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Organisationale Kompetenzen aus systemtheoretischer Perspektive

©2006 Diplomarbeit 109 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit es Unternehmen gibt, ist die Wirtschaftswissenschaft auf der Suche nach Möglichkeiten zur Optimierung. Viele Konzepte wurden bereits entworfen, und regelmäßig kommen neue hinzu. In schier postmoderner Beliebigkeit kann heute aus einer Fülle unterschiedlicher Theorierichtungen, die noch dazu teilweise in schroffem Widerspruch zueinander stehen, ausgewählt werden. Taucht so eine neue Idee auf, nehmen sich sofort viele (mehr oder weniger) wissenschaftliche Autoren und Unternehmensberater des Themas an.
Eine dieser Ideen beschäftigt sich mit den Kompetenzen von Unternehmen. „Kernkompetenzen. Was Unternehmen wirklich erfolgreich macht“ verkündet da beispielsweise großspurig ein Buchtitel. Was soll unter Kompetenzen zu verstehen sein? Dieser Frage soll hier nachgegangen werden, doch soll nicht der sowieso schon mannigfaltigen (oft empirischen) Literatur eine weitere Nuance hinzugefügt werden.
Die Systemtheorie nach Niklas Luhmann ist eine sehr kontrovers diskutierte soziologische Theorie, welche viele althergebrachte wirtschaftswissenschaftliche Paradigmen auf den Kopf stellt und immer mehr Beachtung auch außerhalb der Soziologie findet. Ziel dieser Arbeit ist es, das Thema Kompetenzen mit dieser Theorie zu verbinden und organisationale Kompetenzen (oK) aus dieser ungewöhnlichen Perspektive zu betrachten.
Um dieses Ziel erreichen zu können, ist es notwendig, zuerst die bereits bekannten Konzepte zum Thema Kompetenzen kurz darzulegen, dies geschieht im Abschnitt 2 nach der Einleitung. Im nächsten Schritt werden in aller gebotenen Kürze die systemtheoretischen Grundlagen vorgestellt und im Anhang ein Glossar dazu zur Verfügung gestellt. Tiefer in die systemtheoretische Materie geht es im darauf folgenden Abschnitt, der sich mit spezifischen Fragen zum Thema Organisation beschäftigt. Im letzten Abschnitt vor der Conclusio werden die zentralen Themen Wandel, Wissen und Lernen in einem separaten Kapitel behandelt, weil diese in der konventionellen Literatur als die entscheidenden Kompetenzfaktoren identifiziert werden.
Die Komplexität der zirkulären Systemtheorie birgt die Gefahr, dass zum Verständnis viele Querverweise gemacht werden müssen beziehungsweise beim Lesen hin und her gesprungen werden muss. Um dies so weit wie möglich zu vermeiden, werden die herausgearbeiteten Erkenntnisse in Form von 8 Thesen dargestellt, welche eher unorthodox nicht im Schlusskapitel zu finden sind, sondern jeweils gleich bei den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Martin Alkin
Organisationale Kompetenzen aus systemtheoretischer Perspektive
ISBN-10: 3-8324-9989-X
ISBN-13: 978-3-8324-9989-1
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Wiener Neustadt, Wiener Neustadt,
Österreich, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Mag. (FH) Martin Alkin
Lorch 17, A-4470 Enns
office@alkin.at
++43 (0)699/ 11 44 36 46
Autorenportrait
,,50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie. Wirtschaft
ist eine Veranstaltung von Menschen, nicht von
Computern."
(Alfred Herrhausen, dt. Bankier)
Enns, 19.11.2006
Beruflicher Werdegang
ab 09/2003
Selbständiger Berater und Manager interdisziplinär in den Bereichen
Organisationsberatung, Konzern-Controlling, IS/IT, Projektmanagement.
2002 / 2003
Controller und Analyst in der Konzernzentrale der Bombardier
Transportation GmbH, Berlin
10/1998 ­ 09/2001
Assistent des Prokuristen (Rechnungswesen) bei Bosch Rexroth
GmbH, Pasching
10/1996 ­ 09/1998
Bilanzbuchhalter bei Steuerberater Alfred Fenzl, Linz
10/1991 ­ 09/1996
Assistent der Geschäftsleitung und zuvor Ausbildung bei CEO
Computer & Software GmbH, Linz
Aus- und Weiterbildung
2001 ­ 2006
Studium (berufsbegleitend) in Wiener Neustadt und in den USA an der
University of Florida in der Fachrichtung Wirtschaftsberatende Berufe
1999 ­ 2000
Englischkurse an der Sprachschule Berlitz (business objectives)
1997 ­ 1998
Ausbildung zum Diplomierten Steuersachbearbeiter und Bilanzbuchhalter
1991 ­ 1993
Ausbildung zum Bürokaufmann
1978 ­ 1991
Schulbildung (Volksschule und Gymnasium)
Private Interessen
Sport (Paragleiten, Tauchen, Skifahren, Bergsteigen, 7meilenstiefel)
Wissenschaft & Forschung im allgemeinen

- II -
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich versichere hiermit,
1. dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner
unerlaubten Hilfe bedient habe, und
2. dass ich diese Diplomarbeit bisher weder im Inland noch im Ausland in
irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.
Wiener Neustadt, _______________ __________________________
Datum
Unterschrift

- III -
Kurzzusammenfassung:
Die Frage ,,was sind organisationale Kompetenzen" wird in vielen
wissenschaftlichen Arbeiten diskutiert. Das Ziel ist es, zu ergründen, welche diese
sind, warum sie entscheidend sind und wie sie entwickelt und genutzt werden
können. In vielen Forschungen trifft man auf Ansätze zu den Themen Wissen,
Lernen und Wandel. Diese scheinen in allgemeiner Übereinstimmung als
Schlüsselfaktoren gesehen zu werden.
Es ist der Gegenstand dieser Arbeit, Kompetenzen aus einer speziellen
Perspektive zu betrachten. Die soziologische Theorie über Gesellschaft, welche
vom deutschen Denker Niklas Luhmann entwickelt wurde, wird verwendet, um
verbreitete Ansätze in Frage zu stellen.
Die Antworten darauf werden aus den Fragen ,,warum existieren Organisationen",
,,was ist deren Funktion" und ,,was sind deren Besonderheiten" abgeleitet. Dies
führt zu interessanten Thesen, welche oft in einem Gegensatz zu bekannten
Standpunkten stehen.
Diese Arbeit wird mit Hilfe der Begriffe Wissen, Lernen und Wandel zeigen, dass
die Systemtheorie Luhmanns neue Sichtweisen zum Verständnis von
Organisationen eröffnen kann und sie bietet Erklärungen für empirische
Beobachtungen, welche auf neuen und vielleicht radikalen Paradigmen beruhen.
Schlagworte (mind. 3, max. 6):
Systemtheorie, organisationale Kompetenzen, Luhmann, Wissen, Lernen, Wandel
Abstract:
The question "what are competencies of organisations" is discussed in many
scientific papers. The aim is to find out which these are, why they are important
and how they can be developed and exploited. In many of these researches you
come across ideas like knowledge, learning and change. These seem to be
commonly agreed key factors.
The purpose of this thesis is to look at competencies from special perspective. A
sociological theory of society which was conceived by the German scientist Niklas
Luhmann is used to question common approaches.
The findings are derived out of the analysis "why do organisations exist", "what is
their function" and "what are their specifics". This leads to interesting approaches
which are often in contradiction to common point of views.
The thesis will show by means of the terms knowledge, learning and change that
the system theory of Niklas Luhmann can reveal different angles for the
understanding of organizations and provides explanations for empiric observations
based on new and perhaps radical paradigms.
Keywords (at least 3, max. 6):
system theory, competences of organisations, Luhmann, knowledge, learning,
change

- IV -
Inhaltsverzeichnis
1.
EINLEITUNG 2
1.1.
A
UFBAU
3
2.
KONVENTIONELLE ORGANISATIONS- UND MANAGEMENTTHEORIEN
3
2.1.
O
RGANISATIONALE
K
OMPETENZEN
,
EINE ERSTE
A
NNÄHERUNG
3
2.2.
D
IE
B
EOBACHTERPERSPEKTIVE
4
2.3.
KONVENTIONELLE
O
RGANISATIONSTHEORIEN
5
2.4.
K
OMPETENZ
7
2.5.
W
ANDEL
,
W
ISSEN
,
L
ERNEN
11
2.5.1.
Kultur und Wandel
12
2.5.2.
Wissen 14
2.5.3.
Lernen 15
3.
EINFÜHRUNG IN DIE SYSTEMTHEORIE
18
3.1.
W
ARUM
N
IKLAS
L
UHMANN
? 20
3.2.
L
UHMANN BESCHREIBT SEINE
T
HEORIE
21
3.3.
L
UHMANNS
W
ELT
-
EINE KURZE
E
INFÜHRUNG
22
3.3.1.
Exkurs 1: Definitionsproblem systemtheoretischer Bausteine
23
3.3.2.
Emergenz und das menschliche Bewusstsein
24
3.3.3.
Emergenz in konventionellen Organisationstheorien
25
3.3.4.
Ein bisschen schwanger, ein bisschen Systemtheorie
26
3.4.
T
HEORIEPLURALISMUS SYSTEMISCH ERKLÄRT
27
3.4.1.
THESE 1: Das Aufrechterhalten der Autopoiesis ist eine oK
28
3.4.2.
THESE 2: oK werden beobachtet und zugeschrieben
29

- V -
4.
DIE ORGANISATION AUS DER SICHT DER SYSTEMTHEORIE
32
4.1.
D
EFINITION DER
O
RGANISATION
33
4.1.1.
THESE 3: oK koordinieren Mitarbeiter
35
4.2.
U
MWELTBEZIEHUNGEN DER
O
RGANISATION
35
4.3.
I
NTERDEPENDENZBEZIEHUNGEN UND
A
USWIRKUNGEN
39
4.3.1.
THESE 4: Strukturelles Koppeln ist eine oK
39
5.
WANDEL, WISSEN, LERNEN ­ SYSTEMTHEORETISCH
42
5.1.1.
Exkurs 2: Definitionsproblem systemtheoretischer Bausteine
43
5.2.
D
AS ANDERE
E
MERGENZNIVEAU
44
5.3.
K
OGNITION
/
E
RKENNTNIS
45
5.3.1.
Sinnliche Wahrnehmung
46
5.3.2.
Wissen (Gedächtnis) sozialer Systeme
46
5.3.3.
Kognition 49
5.3.4.
THESE 5: Wissen der Mitarbeiter ist keine oK
50
5.4.
O
RGANISATIONALES
L
ERNEN
52
5.4.1.
THESE 6: Wissensvermehrung ist keine oK
54
5.5.
K
ULTUR
55
5.5.1.
Kultur aus systemtheoretischer Perspektive
56
5.5.2.
Drei-Ebenen-Modell und die Systemtheorie
57
5.5.3.
Warum Kultur nicht erfassbar ist
60
5.5.4.
geplanter Wandel durch Anpassung
61
5.5.5.
Beharrungstendenzen 62
5.5.6.
THESE 7: Beharrung ist eine oK
63
5.5.7.
THESE 8: Nicht zu lernen ist eine oK
65
6.
ABSCHLIEßENDE BETRACHTUNGEN
67
6.1.
D
ER
M
ENSCH UND SEINE
V
ORSTELLUNG VON DER
G
ESELLSCHAFT
67

- VI -
6.1.1.
konventionelle Vorstellungen und die Systemtheorie
67
6.1.2.
Soziale Systeme sind nicht be-greifbar
68
6.1.3.
Steuerungspessimismus 69
6.1.4.
Intelligenz & soziale Systeme
70
6.1.5.
Die Versöhnung - Luhmann doch nicht radikal?
71
6.1.6.
Menschliche Spuren verschwinden in Organisationen
73
6.2.
Z
UKUNFT DER
S
YSTEMTHEORIE
74
6.2.1.
Forschungsstand und praktische Nutzung
74
6.2.2.
Ausblick 76
7.
WAS HABE ICH GELERNT (WHICH DIFFERENCE MADE A DIFFERENCE) 77
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 79
ABBILDUNGSVERZEICHNIS 80
LITERATURVERZEICHNIS 81
ANHANG (GLOSSAR ZUR SYSTEMTHEORIE)
87

- 1 -
Diese Arbeit ist meinem Sohn Fabian gewidmet, der für viel Freude in meinem
Leben sorgt, unter anderem weil er mich immer wieder erfolgreich beim Erstellen
dieser Arbeit gestört hat.

- 2 -
"If you want to make enemies, try to change something."
Woodrow Wilson, 28th US president, 1856-1924
1. Einleitung
Seit es Unternehmen gibt, ist die Wirtschaftswissenschaft auf der Suche nach
Möglichkeiten zur Optimierung. Viele Konzepte wurden bereits entworfen, und
regelmäßig kommen neue hinzu. In schier postmoderner Beliebigkeit
1
kann heute
aus einer Fülle unterschiedlicher Theorierichtungen, die noch dazu teilweise in
schroffem Widerspruch zueinander stehen
2
, ausgewählt werden. Taucht so eine
neue Idee auf, nehmen sich sofort viele (mehr oder weniger) wissenschaftliche
Autoren und Unternehmensberater des Themas an.
Eine dieser Ideen beschäftigt sich mit den Kompetenzen von Unternehmen.
,,Kernkompetenzen. Was Unternehmen wirklich erfolgreich macht"
3
verkündet da
beispielsweise großspurig ein Buchtitel. Was soll unter Kompetenzen zu verstehen
sein? Dieser Frage soll hier nachgegangen werden, doch soll nicht der sowieso
schon mannigfaltigen (oft empirischen) Literatur eine weitere Nuance hinzugefügt
werden.
Die Systemtheorie nach Niklas Luhmann ist eine sehr kontrovers diskutierte
soziologische Theorie, welche viele althergebrachte wirtschaftswissenschaftliche
Paradigmen auf den Kopf stellt und immer mehr Beachtung auch außerhalb der
Soziologie findet. Ziel dieser Arbeit ist es, das Thema Kompetenzen mit dieser
Theorie zu verbinden und organisationale Kompetenzen (oK) aus dieser
ungewöhnlichen Perspektive zu betrachten.
1 Nachbagauer (1999), S 72
2 Schreyögg (1996), S 98
3 zufällig ausgewählter Buchtitel, gefunden unter www.amazon.de

- 3 -
1.1. Aufbau
Um dieses Ziel erreichen zu können, ist es notwendig, zuerst die bereits
bekannten Konzepte zum Thema Kompetenzen kurz darzulegen, dies geschieht
im Abschnitt 2 nach der Einleitung. Im nächsten Schritt werden in aller gebotenen
Kürze die systemtheoretischen Grundlagen vorgestellt und im Anhang ein Glossar
dazu zur Verfügung gestellt. Tiefer in die systemtheoretische Materie geht es im
darauf folgenden Abschnitt, der sich mit spezifischen Fragen zum Thema
Organisation beschäftigt. Im letzten Abschnitt vor der Conclusio werden die
zentralen Themen Wandel, Wissen und Lernen in einem separaten Kapitel
behandelt, weil diese in der konventionellen Literatur als die entscheidenden
Kompetenzfaktoren identifiziert werden.
Die Komplexität der zirkulären Systemtheorie birgt die Gefahr, dass zum
Verständnis viele Querverweise gemacht werden müssen beziehungsweise beim
Lesen hin und her gesprungen werden muss. Um dies so weit wie möglich zu
vermeiden, werden die herausgearbeiteten Erkenntnisse in Form von 8 Thesen
dargestellt, welche eher unorthodox nicht im Schlusskapitel zu finden sind,
sondern jeweils gleich bei den dazugehörenden Grundlagen eingearbeitet werden.
Den Schluss bilden zwei Überlegungen. Erstens werden die Probleme
beschrieben, welche viele Forscher mit der systemtheoretischen Gedankenwelt
haben. Im zweiten Teil werden die Zukunft der Systemtheorie und mögliche
weitere Forschungsfelder diskutiert.
2. Konventionelle Organisations- und
Managementtheorien
2.1. Organisationale
Kompetenzen, eine erste Annäherung
Der Terminus organisationale Kompetenzen ist einerseits ein sehr dankbarer,
andererseits ein etwas mühevoller. Dankbar deshalb, weil er in der
Wirtschaftswissenschaft noch nicht übermäßig stark belegt ist und daher wenig
,,Bias" aufweist. Der Systemtheoretiker würde vielleicht sagen, der semantische
Ausdruck organisationale Kompetenzen ist im Funktionssystem Wissenschaft

- 4 -
noch nicht zu einer Identität kondensiert. Es ist daher hier nicht das Ziel, die
verschiedensten Definitionen zu analysieren, um dann anschließend eine (oder
mehrere) zu wählen und die übrigen auszuschließen.
Mühevoll auf der anderen Seite ist der Umstand, dass es eben (relativ) wenige
Versuche der Definition gibt und es daher notwendig ist, eine Einordnung und
Abgrenzung herauszuarbeiten. Beziehungsweise könnte auch gefragt werden, ob
der Begriff es wert ist, darüber zu schreiben, denn es sind schon genug Moden
und Mythen in der Organisationsberatung aufgetaucht, welche ein helles
Strohfeuer entfacht haben und dann ebenso schnell wieder in der Versenkung
verschwunden sind
4
. Für den Zweck dieser Arbeit ist es förderlich, anfänglich den
Begriff weit zu fassen, um darin die verschiedensten Ansätze unterzubringen.
Denn es ist notwendig (wie spöter ersichtlich werden wird), eine breite
Begriffsdefinition vorzunehmen, um dann überhaupt systemtheoretische Ideen
darin unterzubringen können.
2.2. Die
Beobachterperspektive
Ohne dass ich genauer darauf eingegangen bin, taucht im vorherigen Abschnitt
der Begriff Wirtschaftswissenschaften auf. Diplomarbeiten im Rahmen eines
Wirtschaftsstudiums haben es meist an sich, die Wirtschaft zum Thema zu haben.
Speziell im Rahmen einer systemtheoretischen Arbeit ist es jedoch notwendig,
diese implizirten Annahmen offen zu legen, denn die Frage, wer und vor allem wie
jemand etwas beobachtet, ist hier von entscheidender Bedeutung. Daher wird hier
explizit bemerkt, wenn in diesem (ersten) Abschnitt der Arbeit von Organisationen
gesprochen wird, richtet sich das Interesse vorerst hauptsächlich (aber nicht
ausschließlich) auf Wirtschaftsorganisationen. Zuerst sind also gewinnorientierte
Unternehmen im Blickfeld.
Und, was gar nicht oft genug betont werden kann, das Blickfeld ist auf Gewinn
gerichtet, wie der vorherige Satz andeutet. Systemtheoretisch formuliert: Es wird
mit der Unterscheidung Gewinn/Verlust beobachtet. In den Denkstrukturen vieler
wirtschaftstheoretischer Abhandlungen ist dieses Beobachtungsschema das
zentrale (einzige) Paradigma, auf dem die gesamte Argumentationskette
4 Kieser (1996)

- 5 -
aufgebaut ist. Die Beschäftigung mit systemtheoretischen Ansätzen wird im Laufe
der Arbeit diesen engen Betrachtungswinkel jedoch erweitern.
2.3. konventionelle
Organisationstheorien
Um über organisationale Kompetenzen sprechen zu können und eventuell
Handlungsanweisungen ableiten zu können, muss zuerst eine Vorstellung von
Organisationen entwickelt werden. Damit haben sich auch bereits unzählige
Theoretiker und Praktiker beschäftigt. Auch wenn jeder Mensch faktisch schon mit
Organisationen zu tun hatte und somit Vorstellungen davon hat, ist die
Organisationstheorie alles andere als eine homogene Disziplin
5
. Zur Orientierung
werden in der Error! Reference source not found. überblicksmäßig historische
Entwicklungsstränge darstellt.
Abbildung 1 Organisationstheorien
6
Eine genaue historische Beschreibung der verschieden Ansätze ist hier nicht
zielführend, es sei auf die mannigfaltige Literatur dazu verwiesen. Nur um später
einen Vergleich zur Systemtheorie anstellen zu können, werden einige Annahmen
5 Schreyögg (1996), S 29
6 aus Schreyögg (1996), S 97

- 6 -
und Hypothesen erläutert. Von entscheidender Bedeutung ist der Umstand, dass
sich verschiedene Organisationstheorien teilweise ergänzen, andere wiederum
neutral nebeneinander stehen oder aber sich im schroffen Widerspruch
zueinander befinden
7
. Ist es nun zum Beispiel das Ziel, Handlungsanweisungen
für die Praxis zu entwickeln, wirft dies natürlich die Frage nach der ,,richtigen"
Theorie auf.
Stehen zwei Ansätze im Widerspruch, müsste es dazu möglich sein, beide auf
Gültigkeit (richtig/falsch) überprüfen zu können. Diese Möglichkeit wird allerdings
von einigen verneint mit der These, dass nicht objektiv zwischen konkurrierenden
Theorien entschieden werden kann, wenn diese in unterschiedlichen Paradigmen
entwickelt wurden. Wissenschaftliche Erkenntnisse können demnach nur
innerhalb eines Paradigmas auf Gültigkeit überprüft werden. Theorien
unterschiedlicher Paradigmen sind somit inkommensurabel
8
. Für die Praxis, wie
zum Beispiel Manager und Berater, kann somit die Frage der ,,richtigen" Theorie
nicht beantwortet werden. Es kann in postmoderner Beliebigkeit
9
zwischen den
unterschiedlichsten Theorieangeboten ausgewählt werden, ohne das ,,beste"
finden zu können. Wie die Ausführungen zeigen werden, bietet Niklas Luhmann
eine Erklärung (aber keine Lösung) für das Problem der Inkommensurabilität bzw.
postmodernen Beliebigkeit.
Die Hauptunterscheidung dieser Arbeit differenziert zwischen der Systemtheorie
Luhmannscher Prägung, und nicht-systemtheoretischen Theorien. Um das etwas
umständliche Wortgebilde ,,nicht-systemtheoretische Theorien" zu vermeiden,
werden diese in weiterer Folge als ,,konventionelle" Organisationstheorien
bezeichnet. Dieser Ausdruck erscheint passend, da Luhmann als ein überaus
unkonventioneller Denker bezeichnet werden kann. Allerdings ist es ein willkürlich
gewählter Begriff, der auch Nachteile in sich birgt, denn er suggeriert zum
Beispiel, dass die Systemtheorie im Gegensatz (Widerspruch) zu den
konventionellen Theorien steht, was nur zum Teil stimmt.
7 Schreiögg (1996), S 98
8 Scherer (2002), S 19
9 Nachbagauer (199), S 72

- 7 -
Es ist auf jeden Fall zu bemerken, dass soziale Phänomene, wie Emergenz,
Irrationalität oder schwere Steuerbarkeit, immer mehr Aufmerksamkeit in den
Organisations- und Managementtheorien bekommen. Dies als Vorbemerkung zu
den nachfolgenden systemtheoretischen Abhandlungen, welche genau diese
Phänomene zu erklären versuchen. Allerdings muss gesagt werden, dass es viele
graduelle Abstufungen gibt und die Begründungszusammenhänge selten mit
systemtheoretischen Ausführungen übereinstimmen.
2.4. Kompetenz
Wie gewinnt nun der Begriff Kompetenzen in den Organisationstheorien
Bedeutung. Der Duden
10
schreibt unter dem Stichwort Kompetenz ,,Vermögen"
und ,,Fähigkeit". Es geht also anders formuliert um Fähigkeiten von
Organisationen, wobei dieser Begriff eher schwammig ist und für die
verschiedensten Konzepte verwendet werden kann. Daher zeigt auch die
bisherige wissenschaftliche Diskussion über Kompetenzen, dass keine einheitliche
Begriffsverwendung erkennbar ist, jedoch auch vielleicht nicht wünschenswert
ist
11
.
Kompetenz wird im Allgemeinen als etwas Komplexes gesehen. Analysiert und
beschrieben werden mehr oder weniger schwierige und in vielen Abhängigkeiten
stehende Ausgangssituationen, zum Beispiel Probleme, und darauf folgende
kompetente Entscheidungen und Handlungen. Bezogen auf das Individuum etwa
wird in der Literatur zum Personalmanagement die Kompetenz (einer Person) als
eine Kombination von Fachkompetenz, Methodenkompetenz und
Sozialkompetenz beschrieben. Dies zusammen genommen und ergänzt mit
Wissen gibt dem Individuum Handlungsoptionen zur Bewältigung von
Problemstellungen
12
. Die Kombination dieser Beschreibungselemente impliziert,
dass Kompetenzen höchst individuell und unterschiedlich sein können, des
weiteren ist das Hauptaugenmerk auf (erfolgreiche) Interaktionen mit der Umwelt
10 Duden (1997), S 430
11 Bergmann et al (2004), S13f
12 Al-Laham (2003), S 19

- 8 -
gerichtet, also auf Beziehungen mit der Umwelt. Analog wird dieses Verständnis
der Kompetenz vom Subjekt Mensch auf das Subjekt Organisation umgelegt.
Zur Überführung in die Systemtheorie ist es notwendig den Kompetenzbegriff zu
zerlegen und genauer zu analysieren. Anfang der 90er Jahre entwickelte sich in
der Betriebswirtschaft die Thematisierung von Kernkompetenzen. Der
Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass Unternehmen nur wettbewerbsfähig
sind, wenn sie über spezielle Kernkompetenzen verfügen
13
. Beginnen wir den
Weg der Analyse des Begriffes Kompetenzen mit einer sehr umfassenden
Definition des Begriffes Kernkompetenzen:
Kernkompetenzen sind
(1) schwer imitierbare,
(2) generelle
(3) Wissens- und
(4) Handhabungsressourcen einer Unternehmung, welche
(5) erfolgsrelevant sind, aus
(6) kollektiven Lernprozessen entstehen und deren
(7) Bedeutung übergreifend ist
14
.
Was lässt sich in dieser Definition Spezielles beobachten und was ist im Hinblick
auf die Systemtheorie von besonderer Bedeutung?
Ad (1): Hier begegnet uns wieder die Beobachterperspektive, denn die
Managementliteratur denkt erfolgsorientiert und damit wird der Fokus dort in der
Regel auf Kompetenzen abgestellt, welche eine Organisation einzigartig,
individuell oder besser machen. Gesucht wird der Wettbewerbsvorteil. Die
schwere Imitierbarkeit wird erklärt a) durch die individuelle Vergangenheit
(Geschichte) der Organisation, b) durch die Unmöglichkeit (von außen)
13 Schreiögg/ Kliesch (2003), S15f
14 Staehle (1999), S 898f

- 9 -
Kausalzusammenhänge zu erkennen - es könnte so, aber auch anders
funktionieren, c) durch die komplexen Zusammenhänge und Interaktionen
15
.
Ad (2): Kompetenzen werden nicht als gezielte einzelne Fähigkeiten beschrieben,
sondern können immer wieder und in unterschiedlichen Situationen
problemlösend angewandt werden, also nicht beschränkt auf eine Situation, eine
Abteilung, einen Markt oder ein Geschäftsfeld
16
.
Ad (3): Wissen wird als eine der entscheidenden Ressourcen beschrieben, die als
Nährboden für die Kompetenzentwicklung notwendig ist
17
, daher wird dieses
Thema hier in einem eigenen Abschnitt genauer behandelt (siehe Abschnitt 2.5.2).
Ad (4): Um das Wissen produktiv nutzen zu können, müssen Ressourcen zur
Verfügung stehen, welche die Anwendung und Verarbeitung erlauben. An erster
Stelle sind dabei die Mitarbeiter zu nennen, doch auch Hilfseinrichtungen wie
Maschinen, Computer und Geld sind dazu notwendig.
Ad (5): Die Erfolgsrelevanz stellt den Bezug zur Umwelt her, indem nur jene
Kompetenzen als wichtig erachtet werden, welche einen Nutzen für den Kunden
bringen und somit den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sicherstellen.
Dies zeigt wiederum stark eine beobachterabhängige Definition, denn sie geht
(einseitig) vom Wunsch nach Erfolg aus, als eine der möglichen
Beobachtungsmöglichkeiten einer Organisation, mit dem Code Erfolg/Misserfolg,
und behauptet einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen System und
Umwelt.
Ad (6): Damit eine Organisation Wissen verwenden kann, muss dieses durch
organisationale Lernprozesse generiert werden
18
. Kollektiv betont, dass es sich
nicht um Einzelleistungen handelt, sondern um ein interagierendes soziales
System, das lernfähig ist, genaueres dazu im Kapitel 2.5.3.
Ad (7): Kompetenzen sind keine isolierten Fähigkeiten, welche einzelnen
Abteilungen oder Situationen zugerechnet werden können. Zur Entfaltung von
15 Schreyögg/Kliesch (2003), S 5
16 Schreyögg/Kliesch (2003), S 16
17 Schreyögg/Kliesch (2003), S 22
18 Güldenberg (1999), S 540

- 10 -
Kompetenzen ist ein Zusammenspiel aller organisatorischen Subsysteme
notwendig, und die Kompetenz entfaltet in der Rückspiegelung ihre Wirkungen
ebenfalls übergreifend in allen organisatorischen Teilen
19
. Entscheidend ist also
nicht das Vorhandensein von Wissen und Fähigkeiten, zum Beispiel in Personen
oder Abteilungen, sondern die gekonnte Verarbeitung. Einzelne, passende
Ressourcen müssen jedes Mal situationsbezogen selektiert und miteinander
(komplex) verknüpft werden
20
.
Die jüngere betriebswirtschaftliche Debatte streicht aus dem oben genannten
ersten Definitionsversuch den Punkt der Individualität, also der spezifischen und
schwer imitierbaren Kompetenzen, und richtet den Blick mehr auf die
grundsätzlichen notwendigen organisatorischen Kompetenzen
21
, ohne gleich ein
individuelles Alleinstehungsmerkmal zu fordern. Dies kann als ein Schritt zurück
im Theorieaufbau gesehen werden, um zuerst einmal zu erforschen, welche
Kompetenzen ein Unternehmen braucht und wie diese entwickelt werden können,
bevor gleich die Einmaligkeit gefordert wird, da die erste Problemstellung alleine
schon Fragen genug aufwirft. Je nach Ansatz werden die verschiedensten
Kompetenzen unterschieden, so wird zum Beispiel Distributions- oder
Marketingkompetenz identifiziert. Andere Kategorisierungen identifizieren
Kompetenzen zur Veränderung/Weiterentwicklung, wie das organisationale
Lernen
22
, weil wegen einer dynamischen Umwelt auch eine Veränderlichkeit von
organisationalen Kompetenzen gefordert wird. Weitere Forschungen suchen sogar
übergeordnete Kompetenzen in Organisationen, Kompetenzen welche das
Unternehmen befähigen mit jedwedem Problem fertig zu werden. Dies wäre die
Kompetenz für alle anstehenden Aufgaben/Probleme eine Kompetenz zu
entwickeln, eine Kompetenzkompetenz also
23
.
19 Staehle (1999), S 898f
20 Schreyögg/ Kliesch (2003), S 34 u 46
21 Schreyögg/ Kliesch (2003), S 18
22 Schreyögg/ Kliesch (2003), S 18
23 Bergmann et al (2004), S4

- 11 -
Die hier durchgeführte Zerlegung und Analyse des Kompetenzbegriffes
kristallisiert die wesentlichsten Punkte heraus, mit denen sich die ,,konventionelle"
Kompetenzforschung beschäftigt. Identifiziert werden konnte:
1) Wissen als notwendige Voraussetzung (Ressource)
2) Lernen als Entwicklung von Wissen
3) Wandel als notwendige Veränderung in dynamischer Umwelt, zum Beispiel
durch Lernen
4) Struktur als die unternehmensweite Verknüpfung von Akteuren und Wissen
Diese Punkte werden in der systemtheoretischen Analyse wieder aufgegriffen und
mit Hilfe der dort vorherrschenden Paradigmen neu beschrieben. Um später die
Unterschiede zwischen konventionellen Theorien und Systemtheorie erkennen zu
können, ist es notwendig auf einige der Punkte noch genauer einzugehen, was in
den folgenden Abschnitten geschieht.
2.5. Wandel, Wissen, Lernen
Neben der Erforschung, was denn Kompetenzen seinen, drängt sich, zumindest
aus praktischer/wirtschaftlicher Sicht, sofort eine zweite Frage auf. Wie kann der
Unternehmenserfolg verbessert werden, wie können also vorhandene
Kompetenzen verstärkt werden oder nicht vorhandene entwickelt werden?
Theorieansätze zu Themen wie Wandel, organisationales Lernen und
Wissensmanagement erleben seit einiger Zeit einen Boom
24
. Wieder begegnen
uns die verschiedensten Ansätze und Ausprägungen, diesmal werden die Begriffe
Wandel, Lernen und Wissen, um die wichtigsten zu nennen, miteinander verknüpft
oder inhaltlich überschneidend verwendet. Bei weitem überwiegen die
Publikationen, die Wandel, Lernen oder Veränderung für wichtig und erforderlich
halten. Kritische Überlegungen zum Veränderungsboom finden sich nur sehr
vereinzelt.
24 Romhardt (1998), S 23

- 12 -
2.5.1.
Kultur und Wandel
Mit Wandel wird eine Veränderung der gesamten Organisation gefordert. Bei
Erklärungsversuchen über Probleme mit Wandel von Organisationen wird an
vorderer Stelle die Organisationskultur genannt. Organisationskultur-Konzepte
kamen ursprünglich aus der Praxis. Speziell Unternehmensberater, aber auch
Manager hatten so eine plausible Erklärung parat, warum
Unternehmensstrategien oder andere Projekte scheiterten
25
. Erklärung ist dafür
aber vielleicht der falsche Ausdruck, er wurde eher als ,,Ausrede"
26
für die
ungelösten Widersprüche und Unvereinbarkeiten für Uneindeutiges und Ähnliches
verwendet
27
.
Diese ersten Ansätze wurden vermehrt von Organisationstheoretikern
verschiedenster Richtungen aufgenommen und bearbeitet. Im Gegensatz zur
Annahme, dass die Erfüllung eines Vertrages (Zieles) genau vorgibt, wie
gehandelt werden muss, und die Mitarbeiter dann auch genau so handeln, geht
die Unternehmenskulturforschung davon aus, dass jede Organisation darüber weit
hinausgehende Vorstellungs- und Orientierungsmuster entwickelt, die das
Verhalten der Mitglieder nach innen und nach außen nachhaltig prägen
28
und in
weiterer Folge zu scheinbar (!) falschen, irrationalen, dummen oder
unverständlichen Handlungen führen können. Unternehmenskultur beschreibt
somit komplexe, schwer fassbare Phänomene
29
. Obwohl Erklärungen versucht
werden, ist die Kultur stark mystifiziert
30
, also unerklärlich, maximal ist ein kleiner
Ausschnitt empirisch beobachtbar. Ein in der Organisationstheorie, aber auch in
der Praxis bekanntes Modell zur Beschreibung von Organisationskultur ist das
Ebenenmodell von Schein
31
.
25 Kasper/ Heimerl-Wagner (1996), S 78
26 Baecker spricht hier vom Joker
27 Baecker (1999), S 102
28 Schreyögg (1996), S 449f
29 Schreyögg (1996), S 452
30 Berggold (2000), S 56
31 entnommen aus Staehle (1999), S 499

- 13 -
Abbildung 2 Drei-Ebenen-Modell von Schein
32
Schein unterscheidet zwischen drei Ebenen, auf denen eine Kulturanalyse
erfolgen kann. Eine wichtige Aussage dieses, aber auch anderer Modelle ist, dass
nur die oberste Ebene empirisch beobachtbar ist, dort aber nur Symptome und
keine Ursachen sichtbar gemacht werden können. Ein kultureller Wandel, kann
durch Eingriffe auf dieser Ebene daher erstens aufgrund falscher Interpretationen
erfolgen und zweitens erfolglos sein, weil die tiefer liegenden Schichten nicht
beachtet werden. Dies ist vor allem dann einleuchtend, wenn die Manipulationen
an der Oberfläche den grundlegenden Annahmen der tieferen Ebene
widersprechen, ohne das dies entdeckt und beobachtet werden kann
33
.
Bei Modellen des Wandels sind zwei Begriffspaare von Bedeutung:
Wandel/Beharrung und geplant/ungeplant. Organisationen verändern sich ständig
und zufällig, aber ungeplant und auch eher unbemerkt
34
. Generell, so die
überwiegende Meinung, erzeugt die Kultur allerdings Beharrung (Starrheit)
35
. Ist
32 aus Staehle (1999), S 499
33 Staehle (1999), S 499
34 Staehle (1999), S 899
35 Schreyögg (1996), S 478

- 14 -
nun ein Wandel gewünscht, entscheidet sich das Unternehmen oder zumindest
dessen Management bewusst
36
, dass ein Wandel durchgeführt werden soll, dann
sind diese Beharrungstendenzen ein starker Widerstand. Zur Einschätzung der
Erfolgswahrscheinlichkeit wird auch in der konventionellen Literatur festgestellt:
Ein ,,geplanter" Veränderungsprozess ist äußerst komplex und nicht linear planbar
und stellt Manager und Berater vor die Aufgabe, in einem nicht beherrschbaren
Feld kalkulierbare Wirkungen zu erzielen
37
.
2.5.2. Wissen
Wissen scheint ein sehr anziehender Begriff zu sein. ,,Wissen ist positiv besetzt.
Es zu besitzen ist ,,gut"."
38
Verständlich, denn bereits in der Schule wird uns
gesagt, dass es dort um Wissen geht. Beim Übertritt ins Arbeitsleben wird wieder
Wissen verlangt und erklärt, wir leben in einer Wissensgesellschaft und müssen
Wissen managen um wissensbasierte Produkte herstellen zu können.
Definitionen von Wissen wurden von den verschiedensten wissenschaftlichen
Disziplinen erarbeitet, wie unter anderem von der Philosophie, Psychologie oder
Soziologie
39
. Dementsprechend unterschiedlich sind die Zugänge. Dies beginnt
bei der vielfach bemühten Unterscheidung von Daten ­ Information ­ Wissen und
geht bis zu systemtheoretischen Ansätzen. Eine umfassende Sammlung an
Definitionen hat zum Beispiel Al-Laham
40
zusammengetragen. Als Conclusio für
Zwecke des Wissensmanagements definiert dieser: ,,Wissen als
unternehmungsspezifische Ressource umfasst all diejenigen Informationen,
Kenntnisse und Fähigkeiten, die dem jeweiligen Akteur zur Verfügung stehen und
die er bewusst oder unbewusst zur Lösung von Aufgaben verwendet."
41
36 Staehle (1999), S 899
37 Staehle (1999), S 899
38 Romhardt (ohne Datum), S 8
39 Romhardt (1998), S 47
40 Al-Laham (2003), S 25f
41 Al-Laham (2003), S 43

- 15 -
Dies zeigt deutlich, dass der Wissensbegriff sehr umfassend verwendet werden
kann und die Abgrenzung zu verwandten Konzepten wie Gedächtnis, Intelligenz,
Fähigkeiten, Erfahrung, Einsicht, Erkenntnis fließend ist
42
.
Für die späteren Ausführungen ist es notwendig, zwei Punkte verschiedener
Ansätze noch zu beschreiben. Eine gängige Kategorisierung ist jene von
explizitem und implizitem Wissen. Zweiteres kann der Wissensträger zwar
anwenden, aber nicht in Worte fassen
43
.
Die Wissensträger einer Organisation können vielfältig sein. Zur Analyse wird
zwischen künstlichen, natürlichen und kulturellen Speichemedien unterschieden
44
.
Künstliche Wissensträger, wie zum Beispiel Dokumente oder Datenbanken,
werden überwiegend zur Speicherung verwendet und sind meist nicht zur
eigenständigen Erzeugung von Wissen geeignet. Unter natürlichen
Wissensträgern werden Menschen oder Menschengruppen verstanden. Unter
dem Begriff kulturelle Speichermedien werden zum Beispiel Leitlinien, Mythen,
Arbeitsanweisungen subsumiert
45
, hier ist die Ähnlichkeit zum Konzept der
Unternehmenskultur sichtbar (siehe oben).
2.5.3. Lernen
Lernen ist der letzte Begriff in dieser Reihe, der eine besondere Betrachtung
verdient. Dieser steht in enger Verbindung mit den vorher erläuterten Ideen. Dazu
argumentieren im derzeitigen Stand der Forschung, hier zu sehen als eine grobe
Zusammenfassung, die konventionellen Theorien: Organisationen werden als
Wissenssysteme aufgefasst, und um Wissen zu erlangen, muss gelernt werden.
Dazu muss die Organisation zuerst einmal die Fähigkeit besitzen zu lernen, was
als eine entscheidende Kompetenz von Organisationen gesehen wird, um in einer
komplexen, sich rasch verändernden Umwelt bestehen zu können
46
. Mit anderen
Worten: Es wird als wünschenswert gesehen, wenn eine an sich starre (siehe
42 Pawlowsky zitiert nach Al-Laham (2003), S 23 Fußnote
43 Vgl. Z.B. Polyani, Gerschner, Nonaka/Takeuchi, Schüpel zitiert nach Al-Laham (2003), S 31
44 Güldenberg (1999), S 541
45 Al-Laham (2003), S 35f
46 Schreyögg (1996), S 550 u 5633

- 16 -
Kulturdiskussion) Organisation lernfähig wird und lernbereit bleibt und sich in Form
eines (Kultur)Wandels an die dynamische Umwelt anpasst.
Es ist schon fast mühselig zu erwähnen, dass auch im Forschungsgebiet Lernen
die verschiedensten Ansätze entwickelt wurden. Auch hier haben sich Autoren
bemüht, in einer Übersicht die übergreifenden theoretischen Elemente und
Zugänge verschiedener Konzepte zusammenzutragen und darzustellen, wie in der
Abbildung 3 dargestellt wird.
Abbildung 3 strukturierte Darstellung von verschiedenen Lerntheorien
47
Die Forschung über organisationales Lernen war anfänglich sehr
anwendungsorientiert und auf empirischen Untersuchungen aufgebaut und wurde
eher von ökonomischen als theoretischen, wie zum Beispiel soziologischen,
Interessen getrieben
48
. Zu Beginn wurden Lerntheorien, die auf personaler Ebene
47 aus Weik/Lang (2005), S 277
48 Wiesenthal (1995), S 138

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832499891
ISBN (Paperback)
9783838699899
DOI
10.3239/9783832499891
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Wiener Neustadt – Wirtschaftsberatende Berufe
Erscheinungsdatum
2006 (November)
Note
1,0
Schlagworte
organisation kompetenz system luhmann theorie
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Titel: Organisationale Kompetenzen aus systemtheoretischer Perspektive
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