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Die Berichterstattung über die Europäische Union anhand der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vor dem Hintergrund der Entwicklung einer europäischen Identität

Eine Analyse der drei reichweitenstärksten Tageszeitungen Österreichs

©2007 Magisterarbeit 146 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Dieser Diplomarbeit liegt das Interesse zugrunde, welches Bild in den österreichischen Tageszeitungen über die Europäische Union gezeichnet wird. Das Hauptinteresse liegt dabei auf den medialen Konstruktionen der Europäischen Union und welche Stereotypisierungen in den Tageszeitungen Österreichs zu finden sind. Wird die Europäische Union positiv oder negativ dargestellt? Wie wird über die EU-Erweiterung berichtet? Welche Fremd- oder Feindbilder werden dabei generiert? Welche Themen dominieren die Darstellung der EU? Welches Meinungsklima über die EU überwiegt in den österreichischen Medien? Werden europaskeptische oder eher pro-europäische Bilder in den Medien konstruiert?
Obwohl diese Fragen das grundsätzliche Forschungsinteresse widerspiegeln, würde die Beantwortung all dieser Fragen den Rahmen einer Diplomarbeit sprengen. Aus diesem Grund wurde das Erkenntnisinteresse auf einen fassbaren und vor allem machbaren Rahmen, nämlich der EU-Berichterstattung über die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, reduziert.
Für die Wahl dieses Forschungsschwerpunktes sprachen zwei Gründe: Erstens kommt dieser Thematik in Anbetracht des im Dezember 2006 auslaufenden Ultimatums mit der Türkei ein hoher Grad an Brisanz und Aktualität zu, was gemäß der Nachrichtenwerttheorie zur Folge hat, dass über dieses Spannungsfeld verstärkt in den Tageszeitungen Bericht erstattet werden wird. Zweitens stellt der mögliche EU-Beitritt der Türkei einen historischen Wendepunkt in der Geschichte der Europäischen Union dar.
Die Türkei wäre der erste Mitgliedsstaat in der EU, dessen Wertegemeinschaft auf der muslimischen Religion beruht und nicht dem Christentum angehört. Dass die Aufnahme der Türkei nicht nur die EU vor eine außergewöhnliche Herausforderung stellt, sondern auch ein großes gesellschaftliches Konfliktpotential in sich birgt, geben bereits die im Jahr 2006 durchgeführten Eurobarometerstudien zu erkennen. Der Großteil der ohnehin schon europaskeptischen BürgerInnen Österreichs lehnt aufgrund der Angst vor dem Fremden, sprachlicher sowie kultureller Barrieren, den EU-Beitritt der Türkei vehement ab.
Problemstellung:
Drei konkrete Forschungsfelder gilt es in dieser Arbeit zu beantworten, um einen Bogen über die Inhalte der EU-Berichterstattung in den österreichischen Tageszeitungen zu spannen.
In einer ersten Ebene wird der Frage nachgegangen, über welche Themen in den österreichischen Tageszeitungen berichtet wird, wenn die EU […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Stefanie Kukla
Die Berichterstattung über die Europäische Union anhand der Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei vor dem Hintergrund der Entwicklung einer europäischen Identität
Eine Analyse der drei reichweitenstärksten Tageszeitungen Österreichs
ISBN: 978-3-8366-0249-5
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Salzburg, Salzburg, Österreich, Magisterarbeit, 2007
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

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A
UTOR
I
NNENPROFIL
PERSÖNLICHE
DATEN
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Mag. Stefanie Kukla
G
EBURTSDATUM
21. 09. 1983 in Amstetten, Niederösterreich
S
TAATSBÜRGERSCHAFT
Österreich
F
AMILIENSTAND
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AUPTWOHNSITZ
Antoniusstrasse 6, 3313 Wallsee
S
TUDIENORT
Wolf Dietrich Straße 37 / 207, 5020 Salzburg
T
ELEFON
0043 ­ 650 490 7 490
E
MAIL
stefanie.kukla@sbg.ac.at
BILDUNGSGANG
WS 2003 WS 2006
Magisterstudium der Kommunikationswissenschaft in Salzburg.
Abschluss: Mag. Phil.
2002 2003
Orientierungsjahr in Amerika und auf Rhodos
1998 2002
Bundesoberstufenrealgymnasium in Perg in Oberösterreich mit Schwerpunkt
bildnerisches Gestalten und Werkerziehung mit Maturaabschluss.
1994 1998
Unterstufe im Realgymnasium Amstetten in Niederösterreich mit
Informatikschwerpunkt.
1990 1994
Volksschule in Wallsee, Niederösterreich.

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ARBEITSERFAHRUNG
F
EBRUAR
2006
­
J
ÄNNER
2007
Assistentin am Institut der Regionen Europas (IRE)
Arbeitsfeld: organisatorische Vorbereitung und Durchführung
von Veranstaltungen im In, uns Ausland, Betreuung der IRE
Datenbanken, Öffentlichkeitsarbeit, Betreuung der Mitglieder
und der Schriftenreihe des IRE.
S
EPTEMBER
2005 D
EZEMBER
2005
Dreimonatiges Praktikum am Institut der Regionen Europas.
S
EPTEMBER
2003
S
EPTEMBER
2005
Studentenjob bei einem Salzburger Cateringunternehmen.
M
AI
2002
A
UGUST
2002
Aufenthalt in Rhodos. Bei Magic Life für die Betreuung der
französisch sprechenden
Gäste verantwortlich.
S
EPTEMBER
2002
D
EZEMBER
2002
Aufenthalt in Atlanta / Georgia in Amerika als Au Pair.
S
OMMER
2001
Praktikum in Service und Küche im Hotel Blausee in der Schweiz.
S
OMMER
2000
Einmonatiges Ferialpraktikum im Hotel Bachmair in Deutschland im Service.
S
OMMER
1999
Vierwöchiges Praktikum in der Firma ,,Aussenwerbung & Ankünder" in Wien.
SPRACHKENNTNISSE
D
EUTSCH
Muttersprache
E
NGLISCH
Fließend in Wort und Schrift. Während des dreimonatigen Aufenthaltes in Amerika
wöchentliches Sprach und Vokabeltraining mit einem Native Speaker.
F
RANZÖSISCH
Fließend
in Wort und Schrift. Mündlicher Maturaabschluss in Französisch.
P
OLNISCH
Grundkenntnisse in Wort und Schrift. Wintersemester 2003 bis Sommersemester
2005 wöchentlicher Unterricht in Polnisch. (Mit Wintersemester 2007
Wiederaufnahme von PolnischStunden in Wien)
Im August 2004 dreiwöchiges Tandem Sommerkolleg in Cieszyn.
Im März 2005 zweiwöchiger Sprachkurs in Krakau.

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7
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SONSTIGES
K
ONFERENZERFAHRUNG
Mithilfe bei der Organisation und der Durchführung des Gymnich Treffen, des
Café d´Europe, der Konferenz Europäischer Regionen (KER) des Instituts der
Regionen Europas (IRE) und diverse Fachkonferenzen.
C
OMPUTER
Power Point, Excel, Word, Adobe Photoshop 7.0
P
UBLIKATION
"Die Regionen Polens" verfasst im September 2005. Herausgegeben von Dr.
Franz Schausberger
S
ONSTIGE
I
NTERESSEN
Tanzleistungsabzeichen für lateinamerikanische Tänze (Bronze, Silber, Gold
und Gold Star)
Reisen(Thailand; Aufenthalte in Amerika, Rhodos und Polen waren mit
Städtereisen verbunden.)
Fotografie, Tennis, Skifahren, Squash.

I
NHALTSVERZEICHNIS
1.
V
ORWORT
... 1
2.
E
INLEITENDE
W
ORTE ZUM
A
UFBAU DIESER
A
RBEIT
... 3
3.
E
UROPEAN
P
UBLIC
S
PHERE
­
DIE
K
ONVERGENZ NATIONALER
Ö
FFENTLICHKEITEN
... 4
3.1.
E
INFÜHRUNG IN DEN
D
ISKURS DER EUROPÄISCHEN
Ö
FFENTLICHKEIT
(
EN
) ... 4
3.2.
D
AS
S
PANNUNGSFELD DER
E
UROPÄISCHEN
Ö
FFENTLICHKEIT
... 5
3.3.
A
KTUELLER
F
ORSCHUNGSSTAND
... 7
3.4.
Z
USAMMENFASSUNG DER
D
ISKUSSION
... 11
4.
D
ER
P
ROZESS DER
I
DENTITÄTSBILDUNG UND DEREN
E
INGLIEDERUNG IN DIE
EU ... 12
4.1.
D
IE
K
ONSTRUKTION VON
S
TEREOTYPEN UND
V
ORURTEILEN
... 12
4.2.
D
IE ERSTE
E
BENE VON
I
DENTITÄT
:
I
NDIVIDUELLE
I
DENTITÄT
... 13
4.2.1.
D
IE
N
OTWENDIGKEIT VON
W
ERTEN UND
N
ORMEN
... 14
4.3.
N
ATIONALE
I
DENTITÄT ALS KOLLEKTIVE
I
DENTITÄT
... 15
4.4.
E
UROPÄISCHE
I
DENTITÄT ALS
K
ONGLOMERAT MULTIPLER
I
DENTITÄTEN
? ... 16
4.4.1.
D
IE PROEUROPÄISCHE
I
DENTITÄT DER
E
UROPÄER
I
NNEN
... 18
4.4.2
D
IE EUROPASKEPTISCHE
I
DENTITÄT DER
E
UROPÄER
I
NNEN
... 21
4.4.2.1.
D
IE
M
EINUNGEN DER
Ö
STERREICHER
I
NNEN ZUR
EU
UND DER
T
ÜRKEI
... 22
4.5.
F
AZIT ZUR
I
DENTITÄTS
-D
EBATTE
... 26
5.
D
ER
I
NTEGRATIONS
-
UND
E
RWEITERUNGSPROZESS DER
E
UROPÄISCHEN
U
NION
... 27
5.1.
D
IE
M
EILENSTEINE DER
G
ESCHICHTE DER
E
UROPÄISCHEN
U
NION
... 27
5.2.
D
IE
T
ÜRKEI IN DER
E
UROPÄISCHEN
U
NION
... 30
5.2.1.
F
UNKTION UND
I
NHALTE DER
B
EITRITTSBESTIMMUNGEN
... 30
5.2.1.1.
D
ER
Z
YPERN
-K
ONFLIKT
... 31
5.2.2.
D
ER
S
TELLENWERT DER
R
ELIGIONEN IN DER
EU ... 33
5.3.
A
BSCHLIESSENDE
B
EMERKUNGEN ZUR
EU ... 34

6.
D
ER
R
ADIKALE
K
ONSTRUKTIVISMUS
,
M
EDIEN UND
I
DENTITÄT
... 36
6.1.
D
ER
R
ADIKALE
K
ONSTRUKTIVISMUS
A
LLGEMEIN
... 36
6.2.
D
ER
R
ADIKALE
K
ONSTRUKTIVISMUS UND DIE
R
OLLE DES
I
NDIVIDUUMS
... 37
6.3.
M
ASSENMEDIEN ALS
S
YSTEM IM
R
ADIKALEN
K
ONSTRUKTIVISMUS
... 39
6.4.
D
IE
R
OLLE DER
M
EDIEN ALS
(M
IT
)K
ONSTRUKTEURE VON
I
DENTITÄT
... 41
6.5.
F
AZIT ZUR
K
ONSTRUKTIVISMUS
-D
EBATTE
... 44
7.
E
MPIRISCHER
T
EIL
... 45
7.1.
D
ER
E
NTDECKUNGSZUSAMMENHANG
... 45
7.2.
D
ETAILLIERTE
F
ORSCHUNGSFRAGEN
... 47
7.3.
D
IE
M
ETHODEN DER
I
NHALTSANALYSE
... 49
7.3.1.
D
IE
E
LEMENTE DER
I
NHALTSANALYSE
... 52
7.3.1.1.
G
RUNDGESAMTHEIT UND
S
TICHPROBE
... 52
7.3.1.2.
A
NALYSEEINHEIT
... 53
7.3.1.3.
O
PERATIONALISIERUNG
... 53
7.4.
D
ER
B
EGRÜNDUNGSZUSAMMENHANG
... 55
7.4.1.
D
IE
W
AHL DER
M
ETHODE
... 55
7.4.2.
D
IE
W
AHL DER
S
TICHPROBE
... 56
7.4.2.1.
D
IE
W
AHL DES
M
EDIUMS
... 57
7.4.2.2.
D
IE
W
AHL DES
Z
EITRAUMES
... 58
7.4.3.
D
IE
W
AHL DER
A
NALYSEEINHEIT
... 59
7.4.4.
D
IE
E
RSTELLUNG DES
K
ATEGORIENSYSTEMS
... 59
7.4.4.1.
D
ER
P
RETEST
... 62
7.4.5.
D
IE
D
EFINITIONEN DER
T
HEMEN
... 62
8.
E
RGEBNISSE
... 67
8.1.
E
RGEBNISSE DER
EU-B
ERICHTERSTATTUNG
A
LLGEMEIN
... 68
8.1.1.
Z
USAMMENFASSUNG DER
E
RGEBNISSE
T
EIL
I ... 83
8.2.
E
RGEBNISSE DER
T
ÜRKEI
-
SPEZIFISCHEN
EU-B
ERICHTERSTATTUNG
... 84
8.2.1.
Z
USAMMENFASSUNG DER
E
RGEBNISSE
T
EIL
II ... 102
8.3.
E
RGEBNISSE DER
R
EZIPIENT
I
NNENORIENTIERTEN
F
RAGESTELLUNG
... 104

9.
D
ISKUSSION UND
A
USBLICK
... 108
10.
A
BSTRACT
... 113
11.
L
ITERATURVERZEICHNIS
... 114
12.
L
EGENDE
... 121

A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
A
BBILDUNG
1:
W
ELCHE ZWEI DER FOLGENDEN WÜRDE
I
HR
G
EFÜHL STÄRKEN
,
EIN EUROPÄISCHER
B
ÜRGER ZU
SEIN
? ... 19
A
BBILDUNG
2:
W
ELCHE DREI
W
ERTE AUF DER FOLGENDEN
L
ISTE VERKÖRPERN AM BESTEN DIE
E
UROPÄISCHE
U
NION
? ... 20
A
BBILDUNG
3:
E
RWÄGUNGEN ZU EINEM MÖGLICHEN
EU-B
EITRITT DER
T
ÜRKEI
... 24
A
BBILDUNG
4:
W
AS SIND
I
HRER
M
EINUNG NACH DIE
H
AUPTHERAUSFORDERUNGEN
,
DIE DEN
W
ESTBALKANSTAATEN UND DER
T
ÜRKEI AUF DEM
W
EG ZUR
E
UROPÄISCHEN
U
NION GEGENÜBERSTEHEN
?
... 25
A
BBILDUNG
5:
W
IE SICH DIE
Ö
STERREICHER
I
NNEN ÜBER DIE
EU
INFORMIEREN
. ... 45
A
BBILDUNG
6:
W
ENN
S
IE ÜBER DIE
E
RWEITERUNG DER
E
UROPÄISCHEN
U
NION NACHDENKEN
,
ÜBER WELCHE
DER FOLGENDEN
T
HEMEN WÄREN
S
IE GERNE BESSER INFORMIERT
? ... 46
A
BBILDUNG
7:
H
ÄUFIGKEIT DER
EU-B
ERICHTERSTATTUNG
... 68
A
BBILDUNG
8:
L
ÄNGENVERTEILUNG DER
EU-B
ERICHTERSTATTUNG
... 68
A
BBILDUNG
9:
V
ERTEILUNG DER
W
ERTUNGEN DER
EU-B
ERICHTERSTATTUNG
... 69
A
BBILDUNG
10:
V
ERTEILUNG DER
T
EXTGATTUNGEN IN DEN
Z
EITUNGEN
... 70
A
BBILDUNG
11:
V
ERTEILUNG DER
W
ERTUNGEN IN DEN
T
EXTGATTUNGEN
... 71
A
BBILDUNG
12:
A
NZAHL DER
EU-
RELEVANTEN
A
RTIKEL PRO
T
AG
... 76
A
BBILDUNG
13:
V
ERTEILUNG DER
R
ESSORTS GEMESSEN AN DER
G
ESAMTBERICHTERSTATTUNG
... 77
A
BBILDUNG
14:
V
ERTEILUNG DER
W
ERTUNGEN IN DEN
R
ESSORTS
... 78
A
BBILDUNG
15:
T
HEMENSTREUUNG DER
EU-B
ERICHTERSTATTUNG
... 79
A
BBILDUNG
16:
V
ERTEILUNG DER
W
ERTUNGEN IN DEN EINZELNEN
T
HEMEN
... 80
A
BBILDUNG
17:
A
NTEIL DER
T
ÜRKEIBERICHTERSTATTUNG IN ALLEN
Z
EITUNGEN
... 84
A
BBILDUNG
18:
A
NTEIL DER
T
ÜRKEI
-B
ERICHTERSTATTUNG IN DEN
Z
EITUNGEN
... 84
A
BBILDUNG
19:
A
NTEIL DER
T
ÜRKEI
-B
ERICHTERSTATTUNG GEMESSEN AN DER
A
RTIKELZAHL DER EINZELNEN
T
AGESZEITUNGEN
... 85
A
BBILDUNG
20:
A
RTIKELLÄNGE DER ALLGEMEINEN UND DER
T
ÜRKEI
-
SPEZIFISCHEN
EU-B
ERICHTERSTATTUNG
... 85
A
BBILDUNG
21:
V
ERTEILUNG DER
W
ERTUNG IN ALLEN
T
ÜRKEI
-A
RTIKELN
... 86
A
BBILDUNG
22:
T
ÜRKEI
-B
ERICHTERSTATTUNG NACH
T
EXTGATTUNGEN
... 87

A
BBILDUNG
23
UND
24:
V
ERTEILUNG DER
W
ERTUNGEN IN DEN
T
EXTGATTUNGEN
... 87
A
BBILDUNG
25:
A
NZAHL DER
T
ÜRKEI
-A
RTIKEL PRO
T
AG
... 94
A
BBILDUNG
26:
V
ERTEILUNG DER
R
ESSORTS DER
T
ÜRKEI
-B
ERICHTERSTATTUNG
... 96
A
BBILDUNG
27:
V
ERTEILUNG DER
W
ERTUNGEN IN DEN
R
ESSORTS
... 96
A
BBILDUNG
28
UND
29:
T
HEMENSTREUUNG UND WERTUNGEN DER
T
ÜRKEI
-B
ERICHTERSTATTUNG
... 99
A
BBILDUNG
30:
W
ERTUNGEN DER
T
ÜRKEI
-B
ERICHTERSTATTUNG
... 100

D
IE
EU-B
ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
H
INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
I
DENTITÄT
1
1.
V
ORWORT
Dieser Diplomarbeit liegt das Interesse zugrunde, welches Bild in den österreichischen
Tageszeitungen über die Europäische Union gezeichnet wird. Das Hauptinteresse liegt dabei auf den
medialen Konstruktionen der Europäischen Union und welche Stereotypisierungen in den
Tageszeitungen Österreichs zu finden sind.
Wird die Europäische Union positiv oder negativ dargestellt? Wie wird über die EU-Erweiterung
berichtet? Welche Fremd- oder Feindbilder werden dabei generiert? Welche Themen dominieren die
Darstellung der EU? Welches Meinungsklima über die EU überwiegt in den österreichischen Medien?
Werden europaskeptische oder eher pro-europäische Bilder in den Medien konstruiert?
Obwohl diese Fragen das grundsätzliche Forschungsinteresse widerspiegeln, würde die
Beantwortung all dieser Fragen den Rahmen einer Diplomarbeit sprengen. Aus diesem Grund wurde
das Erkenntnisinteresse auf einen fassbaren und vor allem machbaren Rahmen, nämlich der EU-
Berichterstattung über die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, reduziert. Für die Wahl dieses
Forschungsschwerpunktes sprachen zwei Gründe: Erstens kommt dieser Thematik in Anbetracht des
im Dezember 2006 auslaufenden Ultimatums mit der Türkei ein hoher Grad an Brisanz und Aktualität
zu, was gemäß der Nachrichtenwerttheorie zur Folge hat, dass über dieses Spannungsfeld verstärkt
in den Tageszeitungen Bericht erstattet werden wird.
Zweitens stellt der mögliche EU-Beitritt der Türkei einen historischen Wendepunkt in der Geschichte
der Europäischen Union dar. Die Türkei wäre der erste Mitgliedsstaat in der EU, dessen
Wertegemeinschaft auf der muslimischen Religion beruht und nicht dem Christentum angehört. Dass
die Aufnahme der Türkei nicht nur die EU vor eine außergewöhnliche Herausforderung stellt, sondern
auch ein großes gesellschaftliches Konfliktpotential in sich birgt, geben bereits die im Jahr 2006
durchgeführten Eurobarometerstudien zu erkennen. Der Großteil der ohnehin schon
europaskeptischen BürgerInnen Österreichs lehnt aufgrund der Angst vor dem Fremden, sprachlicher
sowie kultureller Barrieren, den EU-Beitritt der Türkei vehement ab. (vgl. EK 2006b: 6; vgl. EK 2006a:
47)

D
IE
EU-B
ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
H
INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
I
DENTITÄT
2
Drei konkrete Forschungsfelder gilt es in dieser Arbeit zu beantworten, um einen Bogen über die
Inhalte der EU-Berichterstattung in den österreichischen Tageszeitungen zu spannen. In einer ersten
Ebene wird der Frage nachgegangen, über welche Themen in den österreichischen Tageszeitungen
berichtet wird, wenn die EU thematisiert wird, was anschließend die Frage aufwirft, welche Wertungen
die EU-Berichterstattung der Tageszeitungen beinhalten. Zuletzt wird der Frage nachgegangen, ob
die EU-Berichterstattung den Gratifikationsbedürfnissen der RezipientInnen entspricht, d. h. ob die
Inhalte der EU-relevanten Artikel den Vorstellungen der EuropäerInnen entsprechen.
Um eine aussagekräftige Antwort auf diese forschungsleitenden Fragestellungen zu gewähren, fiel die
Wahl der zu untersuchenden Medien auf die reichweitenstärksten Tageszeitungen Österreichs, also
der Kronen Zeitung, der Kleinen Zeitung und dem Kurier, da diese Printmedien einen Aufschluss über
die vorherrschende Meinung der österreichischen Gesellschaft zulassen. Und gerade durch die
geographische Weitläufigkeit der EU und der Fülle an täglichen Informationsflüssen in der EU sind die
RezipientInnen auf die komplexitätsreduzierende EU-Berichterstattung durch die Massenmedien
angewiesen.

D
IE
EU-B
ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
H
INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
I
DENTITÄT
3
2.
E
INLEITENDE
W
ORTE ZUM
A
UFBAU DIESER
A
RBEIT
Um sich der EU-Berichterstattung in den österreichischen Tageszeitungen anzunähern, bedarf es
vorerst einer differenzierten Klärung des Begriffes der European Public Sphere. Im deutschsprachigen
Raum auch unter dem Begriff der Europäischen Öffentlichkeit(en) bekannt, handelt es sich um ein
Forschungsfeld, das sich mit den EU-Berichterstattung(en) in den europäischen Medien beschäftigt.
Nach einer Präsentation der aktuellen Forschungsergebnisse über die Konsistenz der europäischen
Öffentlichkeiten folgt der zweite Teil der theoretischen Heranführung an das Thema der Diplomarbeit.
Hier wird der Frage nach dem Bildungsprozess von Identität nachgegangen, wobei speziell die
Konstruktion von nationaler Identität als Form der kollektiven Identität und in weiterer Folge die
Beschaffenheit einer europäischen Identität geklärt wird.
Der dritte Teil dieser Arbeit beinhaltet einen einführenden Abriss über die geschichtlichen
Entwicklungen der Europäischen Union und im Anschluss eine genaue Abhandlung der Rolle der
Türkei in der EU unter dem speziellen Fokus des Verhandlungsprozesses über einen EU-Beitritt der
Türkei.
Der letzte Theorieteil beschäftigt sich mit der Rolle der Massenmedien als Konstrukteure von
Wirklichkeit(en) und (Mit)Konstrukteure von Identität anhand des epistemologischen Ansatzes des
Radikalen Konstruktivismus.
Im empirischen Teil werden, nach einem Überblick über die Methode der Inhaltsanalyse, die
detaillierten Forschungsfragen, die Stichprobe, die Operationalisierung und das Kategoriensystem
offen gelegt.
Dem Hauptteil dieser Arbeit, also der Präsentation der Untersuchungsergebnisse, wurden drei Kapitel
subsumiert, die die Ergebnisse der (1) allgemeinen EU-Berichterstattung, (2) der Türkei-spezifischen
Berichterstattung und (3) der rezipientInnenorientierten Fragestellung darstellen.
Der Abschluss der Arbeit stellt das Kapitel ,,Diskussion und Ausblick" dar, in dem die persönliche
Ergebnisinterpretation, Gedanken zu weiterführenden Untersuchungen und etwaige
Untersuchungsänderungen offen gelegt werden.

D
IE
EU-B
ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
H
INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
I
DENTITÄT
4
3.
E
UROPEAN
P
UBLIC
S
PHERE
­
DIE
K
ONVERGENZ NATIONALER
Ö
FFENTLICHKEITEN
Da die Diplomarbeit die Darstellung der Europäischen Union in ausgewählten Printmedien Österreichs
untersucht, wird im einführenden Kapitel ein Überblick über das Forschungsfeld der EU-
Berichterstattung in den europäischen Medien gegeben. Der Fokus liegt speziell auf den bisher
durchgeführten wissenschaftlichen Studien und deren Beitrag zur Analyse der europäischen
Medienöffentlichkeiten. Neben länderspezifischen Erhebungen sind die unterschiedlichen
Darstellungsformen der Massenmedien in Vergleichsstudien durchgeführt worden. Die Diskussion
über die Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit, also einer einheitlichen EU-
Medienberichterstattung auf europäischer Ebene, auch European Public Sphere genannt, kann
bereits auf eine intensive und entwicklungsreiche Tradition zurückblicken.
Vorerst wird der Begriff Öffentlichkeit erörtert, um dann in weiterer Folge das wissenschaftliche
Spannungsfeld der europäischen Europaberichterstattung zu erschließen.
3.1.
E
INFÜHRUNG IN DEN
D
ISKURS DER EUROPÄISCHEN
Ö
FFENTLICHKEIT
(
EN
)
Öffentlichkeit im kommunikationswissenschaftlichen Sinn entsteht dann, wenn private Kommunikation
in einen für ein Publikum zugänglichen Rahmen konvertiert (wird).
Europäische Öffentlichkeit, oder auch European Public Sphere, meint folglich eine anschlussfähige
Kommunikation über EU-bezogene Themen, die in den europäischen Nationen ihren BürgerInnen in
gleichem Maße, gleicher Form, zur gleichen Zeit und mit einem ähnlichen Betroffenheitsgrad
Informationen zur Verfügung stellen. (vgl. Tobler 2006: 107) Als Indikatoren für die Existenz einer
europäischen Öffentlichkeit dienen also die Synchronizität sowie die Symmetrie der EU-Themen in
den nationalen (Teil)Öffentlichkeiten. Nationale Öffentlichkeiten werden auch deswegen
Teilöffentlichkeiten genannt, weil erst durch die Konvergenz der nationalen Kommunikationsarenen
eine European Public Sphere entstehen kann. (vgl. Trenz 2005: 49; vgl. Trenz 2002: 25) So divers die
nationalen Öffentlichkeiten sind, so vielfältig sind auch die Foren, in denen Informationen aufbereitet
und kommuniziert werden. Neben den Massenmedien sind es Aktionsgemeinschaften, Verbände,
ideologische Gruppierungen, aber auch einzelne Akteure, die facettenreiche Kommunikationsräume

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schaffen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass in der folgenden Ausführung lediglich die
Schaffung von Öffentlichkeiten durch Massenmedien fokussiert wird.
Massenmedien erzeugen Öffentlichkeit, indem sie komplexe Sachverhalte für ein disperses Publikum
strukturieren und reduzieren. Abhängig von der Beschaffenheit einer Gesellschaft formiert sich
Öffentlichkeit recht unterschiedlich. (vgl. Trenz 2002: 19) Die kulturelle, historische, wirtschaftliche
sowie politische Gewachsenheit einer Nation bringt unterschiedliche nationale Öffentlichkeiten hervor.
Geprägt durch die Betroffenheit, die ein EU-Ereignis auf eine Nation hat, sind vor allem an der Form
der Berichterstattung, der Bedeutung, die einem EU-Ereignis beigemessen wird, oder aber auch
anhand der Darstellungs- und Interpretationsformen nationale Differenzen zu erkennen.
Dementsprechend divergieren die Intensität und die Regelmäßigkeit, in der über ein spezifisches
Thema in einer Nation Bericht erstattet wird.
Die Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit sollte genau diese nationalen Bedeutungs- und
Interpretationsstrukturen überwinden, um in weiterer Folge eine Synchronizität und Symmetrie in den
nationalen Berichterstattungsweisen herzustellen.
Je homogener die Themenstrukturierungen und Bedeutungszuweisungen der einzelnen Nationen
ausfallen würden, desto eher würde von einer gleichförmigen Wahrnehmung der europäischen
Einzelöffentlichkeiten gesprochen werden können. Und vor allem im Zuge des europäischen
Einigungsprozesses kommt den nationalen Öffentlichkeiten eine bedeutende Integrationsfunktion zu,
da erst durch eine dauerhafte Verfügbarkeit massenmedialer Informationsvermittlung und der dadurch
quasi internalisierten Wechselwirkung zwischen RezipientInnen und Medien von der Existenz einer
europäischen Öffentlichkeit gesprochen werden kann. (vgl. Trenz 2005: 48)
3.2.
D
AS
S
PANNUNGSFELD DER
E
UROPÄISCHEN
Ö
FFENTLICHKEIT
Die Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit ist für eine erfolgreiche und stabile Weiterentwicklung
der Europäischen Union von großer Bedeutung. Wie bereits erwähnt, gewährleisten Öffentlichkeiten
grundsätzlich eine thematisch strukturierte Aufbereitung diverser Sachverhalte für die RezipientInnen,
wobei sie in erster Linie die Funktion haben, die Komplexität der Themen auf einen alltagstauglichen
Umfang zu reduzieren. Speziell aufgrund der täglichen Informationsfülle europäischer Vorgänge,
sowie der Unmöglichkeit direkter Partizipation, wie beispielsweise bei Verhandlungen der
Europäischen Kommission, sind Massenmedien der einzige Kommunikator, auf dessen

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Strukturierungen und Interpretationen die europäischen BürgerInnen angewiesen sind. (vgl. Trenz
2002: 25; vgl. Klaus 2006: 96) Da Massenmedien nicht nur die Möglichkeit haben, das Meinungsklima
in und über die EU mitzugestalten, sondern darüber hinaus auch unmittelbareren Einfluss auf einen
Diskussionsverlauf nehmen können als die Hauptakteure selbst, kommt ihnen als Sprachrohr der
europäischen Organe
1
und Vermittler wichtiger Entscheidungen und Veränderungen in der EU ein
hohes Maß an Autorität zu.
Die europäische Öffentlichkeit ist Resultat eines Aushandlungsprozesses zwischen den nationalen
Interessen. Das dadurch entstehende transnationale Interpretations- und Wertenetz der EU steigert
nicht nur die Akzeptanz der EU unter den BürgerInnen, sondern kann darüber hinaus auch die
Tätigkeiten und zukünftigen Vorhaben der EU legitimieren. Auch das Aufzeigen der
Partizipationsmöglichkeiten für die BürgerInnen kann die Transparenz der Europäischen Union
erhöhen, was wiederum zur Folge hat, dass die BürgerInnen ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zur
EU entwickeln. (vgl. Trenz 2002: 20)
Obwohl die Errichtung einer European Public Sphere für einen erfolgreichen Verlauf des europäischen
Integrationsprozesses als notwendig erachtet wird, entwickelte sich seit Anbeginn ein gegenläufiger
Diskurs rund um die Sinnhaftigkeit und Durchsetzbarkeit einer europäischen Öffentlichkeit. Kritiker,
wie beispielsweise Risse, Lübbe, Grimm, Kielmansegg und Scharpf, meinen, dass aufgrund
sprachlicher sowie kultureller Barrieren die Konvergenz der nationalen Öffentlichkeiten unverträglich
sei und der Natur der nationalen Öffentlichkeiten zu wider laufe. (vgl. Tobler 2006: 107) Der Verlust
der nationalen Eigenheiten zu Gunsten einer European Public Sphere wird häufig kritisiert,
wohingegen die Befürworter die Eigenheiten der nationalen Berichterstattung nicht gefährdet sehen.
1
Die EU verfügt über 5 Organe. Diese sind das Europäische Parlament, die Europäische Kommission, der
Europäische Gerichtshof, der Europäische Rat und das Europaparlament.

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7
3.3.
A
KTUELLER
F
ORSCHUNGSSTAND
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der European Public Sphere begann mit Anfang der 90er
Jahre, wobei der Forschungsschwerpunkt auf der theoretischen Analyse des Öffentlichkeitskonzeptes
und später auf der Medieninhaltsanalyse der nationalen Berichterstattungsformen lag. ( vgl.
Latzer/Saurwein2006: 20) Wie sich der Forschungsprozess diesbezüglich bis heute weiterentwickelt
hat und welche Resultate daraus hervorgingen wird anhand folgender Studien rekonstruiert.
Bereits im Jahr 1983 wurde von Siune eine Untersuchung durchgeführt, in der die Darstellung EU-
bezogener Themen in den Medien erhoben wurde. Siune kam zum Ergebnis, dass die in den Medien
enthaltenen Fernsehnachrichten überwiegend neutrale Inhalte aufwiesen. Die 1994 durchgeführte
Folgestudie brachte indes ein verändertes Bild zum Vorschein, da zwar der Großteil der evaluierten
Inhalte den europäischen BürgerInnen weiterhin neutrale Information bot, jedoch eine Zunahme an
negativen Wertungen in den Artikeln zu verzeichnen war. (vgl. Peter 2004: 146 ff)
Jochen Peter untersuchte die alltägliche Fernsehberichterstattung über die Europäische Union in den
Medien Dänemarks, Frankreichs, Deutschlands, den Niederlanden und Englands im Vergleich.
Laut seiner Studie kommen EU-Beiträge in allen Nachrichtenlandschaften nur spärlich vor, werden nur
an schlechten Sendepositionen und in Form von kurzen Berichten platziert. Die Themenschwerpunkte
sind sehr ähnlich und weisen im Fall einer expliziten Bewertung eher eine negative als positive
Tendenz auf. Peter stärkt mit seiner Untersuchung die von Meyer 1999 aufgestellte Vermutung, dass
die Medienberichterstattung in der EU nur defizitär EU-Themen behandelt und damit keinen Beitrag
zur Europäisierung nationaler Öffentlichkeiten beiträgt. (vgl. Peter 2004: 146-161)
Ein fünfköpfiges Forscherteam prüfte im Zeitraum von zwanzig Jahren den Europäisierungsgrad der
nationalen Medienlandschaften in fünf EU-Mitgliedsländern. Auch sie stellten fest, dass vor allem
aufgrund eines negativen Europäisierungstrends nicht von einer Europäisierung der nationalen
Öffentlichkeiten gesprochen werden kann. Sie räumten allerdings ein, dass eine segmentierte
Europäisierung stattfindet, die sich darin äußert, dass zunehmend EU-Institutionen und EU-Politiken
thematisiert werden. Wenn man allerdings bedenkt, dass die Relevanz der EU in den letzten zwanzig
Jahren beträchtlich gewonnen hat, und damit auch die Berichterstattung über die EU gestiegen ist,

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dann relativiert sich dieses Resultat. Auch die ExpertInnen halten fest, dass eine europäische
Öffentlichkeit bisher nicht vorzufinden ist, da die nationsorientierte Medienberichterstattung eindeutig
vorherrscht. (vgl. Brüggemann et. al. 2006: 228f)
Martha Kalantzi untersuchte im Jahr 2004 die inhaltlichen Merkmale der EU-Berichterstattung in zwei
europäischen Tageszeitungen. Die Wissenschafterin eruierte, dass Artikel über die Europäische Union
großteils in der Auslandsberichterstattung der jeweiligen Tageszeitung zu finden sind und eine recht
ähnliche Themenstruktur aufweisen. Die untersuchten Artikel thematisierten zu 47% außenpolitische,
landesspezifische Ereignisse oder die Beschaffenheit internationaler Beziehungen. Die
Informationsübermittlung über andere europäische Länder kommen nur im Zusammenhang mit
bedeutenden Ereignissen vor und stellen demnach lediglich Momentaufnahmen dar. Diese
nationszentrierte Berichterstattung verfolgt zumeist wirtschaftlich und / oder politisch relevante
Themen, die der Durchsetzung nationaler Interessen dient. (vgl. Kalantzi 2004: 185 ff) Die Darstellung
europabezogener Themen ist grundsätzlich nicht negativ, lediglich die Berichterstattung über
Konflikte, Kriminalität und Instabilität weist einen hohen Grad an Negativität auf. Kalantzi bemängelt
das Fehlen nationsübergreifender Interessen, die gesamtpolitisch und sozial Zusammenhänge der EU
kommunizieren könnten.
,,Grundsätzliche Zukunftsfragen und Konsequenzen für Individuen wie für
Staaten werden nicht beziehungsweise nur geringfügig angedeutet."
(Kalantzi 2004: 192)
Tenscher untersuchte den europäischen Integrationsprozess nicht nur von der Medienseite, sondern
stellte diesen in Zusammenhang mit der Bedeutung und der Affinität, die RezipientInnen der
Europäischen Union beimessen. Laut Tenscher wird die Identifikation mit der EU besonders durch den
Grad des Europabewusstseins konturiert. (vgl. Tenscher/Schmidt 2004: 220) Bewusstsein über
europäische Entwicklungen kann jedoch erst dann entstehen, wenn die RezipientInnen diesen
Themen Aufmerksamkeit beimessen werden.
Ähnlich der Ergebnisse einer Erhebung der Europäischen Kommission im Jahr 2006 brachte auch
Tenscher in seiner Studie hervor, dass das Alter und der Bildungsgrad das Interesse und damit auch
die Häufigkeit der Informationssuche über die EU positiv bedingen. Speziell höher Gebildete bis zum
60. Lebensjahr und des männlichen Geschlechtes beschäftigen sich regelmäßig mit europäischen

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Ereignissen, was unter anderem auch zur Folge hat, dass sie den europäischen Integrationsprozess
stärker befürworten. (vgl. Tenscher/Schmidt 2004: 221 und 231)
Im Gegensatz zu den Ergebnissen von Tenscher (vgl. Trenz 2005: 194) brachte die von Trenz
durchgeführte Studie im Jahr 2000, die die Medienberichterstattung über europapolitische Themen in
den Qualitätszeitungen von 6 EU-Mitgliedsstaaten analysierte, Folgendes hervor. Mit Hilfe einer
Nachrichtenstrukturanalyse untersuchte er die Symmetrie und Synchronizität der europapolitischen
Themenstrukturen in den nationalen Medienöffentlichkeiten. Trenz kam zum Ergebnis, dass in allen
untersuchten Zeitungen durchschnittlich 21,3% europäische Themen wiedergegeben werden und von
einem hohen Europäisierungsgrad gesprochen werden kann. Die untersuchten Zeitungen verfügen
über eine hohe Themenstreuung im Sinn einer vielfältigen Berichterstattung, die auch in hoher
Regelmäßigkeit wieder aufgenommen und mit verfolgt wird. So behandelt durchschnittlich jeder dritte
Artikel in den untersuchten Zeitungen ein neues EU-Thema, wobei sehr wohl länder- sowie
zeitungsspezifische Partikularitäten zu verzeichnen sind. (vgl. Trenz 2005: 224 f) Europäische
Themen werden generell in langen Artikeln (über 250 Wörter) behandelt, die neben ausführlichen
Hintergrundinformationen auch Stellungnahmen und Wertungen von zentralen Akteuren enthalten,
wohingegen wirtschaftspolitische Thematiken überwiegend als Detailmeldungen von Agenturen
übernommen werden. Mit folgenden Ergebnissen konnte der Autor weit verbreitete Vorurteile
revidieren: Die europazentrierte Medienaufmerksamkeit einer Zeitung korreliert weder mit der Größe
des Erscheinungslandes noch mit der Auflagen- und Reichweitenstärke dieser Zeitung.
Europanachrichten sind nicht wie oftmals angenommen in den Wirtschaftsrubriken zu finden, sondern
sind im politischen Teil der Zeitung platziert. (vgl. Trenz 2005:205)
Im Zuge der Beschäftigung mit der europäischen Öffentlichkeitsdiskussion entwickelte Klaus ein
,,3 -Ebenen Modell von Öffentlichkeit" (Klaus 2006: 95), das die Entwicklungsdynamiken von sozialen
Bewegungen schematisiert. Klaus differenziert den Aktivierungsprozess von Öffentlichkeiten in drei
Ebenen, nämlich der Ebene einfacher Öffentlichkeiten, mittlerer Öffentlichkeiten und komplexer
Öffentlichkeiten. Mit der Zahl der Kommunikationsforen und dem Grad der Macht- und
Entscheidungsbefugnisse kann eine einfache Öffentlichkeit über eine mittlere zu einer komplexen
Öffentlichkeit konvertieren. Einfache Öffentlichkeiten entstehen durch alltägliche Kommunikation auf

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der Basis spontaner Interaktion. Mittlere oder auch subalterne Öffentlichkeiten weisen bereits einen
gewissen Grad an Organisiertheit und Bezüglichkeit auf. In Form von Versammlungen und einer
arbeitsteiligen Rechte- und Pflichtenverteilung verfügt diese Öffentlichkeit bereits über einen höheren
Grad an Einfluss. Komplexe Öffentlichkeiten, die beispielsweise durch Massenmedien geschaffen
werden, haben eine komplexe Struktur und aufgrund ihrer Konzentriertheit nur mehr eine geringe Zahl
an Kommunikationsforen im Vergleich zu den einfachen Öffentlichkeiten. (vgl. Klaus 2006: 94f)
Latzer und Saurwein kommen zum Schluss, dass von einer breiten europäischen Öffentlichkeit noch
nicht gesprochen werden kann, allerdings Ansätze einer europäischen Öffentlichkeit zu erkennen
sind. Diese formieren sich in Teilöffentlichkeiten im Vorfeld EU-relevanter Entscheidungen und weisen
vor allem bedingt durch die EU-Agenda einen hohen Grad an Synchronizität auf. Auch Konflikt- und
Krisensituationen finden transnationale Medienresonanz und weisen eine hohe Interaktionsdichte auf,
wobei überwiegend auf Akteure aus dem nationalen Umfeld und weniger auf europäische Akteure
Bezug genommen wird. (vgl. Machill et. al. 2006: 149 f) Obwohl also der Betroffenheitsgrad
bestimmter Themen und Ereignisse eine transnationale Medienreaktion hervorruft, kann laut Latzer
und Saurwein noch nicht von einem übergeordneten Blickwinkel gesprochen werden. (vgl.
Latzer/Saurwein2006: 22)
Die Wissenschaftergruppe Machill, Beiler und Fischer unternahmen ebenfalls eine Erhebung der
bisher durchgeführten Studien zu dem Themengebiet der Europaberichterstattung. Sie untersuchten
die Berichterstattung über EU-Themen in verschiedenen Staaten, den Grad der vertikalen
Europäisierung, also der Ähnlichkeit der Berichterstattung über EU-Akteure, sowie die Gleichartigkeit
der Berichterstattung über andere Staaten (horizontale Europäisierung). Die ersten beiden
Forschungsfelder brachten wie bei der Studie von Latzer und Saurwein die selben Ergebnisse hervor.
Bezüglich der horizontalen Europäisierung stellten sie ein Forschungsdefizit fest, wobei der Frage
nach den Darstellungsweisen über andere EU-Staaten in bestimmten Mitgliedsnationen bisher nicht
nachgegangen wurde. (vgl. Machill et. al. 2006: 140 ff)

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11
3.4.
Z
USAMMENFASSUNG DER
D
ISKUSSION
Wie zu erkennen ist, ist das Forschungsfeld der europäischen Öffentlichkeitsdiskussion geprägt von
einer intensiven wissenschaftlichen Auseinandersetzung, die nicht nur anhand facettenreicher
Methoden, sondern auch anhand einer Vielzahl von Forschungsfragen, das Thema einzuschränken
versucht. Ob nun die Rede ist von einer European Public Sphere im Allgemeinen oder der
Europäisierung der nationalen Medienlandschaften oder aber auch von spezifischen
Teilöffentlichkeiten und deren Beitrag zu einer europäischen Öffentlichkeit, letztlich wird versucht, die
Beschaffenheit einer europäischen Öffentlichkeit festzumachen. Und obwohl laut Meinung vieler
Wissenschafter eine European Public Sphere den europäischen Integrationsprozess, die Akzeptanz
und die Unterstützung der EU durch die BürgerInnen Europas zu fördern vermag, ist nach derzeitigem
Forschungsstand von einer allumfassenden European Public Sphere noch nicht zu sprechen.
Wenn es um europäische Themen geht, die politische Relevanz haben und dementsprechend
synchron in der Medienberichterstattung verschiedener Länder zu finden sind, dann kann von einer
segmentierten Europäisierung, also von Ansätzen einer europäischen Öffentlichkeit, gesprochen
werden. Und selbst dann ist eine nationszentrierte Thematisierung vorzufinden, die nicht in einen
transeuropäischen Zusammenhang gestellt wird. Neben diesem Kommunikationsdefizit ist auch noch
anzumerken, dass die Darstellungen EU-bezogener Themen tendenziell negative Wertungen
beinhalten und demzufolge nur schwer einen Ausblick auf die Schaffung eines erfolgreichen Bildes
über die EU zulassen.

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12
4.
D
ER
P
ROZESS DER
I
DENTITÄTSBILDUNG UND DEREN
E
INGLIEDERUNG IN DIE
EU
Die Untersuchung eines Mediums vor dem Hintergrund der Beschaffenheit einer europäischen
Identität setzt eine nähere Auseinandersetzung mit dem sozialen Phänomen der Identität voraus.
Neben einer einführenden Erläuterung der gesellschaftlichen Konstruktionen von Stereotypen und
Vorurteilen, wird auf die Bildung von individuellen Identitäten, die Funktion von Sozialisationsinstanzen
und der Notwendigkeit von Werten und Normen näher eingegangen. Im darauf folgenden Kapitel wird
auf das Entstehen von kollektiver Identität mit speziellem Bezug auf nationale Identität hingewiesen,
um in weiterer Folge auf die Konstruktion einer europäischen Identität zu schließen. Abschließend
wird geklärt, welche Form der europäischen Identität der ÖsterreicherInnen aufweisen.
4.1.
D
IE
K
ONSTRUKTION VON
S
TEREOTYPEN UND
V
ORURTEILEN
Die Wortherkunft des Begriffes Stereotyp kommt aus dem Griechischen und bedeutet ,,dauerhafte
Form". Stereotype sind demnach feste schematische Vorstellungen über komplexe Sachverhalte, die
als Denkschablonen dienen und eine vereinfachte Darstellung der Realität sind. Sie haben
handlungsleitende Funktion und beeinflussen nicht nur die eigene Wahrnehmung und das Verhalten,
sondern auch das anderen gegenüber. (vgl. Nafroth 2002: 16 ff; vgl. Reutterer 1998: 185; vgl. Weiss
2002: 24;) Das Individuum kann sich der stereotypen Wahrnehmung nicht entziehen und
(re)produziert diese durch deren alltägliche Anwendung großteils unbewusst. Stereotypen kommt
auch eine gruppenstabilisierende Wirkung zu, die durch die ausschnitthafte Darstellung der Realität
der Festigung der eigenen Position dienen. (vgl. Zuser 1990: 42)
Ähnlich wie Stereotypen kommt Vorurteilen die Funktion zu, alltägliche Komplexität zu reduzieren und
Handlungssicherheit zu schaffen, wobei Vorurteile mit negativen Zuschreibungen besetzt sind und nur
schwer korrigierbar sind. Das heißt, Ereignisse, die ein Vorurteil bestätigen werden eher in das
bisherige Bild integriert, wohingegen widersprüchliche Erfahrungen abgelehnt werden. (vgl. Nafroth
2002: 28; vgl. Reutterer 1998: 285)
,,Von einem Vorurteil sprechen wir, wenn ein Stereotyp mit stark negativen
Eigenschaften vorliegt" (Reutterer 1998: 285)

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13
Es ist noch anzumerken, dass Vorurteile das eigene Verhalten legitimieren können. Eine
vorurteilsbehaftete Konnotation des Fremden legitimiert nicht nur deren Ablehnung, sondern hat auch
zur Folge, dass das Vorurteil durch den fehlenden Kontakt nicht nur verstärkt wird, sondern auch
revidiert werden kann. Vorurteile dienen folglich als Schutzmechanismen, können aber auch
persönliche Defizite kompensieren, da degradierende Einstellungen gegenüber anderen das eigene
Selbstwertgefühl heben können. (vgl. Nafroth 2002: 25)
4.2.
D
IE ERSTE
E
BENE VON
I
DENTITÄT
:
I
NDIVIDUELLE
I
DENTITÄT
Individuelle Identität basiert auf der Existenz menschlichen Bewusstseins und ermöglicht dem
Individuum grundsätzlich, das eigene Verhalten zu erleben, Handlungsmuster zu reflektieren und zu
lernen. Es entsteht daraus ein Netz an subjektiven Erfahrungszusammenhängen, die individuelle
Identität prägen und handlungsleitende Funktion für das Individuum besitzen. Das Entstehen
Individueller Identität ist jedoch nicht als einseitiger Prozess zu verstehen, der lediglich vom
Individuum selbst ausgeht, sondern als ein durch Wechselwirkung mit der sozialen Umwelt
resultierendes Phänomen zu erfassen. (vgl. Quenzel 2005: 29 und 41; vgl. Reutterer 1998: 277)
Das Individuum internalisiert im Zuge des Sozialisationsprozesses die Werte und Normen seiner
Umwelt, die es in weiterer Folge anhand spezifischer Rollen- und Verhaltensweisen übernimmt.
Dieser Sozialisationsprozess wird, abhängig von Lebensalter und Lebensumständen, von
sogenannten Primär- oder Sekundärinstanzen übernommen. Die familiäre Erziehung, zumeist durch
soziale und emotionale Nähe geprägt, dient als erste Sozialisationsinstanz, die dann im Kindergarten,
in der Schule, im Beruf aber auch durch Massenmedien und Freunde vollzogen wird. (vgl. Pürer o. A.:
9; vgl. Reutterer 1998: 281) Durch die Übermittlung von gesellschaftlichen Wert- und
Normvorstellungen dienen Sozialisationsinstanzen als Indikatoren für die Einstellungen und das
Verhalten des Individuums, was auch zur Folge hat, dass sie dem Individuum Sicherheit und
Orientierung in den alltäglichen Handlungen bieten.
Individuelle Identität ist also kein starres Konstrukt subjektiver und gesellschaftlicher Einflüsse,
sondern adaptiert sich an die Anforderungen der einzelnen Lebensumfelder. So vereint das
Individuum unterschiedliche Rollen, wie beispielsweise die eines Kindes, Elternteils, Freundes,
Arbeitgebers oder eines Vorgesetzten, in so genannten multiplen Identitäten, die abhängig vom

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sozialen Umfeld aber auch vom Lebensalter zu tragen kommen. Folgendes Zitat beschreibt den
dynamischen Prozess, durch den individuelle Identität entsteht.
,,Identität ist Resultat vergangener Identifizierungsprozesse[...] und
akzentuiert sich in einem fortlaufenden Konflikt - und
Differenzierungsprozess zwischen sozialer Erwartung und persönlicher
Einzigartigkeit immer wieder neu" (Loth 2002: 4)
Auf der Basis gesellschaftlich ausgehandelter Wissens- und Sinnvorräte funktioniert nicht nur das
Individuum, sondern auch die Interaktion zwischen Individuen. Das Wissen über normative
Handlungsabläufe ermöglicht, wie bereits erwähnt, nicht nur dem Individuum sichere Interaktion,
sondern gewährleistet auch, dass Erwartungen an das Verhalten anderer gestellt werden kann. (vgl.
Bayer/Bonus 2005: 8 ff)
4.2.1.
D
IE
N
OTWENDIGKEIT VON
W
ERTEN UND
N
ORMEN
Obwohl es also komplexitätsreduzierende und sinnstiftende Rollen- uns Strukturleitbilder gibt, muss
das Individuum, subjektive Sinnzusammenhänge in seiner wertepluralistischen Umwelt so vereinen,
dass die individuelle Lebensgestaltung in der Umwelt, aber auch vor sich selbst, besteht. Die
Herausforderung und zugleich größte Problematik daran ist, die persönlichen Vorzüge und
Definitionen von Lebensführung aus dem Konglomerat der Lebensweisen herauszufiltern. Berger führt
an, dass speziell die zunehmende Marginalität von sinnstiftenden Alltagshandlungen die
identifikationsspezifischen Schwierigkeiten hervorheben. (vgl. Berger/Luckmann 1995: 10 ff)
Auch Ankowitsch beschäftigte sich mit der Notwendigkeit, in ein werte- und moralumspannendes Netz
an Reglements eingebunden zu sein. Obwohl der Mensch in einem Regelwerk aus gewachsener
Traditionen und komplexitätsreduzierender Interpretations- und Deutungsmuster lebt, die Sicherheit
und Erwartbarkeit in den alltäglichen Handlungen bieten, vollzieht sich laut Ankowitsch derzeit ein
gegenläufiger Prozess. Die Sinnhaftigkeit traditioneller Gewohnheiten wird zu Gunsten maximaler
Handlungs- und Entscheidungsfreiheit verkannt und als veraltete gesellschaftliche Zwänge abgetan.
Vor allem das Paradigma der individuellen Freiheit löst das Individuum aus den verbindlichen
Alltagspflichten und verspricht durch die Loslösung davon ein Leben voller Möglichkeiten. Auch in den
Massenmedien gilt der Leitspruch, sich nicht einschränken zu lassen und sich der befreienden
Regellosigkeit hinzugeben. Diese Bindungslosigkeit impliziert gleichzeitig allerdings das Fehlen eines
Bezugssystems, welches unweigerlich zur Folge hat, dass das Individuum in einem Vakuum von

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Überforderung und Orientierungslosigkeit ohnmächtig vor der Vielzahl an Freiheiten resigniert. (vgl.
Ankowitsch 2002: 132 ff)
4.3.
N
ATIONALE
I
DENTITÄT ALS KOLLEKTIVE
I
DENTITÄT
Kollektive Identität oder auch Gruppenidentität genannt bildet sich aus der Vielzahl von
Einzelidentitäten, die sich gemeinsamen Werten und Normen versprechen. (vgl. Reutterer 1998: 284)
Quenzel führt an, dass kollektive Identität nur dann existieren kann, wenn die Individuen ein
konstantes Bewusstsein über die Gruppenzugehörigkeit haben. (vgl. Quenzel 2005: 30) Durch die
Kontinuität einer Wertegemeinschaft werden nicht nur die selbstbezüglichen Traditionen und Praktika
innerhalb einer Gruppe internalisiert, sondern sie haben auch Symbol- und Abgrenzungswirkung nach
außen. (vgl. Reutterer 1998: 284) Kollektive Identität ist demgemäß Resultat individueller Erfahrungen,
die sich in kollektive Wirklichkeitsentwürfe fügen und eine innere Homogenität tradierter
Stereotypisierungen reflektieren. (vgl. Loth 2002: 5ff) Der Verlauf der kollektiven Identitätsbildung, das
Verhalten der eigenen Gruppe sowie die Wahrnehmung anderer Kollektive basiert überwiegend auf
stereotypen Zuschreibungen. Was nationale Identität nun bedeutet, und welche Funktion sie in
weiterer Folge für die Beschaffenheit einer europäischen Identität besitzt wird im Folgenden
aufgezeigt.
Eine Nation beschreibt die Gesamtheit der Bewohner eines Landes, wobei deren Prägung in
kultureller, sprachlicher und politischer Form als Identifikationsraum nach innen und als
Abgrenzungsinstrument von anderen dient. Nationenbilder sind demnach dem Wesen der Stereotype
sehr ähnlich, da auch sie aus Zuschreibungen von Eigenschaften, Vorstellungen, Meinungen über
einer Gruppierung, in diesem Fall eben einer Nation, bestehen. Nationenbilder sind vor allem
deswegen notwendig, weil aufgrund der geographischen Entfernung keine kulturelle
Kontaktmöglichkeit besteht und somit direkter Erfahrungsaustausch mit der fremden Nation durch
Nationenbilder ersetzt werden müssen.
Wenn man allerdings nationale Identität als in erster Linie durch ihre nationalen geographischen
Außengrenzen konturiertes Gebilde versteht, dann mag zwar die Zugehörigkeit von BürgerInnen zu
ihrer Nation erklärbar sein, nicht aber die Identifikation von im Ausland lebenden Personen mit ihrem
Heimatland. Es bedarf folglich einer umfangreicheren Auslegung von nationaler Identität. Geeignet

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erschien die Auslegung von Loth, die nationale Identität als Zugehörigkeit zu einer ,,Willens- und
Solidaritätsgemeinschaft" (Loth 2002: 5ff) erfasst und somit die Identifikation mit einer Nation über die
geographischen Grenzen hinweg zulässt. Selbst gewählte ethnische, kulturelle oder aber auch
historische Gemeinsamkeiten ermöglichen also die Zugehörigkeit zu einer Nation, wobei sich auch
hier wieder die Leistungen des Einzelnen zu kollektiven Konstruktionen formieren. (vgl. Liebhert 2002:
12; vgl. Nafroth 2002:29)
Nationale Identität kann als Selbstbeschreibung einer Nation dienen, kann allerdings auch durch
Zuschreibungen von außen, also durch Fremdbeschreibung, generiert werden. Die aus
Fremdbeschreibung entstehenden Nationenbilder dienen als Rollen- und Strukturleitbilder, wobei sie
negative als auch positive Wertungen beinhalten können. Zu notieren ist, dass positive Nationenbilder
die Gruppensolidarität zwischen Nationen fördern können, im negativen Fall fragmentarische
Feindbilder aufweisen können. (vgl. Nafroth 2002: 14 ff; vgl. Reutterer 1998: 285)
4.4.
E
UROPÄISCHE
I
DENTITÄT ALS
K
ONGLOMERAT MULTIPLER
I
DENTITÄTEN
?
Das Themenfeld der europäischen Identität lässt sich theoretisch leicht abhandeln, da es eine
Fortführung des bereits beschriebenen Prozesses ist: Das Konglomerat der nationalen Identitäten
ergibt eine europäische Identität.
In Anbetracht der Vielzahl nationaler Identitäten und ihrer starken Heterogenität stellt sich die Frage,
welcher Faktor alle nationalen Identitäten zusammenzuhalten vermag, die dann in weiterer Folge die
Identifikation mit einer europäischen Identität gewährleisten können. Was europäische Identität sein
kann, welche Argumente gegen die Möglichkeit einer europäischen Identität sprechen und in welcher
Weise sich die BürgerInnen der Europäischen Union zur EU zugehörig fühlen wird im folgenden
Kapitel erschlossen. In der Literatur sind sehr gegensätzliche Auffassungen einer europäischen
Identität zu finden. Sehen einerseits Wissenschafter die europäische Identität als bereits existent, so
sind die Kritiker von der Unmöglichkeit einer europäischen Identität in der Vergangenheit als auch in
der Zukunft überzeugt.
Wie bereits erwähnt, ist die europäische Identität als Konglomerat aller nationalen Identitäten Europas
zu verstehen, wobei vorausgesetzt wird, dass erst durch die Wahrnehmung der Europäischen Union
auch ein Bewusstsein darüber entstehen kann. Sich als europäische/r BürgerIn zu fühlen, bedeutet

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DENTITÄT
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folglich sich eine Meinung über die Sinnhaftigkeit und/oder die Notwendigkeit der EU zu bilden, was in
weiterer Folge eine Identifikation mit der EU erlaubt.
Europäische Identität ist dabei nicht die strikte Zugehörigkeit zu einem Kultur- oder Sprachkreis,
sondern versteht sich als eine Form multipler Zugehörigkeiten des Individuums. (vgl. Landfried 2002:
268)
,,Eine europäische Identität entsteht [...] wenn sich möglichst viele Individuen
in möglichst viele andere Kulturen hineinversetzen und dadurch eine sich
vielfältig überlappende Identitätsstruktur etabliert." (Quenzel 2005: 161)
Europäische Identität benötigt folglich einen Kommunikationsraum, der den innereuropäischen
Austausch sicherstellen kann und mögliche geographische sowie emotionale Distanzen zu
überwinden vermag. Diese ,,Annäherung" der Nationen hat allerdings nicht zum Ziel, den Fortbestand
der nationalen und regionalen Identität zu gefährden, sondern stellt lediglich eine zusätzliche
Identifikationsoberfläche für die europäischen BürgerInnen dar. (vgl. Loth 2002: 25)
In der Literatur bildete sich rund um die Debatte der Existenz einer europäischen Identität eine
oppositionelle Anschauung, welche die Unmöglichkeit einer europäischen Identität in der
Vergangenheit sowie in der Zukunft attestiert. Grund für die Annahme ist, dass durch die
Heterogenität der nationalen Identitäten der Zusammenschluss zu einer europäischen Identität nicht
möglich ist. Die Unbestimmtheit der Europäischen Union stellt ihrer Meinung nach kein ausreichendes
Identifikationspotential für die europäischen BürgerInnen dar. (vgl. Quenzel 2005: 95 ff; vgl. Tóibín
2004: 23) Die Konvergenz der Nationen wird grundsätzlich als verwerflich erachtet, da durch die
nationale Angleichung die Souveränität jeder Nation unterminiert werden würde.
,,Es ist uns wohl bewusst, dass unsere kulturelle Entwicklung sich niemals
zu einer gemeinsamen tragfähigen Realität entfalten konnte, sie wurde
niemals Träger einer Einheit, sondern blieb stets ein Handicap der
Verständigung, da jede Nation [...] auf ihrer Eigenständigkeit beharrt."
(Macciocchi 1992:103)
Was ist nun der kleinste gemeinsame Nenner aller nationalen Identitäten? Fühlen sich die
europäischen BürgerInnen der EU zugehörig? Welche Faktoren werden mit dem Begriff EU
assoziiert? Die im nächsten Kapitel präsentierten Untersuchungsergebnisse werden Antworten auf
diese Fragen ermöglichen.

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IE
EU-B
ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
H
INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
I
DENTITÄT
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4.4.1.
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IE PROEUROPÄISCHE
I
DENTITÄT DER
E
UROPÄER
I
NNEN
Die Gegenüberstellung wissenschaftlicher Erörterungen zeigt zwar den Spannungsbogen der
Identitätsdebatte auf, gibt aber keine Auskunft darüber, was nun europäische Identität für die
BürgerInnen der EU bedeutet. Im folgenden Kapitel sollen die Einstellungen und Meinungen der
europäischen BürgerInnen herausgearbeitet werden, die ein positives Bild der Europäischen Union
generieren.
Die von der Europäischen Kommission halbjährlich durchgeführten Standard-Eurobarometerstudien
informieren über das Meinungsklima der Bevölkerung jedes EU-Mitgliedsstaates. Aufgrund ihrer
Regelmäßigkeit und Repräsentativität sind nicht nur Rückschlüsse auf Hintergründe spezifischer
Entwicklungen, sondern auch der intereuropäische Vergleich eben dieser möglich. Je nach Bedarf
und Aktualität werden anhand Spezial-Eurobarometerstudien weitere Themengebiete erschlossen, die
unter anderem wichtige Informationen über die Verbundenheit der europäischen BürgerInnen mit der
EU beinhalten. Die Resultate einiger aussagekräftiger Studien werden im nachstehenden Abschnitt
angeführt.
Eine im Mai 2006 veröffentlichte Eurobarometerstudie zum Thema ,,Die Zukunft Europas" befragte
einen repräsentativen Teil der europäischen Bevölkerung nach Faktoren, die ihrer Meinung nach das
Gefühl ein/e europäische/r BürgerIn zu sein stärken würde. (Abbildung 1)
Knapp ein Drittel der Befragten gab an, dass ein europäisches Sozialsystem das Zugehörigkeitsgefühl
stärken würde. Über ein Viertel der EuropäerInnen führte an, dass eine europäische Verfassung
förderlich für eine europäische Identität wäre. An dritter Stelle würden die europäischen BürgerInnen
gerne die Möglichkeit wahrnehmen können, bei allen im eigenen Land durchgeführten Wahlen
abstimmen zu können. Mit 16%iger Bejahung möchten die Befragten den Präsidenten der
Europäischen Union durch in allen Mitgliedsstaaten durchgeführten Wahlen ernennen. Obwohl 12%
der Befragten keine der angegebenen Antworten bejahen konnten, sprachen sich zusammengefasst
37% der befragten BürgerInnen dafür aus, durch direkte Partizipationsmöglichkeiten stärker in den
europäischen Integrationsprozess miteinbezogen zu werden. (vgl. EK 2006c: 44f) Das Verlangen
nach einer bewussten und aktiven Teilnahme am europäischen Projekt, um sich als EuropäerIn zu
fühlen, ist demnach hoch und vor allem nicht zu ignorieren.

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EU-B
ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
H
INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
I
DENTITÄT
19
A
BBILDUNG
1:
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Quelle: (EK 2006c:45)
Eine weitere Studie, die im Juni 2006 veröffentlicht wurde, befragte die europäischen BürgerInnen
nach den Werten, die ihrer Meinung nach die Europäische Union verkörpern. (Abbildung 2) Zu jeweils
knapp 40% verbanden die Befragten die EU mit den Werten ,,Menschenrechte", ,,Frieden" und
,,Demokratie". Durchschnittlich ein Viertel der EuropäerInnen assoziierte Marktwirtschaft mit der EU.
Zwischen 10% und 20% der Antworten fielen in absteigender Reihenfolge auf die Werte
Rechtsstaatlichkeit, Respekt gegenüber menschlichem Leben, Wirtschaftlicher Wohlstand, Gleichheit,
Individuelle Freiheit, Solidarität und Unterstützung für andere, Respekt gegenüber anderen Kulturen
und Religionen und mit 10% der Umweltschutz. (vgl. EK 2006a: 24) Eine im Frühjahr des selben
Jahres durchgeführte Erhebung bringt ein sehr ähnliches Bild zum Vorschein. (Abbildung 2) Obwohl
von acht Kategorien vier sehr negativ konnotierte Kategorien vorkamen, assoziierte der Durchschnitt
der europäischen BürgerInnen die EU mit äußerst positiven Eigenschaften. Diese sind zu 50% die
Freiheit, überall in der EU reisen, leben und arbeiten zu können, zu 33% die Assoziation Frieden und
zu 24% die Demokratie. Lediglich 18% der Befragten verbanden mit der EU Arbeitslosigkeit und nur
16% verwiesen auf die Zunahme von Kriminalität. (vgl. EK 2006b: 32) Wie diese beiden Studien

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ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
H
INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
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DENTITÄT
20
zeigen, verbindet der Großteil der europäischen BürgerInnen die EU mit ausschließlich positiv
konnotierten Eigenschaften. Dem europäischen Erweiterungs- und Vertiefungsprozess stehen die
BürgerInnen der EU durchwegs positiv und aufgeschlossen gegenüber.
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2:
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Quelle: EK 2006c:24
Die von den BürgerInnen der EU genannten positiven Assoziationen haben allesamt eine
Gemeinsamkeit. Frieden, Demokratie, Menschenrechte, Wohlstand, Gleichheit, Freiheit, Solidarität
und Respekt sind Ausdruck politischer Leistungen, die auf die Leistungen der Europäischen Union
zurückzuführen sind. Grundlage für den europäischen Einigungsprozess waren und sind die
politischen Akteure, die Grundsätze wie Freiheit, Demokratie, Gleichheit usw. als normative
Voraussetzungen für eine gemeinsame Union festlegten. Dass folglich eine europäische Identität

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ERICHTERSTATTUNG VOR DEM
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INTERGRUND EINER EUROPÄISCHEN
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21
weniger an kultureller oder historischer Einheit festzumachen ist, sondern vielmehr an den politischen
Grundfesten der EU, forciert beispielsweise Thomas Meyer. Er sieht das Fundament der
Europäischen Union und damit auch das Triebwerk europäischer Zusammengehörigkeit nicht im
kulturellen Austausch oder in der Suche nach historischen Gemeinsamkeiten, sondern in der
politischen Kultur Europas. (vgl. Meyer 2004: 50 ff) Jeder Mitgliedsstaat der Europäischen Union
versprach sich mit dem Beitritt zur EU auch der Politik eben dieser und damit einem Wertesystem, das
über alle nationalen Differenzen hinaus eine Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeit bildet. Und
gerade die Verbindlichkeit betrifft alle Nationen gleichermaßen, was auch, wie die Studien belegen,
Identifikationspotential für die BürgerInnen Europas in sich birgt.
,,...keine Art und kein Maß von kultureller Unterschiedlichkeit und äußerer
Unübersichtlichkeit [kann zu groß sein; Herv. d. Verf], um politische Identität
als Bewusstsein und Wille politischer Zusammengehörigkeit entstehen zu
lassen..." (Meyer 2004: 54-55)
Zum gesamteuropäischen Meinungsklima ist zu sagen, dass durchaus chancenreiche Anschauungen
über die EU bestehen. Die Aufrechterhaltung der europäischen Grundwerte wie Demokratie, Freiheit,
Menschenrechte werden als schützenswerte Faktoren in der EU und als bezeichnende Werte für die
EU erachtet. Der Wunsch der Bevölkerung stärker in den Entwicklungsprozess der EU durch aktive
Partizipation integriert zu werden darf allerdings nicht ignoriert werden, denn knapp 40% der
EuropäerInnen würden sich durch eine stärkere Integration in die Aktivitäten der EU besser verbunden
fühlen.
4.4.2
D
IE EUROPASKEPTISCHE
I
DENTITÄT DER
E
UROPÄER
I
NNEN
Skepsis meint grundsätzlich eine vorbehaltsreiche und kritische Betrachtungsweise bestimmter
Themen. Welche europaskeptischen Vorbehalte seitens der BürgerInnen gegenüber der EU
vorzufinden sind und welche Hintergründe dafür zu nennen sind wird in diesem Abschnitt behandelt.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass aufgrund des Erkenntnisinteresses an der Darstellung
der EU in den österreichischen Printmedien der Fokus auf der Darstellung des Meinungsklimas in der
österreichischen Bevölkerung im Hinblick auf den möglichen EU-Beitritt der Türkei liegt. Die Reflexion
der gesamteuropäischen Einstellungen würde nicht nur den Forschungsrahmen sprengen, sondern
darüber hinaus auch keine sinnvollen Rückschlüsse auf die Resonanz medialer Inhalte bei den
RezipientInnen zulassen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836602495
ISBN (Paperback)
9783836652490
DOI
10.3239/9783836602495
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Salzburg – Kommunikationswissenschaft
Erscheinungsdatum
2007 (März)
Note
2,0
Schlagworte
european public sphere türkei tageszeitung österreich zypern-konflikt
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Titel: Die Berichterstattung über die Europäische Union anhand der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vor dem Hintergrund der Entwicklung einer europäischen Identität
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