Prüfung der Verträglichkeit und Wirkung von Herbiziden bei der Überkopfanwendung an Baumschulgehölzen nach der Pflanzung
Unter Berücksichtigung genehmigungsrechtlicher Verfahren nach § 18 PflSchG
©2006
Diplomarbeit
74 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
In Deutschland werden auf 21.500 ha Baumschulgehölze kultiviert. Die Unkrautunterdrückung auf Anzuchtflächen mit Junggehölzen ist besonders in den ersten zwei Jahren nach der Aufschulung mit mechanischen oder anderen nicht-chemischen Verfahren zeitaufwändig und schwierig. Aufgrund der hohen Pflanzdichten wird in der Praxis aus arbeitswirtschaftlichen Gründen, die Ausbringung von Bodenherbiziden in Form einer Überkopfanwendung, angestrebt.
Seit dem Ende der Übergangsfrist des neuen Pflanzenschutzgesetzes zum 1. Juli 2001, stehen hochwirksame Bodenherbizide wie 'Venzar' oder 'Simazin' nicht mehr zur Verfügung. Zahl- reiche Versuche zur Verträglichkeit und Wirksamkeit von Alternativpräparaten an Baumschulgehölzen wurden seitdem u.a. vom Versuchs- und Beratungsring Baumschulen e.V. Schleswig-Holstein, der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, durchgeführt.
Problemstellung:
Vor dem Hintergrund erschwerter EU-Zulassungsverfahren für neue Pflanzenschutzmittel und dem geringen Interesse der herstellenden Industrie kostenintensive Präparate für Sonderkulturen zu entwickeln, hat der Gesetzgeber mit dem Genehmigungsverfahren nach § 18 des Pflanzenschutzgesetzes die Alternative geschaffen, zugelassene Produkte auch außerhalb des ursprünglichen Anwendungsgebietes, einsetzen zu können.
Ziel der Arbeit ist es, durch einen Praxisversuch die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Mais- und Getreidebauherbiziden sowie einem Alternativprodukt, an einem Baumschul-Jungpflanzensortiment, nach der Pflanzung zu testen. Berücksichtigung fanden hierbei die von der Praxis angestrebte Applikationstechnik im sogenannten Überkopfverfahren sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Genehmigungsverfahren nach § 18 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG).
Gang der Untersuchung:
Die Arbeit ist in sechs Gliederungspunkte unterteilt.
Zunächst werden im zweiten Teil der Einleitung die rechtliche Situation und die praxisrelevanten Anforderungen an die Versuchsdurchführung angesprochen. Der zweite Gliederungspunkt bildet die Basis der Diplomarbeit und stellt die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Boden, Pflanze, Unkrautentwicklung und chemischen Bekämpfungsmöglichkeiten in Baumschulbetrieben dar. Desgleichen wird die verfahrensrechtliche Genehmigungssituation nach § 18 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) erläutert.
Im anschließenden dritten Kapitel werden der Versuchsaufbau, die Versuchsherbizide, die […]
In Deutschland werden auf 21.500 ha Baumschulgehölze kultiviert. Die Unkrautunterdrückung auf Anzuchtflächen mit Junggehölzen ist besonders in den ersten zwei Jahren nach der Aufschulung mit mechanischen oder anderen nicht-chemischen Verfahren zeitaufwändig und schwierig. Aufgrund der hohen Pflanzdichten wird in der Praxis aus arbeitswirtschaftlichen Gründen, die Ausbringung von Bodenherbiziden in Form einer Überkopfanwendung, angestrebt.
Seit dem Ende der Übergangsfrist des neuen Pflanzenschutzgesetzes zum 1. Juli 2001, stehen hochwirksame Bodenherbizide wie 'Venzar' oder 'Simazin' nicht mehr zur Verfügung. Zahl- reiche Versuche zur Verträglichkeit und Wirksamkeit von Alternativpräparaten an Baumschulgehölzen wurden seitdem u.a. vom Versuchs- und Beratungsring Baumschulen e.V. Schleswig-Holstein, der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, durchgeführt.
Problemstellung:
Vor dem Hintergrund erschwerter EU-Zulassungsverfahren für neue Pflanzenschutzmittel und dem geringen Interesse der herstellenden Industrie kostenintensive Präparate für Sonderkulturen zu entwickeln, hat der Gesetzgeber mit dem Genehmigungsverfahren nach § 18 des Pflanzenschutzgesetzes die Alternative geschaffen, zugelassene Produkte auch außerhalb des ursprünglichen Anwendungsgebietes, einsetzen zu können.
Ziel der Arbeit ist es, durch einen Praxisversuch die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Mais- und Getreidebauherbiziden sowie einem Alternativprodukt, an einem Baumschul-Jungpflanzensortiment, nach der Pflanzung zu testen. Berücksichtigung fanden hierbei die von der Praxis angestrebte Applikationstechnik im sogenannten Überkopfverfahren sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Genehmigungsverfahren nach § 18 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG).
Gang der Untersuchung:
Die Arbeit ist in sechs Gliederungspunkte unterteilt.
Zunächst werden im zweiten Teil der Einleitung die rechtliche Situation und die praxisrelevanten Anforderungen an die Versuchsdurchführung angesprochen. Der zweite Gliederungspunkt bildet die Basis der Diplomarbeit und stellt die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Boden, Pflanze, Unkrautentwicklung und chemischen Bekämpfungsmöglichkeiten in Baumschulbetrieben dar. Desgleichen wird die verfahrensrechtliche Genehmigungssituation nach § 18 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) erläutert.
Im anschließenden dritten Kapitel werden der Versuchsaufbau, die Versuchsherbizide, die […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Jürgen Lübbe
Prüfung der Verträglichkeit und Wirkung von Herbiziden bei der Überkopfanwendung
an Baumschulgehölzen nach der Pflanzung
Unter Berücksichtigung genehmigungsrechtlicher Verfahren nach § 18 PflSchG
ISBN-10: 3-8324-9981-4
ISBN-13: 978-3-8324-9981-5
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Fachhochschule Wiesbaden, Wiesbaden, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany
Eidesstattliche Erklärung:
Ich erkläre hiermit wahrheitsgemäß, daß ich
-
die eingereichte Arbeit selbständig und ohne unerlaubte Hilfsmittel angefertigt habe,
-
nur die im Literaturverzeichnis aufgeführten Hilfsmittel benutzt und fremdes
Gedankengut als solches kenntlich gemacht habe,
-
alle Personen und Institutionen, die mich bei der Vorbereitung und Anfertigung der
Abhandlung unterstützt haben, genannt habe und
-
die Arbeit noch keiner anderen Stelle zur Prüfung vorgelegt habe
Idstein, 31. August 2006
Ort, Datum
Unterschrift (Vor- und Zuname)
Vorwort
Wer ein Warum hat, dem ist kein Wie zu schwer.
NIETZSCHE
Danksagung
Ich danke besonders Herrn Prof. Dr. W. Wohanka, der sich nicht nur bereit erklärt hat die Be-
treuung dieser Arbeit zu übernehmen, sondern mich während der Bearbeitungszeit kontinuier-
lich und auf vielfältige Weise unterstützt hat.
Weiterhin danke ich Herrn Dr. R. Schrage für die Auswahl des Themas und die Übernahme
des Korreferates. Bei den Mitarbeitern und Kollegen des Pflanzenschutzdienstes Bonn be-
danke ich mich für die freundliche Unterstützung vor Ort und die kooperative Hilfe bei der
Literaturrecherche.
Ein weiteres Lob gebührt Herrn Dr. H. Lösing für die Grundlagenforschung zu diesem Thema
und Frau M. Schlegel für die Überlassung zahlreicher Versuchsberichte.
Desgleichen bedanke ich mich bei Herrn R. Zirener für die Bereitstellung der Versuchsfläche,
bei der Baumschulberatung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und dem Ver-
suchsleiter Herrn Dipl.-Ing. Th. Vogt für die fachliche Unterstützung der Versuchsarbeit,
sowie bei den Vertretern der herstellenden Industrie für die produktspezifischen Informa-
tionen.
Abschließend darf ich mich für die finanzielle Unterstützung der Deutschen Rentenver-
sicherung Bund und insbesondere für die Hilfe von Herrn Dipl.-Ing. H.-R. Moers und Herrn
Dr. H. Rische bedanken, ohne die ein Zustandekommen dieser Arbeit nicht möglich gewesen
wäre.
S
EITE
I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
1.1
Problemstellung... 1
1.2
Ziele der Arbeit ... 1
1.3
Aufbau der Arbeit... 2
2 Stand der Wissenschaft und Technik... 2
2.1
Allgemeine Grundlagen ... 2
2.1.1
Einteilung der Unkräuter ... 2
2.1.2
Einfluß der Unkräuter auf die Baumschulgehölze ... 4
2.1.3
Zusammensetzung der Unkrautflora... 4
2.2 Grundlagen der chemischen Unkrautbekämpfung... 5
2.2.1 Einteilung der Herbizide ... 6
2.2.1.1 Bodenherbizide... 6
2.2.1.2 Blatt- und Kontaktherbizide... 6
2.2.1.3 Boden-Blattherbizide ... 7
2.2.2 Verträglichkeit von Herbiziden ... 7
2.2.3 Selektivität von Herbiziden ... 8
2.2.4 Baumschulherbizide in Deutschland ... 9
2.3 Pflanzenschutzgesetz ... 9
2.3.1 Genehmigungsverfahren nach § 18 PflSchG... 10
2.3.2 Arbeitskreis Lückenindikation... 11
3 Material und Methoden ... 12
3.1 Versuchsfläche... 12
3.2 Versuchsaufbau ... 13
3.3 Gehölzsortiment... 15
3.4 Versuchsherbizide... 17
S
EITE
II
3.4.1 Wirkungsspektrum ... 19
3.4.2 Wirkstoffgruppen ... 22
3.5 Versuchsdurchführung ... 23
3.6 Boniturverfahren... 25
3.6.1 Erhebungen zur Verunkrautung... 25
3.6.2 Methodik des Auszählens... 25
3.6.3 Bonitur des Unkrautbedeckungsgrades ... 25
3.6.4 Bonitur der Kulturpflanzenverträglichkeit ... 27
3.6.5 Untersuchung der Standortqualität... 27
3.6.6 Erhebungen zum Witterungsverlauf ... 28
3.6.7 Sonstige Beobachtungen ... 28
3.7 Richtlinien der European Plant Protection Organisation ... 28
4 Ergebnisse ... 29
4.1 Witterungsverlauf ... 29
4.2 Ergebnisse der Bodenuntersuchung... 31
4.3 Unkrautbedeckungsgrad ... 32
4.4 Artenvielfalt ... 35
4.4 Pflanzenverträglichkeit ... 38
4.5 Sonstige Beobachtungen ... 42
5 Diskussion... 42
6 Zusammenfassung ... 47
Literaturverzeichnis... 48
Anhang
S
EITE
III
Abkürzungsverzeichnis
%
Prozent
°C
Grad Celsisus
§
Paragraph
Abb.
Abbildung
AK-LÜCK
Arbeitskreis Lückenindikation
BASF
Badische Anilin und Soda Fabrik
BBA
Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft
BBCH
Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft,
Bundessortenamt und Chemische Industrie
BdB
Bund deutscher Baumschulen
BVL
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
bzw.
beziehungsweise
Ca
Kalzium
ca.
cirka
DWD
Deutscher Wetterdienst
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EPPO
European and Mediterranean Plant Protection Organisation
EU
Europäische Union
FA
Forschungsanstalt
g
Gramm
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
ha
Hektar
IVA
Industrieverband Agrar
kg
Kilogramm
km/h
Stundenkilometer
Kurzbez.
Kurzbezeichnung
l
Liter
LUFA
Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt
LWK
Landwirtschaftskammer
m
Meter
mm
Millimeter
S
EITE
IV
m²
Quadratmeter
NN
Normal Null
NRW
Nordrhein Westfalen
PAPI
Pflanzenschutzmittel-Auswertung und Pflanzenschutzmittel-
Information
PE
Polyethylen
PfSchG
Pflanzenschutzgesetz
pH
pondus Hydrogenii
PSG
Parzellenspritzgerät
s.o.
siehe oben
Str.
Strasse
u.a.
unter anderem
S
EITE
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Codierte Entwicklungsstadien bei Kernobst ... 17
Abbildung 2: Druckbehälterparzellenspritzgerät PSG der Firma Schachtner ... 24
Abbildung 3: Göttinger Zähl- und Schätzrahmen ... 26
Abbildung 4: Niederschlagssummen von Januar bis Juli 2006 im Vergleich ... 30
Abbildung 5: Wirksamkeit der Versuchspräparate im Überblick ... 32
Abbildung 6: 1. Kontrolle... 33
Abbildung 7: 2. Nozomi 300 g ... 33
Abbildung 8: 3. Nozomi 600 g ... 33
Abbildung 9: 4. Proxuran WP 3,5 kg ... 33
Abbildung 10: 5. MaisTer 100 g + Mero 1,3 l ... 34
Abbildung 11: 6. MaisTer 150 g + Mero 2 l ... 34
Abbildung 12: 7. Terano 1 l + Stomp SC 3 l ... 34
Abbildung 13: 8. Biathlon 70 g + Spectrum 1,4 l + Stomp SC 3 l ... 34
Abbildung 14: 9. Motivell 1 l + Spectrum 1,4 l + Stomp SC 3 l ... 34
Abbildung 15: 10. Stomp SC 3 l + Spectrum 1,4 l ... 34
Abbildung 16: Leitunkräuter der Kontrollparzelle ...35
Abbildung 17: Blattrandnekrose an Prunus laurocerasus ... 39
Abbildung 18: Abdriftschaden an Taxus baccata ... 39
Abbildung 19: Blattchlorose an Forsythia intermedia ... 39
Abbildung 20: Wildverbiss an Prunus avium ... 39
Abbildung 21: Austriebsverzögerung an Berberis thunb. ... 40
Abbildung 22: Berberis thunb. 'Atropurpurea' im Vergleich ... 40
Abbildung 23: Wuchsdepression bei Potentilla frut. 'Goldfinger' ... 40
Abbildung 24: Potentilla fruticosa im Vergleich ... 40
Abbildung 25: Stickstoffmangel an Prunus avium ... 40
Abbildung 26: Triebverbrennungen an Taxus baccata ... 40
S
EITE
VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Mögliche Samenanzahl je Pflanze... 3
Tabelle 2: Unkräuter in Baumschulen Ältere Quartiere ... 5
Tabelle 3: Anordnung der Versuchsglieder ... 14
Tabelle 4: Versuchsglieder (Aufwandmengen je ha) ... 15
Tabelle 5: Geprüfte Gehölze und deren Entwicklungstadien ... 16
Tabelle 6: Geprüfte Herbizide und Aufwandmengen... 18
Tabelle 7: Ergebnisse der Bodenanalyse der LUFA NRW ... 31
Tabelle 8: Artenvielfalt der Kontrollparzelle... 36
Tabelle 9: Pflanzenverträglichkeit der Versuchsherbizide ... 38
Tabelle 10: Pflanzenverträglichkeit der Versuchspräparate im Überblick... 41
J
ÜRGEN
L
ÜBBE
E
INLEITUNG
S
EITE
1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
In Deutschland werden auf 21.500 ha Baumschulgehölze kultiviert. Die Unkrautunterdrück-
ung auf Anzuchtflächen mit Junggehölzen ist besonders in den ersten zwei Jahren nach der
Aufschulung mit mechanischen oder anderen nicht-chemischen Verfahren zeitaufwändig und
schwierig. Aufgrund der hohen Pflanzdichten wird in der Praxis aus arbeitswirtschaftlichen
Gründen, die Ausbringung von Bodenherbiziden in Form einer ,,Überkopfanwendung", ange-
strebt.
Seit dem Ende der Übergangsfrist des neuen Pflanzenschutzgesetzes zum 1. Juli 2001, stehen
hochwirksame Bodenherbizide wie 'Venzar' oder 'Simazin' nicht mehr zur Verfügung. Zahl-
reiche Versuche zur Verträglichkeit und Wirksamkeit von Alternativpräparaten an Baum-
schulgehölzen wurden seitdem u.a. vom Versuchs- und Beratungsring Baumschulen e.V.
Schleswig-Holstein, der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und der Bayerischen
Landesanstalt für Landwirtschaft, durchgeführt.
1.2 Ziele der Arbeit
Vor dem Hintergrund erschwerter EU-Zulassungsverfahren für neue Pflanzenschutzmittel und
dem geringen Interesse der herstellenden Industrie kostenintensive Präparate für Sonderkul-
turen zu entwickeln, hat der Gesetzgeber mit dem Genehmigungsverfahren nach § 18 des
Pflanzenschutzgesetzes die Alternative geschaffen, zugelassene Produkte auch außerhalb des
ursprünglichen Anwendungsgebietes, einsetzen zu können.
Ziel der Arbeit ist es, durch einen Praxisversuch die Verträglichkeit und Wirksamkeit von
Mais- und Getreidebauherbiziden sowie einem Alternativprodukt, an einem Baumschul-Jung-
pflanzensortiment, nach der Pflanzung zu testen. Berücksichtigung fanden hierbei die von der
Praxis angestrebte Applikationstechnik im sogenannten ,,Überkopfverfahren", sowie die
rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Genehmigungsverfahren nach § 18 Pflanzenschutz-
gesetz (PflSchG).
J
ÜRGEN
L
ÜBBE
E
INLEITUNG
S
EITE
2
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit ist in sechs Gliederungspunkte unterteilt. Zunächst werden im zweiten Teil der
Einleitung die rechtliche Situation und die praxisrelevanten Anforderungen an die Versuchs-
durchführung angesprochen. Der zweite Gliederungspunkt bildet die Basis der Diplomarbeit
und stellt die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Boden, Pflanze, Unkrautentwicklung
und chemischen Bekämpfungsmöglichkeiten in Baumschulbetrieben dar. Desgleichen wird
die verfahrensrechtliche Genehmigungssituation nach § 18 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG)
erläutert. Im anschließenden dritten Kapitel werden der Versuchsaufbau, die Versuchsherbi-
zide, die Versuchsdurchführung und die entsprechenden Boniturverfahren detailliert darge-
stellt. Das vierte Kapitel beschreibt die Ergebnisse des Praxisversuches mit Hilfe von Ta-
bellen, Bildmaterial und entsprechenden Erläuterungen. Das folgende fünfte Kapitel setzt sich
kritisch mit der Thematik auseinander und eröffnet Lösungsansätze für zukünftige Versuchs-
vorhaben. Das abschließende Kapitel enthält eine kurze inhaltliche Zusammenfassung der
Diplomarbeit.
2 Stand der Wissenschaft und Technik
Unkräuter und Ungräser sind nach KOCH und HURLE (1978) Pflanzen, die an einem Stand-
ort mehr schaden als nutzen. Eine Pflanze kann in dem einen Kulturpflanzenbestand ein Un-
kraut und an dem anderen Standort eine unwillkommene Zierpflanze sein. Unter der Prämisse
des heutigen integrierten Pflanzenanbaus ist die Zielsetzung der chemischen Unkrautbe-
kämpfung nicht mehr die vollständige Vernichtung des unerwünschten Fremdbewuchses, son-
dern die Reduktion auf ein unschädliches Maß (BÄRTELS 1995).
2.1 Allgemeine Grundlagen
2.1.1 Einteilung der Unkräuter
Die Einteilung der Unkräuter in Samen- und Wurzelunkräuter ist nach HOFFMANN et al.
(1985) irreführend, da auch bei Wurzelunkräutern in der Regel eine generative Phase vor-
handen ist. Eine Gliederung nach der Lebensdauer, als Zeitspanne vom lebensfähigen Samen
über die vermehrungsbereite, reife Pflanze bis zu ihrem Tod, erscheint somit sinnvoller. Nach
J
ÜRGEN
L
ÜBBE
S
TAND DER
W
ISSENSCHAFT UND
T
ECHNIK
S
EITE
3
KOCH u. HURLE (1978) können Unkräuter in einjährige (annuelle), zweijährige (bienne)
und ausdauernde (perenne) Arten eingeteilt werden. Für die Wirksamkeit von Herbiziden ist
aufgrund morphologisch-anatomischer Unterschiede, eine Unterscheidung zwischen Einkeim-
blättrigen (Liliopsida oder Monocotyledonae) und Zweikeimblättrigen (Magnoliopsida oder
Dicotyledonae) bedeutsam.
Dem Gesetz der Arterhaltung folgend, produzieren Unkräuter je nach Gattung und Art, z.T.
erhebliche Mengen an langjährig keimfähigen Samen. Tabelle 1 zeigt wirtschaftlich bedeut-
same Unkrautarten und ihr Vermehrungspotential in Baumschul-Jungpflanzenkulturen.
Tabelle 1:
Mögliche Samenanzahl je Pflanze (verändert nach KOCH 1968 c;
KLAA
ß
EN u. FREITAG 2004)
Botanischer Name
Deutscher Name
Samenanzahl Keimfähigkeit in Jahren
Agropyron repens
Quecke
10
Anagallis arvensis
Gauchheil, Acker-
100 - 300
> 11
Chenopodium album
Gänsefuß, Weißer
200 20.000
10 15, > 39
Chenop.polyspermum
Gänsefuß, Vielsamiger
4.000
Cirsium arvense
Distel, Acker-Kratz-
1.000 5.000
21
Convolvulus arvensis
Winde, Acker-
500
22
Echinochloa crus-galli
Hirse, Hühner-
300 - 500
3 - 10
Galinsoga ciliata
Franzosenkraut,
> 10
Geranium pusillum
Storchschnabel, Kleiner
> 5 < 10
Lamium purpureum
Taubnessel, Rote
60 - 300
Matricaria chamomilla
Kamille, Echte
> 11
Plantago major
Wegerich, Breit-
1.000 10.000
5 - 40
Poa annua
Rispe, Einjährige
400 - 500
Polygonum aviculare
Knöterich, Vogel-
150 - 200
> 50
Rumex obtusifolius
Ampfer, Stumpfblättriger
> 39
Sonchus oleraceae
Gänsedistel, Kohl-
4.700 100.000
Thlaspi arvense
Hellerkraut, Acker-
900
> 30
Der Zeitpunkt der Keimung einzelner Unkräuter wird nicht nur durch Umweltfaktoren ent-
scheidend beeinflusst, sondern ist auch gattungs- und artspezifisch (LÖSING 1992, 8).
J
ÜRGEN
L
ÜBBE
S
TAND DER
W
ISSENSCHAFT UND
T
ECHNIK
S
EITE
4
2.1.2 Einfluß der Unkräuter auf die Baumschulgehölze
Baumschulgehölze müssen für den Verkauf entsprechenden Qualitätsnormen hinsichtlich
Wuchshöhe, Triebanzahl, Art der Verzweigung oder Stammumfang entsprechen. Ein starker
Unkrautwuchs kann aufgrund der Konkurrenz um Licht, Wasser und Nährstoffen zu erheb-
lichen Qualitätseinbußen bei den Kulturpflanzen führen (RIPPEN u. MEIER 1990).
In landwirtschaftlichen Kulturen hat die Unkrautbekämpfung nach Schadensschwellen bereits
praktische Relevanz. Für Baumschulkulturen sind solche Untersuchungen nur vereinzelt
durchgeführt worden. Angaben über die maximale Anzahl von Unkräutern pro Flächenein-
heit die eine Bekämpfung sinnvoll erscheinen lassen, liegen nicht vor.
Nach GROSSGEBAUER (1977) wird der Wassergehalt von baumschulisch genutzten Böden
mit zunehmender Pflanzengröße stärker von der Transpiration der Pflanzen (auch Unkräuter)
und weniger von der Art der Unkrautbekämpfung (chemisch, mechanisch) beeinflußt.
2.1.3 Zusammensetzung der Unkrautflora
Auf deutschen Ackerflächen sind ca. 300 Unkraut- und Ungrasarten anzutreffen, die in unter-
schiedlichen Gemeinschaften auftreten (KLAA
ß
EN u. FREITAG 2004).
Von wirtschaftlicher Bedeutung sind etwa 60 Arten. In Abhängigkeit von den Standort- und
Kulturbedingungen, bewegt sich die Artenvielfalt der Unkräuter auf baumschulisch genutzten
Flächen, in der Regel zwischen 10 und 30.
Das Artenspektrum und der Anteil der jeweiligen Unkrautart ist u.a. auch von Art der
verwendeten Herbizide abhängig. Toleranzunterschiede führen dazu, dass verträglichere
Arten sensibelere verdrängen. Im Fall der Resistenz gegen eine bestimmte Wirkstoffgruppe
werden ganze Arten nicht mehr erfasst und in ihrer Konkurrenzkraft verstärkt.
Umfassende wissenschaftliche Publikationen über die Biodiversität der Unkrautfloren auf
Baumschulflächen sind nicht bekannt.
Untersuchungen über die Zusammensetzung der Unkrautflora des Pinneberger Anbaugebietes
wurden 1977 von OSTERMANN veröffentlicht.
Die folgende Tabelle 2 zeigt die Artenvielfalt und die Häufigkeit des Auftretens bestimmter
Unkräuter und Ungräser in älteren Ziergehölzanlagen.
J
ÜRGEN
L
ÜBBE
S
TAND DER
W
ISSENSCHAFT UND
T
ECHNIK
S
EITE
5
Tabelle 2:
Unkräuter in Baumschulen - Ältere Quartiere (Gelistet nach Häufigkeit
des Vorkommens)
Quelle: Ostermann, 1977
Botanischer Name
Deutscher Name
Pflanzenfamilie
1. Agropyron repens
Quecke
Gramineae
2. Holcus mollis
Honiggras, Wolliges-
Gramineae
3. Poa annua
Rispe, Einjährige
Gramineae
4. Poa trivialis
Rispe, Gemeine
Gramineae
1. Stellaria media
Vogelmiere
Caryophyllaceae
2. Taraxacum officinalis
Löwenzahn
Compositae
3. Ranunculus repens
Hahnenfuß, Kriechender
Ranunculaceae
4. Trifolium repens
Weißklee
Fabaceae
5. Lamium ssp.
Taubnessel-Arten
Labiatae
6. Glechoma hederaceae
Gundermann
Labiatae
7. Aegopodium podagraria
Giersch
Apiaceae
8. Senecio vulgaris
Kreuzkraut
Compositae
9. Matricaria ssp.
Kamille-Arten
Compositae
10. Polygonum ssp.
Knöterich-Arten
Polygonaceae
11. Urtica ssp.
Brennessel-Arten
Urticaceae
12. Cirsium arvense
Distel, Acker-Kratz-
Compositae
13. Convolvulus arvensis
Winde, Acker-
Convolvulaceae
14. Rorippa silvestris
Waldsumpfkresse
Scrophulariaceae
15. Rumex ssp.
Ampfer-Arten
Polygonaceae
16. Equisetum arvense
Schachtelhalm, Acker-
Equisetaceae
2.2 Grundlagen der chemischen Unkrautbekämpfung
Während der 32. Deutschen Pflanzenschutz-Tagung 1958, wurden die ersten wissenschaft-
lichen Arbeiten zum Thema Herbizideinsatz in Baumschulkulturen von FABER und
BURSCHEL, veröffentlicht. Begründet wurde dieses neuartige Produktionsverfahren durch
den Arbeitskräftemangel und den Kostendruck durch manuelle und mechanische Arbeitsver-
fahren (LÖSING 1992, 27).
J
ÜRGEN
L
ÜBBE
S
TAND DER
W
ISSENSCHAFT UND
T
ECHNIK
S
EITE
6
2.2.1 Einteilung der Herbizide
Nach dem Ort der Aufnahme eines Wirkstoffes und seinem Verhalten in der Pflanze können
Herbizide nach HOFFMANN et al. (1985) eingeteilt werden in:
2.2.1.1 Bodenherbizide
Nach MERZ et al. (2006) sind Bodenherbizide Unkrautbekämpfungsmittel, die ihre Wirkung
insbesondere im Boden entfalten und deren Wirkstoffe über die Wurzeln (teilweise auch über
Hypokotyl und Keimblätter) der auflaufenden Unkräuter aufgenommen werden. Der Trans-
port der wirksamen Substanzen in den Wurzelbereich der Unkräuter und die Wurzelverfüg-
barkeit ist an Wasser gebunden, so dass die Ausbringung dieser Mittel eine entsprechende
Bodenfeuchte voraussetzt. Die Anwendung erfolgt überwiegend auf unkrautfreien Boden
(,,Vorauflaufverfahren"). Die Unkräuter dürfen das Keimblattstadium, höchstens das 2-Blatt-
Stadium, noch nicht überschritten haben.
Die Ausbringung sollte möglichst Ende März bis Mitte April erfolgen. Vorteile dieser frühen
Ausbringung sind u.a. eine günstige Bodenfeuchtigkeit, ein frühes Entwicklungsstadium der
auflaufenden Unkräuter, ein unkrautfreier Boden und die Möglichkeit einer ,,Überkopfbe-
handlung", sofern die Gehölze noch nicht ausgetrieben haben.
Bodenart, Humusgehalt und Niederschlagsintensität haben entscheidenden Einfluß auf die
Wirksamkeit von Bodenherbiziden.
2.2.1.2 Blatt- und Kontaktherbizide
Bei Blattherbiziden erfolgt die Wirkstoffaufnahme nur über das Blatt bzw. über die grünen
Pflanzenteile bereits vorhandener Unkräuter oder Ungräser (,,Nachauflaufverfahren"). Bei
ausgetriebenen Gehölzen muss die Anwendung in Form einer Unterblatt- bzw. Zwischen-
reihenbehandlung erfolgen. Kulturpflanzen dürfen dabei weder direkt von der Behandlungs-
flüssigkeit noch indirekt durch Abdrift getroffen werden. Bei Blatt- und Kontaktherbiziden ist
zwischen reinen Kontaktpräparaten (z.B. ,,Basta"), deren Wirkung nur am unmittelbaren
Penetrationsort eintritt und systemischen Produkten (z.B. ,,Roundup"), deren Aktivsubstanzen
im Saftstrom der Pflanzen verteilt werden, zu unterscheiden.
J
ÜRGEN
L
ÜBBE
S
TAND DER
W
ISSENSCHAFT UND
T
ECHNIK
S
EITE
7
Nach LÖSING (1992, 21) haben Bodenart und Humusgehalt keinen Einfluss auf die Wirk-
samkeit von Blatt- und Kontaktherbiziden.
2.2.1.3 Boden-Blattherbizide
Die Aufnahme des Wirkstoffes erfolgt sowohl über die Blätter als auch über den Boden.
Boden-Blattherbizide können daher nur während der Vegetationsruhe ,,über Kopf" der Ge-
hölze eingesetzt werden. Während der Vegetationsperiode sind nur Unterblattspritzungen
möglich oder der Wirkstoff muss von den Blättern der Kulturpflanzen abgewaschen werden.
Die Wirksamkeit und Wirkungsdauer der Präparate sind von der Bodenart und dem Humus-
gehalt abhängig (LÖSING 1992, 22). Der Einsatz ist sowohl im Vorauflauf- als auch im
Nachauflaufverfahren (in Bezug zur Unkrautentwicklung) möglich.
Boden-Blattherbizide besitzen in Deutschland z.Zt. keine Zulassung für die Anwendung in
Baumschulkulturen.
2.2.2
Verträglichkeit von Herbiziden
Ein entscheidendes Kriterium bei der Anwendung von Herbiziden insbesondere im ,,Über-
kopfverfahren" ist die Verträglichkeit der Gehölze. In Abhängigkeit von Kultur- und Ent-
wicklungszustand (BBCH-Code) der Sorte, dem Anbauverfahren sowie den spezifischen
Umweltbedingungen, ist die Applikation herbizider Wirkstoffe im vorgenannten Arbeitsver-
fahren risikobehaftet.
Unter ungünstigen Bedingungen (leichter Boden, starke Niederschläge nach der Anwendung,
starke Sonneneinstrahlung, geschwächte Pflanzen) kann es u.U. auch an solchen Kulturen zu
Schäden kommen, die sich bislang als verträglich erwiesen haben (MERZ et al. 2006).
Aufgrund der Arten- und Sortenvielfalt auf relativ kleiner Fläche können Verträglichkeitsver-
suche der herstellenden Industrie, nie die gesamte Bandbreite möglicher Pflanzenschäden im
Baumschulbereich darstellen.
Im Praxisbereich werden daher Vorversuche an einigen Pflanzen des Bestandes, das Studium
der Gebrauchsanweisung der Präparate sowie der vorhandenen Gehölzverträglichkeitslisten
und die Einschaltung der Fachberatung der Pflanzenschutzmittelhersteller, empfohlen.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783832499815
- ISBN (Paperback)
- 9783838699813
- DOI
- 10.3239/9783832499815
- Dateigröße
- 29.7 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule RheinMain – Biologie, Studiengang Gartenbau
- Erscheinungsdatum
- 2006 (November)
- Note
- 2,0
- Schlagworte
- bodenkunde gartenbau baumschule herbizide bodenherbizide
- Produktsicherheit
- Diplom.de