Die Limited - Eine Alternative zur GmbH?
Zusammenfassung
Das europäische Gesellschaftsrecht befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Betroffen ist dabei keineswegs nur das Recht börsennotierter Gesellschaften, sondern auch das Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Aufgeschreckt durch die vom EuGH in drei Entscheidungen begründete Möglichkeit des Zuzugs von Gesellschaftsformen aus anderen europäischen Ländern, sieht sich die inländische GmbH seit einiger Zeit einem immer noch steigenden Maß der Konkurrenz europäischer Gesellschaftsformen im Inland ausgesetzt. Diese ausländischen Gesellschaftsformen werden unter Beachtung des jeweiligen ausländischen Rechts und unter Einhaltung der ausländischen Erfordernisse gegründet.
Im Anschluss daran nehmen die Auslandsgesellschaften ihren Verwaltungssitz im Inland auf, an dem sie auch den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entfalten. Infolgedessen sind seit Ende 2002 bereits mehr als 30.000 englische Private Limited Companies mit deutschem Verwaltungssitz gegründet worden. Ausgelöst durch die Entscheidungen des EuGH entstand allerdings eine erhebliche Rechtsunsicherheit in Deutschland, zum Beispiel in Bezug auf das Insolvenzrecht, das Steuerrecht, die Haftung der Beteiligten und die Kapitalvorschriften. Die Wahl der Rechtsform einer Private Limited Company anstatt einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung will daher eine gut überlegte Entscheidung sein.
Ziel dieser Diplomarbeit ist es daher, eine umfassende Darstellung über die Argumente und Gegenargumente der englischen Private Limited Company in Deutschland zu erstellen. Dabei sollen jedoch nicht nur die gesetzlichen Unterschiede der Ltd. und der GmbH miteinander verglichen werden, sondern es muss auch verdeutlicht werden, dass auslän-dische Gesellschaftsformen in einer Reihe von Punkten dem deutschen Recht unterliegen.
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der oftmals einseitigen Werbung für die Limited als Rechtsformalternative zur deutschen GmbH. Zu diesem Zweck werden die Chancen, aber auch die Risiken der Private Limited Company in Deutschland aufgezeigt und die derzeitige Position Deutschlands im Wettbewerb der GmbH-Rechte verdeutlicht.
Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisI
AbkürzungsverzeichnisVI
1.Einleitung1
2.Überblick über das Gesellschaftsrecht in Europa2
2.1Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 - 48 EGV2
2.2Grundlegende Theorien des Gesellschaftsrechts in Europa3
2.2.1Sitztheorie3
2.2.2Gründungstheorie4
2.2.3Vereinbarkeit […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Überblick über das Gesellschaftsrecht in Europa
2.1 Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 - 48 EGV
2.2 Grundlegende Theorien des Gesellschaftsrechts in Europa
2.2.1 Sitztheorie
2.2.2 Gründungstheorie
2.2.3 Vereinbarkeit von Sitz- und Gründungstheorie mit der Niederlas- sungsfreiheit
2.3 Entscheidende Urteile des EuGH zur Niederlassungsfreiheit
2.3.1 „Daily Mail“-Urteil vom
2.3.2 Urteil „Centros“ und die geänderte Auffassung des EuGH
2.3.3 „Überseering“-Entscheidung des EuGH vom
2.3.4 EuGH-Urteil „Inspire Art“ vom
2.4 Folgen der EU-Niederlassungsfreiheit
2.5 Konsequenzen für die Gestaltungs- und Steuerberatungspraxis
3 Die Reaktion der Rechtsprechung in Deutschland
3.1 BGH-Urteil vom 01.07.2002 - II ZR 380/
3.2 Anerkennung der Grünungstheorie durch den BGH
4 Die Limited - Eine Alternative aus zivilrechtlicher Sicht?
4.1 Neugründung der Private Limited Company
4.1.1 Rechtliche Neugründung der Private Limited Company
4.1.1.1 Memorandum und articles of association
4.1.1.2 Company secretary
4.1.1.3 Gesellschafterversammlung
4.1.1.4 Directors
4.1.1.5 Registrierung der Limited
4.1.1.6 Firma nach englischem Recht
4.1.1.7 Firma der deutschen Zweigniederlassung einer Limited
4.1.1.8 Eintragung der Zweigniederlassung in das Handelsregister
4.1.1.9 Gründungskosten
4.1.1.10 Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Ltd. & Co. KG
4.1.2 Wirtschaftliche Neugründung der Private Limited Company
4.1.3 Kapitalvorschriften
4.1.3.1 Grundzüge der Kapitalaufbringung bei der Limited
4.1.3.2 Kapitalherabsetzung der Limited
4.1.3.3 Ausschüttungen an Gesellschafter
4.1.3.4 Rückkauf eigener Anteile
4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen der Private Limited Company
4.2.1 Gerichtliche Zuständigkeit
4.2.1.1 Allgemeiner Gerichtsstand
4.2.1.2 Ausschließliche und besondere Gerichtsstände
4.2.1.3 Gerichtsstandsvereinbarungen
4.2.1.4 Schiedsklauseln
4.2.1.5 Örtliche Zuständigkeit
4.2.2 Pflichten im allgemeinen Rechtsverkehr
4.2.2.1 Auftreten im Grundstücksverkehr
4.2.2.2 Gewerberechtliche Pflichten
4.2.2.3 Genehmigungserfordernisse für bestimmte Tätigkeiten
4.2.3 Arbeitsrechtliche Bestimmungen
4.2.3.1 Unternehmensmitbestimmung
4.2.3.2 Betriebliche Mitbestimmung
4.2.3.3 Individualarbeitsrecht
4.2.4 Insolvenzrecht der Private Limited Company in Deutschland
4.2.5 Umwandlungsrecht
4.3 Laufende Pflichten der Private Limited Company
4.3.1 Registered office
4.3.2 Gesellschafterversammlung
4.3.3 Company secretary
4.3.4 Director`s report, annual return und annual account
4.4 Haftung der Beteiligten
4.4.1 Ausgangssituation der zivilrechtlichen Haftungstatbestände
4.4.2 Haftung im Gründungsstadium der Limited
4.4.3 Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft
4.4.4 Haftung wegen Nichteintragung in das Handelsregister
4.4.5 Haftung der Geschäftsführer
4.4.6 Insolvenzverschleppungshaftung
4.4.7 Durchgriffshaftung
4.5 Vor- und Nachteile des Zivilrechts einer englischen Limited und Vergleich mit der deutschen GmbH
5 Die Limited - Eine Alternative aus steuerrechtlicher Sicht?
5.1 Körperschaftsteuerliche Behandlung der Limited
5.1.1 Unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht in England
5.1.2 Unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht in Deutschland
5.1.3 Problem der Doppelbesteuerung
5.1.4 Liquidationsbesteuerung
5.2 Einkommensermittlung der Limited
5.2.1 Einkommensart
5.2.2 Gewinnermittlung
5.3 Besteuerung der Limited
5.3.1 Gewerbe- und Umsatzsteuerpflicht der Limited in Deutschland
5.3.2 Erbschaft- und schenkungssteuerrechtliche Betrachtung
5.3.3 Besteuerung der Beteiligung an einer Limited
5.3.4 Lohnsteuerpflicht des Direktors
5.4 Rechnungslegung der Private Limited Company
5.4.1 Inländische Rechnungslegungsvorschriften
5.4.1.1 Buchführungspflicht und Jahresabschlusserstellung in Deutschland
5.4.1.2 Offenlegungs- und Prüfungspflichten in Deutschland
5.4.2 Englische Rechnungslegungsvorschriften
5.4.2.1 Laufende Buchführung und Jahresabschluss
5.4.2.2 Prüfungspflichten in England
5.4.2.3 Steuererklärungspflicht der Limited in England
5.5 Vor- und Nachteile des Steuerrechts der Limited und Vergleich mit der deutschen GmbH
6 Ausgewählte Problemfelder der englischen Limited in Deutschland
6.1 Sprachbarrieren
6.2 Akzeptanz bei Kunden und Lieferanten
6.3 Finanzierung der Limited
6.4 Rentenversicherungspflicht selbstständiger Limited-Geschäfts-führer?
7 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Das europäische Gesellschaftsrecht befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Betroffen ist dabei keineswegs nur das Recht börsennotierter Gesellschaften, sondern auch das Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Aufgeschreckt durch die vom EuGH in drei Entscheidungen begründete Möglichkeit des Zuzugs von Gesellschaftsformen aus anderen europäischen Ländern, sieht sich die inländische GmbH seit einiger Zeit einem immer noch steigenden Maß der Konkurrenz europäischer Gesellschaftsformen im Inland ausgesetzt.[1] Diese ausländischen Gesellschaftsformen werden unter Beachtung des jeweiligen ausländischen Rechts und unter Einhaltung der ausländischen Erfordernisse gegründet. Im Anschluss daran nehmen die Auslandsgesellschaften ihren Verwaltungssitz im Inland auf, an dem sie auch den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entfalten. Infolgedessen sind seit Ende 2002 bereits mehr als 30.000 englische Private Limited Companies mit deutschem Verwaltungssitz gegründet worden.[2] Ausgelöst durch die Entscheidungen des EuGH entstand allerdings eine erhebliche Rechtsunsicherheit in Deutschland, zum Beispiel in Bezug auf das Insolvenzrecht, das Steuerrecht, die Haftung der Beteiligten und die Kapitalvorschriften. Die Wahl der Rechtsform einer Private Limited Company anstatt einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung will daher eine gut überlegte Entscheidung sein.[3]
Ziel dieser Diplomarbeit ist es daher, eine umfassende Darstellung über die Argumente und Gegenargumente der englischen Private Limited Company in Deutschland zu erstellen. Dabei sollen jedoch nicht nur die gesetzlichen Unterschiede der Ltd. und der GmbH miteinander verglichen werden, sondern es muss auch verdeutlicht werden, dass auslän-dische Gesellschaftsformen in einer Reihe von Punkten dem deutschen Recht unterliegen.
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der oftmals einseitigen Werbung für die Limited als Rechtsformalternative zur deutschen GmbH. Zu diesem Zweck werden die Chancen, aber auch die Risiken der Private Limited Company in Deutschland aufgezeigt und die derzeitige Position Deutschlands im Wettbewerb der GmbH-Rechte verdeutlicht.
2 Überblick über das Gesellschaftsrecht in Europa
2.1 Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 - 48 EGV
Die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union wird in den Artikeln 43 bis 48 des EG-Vertrages geregelt. Unterschieden wird dabei zwischen der primären und der sekundären Niederlassungsfreiheit. Die primäre Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EGV betrifft die selbstständige Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen und gibt diesen das Recht, sich in jedem Mitgliedstaat ständig niederzulassen. Gemäß Art. 48 EGV fallen in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit alle Gesellschaftstypen, soweit sie ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat haben. Laut Art. 48 Abs. 2 EGV zählen dazu insbesondere die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts, mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck ausüben.[4] Die sekundäre Niederlassungsfreiheit ermöglicht entsprechend Art. 43 Abs. 1 Satz 2 EGV die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften innerhalb der Mitgliedstaaten. Eine Niederlassung stellt den Ort dar, von dem der Beruf oder das Gewerbe eines Staatsbürgers der Europäischen Union in einem anderen Mitgliedstaat ausge-
übt wird. Dabei müssen die Entstehung sowie die Betreibung der Niederlassung auf eine Erwerbstätigkeit ausgerichtet sein.[5]
In erster Linie enthält der Art. 43 EGV ein Diskriminierungsverbot, d.h. einen Schutz vor Maßnahmen, die eine ausländische Gesellschaft gegenüber einer inländischen ungleich behandeln sowie ein allgemeines Beschränkungsverbot im Hinblick auf Maßnahmen, die diskriminierend sind. Besteht jedoch ein zwingendes Erfordernis, so ist eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durchaus zulässig:
- für Tätigkeiten in Ausübung öffentlicher Gewalt gem. Art. 45 EGV und
- bei Störungen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit nach Art. 46 EGV.
Die eben aufgeführten Beschränkungen müssen zudem verhältnismäßig sein.[6]
2.2 Grundlegende Theorien des Gesellschaftsrechts in Europa
2.2.1 Sitztheorie
Das Wesen der Sitztheorie als gesellschaftsrechtliche Theorie ist es, dass für die Vergabe oder den Entzug der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person nur derjenige Staat zuständig sein kann, in dem diese Kapitalgesellschaft bzw. eine andere juristische Person auch ihren Hauptverwaltungssitz hat. Eine juristische Person muss sich ihre Rechtsfähigkeit somit von dem Staat verleihen lassen, zu dem sie auch die stärkste Bindung besitzt. Die Sitztheorie verfolgt dadurch das Ziel den Zuzug ausländischer Gesellschaften, die gegründet wurden um ein strengeres Gesellschaftsrecht zu umgehen, ins Inland zu verhindern. Nach der Auffassung dieser Theorie ist es nicht möglich, dass sich eine Gesellschaft unter dem Gesellschaftsrecht irgendeines Staates registrieren lässt zu dem sie keinerlei Bin-dungen besitzt.[7]
2.2.2 Gründungstheorie
Bei der Gründungstheorie richtet sich die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht des Staates, in dem die Gesellschaft unter Einhaltung der dort existierenden Formvorschriften rechtswirksam entstanden ist und auch nach diesem Recht weiter bestehen soll, auch wenn sie sich nicht mehr in dem Gründungsland befindet. Es ist deshalb nach dieser gesellschaftsrechtlichen Theorie möglich, den tatsächlichen Verwaltungssitz einer Gesellschaft in ein anderes Land unter Beibehaltung der ursprünglichen Identität, zu verlegen. Ziel dieser Auffassung ist es somit, den inländischen Gesellschaften die Möglichkeit einzuräumen ihren Sitz zu verlegen, aber dabei nicht den Schutz des heimischen Rechts zu verlieren.[8]
2.2.3 Vereinbarkeit von Sitz- und Gründungstheorie mit der Niederlassungs-freiheit
Vergleicht man die beiden Theorien mit den Grundsätzen der EG-vertraglich statuierten Niederlassungsfreiheit, kommt man zu dem Schluss, dass die Gründungstheorie mit der
Niederlassungsfreiheit vereinbar ist. Falls eine Gesellschaft ihren Verwaltungssitz in einen Mitgliedstaat verlegt, der der Rechtslehre der Gründungstheorie folgt, so wird diese in ihrer Niederlassungsfreiheit nicht eingeschränkt, da ihre Rechtsfähigkeit nach der rechtswirksamen Entstehung im Gründungsstaat des satzungsmäßigen Sitzes bestehen bleibt.[9]
Problematischer erscheint allerdings die Vereinbarkeit der Sitztheorie mit der Niederlassungsfreiheit. Anders als etwa in Großbritannien und in den Niederlanden, die der Gründungstheorie folgen, war in Deutschland sowie in den wichtigsten kontinentaleuropäischen Ländern bis zum „Centros-Urteil“ des EuGH die Sitztheorie herrschende Meinung. Jedoch kann die Vereinbarkeit der Sitztheorie mit der Niederlassungsfreiheit zu Komplikationen führen, wenn es festzustellen gilt, ob eine ausländische Gesellschaft nach deutschem Recht als rechtsfähig anerkannt werden kann. Verlegt zum Beispiel eine englische Limited ihre Hauptverwaltung von England nach Deutschland, so war diese in Deutschland nicht rechtsfähig. Der Grund hierfür ist, dass die Limited ihre Rechtspersönlichkeit nicht vom zuständigen deutschen Recht erhalten hat und somit in Deutschland nicht existent ist.[10] Ebenso verhielt es sich, wenn eine deutsche GmbH den Entschluss fasste, ihren Verwaltungssitz in die Niederlande zu verlegen. Dieser Wegzug würde nach Auffassung der Sitztheorie zur Auflösung der Gesellschaft führen, da das deutsche Recht die Fortführung einer deutschen GmbH mit ausländischem Verwaltungssitz versagt. Diese Gründe waren ausschlaggebend dafür, dass die Kritiken an der Sitztheorie, wie sie Deutschland bis zum „Centros-Urteil“ praktizierte, sich verdichteten. Denn nach dem europäischen Grundrecht der Niederlassungsfreiheit muss es jedem gestattet sein in einem anderen Mitgliedstaat eine Hauptniederlassung, Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft zu gründen. Aus diesem Grund vollzog sich eine Wende von der Sitz- zur Gründungstheorie infolge der Rechtsprechungen des Europäischen Gerichtshofes, die in den nachfolgenden Kapiteln dieser Diplomarbeit genauer erläutert werden soll.[11]
2.3 Entscheidende Urteile des EuGH zur Niederlassungsfreiheit
2.3.1 „Daily Mail“-Urteil vom 27.09.1988
Die Daily Mail and General Trust plc stellt eine Aktiengesellschaft des englischen Rechts dar. Ziel des eben erwähnten Unternehmens war es, aus steuerlichen Gründen den Verwaltungssitz in die Niederlande zu verlegen und dabei die englische Gesellschaftsform der plc beizubehalten. Nach dem damaligen englischen Körperschaftsteuerrecht bedurfte der Wegzug der Gesellschaft allerdings der Zustimmung des Finanzministeriums, weil dieser einen Steueranspruch, bezogen auf die Aufdeckung der stillen Reserven, hatte. Die benötigte Zustimmung des Finanzministeriums wurde der Daily Mail plc jedoch verweigert.[12] Daraufhin bezog sich die Gesellschaft auf das Niederlassungsrecht gem. Art. 43 i.V.m. 48 EGV, da sie einen Verstoß gegen das Grundrecht der Binnenmarktfreiheit sah. Der Fall wurde durch das englische Gericht dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH entschied allerdings im Sinne der englischen Behörden und gestattete es Daily Mail nicht ihren Verwaltungssitz unter Wahrung der englischen Rechtsform in die Niederlande zu verlegen. Der EuGH stellte mit dem „Daily Mail“–Urteil fest, dass sich die identitätswahrende Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat nach den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften des Gründungslandes richtet. Gesellschaften hätten im Gegensatz zu natürlichen Personen außerhalb ihres jeweiligen Gründungsstaates keinerlei Realität, da die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten für ihre Gesellschaften unterschiedliche Voraussetzungen hinsichtlich der Gründung und der Existenz mit dem nationalen Recht aufweisen. Seit dieser Entscheidung wurde in der europäischen Rechtsprechung anerkannt, dass die Anwendung der Sitztheorie dem geltenden EG-Recht nicht widerspricht. Allerdings ging aus diesem Urteil hervor, dass der EuGH die Unterschiedlichkeit der nationalen Kollisionsregeln akzeptiert, sich jedoch die Lösung der damit verbundenen Probleme zukünftiger Rechtsprechungen vorbehalten hat.[13]
2.3.2 Urteil „Centros“ und die geänderte Auffassung des EuGH
Das dänische Ehepaar Bryde gründete in London die Centros Ltd. Da das englische Recht kein Mindestkapital als Gründungsvoraussetzung vorsieht, wurde diese Gesellschaft mit einem Stammkapital von £ 100 errichtet. Der satzungsmäßige Sitz der Centros Ltd. befindet sich im Vereinigten Königreich, an dem jedoch keinerlei Tätigkeiten entfaltet wurden. Kurze Zeit später beantragte das Ehepaar die Eintragung einer Zweigniederlassung in das dänische Handelsregister, da dort die Geschäftstätigkeiten aufgenommen werden sollten. Jedoch weist das dänische Registergericht den Antrag der Centros Ltd. zurück, da es sich nach deren Auffassung nicht um eine Zweigniederlassung, sondern um eine Hauptniederlassung handele und dadurch nicht die Mindestkapitalvoraussetzung des dänischen Rechtes umgangen werden dürfe.[14] Dies sah der EuGH als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 und 48 EGV. Nach Ansicht des EuGH stelle der satzungsmäßige Sitz der Centros Ltd. in Großbritannien einen ausreichenden Gemeinschaftsbezug dar, wonach die Niederlassungsfreiheit gegeben sei. Die Verweigerung der Eintragung der Zweigniederlassung in Dänemark bedeutet hingegen eine Beschränkung des europäischen Grundrechts. Auch die Rechtfertigung der dänischen Behörden, den Schutz der Gesellschaftsgläubiger durch das aufzubringende Mindestkapital, stelle kein ausreichendes Argument dar und sei nicht geeignet, das Gemeinwohlinteresse zu fördern. Da Centros ausdrücklich als Ltd. auftrete, hätten die dänischen Gläubiger nach Auffassung des EuGH die Möglichkeit, sich ausführliche Informationen über diese Gesellschaft zu besorgen.[15]
Mit dem „Centros“–Urteil hat der EuGH lediglich über die Frage entschieden, ob ein Staat, der der Gründungstheorie folgt, die Eintragung einer Zweigniederlassung zur Umgehung nationaler Vorschriften verweigern kann. Damit war keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob Staaten, die derzeitig der Sitztheorie folgen, die eben dargestellten Gesell-schaften als rechtsfähig anzuerkennen haben. Trotz alledem ergeben sich für die Sitztheo- rie richtungsweisende Erkenntnisse, da auch für diese Staaten die Grundsätze der Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit bestehen.[16]
2.3.3 „Überseering“-Entscheidung des EuGH vom 05.11.2002
Die niederländische Überseering B.V. wurde 1990 gegründet und in das niederländische Handelsregister eingetragen. Die Rechtsform der besloten venootschap (B.V.) entspricht in etwa der deutschen GmbH. 1992 beauftragte die Überseering B.V. die NCC Baumanagement GmbH (NCC) mit der Sanierung zweier Gebäude. Im Jahre 1995 übernahmen zwei in Deutschland ansässige Privatpersonen sämtliche Anteile an der Überseering B.V. und verlegten deren Verwaltungssitz nach Deutschland. Nach mangelhaften Sanierungsleistungen verklagte Überseering die NCC vor einem deutschen Gericht auf Mängelgewährleistung. Daraufhin wurde die Klage vom Landgericht auf Grund der fehlenden Rechts- und Parteifähigkeit abgewiesen. Die anschließende Berufung von Überseering wies das Oberlandesgericht ebenfalls zurück, woraufhin diese beim BGH in Revision gingen. Um die Frage zu klären, ob die Sitzverlegung nach dem geltenden Gemeinschaftsrecht anzuerkennen ist, bat der BGH den EuGH um eine diesbezügliche Vorabentscheidung.[17]
Der Verkauf der Geschäftsanteile an eine in Deutschland ansässige Privatperson stellt nach deutschem Recht eine Verlegung des Verwaltungssitzes dar. Nach Ansicht des EuGH umfasst der Anwendungsbereich der Art. 43 und 48 EGV die nationalen Reglungen des Aufnahmemitgliedstaates bei einer Sitzverlegung der Gesellschaft. Somit fällt auch die Sitzverlegung in Bezug auf das Verhältnis der Gesellschaft und dem Gründungsstaat grundsätzlich unter den Schutz der Niederlassungsfreiheit. Da Überseering nach niederlän-dischem Recht immer noch besteht, handelt es sich um eine nicht zu vereinbarende Beschränkung, wenn die Rechts- und Parteifähigkeit einer ausländischen Gesellschaft von einem Mitgliedstaat nicht anerkannt wird. Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit sind nur insoweit zulässig, falls sie keine Diskriminierungen enthalten, dem Allgemeinwohl dienen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die Berufung der deutschen Behörden auf zwingende Gründe des Allgemeinwohls, wie z.B. den Arbeitnehmerschutz durch Mitbestimmung und den Schutz von Minderheitsgesellschaften sowie aus Gläubigerschutzgesichtspunkten, wies der EuGH ab. Somit kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen Art. 43 und 48 EGV vorliegt, wenn die Rechts- oder Parteifähigkeit, die eine Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaates besitzt, von einem anderen Mitgliedstaat nicht anerkannt wird.
In dem „Überseering“–Urteil wird jedoch die Sitztheorie nicht ausdrücklich für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit erklärt, sondern es geht vielmehr hervor, dass die Rechtsfolgen der Sitztheorie auf Grund der Unverhältnismäßigkeit nicht weiter tragbar sind.[18]
2.3.4 EuGH-Urteil „Inspire Art“ vom 30.09.2003
Die Inspire Art war eine Limited Company mit Sitz in England, deren Geschäftstätigkeit sich jedoch ausschließlich über eine Zweigniederlassung in den Niederlanden entfaltete. Dort müssen Gesellschaften, die unter das „Gesetz über formal ausländische Gesell-schaften“ fallen, auch als solche gekennzeichnet werden. Des Weiteren setzte das Handelsregister in den Niederlanden für diese Gesellschaften ein Mindestkapital in derselben Höhe wie für niederländische B.V. fest. Solange diese Verpflichtungen nicht erfüllt waren, haften die Geschäftsführer gesamtschuldnerisch neben der Gesellschaft für alle Verbindlichkeiten. Aus diesem Grund kam es zum Streit zwischen Inspire Art und der Handelskammer
Amsterdam.[19] Der EuGH kam zu der Entscheidung, dass es sich bei Vorschriften über das Mindestkapital, die die betroffenen Gesellschaften in ihrem Gründungsstaat nicht zu erfüllen haben, um Maßnahmen mit Mehrbelastung und folglich um eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit handele. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des europäischen Gerichtshofes kam dieser zu dem Schluss, dass Maßnahmen des Gläubigerschutzes, zur Steuerkontrolle und zur Gewährleistung des Handelsverkehrs keinen ausreichenden Grund darstellen, um die Niederlassungsfreiheit zu beschränken.[20] Aus dem „Centros“–Urteil ergab sich, dass das Mindestkapitalerfordernis aus dem Grund nicht notwendig sei, da Inspire Art als Gesellschaft des englischen Rechts auftrat. Demzufolge war auch die gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer rechtswidrig, da dies der Durchsetzung des Mindestkapitalerfordernisses diente.
2.4 Folgen der EU-Niederlassungsfreiheit
Der EuGH hat mit der „Inspire-Art“-Entscheidung nach dem „Centros“-Urteil und insbesondere mit der „Überseering“-Entscheidung klargestellt, dass die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegründeten Gesellschaften in Deutschland als rechts- und parteifähig anerkannt werden müssen. Dies ist sowohl maßgebend für den Fall der Gründung einer Gesellschaft im Ausland mit anschließender Errichtung einer deutschen Zweigniederlassung, an der die Hauptgeschäftstätigkeit dieser Gesellschaft aufgenommen wird, als auch für die Verlegung des Verwaltungssitzes einer Gesellschaft in das Inland. Die Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat kann auch dann erfolgen, wenn der betreffende Staat strengere Anforderungen an die Kapitalausstattung oder beispielsweise an die Gründungsformalitäten stellt als der Gründungsstaat. Jeder EU-Mitgliedstaat muss somit Gesell- schaften mit beschränkter Haftung akzeptieren, selbst wenn die Gründung nur aus dem Grund der Umgehung des strengeren Gründungsrechtes bestimmt war.[21]
Ziel der Aufhebung von Zuzugsbeschränkungen für ausländische Kapitalgesellschaften ist, neben der Schaffung einer einheitlichen europäischen Rechtsform der „Societas Europaea“, die Vollendung des Binnenmarktes auf dem Gebiet des Unternehmensrechts.
Die GmbH ist nach wie vor die mit Abstand beliebteste Gesellschaftsform in Deutschland. Allerdings tritt sie zunehmend in einen Wettbewerb mit ausländischen Rechtsformen, insbesondere mit der englischen Private Limited Company. Um die deutsche GmbH für diesen Wettbewerb zu rüsten, gab es in der letzten Wahlperiode des Deutschen Bundes-tages Überlegungen das Mindeststammkapital herabzusetzen. Sodann wurde am 01.06.2005 mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Neureglung des Mindestkapitals von der alten Bundesregierung beschlossen, das Stammkapital auf 10.000 EUR herabzusetzen. Jedoch ist auf Grund der vorzeitigen Beendigung der 15. Wahlperiode und der Auflösung des Bundestages am 21.07.2005 der ausgearbeitete Gesetzentwurf, zumindest derzeitig, in der Versenkung verschwunden. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass das Thema bald wieder auf der Tagesordnung der Bundesregierung erscheinen wird, da die Attraktivität der deutschen GmbH und somit die Rechtsformwahl für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland stärker als jemals zuvor ein sehr wichtiges Thema ist.[22]
2.5 Konsequenzen für die Gestaltungs- und Steuerberatungspraxis
Bei einer Gesellschaftsgründung stellt sich zunächst die Frage, welche Rechtsform für das beabsichtigte Unternehmen die optimale Ausgangsgrundlage für die wirtschaftliche Tätigkeit bietet. Für die Rechtsformwahl sind sowohl zivilrechtliche als auch steuerliche Überlegungen anzustellen. Dabei spielen die Art, die Größe und Ertragskraft des Unternehmens, die Haftung und Haftungsbeschränkungen, die Unternehmensfinanzierung, die Übertragbarkeit und Vererbbarkeit der Gesellschaftsanteile sowie die Beteiligung von Familienanteilen eine große Rolle. Einen weiteren entscheidenden Einflussfaktor für die Rechtsformwahl stellt die steuerliche Belastung der unterschiedlichen Gesellschaftsformen dar. Die Rechtsformwahl erfordert deshalb eine eingehende Abwägung der einzelnen Einflussfaktoren.
Die Rechtsprechung des EuGH bezogen auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 und 48 EGV hat der Gestaltungs- und der Steuerberatungspraxis die Möglichkeit eröffnet, bei der Gründung eines Unternehmens die Rechtsform der englischen Private Limited Company zu empfehlen. Allerdings hat der EuGH im Bereich der gesellschaftsrechtlichen Beratungspraxis eine Fülle an unbeantworteten Fragen und rechtlichen Problemen hinterlassen. Aus diesem Grund muss bezweifelt werden, dass allen Gründungen der Private Limited Company in Deutschland eine ausreichende steuerliche und gesellschaftsrechtliche Beratung, bezogen auch auf die Risiken der Gesellschaftsform, vorausgegangen ist. Die Vor-teile der englischen Limited werden häufig von den zahlreichen Gründungsagenturen und Unternehmensberatern in übersteigertem Maß in den Vordergrund gestellt und weitere wichtige Determinanten der Rechtsformwahl außer Betracht gelassen. Jedoch kann man sagen, dass die Gestaltungsfreiheit für die Beratungspraxis durch die Rechtsprechung des EuGH erheblich ausgeweitet wurde.[23]
Deshalb sollen in dieser Diplomarbeit die Risiken und die Chancen der Rechtsformalternative Private Limited Company beleuchtet werden, vor allem auf Grund des ihr von vielen Seiten zugesprochenen Wettbewerbsvorteils gegenüber der deutschen GmbH.
3 Die Reaktion der Rechtsprechung in Deutschland
3.1 BGH-Urteil vom 01.07.2002 - II ZR 380/ 00
In dem Urteil vom 01.07.2002 entschied der BGH, dass ausländische Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen und nach dem Recht ihres jeweiligen Gründungsstaates als rechtsfähige Gesellschaften anerkannt waren, vor deutschen Gerichten als rechtsfähige Personengesellschaften zu behandeln sind.[24]
Allerdings erwies sich diese Rechtsprechung des BGH nach dem „Überseering“-Urteil des EuGH vom 05.11.2002 für nicht anwendbar. Grund dafür ist die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass die Rechts- und Parteifähigkeit ausländischer Gesellschaften auch nach deren Sitzverlegung weiterhin nach dem Recht des Gründungsstaates zu behandeln seien. Gesellschaftsform wie z.B. die englische Private Limited Company sind somit ähnlich der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung als juristische Person zu beurteilen.[25]
Steuerrechtlich als auch gesellschaftsrechtlich hätte dieses BGH-Urteil enorme Konsequenzen zur Folge gehabt, da z.B. eine rechtsfähige Personengesellschaft in Deutschland nicht unter den Anwendungsbereich des Körperschaftsteuergesetzes fiele. Weitere steuerliche Konsequenzen sowie gesellschaftsrechtliche Auswirkungen dieses BGH-Urteils sollen auf Grund der aktuelleren Rechtsprechung nicht weiter aufgeführt werden.
3.2 Anerkennung der Grünungstheorie durch den BGH
Nachdem der BGH bereits mit dem eben aufgeführten Urteil vom 01.07.2002 erstmalig die Rechts- und Parteifähigkeit ausländischer Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland anerkannte, entschied der BGH am 13.03.2003 zum ersten Mal gegen die in Deutschland vorherrschende Sitztheorie. In diesem Urteil kommt somit die Beugung der deutschen Rechtsprechung auf die „Überseering“-Entscheidung des EuGH zum Ausdruck. Demnach gilt für das internationale Gesellschaftsrecht nunmehr auch in Deutschland die Gründungstheorie, nachdem zuvor der BGH regelmäßig die Rechts- und Parteifähigkeit ausländischer Gesellschaften kategorisch abgelehnt hatte.[26]
Fast genau zwei Jahre später unterstrich der II. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 14.03.2005 noch einmal die Gründungstheorie. Die Klägerin, die einen Betrieb, der sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von technischen Gasen beschäftigt, leitete, hatte von der Beklagten, einer in England gegründeten Private Limited Company mit Verwaltungssitz in Deutschland, die Bezahlung der vertraglich vereinbarten Gaslieferung mit einem Gesamtbetrag von 3.393,87 DM gefordert. Nachdem das Insolvenzverfahren der Limited mangels Masse abgelehnt worden war, nahm die Klägerin den Geschäftsführer persönlich zur Begleichung der noch offenen Forderung in Anspruch. Da die Limited jedoch nicht in das deutsche Handelsregister eingetragen war, lehnten die Gerichte alle Einsprüche gegen die persönliche Haftung der Beklagten mit der Begründung ab, dass im Ausland gegründete Kapitalgesellschaften mit Tätigkeitsschwerpunkt in Deutschland den deutschen Gründungsvorschriften unterworfen seien müssten. Allerdings entschied der BGH, dass die persönliche Handelndenhaftung des Geschäftsführers für die Verbindlichkeiten der Limited durch die Gleichsetzung der wirksam gegründeten Limited mit einer mangels Eintragung in das Handelsregister nicht als GmbH existenten GmbH gemäß der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 und 48 EGV nicht möglich ist.[27] Da die
europäische Niederlassungsfreiheit mit Bestimmungen über ein Mindestkapital nicht vereinbar ist, trifft dies nach Ansicht des Senats auch für Sanktionen zu, die durch die Nichterfüllung einer Verpflichtung begründet sind. Somit wurde in diesem Fall die persönliche Haftung des Beklagten als Geschäftsführer einer nicht in das Handelsregister eingetragenen Limited in Deutschland ausgeschlossen. Als zulässige Sanktion für die Nichtanmeldung beim Handelsregister komme nur die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Betracht.[28]
Das Urteil des BGH vom 14.03.2005 ist somit ein weiteres Indiz dafür, dass sich das deutsche internationale Gesellschaftsrecht im Umbruch befindet, und untermauert, dass die traditionell geltende Sitztheorie in Deutschland der Gründungstheorie weichen musste.
4 Die Limited - Eine Alternative aus zivilrechtlicher Sicht?
4.1 Neugründung der Private Limited Company
4.1.1 Rechtliche Neugründung der Private Limited Company
4.1.1.1 Memorandum und articles of association
Auf Grund der Umsetzung der Einpersonengesellschaftsrichtlinie ist es möglich, dass eine Limited von nur einer Person gegründet werden kann.
Das wichtigste bei der Anmeldung der Gesellschaft vorzulegende Dokument ist der Gesellschaftsvertrag. Dieser besteht aus dem memorandum of association (Gründungsurkunde), der die Beziehungen nach außen regelt und den articles of association, der die Satzung darstellt.
In der Gründungsurkunde müssen folgende Angaben enthalten sein:
- Name der Limited (mit Zusatz „limited“ oder „ltd.“),
- registered office (Unternehmensanschrift),
- Gegenstand der Gesellschaft,
- Angabe der Haftungsbeschränkung,
- Grundkapital, sowie dessen Aufteilung
- und die Verpflichtung der Beteiligten, Gesellschaftsanteile zu übernehmen.[29]
Bei dem registered office handelt es sich nicht zwingend um den Sitz der Gesellschaft, sondern es soll die Existenz des registered office sichergestellt werden, damit alle wich-tigen Dokumente an die Limited weitergeleitet werden können. Des Weiteren müssen an diesem Ort alle von der Limited zu führenden Verzeichnisse einsehbar sein.[30] Als Gegen- stand der Gesellschaft einer Limited kann sie jeglichen Handel und alle Geschäfte betreiben, soweit diese mit dem Gesetz vereinbar sind. Empfohlen wird allerdings, den Gegen-stand auf Grund von Haftungsrisiken im Innenverhältnis sehr umfangreich zu definieren.[31]
Bei den articles handelt es sich um Reglungen, die das innere Verhältnis der Gesellschaft betreffen. Diese stellen zumeist Reglungen über die Bestellung und die Abberufung der directors (Geschäftsführer), die Kapitaleinlagen, die Art der Geschäftsanteile und die damit zusammenhängenden Rechte sowie die Übertragung von Gesellschaftsanteilen dar. Die Flexibilität des englischen Rechtes ermöglicht im Innenverhältnis ein maßgenaues Zuschneiden der Satzung auf die Bedürfnisse ihrer Mitglieder.[32]
4.1.1.2 Company secretary
Die Einsetzung eines company secretary ist für die Gründung einer Private Limited Company zwingend erforderlich. Er erledigt die anfallenden Formalitäten der Gesellschaft und bereitet den annual return vor. Dabei führt er die Protokolle, er überwacht die Formalitäten der Direktoren- und der Gesellschafterversammlung, ihm obliegt die Korrespondenz mit dem Gesellschaftsregister und er ergänzt die Register der Gesellschaft. Zu diesen so genannten statutory registers zählen das Gesellschafterregister, das Direktor- und Sekretärsregister, ein Register über die Direktorenbeteiligungen sowie ein Register über die Vermögenslasten. Sein Ziel ist die Steuerung und die Kontrolle der verwaltungsmäßigen Abläufe der Limited. Ausgeschlossen ist jedoch, dass der company secretary mit dem director identisch sein kann, falls die Gesellschaft nur einen director besitzt. Somit übernimmt der company secretary keine Aufgaben der Geschäftsführung.[33] Die Folge dessen ist, dass bei der Gründung und bei der Führung der Private Limited Company zunächst zwei Personen benötigt werden.
4.1.1.3 Gesellschafterversammlung
Hierarchisch gesehen bildet die Gesellschafterversammlung das oberste Organ der Private Limited Company, da die Geschäftsführer grundsätzlich an die Beschlüsse der Gesellschafter gebunden sind. Jedoch ist die Gesellschafterversammlung in Belangen der Geschäftsführung der Limited zumeist nicht entscheidungsberechtigt. Allerdings besitzt sie die Möglichkeit, die Bestellung der Geschäftsführer zu widerrufen. In der Regel ist die Gesellschafterversammlung einmal jährlich durch die Geschäftsführer einzuberufen. Diese erstatten den Jahresbericht und legen den Jahresabschluss der Limited vor.[34] Die weiteren Themen, die auf der Gesellschafterversammlung besprochen werden müssen, sind die Bestimmung der Dividenden, die Wahl der Direktoren und des Abschlussprüfers. Die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung ist von der Art des Beschlusses abhängig. Für ordentliche Beschlüsse ist demnach eine einfache Mehrheit ausreichend, wohingegen für außerordentliche und spezielle Beschlüsse eine Dreiviertelmehrheit vonnöten ist. Des Weiteren ist die Möglichkeit von sogenannten elective resolutions zu erwähnen, die für bestimmte Fälle vorgesehen sind. Hierbei handelt es sich um eine Entscheidung, bei der zum Beispiel auf die Erstattung des Jahresberichts verzichtet werden kann. Allerdings wird dafür ein besonderes Ladungserfordernis benötigt. In der Praxis wird häufig durch eine elective resolution auf die Durchführung der jährlichen Gesellschafterversammlung verzichtet, da die Möglichkeit besteht, Beschlüsse in written resolutions (schriftlichen Um- laufverfahren) zu fassen. Die Protokollierung dieser Beschlüsse ist dann bei dem jeweiligen registered office (Anschrift des Gesellschaftssitzes) aufzubewahren.[35]
4.1.1.4 Directors
Von der Private Limited Company sind einer oder mehrere directors einzusetzen. Dabei ist der director nicht dazu verpflichtet, auch Gesellschafter der Limited zu sein. Zulässig ist auch, dass es sich bei dem director um eine minderjährige oder sogar um eine juristische Person handelt. Ausnahmen bestehen jedoch bei Personen, gegen die ein disqualitication order (gerichtlicher Disqualifikationsbeschluss) ergangen ist. Besteht ein solcher gericht-licher Beschluss, so existiert für diese Zeit ein Berufsverbot von bis zu 15 Jahren, sofern nicht eine ausdrückliche Erlaubnis des Gerichts erteilt wird. Ein Verstoß gegen ein solches Verbot stellt nach dem englischen Recht eine Straftat dar. Gemäß dem Company Directors Disqualification Act (CDDA) kann zum Beispiel ein Disqualifikationsbeschluss dann ergehen, wenn der director eine Straftat begangen hat, er wiederholt gegen die Mitteilungspflichten gegenüber dem companies house (Gesellschaftsregister) verstoßen hat oder sich betrügerischer oder pflichtverletzender Handlungen in der Insolvenz der Gesellschaft schuldig gemacht hat. Laut section 6 CDDA muss ein Gericht einen Disqualifizierungsbeschluss fassen, wenn es sich um einen Direktor handelt, der zur Geschäftsführung einer Limited nicht geeignet ist. Des Weiteren sind Personen, die einen undischarged bankrup (persönlichen Konkurs) erlitten haben, nach section 11 CDDA nicht berechtigt, den Posten eines Direktors zu übernehmen. Damit sollte ersichtlich geworden sein, dass die Anforderungen an die Person des Direktors und die Ausschlussgründe im englischen Recht sehr zahlreich und streng sind. Normalerweise wird die Bestellung des Geschäftsführers in den articles of association geregelt. In der Satzung kann auch geregelt sein, dass der Geschäftsführer Anteile an der Gesellschaft zu halten oder zu erwerben hat.[36] Aufgabe des directors sind die Unternehmens-führung und die Vertretung der Private Limited Company nach außen, wobei sich außenstehende Dritte auf die Vertretungsmacht des Geschäftsführers verlassen können. Grundsätzlich gilt das Prinzip der Gesamtvertretung. Es wird demnach kollektiv entschieden, soweit nichts anderes festgelegt wurde. Eine Informationspflicht von Dritten über etwaige Einschränkungen ist somit nicht notwendig. Bezogen auf das Innenverhältnis ist der Geschäftsführer an die ihm auferlegten Beschränkungen gebunden. Bei Pflichtverletzungen können Gerichte gemäß dem Company Director Disqualifi-cation Act 1986 die Geschäftsführer von der Gesellschaft ausschließen.[37]
Nach dem geltenden Common Law stellt die Geschäftsführerposition ein unentgeltliches Rechtsverhältnis dar. Eine Vergütung kann nur gezahlt werden, wenn ein selbstständiger Anstellungsvertrag abgeschlossen wurde. Aus diesem Vertrag ergibt sich die Aufgabe des directors. Er hat stets redlich zu handeln und den Vorteil der Gesellschaft über seinen eigenen Vorteil zu stellen.[38]
4.1.1.5 Registrierung der Limited
Die Registrierung der Private Limited Company erfolgt beim registrar of companies in London, Cardiff oder Edinburgh. Einzureichen sind neben dem memorandum und den articles of association die Formblätter Nr. 10 (first directors and secretary and intended situ-ation of registered office) und Nr.12 (decleration on application for registration). Mit
Formblatt Nr. 12 hat ein secretary, director oder ein bei der Gründung beteiligter solicitor zu erklären, dass alle Gründungsvoraussetzungen des Companies Act 1985 in Bezug auf die Eintragung der Gesellschaft erbracht sind. Als solicitor kann ein Anwalt fungieren, der auch spezielle notarielle Funktionen wahrnimmt.[39]
Weiterhin muss der solicitor bestätigen, ob der director weitere Direktorenposten bei anderen Gesellschaften innehat. Nach dem Erhalt der Eintragungsgebühr und der Vollständigkeitsprüfung der Angaben stellt das registrar of companies das certificate of incorporation (die Bescheinigung über die Eintragung der Gesellschaft) aus. Auf eine Prüfung der materiellen Richtigkeit der Unterlagen wird verzichtet. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem registrar of companies in keiner Weise um ein dem deutschen Handelsregister vergleichbares Instrument, sondern eher um eine Art Unternehmerdatenbank.
Normalerweise erfolgt die Ausstellung der Bescheinigung über die Eintragung der Gesellschaft innerhalb von fünf Tagen. Analog zum deutschen GmbH-Recht existiert die Gesellschaft erst mit Ablauf des Gründungsvorgangs.[40]
Obwohl der Gründungsprozess der Private Limited Company innerhalb kürzester Zeit erfolgt, besteht die Möglichkeit sog. shelf companies (Vorratsgesellschaften) zu erwerben. Diese rechtsfähigen Gesellschaften tragen dazu bei, dass der Erwerb einer Limited mit noch weniger Aufwand und in noch kürzerer Zeit vollzogen werden kann.
Gegenüber dem companies house bestehen natürlich auch Mitteilungspflichten. Betroffen sind dabei jede Bestellung und Änderung der directors und des secretary. Innerhalb von 14 Tagen muss dann Formblatt 288 a eingereicht werden. Mitzuteilen sind der Name und die Privatadresse. Für den director müssen außerdem die Staatsangehörigkeit, der Beruf und weitere Geschäftsführerpositionen bei anderen Gesellschaften angegeben werden. Bei der Änderung des Geschäftsjahres muss Formblatt 225 eingereicht werden. Erfolgt die Beendigung der Gesellschaft, muss dies innerhalb von zwei Wochen auf Formblatt 288 b mitgeteilt werden. Adressänderungen des registered office müssen dem companies house auf
Formblatt 287 angezeigt werden. Außerdem ist das Formblatt stock transfer form bei der Übertragung von Anteilen durch den Verkäufer dieser Anteile einzureichen. Anzuzeigen sind ebenfalls Auflösungsbeschlüsse sowie jede Änderung des memorandum und der articles of association.[41]
4.1.1.6 Firma nach englischem Recht
Um die Frage nach der Zulässigkeit der Firma einer deutschen Zweigniederlassung einer Private Limited Company zu klären, sollte zunächst auf die Namenswahl eingegangen werden.
Nach englischem Recht ist jeder bürgerliche Name einer Person, Sachbezeichnung oder Fantasiebezeichnung dem Grunde nach möglich. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass keine Identität mit einer bereits vergebenen registrierten Firma besteht und kein Täuschungsversuch vorliegt. Außerdem existiert nach englischem Recht eine Reihe von gesperrten Firmen. Die Firma braucht weder den Namen der Gesellschafter noch den Gesellschaftsgegenstand in der Firmenbezeichnung widerzuspiegeln. Zwingend zu verwenden ist allenfalls der Zusatz „Limited“ bzw. „Ltd.“. Die Liste der gesperrten Firmen ist beim companies house zu erhalten. Diese gesperrten Namen können nur nach erfolgter Genehmigung durch das companies house in das Register eingetragen werden.[42]
Gesperrte Firmenbezeichnungen sind, die
- nationale oder internationale Tätigkeit verlautbaren (Bsp.: British, England, National,...),
- einen amtlichen Anschein erwecken (Bsp.: Institution, Society, Institute, Federation,...)
- oder freizuhaltende, besonderer Regulierung unterworfene Geschäftsbereiche be-schreiben (Bsp.: Bank, Versicherung, Börse, Fond, Register,...).[43]
Die Firma darf nur mit einem Zusatz aus der Liste der gesperrten Namen bestehen, wenn der registrar of companies house ausdrücklich zugestimmt hat. Nicht erlaubt sind schließlich auch die Verwendung einer bereits registrierten Firma sowie die gegen gute Sitten verstoßenden Begriffe. Keine Unterschiedskraft bieten hingegen Namensbestandteile wie z.B. „co“, „company“, „&“, „the“, oder „and“ sowie die Rechtsform am Ende des Firmennamens und diese werden somit bei der Ähnlichkeitsüberprüfung nicht berücksichtigt. Daneben bietet das companies house einen telefonischen companies names check an.[44]
4.1.1.7 Firma der deutschen Zweigniederlassung einer Limited
Nach der Zulässigkeitsprüfung der ausländischen Firma der Hauptniederlassung muss nun geprüft werden, ob die Firma der Zweigniederlassung ausländischer Gesellschaften nach dem Recht am Ort des Verwaltungssitzes der Zweigniederlassung oder der Hauptniederlassung zu beurteilen ist. Nach dem „Inspire Art“-Urteil ist davon auszugehen, dass sich die Zulässigkeit der Firma einer Zweigniederlassung bei Gesellschaften aus europäischen Mitgliedstaaten nach dem Gründungsrecht des jeweiligen Hauptniederlassungslandes richtet. Diese eben erwähnten Auslandsgesellschaften mit Inlandssitz dürfen und müssen den Namen ihrer ausländischen Firma führen, selbst wenn sie eine abweichende Firmenbezeichnung mit einem entsprechenden Zweigniederlassungszusatz bildet. Auch bei der Frage, inwieweit ein Rechtsformzusatz mit Herkunftslandangabe bei der Firma einer Zweig-
niederlassung einer europäischen Auslandsgesellschaft möglich wäre, muss auf die „Inspire Art“–Entscheidung des EuGH verwiesen werden. Denn der europäische Gerichtshof hat mit seiner Entscheidung, die Kennzeichnungspflicht der Zweigniederlassung als Scheinauslandsgesellschaft bzw. als formal ausländische Gesellschaft, die Sonderfirmierungspflicht für europarechtswidrig erklärt, da dies eine unverhältnismäßige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 und 48 EGV darstellt. Des Weiteren verwies der EuGH auf Art. 2 der sog. Zweigniederlassungsrichtlinie, der eine Aufzählung der Offenlegungspflichten enthält, zu dem jedoch die Pflicht zur Sonderfirmierung nicht gehört. Allerdings hat der EuGH anerkannt, dass die Lauterkeit des Handelsverkehrs ein zwingendes Allgemeininteresse darstellt und somit eine eventuelle Einschränkung der Niederlassungsfreiheit gerechtfertigt sein könnte. Dies dürfte jedoch nur auf die Notwendigkeit des Herkunftslandhinweises anzuwenden sein, wenn eine ausreichende Verwechslungsgefahr mit einer inländischen Gesellschaftsform besteht, wie es z.B. bei der österreichischen GmbH der Fall ist. Möglich wäre dies auch nur, wenn die verwechslungsfähigen Rechtformen entscheidende Unterschiede z.B. bei der Kapitalaufbringung und der Haftung vorweisen, denn sonst scheint es kaum vorstellbar, dass die Lauterkeit des Handelsverkehrs gefährdet ist. Letztendlich existiert aber immer noch das deutsche Wettbewerbsrecht, dem sich die Zweigniederlassungen einer ausländischen Gesellschaft dennoch unterwerfen müssen.[45]
4.1.1.8 Eintragung der Zweigniederlassung in das Handelsregister
Bei einer Private Limited Company mit Satzungssitz in England und ausschließlicher Geschäftstätigkeit in Deutschland stellt sich zunächst die Frage, ob anstatt einer Zweigniederlassung nicht eine Hauptniederlassung beim deutschen Handelsregister anzumelden ist. Da nach englischem Gesellschaftsrecht für die Private Limited Company lediglich die Möglichkeit besteht, den Satzungssitz in England, Wales oder Schottland zu wählen und da das deutsche Registerrecht die Eintragung von ausländischen Gesellschaften als Hauptniederlassung nicht zulässt, ist eine Verlegung des Satzungssitzes ins Inland nicht möglich.
Laut § 3 HRV sind in die Abteilung B die Zweigniederlassungen ausländischer Rechtsträger einzutragen, wenn diese der Rechtsform nach den deutschen Rechtsträgern, die in diese Abteilung eingetragen werden, vergleichbar sind gem. § 40 Ziff. 2 i.V.m. § 43 Ziff. 2 HRV und §§13d ff. HGB.
Mit der Umsetzung der Zweigniederlassungsrichtlinie der Europäischen Union durch den deutschen Gesetzgeber sind für die Zweigstellen der ausländischen Gesellschaften die §§ 13d-g HGB anzuwenden. § 13e besagt, dass Zweigniederlassungen zwingend in das deutsche Handelsregister eingetragen werden müssen. Bei Nichtanmeldung einer solchen Niederlassung kann gegen die Geschäftsführer gem. § 14 HGB und §§ 132 ff. FGG ein Zwangsgeld angeordnet werden. Die Private Limited Company entsteht rechtswirksam mit ihrer Eintragung im companies house und die Zweigniederlassung mit ihrer tatsächlichen Errichtung im Inland. Das heißt, dass die Eintragung der Zweigniederlassung nur deklaratorische Wirkung besitzt. Des Weiteren kann die Limited schon vor der Eintragung rechtswirksame Geschäfte tätigen. Die Anmeldung muss durch einen schriftlichen Eintragungsantrag, in dem die eintragungsfähige Tatsache eindeutig und vollständig bezeichnet wird, beantragt werden i.S. von § 12 HGB.[46]
Laut § 13e Abs. 2 HGB sind die Geschäftsführer der Limited in vertretungsberechtigter Zahl antragsberechtigt. Allerdings haben alle Geschäftsführer höchstpersönlich eine Unterschriftsprobe bei Gericht abzugeben gem. § 13g HGB i.V.m. § 8 Abs. 5 GmbHG. Demzufolge sind sog. Zeichnungsbögen durch einen Notar zu beglaubigen laut § 41 BeurkG und im Original von allen Geschäftsführern bei der Anmeldung abzugeben.[47]
Die vorgeschriebene Form der Anmeldung einer Zweigniederlassung ist im § 12 HGB geregelt. Diese schreibt allerdings eine öffentliche Beglaubigung nach § 129 BGB, §§ 39, 40 BeurkG vor, so dass die Mitwirkung eines Notars, außer in wenigen Bundesländern, unumgänglich ist. Bei der Form der Anmeldung ist die deutsche Sprache einzuhalten gem. § 8 FGG i.V.m. 184 GVG. Für die Eintragung in das Handelsregister ist jedoch generell die Zeichnung sämtlicher Geschäftsführer nötig, die aber nur mit Hilfe eines Notars lt. § 41 BeurkG erfolgen kann.
Zum Inhalt der Anmeldung gehören Angaben zur Errichtung und Anschrift der inlän-dischen Zweigniederlassung. Gem. § 13e Abs. 2 Satz 1 HGB muss der Satz enthalten sein, dass es sich um eine Zweigniederlassung handelt. Außerdem muss die Geschäftsanschrift des Handelsregisterbezirkes angegeben werden nach §13e Abs. 2 Satz 3 HGB i.V.m. § 24 Abs. 3 HRV.
Die Anmeldung muss auch die Firma der Zweigniederlassung enthalten nach § 13d Abs. 2 HGB. Dabei ist jedoch zum einen die Firma der Gesellschaft im Ausland und zum anderen die Firma der Zweigniederlassung im Inland zu unterscheiden. In Spalte 2b des Handelsregisters wird dabei die Firma der Gesellschaft im Ausland eingetragen, die dem auslän-dischen Recht unterliegt. Dem Gegenüber steht die Firma der deutschen Zweigniederlas-sung, welche dem deutschen Recht unterliegt und somit die inländischen Vorschriften der §§ 18 und 30 HGB einzuhalten hat.[48]
Nach § 13e Abs. 2 Satz 3 HGB ist auch der Gegenstand der Zweigniederlassung anzugeben. Dieser braucht allerdings nicht in allen Punkten mit dem Unternehmensgegen-stand überein zu stimmen. Er kann sich also auch auf einen Ausschnitt begrenzen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass bei dem Gegenstand der Hauptniederlassung das sog. catch-all-clause-Prinzip in England angewandt wird. Es handelt sich also meist um einen wenig aussagekräftigen, aber oft seitenlangen Gegenstand des Unternehmens. Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b verlangt allerdings nur die Offenlegung der Tätigkeit. Deswegen spricht nichts gegen die Ausführlichkeit des Tätigkeitsbegriffs. Bei umfangreichen Eintragungen des Gegenstandes der Zweigniederlassung steigen jedoch die Kosten der anschließenden Veröffentlichung gem. § 13g Abs. 4 HGB. Ein weiteres Erfüllungserfordernis stellt die Genehmigungspflicht für bestimmte Tätigkeiten dar. Falls diese nicht erbracht werden, handelt es sich um ein Eintragungshindernis nach § 13e Abs. 2 Satz 2 HGB.
Zu den erforderlichen Angaben der Anmeldung einer Zweigniederlassung zählen auch der Ort der Zweigniederlassung, die Firma und der Sitz der ausländischen Gesellschaft sowie das Register und die Nummer des Registereintrags laut § 13e Abs. 2 Satz 4 Nr. 1. Ergänzend erfolgt in der Spalte 6a des elektronischen Registers die Aufnahme der Rechtsform der ausländischen Gesellschaft nach § 13e Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 HGB. Bei einer Private Limited Company des englischen Rechts ist dies die Rechtsform einer GmbH.[49]
Weiterhin müssen in der Anmeldung die Vertreter der ausländischen Gesellschaft mit Name, Vorname, Geburtstag und Wohnort angegeben werden sowie auch deren Vertretungsbefugnisse. Geregelt wird dies im § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 4 GmbHG. Einzutragen sind hierbei sowohl die abstrakten als auch die konkreten Vertretungsbefugnisse analog zur Eintragung bei der deutschen GmbH. Gesondert nachgewiesen werden müssen die Bestellungen der Direktoren und deren von der Satzung oder dem Gesetz abweichenden Vertretungsbefugnisse, wenn sie nicht schon aus der Satzung ersichtlich sind.
In der Praxis verlangt das Register die Vorlage des betreffenden Gesellschafterbeschlusses in der Urschrift oder in öffentlich beglaubigter Form laut § 13g Abs. 2 Satz 1, § 13d Abs. 3 und § 12 HGB. Zum Teil wird durch das Handelsregister auch die zusätzliche Bestätigung durch den company secretary verlangt, allerdings wird überwiegend die Bescheinigung eines englischen Notars akzeptiert. Zu beachten ist außerdem, dass eine Übersetzung dessen von einem öffentlich vereidigten Übersetzer vorgenommen werden muss.
Möglich, aber nicht zwingend erforderlich, ist die Bestellung eines oder mehrerer ständiger Vertreter einer Zweigniederlassung gem. § 13e Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 HGB. Existieren eine oder mehrere dieser genannten Personen, sind Name, Geburtsdatum und Wohnort unter der Spalte 4b in das Register einzutragen und mit der eigenen Unterschrift zu zeichnen. Notwendig ist dabei auch die Angabe der Vertretungsbefugnisse, die dem ständigen Vertreter eingeräumt werden.[50]
In die Spalte 3 des deutschen Handelsregisters ist nach § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG die Höhe des Stammkapitals der ausländischen Gesellschaft anzugeben. Bei der Private Limited Company kann das Stammkapital auch in einer anderen Währung oder in geringeren Nennbeträgen ausgedrückt werden. Somit ist es möglich, dass das Stammkapital mit einem £-Betrag eingetragen wird.
Ferner ist in Spalte 6 des Handelsregisters der Tag des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages laut § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG anzumelden sowie etwaige Bestimmungen über die Zeitdauer der Gesellschaft.
Bei der Anmeldung der Zweigniederlassung in den ersten zwei Jahren der Gründung der Gesellschaft sind außerdem Angaben über die geleisteten Sacheinlagen zu erbringen gem. § 13g Abs. 2 Satz 3 HGB i.V.m. § 5 Abs. 4 GmbHG.[51]
[...]
[1] Vgl. Priester (2005), S. 1315 – 1316.
[2] Vgl. Wachter (2005), S. 717 – 718.
[3] Vgl. Altmeppen/Wilhelm (2004), S. 1083.
[4] Vgl. Enchelmeier (2005), S. 142 – 145.
[5] Vgl. Dautzenberg (1999), S. 541 – 542.
[6] Vgl. Oberrath (2005), S. 127 – 130.
[7] Vgl. Zöllner (2006), S. 1 - 2.
[8] Vgl. Schwarz (2000), S. 106.
[9] Vgl. Zöllner (2006), S. 1 –3.
[10] Vgl. Westermann (2005), S. 9 – 12.
[11] Vgl. Heinz (2004), S. 13 – 14.
[12] Vgl. Halbhuber (2001), S. 27 – 33.
[13] Vgl. Dautzenberg (1999), S. 542 – 543.
[14] Vgl. Halbhuber (2001), S. 57 – 60.
[15] Vgl. Duys (2001), S. 131 – 135.
[16] Vgl. Priester (2005), S. 1315 – 1317.
[17] Vgl. Meilicke (2003), S. 793 – 797.
[18] Vgl. Heinz (2004), S. 14 – 15.
[19] Vgl. Stute (2004), S. 10 –11.
[20] Vgl. Silberberger /Buhl (2004), S. 6.
[21] Vgl. Beinert/Werder (2005), S. 1480.
[22] Vgl. Bäuml/Gageur (2005), S. 483.
[23] Vgl. Grütters (2005), S. 1523.
[24] Vgl. Luke (2005), S. 19 – 20.
[25] Vgl. Luke (2005), S. 19 – 20.
[26] Vgl. Luke (2005), S. 19 – 20.
[27] Vgl. Goette (2005), S. 197 – 200.
[28] Vgl. Ebke (2005), S. 1.
[29] Vgl. Zöllner (2006), S. 3 – 4.
[30] Vgl. Hartmann (2005), S. 13 – 16.
[31] Vgl. Thole (2000), S. 173 – 175.
[32] Vgl. Ebert/Levedag (2003), S. 1337.
[33] Vgl. Neuling (1997), S 77 – 80.
[34] Vgl. Degenhardt (2004), S. 33 – 34.
[35] Vgl. Neuling (1997), S. 77 – 80.
[36] Vgl. Luke (2005), S. 33 – 40.
[37] Vgl. Ebert/Levedag (2003), S. 1340 – 1342.
[38] Vgl. Hartmann (2005), S. 20 – 23.
[39] Vgl. Heinz (2004), S. 612 – 613.
[40] Vgl. Dierksmeier (2005), S. 1516.
[41] Vgl. Wachter (2004), S. 2796 – 2803.
[42] Vgl. Heinz (2004), S. 19 – 20.
[43] Vgl. Goldstein/Wulferding (2004), S. 16 – 20.
[44] Vgl. Goldstein/Wulferding (2004), S. 16 – 20.
[45] Vgl. Ebert/Levedage (2003), S. 1339.
[46] Vgl. Herchen (2005), S.529 – 533.
[47] Vgl. Happ/Holler (2004), S.734 – 735.
[48] Vgl. Herchen (2005), S. 529 – 533.
[49] Vgl. Klose-Mokroß (2005), S. 1013 – 1015.
[50] Vgl. Klose-Mogroß (2005), S. 1013 – 1016.
[51] Vgl. Klose-Mogroß (2005), S. 1017.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783832497682
- ISBN (Paperback)
- 9783838697680
- DOI
- 10.3239/9783832497682
- Dateigröße
- 713 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Schmalkalden, ehem. Fachhochschule Schmalkalden – Wirtschaft
- Erscheinungsdatum
- 2006 (August)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- gesellschaftsrecht steuerrecht niederlassungsfreiheit rechtsformwahl haftung