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Voraussetzung zur Implementierung der Wirtschaftsmediation in Ungarn

©2006 Masterarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Vergleicht man die Anzahl der Publikationen der Fachliteratur im Bereich Wirtschaftsmediation der letzten Jahre so ist eine stetige Zunahme zu verzeichnen. Als Vorteile von Wirtschaftsmediation werden vor allem die Kostengünstigkeit des Verfahrens im Verhältnis zum gerichtlichen Weg, die Möglichkeit der raschen und zukunftsgerichteten Konfliktlösung, die Vertraulichkeit des Verfahrens, das Finden praxisnaher und gegebenenfalls „ungewöhnlicher“ Lösungen, sowie die Berücksichtigung des Gesamtsystems „Betriebs“ (systemisches Denken) propagiert.

Eine tatsächliche Einschätzung über die Verbreitung und die Anzahl von stattfindenden Mediationen lässt sich jedoch schwer beziffern. Auffallend ist der Implementierungsgrad von Mediation in den einzelnen Ländern. Während beispielsweise Australien und die USA eine Vorreiterrolle einnehmen ist Mediation in Europa weitgehend noch nicht ausreichend implementiert. Vor allem die neuen EU Beitrittsländer weisen einen niedrigen Implementierungsgrad auf. Mit dieser Arbeit soll am Beispiel von Ungarn, als einem der größten und wirtschaftlich stärksten der EU Ostbeitrittsländer, aufgezeigt werden, welche Voraussetzungen zur Implementierung von Wirtschaftsmediation gegeben sein müssen.
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Implementierung von Mediation im Wirtschaftsbereich und befasst sich sowohl mit Konflikten innerhalb eines Unternehmens als auch im Kontakt mit anderen Unternehmen, Kunden oder Lieferanten. Die Arbeit versucht zu ergründen welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um eine erfolgreiche Implementierung von Wirtschaftsmediation in Ungarn gewährleisten zu können, herauszufinden wie die Haltung gegenüber Mediation in der ungarischen Wirtschaft ist und wie man es schaffen kann eventuelle Vorurteile, Bedenken und Hindernisse (rechtlicher und anderer Art) beiseite zu räumen.

Die folgende Arbeit behandelt somit im Allgemeinen Teil (Kapitel B) die Besonderheiten der Wirtschaftsmediation und deren Einfluss auf die Implementierungsvoraussetzungen, sowie die zu berücksichtigenden Ebenen der Beteiligten. Es werden die für die Implementierung signifikanten wirtschaftlichen Daten Ungarns aufgezeigt, sowie der aktuelle Ist-Zustand der beteiligten Ebenen in Ungarn hinsichtlich Mediation mittels Fragebogentechnik und Expertengesprächen evaluiert (Kapitel C).

Die Ermittlung der relevanten Daten über Ungarns Wirtschaft, sowie die Besonderheiten der Wirtschaftsmediation und die Analyse […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Elisabeth Wolfond
Vorrausetzung zur Implementierung der Wirtschaftsmediation in Ungarn
ISBN-10: 3-8324-9818-4
ISBN-13: 978-3-8324-9818-4
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. FernUniversität Hagen, Hagen, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany


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INHALTSVERZEICHNIS
A. Einleitung ...5
B. Wirtschaftsmediation ...7
I.
Abgrenzung zur Mediation im Allgemeinen ...7
II. Ebenen der Beteiligten ...9
1. Aktive Ebene ...9
2. Passive Ebene...10
C. Landesspezifische Rahmenbedingungen der Implementierung ...12
I.
Voraussetzung zur begrifflichen Implementierung...12
1. Mediationsbegriff in Ungarn...12
II. Voraussetzung zur Implementierung unter juridischen Konditionen
13
1. Das Rechtssystem in Ungarn mit Fokus auf Prozesskosten...14
2. Rechtliches Agieren bei Wirtschaftsfällen...17
3. Restriktionen und vorhandenes Potential bei Verfahren der
alternativen Konfliktbeilegung ...20
4. Entlohnungssystem und Ausbildung von Richtern und
Anwälten ...21
III. Voraussetzung zur Implementierung unter wirtschaftlichen
Konditionen ...23
1. Wirtschaftsprofil Ungarn ­ Kennzahlen und Problemfelder ...24
2. Notwendige Implementierungsmaßnahmen ...26
IV. Voraussetzung zur Implementierung unter dem kulturellen Aspekt 27
1. Landeskultur und die damit verbundene Mentalität der
Ungarn ...28
2. Konfliktkultur in Ungarn ...31
3. Unternehmenskultur in Ungarn ...33
V. Voraussetzung zur werbewirksamen Implementierung ...35
1. Länderspezifisches Marketing ...36
VI. Personenspezifische Rahmenbedingungen der Implementierung ..39
1. Voraussetzung zur Implementierung auf der aktiven Ebene...40
2. Voraussetzung zur Implementierung auf der passiven Ebene ...45
D. Resümee und Ausblick...51
E. Anhang...55
I.
Expertengespräche...55
1. Gesprächsleitfaden...55
2. Abschrift der einzelnen Gespräche ...56

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II. Umfrage per e-mail ...63
1. Fragebogen...63
2. Statistische Auswertung ...71
F. Glossar...78
G. Literaturverzeichnis...83
I.
Monographien ...83
II. Sammelwerke und Zeitschriften ...84
III. Internet Quellen ...84
IV. Sonstige Quellen ...85

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Parlament Budapest
S. 14
Abbildung 2: Durchschnittliche Dauer von Wirtschafts- und
Arbeitsfällen vor ungarischen Gerichten S. 19
Abbildung 3: Übersicht: Abgrenzung der Mediation zu anderen
Verfahren der Streitbeilegung außerhalb der staatlichen
Gerichtsbarkeit S. 20
Abbildung 4: Fakten über Ungarn
S. 23
Abbildung 5: Unternehmenskulturmuster und damit verbundene
Wertvorstellungen S. 33
Abbildung 6: Werbetechnische Implementierungsstrategie von
Wirtschaftsmediation in Ungarn S. 36
Abbildung 7: Umfrageergebnis Informationssammlung S. 46
Abbildung 8: Umfrageergebnis Kooperation mit Externen S. 47
Abbildung 9: Umfrageergebnis Auswahl von Externen S. 47
Abbildung 10: Umfrageergebnis Ansätze zur Konfliktlösung im
Unternehmen S. 48
Abbildung 11: Umfrageergebnis Probleme der Konfliktlösung vor
Gericht S. 49
Abbildung 12: Umfrageergebnis Aspekte der Konfliktlösung S. 49
Abbildung 13: Übersicht der Implementierungsmaßnahmen S. 52
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Darstellung der Hierarchieebenen der passiven Ebene S. 11
Tabelle 2: Fälle vor ungarischen Gerichten von 2000 ­ 2005
S. 18
Tabelle 3: Fälle und deren Dauer, die 2005 vor Gericht erledigt
wurden S. 19
Tabelle 4: Darstellung der wirtschaftlichen Kennzahlen Ungarns
von 2004 - 2007 S. 25
Tabelle 5: Auswahl einiger zukünftiger Großprojekte S. 26
Tabelle 6: Kulturalisierung Ungarns nach den 5 Dimensionen von
Geert Hofstede S. 29

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A. Einleitung
Vergleicht man die Anzahl der Publikationen der Fachliteratur im Bereich
Wirtschaftsmediation der letzten Jahre so ist eine stetige Zunahme zu
verzeichnen. Als Vorteile von Wirtschaftsmediation werden vor allem die
Kostengünstigkeit des Verfahrens im Verhältnis zum gerichtlichen Weg, die
Möglichkeit der raschen und zukunftsgerichteten Konfliktlösung, die
Vertraulichkeit des Verfahrens, das Finden praxisnaher und gegebenenfalls
,,ungewöhnlicher" Lösungen, sowie die Berücksichtigung des
Gesamtsystems ,,Betriebs" (systemisches Denken) propagiert.
Eine tatsächliche Einschätzung über die Verbreitung und die Anzahl von
stattfindenden Mediationen lässt sich jedoch schwer beziffern. Auffallend ist
der Implementierungsgrad von Mediation in den einzelnen Ländern.
Während beispielsweise Australien und die USA eine Vorreiterrolle
einnehmen ist Mediation in Europa weitgehend noch nicht ausreichend
implementiert. Vor allem die neuen EU Beitrittsländer
1
weisen einen
niedrigen Implementierungsgrad auf. Mit dieser Arbeit soll am Beispiel von
Ungarn, als einem der größten und wirtschaftlich stärksten der EU
Ostbeitrittsländer, aufgezeigt werden, welche Voraussetzungen zur
Implementierung von Wirtschaftsmediation gegeben sein müssen. Die
Arbeit beschäftigt sich mit der Implementierung von Mediation im
Wirtschaftsbereich und befasst sich sowohl mit Konflikten innerhalb eines
Unternehmens als auch im Kontakt mit anderen Unternehmen, Kunden
oder Lieferanten. Die Arbeit versucht zu ergründen welche
Voraussetzungen gegeben sein müssen, um eine erfolgreiche
Implementierung von Wirtschaftsmediation in Ungarn gewährleisten zu
können, herauszufinden wie die Haltung gegenüber Mediation in der
ungarischen Wirtschaft ist und wie man es schaffen kann eventuelle
Vorurteile, Bedenken und Hindernisse (rechtlicher und anderer Art) beiseite
zu räumen.
Die folgende Arbeit behandelt somit im Allgemeinen Teil (Kapitel B) die
Besonderheiten der Wirtschaftsmediation und deren Einfluss auf die
Implementierungsvoraussetzungen, sowie die zu berücksichtigenden
Ebenen der Beteiligten. Es werden die für die Implementierung
1
EU Beitrittsländer 2004: Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Estland, Lettland,
Slowenien, Litauen, Zypern, Malta.

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signifikanten wirtschaftlichen Daten Ungarns aufgezeigt, sowie der aktuelle
Ist-Zustand der beteiligten Ebenen in Ungarn hinsichtlich Mediation mittels
Fragebogentechnik und Expertengesprächen evaluiert (Kapitel C).
Die Ermittlung der relevanten Daten über Ungarns Wirtschaft, sowie die
Besonderheiten der Wirtschaftsmediation und die Analyse der Ebenen der
Beteiligten, basieren auf einer Literaturrecherche. Es wird dabei zwischen
einer aktiven und einer passiven Ebene der Beteiligten unterschieden. Aus
jedem Bereich der aktiven Ebene wurde eine Person repräsentativ gewählt
und mittels Gespräch befragt. Um den Ist-Zustand der passiven Ebene
festzustellen wurde ein dreisprachiger (Ungarisch, Englisch, Deutsch)
Fragebogen an die Top 100
2
Unternehmen Ungarns verschickt und in
weiterer Folge statistisch ausgearbeitet.
Daraus resultierend (Kapitel D) wurden Maßnahmen und Vorkehrungen für
eine erfolgreiche Implementierung von Wirtschaftsmediation in Ungarn
abgeleitet, sowie die Interaktion der Ebenen der Beteiligten aufgezeigt. Die
Arbeit schließt mit einem Resümee und einem Ausblick auf zukünftige
mögliche Entwicklungen.
2
Vgl. Dun, Bradtreet, Book of Lists, Top 100 companies, Hungária Kft, Budapest 2005, S. 9.

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B. Wirtschaftsmediation
Wirtschaftsmediation bietet Unternehmen die Möglichkeit Konflikte und
Streitigkeiten kooperativ und selbstbestimmt zu lösen. Unter
Wirtschaftsmediation versteht man somit die interessensorientierte,
zukunftsgerichtete, eigenverantwortliche Verhandlungsunterstützung durch
einen neutralen Dritten (Mediator) ohne Entscheidungskompetenz bei
Wirtschaftskonflikten
3
.
I. Abgrenzung zur Mediation im Allgemeinen
Mediation ist eine außergerichtliche Art der Konfliktlösung für Streitigkeiten
verschiedenster Lebensbereiche. Wirtschaftsmediation als Teilgebiet der
Mediation befasst sich ausschließlich mit der Streitbeilegung von Konflikten,
die in einem unternehmerisch ­ wirtschaftlich ­ betrieblich relevanten
Kontext stehen mit dem Ziel den vorliegenden Konflikt nachhaltig
beizulegen und, im Idealfall, sogar einen Kooperationsgewinn zu erzielen.
4
Der Begriff der Wirtschaftsmediation umfasst ein großes Spektrum an
Konfliktebenen
5
. Konflikte können innerhalb von Unternehmen (interne /
innerbetriebliche Konflikte), zwischen voneinander
unabhängigen
Unternehmen (auf nationaler und internationaler Ebene), sowie zwischen
Unternehmen (auf nationaler und internationaler Ebene), die dem gleichen
Konzern angehören, stattfinden. Ebenso sind Konflikte zwischen
verschiedenen Organisationseinheiten (Abteilungen, Headquarter ­
Niederlassung, etc.) eines Unternehmens (intergruppale Konflikte) möglich.
Quer zu diesen Konfliktebenen kann noch eine kulturelle Differenz
eingezogen werden, sodass es sich bei Wirtschaftsmediation auch um
interkulturelle Mediation handeln kann. In der Praxis
6
wird zumeist grob
zwischen innerbetrieblicher (interner) Mediation und Mediation bei
Konflikten zwischen Unternehmen (externer; b2b) unterschieden. Diesen
beiden Kategorien werden unterschiedliche Konfliktfelder zugeordnet, wie
zum Beispiel:
3
Vgl. Eidenmüssel, Horst, LLM, Camb 2003, München, S. 8.
4
Vgl. Filler, Ewald, Wirtschaftsmediation im Europäischen Vergleich, BWA 2005, Wien, S.
23 ­ 32.
5
Vgl. Stubbe, Christian, Was ist Wirtschaftsmediation?, in, ZKM 1/2003, S. 32.
6
Vgl. Zuberbühler, Christa, Wirtschaftsmediation, Durch Konsens zum Erfolg, Orel Füssli
2004, Zürich, S. 34 ­ 38.

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Unternehmensintern:
Unternehmensextern:
Mitarbeiter - Mitarbeiter
Unternehmen - Zulieferer
Vorgesetzter - Mitarbeiter
Unternehmen - Kunden
Abteilung - Mitarbeiter (Mobbing
7
)
Mutter - Tochter
8
Abteilung - Abteilung
Mitbewerber - Mitbewerber
Unternehmensübergreifende Konflikte weisen in der Regel eine geringere
emotionale Tiefe als innerbetriebliche Konflikte auf, bei denen
Sachprobleme weitgehend von Beziehungen und Emotionen begleitet
werden. Neben strukturellen Konflikten (unterschiedliche Zeitabläufe,
ungleiche Voraussetzungen, andersartige Ziele), Organisations-,
Veränderungs- und Wertekonflikten (Alltagswerte, Extremwerte und
Selbstwert) unterscheidet man noch Informationskonflikte,
Beziehungskonflikte und Interessenskonflikte.
Auf Grund spezifischer Konstellationen und Bedürfnisse im
wirtschaftsrechtlichen Bereich gegenüber anderen Anwendungsfeldern der
Mediation (Bsp. Familienrecht, Umweltrecht, etc.) weist die
Wirtschaftsmediation einige Spefizika auf, deren sich der Me diator bewusst
sein sollte. Vor allem in der ersten Phase des Verfahrens ist zu klären,
inwieweit die Entscheidungsbefugnisse der Teilnehmer im Rahmen ihrer
Unternehmenshierarchie
9
in der Mediation reichen. Andernfalls besteht die
Gefahr, dass ein ausgehandelter Kompromiss am Widerspruch eines
Dritten scheitert. Zu berücksichtigen ist auch die Kultur eines
Unternehmens
10
, die durch Mission, Vision, Value
11
und den damit
verbundenen Kommunikations- und in weiterer Folge auch Streitregeln,
gekennzeichnet ist. Der Mediator muss sich dieser länderspezifischen
Unternehmenskulturen bewusst sein und mit ihnen umgehen können. Vor
allem bei unternehmensinterner Mediation sieht sich der Mediator häufig
mit einer Mehrzahl von Beteiligten konfrontiert, und somit auch mit einer
Mehrzahl von Themen, welche oft schwer von den eigentlichen Interessen
zu unterscheiden sind.
7
Siehe Glossar
8
Siehe Glossar
9
Siehe Glossar
10
Siehe Glossar
11
Siehe Glossar

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In der Wirtschaftsmediation haben unternehmerische und nicht juristische
Gesichtspunkte Priorität. Zukunftsorientierte Lösungen, Schonung von
Ressourcen, Kostenreduktion und Planungssicherheit sowie die
Bewahrung von Vertraulichkeit und die Erzielung wirtschaftlich sinnvoller
Ergebnisse sind nur einige Vorteile des Einsatzes von Mediation im
Wirtschaftsleben. Durch die fortschreitende Globalisierung sind, wie bereits
erwähnt, internationale Aspekte sowie interdisziplinäre Ansätze zu
berücksichtigen.
II. Ebenen der Beteiligten
Im Bereich der Wirtschaftsmediation hat man es, ebenso wie in den
anderen Einsatzgebieten der Mediation, mit verschiedenen Ebenen der
Beteiligten zu tun. Einerseits sind Personen als Mediator tätig, sei es nun
betriebsintern oder als externer Anbieter. Andererseits nehmen Personen
als Mediant an einem Mediationsverfahren teil. Man kann daher eine aktive
und eine passive Ebene der Beteiligten unterscheiden.
1. Aktive Ebene
Mit der aktiven Ebene der Mediation sind die Anbieter gemeint, also jene
Personen, die als Mediator tätig werden. Bestandteil der aktiven Ebene
sind somit Anwälte, Notare, Steuerberater, Unternehmensberater,
ausgebildete Wirtschaftsmediatoren, sowie unternehmensinterne
Mediationsbeauftragte (Betriebsrat, Personalverantwortlicher, etc.). Bei der
Voraussetzung zur Implementierung von Wirtschaftsmediation in Ungarn
kommt ihnen eine große Bedeutung zu. Nur mit ihrer Kooperation und einer
abgestimmten, einheitlichen Vorgehensweise ist es möglich Mediation zu
implementieren. Folgende Maßnahmen müssen daher getätigt werden um
jene aktive Ebene so aufzubauen, dass eine erfolgreiche Implementierung
von Mediation möglich ist:
-) unter allen Beteiligten der aktiven Ebene muss Einigkeit bezüglich der
Begriffsdefinition von Mediation , deren Ziele und Vorteile herrschen.
-) bei der Kommunikation, also dem Anbieten der Mediation an die
passive Ebene, sollten idealer Weise die selben Botschaften

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(Messages) vermittelt werden. Die Art und Weise der Kommunikation
(Medium, Wortwahl, etc.) muss auf die jeweilige Person der passiven
Ebene abgestimmt sein (Zielgruppenspezifisch), die Botschaft aber
einheitlich sein, da sonst die Gefahr besteht, dass Mediation als etwas
eingeführt wird, was sie nicht ist.
-) förderlich wäre es, einheitliche Ausbildungsstandards der passiven
Ebene zu definieren und diese für die passive Ebene transparent zu
gestalten ­ nur so kann die Qualität von Mediation kommuniziert und
garantiert werden.
-) Kooperation und Netzwerkdenken zwischen den einzelnen Beteiligten
der aktiven Ebene ist unabkömmlich. Nur durch ein gemeinsames
Vorgehen kann Mediation implementiert und verbreitet werden.
Herrschte stattdessen Konkurrenzdenken so würde sich dies auf Kosten
der Implementierung auswirken. Durch ein effizientes Netzwerk, das
Weitervermitteln von Fällen, falls ein Mediator keine Zeit hat oder
beispielsweise nicht die ausreichende Sachkenntnis für einen
spezifischen Fall besitzt, sowie den gemeinsamen Erfahrungsaustausch
(Supervision) kann Mediation erfolgreich implementiert und verbreitet
werden.
Um den derzeitigen Ist-Stand der aktiven Ebene der Beteiligten in Ungarn
zu evaluieren und daraus gegebenenfalls weitere
Implementierungsvoraussetzungen abzuleiten, wurden Expertengespräche
durchgeführt, die im Kapitel C.VI.1 dieser Arbeit näher behandelt werden.
2. Passive Ebene
Unter der passiven Ebene der Beteiligten in der Wirtschaftsmediation
werden die Anwender/Kunden, also die Medianten verstanden. Dies sind
die Angestellten und Arbeiter eines Unternehmens, sowie Führungskräfte,
Manager und Unternehmensinhaber. Im weiteren Sinn zählen auch Kunden
des Unternehmens, sowie Lieferanten dazu. In Ungarn kommt auf der
passiven Ebene der Mediation der Hierarchiestruktur eine essentielle Rolle
zu, die dem Mediator unbedingt schon zu Beginn des Verfahrens bekannt

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sein sollte. Folgende Hierarchiestrukturen und damit verbundene
unterschiedliche Vorgehensweisen sind zu unterscheiden:
Tabelle 1: Darstellung der Hierarchieebenen der passiven Ebene
Gleiche Hierarchie
Unterschiedliche Hierarchie
Individuum ­ Individuum
Typ I:
Mitarbeiter - Mitarbeiter
Typ II:
Führungskraft ­ Mitarbeiter
Individuum ­ Kollektiv
Typ III:
Mitarbeiter - Team
Typ IV:
Führungskraft ­ Team
Kollektiv - Kollektiv
Typ V:
Team - Team
Typ VI:
Geschäftsführung - Betriebsrat
Quelle: selbst erstellt in Anlehnung an: Report Wirtschaftsmediation, S. 270
Um auf der passiven Ebene Mediation implementieren zu können ist
Grundvoraussetzung dafür das Kennen von Mediation bzw. der
Begriffsbekanntheit. Nur wenn sich Beteiligte unter Mediation etwas
vorstellen können, kann man sie in weiterer Folge auch von Mediation
überzeugen. Um den aktuellen Ist-Stand von Wirtschaftsmediation der
passiven Ebene der Beteiligten in Ungarn festzustellen, wurde eine
Umfrage durchgeführt die in Kapitel C.VI.2 dieser Arbeit näher behandelt
wird.

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C. Landesspezifische Rahmenbedingungen der Implementierung
In diesem Teil der Arbeit werden die Voraussetzungen zur Implementierung
von Mediation, die speziell für Ungarn gelten, aufgezeigt. Es wird auf das
begriffliche Verständnis von Mediation, sowie die Einflussfaktoren
Rechtssystem, Wirtschaft und Kultur eingegangen.
I. Voraussetzung zur begrifflichen Implementierung
Um Mediation auf allen Ebenen der Wirtschaft implementieren zu können,
ist es notwendig, den Mediationsbegriff bekannt zu machen und das
Verfahren Mediation dem Ungarischen Markt
12
näher zu bringen. Wichtig
ist es daher, zu evaluieren was in Ungarn unter dem Begriff der Mediaton
verstanden wird und in weiterer Folge daraus abzuleiten, ob etwaige
(begriffliche) Änderungen notwendig sind um eine erfolgreiche
Implementierung zu ermöglichen.
1. Mediationsbegriff in Ungarn
Auf Ungarisch schreibt sich Mediation mediáció. Laut der Ungarischen
Rechtsanwaltskammer
13
wird unter Mediation eine alternative Form der
Konfliktlösungsverfahren verstanden, bei der der Mediator als neutraler
Dritter die Parteien unterstützt, eine beide zufrieden stellende,
zukunftsorientierte Lösung zu finden. Die Begriffsdefinition gleicht somit
den allgemein üblichen und weist keine länderspezifischen Besonderheiten
auf. Auch war der Begriff Mediation allen, die an der in Kapital C.VI.2
beschriebenen Umfrage mittels Fragebogen teilnahmen, bekannt.
Mit dem Mediations Akt von 2002, der am 17. März 2003 in Ungarn in Kraft
trat
14
, ist mediáció ein in Ungarn rechtlich geschützter Begriff. Der Akt
gewährleistet, dass nahezu alle Arten von Wirtschaftskonflikten durch
Mediation gelöst werden können. Um die Qualität des Mediationsbegriffs in
Ungarn zu gewährleisten wurde ein strenges Akkreditierungssystem von
Mediatoren eingeführt. Nur jemand, der über einen universitären Abschluss
12
In diesem Zusammenhang wird unter Markt die Zielgruppe der Wirtschaftsmediation, also
die Unternehmen verstanden.
13
Vgl. Szlávnits, László, Ügyvédek új szerepben, in, Megjelent a Pesti Ügyvéd, 2003/5,
Budapest, S. 4 ­ 6.
14
Vgl. Szlávnits, László, Business News, Chamber of Commerce in Hungary, 2003,
Budapest, S. 8.

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sowie ein Minimum von 5 Jahren Berufserfahrung verfügt, kann einen
Akkreditierungsantrag an das ungarische Justizministerium stellen.
Verwendet man die Internet Suchmaschine ,,Google"
15
und versucht
dadurch die Verbreitung des Begriffs Mediation in Ungarn herauszufinden,
so kommt man zu folgendem Ergebnis. Bei der Verwendung des
Suchbegriffs ,,mediáció" erhält man 371.000 Treffer, bei der selektiveren
Eingabe ,,mediáció magyar (=ungarisch; Ungar)" 33.300. Gibt man den
deutschen Suchbegriff ,,Mediation Ungarn" ein, so erhält man 132.000
Ergebnisse. Man kann diese auf Ungarn bezogene Begriffsrecherche nicht
mit einer auf Österreich oder Deutschland bezogenen vergleichen, da dort
sowohl Mediation als auch das Internet in ihrer historischen Entwicklung
weit voraus sind. Für den Suchbegriff ,,Mediation Österreich" erhält man
beispielsweise 706.000 Treffer, für ,,Mediation Deutschland" gar 1.210.000
Treffer. Man muss also als Vergleichsbasis Länder mit ähnlich historischer
und technischer Entwicklung heranziehen. Zu diesem Zweck wurde
Tschechien herangezogen. Gibt man in Google den Begriff
,,prostredník
16
" (Mediation auf Tschechisch) ein so erhält man 103.000
Treffer. Damit verglichen ist die Trefferquote für ,,mediáció" mit 371.000
Ergebnissen sehr hoch.
Es lässt sich daher feststellen, dass der Mediationsbegriff in Ungarn klar
definiert ist, und keine landspezifischen Abweichungen von der üblichen
Begriffsdefinition aufweist. Mit dem Akt für Mediation der 2003 in Kraft trat
ist auch für den rechtlichen Rahmen gesorgt. Für die begriffliche
Implementierung sind daher keine für Ungarn spezifischen Maßnahmen zu
setzen. Es sollte lediglich mittels einer profunden Kommunikationsstrategie
der Bekanntheitsgrad von Mediation verstärkt werden und das in
Deutschland und Österreich ebenso vorkommende Verwechslungspotential
mit Meditation ausgemerzt werden.
II. Voraussetzung zur Im plementierung unter juridischen
Konditionen
Um festzustellen ob auf dem juridischen Bereich Einschränkungen für die
Implementierung von Wirtschaftsmediation in Ungarn vorhanden sind, wird
15
Vgl. www.google.com (login vom 23.02.2006)
16
Vgl. www.slovnik.cz (login vom 23.02.2006)

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Quelle: www.1000dorog.kiev.ua
(login vom 10.02.2006)
Abbildung 1: Parlament Budapest
im folgenden Kapitel ein Überblick des ungarischen Rechtssystems mit
seinen Besonderheiten und den daraus abzuleitenden
Implementierungsmaßnahmen gegeben.
1. Das Rechtssystem in Ungarn mit Fokus auf
Prozesskosten
Die ungarische Justiz besteht aus:
a) den Stadt- und Stadtbezirksgerichten (Amtsgerichten)
b) den Arbeitsgerichten
c) den Komitatsgerichten (in Budapest: das Hauptstädtische
Gericht)
d) den Tafelgerichten
e) sowie dem Obersten Gerichtshof.
Das Verfassungsgericht ist ebenfalls ein Gericht, aber als
Verfassungsorgan kein Teil der Justiz. An der Spitze der Gerichtshierarchie
steht das Oberste Gericht (ungar. Legfelsobb Bíróság). Sein Präsident ist
von Amts wegen auch Vorsitzender des Landesjustizrats, der die
Arbeitgeberrechte des Staates gegenüber den Richtern ausübt. Unter dem
Obersten Gericht sind die Tafelgerichte
(ungar. Ítél Ötábla) tätig. Die nächst
tiefere Ebene der Komitatsgerichte (ungar.
Megyei Bíróság) befindet sich jeweils in
den 19 Komitaten des Landes. In der
Hauptstadt Budapest, die als einzige
Kommune keinem Komitat angehört,
sondern eine eigene territoriale Einheit
bildet, besteht auf gleicher
Hierarchieebene das Hauptstädtische
Gericht (ungar. Fovárosi Bíróság). Am
unteren Ende der Hierarchie stehen die
örtlichen Gerichte (ungar. Helyi Bíróság),
die in ländlichen Gebieten oft mehrere
Gemeinden umfassen. Während die örtlichen Gerichte und die ihnen
gleichstehenden Arbeitsgerichte nicht über eine eigene

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Rechtspersönlichkeit verfügen, sind alle anderen genannten Gerichte
juristische Personen. Arbeitsgerichte sind in Ungarn nur scheinbar eine
eigene Fachgerichtsbarkeit und gelten als Form der örtlichen Gerichte. Mit
der Reform von 1972 wurde für Arbeitsstreitigkeiten der Rechtsweg
(anstelle von Schiedskommissionen) eingeführt, der aus ideologischen
Gründen als eigene Gerichte für die erste Instanz, die Arbeitsgerichte
(ungar. Munkaügyi Bíróság), gestaltet wurde. Sie sind seit damals den
Komitatsgerichten zugeordnete Gerichte und weisen in ihrer Besetzung
eine Besonderheit auf, da sie sich aus einem Berufsrichter und zwei
Laienrichtern zusammensetzen. In Abweichung von dem üblichen
kontinentaleuropäischen Modell werden diese Laienrichter nicht von den
Sozialpartnern bestellt, sondern von der Selbstverwaltung des Komitats
gewählt. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte erstreckt sich auf alle
Streitigkeiten aus individuellen und kollektiven Arbeitsverträgen der Arbeiter,
Angestellten und Beamten einschließlich der Streitigkeiten aus der
Vertragsanbahnung. Des Weiteren zählen Streitigkeiten aus Streiks oder
Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit behördlicher Maßnahmen des
Arbeitsschutzes und der Arbeitskontrolle zu den Arbeitsrechtssachen. In
zweiter Instanz werden diese Streitigkeiten von den Komitatsgerichten
verhandelt. Auf die Bereiche Schiedsgerichtsbarkeit und Ombudsmann
wird in Punkt 3 dieses Kapitels noch näher eingegangen.
Die Historie der Entwicklung des ungarischen Rechtssystems weist eine
starke Orientierung in Richtung ,,Entlastung der Gerichte" auf. Die
Justizreform im Jahr 1997 schuf das ungarische Gerichtssystem und das
richterliche Dienstrecht in ihrer heutigen Gestalt. Ein zentraler Bestandteil
dieser Reform war die Einführung einer vierten Gerichtsebene, der
Tafelgerichte. Insgesamt fünf Tafelgerichte wurden zwischen die
Komitatsgerichte und das Oberste Gericht geschoben, um letzteres von
seinen viel zu hohen Fallzahlen zu entlasten. Zusätzlich wurde zur
Entlastung der Richter die Institution des Rechtspflegers
17
(ungar. Bírósági
Ügyintézo) eingeführt, der unter Kontrolle und Anweisung des Gerichts
selbstständig gerichtliche Handlungen geringerer Tragweite vornimmt.
Dieser ,,Schwachpunkt" des ungarischen Justizsystems bietet eine gute
Argumentationsbasis, will man auch den Justizapparat für die
Implementierung von Mediation in Wirtschaftsfällen gewinnen zu können
(siehe Punkt 2 dieses Kapitels).

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Prozessgebühren (auch ,,Gerichtsverfahrensgebühren") müssen von der
den Prozess anstrengenden Partei vor Prozessbeginn entrichtet werden,
es sei denn über die Bezahlung der Gebühren ist noch im Verfahren zu
entscheiden. Bemessungsgrundlage für die Gebühren in einem
Zivilverfahren bildet in der Regel der bei Einleitung des Verfahrens
bestehende Wert des Gegenstandes des Verfahrens (§ 39 Abs. 1 GÜG).
Im Rechtsmittelverfahren wird der Wert nach der strittig gewordenen
Forderung bemessen. Sollte der Wert nicht berechnet werden können oder
ein Gesetz etwas anderes verfügen, beträgt die Gebühr gem. § 39 Abs. 3
GüG:
-) für Verfahren vor dem Amtsgericht: 250.000 HUF
-) für ein Verfahren vor dem Komitatsgericht in erster Instanz:
350.000 HUF
-) für ein Verfahren vor dem Komitatsgericht in zweiter Instanz:
200.000 HUF
-) für ein Berufungsverfahren vor dem Tafelgericht: 400.000 HUF
-) für ein Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof:
500.000 HUF
-) für ein Revisionsverfahren: 600.000 Forint
Ist der Wert des Gegenstandes des Verfahrens zu ermitteln, so betragen
die Gebühren in einem Gerichtsverfahren in erster Instanz (§ 42 Abs. 1
GüG) wie auch in einem Berufungsverfahren gegen ein Urteil (§ 46 Abs. 1
GüG) sechs Prozent, doch mindestens 7.000 HUF und höchstens 900.000
HUF. In einem Revisionsverfahren gegen ein Urteil belaufen sich die
Gebühren auf ebenfalls sechs Prozent, doch mindestens 10.000 HUF und
höchstens 2.500.000 HUF (§ 50 Abs. 1 GüG). Im starken Gegensatz dazu
steht das durchschnittliche Einkommen eines Angestellten in Ungarn. Die
Realeinkommen haben sich zwar in den letzten zehn Jahren erhöht, liegen
jedoch noch immer etwa ein Drittel unter dem EU ­ Durchschnitt. Das
durchschnittliche Bruttomonatsgehalt belief sich 2005 auf 154.400 HUF
(etwa 620 ), das durchschnittliche Nettomonatsgehalt auf 101.200 HUF
(etwa 405 ). Seit Januar 2006 beträgt der gesetzlich festgelegte
Mindestlohn 62.500 HUF/Monat (etwa 250 ). Wie in anderen
europäischen Ländern, so variiert auch in Ungarn die Lohn- und
Gehaltsstruktur in den einzelnen Branchen. Die höchsten Gehälter zahlt mit
einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 337.900 HUF (etwa 1.357 )
der Finanzsektor. Es folgen die Chemieindustrie (etwa 839 ), der

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Bildungssektor (etwa 726 ) und die öffentliche Verwaltung (etwa 697 ).
Die niedrigsten Monatsgehälter werden im Baugewerbe (etwa 421 ), in
der Landwirtschaft (etwa 404 ), im Gaststättengewerbe (etwa 383 ) und
in der Textilindustrie (etwa 336 ) gezahlt.
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Diese Zahlen, die die im
Vergleich zum ungarischen Durchschnittseinkommen hohen
Gerichtskosten klar zeigen bieten eine gute Argumentationsbasis für die
Implementierung der sicher wesentlich kostengünstigeren Mediation im
Wirtschaftsbereich.
Während hier für die Implementierung von Mediation
,,nur" Kommunikationsbedarf vorliegt, so muss im Bereich der
Prozesskostenhilfe eine eindeutige Implementierungsmaßnahme gesetzt
werden. Verfügt eine Partei nicht über ausreichende finanzielle Mittel um
Gerichtsgebühren bestreiten zu können, so kann sie in Straf- wie in
Zivilverfahren Prozesskostenhilfe beantragen. Die Prozesskostenhilfe
richtet sich im Wesentlichen nach den Einkommensverhältnissen des
Antragstellers. Für die Inanspruchnahme von Mediation liegt noch keine
Regelung der Kostenhilfe vor. Es wäre daher erstrebenswert eine
entsprechend gesetzliche Regelung vorzunehmen, bzw. finanzielle
Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Eine weitere Möglichkeit wäre die
Einführung einer vom Staat (oder von der ungarischen Wirtschaftskammer)
subventionierten, zentralen Anlaufstelle für Wirtschaftsmediation.
2. Rechtliches Agieren bei Wirtschaftsfällen
Das ungarische Rechtssystem im Bereich von Wirtschaftsaktivitäten ist
dem deutschen bzw. österreichischen in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich.
Zum Beispiel finden sich in Ungarn dieselben Gesellschaftsformen wie
GmbH (KFT), OHG (KKT), KG (BT) und AG (Rt) wieder. Die meisten
Wirtschaftsfälle landen in Ungarn vor den örtlichen Gerichten. Wie bereits
bei den Ausführungen zur Entwicklung des ungarischen Rechtssystems
erwähnt, ist die Hauptproblematik die Überlastung der Gerichte. Sieht man
sich nun folgende Statistiken an, so erkennt man klar einen
Handlungsbedarf. Da Fälle vor dem Arbeitsgericht Wirtschaftsmediation
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Vgl. http://www.europaserviceba.de/content/countries/H/arbeiten.html (login vom
09.01.2006)

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ebenso betreffen können, werden diese mit den in den Tabellen unter
Punkt ,,Wirtschaftfälle" angeführten Zahlen zusammengeführt.
Tabelle 2: Fälle vor ungarischen Gerichten von 2000 ­ 2005
Quelle: selbst erstellt in Anlehnung an die gemeinsame Homepage aller ungarischen
Gerichte www.birosag.hu/statisztika
Anhand der Tabelle sieht man deutlich die große Zahl von Fällen mit
wirtschaftlichem Hintergrund die vor Gerichten behandelt werden, und der
Überblick von 2000 bis 2005 zeigt klar eine Steigung derselben an.
Voraussetzung zur Implementierung von Wirtschaftsmediation unter
rechtlichem Aspekt ist es, wenn schon nicht den Gesetzgeber an sich, so
doch Richter und Anwälte von der Sinnhaftigkeit und den Vorteilen der
Mediation zu überzeugen. Nur so besteht langfristig die Chance Mediation
im Wirtschaftsbereich implementieren und festigen zu können. Die eben
erwähnten Zahlen können als Untermauerung einer entsprechenden
Argumentationsbasis herangezogen werden. Es ist bewiesen, dass in
Ungarn die Gerichts überlastet sind, und ebenso ist es eine Tatsache dass
Mediation zumindest teilweise die Gerichte entlasten kann. Als
Implementierungsmaßnahme wäre daher zu empfehlen, eine
entsprechende Argumentationsbasis anhand statistischer Auswertungen
vorzunehmen und damit gezielt die einzelnen Apparate der ungarischen
Justiz anzusprechen. Sinnvoll wäre es auf ,,kleiner Ebene" zu beginnen und
sich vorerst auf die Arbeitsgerichte zu konzentrieren. Zu überlegen wäre
hierbei eine vom Staat subventionierte Ausbildung einiger Laienrichter zu
Wirtschaftsmediatoren.
Auf Seiten der Parteien muss ebenfalls ein entsprechendes, mit Zahlen
belegbares Argument generiert werden. Hier bietet sich folgende Statistik
an, die einen Überblick über die durchschnittliche Dauer der vor Gericht
verhandelten Fälle im Jahr 2005 in Ungarn gibt.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832498184
ISBN (Paperback)
9783838698182
DOI
10.3239/9783832498184
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Rechtswissenschaft
Erscheinungsdatum
2006 (September)
Note
2,0
Schlagworte
konflikt lösung wirtschaft mediation schiedsgericht
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Titel: Voraussetzung zur Implementierung der Wirtschaftsmediation in Ungarn
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