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Neue Schwerpunkte der Mitarbeiterbindung in Zeiten staatlicher Sparmaßnahmen

©2005 Diplomarbeit 200 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Aufgrund der derzeit laufenden und in den Folgejahren noch tiefer werdenden Einschnitte im sozialen Netz ist das Thema Sozialpolitik nicht nur in den Medien, sondern auch in den Köpfen der betroffenen Bundesbürger präsent. Die Autoren dieser Diplomarbeit gehören zu denjenigen Generationen, die von diesen zukünftigen Entwicklungen sehr stark betroffen sind und sich daher intensiv mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen. Eigenständige Vorsorge und Absicherung sind für die jetzt und zukünftig ins Berufsleben Tretenden notwendig, da der Staat seine soziale Rolle im bisherigen Umfang nicht mehr wahrnehmen kann und wird. Durch das nahe Ende des Studiums folgt auch eine Auseinandersetzung mit potentiellen Arbeitgebern und den Auswahlkriterien von Absolventen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Es fällt auf, dass von den nach Personal suchenden Unternehmen unterschiedliche Signalwirkungen ausgehen. Die Erfolgschancen dieser Unternehmen hängen dabei von vielen Faktoren ab. Beispielsweise wirken auf viele Bewerber Dax Unternehmen attraktiver als nicht Index gelistete Unternehmen.
Doch welche Anreize nutzen Unternehmen und wie wirksam sind diese? Bergen die tiefen Einschnitte im staatlichen Sozialversicherungssystem für Unternehmen die Chance, auf Grundlage der bei gerade jungen Leuten eventuell stärker werden Bedürfnissen nach sozialer Sicherheit neue Anreize für eine verstärkte Mitarbeiterloyalität zu schaffen?
Sollten die von den Unternehmen gewählten Mittel einem Wandel aufgrund sozialpolitischer Veränderungen unterliegen, um deren Erfolg für die Mitarbeiterrekrutierung und -Bindung zu steigern? So entstand eine Verknüpfung dieser beiden Themen in Form dieser Diplomarbeit. Die Anforderungen an Reformen für das Soziale Netz sind hoch und Gegenstand der gesellschaftlichen Anstrengungen der nächsten Jahre. Die niedrige Geburtenrate der letzten Jahre hat nicht nur Auswirkungen auf das Soziale Netz, sie führt in den kommenden Jahren zu einem Fachkräftemangel in den Betrieben. Die wirtschaftliche Situation der Unternehmen wird von deren Leistungsfähigkeit bestimmt, von ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt. Welche Marktstrategie die Unternehmen auch immer wählen, der Mitarbeiter mit seinen Fähigkeiten und seinem Leistungswillen ist die Schlüsselfigur zum Erfolg. Neben der Bedeutung der Mitarbeiterbindung für den Unternehmenserfolg ist der prognostizierte
Fachkräftemangel ein weiteres bedeutsames Argument für […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Beatrice Kliem und Christoph Beck
Neue Schwerpunkte der Mitarbeiterbindung in Zeiten staatlicher Sparmaßnahmen
ISBN-10: 3-8324-9807-9
ISBN-13: 978-3-8324-9807-8
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Universität Augsburg, Augsburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... II
Abkürzungsverzeichnis ... VI
Abbildungsverzeichnis ... VII
Tabellenverzeichnis ... IX
Vorwort...1
1 Methodische Vorgehensweise und Aufbau ...3
2 Das soziale Netz...4
2.1 Historische Entwicklung der Sozialpolitik ...4
2.1.1 Das Drei-Säulensystem der Altersvorsorge ...8
2.1.1.1 Gesetzliche Rentenversicherung ...9
2.1.1.2 Betriebliche Altersvorsorge...9
2.1.1.3 Private Altersvorsorge ...10
2.2 Demographische Entwicklung und Arbeitsmarktsituation...12
2.2.1 Wirtschaftliche Folgen ...13
2.2.1.1 Für Unternehmen...13
2.2.1.2 Für den Bereich Gesetzlichen Rentenversicherung...14
2.2.1.3 Für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung ...15
2.2.1.4 Für den Bereich Familie ...16
2.2.2 Abbau staatlicher Sozialleistungen in den letzten vier Jahren ...16
2.2.2.1 Im Bereich Rente und Vorsorge ...17
2.2.2.2 Im Bereich Gesundheit ...19
2.2.2.3 Im Bereich Familie ...21
2.3 Einstellung der Deutschen zur Altersvorsorge ...22
2.3.1 Einstellungswandel...22
2.3.2 Einstellung der älteren versus Einstellung der jüngeren Generationen...22
2.3.3 Geschlechterspezifische Unterschiede im Anlageverhalten für die
finanzielle Vorsorge ...24
2.4 Einstellung der Deutschen zur Gesundheitsvorsorge ...26
2.4.1 geschlechterspezifische Unterschiede ...26
2.5 Einstellung der Deutschen zum Thema Familie ...29
3 Unternehmenspolitischen Folgen des demographischen Wandels...34
3.1 Mitarbeiterrekrutierung...36
3.1.1 Unternehmensimage...36
3.1.1.1 Wirkungen des Image...36
3.1.1.2 Anzeigenwerbung...37
3.1.1.3 Stand der empirischen Forschung ...38
3.2 Mitarbeiterbindung und die Bedeutung dieses Themas für Unternehmen ...40
3.2.1 Mitarbeiter als entscheidende Größe für den Unternehmenserfolg ...40
3.2.2 Empirische Ergebnisse zum Thema Mitarbeiterzufriedenheit als
Voraussetzungen für Kundenzufriedenheit...42
3.2.3 Erfolgsfaktoren von Anreizinstrumenten ...44
3.2.3.1 Individueller Mitarbeiternutzen...45
3.2.3.2 Beispiele für materielle Anreize...46
3.2.3.3 Beispiele für Immaterielle Anreize ...47

III
3.2.3.4 Soziale Anreize...48
4 Betriebliche Risiko- und Altersvorsorge ...49
4.1 Gliederung der verschiedenen Durchführungswege nach Leistungsart ...49
4.1.1 Direktzusage...49
4.1.2 Direktversicherung ...50
4.1.3 Pensionskassen ...51
4.1.4 Pensionsfonds...51
4.1.5 Unterstützungskasse ...51
4.2 Steuerliche Behandlung der betrieblichen Altersvorsorge ...55
4.2.1 Steuerliche Behandlung der bAV auf Arbeitgeberseite ...55
4.2.1.1 Direktzusage ...55
4.2.1.2 Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds ...56
4.2.1.3 Unterstützungskasse ...57
4.2.2 Steuerliche Behandlung der bAV auf Arbeitnehmerseite ...57
4.2.2.1 Direktzusage ...57
4.2.2.2 Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds ...58
4.2.2.3 Unterstützungskasse ...58
4.2.3 Zu erwartende Renditen der verschiedenen Durchführungswege...59
4.2.3.1 Rendite der Direktzusage ...59
4.2.3.2
Rendite der Direktversicherung...59
4.2.3.3 Pensionskasse ...59
4.2.3.4 Pensionsfonds ...60
4.2.3.5 Unterstützungskasse ...60
4.3 Behandlung des Anspruchs aus der bAV bei Wechsel des Arbeitgebers...60
4.3.1 Regelung für Zusagen ab 01.01.2001...60
4.3.2 Regelung für Zusagen vor dem 01.01.2001 ...60
4.4 Arbeitgeberwechsel und Versorgungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der
Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterrekrutierung ...61
4.5 Förderung der bAV Produkte über die Riester-Rente ...61
4.6 Aufteilung der Altersvorsorge auf die Durchführungswege Stand 2003 ...62
4.7 Mittels Leistungsplan zur optimalen betrieblichen Altersvorsorge...63
5 Gesundheitsmanagement ...65
5.1 Begrifferklärung ...65
5.2 Veränderungen der Gesundheitsgefahren im Zeitablauf ...65
5.3 Aktuelle Zahlen ...66
5.4 Aktualität dieses Themas ...67
5.5 Ziele und Bedeutung...68
5.6 Erfolgsfaktoren für betriebliches Gesundheitsmanagement ...69
5.6.1 Verankerung in den Führungsgrundsätzen...70
5.6.2 Die Unternehmenskultur ...71
5.6.3 Das Führungsverhalten...71
5.6.4 Die gewählten Maßnahmen...71
5.7 Erfolgsbewertung...73
5.8 Praxisbeispiele und die verwandten Instrumente ...74
5.8.1 Volkswagen...74
5.8.1.1 Problemstellung:...74
5.8.1.2 Lösungsweg im Rahmen des Gesundheitsmanagements ...74

IV
5.8.1.3 Erfolgsfaktor...75
5.8.2 DaimlerChrysler ...76
5.8.2.1 Problemstellung...76
5.8.2.2 Lösungsweg im Rahmen des Gesundheitsmanagements ...77
5.8.2.3 Verhältnisse im Werk ...77
5.8.2.4 Erfolgsfaktor...78
5.9 Stand der empirischen Forschung im Bereich Worklife Balance...78
5.9.1 Stand der empirischen Forschung im Bereich Unternehmenskultur und
Arbeitszufriedenheit ...78
6 Betriebliche Familienpolitik ...80
6.1 Familienfreundliche Sozialleistungen in Unternehmen...80
6.1.1 Arbeitszeitmodelle ...80
6.1.1.1 Teilzeit...80
6.1.1.2 Job-Sharing...81
6.1.1.3 Flexible Arbeitszeit ...81
6.1.1.4 Sabbatical ...82
6.1.2 Arbeitsorganisation im Bereich Telearbeit ...82
6.1.3 Unterstützung der Kinderbetreuung ...83
6.1.3.1 Unzureichende öffentliche Kinderbetreuung ...83
6.2 Stand der empirischen Forschung...83
6.2.1 Aktuelles Angebot an betrieblichen Sozialleistungen für den
Familienbereich...85
7 Bedeutungszuwachs der betrieblichen Sozialleistungen als Instrument der
Mitarbeiterbindung ...90
7.1 Bedeutungszuwachs der betrieblichen Sozialleistungen für die Rekrutierung von
Arbeitnehmern ...92
7.2 Stand der empirischen Forschung im Bereich betriebliche Sozialleistungen...92
8 Empirische Untersuchung...93
8.1 Theoretische Vorüberlegungen...93
8.1.1 Forschungsfragen ...93
8.1.2 Darstellung der vermuteten Wirkungskette...93
8.1.3 Mögliche Einflussgrößen ...95
8.1.4 Hypothesen...96
8.1.5 Aufbau des Fragebogens ...99
8.1.5.1 Messung des Unternehmensimages über eine präsentierte
Stellenanzeige...99
8.1.5.2 Messung der Arbeitgeberattraktivität ...107
8.1.5.3 Messung des Kenntnisstands und des individuellen Stellenwertes
von Risiko- und Altersvorsorge...107
8.1.5.4 Messung der Bindungswirkung bestimmter betrieblicher
Sozialleistungen an ein Unternehmen ...107
8.1.5.5 Erfragung der Präferenz für einen der fünf möglichen
Durchführungswege der bAV...109
8.1.5.6 Erfragung der Risikoneigung ...110
8.1.5.7 Erfragung der sozioökonomischen Daten ...110
8.1.6 Design der Studie ...111
8.1.7 Gewährleistung der geforderten Gütekriterien...112
8.1.7.1 Repräsentativität der Stichprobe...113

V
8.1.7.2 Objektivität ...114
8.1.7.3 Reliabilität ...114
8.1.7.4 Validität ...114
8.2 Datenauswertung und Dokumentation der Ergebnisse...114
8.2.1 Zusammensetzung und Merkmale der Stichprobe ...114
8.2.2 Auswirkungen der Stellenanzeigen auf das Arbeitgeberimage...118
8.2.2.1 Faktorenanalyse zur Image-Untersuchung ...118
8.2.2.2 Mittelwertvergleiche...123
8.2.3 Kinder- und Familienwunsch ...138
8.2.4 Risiko und Altersvorsorge ­ Kenntnisse und empfundene Wichtigkeit ..139
8.2.5 Anlagesicherheit und Rendite ...142
8.2.6 Wahl des Durchführungsweges für die betriebliche Altersvorsorge ...144
8.2.7 Analyse der Bindungswirkung betrieblicher Sozialleistungen ...145
8.2.7.1 Voraussetzungen der Faktorenanalyse ...145
8.2.7.2 Mittelwertvergleiche...155
9 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse ...161
10 Handlungsempfehlungen für Unternehmen...163
11 Weitere mögliche Untersuchungsziele ...164
Anhang ...165
Literaturverzeichnis ...183

VI
Abkürzungsverzeichnis
BMFSFJ
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
AV
Altersversorgung
BAV
betriebliche Altersversorgung
BDA
Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände
BDI
Bundesverband der Deutschen Industrie
BMFSY
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
DIHK
Deutscher Industrie und Handelskammertag
e.s.
einseitige Betrachtung des Signifikanzniveaus
Fakultät f. Angew. Inf.
Fakultät für Angewandte Informatik
gesetzl.
gesetzlich
GKV
Gesetzliche Krankenversicherung
GRV
Gesetzliche Rentenversicherung
IW
Institut der Deutschen Wirtschaft Köln
Jura-Fakultät
Juristische Fakultät
Math.-Nat.-Fakultät
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
mtl.
monatlich
nicht WiWi
Studentin oder Student, die etwas anderes als Wirtschaftswissenschaf-
ten studieren
nicht WiWis
Studentinnen und Studenten, die etwas anderes als Wirtschaftswissen-
schaften studieren
o.g.
oben genannte
Phil.-Soz.-Fakultät Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät
StudentInnen
Studentinnen und Studenten
u.a.
unter anderem
wirtschftl.
wirtschaftlich
WiWi
Studentinnen oder Student der Wirtschaftswissenschaften
WiWis
Studentinnen und Studenten der Wirtschaftswissenschaften
WiWi-Fakultät Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
ZDH
Zentralverband des Deutschen Handwerks
z.s.
zweiseitige Betrachtung des Signifikanzniveaus
zzgl.
zuzüglich

VII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Überblick über die Leistungen der ersten entscheidenden Sozialgesetze unter Bismarck: ... 7
Abbildung 2:Verteilung des Einkommens im Alter auf die 3 Säulen im internationalen Vergleich... 11
Abbildung 3: Verteilung des Finanzierungsaufkommens der GRV ... 14
Abbildung 4: Entwicklung der Zufriedenheit mit der Alterssicherung zwischen 1987 und 2002... 23
Abbildung 5: Vergleich der Zufriedenheit mit der Alterssicherung zwischen den Generationen ... 24
Abbildung 6: Anzahl der Kinderbetreuungsplätze je 100 Kinder in Dtl. ... 31
Abbildung 7: Überdurchschnittlich höhere emotionale Bindung der Mitarbeiter beim Mittelstand. ... 43
Abbildung 8: Leistungs-Anreiz Bilanz eines Unternehmens... 46
Abbildung 9: Entwicklung der Verteilung der Deckungsmittel auf die fünf Durchführungswege ... 53
Abbildung 10: Ablauf der Versorgung über betrieblicher Alters und Risikovorsorge ... 54
Abbildung 11: Information und Kommunikation... 76
Abbildung 12: Bereiche der betrieblichen Familienpolitik mit dem größten Handlungsbedarf: ... 84
Abbildung 13: Vorhandene betriebliche Sozialleistungen für Arbeitnehmer/innen mit Kindern... 85
Abbildung 14: Bedingungen, unter denen Unternehmen familienfreundliche Maßnahmen einführen
würden. ... 88
Abbildung 15: Renditen der GRV für ledige Frauen... 91
Abbildung 16: Renditeprognosen der GRV für ledige Männer... 91
Abbildung 17: Darstellung der vermuteten Wirkungskette ... 95
Abbildung 18: Vorbefragung Unternehmensimage I ... 101
Abbildung 19: Vorbefragung 2 zum Unternehmensimage... 103
Abbildung 20: Ergebnisse Vorbefragung 2 ... 104
Abbildung 21: Kontrollanzeige ... 105
Abbildung 22: Variationen der betrieblichen Sozialleistungen in der Stellenanzeige... 106
Abbildung 23: Semantisches Differenzial zur Imagemessung ... 107
Abbildung 24: Geplantes Design der Studie ... 112
Abbildung 25: Studierendenstatistik der Universität Augsburg für SS05 ... 115
Abbildung 26: Kennzahlen der Stichprobe... 116
Abbildung 27: Tatsächliches Design der Studie... 117
Abbildung 28: Bartlett-Test... 119
Abbildung 29: KMO-Wert ... 119
Abbildung 30: Vergleich der Image-Bewertung zwischen den Anzeigengruppen... 124
Abbildung 31: Ergebnisse der einfaktoriellen Varianzanalyse und des Welch-Tests ... 126
Abbildung 32: Darstellung der Image-Bewertungen aller Anzeigen und die signifikanten Unterschiede128
Abbildung 33: Darstellung der Arbeitgeberattraktivität in Abhängigkeit der Anzeigengruppe und des
Geschlechts ... 133
Abbildung 34: Darstellung der Arbeitgeberattraktivität in Abhängigkeit der Anzeigengruppe, des
Geschlechts und der Fakultätszugehörigkeit... 137
Abbildung 35: Angaben zum ,,Kinder- und Familienwunsch ... 139
Abbildung 36: Eingeschätzter Kenntnisstand im Bereich der Risiko- und Altersvorsorge ... 140

VIII
Abbildung 37: Stellenwert der Risiko- und Altersvorsorge ... 141
Abbildung 38: Risikoneigung im Geschlechtervergleich... 143
Abbildung 39: Wahl des Durchführungsweges für die bAV unterteilt nach Fakultätszugehörigkeit... 144
Abbildung 40: Überblick der zu verdichtenden Variablen ... 146
Abbildung 41: Mittelwerte und Standardabweichungen ... 147
Abbildung 42: Korrelationen der 27 Variablen ... 148
Abbildung 43: Bindungswirkung der sechs Faktoren unterteilt nach Geschlecht ... 157
Abbildung 44: Bindungswirkung der sechs Faktoren unterteilt nach Fakultätszugehörigkeit ... 158
Abbildung 45: Bindungswirkung der sechs Faktoren unterteilt nach Kinder- und Familienwunsch ... 160
Fehler! Es konnten keine Einträge für ein Abbildungsverzeichnis gefunden werden.

IX
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Arbeitslosenstatistik ... 12
Tabelle 2: Anteil Raucher/innen... 28
Tabelle 3: Instrumente des Personalmarketing... 35
Tabelle 4: Riesterförderung für eine Familie mit 2 Kindern ... 62
Tabelle 5: Motive für familienfreundliche Maßnahmen der Unternehmen in Deutschland ... 87
Tabelle 6: Dimensionen des Imagekonstrukts von Spector... 100
Tabelle 7: Für die Faktorenanalyse eingebrachte Variablen zur Imagemessung... 118
Tabelle 8: Anfängliche Eigenwerte und erklärte Gesamtvarianz ... 120
Tabelle 9: extrahierte Faktoren und Faktorladungen... 121
Tabelle 10: Korrelation der Faktoren zur Image-Untersuchung... 123
Tabelle 11: Bartlett-Test-Auswertung ... 148
Tabelle 12: KMO-Wert ... 149
Tabelle 13: Kommunalitäten der 27 Variablen ... 150
Tabelle 14: Eigenwerte und erklärte Gesamtvarianz der sechs Faktoren ... 151
Tabelle 15: Extrahierte Faktoren und Faktorladungen ... 152
Tabelle 16: Korrelationen der sechs Faktoren ... 155
Tabelle 17: Mittelwerte und Standardabweichungen der Variablen zur Image-Untersuchung ... 165
Tabelle 18: Kommunalitäten der eingebrachten Variablen zur Image-Untersuchung... 166
Tabelle 19: KS-Normalverteilung der Imagefaktoren für ,,Anzeigengruppe"... 166
Tabelle 20: Varianzhomogenität der Image-Faktoren ... 167
Tabelle 21: Voraussetzungen/Varianzanalyse der Variable ,,Geschlecht" mit den drei Image-Faktoren. 167
Tabelle 22: Voraussetzungen/Welch-Test der Variable ,,Fakultätszugehörigkeit" mit den drei Image-
Faktoren ... 168
Tabelle 23: Test auf Normalverteilung zu ,,Arbeit bei Novacon" ... 168
Tabelle 24: Test auf Varianzhomogenität zu ,,Arbeit bei Novacon" ... 169
Tabelle 25: ,,Arbeit bei Novacon" in Abhängigkeit vom Geschlecht... 169
Tabelle 26: T-Tests für ,,Wunsch bei Novacon zu arbeiten"... 170
Tabelle 27: Varianzhomogenität für Bedeutsamkeit der Risiko ­ und AV ... 171
Tabelle 28: KS-Test auf Normalverteilung für die Bedeutsamkeit der Risiko- und AV ... 171
Tabelle 29: Welch-Test für die Bedeutsamkeit der Risiko- und AV... 172
Tabelle 30: Voraussetzungen/Welch-Test für Risikoneigung ... 172
Tabelle 31: Voraussetzungen/Varianzanalyse für Wahl des Durchführungsweges ... 172
Tabelle 32: Voraussetzungen/Welch-Test für die Bindungswirkung, unterteilt nach Geschlecht... 173
Tabelle 33: Voraussetzungen/Welch-Tests für die Bindungswirkung, unterteilt nach
Fakultätszugehörigkeit ... 173
Tabelle 34: Voraussetzungen/Welch-Tests für die Bindungswirkung, unterteilt nach Kinder- und
Familienwunsch ... 174

Universität Augsburg
Vorwort
Motivation:
Aufgrund der derzeit laufenden und in den Folgejahren noch tiefer werdenden Ein-
schnitte im sozialen Netz ist das Thema Sozialpolitik nicht nur in den Medien, sondern
auch in den Köpfen der betroffenen Bundesbürger präsent. Die Autoren dieser Diplom-
arbeit gehören zu denjenigen Generationen, die von diesen zukünftigen Entwicklungen
sehr stark betroffen sind und sich daher intensiv mit dieser Problematik auseinanderset-
zen müssen. Eigenständige Vorsorge und Absicherung sind für die jetzt und zukünftig
ins Berufsleben Tretenden notwendig, da der Staat seine soziale Rolle im bisherigen
Umfang nicht mehr wahrnehmen kann und wird. Durch das nahe Ende des Studiums
folgt auch eine Auseinandersetzung mit potentiellen Arbeitgebern und den Auswahlkri-
terien von Absolventen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Es fällt auf, dass von
den nach Personal suchenden Unternehmen unterschiedliche Signalwirkungen ausge-
hen. Die Erfolgschancen dieser Unternehmen hängen dabei von vielen Faktoren ab.
Beispielsweise wirken auf viele Bewerber Dax Unternehmen attraktiver als nicht Index
gelistete Unternehmen.
Doch welche Anreize nutzen Unternehmen und wie wirksam sind diese?
Bergen die tiefen Einschnitte im staatlichen Sozialversicherungssystem für Unterneh-
men die Chance, auf Grundlage der bei gerade jungen Leuten eventuell stärker werden
Bedürfnissen nach sozialer Sicherheit neue Anreize für eine verstärkte Mitarbeiterloya-
lität zu schaffen?
Sollten die von den Unternehmen gewählten Mittel einem Wandel aufgrund sozialpoli-
tischer Veränderungen unterliegen, um deren Erfolg für die Mitarbeiterrekrutierung und
-Bindung zu steigern? So entstand eine Verknüpfung dieser beiden Themen in Form
dieser Diplomarbeit. Die Anforderungen an Reformen für das Soziale Netz sind hoch
und Gegenstand der gesellschaftlichen Anstrengungen der nächsten Jahre. Die niedrige
Geburtenrate der letzten Jahre hat nicht nur Auswirkungen auf das Soziale Netz, sie
führt in den kommenden Jahren zu einem Fachkräftemangel in den Betrieben.
Die wirtschaftliche Situation der Unternehmen wird von deren Leistungsfähigkeit be-
stimmt, von ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt. Welche Marktstrate-
gie die Unternehmen auch immer wählen, der Mitarbeiter mit seinen Fähigkeiten und
seinem Leistungswillen ist die Schlüsselfigur zum Erfolg. Neben der Bedeutung der
Mitarbeiterbindung für den Unternehmenserfolg ist der prognostizierte

2
Fachkräftemangel ein weiteres bedeutsames Argument für die Auseinandersetzung mit
diesen Themen seitens der Unternehmen. In konjunkturell schwierigen Zeiten gehören
die kompetentesten oberen Führungsriegen zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren, um die
wirtschaftlichen Tiefs bewältigen zu können.
1
Diese haben aber die besten Chancen auf
dem Arbeitsmarkt und sind oftmals durch das variety seeking gekennzeichnet, d.h. sie
picken sich die attraktivsten Berufspositionen und Arbeitgeber heraus und sind häufig
attraktiven Angeboten von Headhuntern, die im Auftrag anderer Unternehmen nach
qualifizierten Mitarbeitern suchen, ausgesetzt. Wirkungsvolle Anreize, um sich deren
Loyalität zu sichern, sind daher besonders wichtig für ein Unternehmen.
Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gibt es immer Branchen, die trotz hoher Ar-
beitslosigkeit verzweifelt qualifizierte Mitarbeiter suchen und über Rekrutierungsmes-
sen und attraktive Arbeitsbedingungen um die Gunst der Absolventen buhlen. Die der-
zeit besonders stark gesuchten Fachkräfte sind beispielsweise die Ingenieure und Wirt-
schaftsprüfer. In dieser Diplomarbeit wird untersucht, ob die Themen der Zukunft, Mit-
arbeitermotivation, Mitarbeiterbindung und soziale Für- und Vorsorge, von den Unter-
nehmen in eine symbiotische Vernetzung gebracht werden können. Untersucht wird der
Anreizcharakter unterschiedlicher betrieblicher Sozialleistungen auf verschiedene Ziel-
gruppen und die Auswirkungen auf den potentiellen Akquisitionserfolg einer Unter-
nehmung. Neben diesen Auswirkungen werden Ausstrahlungen auf das Unternehmens-
image überprüft.
1
vgl. Gertz, Winfried (2004): S.61, 62

3
1 Methodische Vorgehensweise und Aufbau
Das erste Kapitel führt über die historische Entwicklung in den Themenbereich Soziales
Netz in Deutschland. Es folgt eine Darstellung der Themen Risiko- und Altersvorsorge,
Gesundheitspolitik und Familienpolitik. Es werden jeweils die aktuelle Situation, die
Probleme und Ursachen angesprochen. Die Themen Mitarbeitermotivation und Mitar-
beiterbindung gehören zu den stärker fokussierten Themenschwerpunkten der Unter-
nehmen in den kommenden Jahren. Die zunehmende Bedeutung dieser Themen ist zu
einem bestimmten Anteil, wie die Probleme des Sozialen Systems, auf die Folgen der
demographischen Entwicklung zurückzuführen. Genauere Ausführungen hierzu erfol-
gen in den Kapiteln 2.2ff. In den Kapiteln Mitarbeiterrekrutierung und Mitarbeiterbin-
dung werden zudem aktuelle empirische Ergebnisse präsentiert. Die folgenden Kapitel
beschäftigen sich mit möglichen Lösungswegen für die Bewältigung dieser Schwierig-
keiten. Hierzu gehören die betrieblichen Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit den
Folgen eines schwächeren sozialen Netzes für die Arbeitnehmer. Sie stellen eine Chan-
ce der Unternehmen dar, sich dieser Materie verstärkt zu widmen. Der Anreizcharakter
eines Angebots an betrieblichen Sozialleistungen aus Unternehmens- und Arbeitneh-
mersicht wird bei der Vorstellung dieser Themen erläutert. Der dem Theorieteil folgen-
de empirische Teil dieser Arbeit überprüft nun die Wirkung eines Angebots von betrieb-
lichen Leistungen aus dem Bereich Familie, Gesundheitsmanagement und betrieblicher
Risiko- und Altersvorsorge auf die Mitarbeitbindung, die Mitarbeitermotivation und die
Arbeitgeberattraktivität. Im Anschluss werden Handlungsempfehlungen für die Unter-
nehmen gegeben. Die Unternehmen erfahren, ob und welche Formen der betrieblichen
Sozialpolitik bei welchen Zielgruppen zu einem Verhalten im Sinne der Unternehmens-
ziele führen.

4
2 Das soziale Netz
2.1 Historische Entwicklung der Sozialpolitik
Mit Beginn der Industrialisierung Anfang des 19. Jahrhunderts, die durch ,,zunehmende
Arbeitsteilung und Spezialisierung, neue kapitalintensive Techniken, Massenprodukti-
on, Rationalisierung [...] und Anwendung neuer Energieträger (Kohle, Erdöl, Elektrizi-
tät) sowie durch neue Unternehmensformen"
2
gekennzeichnet war, änderte sich die so-
ziale Struktur der Bevölkerung grundlegend. Durch die zwischen 1765 und 1850 statt-
gefundene Bauernbefreiung konnten sich die Bauern von allen herrschaftlichen Bindun-
gen lösen. Es gab keine Leibeigenschaft mehr, die Grundherrschaft und Gutsherrschaft
wurde ebenso wie die Abgabe des Zehnten und die Gerichtsherrschaft beseitigt. Die nun
freien Bauern waren es größtenteils nicht gewohnt und hatten es somit auch nicht ge-
lernt, für sich selbst zu sorgen und zu wirtschaften. Viele verschuldeten sich sehr stark.
3
Die Menschen zogen in die Städte. Die bis dahin typische Institution der Großfamilie
fiel weg und damit auch der Schutz für die einzelnen Familienmitglieder. Es entstanden
Arbeiterfamilien, die unter gesundheits- und entwicklungsgefährdeten Arbeitsbedin-
gungen, speziell bei Kindern und Frauen, langer Arbeitszeit und schlechten Wohnver-
hältnissen zu leiden hatten. Rücklagen für Krankheit, Unfall, Arbeitsunfähigkeit oder
das Alter konnten aufgrund der äußerst niedrigen und oft unpünktlich gezahlten Löhne
nicht gebildet werden.
4
Außer ihrer Arbeitskraft besaß das Proletariat keinerlei Eigen-
tum. War die Arbeitskraft bedroht, war auch die Existenz der Familie bedroht, denn
soziale Sicherungseinrichtungen gab es bis dato nicht.
In der Gesellschaft existierten verschiedene Gruppierungen, die dieser sozialpolitischen
Aufgabe in unterschiedlicher Art und Weise gegenübertraten. Viele Vertreter der Kir-
che, insbesondere der evangelischen Kirche, die damals Staatskirche war, setzten sich
mit den sozialen Problemen der Arbeiterschaft auseinander. Sie forderten die Vermö-
genden auf, ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Es gab eine Reihe bedeu-
tender Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Johann Heinrich Wichern, die sich für die
Gründung kirchlicher Hilfswerke einsetzten. Durch das Handeln Wicherns wurden
,,Krippen, Kleinkinderbewahranstalten, Sonntagsschulen, Herbergen, Heime für ver-
2
vgl. Der Brockhaus Multimedial 2000.
3
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 29 ff.
4
vgl. Uhle (1987): S. 30.

5
wahrloste Kinder, Vereine zur Betreuung Strafentlassener, Lesesäle, Armenvereine,
Krankenanstalten, Altersheime, Heime für Taubstumme, Blinde und Schwachsinnige"
geschaffen.
5
Der katholische Bischof von Mainz, Wilhelm Emmanuel Freiherr von Kett-
ler, war verantwortlich für die Entstehung vieler ,,christlich-sozialer Vereine"
6
, sowie
Kranken- und Armenhäuser. Außerdem setzte er sich für ,,Lohnerhöhungen, Gewinnbe-
teiligung, Verkürzung der Arbeitszeit, die Gewährung von Ruhetagen, ein Verbot der
Fabrikarbeit schulpflichtiger Kinder und eine Abschaffung der Fabrikarbeit der Mütter
und Mädchen ein"
7
. Ein weiterer, ebenfalls bedeutender Vertreter der katholischen Kir-
che, der sich gegen die sozialen Missstände der Arbeiterschaft aussprach, war Adolf
Kolping. Er bot ledigen Handwerksgesellen eine Zuflucht, gab ihnen moralischen Halt
und die Möglichkeit zur Weiterbildung.
Zu den sehr sozial demokratisch eingestellten Unternehmern, die ihrer Zeit weit voraus
waren, gehörte Ernst Abbé. Er gründete die Carl-Zeiss-Stiftung, die durch vorbildliche
Arbeitsbedingungen und die Förderung gemeinnütziger Projekte bekannt wurde.
8
Auch Unternehmer wie Bosch, Krupp und Stumm-Halberg fühlten sich persönlich dazu
verpflichtet, betriebliche Sozialleistungen in ihren Unternehmen anzubieten. Durch ver-
schiedenste soziale Einrichtungen versuchten sie, das soziale Leid und die Armut der
Bevölkerung zu verringern. Die zur sozialen Absicherung ihrer Arbeitnehmerschaft
angeboten Leistungen waren nicht gänzlich uneigennützig. Im Gegenzug verlangten sie
absoluten Gehorsam, verwehrten ihren Arbeitern jegliches betriebliches Mitsprache-
recht und verboten die Gründung von Arbeitervereinen, Gewerkschaften und Arbeiter-
parteien.
9
Sie bestanden auf ihre Grundherrschaft, ihre gesellschaftlichen Vorrechte und
wollten jede sozialrevolutionäre Idee bereits im Keim ersticken.
Durch die Verbreitung des kommunistischen Manifests von Karl Marx und Friedrich
Engels, in dem zum Umsturz des Gesellschaftssystems aufgerufen wurde, fühlte sich
die herrschaftliche Gesellschaft in ihrer Daseinsform bedroht. Marx und Engels waren
die Begründer der sozialistischen Ideologie. Sie forderten die Erhebung des Proletariats
und den Sturz der herrschenden Klasse sowie die Abschaffung ,,des bürgerlichen Eigen-
tums".
10
Die Furcht vor sozialrevolutionären Reformen war der Grund, warum Adel,
5
vgl. Schraepler (1964): S. 33 und S. 134.
6
Lampert/Althammer (2001): S. 46.
7
Lampert/Althammer (2001): S. 47.
8
vgl. Meyers Großes Handlexikon (2002): S. 1005.
9
vgl. Schraepler (1996): S. 99 ff.
10
Lampert/Althammer (2001): S. 50.

6
Bürgertum und Unternehmer lange die Arbeiterbewegungen zu unterdrücken versuchten
und sich gegen eine staatliche Sozialpolitik aussprachen.
11
Die von August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründete ,,Sozialdemokratische Ar-
beiterpartei" und der ,,Allgemeine Deutsche Arbeiterverein", geführt von Ferdinand
Lassalle, schlossen sich 1875 zur ersten deutschen Arbeiterpartei, der ,,Sozialistischen
Arbeiterpartei", zusammen. Die Partei hatte so starken Zuwachs, dass sich der
Reichstag in seiner Regierungsmacht bedroht sah und deshalb 1878 das Sozialistenge-
setz verabschiedete, welches die Unterdrückung aller Arbeiterorganisationen zur Folge
hatte. Die Arbeiterpartei selbst gewann jedoch weiterhin an Stimmen, Mandaten und
politischer Bedeutung.
12
Als Konsequenz traten 1883, von Otto von Bismarck initiiert,
das Krankenversicherungsgesetz für Arbeiter, 1884 das Unfallversicherungsgesetz und
1889 das Gesetz zur Invaliditäts- und Alterssicherung in Kraft.
13
11
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 50 f.
12
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 52.
13
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 121.

7
Abbildung 1: Überblick über die Leistungen der ersten entscheidenden Sozialgesetze unter Bis-
marck:
14
Zu den weiteren wichtigen Etappen der staatlichen Sozialpolitik gehört die Einführung
der folgenden Gesetze:
1891 Arbeiterschutzgesetz: Es werden u.a. das Beschäftigungsverbot für Schulkinder,
das Nachtarbeitsverbot für Jugendliche und Frauen und der Sonntag als Ruhetag für die
Industriearbeiter festgelegt.
15
1911 Reichsversicherungsordnung: Die Versicherungspflicht wird auf weitere Beruf-
stände ausgedehnt, die Einkommensgrenze für die Versicherungspflicht wird erhöht, so
dass die Anzahl der Beitragszahler steigt.
16
1918 Tarifvertragsgesetz: Die Tarifautonomie wird gesetzlich anerkannt.
17
1926 Kündigungsschutzgesetz für Angestellte
14
vgl. Frerich (1987): S. 76 S. 80, S. 90.
15
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 71.
16
vgl. Frerich (1987): S. 86, S. 90.
17
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 78.

8
1927 Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung: Die Zuständig-
keit und Verantwortung für die Beratung, Vermittlung und Versicherung der Arbeitslo-
sen wird auf die ,,Reichsanstalt für Arbeit" übertragen.
1938 Jugendschutzgesetz: Die Schutzvorschriften für Jugendliche werden verbessert
und ergänzt.
18
1942 Mutterschutzgesetz: Die Wochenhilfeleistungen werden verbessert.
19
1954 Kindergeldgesetz: An alle Arbeitnehmer und Selbständige wird für das dritte
und jedes weitere Kind Kindergeld bis zum 18. Lebensjahr gezahlt.
20
1961 Bundessozialhilfegesetz: Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraus-
setzungen des Einzelnen wird Hilfe für den Lebensunterhalt und für besondere Lebens-
lagen gewährt.
21
1985 Erziehungsgeld/ Erziehungsurlaub: Erziehungsurlaub kann wahlweise von Vater
oder Mutter im Anschluss an die Mutterschutzfrist bis zu einem Jahr in Anspruch ge-
nommen werden. Für diese Zeit steht der Anspruchnehmer unter Kündigungsschutz, ist
von der GKV beitragsbefreit und erhält Erziehungsgeld.
22
1994 Pflegeversicherung: Die gesamte Bevölkerung wird verpflichtet, sich gegen das
Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern.
23
Überblick über das Sozialversicherungssystem im Bereich Altersvorsorge
Um ein Verständnis über den Themenbereich Risiko- und Altersvorsorge zu bekom-
men, werden die 3 Säulen der Altersvorsorge und deren Funktionsweise beschrieben.
2.1.1 Das Drei-Säulensystem der Altersvorsorge
Als das Drei-Säulensystem wird die Verteilung der Einkommensversorgung im Alter
auf das gesetzliche Rentensystem, die betriebliche Alterssicherung und die private Al-
tersvorsorge bezeichnet. Zur ersten Säule, dem gesetzlichen Rentensystem, gehören
neben der gesetzlichen Rentenversicherung auch die Beamtenversicherung, die Alters-
sicherung der Landwirte und die berufsständischen Versorgungswerke. Die zur zweiten
Säule gehörende betriebliche Altersvorsorge wird in der Privatwirtschaft und im öffent-
lichen Dienst angeboten. Streng gesehen werden zur dritten Säule, der privaten Alters-
18
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 83.
19
vgl. Frerich (1987): S. 87.
20
vgl. Frerich (1987): S. 97.
21
vgl. Frerich (1987): S. 117.
22
vgl. Frerich (1987): S. 99.

9
vorsorge nur diejenigen Formen verstanden, bei denen biometrische Risiken wie Lang-
lebigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Tod des Ehepartners abgesichert werden.
24
2.1.1.1 Gesetzliche Rentenversicherung
2.1.1.1.1 Bedeutung
Die gesetzliche Rentenversicherung ist eine Zwangsversicherung. Das bedeutet, per
Gesetz müssen Arbeiter und Angestellte Pflichtmitglied in der gesetzlichen Rentenver-
sicherung sein, wenn ihr Einkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt.
25
Im
Jahr 2005 liegt die Einkommensgrenze bei 62.400 in West- und 52.800
26
in Ost-
deutschland. Durch die Zwangsmitgliedschaft bildet sie derzeit noch die stärkste der
drei Säulen. Zahlen aus dem Jahr 2003 liefern eine Vorstellung von der Anzahl der Mit-
glieder: 26.772.481 Männer und 24.649.604 Frauen waren damals pflichtversichert
27
,
der Frauenanteil lag bei 47,9 Prozent. Im Jahr 2005 beträgt der Beitrag zur gesetzlichen
Rentenversicherung 19,5 Prozent des versicherungspflichtigen Bruttoeinkommens, wo-
bei er hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert wird.
28
2.1.1.1.2 Funktionsweise
Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung wird über das Umlageverfahren
abgewickelt. Das bedeutet, die von den im Arbeitsleben stehenden Beitragszahlern ge-
leisteten Zahlungen werden direkt an die genannten Anspruchsgruppen weitergeleitet.
Die jeweils arbeitende Generation finanziert damit die in Rente stehende Generation.
29
Da diese Zahlungen nur 73,1 Prozent der Ausgaben abdecken - Stand 2004 - wird der
Rest durch Bundeszuschüsse finanziert.
30
2.1.1.2 Betriebliche Altersvorsorge
Die Geschichte der betrieblichen Altersvorsorge ist, wie in Kapitel 2.1 Historische Ent-
wicklung der Sozialpolitik beschrieben, über 150 Jahre alt. Der gesetzliche Rahmen
23
vgl. Lampert/Althammer (2001): S. 99.
24
vgl. Rürup Kommission, im WWW, [24.08.05], S. 3.
25
vgl. Frerich (1987): S. 154.
26
vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Familie, im WWW, [23.08.05].
27
vgl. Deutsche Rentenversicherung, im WWW, [23.08.05].
28
vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Familie, im WWW, [23.08.05].
29
vgl.
Rürup Kommission, im WWW, [24.08.05], S. 7.
30
vgl.
Rürup Kommission, im WWW, [24.08.05], S 1.

10
wurde am 19.12.1974 geschaffen. Wichtige Punkte, wie die Behandlung des Anspruchs
des Arbeitnehmers bei einem Arbeitgeberwechsel, Arbeitsverlust, oder bei einer Insol-
venz des Betriebs, wurden damals festgelegt. In den westdeutschen Großfirmen hatte
bereits 1980 ein Großteil der Arbeitnehmer eine Zusage auf Betriebsrente. In den klei-
neren Firmen war der Anteil deutlich geringer und der schon damals vorhandene große
Unterschied bezüglich der Anzahl der Zusagen zwischen großen und kleinen Firmen ist
auch heute noch vorhanden.
31
Bei Pensionszusagen könnte dies auf den Verwaltungs-
aufwand zurückzuführen sein, der sich bei größeren Firmen auf eine größere Anzahl an
Arbeitnehmern verteilt und sich somit eher lohnt als bei kleineren Firmen. Bei den
Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionsfonds und Pensionskasse findet die
Abwicklung extern statt. Eine geringere Anzahl von Zusagen durch kleinere Firmen ist
daher bei diesen Durchführungswegen über den Zeit- und Verwaltungsaufwand nicht
erklärbar. Mit der zum 01.01.2002 verabschiedeten Rentenreform wurde der Rechtsan-
spruch auf staatliche Förderung der betrieblichen Altersvorsorge verabschiedet. Durch
eine Lohnsteuer- und Sozialabgabenbefreiung für den betrieblichen Altersvorsorgebe-
trag sowie direkte prozentuale Zulagen des Staates in Form der Riesterrente, sollte ein
stärkerer Anreiz für zusätzliches Engagement im Bereich betrieblicher Altersvorsorge
geschaffen werden.
2.1.1.3 Private Altersvorsorge
Die dritte Säule bildet die private Vorsorge, die jeder nach seiner finanziellen Situation
und entsprechend seinen Vorstellungen für die Gestaltung seines Alltags im Rentenalter
bilden kann. Neben der Höhe des regelmäßigen und unregelmäßigen Anlagebetrags
liegt auch die Entscheidung für die Anlageform beim Sparer. Jeder Sparer hat Vorstel-
lungen bezüglich der Liquidität, der Sicherheit und der Rendite der Anlage. Unter Li-
quidität versteht man die Möglichkeit, im Bedarfsfall möglichst kurzfristig auf das
Vermögen zugreifen zu können, ohne finanziellen Verlust zu erleiden. Die Anlagesi-
cherheit beschreibt die Bonität des Schuldners, also dessen Fähigkeit, seinen Rückzah-
lungsverpflichtungen nachzukommen. Der jährliche Ertrag der Sparanlage in Prozent
zum eingesetzten Kapital wird durch die Rendite angegeben.
32
31
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge, im WWW, [31.08.05].
32
vgl. Grill / Perczynski (1997): S. 479.

11
Abbildung 2:Verteilung des Einkommens im Alter auf die 3 Säulen im internationalen Vergleich
33
Der Vergleich in Abbildung 2 zeigt, dass die heutigen deutschen Rentner nach wie vor
einen hohen prozentualen Anteil ihrer Altersvorsorge aus der gesetzlichen Rentenversi-
cherung beziehen. Aufgrund der strukturellen finanziellen Situation der gesetzlichen
Rentenversicherung ist dies jedoch die Mehrheit der derzeitigen Arbeitnehmer nicht
mehr möglich. Sie müssen zusätzlich finanziell privat oder betrieblich fürs Alter vorsor-
gen. Die Schweiz wird immer wieder gerne als Idealbeispiel für eine solide Altersvor-
sorge herangezogen. Schon heute wird deren Altersvorsorge nur mit 43 Prozent durch
die schweizerische gesetzliche Rentenkasse gedeckt. Die übrigen 57 Prozent werden zu
fast gleichen Teilen von der privaten und betrieblichen Altersvorsorge bezogen.
33
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge, im WWW, [26.08.2005].

12
Die Gründe für die notwendige zusätzliche Risiko- und Altersvorsorge über private und
betriebliche Vorsorgeformen für die Bundesbürger und eine genaue Darstellung der
derzeitigen finanziellen Lage der GRV werden nachfolgend gezeigt.
2.2 Demographische Entwicklung und Arbeitsmarktsituation
Die steigende Lebenserwartung der Bundesbürger führt zu länger andauernden Renten-
zahlungen. Von 1960 bis 2002 stieg die Lebenserwartung der Männer um 3 Jahre, die
der Frauen um 4,5 Jahre.
34
So erfreulich diese Entwicklung ist, so problematisch ist sie
für die finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung. Außerdem führt die stag-
nierende Konjunktur zu einer Verringerung der Beitragszahler und lässt keine oder nur
geringe Lohnerhöhungen zu, so dass die Beiträge an die Gesetzliche Rentenversiche-
rung bei gleichem prozentualem Beitragssatz auch nicht steigen.
Auch die geringe Geburtenziffer von 1,3 Kindern je Frau im Jahr 2003
35
führt dazu, dass
immer mehr Rentner von immer weniger Beitragszahlern finanziert werden. Die fol-
gende Tabelle gibt eine Übersicht über die aktuelle Arbeitslosenstatistik.
Anzahl der Arbeitslosen in Deutschland (in %)
Männer
Frauen
Insgesamt
10,9
11,6
2005/Sep
11,2
2005/Aug
11,4
11,2
11,6
11,4
11,6
2005/Jul
11,5
2005/Jun
11,3
11,4
11,3
11,7
11,5
2005/Mai
11,6
2005/Apr
12,0
12,2
11,7
13,0
11,9
2005/Mar
12,5
2005/Feb
12,6
13,1
12,0
12,7
11,6
2005/Jan
12,1
2004
10,5
11,0
10,1
10,9
10,0
2003
10,5
2002
9,8
9,9
9,5
Jugendliche
unter 25
Jahren
12,7
13,2
12,8
11,3
11,3
12,2
13,3
13,6
12,7
9,9
9,9
9,7
Tabelle 1: Arbeitslosenstatistik
36
34
vgl. Rürup Kommission, im WWW, [24.08.05], S. 19
35
vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland, im WWW, [31.08.05].

13
Betrachtet man diese Arbeitslosenstatistik fällt eine starke Zunahme der Arbeitslosen-
quote mit Beginn des Jahres 2005 auf. Besonders stark betroffen sind die Jugendlichen
und 25 Jahren. Dies ist umso dramatischer wenn man bedenkt, dass gerade diese Gene-
ration von den 2002 beschlossenen Rentenkürzungen am meisten betroffen ist.
Eine ebenfalls enorme Belastung für die Sozialversicherungskassen war die Wiederver-
einigung zwischen Ost- und Westdeutschland am 03.10.1990. Es müssen bis heute e-
norme Transferleistungen, zwischen 90 und 100 Millionen Euro jährlich, in die neuen
Bundesländer investiert werden, um die Wirtschaftskraft der neuen Bundesländer zu
stärken. Im Nachhinein stellten viele Experten fest, dass es besser gewesen wäre, die
Wiedervereinigung nicht über die Sozialversicherungskassen, sondern über Steuermittel
zu finanzieren. Die ,,kumulierten Defizite der ostdeutschen Rentenversicherungsträger
beliefen sich zwischen 1991 und 2002 auf 44 Mrd. Euro."
37
2.2.1 Wirtschaftliche Folgen
2.2.1.1 Für Unternehmen
Schon heute gibt es einige Unternehmensbranchen die über Fachkräftemangel klagen
und die volle Ausschöpfung ihres Wachstumspotentials gefährdet sehen. In einer im
Auftrag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung durchgeführten Unterneh-
mensbefragung unter 1.000 Unternehmen wurden folgende Befürchtungen geäußert:
knapp 25 Prozent der Befragten aus den Branchen Chemie/Pharma, Elektrotechnik,
Fahrzeugbau und Maschinenanlagebau haben bereits jetzt Probleme geeignete Ingenieu-
re zu finden. Bei 57 Prozent der unbesetzten Stellen hatten die Bewerber ungenügende
Branchenkenntnisse, die gestellten Lohnforderungen waren bei 24 Prozent der Bewer-
ber zu hoch. 22 Prozent der Bewerber hatten eine Ausbildung mit zu geringem Praxis-
anteil und für immerhin fast ein Fünftel der offenen Stellen fand sich gar kein Bewer-
ber.
38
Als Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit sieht Cisco-Deutschland-Chef Michael Ganser
den Fachkräftemangel im IT-Bereich. Das Marktforschungsunternehmen IDC fand in
einer von Cisco Systems in Auftrag gegebenen und am 11.10.2005 vorgestellten Studie
36
vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland, im WWW, [31.08.05].
37
vgl. Lampert/Althammer(2004): S. 116.
38
vgl. VDI, im WWW, [26.09.2005].

14
heraus, dass bis zum Jahre 2008 mit einem Mangel von über 22.000 Spezialisten für den
IT - Bereich zu rechnen ist. Die in dieser Studie befragten 950 Chief Information Of-
ficer aus 31 europäischen Ländern sehen europaweit sogar einen zukünftigen Angebots-
überhang an Jobs im Bereich Internet-Telefonie von 21 Prozent.
39
.
Das wichtige Thema Fachkräftemangel betrifft aber nicht nur die IT - Spezialisten und
Ingenieure. Aufgrund seiner Bedeutung wird dieser wichtige Aspekt in der aktuellen
Serie des Wirtschaftmagazins ,,Capital" vom 02.03.05 thematisiert. Es wird darauf hin-
gewiesen, dass im Jahr 2005 bereits 25Prozent aller Arbeitnehmer älter als 60 Jahre alt
sind. Der prognostizierte Anteil der über 60 jährigen Arbeitnehmer liegt im Jahr 2030
bereits bei 34Prozent. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen eine Entwick-
lung auf, die für die Unternehmen schwerwiegende Folgen hat. Nach einer Untersu-
chung der Bertelsmann Stiftung ist bereits ab 2010 mit einem starken Fachkräftemangel
zu rechnen, eine Zuspitzung des Rückgangs der Arbeitskräfte wird ab 2015 erwartet.
40
2.2.1.2 Für den Bereich Gesetzlichen Rentenversicherung
Die beschriebenen demographischen Probleme führen dazu, dass der Bund schon heute
über 26 Prozent der Gesamteinnahmen der GRV bezahlt, damit diese den Gesamtbedarf
der aktuellen gesetzlichen Renten decken kann. Die genauen Zahlen aus dem Jahr 2003
können der Grafik entnommen werden:
Abbildung 3:
Verteilung des Finanzierungsaufkommens der GRV
39
vgl. Heise Online, im WWW, [20.10.2005].
40
vgl. Capital Nr.5, S. 16 ff.

15
Würde die Finanzierung der Rentenversicherung nach dem bisherigen System fortge-
führt werden, wäre dies nur über steigende Rentenbeiträge möglich. Um diese zu ver-
hindern, werden in der Politik verschiedenste Maßnahmen diskutiert, wie eine längere
Lebensarbeitszeit, geringere Rentenansprüche im Alter oder auch eine Grundabsiche-
rung statt der Rentenansprüche in bisheriger Form.
41
Eine Erhöhung des Beitragsatzes
wird jedoch als keine geeignete Lösung angesehen, da als Folge die Lohnnebenkosten
steigen und somit die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen darunter leiden würde.
Eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Lebensjahre wird derzeit heiß debattiert
und ist in den Reformvorschlägen zur gesetzlichen Rentenversicherung enthalten. Es
trägt dazu bei, die Rentenbezugszeit zu verringern und somit der steigenden Lebenser-
wartung Rechnung zu tragen.
42
2.2.1.3 Für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung
Neben der gesetzlichen Rentenversicherung befindet sich auch die Finanzierung des
Gesundheitssystems in einer schwierigen Situation. Die Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung wird hälftig durch den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber getra-
gen. Jeder Arbeitnehmer, der mit seinem Bruttoarbeitseinkommen unter der Beitragbe-
messungsgrenze liegt, ist pflichtversichert. Der Beitragssatz liegt in 2005 durchschnitt-
lich bei 13,5 Prozent des jeweiligen Bruttoeinkommens. Die Finanzierungsprobleme des
Gesundheitssystems sind zu einem großen Teil ebenfalls auf die höhere Lebenserwar-
tung der Menschen und die Altersstruktur zurück zu führen. Der höhere Anteil der älte-
ren Menschen verursacht naturgemäß höhere Kosten, da Anzahl und Ausmaß der
Krankheiten und chronische Gesundheitsbeschwerden im Alter zunehmen.
Aber nicht nur die demographische Entwicklung ist ursächlich für die Finanzlage des
deutschen Gesundheitssystems. Auch Mängel in der Gestaltung des Systems, so ge-
nannte strukturelle Probleme, und ein gesellschaftlicher Wertewandel blieben nicht fol-
genlos. Zu den systemendogenen Ursachen zählen alle in der Organisation des Systems
auftretenden Steuerungsmängel. Also steigende Kosten des Gesundheitssystems durch
höhere Medikamentenpreise aufgrund mangelnden Wettbewerbs und zu viel Regulie-
rung. Aber auch die fehlende Preiswahrnehmung für Gesundheitsleistungen zählen zu
den Ursachen. Die Krankenbehandlungen werden in Anspruch genommen, ohne dass
41
vgl. Adelt/ Dehm/ Schulte (1999): S. 5ff.
42
vgl.
Rürup Kommission, im WWW, [24.08.05].

16
die meisten Patienten die Preise hierfür kennen. Eine durch zahlreiche Reformen durch-
gesetzte höhere Eigenbeteiligung an Medikamenten und die Praxisgebühr konnten eine
Zunahme der Inanspruchnahme von Leistungen aus ,,Bagatellgründen" verringern. Im
Jahr 1970 wurde der Ausgabenindex der gesetzlichen Krankenversicherung auf 100
Punkte gesetzt, dieser stieg bis 1990 auf 563 Punkte, und ging durch verschiedene Ge-
sundheitsreformen bis zum Jahr 2002 auf 151 Punkte zurück. Zu den systemexogenen
Ursachen, also von außen wirkenden Ursachen, zählen das steigende Gesundheitsbe-
wusstsein der deutschen Gesellschaft, modernere Behandlungsverfahren durch den er-
freulichen medizinisch technischen Fortschritt und die zunehmende Inanspruchnahme
von prophylaktischen Maßnahmen.
43
Beispielsweise kann ein Kuraufenthalt mit Ernäh-
rungsberatung einem übergewichtigen Bluthochdruck-Patienten dazu verhelfen, einen
Herzinfarkt mit entsprechenden Folgekosten zu vermeiden. Die langfristigen Auswir-
kungen von prophylaktischen Maßnahmen können zur Verringerung von größeren Be-
handlungskosten beitragen, kurz und mittelfristig verursachen sie aber erst einmal Kos-
ten.
2.2.1.4 Für den Bereich Familie
Die Konjunktur und die mit ihr einhergehende Diskussion um die Zukunft der sozialen
Sicherungssysteme tragen, neben den Karrierewünschen der Frauen, ihren Teil zu der
niedrigen Geburtenrate bei. Wer sich mit dem Thema Familienplanung auseinander-
setzt, muss Sicherheit bezüglich seiner gegenwärtigen und zukünftigen finanziellen Si-
tuation haben. Mehr Sicherheit würde eine Verteilung der Altersvorsorge auf verschie-
dene Säulen und die Möglichkeit der Partnerin, einer Berufstätigkeit nachzugehen,
schaffen. Zwei Einkommen stärken das Vertrauen in die finanzielle Leistungsfähigkeit,
Voraussetzung ist ein Betreuungsplatz für die Kinder.
2.2.2 Abbau staatlicher Sozialleistungen in den letzten vier Jahren
Diese Auflistung verschafft einen Überblick über die bedeutendsten Maßnahmen und
Reformen und zeigt den Ernst der Lage. Der steigende Bedarf nach zusätzlicher Absi-
cherung seitens der Versicherten und die Brisanz des Themas werden vor Augen ge-
führt.
43
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 251

17
2.2.2.1 Im Bereich Rente und Vorsorge
Am 01.01.2001 wurde die gesetzliche Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für
bestimmte Personengruppen abgeschafft. Bis zu diesem Zeitpunkt bekamen alle Arbeit-
nehmer eine Erwerbsunfähigkeitsrente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit zu mindestens 50
Prozent eingeschränkt war. Neben der Erwerbsunfähigkeitsrente gab es eine Rente we-
gen Arbeitsunfähigkeit, die dann zum Tragen kam, wenn jemand seinen erlernten Beruf
nicht mehr ausüben konnte, z.B. wenn der Bäcker wegen einer Mehlallergie nicht mehr
backen konnte. Je nach Sachlage des vorliegenden Falles wurden die Renten befristet
oder unbefristet bezahlt.
Die Neuregelung für die Rente wegen Berufsunfähigkeit gilt für Zusagen ab Januar
2001. Ab diesem Zeitpunkt gibt es für Personen, die vor dem 02.01.1961
44
geboren wur-
den und deren Leistungsfähigkeit auf unter 6 Stunden Arbeit pro Tag gesunken ist, nur
noch Renten wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsunfähigkeit. Eine Rente wegen teil-
weiser Erwerbsminderung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer mindestens 3 Stunden pro
Tag arbeiten kann, liegt seine Leistungsfähigkeit darunter, erhält er eine Rente wegen
voller Erwerbsminderung.
45
Somit sind die nach dem 02.01.1961 geborenen Arbeitneh-
mer, deren Zusage nach dem 01.01.2001 erteilt wurde, schlechter gestellt, da sie eine
niedrigere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten, wenn sie mindestens 3
Stunden pro Tag arbeiten können. Die nicht von der Neuregelung erfassten Arbeitneh-
mer erhalten in diesen Fällen eine höhere Rente. Des Weiteren erhalten die von der
Neuregelung Betroffenen keine Rente mehr, wenn sie lediglich ihren Beruf nicht mehr
ausüben können. Die Berufsunfähigkeitsrente fällt für die von der Neuregelung betrof-
fenen Personen vollständig weg. Somit sollten sich die nach 1961 geborenen Arbeit-
nehmer alternativ privat absichern, auch eine Vorsorge über bAV ist möglich und für
diese Generationen interessant und notwendig.
Die Rentenreform vom 26.01.2001 und die Nachbesserung vom 11.05.2001 war ein
vergleichsweise großer Schritt, um sich den Finanzierungsproblemen der gesetzlichen
Rentenversicherung anzunehmen. Die Maßnahmen des Altersvermögensgesetzes traten
ab Januar 2002 in Kraft. Kern war die Ergänzung des seitherigen Systems durch eine
zusätzliche private Rentenversicherung, die auf Grundlage Kapitalstocks geführt wird.
44
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 269.

18
Das bedeutet, die Beitragszahlungen werden anteilig in Aktien, Immobilien und festver-
zinsliche Schuldverschreibungen investiert und sind daher losgelöst von demographi-
schen Entwicklungen oder Fremdfinanzierungen. An dieser Stelle muss jedoch auch
erwähnt werden, dass die Sicherheit dieser Anlageform durch Kapitalmarktrisiken wie
Börsenschwankungen und Zinsrisiken beeinträchtigt ist. In Abhängigkeit von bestimm-
ten Einkommensgrenzen, der Kinderanzahl und eines Mindestsparvolumens in Relation
zum letzten Bruttogehalt werden die Beiträge durch staatliche Zuschüsse gefördert.
46
Diese private Rente ist die so genannte Riesterrente. Der genauere Ablauf wird in späte-
ren Kapiteln beschrieben. Beschlossen wurde im Gegenzug eine Senkung des Rentenni-
veaus von 70 Prozent des Nettoeinkommens im Jahr 2002 auf 64 Prozent im Jahr
2030.
47
Der Abschluss einer geförderten privaten oder betrieblichen Altersvorsorge ver-
hilft Arbeitnehmern dazu, diese große Rentenlücke zu schließen. Es kann davon ausge-
gangen werden, dass der Wunsch nach zusätzlicher Absicherung durch die regelmäßige
Berichterstattung in den Medien über die finanzielle Situation der Rentenkasse und
Kürzungen der Leistungen durch Reformen steigen wird. Für Paare, die beide nach dem
01.01.1962 geboren wurden, gilt, dass für die Berechnung der Witwen- und Witwerren-
ten Einkommen aus Vermögen, z.B. Zinsen und Miete, zu 40 Prozent mit einbezogen
werden. Diese Regelung gilt auch für Paare, die nach dem 01.01.2002 geheiratet ha-
ben.
48
Effektiv liegt hier eine Kürzung der Hinterbliebenenrente vor. Seit April 2004
müssen Rentner den vollen Beitragssatz für die gesetzliche Pflegversicherung bezahlen,
bisher hatte der Rentenversicherungsträger die Hälfte übernommen.
Die Krankenkassen erheben seit 1. Januar 2004 auf die einmalige Kapitalauszahlung
einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder eines berufsständischen Versor-
gungswerkes den vollen Beitragssatz für die Kranken- und Pflegeversicherung. Bislang
galt nur der halbe Beitragssatz für die Sozialversicherungen.
49
Im Bereich private Absicherung wurden ebenfalls Einschnitte durchgesetzt. Die Erträge
aus Lebensversicherungen, deren Abschluss bis zum 31. Dezember 2004 erfolgte, wa-
45
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 268.
46
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 291.
47
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 290.
48
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 276.
49
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 262ff sowie Grosche, im WWW, [11.10.05].

19
ren steuerfrei. Bei Verträgen die ab Januar 2005 abgeschlossen werden, müssen die Er-
träge versteuert werden. Läuft der Vertrag mindestens bis zum 60. Lebensjahr des Ver-
sicherten, müssen 50 Prozent des Ertrags versteuert werden, wird sie vor dem 60. Le-
bensjahr ausbezahlt, wird der volle Ertrag besteuert. Unter Ertrag versteht man die Dif-
ferenz aus der ausbezahlten Ablaufleistung der Versicherung und der einbezahlten Bei-
träge.
Eine andere Form der Altersvorsorge ist das Eigenheim, da man sich im Alter die mo-
natliche Mietbelastung spart. Voraussichtlich bis Ende 2006 gibt es noch die Eigen-
heimzulage, ab 01.07.07 soll sie abgeschafft werden.
50
Voraussetzung ist, dass der bzw.
die Antragsteller innerhalb der letzten 2 Jahre nicht mehr als 70.000 (als Alleinleben-
de) oder 140.000 (als Ehepaar) verdient hat. Pro Kind wird diese Einkommensgrenze
um 30.000 erhöht.
51
Werden sie Einkommensgrenzen eingehalten, gibt es über 8 Jah-
re lang eine Eigenheimzulage von 1250,- jährlich zuzüglich 800,- jährlich je Kind.
Um die gesetzliche Rentenkasse zu entlasten, wird die Lebensarbeitszeit erhöht. Die
Grenze für den frühest möglichen Renteneintritt wird zwischen 2006 und 2008 von 60
Jahre auf 63 Jahre herauf gestuft, um die durchschnittliche Beitragszahlungsdauer in die
gesetzliche Rentenversicherung zu erhöhen.
52
Akademiker sind von einer Senkung der Anrechnung von Hochschulzeiten für die GRV
zwischen 2005 und 2009 betroffen, ab 2009 werden die Hochschulzeiten endgültig nicht
mehr angerechnet.
53
2.2.2.2 Im Bereich Gesundheit
Die 2003 verabschiedete Gesundheitsreform strich einige bisher durch die gesetzlichen
Krankenkassen gezahlten Gesundheitsleistungen aus deren Gesundheitskatalog. So wird
kein Entbindungsgeld mehr bezahlt, die Kosten für rezeptfreie Medikamente werden
nicht mehr übernommen, und auch Brillengläser werden nicht mehr bezuschusst. Der
Transport zur ambulanten Behandlung muss vom Patienten in den allermeisten Fällen
selbst übernommen werden. Zuzahlungen bei Arznei, Verbands- und Hilfsmitteln in
50
vgl. n-tv.de, im WWW, [22.10.05].
51
vgl. Focus Money Online, im WWW, [19.10.05].
52
vgl. Grosche, im WWW, [11.10.05].
53
vgl. Bundesregierung, im WWW, [19.10.05].

20
Höhe von 10Prozent, mindestens 5,- und höchstens 10,- wurden eingeführt.
54
Die
Zuzahlungen bei Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege betragen pro Tag 10Prozent
dieser Kosten, hinzukommen 10,- fix für jeden Tag. Die Zuzahlungen sind jedoch auf
maximal 2 Prozent des Jahreseinkommens, bei chronisch Kranken auf 1 Prozent be-
grenzt. Zuzahlungen bei stationären Aufenthalten in Höhe von 10,- pro Tag über eine
Dauer von maximal 28 Tagen konnten die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen
im Gesundheitssektor ebenfalls mindern.
Seit 2005 gibt es im zahnmedizinischen Bereich befundbezogene Festzuschüsse, um
den Patienten einen Anreiz zu schaffen, sich einen möglichst preiswerten Zahnarzt aus-
zusuchen. Zuvor wurden zwischen 50 und 65 Prozent der Kosten von der Krankenkasse
übernommen, die Höhe der Beteiligung war von der über das Bonusheft ermittelten
Häufigkeit der Arztbesuche abhängig. Mit der neuen Regelung betragen die Kostenbe-
teiligungen der Krankenkasse nur noch etwa 50 Prozent dessen, was noch im Jahr 2004
von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wurde. Die Praxisgebühr von 10,-
je Quartal und Arzt soll die Anzahl der unnötigen Arztbesuche reduzieren.
Nicht nur über Gesetzesänderungen wird für mehr Wettbewerb gesorgt, auch findige
Unternehmer nahmen sich diesem Thema bereits an. Ein Internetportal namens ,,2te-
Zahnarztmeinung.de" sorgt für mehr Wettbewerb zwischen den Zahnärzten. Es bietet
den Patienten für wenig Geld die Möglichkeit, ihren ärztlichen Befund und Kostenvor-
anschlag online in dieses Portal zu stellen. Die dort registrierten Zahnärzte können dann
prüfen, ob sie die beschriebene Behandlung kostengünstiger durchführen wollen und
sich gegebenenfalls mit dem Patienten in Verbindung setzen.
Schon jetzt nimmt die Bedeutung von Prophylaxe in Form von gesunder Lebensweise
und regelmäßiger Vorsorge einen hohen Rang in der Gesundheitspolitik ein, sie wird in
den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich durch die weitere Zuspitzung der Finanzie-
rungsproblematik und Alterung der Gesellschaft weiter steigen. Zusätzliche Absiche-
rungsmöglichkeiten bei privaten Krankenversicherungen mit umfangreichen Leistungs-
paketen sind von der individuellen Finanzkraft des einzelnen Arbeitnehmers abhängig,
viele Krankenversicherungen bieten Firmen Rahmenverträge an, innerhalb derer sich
die Mitarbeiter zu besonders attraktiven Tarifen versichern können. Die privaten Kran-
54
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 262.

21
kenversicherungen kommen bei einer Firma ohne viel Zutun durch Außendienstmitar-
beiter an viele neue Mitglieder. Einen Teil der dadurch entstehenden Ersparnisse geben
sie über attraktive Tarifmodelle oder umfangreichere Leistungspakete an diese Kunden
weiter.
2.2.2.3 Im Bereich Familie
Im Bereich Familien vollzieht sich eine gegenteilige Entwicklung. Die geringe Kinder-
quote von 1,3 Kindern pro gebärfähige Frau
55
ist, wie bereits erläutert, ein großes Prob-
lem für das Finanzierungsverfahren der Gesetzlichen Rentenversicherung. Daher wer-
den Reformen zur Förderung des Familienwunsches durchgeführt. Ziel ist die langfris-
tige Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme. Zwischen 1998 und 2002 stieg das
Kindergeld von 220 DM auf 154 , die Einkommensgrenze für das Erziehungsgeld lag
2001 bei 32.200 DM für Paare, und 26.400 DM für Alleinerziehende und stieg bis
01.01.2004 auf 30.000 für Paare und 23.000 für Alleinerziehende.
56
Diese Steige-
rung entspricht fast 100 Prozent, wobei unter Berücksichtigung der Teuerungsrate seit
der Euro Einführung die Kaufkraft damit nur unwesentlich gestiegen ist. Die Elternzeit
kann seit dem 01.01.2001 für die ersten 3 Jahre von beiden gemeinsam genommen wer-
den. Beispielsweise können beide Eltern ihre Arbeitszeit jeweils um die Hälfte reduzie-
ren, der gesetzliche Rahmen hiefür wurde geschaffen.
57
Während bis 1998 die Kinderer-
ziehungszeiten bei der GRV mit 75 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens
als Ansprüche angerechnet wurden, stieg die Anrechnung ab 01.07.2000 auf 100 Pro-
zent des durchschnittlichen Einkommens. Es fand somit eine höhere Bewertung dieser
Leistung statt.
58
Seit Januar 2005 gilt das Tagesbetreuungsausbaugesetz, nach welchem bis zum Jahr
2010 230.000 weitere Betreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren durch die Kommunen
geschaffen werden sollen. Derzeit stehen für diese ,,Zielgruppe" in Westdeutschland nur
60.000 Plätze bereit.
59
55
vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland, im WWW, [31.08.05], S. 8.
56
vgl. Bundesregierung, ,,Neue Einkommensgrenzen für Erziehungsgeld", im WWW, [19.10.05].
57
vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, ,,Familienpolitik - mehr als eine Fußnote", im WWW, [11.10.05].
58
vgl. Lampert/Althammer (2004): S. 272.
59
vgl. Bundesregierung, ,,Chronologie der Familienpolitik der Bundesregierung", im WWW, [19.10.05].

22
2.3 Einstellung der Deutschen zur Altersvorsorge
2.3.1 Einstellungswandel
Sorgen die tiefen Einschnitte und die aktuellen Diskussionen zu einem Einstellungs-
wandel? Diesem Thema nahmen sich Mitarbeiter der Universität Bamberg mittels einer
Untersuchung an.
2.3.2 Einstellung der älteren versus Einstellung der jüngeren Generationen
Die Berichte in den Medien über die Finanzierungssituation der GRV und die Auswir-
kungen der Reformen vor allem auf die jüngere Generation bleiben nicht ohne Wirkung,
so dass Ergebnis der Studie. Eine von Mitarbeitern der Universität Bamberg mittels
Daten aus den Jahren 1987 bis 2002 durchgeführte Studie vergleicht die Zufriedenheit
der befragten Personen mit ihrer finanziellen Absicherung im Alter über das aktuelle
Umlageverfahren. Ab dem Jahr 1997 steigt danach die Besorgnis bezüglich der zukünf-
tigen finanziellen Absicherung deutlich, die Ergebnisse werden über die folgende Gra-
fik visualisiert.

23
12,9
12,4
21,2
15,5
sehr gut
gut
befriedigend
weniger gut
schlecht
5
10
15
20
25
30
35
40
0
in %
Quelle: DIA 2005, Sozioökonomisches Panel (SOEP)
Entwicklung der Zufriedenheit der Versicherten
mit ihrer finanziellen Absicherung im Alter
15,2
17,8
26,8
25,9
32,1
31,4
19,8
22,5
4,8
5,5
2,5
35,1
33,0
30,4
33,6
2002
1997
1992
1987
1,9
Abbildung 4: Entwicklung der Zufriedenheit mit der Alterssicherung zwischen 1987 und 2002
60
Während 1987 immerhin über 32 Prozent der Befragten die Alterssicherung als ,,gut"
empfanden, waren dies 2002 nur noch 22,5 Prozent. Der Anteil der Befragten, die 1987
die Alterssicherung als ,,weniger gut" empfanden, stieg bis 2002 um über 10 Prozent auf
einen Anteil von fast 26 Prozent.
Interessant ist auch der Vergleich der Zufriedenheit verschiedener Altersgruppen mit
ihrer finanziellen Altersabsicherung. Vor allem die jüngeren Generationen sind von
tiefen Einschnitten betroffen und müssen den gesetzlichen Rahmen, innerhalb dessen
einige Vorsorgemöglichkeiten staatlich gefördert werden, zur Eigeninitiative nutzen,
wenn sie im Alter nicht von Armut oder finanziellen Schwierigkeiten betroffen sein
wollen.
60
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge, ,,Umfragewerte zur Zufriedenheit mit der finanziellen Absi-
cherung im Alter", im WWW, [15.10.05] und DIA 2005 Sozioökonomisches Panel (SOEP).

24
4,8
2,6
2,1
2,2
2,4
sehr gut
gut
befriedigend
weniger gut
schlecht
5
10
15
20
25
30
35
40
0
in %
Quelle: DIA 2005, Sozioökonomisches Panel (SOEP)
Zufriedenheit der Versicherten mit der Alterssicherung nach Altersgruppen
­
2002
­
15,9
18,8
19,1
23,7
32,5
25,5
30,8
25,9
28,3
18,8
22,8
16,7
19,2
13,1
8,6
30,9
31,1
33,8
32,7
37,7
56 ­ 64 Jahre
46 ­ 55 Jahre
36 ­ 45 Jahre
26 ­ 35 Jahre
16 ­ 25 Jahre
Abbildung 5: Vergleich der Zufriedenheit mit der Alterssicherung zwischen den Generationen
61
2.3.3 Geschlechterspezifische Unterschiede im Anlageverhalten für die finanzielle
Vorsorge
Das Institut für Wirtschaftsforschung ETH Zürich hat in einem Experiment das Risiko-
verhalten von Frauen und Männern bei Finanzanlagen experimentell überprüft. Der am
29.08.2005 von der Credit Suisse veröffentlichte Artikel präsentierte folgende Ergebnis-
se: Frauen zeigten sich deutlich risikoscheuer, vor allem dann, wenn sie das Gefühl hat-
ten, nicht vollständig über alle Risiken informiert worden zu sein oder diese nicht ab-
schätzen konnten. Männer zeigten sich dagegen deutlich optimistischer, nahmen die
61
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge, ,,Umfragewerte zur Zufriedenheit mit der finanziellen Absi-
cherung im Alter", im WWW, [15.10.05] und DIA 2005 Sozioökonomisches Panel (SOEP).

25
fehlende Information als Chance, ihr Glück zu testen.
62
Der von den Frauen gewählte
Risikograd ihres Finanzportfolios, also der Mischung ihrer Wertpapiere, war geringer
als der gewählte Risikograd der Männer. Frauen entschieden sich seltener für Aktien als
Männer.
Die klassische Rolle der Frau als Fürsorgerin führt Zusammen mit den Erkenntnissen
des Züricher Experiments zu der Annahme, dass Frauen sich bei der Wahl ihres betrieb-
lichen Altersvorsorgeprodukts für ein mit weniger Risiken verbundenes Anlageprodukt
entscheiden.
Männer sind dagegen risikofreudiger und riskieren bei ihrer Anlageentscheidung bis zu
einem gewissen Grad finanzielle Verluste. Sie schätzen diese Eintrittswahrscheinlich-
keit aber geringer ein als die Frauen und lassen sich daher von der Chance auf höhere
Renditen leiten.
Die Kenntnisse und Fähigkeiten von Absolventen, Zukunftsentwicklungen von Anlage-
produkten einschätzen zu können, werden einen Einfluss auf deren Anlageentscheidung
haben. Es wird davon ausgegangen, dass die Risikoneigung mit der subjektiven Ein-
schätzung des vorhandenen Know-hows im Finanzbereich zusammenhängt. Demnach
entscheiden sich Betriebswirte eher für ein Anlageprodukt mit hohem Aktienanteil,
während weniger involvierte ,,Nicht-Betriebswirte" ein Produkt mit festverzinslichen
Wertpapieren vorziehen.
Gute Kenntnisse im Finanzbereich versetzten Betriebswirte und hoch Involvierte in die
Lage, selbst Anlageentscheidungen treffen zu können. Es wird daher angenommen, dass
deren Interesse an betrieblichen Vorsorgeprodukten und damit auch die Bindungswir-
kung solcher Angebote weniger groß sind, als bei Absolventen mit geringem Kenntnis-
stand in diesem Bereich. Eine mögliche Erklärung könnte darin zu finden sein, dass sie
während der Laufzeit nicht in die Anlagepolitik des gewählten Produkts eingreifen kön-
nen. Bei selbst gewählten Aktien oder Fondsanlagen können sie beliebig oft ihre Anla-
gesummen umschichten und selbst aktiv sein.
62
vgl. Schiffmann, im WWW, [05.10.2005].

26
2.4 Einstellung der Deutschen zur Gesundheitsvorsorge
2.4.1 geschlechterspezifische Unterschiede
Benno Greve hat in seiner Dissertation an der psychotherapeutischen Klinik der Univer-
sität Düsseldorf geschlechterspezifische Unterschiede zum Gesundheitsverhalten unter-
sucht. Freud beschreibt die Entwicklung eines Schutzverhaltens der psychosexuellen
Integrität seitens des Mannes als Folge der Wahrnehmung der anatomischen ge-
schlechtsspezifischen Unterschiede in der frühen Kindheit. Demnach führt dieses
Schutzverhalten dazu, dass sich Männer widerwillig eine Krankheit eingestehen und
ihnen ihre Autarkie besonders wichtig ist. In Anlehnung an diese Konzeption untersuch-
te Greve in einer empirischen Untersuchung, ob und inwiefern ein geschlechtstypisches
Gesundheitsverhalten vorliegt. Einige damals untersuchte Hypothesen sind für diese
Arbeit von Bedeutung. Untersucht wurde beispielsweise, ob:
·
Gesundheitsverhalten geschlechtsspezifisch ist.
·
Frauen sich gesundheitsorientierter Verhalten, als Männer.
·
Frauen Krankheitszeichen früher erkennen, ernster nehmen und eher einen Arzt
konsultieren.
63
Folgende Ergebnisse ergab die Auswertung der Studie:
Gesundheitsverhalten ist geschlechtsspezifisch. Frauen sind gesundheitsorientierter als
Männer. Frauen sind deutlich vernünftiger, wenn es um die Anwendung von Präventi-
onsmaßnahmen geht. Sie haben ein größeres Interesse an Gesundheitswissen und mei-
den ihnen bekannte Risikofaktoren stärker als Männer.
64
Frauen erkennen Krankheits-
zeichen früher, nehmen sie ernster und konsultieren eher einen Arzt. Frauen sind bei
den Besprechungen mit ihren Ärzten einsichtiger, nehmen eher den Rat der Ärzte an.
Infolgedessen profitieren sie deutlicher von der Therapie und werden deswegen unter
Umständen im Umkehrschluss auch wiederum mehr Vertrauen gegenüber den Thera-
pievorschlägen des Arztes aufbringen. Sie habe eine bessere Beziehung zum Arzt und
suchen diesen rechtzeitig bei auftretendem Unwohlsein auf.
63
vgl. Greve, Benno (1981): S. 1
64
vgl. Greve, Benno (1981): S. 82

27
Männer sind an einer kurzen Behandlungsdauer interessiert, folglich kommt es zu weni-
ger durch die Ärzte gestellten Diagnosen, da die Ärzte mehr Zeit benötigen als ihnen
von den männlichen Patienten zur Verfügung gestellt wird.
65
In einer aktuelleren im Auftrag vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend 1996 durchgeführten Studie
66
zum Gesundheitsverhalten von Frauen und
Männern wurde herausgefunden, dass der Anteil der alkoholabstinenten Frauen 1,5-fach
so hoch ist wie der Anteil der Männer. Der Vergleich der Einstellung von Frauen und
Männern gegenüber Alkohol unterscheidet sich in gleicher Weise. So kam bei der Be-
fragung heraus, dass Frauen deutlich negativer gegenüber Alkohol eingestellt sind als
Männer.
67
Beim Raucherverhalten gehen die Männer ebenfalls ein höheres Gesundheitsrisiko
durch einen stärkeren Zigarettenkonsum als Frauen ein, allerdings vollzieht sich in die-
sem Bereich eine Trendwende, die eine höhere prozentuale Zunahme des Anteils an
Raucherinnen gegenüber Rauchern beinhaltet. Folgende Tabelle zeigt die 1995 im
Rahmen des Frauengesundheitsberichts erhobenen Daten:
65
vgl. Greve, Benno (1981): S. 2
66
vgl. bmfsfj, ,,Gesundheitsbezogene Lebensweisen", im WWW, [26.07.05], S. 204.
67
vgl. bmfsfj, ,,Gesundheitsbezogene Lebensweisen", im WWW, [26.07.05], S. 206.

28
Tabelle 2: Anteil Raucher/innen
68
Im Jahr 1998 lag der Anteil der weiblichen Raucher zwischen 18 und 25 Jahren bei 44
Prozent, der Anteil der männlichen Raucher bei 48 Prozent.
69
Durchschnittlich stieg der
Anteil der Raucherinnen gegenüber 1995 damit um knapp 10 Prozent, der Anteil der
Männer um nur knapp vier Prozent. Diese Trendwende der zunehmenden weiblichen
Raucher setzt sich bislang deutlich fort.
Das unterschiedliche Gesundheitsverhalten zwischen Männern und Frauen sowie die
von Benno Greve ermittelten Erkenntnisse führen schließlich zu der Annahme, dass
Frauen ein größeres Interesse an Angeboten im Gesundheitsbereich haben, als Männer.
Die Folge hieraus wäre, dass Frauen auch ein größeres Interesse an einem betrieblichen
Gesundheitsmanagement haben, als Männer.
68
Quelle: Mikrozensus 1995, eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes.
69
vgl. Drogen-aufklaerung.de, ,,Kurznotizen zum Thema ,,Tabak" ­ Teil 1" im WWW, [20.09.05].

29
2.5 Einstellung der Deutschen zum Thema Familie
Die Verhältnisse in den Familien sind bei den Deutschen nach wie vor durch ein ,,patri-
archales Geschlechtersystem"
70
bestimmt. Diese Form ist typisch für eher altherge-
brachte Wohlfahrtsstaaten, zu denen auch Japan gehört und dessen Struktur diesbezüg-
lich mit Deutschland vergleichbar ist. Der Mann ist in diesem Bild typischerweise der
Familienernährer und für die finanzielle Versorgung der Familie zuständig. Das politi-
sche System belohnt Frauen die als ,,Fürsorgerin" auftreten durch finanzielle Zuwen-
dungen. Als Beispiel kann hier das Erziehungsgeld angeführt werden oder die Anrech-
nung von Erziehungszeiten. Diese werden zwar auch an den Vater ausbezahlt, wenn
sich dieser um das Kind kümmert und die Mutter stattdessen arbeitet, aber in Deutsch-
land ist es noch überwiegend die Mutter, die sich nach der Geburt für die ersten 12- 24
Monate um das Kind kümmert. Gottfried und O´Reilly sehen in dem Verhalten von den
,,zuständigen öffentlichen Instanzen"
71
einen Grund dafür, warum dieses Modell in
Deutschland noch vorherrschend ist. Demnach wird die ,,traditionelle, männliche Auto-
rität [...] gestützt und aufrechterhalten."
72
Die Stellung der Frau in der Gesellschaft hat
sich jedoch deutlich gewandelt. Diese Änderungen betreffen sowohl den beruflichen
Bereich, als auch den Bereich der Familienstruktur.
Vergleicht man die sich immer mehr annähernde berufliche Chancengleichheit zwi-
schen Mann und Frau heute mit dem Zustand von 1960, so gehören Frauen in guten
beruflichen Positionen, mit einem Verhältnis von 1/3 Frauen und 2/3 Männer, zum ak-
tuellen Gesellschaftsbild. Obwohl diese Verhältnis noch weit entfernt von einer Gleich-
setzung der beruflichen Chancen zwischen Männern und Frauen ist, hat das 1994 auf
Bundesebene erlassene Gleichberechtigungsgesetz seinen Teil dazu beigetragen. Leider
gilt es in den Bundesländern, außer in Berlin und Brandenburg, nur für den öffentlichen
Dienst. In Bereich der Privatwirtschaft bestehen zahlreiche freiwillige Vereinbarungen
mit den Gewerkschaften.
73
Eine Entwicklung zur Gleichberechtigung der Chancen spie-
gelt sich auch in den Geschlechterverhältnissen an den Universitäten wider. Beliebte
Studiengänge, wie Rechts- und Wirtschaftswissenschaften weisen häufig ein paritäti-
sches Geschlechterverhältnis auf.
70
Gottfried, Heidi/O´Reilly, Jacqueline: S. 29 ff.
71
Gottfried, Heidi/O´Reilly, Jacqueline: S. 32 .
72
Gottfried, Heidi/O´Reilly, Jacqueline: S. 32 .

30
Auch die Familienstrukturen haben sich in den letzen 40 Jahren deutlich geändert. Die
Gesellschaft sieht sich einer zunehmenden Pluralität an Lebensgemeinschaften gegen-
übergestellt. Es gibt die Single-Haushalte, die Alleinerziehenden, die in eheähnlicher
Gemeinschaft lebenden, aber nicht verheirateten Paare und die verheirateten Paare. Seit
1990 konnte ein stetiger Zuwachs von Familien mit nur einem Elternteil verzeichnet
werden. Ein Grund hierfür kann in der immer geringer werdenden Heiratsneigung und
den zunehmenden Scheidungszahlen gesehen werden. Etwa 43,6 Prozent der westdeut-
schen Ehen und 37,1 Prozent der ostdeutschen Ehen wurden 2003 geschieden.
74
Vor 45
Jahren waren es nur 12,5 Prozent. Oft finden Partner mit Kindern aus früheren Bezie-
hungen zu einander, die dann so genannte ,,Patchwork-Familien"
75
bilden.
Die aufgeführten Veränderungen machen deutlich, dass dieses Modell nicht mehr in der
Lage ist, den geänderten Bedürfnissen der Frauen gerecht zu werden. Dies führt unwei-
gerlich zu Problemen.
Karriere und Kind sind nur dann möglich, wenn Kinderbetreuungsstätten zur Verfügung
stehen oder weitere Familienmitglieder die Kinderbetreuung während der Arbeitszeit
übernehmen. Die zur Verfügung stehenden Kinderbetreuungsplätze können die Nach-
frage nicht annähernd decken.
73
vgl. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, im WWW, [05.10.05], S. 16.
74
vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland, ,,Statistische Wochenberichte", im WWW, [05.09.2005],
S.8.
75
vgl. Staatsinstitut für Familienforschung, im WWW, [10.08.2005], S. 13ff.

31
Abbildung 6: Anzahl der Kinderbetreuungsplätze je 100 Kinder in Dtl.
Vor allem Mütter mit Kindern unter drei Jahren können ohne Hilfe aus der Familie oder
privat angestellten Tagesmüttern nicht einmal eine Halbtagsbeschäftigung annehmen.
Wie aus der Abbildung 6 ersichtlich wird, können beim gesetzlich garantierten Kinder-
gartenplatz immerhin neun von zehn Kindern ab drei Jahren das Betreuungsangebot in
Anspruch nehmen. Jedoch wird nur knapp einem Drittel dieser Kinder ein Ganztags-
platz angeboten, so dass die beruflichen Möglichkeiten der Mütter nicht über eine Halb-
tagsbeschäftigung hinausgehen. Die Situation ändert sich in den ersten Jahren der
Schulpflicht kaum, da die vor allem in den neuen Bundesländern bekannte Nachmit-
tagsbetreuung der Schulkinder ­ der Hort -, bezogen auf Gesamtdeutschland, nur neun
Prozent der Kinder nutzen können.
76
Die Auswirkungen des patriarchalischen Geschlechtersystems auf eine mittlerweile ver-
änderte Bedürfnisstruktur der Industrieländer beeinflusst vor allem die Geburtenrate.
Diese kann anhand zweier typischer Vertreter aufgezeigt werden. Die Geburtenrate in
Deutschland und Japan ist vergleichbar niedrig, sie lag 1990 in Japan bei 1,5 und in
Deutschland bei 1,39. Auch die Entwicklung der Kinderquote in diesen beiden Ländern
76
vgl. Statistisches Bundesamt, ,,Statistische Wochenberichte", im WWW, [31.08.2005], S. 24 ff

32
ist ähnlich. In Japan sank sie im Zeitraum 1960 bis 1990 von 2,01 auf 1,5 Kindern
durchschnittlich, in Deutschland sank sie im gleichen Zeitraum von 2,37 auf 1,39.
77
Ein Vergleich mit Schweden und seinem demokratisch modernen System, bei welchem
die gesellschaftlichen Veränderungen und Bedürfnisse berücksichtigt wurden, zeigt eine
deutlich geringere Senkung der Geburtenrate im gleichen Zeitraum, die zudem aktuell
deutlich höher ist als in Deutschland oder Japan.
In Schweden sind typischerweise beide Partner erwerbstätig und erhalten vom Staat
eine finanzielle Unterstützung, wodurch sie eine Betreuung für Kind engagieren können
und somit ein doppeltes Einkommen erzielen können. Diese Vorgehensweise in Schwe-
den rechnet sich für die schwedischen Sozialkassen bestimmt eher, als wenn sie an die
nicht berufstätigen Mütter Arbeitslosengeld und später, wegen nicht erworbener Ren-
tenansprüche, eine Art ,,Sozialhilfe" bezahlen müssten. Die Erwerbstätigkeitsquote von
schwedischen Müttern lag 1990 bei knapp 80 Prozent, die von japanischen und deut-
schen Müttern bei knapp 40 Prozent.
78
Die Erwerbstätigkeit der schwedischen Frauen
lag 1992 bereits bei 89 Prozent, die der deutschen Frauen lag 1992 bei 64 Prozent, je-
weils über alle Qualifikationsebenen hinweg berechnet.
79
Eine Untersuchung aus dem
Jahr 1998 mit Daten von 159 Frauen, die 1993 erhoben wurden, ergab, dass 82 Prozent
der schwedischen Managerinnen in leitenden Positionen Kinder haben, während dies
nur bei 30 Prozent der deutschen Managerinnen der Fall ist. Begründet wurde dies in
dem Diskussionspapier des Wirtschaftszentrums für Sozialforschung Berlin mit den in
Schweden vorzufindenden ,,...[ ] gesellschaftlichen Maßnahmen zur besseren Verein-
barkeit von Beruf und Familie".
80
Neben der deutlich höheren Erwerbstätigkeit von
schwedischen Frauen, weisen die Schweden auch höhere Geburtenraten auf. Die Gebur-
tenrate in Schweden ist zwischen 1960 und 1990 von durchschnittlich 2,17 Kindern nur
auf 2,00 Kinder gesunken.
Der Ländervergleich macht deutlich, dass die niedrige Geburtenrate langfristig auch
über familienfreundliche Politik positiv beeinflusst werden kann. Die Bedingungen
müssen durch den Staat, aber auch durch die davon profitierenden Unternehmungen
77
vgl. Gottfried, Heidi/O´Reilly Jacqueline: S. 52
78
vgl. Gottfried, Heidi/O´Reilly Jacqueline: S. 33
79
vgl. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, im WWW, [05.10.05], S. 16.
80
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, im WWW, [05.10.05], S. 3.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832498078
ISBN (Paperback)
9783838698076
DOI
10.3239/9783832498078
Dateigröße
2.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Augsburg – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2006 (September)
Note
1,3
Schlagworte
arbeitgeberattraktivität motivation mitarbeiter sozialleistung
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