gathering
tasks")
Lokalisieren und Sammeln von Informati-
onen ("Locating information, e.g. through
consulting reference materials")
Schlagwort: Informationssammlung
Die Erweiterung von Ward et al. (1995) wird im Folgenden als Aufgabengruppe
,,V. Informieren" (Inform) bezeichnet. Der Aufgabentyp ,,Informationsweitergabe" wird
im Quadranten Cooperation/Conflict und der Aufgabentyp ,,Informationsbeschaffung" im
Quadranten Conceptual/Behavioral eingegliedert. Die Aufgabengruppen, Aufgabentypen,
Definitionen und Beschreibungen der im DWST verwendeten Aufgaben nach dem erwei-
terten Circumplex-Modell von McGrath (nach Ward et al., 1995) sind in Tabelle 2.1 aufge-
führt (für eine ausführliche Beschreibung der Aufgaben vgl. dazu 4.1.2). Hierbei ist zu
beachten, dass die Aufgabengruppen ,,III. Verhandeln" (Negotiate) und ,,IV. Ausführen"
26

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832498191
ISBN (Paperback)
9783838698199
DOI
10.3239/9783832498191
Dateigröße
790 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel – Philosophische Fakultät, Psychologie
Erscheinungsdatum
2006 (September)
Note
1,0
Schlagworte
psychologie berufseignung assessment center personalselektion socail facilitation
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