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Die Problematik der Aktienauswahl bei privaten Anlegern

Anwendung der Fundamentalanalyse und Charttechnik im Vergleich

©2004 Diplomarbeit 87 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
In der vorliegenden Arbeit soll die Problematik der Auswahl von Aktien für den privaten Anleger bearbeitet werden. Hierbei liegt das Problem vor allem darin, aus der Vielzahl der an deutschen und internationalen Börsen gehandelten Wertpapiere die auszuwählen, die unter verschiedenen, vom Anleger selbst festzulegenden Kriterien, wie zum Beispiel Anlagehorizont oder Risikobereitschaft, ein optimales Ergebnis erzielen. Für den einzelnen, nichtinstitutionellen Investor bieten sich verschiedene Formen der Auswahl an, die in mehr oder weniger hohem Maße genutzt werden. In den Zeiten des sogenannten „Börsenhypes“ der Jahre 1999 und 2000 waren dies sicherlich vor allem Empfehlungen Dritter, wie Bankberater, Freunde oder Nachbarn. Kaum ein Anleger machte sich zu dieser Zeit die Mühe, ein Unternehmen, das kurz vor einem Initial Public Offering (IPO), also der Erstnotierung an der Börse stand, hinsichtlich seiner fundamentalen Daten zu überprüfen. Eine charttechnische Untersuchung war aufgrund der Neuemission ohnehin nicht möglich.
Eine weitere Informationsmöglichkeit stellen die Publikationen der einschlägigen Fachpresse dar, die regelmäßig Aktien verschiedenster Unternehmen vorstellen und aufgrund von Fundamental- oder Chartanalysen Kauf- oder Verkaufsempfehlungen für das entsprechende Papier aussprechen.
Die dritte Lösung, um die es hier gehen soll, ist die Möglichkeit, sich selbst ein Bild über die fundamentale bzw. charttechnische Situation eines Wertpapiers zu verschaffen und auf der Grundlage dieser Analyse seine Anlageentscheidungen zu treffen. Sowohl das Internet, als auch die Fachpresse stellen genügend Informationen bereit, so dass es dem Privatanleger ermöglicht wird, selbst Recherchen zu betreiben und fundiert zu entscheiden.
Die Problematik, die sich angesichts der regelrechten Informationsflut ergibt ist die, dass sich der private Investor für bestimmte Analysemethoden entscheiden muss, auf deren Basis er sich dann für ein bestimmtes Wertpapier entscheidet oder nicht. Diese Arbeit stellt einige gängige Methoden zur Aktienauswahl vor, die es auch dem Privatmann erlauben, nach einer kurzen Einarbeitungszeit mit den Mitteln der Fundamental- bzw. Chartanalyse zu arbeiten.

Gang der Untersuchung:
Zu Beginn der Arbeit steht eine Analyse der Vermögensstruktur der privaten Haushalte national, sowie im internationalen Vergleich. Es soll gezeigt werden, wie hoch der Anteil an Aktien im jeweiligen Vermögen zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung: Aktienauswahl bei Privatanlegern
1.2 Gang der Untersuchung

2. Hauptteil
2.1 Vermögensstruktur bei Privatanlegern
2.1.1 national
2.1.2 international
2.2 Anlageverhalten von Privatpersonen
2.3 Analysemethoden
2.3.1 Fundamentalanalyse nach Graham
2.3.1.1 Das Konzept des inneren Wertes
2.3.1.2 Der innere Wert und die Bilanz
2.3.1.3 Auswahlkriterien für konservative Anleger
2.3.2 Chartanalyse / Technische Analyse
2.3.2.1 Grundlagen der Chartanalyse
2.3.2.2 Verschiedene Arten von Charts
2.3.2.2.1 Liniencharts
2.3.2.2.2 Balkencharts
2.3.2.2.3 Candlestickcharts
2.3.2.3 Grundlegende Chartformationen
2.3.2.3.1 Trendformationen
2.3.2.3.2 Trendbestätigungsformationen
2.3.2.3.3 Trendumkehrformationen
2.3.2.4 Technische Indikatoren
2.3.2.4.1 Gleitende Durchschnitte
2.3.2.4.2 Der MACD
2.3.2.4.3 Der RSI
2.4 Anwendungsvergleich Fundamentalanalyse / Technische Analyse
2.4.1 Allgemeines
2.4.2 Anwendungsvergleich

3. Schluss

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1 Struktur der Geldvermögensbildung privater Haushalte*) in langfristiger Betrachtung

Tab. 2.2 Spar- und Anlageverhalten der privaten Haushalte

Tab. 2.3 Geldvermögen der privaten Haushalte

Tab. 2.4 Anteil privater Haushalte am Aktienbesitz

Tab. 2.5 Geldvermögen privater Haushalte Vergleich USA/BRD

Tab. 2.6 Geldvermögen privater Haushalte Vergleich Japan/BRD

Tab. 2.7 Geldvermögen privater Haushalte Vergleich Italien/BRD

Tab. 2.8 Gründe gegen den Besitz von Aktien

Tab. 2.9 Vergleich Musterdepot

Tab. 2.10 Hannover Rückversicherung Ergebnis und Dividende

Tab. 2.11 Nokia Zahlen ´94 - ´04

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1 Struktur des Anlageverhaltens 1950 – 2000

Abb. 2.2 Aktienanteil am Wertpapiervermögen

Abb. 2.3 Anteil an Aktien am Gesamtvermögen

Abb. 2.4 Ausfallrisiko Aktien vs. Renten bei 6% Rendite

Abb. 2.5 Ausfallrisiko Aktien vs. Renten bei 8% Rendite

Abb. 2.6 Allianz 6-Monats Linienchart

Abb. 2.7 Kontron Jahreschart arithmetisch

Abb. 2.8 Kontron Jahreschart logarithmisch

Abb. 2.9 Lufthansa 3-Monats-Balkenchart

Abb. 2.10 Lufthansa 3-Monats-Candlestickchart

Abb. 2.11 Mobilcom AG Aufwärtstrend

Abb. 2.12 GPC Biotech AG Abwärtstrend

Abb. 2.13 GPC Biotech AG Seitwärtstrend

Abb. 2.14 General Electrics Co. Trendkategorien

Abb. 2.15 Siemens AG Widerstände

Abb. 2.16 HypoVereinsbank AG Unterstützungen

Abb. 2.17 Allianz AG Wechsel Unterstützung - Widerstand

Abb. 2.18 Dell Company symmetrisches Dreieck

Abb. 2.19 Siemens AG aufsteigendes Dreieck

Abb. 2.20 DuPont Company absteigendes Dreieck

Abb. 2.21 AMD Company Flaggen

Abb. 2.22 Caterpillar Wimpel

Abb. 2.23 Nike Kopf-Schulter-Formation

Abb. 2.24 Forest Labs umgekehrte Kopf-Schulter-Formation

Abb. 2.25 Applied Materials Doppeltop

Abb. 2.26 United Technologies Doppelboden

Abb. 2.27 Allianz AG gleitende Durchschnitte

Abb. 2.28 Allianz AG Durchschnittsarten

Abb. 2.29 Pironet AG MACD

Abb. 2.30 Siemens AG MACD

Abb. 2.31 Siemens AG MACD-Bereiche

Abb. 2.32 Travel24 AG Momentum

Abb. 2.33 Tomorrow Focus AG RSI

Abb. 2.34 Hannover Rückversicherung charttechnische Betrachtung

Abb. 2.35 Puma AG charttechnische Betrachtung

Abb. 2.36 Nokia AG charttechnische Betrachtung

1. Einleitung

1.1. Problemstellung

In der vorliegenden Arbeit soll die Problematik der Auswahl von Aktien für den privaten Anleger bearbeitet werden. Hierbei liegt das Problem vor allem darin, aus der Vielzahl der an deutschen und internationalen Börsen gehandelten Wertpapiere die auszuwählen, die unter verschiedenen, vom Anleger selbst festzulegenden Kriterien, wie zum Beispiel Anlagehorizont oder Risikobereitschaft, ein optimales Ergebnis erzielen. Für den einzelnen, nichtinstitutionellen Investor bieten sich verschiedene Formen der Auswahl an, die in mehr oder weniger hohem Maße genutzt werden. In den Zeiten des sogenannten „Börsenhypes“ der Jahre 1999 und 2000 waren dies sicherlich vor allem Empfehlungen Dritter, wie Bankberater, Freunde oder Nachbarn. Kaum ein Anleger machte sich zu dieser Zeit die Mühe, ein Unternehmen, das kurz vor einem Initial Public Offering (IPO), also der Erstnotierung an der Börse stand, hinsichtlich seiner fundamentalen Daten zu überprüfen. Eine charttechnische Untersuchung war aufgrund der Neuemission ohnehin nicht möglich.

Eine weitere Informationsmöglichkeit stellen die Publikationen der einschlägigen Fachpresse dar, die regelmäßig Aktien verschiedenster Unternehmen vorstellen und aufgrund von Fundamental- oder Chartanalysen Kauf- oder Verkaufsempfehlungen für das entsprechende Papier aussprechen.

Die dritte Lösung, um die es hier gehen soll, ist die Möglichkeit, sich selbst ein Bild über die fundamentale bzw. charttechnische Situation eines Wertpapiers zu verschaffen und auf der Grundlage dieser Analyse seine Anlageentscheidungen zu treffen. Sowohl das Internet, als auch die Fachpresse stellen genügend Informationen bereit, so dass es dem Privatanleger ermöglicht wird, selbst Recherchen zu betreiben und fundiert zu entscheiden.

Die Problematik, die sich angesichts der regelrechten Informationsflut ergibt ist die, dass sich der private Investor für bestimmte Analysemethoden entscheiden muss, auf deren Basis er sich dann für ein bestimmtes Wertpapier entscheidet oder nicht. Diese Arbeit stellt einige gängige Methoden zur Aktienauswahl vor, die es auch dem Privatmann erlauben, nach einer kurzen Einarbeitungszeit mit den Mitteln der Fundamental- bzw. Chartanalyse zu arbeiten.

1.2. Gang der Untersuchung

Zu Beginn der Arbeit steht eine Analyse der Vermögensstruktur der privaten Haushalte national, sowie im internationalen Vergleich. Es soll gezeigt werden, wie hoch der Anteil an Aktien im jeweiligen Vermögen zu unterschiedlichen Zeitabschnitten war bzw. ist, wie sich dieser Anteil über den Zeitablauf verändert hat und ob es hier signifikante Unterschiede zwischen den Ländern gibt.

Anschließend wird das Anlageverhalten von Privatpersonen dargestellt und Gründe erörtert, die für oder gegen den Erwerb von Aktien im privaten Bereich sprechen. Darauf aufbauend werden verschiedene Analysemethoden vorgestellt, zum einen die Fundamentalanalyse nach Graham, zum anderen drei in der Praxis häufig angewandte technische Indikatoren, nachdem eine kurze Einführung in allgemeine Themen der Charttechnik erfolgt ist, die zum Verständnis der folgenden Inhalte nötig sind.

Der Hauptteil der Arbeit ist ein Vergleich zwischen der Fundamentalanalyse nach Benjamin Graham und verschiedenen Methoden der Charttechnik. Hierbei findet sowohl bei der Fundamentalanalyse als auch bei der Technischen Analyse eine bewusste Beschränkung auf einzelne, ausgewählte Methoden statt. So wird auf der Seite der Fundamentalanalyse der „Value Investing“- Ansatz beschrieben, wie er von B. Graham bereits 1923 veröffentlicht wurde. Auf den Vergleich mit anderen Analysemethoden auf der Basis fundamentaler Daten wird verzichtet.

Bei der Betrachtung der Charttechnik werden grundlegende Prinzipien der technischen Analyse dargestellt, um dann im Einzelnen näher auf zwei, in der Praxis häufig angewandte, technische Indikatoren einzugehen. Dies sind der Relative Stärke Index (RSI) sowie der Moving Average Convergence Divergence Indikator (MACD). Hierbei soll sowohl die theoretische Seite als auch die praktische Anwendung beschrieben werden, jeweils dargestellt an aktuellen Charts ausgewählter Wertpapiere.

Einen weiteren Teil der Arbeit wird der Anwendungsvergleich anhand ausgewählter Aktien ausmachen. Hier soll die Anwendung der zuvor beschriebenen Methoden der Fundamental- und Chartanalyse vorgestellt werden. Im Bereich der Fundamentalanalyse wird eine bestimmte Anzahl von Aktien ausgewählt, die nach den zuvor beschriebenen Kriterien für eine buy and hold Strategie kaufenswert wären. Dieselben Aktien werden dann nach charttechnischen Gesichtspunkten untersucht, ob sich auch aus der Sicht der technischen Analyse ein Investment zum Untersuchungszeitpunkt lohnt.

Ziel dieser Gegenüberstellung soll es sein, Analysemethoden aufzuzeigen, die der private Anleger unabhängig vom vorherrschenden Börsenklima nutzen kann, um Aktien für sein Portfolio auszuwählen. Wichtig zur Abgrenzung ist hier, dass es dabei nicht um Asset Allocation im allgemeinen geht, sondern es werden bewusst nur Aktienportfolios betrachtet, um eine Eingrenzung des Stoffes und eine detaillierte Betrachtung einzelner Methoden zu ermöglichen.

2. Hauptteil

2.1. Vermögensstruktur bei Privatanlegern

2.1.1. national

Das Vermögen privater Haushalte ist in der Regel auf mehrere verschiedene Anlageformen verteilt. In der Bundesrepublik Deutschland nehmen die Sichtguthaben, wie Einlagen auf Girokonten oder Sparbüchern, traditionell eine starke Stellung ein. Die Aktie als direkte Anlage oder als indirektes Investment in Form von Aktienfonds spielt dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Eine Betrachtung über verschiedene Zeiträume zeigt jedoch, dass die Anlageform Aktie mehr oder weniger starken Schwankungen unterworfen ist. In Tabelle 2.1 ist die Entwicklung des in Aktien angelegten Geldvermögens über die letzten fünf Jahrzehnte dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.1 Struktur der Geldvermögensbildung privater Haushalte*) in langfristiger Betrachtung

(Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2001, S. 28)

* Einschl. private Organisationen ohne Erwerbszweck. – 1 Westdeutschland ohne Saarland und Berlin/West. – 2 Westdeutschland. – 3 Gesamtdeutschland. – 4 Im In- und Ausland. – 5 Bauspareinlagen werden bis 1998 den Spareinlagen und, in Übereinstimmung mit der Bankenstatistik, ab 1999 den Termingeldern zugerechnet. – 6 Einschl. Pensionskassen und berufsständische Versorgungswerke, ab 1991 auch einschl. Zusatzversorgungseinrichtungen. – 7 Für Westdeutschland einschl. des indirekten Erwerbs von in- und ausländischen Investmentzertifikaten. – 8 Einschl. Geldmarktpapiere – 9 Einschl. sonstige Forderungen.

Aus der Tabelle ist deutlich zu erkennen, dass der Anteil an Aktien am Geldvermögen starken Schwankungen unterworfen ist. Der Anteil des Einkommens, der in die Geldvermögensbildung fließt, bewegt sich seit den sechziger Jahren in einem Bereich von 11 % bis 13,5 % des verfügbaren Einkommens, hier ist also eine relativ gleich bleibende Tendenz erkennbar. Was sich jedoch geändert hat, ist die Struktur des Anlageverhaltens.[1] Deutlich zu erkennen ist eine Verschiebung der Anlagen weg von den Spareinlagen, hin zu Versicherungen und Wertpapieren, wobei jedoch der Anteil an direkten Investments in Aktien vergleichsweise gering ausfällt. Abbildung 2.1 zeigt grafisch die Veränderung über die letzten fünf Jahrzehnte, bezogen auf das Geldvermögen bei Banken, Versicherungen und die Anlage in Wertpapieren. Seit den siebziger Jahren verloren die Spareinlagen deutlich an Boden, wohingegen die Versicherungen und Wertpapieranlagen einen signifikanten Aufschwung erlebten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1 Struktur des Anlageverhaltens 1950 – 2000

(Quelle: eigene Berechnung aus Tab. 2.1)

Wie schon oben erwähnt, stieg der Anteil an Wertpapiervermögen seit den siebziger Jahren stetig an, der darin enthaltene Anteil an Aktien war dabei allerdings nicht konstant, sondern schwankte zwischen Werten von 0,8 % bis 4,1 %, dies ist in Abbildung 2.2 grafisch verdeutlicht.

Einen deutlichen Anstieg erlebten die Aktienanlagen zunächst in den sechziger Jahren, als Folge der damals in großem Ausmaß stattfindenden Privatisierung von öffentlichen Unternehmen.[2] Danach schwächte sich das Engagement in Aktien wieder ab, bis es im Verlauf der neunziger Jahre durch die Aktieneuphorie, ausgelöst durch die Börsengänge großer deutscher Unternehmen, wie zum Beispiel der Deutschen Telekom, die ihre Aktie als „Volksaktie“ angepriesen hatte, sowie der vielen Neuemissionen am Neuen Markt, zu einem erneuten Aufschwung der Aktienkäufe kam.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2 Aktienanteil am Wertpapiervermögen

(Quelle: eigene Berechnung aus Tab. 2.1)

Allerdings lässt sich in den Jahren 2001 und 2002 eine deutliche Umkehr dieser Entwicklung feststellen. Nach dem Platzen der Börsenblase in der Mitte des Jahres 2000 schichteten die Anleger ihr Vermögen in großem Maße um, besonders traditionelle Bankprodukte zählten zu den gefragten Anlageformen und wurden kräftig aufgestockt, bzw. nicht weiter abgebaut. Dagegen verloren risikoreichere Engagements deutlich an Attraktivität. Während in den Jahren 1999 und 2000 Firmenanteile im Wert von insgesamt ca. 30 Mrd. € erworben wurden, lag der Verkauf solcher Anteile im Jahr 2001 netto ebenfalls bei gut 30 Mrd. €.[3] Der fortschreitende Kursverlust an den Börsen führte dazu, dass im Jahr 2002 in noch stärkerem Umfang Aktien verkauft wurden als im Jahr zuvor, da risikoärmere Anlageformen von den Anlegern favorisiert wurden. In der folgenden Abbildung 2.2 ist das Spar- und Anlageverhalten der privaten Haushalte auszugsweise für den Zeitraum von 1991 bis 2001 dargestellt. Deutlich zu erkennen ist der Anstieg der Aktienkäufe in den Jahren 1999 und 2000 mit jeweils 13,6 bzw. 18,4 Mrd. €, ausgelöst durch den schon erwähnten Börsenboom und der massive Verkauf im Jahr 2001 mit – 28,7 Mrd. €, der mit den heftigen Kursverlusten des zweiten Halbjahres 2000 und des Jahres 2001 einherging.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.2 Spar- und Anlageverhalten der privaten Haushalte *)

(Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2002, S. 25)

* Einschl. private Organisationen ohne Erwerbszweck. – 1 Einschl. sonstige Verbindlichkeiten. – 2 Einschl. Nettozugang an Wertsachen. – 3 Banken im In- und Ausland. – 4 Einschl. Bargeld. – 5 Bauspareinlagen werden bis 1998 den Spareinlagen und, in Übereinstimmung mit der Bankenstatistik, ab 1999 den Termingeldern zugerechnet. – 6 Einschl. Pensionskassen, berufsständische Versorgungswerke und Zusatzversorgungseinrichtungen sowie sonstige Forderungen. – 7 Einschl. Geldmarktpapiere.

Ebenfalls lässt sich aus der Tabelle ablesen, dass in den Jahren 1999 und 2000 Spareinlagen bei Banken aufgelöst wurden, offensichtlich zur Finanzierung des Erwerbs von Aktien, die in diesen Jahren im Vergleich zu anderen Anlageformen die größte Steigerungsrate aufwiesen. Die Erlöse aus den Verkäufen im Jahr 2001 wurden dann in kurzfristige, risikoarme Anlageformen wie Sichtguthaben und Festgeldern angelegt, was dazu führte, dass der Bankensektor einen ungewöhnlich hohen Mittelzufluss erfuhr.[4]

Nachdem die vorangegangenen Tabellen jeweils die relativen Veränderungen über die Jahre hinweg darstellen, soll im Folgenden kurz auf die absoluten Werte bezüglich des vorhandenen Geldvermögens und dessen Verteilung auf unterschiedliche Anlagen eingegangen werden. In Tabelle 2.3 wird deutlich, dass das vorhandene Geldvermögen über die gesamten neunziger Jahre kontinuierlich gestiegen ist, lediglich im Jahr 2002 ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen, was auf die gesunkenen Aktienkurse und die damit verbundene niedrigere Bewertung des Aktienvermögens mit den tagesaktuellen Preisen zurückzuführen ist.[5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.3 Geldvermögen der privaten Haushalte *)

(Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2003, S. 42)

* Einschl. private Organisationen ohne Erwerbszweck. – 1 Im In- und Ausland. – 2 Einschl. Pensionskassen, berufsständische Versorgungswerke und Zusatzversorgungseinrichtungen. – 3 Einschl. sonstige Forderungen. – 4 Einschl. Geldmarktpapiere.

Im Durchschnitt lag der Anteil an Aktienvermögen am Gesamtvermögen für den Zeitraum 1991 bis 2002 bei 8,7 % (Durchschnitt aus den Werten der Tab. 2.3). Deutlich über dem Schnitt liegen hier die Jahre 1999 und 2000 mit 13,3 % bzw. 12,1 %, dieser überdurchschnittlich hohe Aktienbesitz wurde jedoch nach dem Platzen der Spekulationsblase im Jahr 2000 wieder deutlich reduziert.

Abbildung 2.3 verdeutlicht noch einmal grafisch den starken Anstieg des Aktienanteils vom Beginn der neunziger Jahre bis zum Höhepunkt des Börsenbooms in den Jahren 1999/2000 sowie den drastischen Einbruch bis zum Jahr 2002.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.3 Anteil an Aktien am Gesamtvermögen

(Quelle: eigene Berechnung aus Tab. 2.3)

2.1.2 international

Nachdem die vorhergehende Betrachtung gezeigt hat, dass der Aktienanteil am Gesamtvermögen der deutschen Privathaushalte relativ gering ist, soll sich die Untersuchung nun auf ausgewählte Länder, sowohl des europäischen, als auch außereuropäischen Auslands erstrecken. Dabei wird in den jeweiligen Übersichten zum Vergleich immer der entsprechende deutsche Wert angegeben.

Die Aktie als Anlageform hat speziell in den USA einen wesentlich höheren Stellenwert als hierzulande, da dort auch ein großer Teil der Altersvorsorge durch Aktienengagements abgedeckt wird. Grundsätzlich kann man sagen, dass Aktien in den Portfolios ausländischer Anleger eine deutlich größere Rolle spielen als in Deutschland. Die folgende Tabelle 2.4 zeigt zunächst eine Übersicht über den Anteil privater Haushalte am gesamten Aktienbesitz der entsprechenden Länder. Danach erfolgt ein länderspezifischer Vergleich über der Anteil an Aktienvermögen am Gesamtvermögen der privaten Haushalte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.4 Anteil privater Haushalte am Aktienbesitz

(Quelle: Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI-Factbook 1998, S. 08.6-3)

Wenn man die Zahlen so interpretiert, dass eine Aktie einen Eigentumsanteil an einem Unternehmen verbrieft, so besitzen die amerikanischen Haushalte mit Aktienvermögen über die Hälfte der börsennotierten US-Unternehmen, während der Anteil in Deutschland nur bei 16,1 % im Jahr 1995 lag. In Japan bewegte sich dieser Wert im Zeitraum 1986 bis 1995 relativ konstant um die 20 % herum, während die Schwankungen in Großbritannien etwas größer ausfielen.[6] In Großbritannien ist jedoch, im Gegensatz zu Deutschland kein konstanter Abwärtstrend erkennbar. Auch in den beiden anderen Euro-Ländern Italien und Frankreich ist ein deutlich höherer Aktienanteil erkennbar als in der Bundesrepublik.

Für einige der oben aufgeführten Länder erfolgt nun ein direkter Vergleich der Aufteilung des Geldvermögens privater Haushalte. Der entsprechende Vergleichswert für die BRD wird jeweils nur für den Aktienanteil angegeben, da die anderen Werte zum einen aufgrund unterschiedlicher Berechnungsgrundlagen bzw. Zuteilungen nicht einwandfrei ermittelt werden können, zum anderen ist der Aktienwert der einzig relevante für diese Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.5 Geldvermögen privater Haushalte Vergleich USA/BRD

(Quelle: Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI-Factbook 1998, S.08.7 USA 2

für BRD errechnet aus Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2001, S.30)

* BRD inklusive private Organisationen ohne Erwerbszweck

Tabelle 2.5 zeigt die Zahlen für die Vereinigten Staaten von Amerika, im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 1996. Der Aktienanteil im Vermögen der US-Haushalte ist nahezu zweieinhalb mal so hoch, wie der in bundesdeutschen Vermögen. Interessant ist hier auch der äußerst niedrige Anteil an Lebensversicherungen in den USA, was bestätigt, dass diese Anlageform im Gegensatz zu Aktien eine wesentlich geringere Rolle für die Altersvorsorge spielt als in Deutschland.

Die folgende Tabelle 2.6 stellt den Vergleich zu Japan auf, hier ist ein vergleichsweise niedriger Aktienanteil zu erkennen, im Gegensatz zu dem hohen Anteil an Bargeld und Sichtguthaben, der wiederum zum größten Teil aus Festgeldern besteht.[7] Der niedrige Aktienanteil in Japan ist eine Folge der seit Beginn der neunziger Jahre anhaltenden starken Rezession der japanischen Wirtschaft, in den Jahren 1985 – 1989 betrug der Aktienanteil am gesamten Geldvermögen der privaten Haushalte zwischen 8,5 und 13,8 %, lag also zu dieser Zeit schon höher als in Deutschland im Jahr 1996.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.6 Geldvermögen privater Haushalte Vergleich Japan/BRD

(Quelle: Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI-Factbook 1998, S.08.7 Japan 2

für BRD errechnet aus Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2001, S.30)

* BRD inklusive private Organisationen ohne Erwerbszweck

Abschließend noch eine Gegenüberstellung mit einem europäischen Land, in diesem Fall mit Italien. In Tabelle 2.7 ist der Vergleich für das Jahr 1996 dargestellt, in dem der Aktienanteil in italienischen Vermögen mit 18,8 % bereits mehr als doppelt so hoch war wie in Deutschland, für das Jahr 1997 ergibt sich sogar ein Verhältnis von 24,6 % in Italien zu 9,6 % in der Bundesrepublik.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.7 Geldvermögen privater Haushalte Vergleich Italien/BRD

(Quelle: Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI-Factbook 1998, S.08.7 Italien

für BRD errechnet aus Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2001, S.30)

* BRD inklusive private Organisationen ohne Erwerbszweck

Wie man deutlich aus den vorangegangenen Vergleichen erkennen kann, liegen die bundesdeutschen Haushalte, was den Anteil an Aktien im Gesamtvermögen angeht, im internationalen Vergleich eher am unteren Ende der Skala. Auf die Gründe hierfür, soll im folgenden Kapitel eingegangen werden.

2.2 Anlageverhalten von Privatpersonen

Zunächst sollen in einem ersten Schritt die Gründe beleuchtet werden, die von privaten Anlegern angeführt werden, wenn sie danach gefragt werden, was gegen den Kauf von Aktien spricht. Danach soll untersucht werden, inwieweit diese Gründe einer näheren Betrachtung standhalten. Die folgende Tabelle 2.8 gibt auszugsweise die Ergebnisse einer Umfrage wieder, die das Infratest-Institut im Auftrag des Deutschen Aktieninstituts e.V. im Jahr 1996 durchgeführt hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.8 Gründe gegen den Besitz von Aktien

(Quelle: Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI-Factbook 1998, S. 10-2)

Der weitaus am häufigsten genannte Grund ist die Tatsache, dass im Moment kein bzw. zu wenig Geld zum Anlegen vorhanden sei. Im Schnitt waren im Jahr 1996 58,7 % der befragten Deutschen dieser Ansicht. Zum Jahresende 1996 stand der Deutsche Aktienindex DAX bei 2888,96 Punkten.[8] Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 433 Mrd. DM der privaten Haushalte in Aktien investiert. Als in den darauf folgenden Jahren der DAX bis zu seinem Jahreshoch von 8064,97 Punkten am Anfang des Jahres 2000 stieg erhöhte sich dieser Anteil auf bis zu 896 Mrd. DM im Jahr 1999, was also eine Steigerung von über 100 % darstellt.[9] Darin enthalten ist freilich die massive bewertungsbedingte Steigerung des Geldvermögens durch den rasanten Kursanstieg, trotzdem wurden zum Beispiel im Jahr 1999 Termingelder, Spareinlagen und Sparbriefe im Wert von rund 38 Mrd. DM aufgelöst und in nahezu gleichem Umfang in Aktien und Investmentzertifikate investiert.[10] Daraus lässt sich schließen, dass auch zum Zeitpunkt der Umfrage im Jahr 1996 durchaus Geld für ein Engagement in Aktien vorhanden gewesen wäre, dieses jedoch in anderen Anlageformen gebunden war.

Das zweithäufigste Argument war eine generelle Unwissenheit gegenüber der Anlageform „Aktie“. Diese Unkenntnis in Bezug auf den Umgang mit Aktien hinderte die Deutschen jedoch nicht daran, im Jahr 1999 27 Mrd. DM in genau dieses Anlageinstrument zu investieren, also muss es ein Argument für den Kauf von Aktien gegeben haben, das schwerer wog, als das der Unerfahrenheit. Offensichtlich war dies die Chance auf einen hohen Gewinn in relativ kurzer Zeit, die Menschen erhofften sich durch ein Investment in Aktien eine hohe Rendite bei anscheinend überschaubarem Risiko.

Was das Argument des höheren Risikos bei Aktienengagements gegenüber anderen Anlageformen angeht, sei hier eine Untersuchung erwähnt, die von der Dr. Pirmin Hotz & Partner AG durchgeführt wurde. Die Ergebnisse werden nachfolgend in den Abbildungen 2.4 und 2.5 grafisch dargestellt. Es wurde untersucht, wie sich das Risiko, unterschiedliche Renditen zu erzielen bei unterschiedlichen Anlagezeiträumen verhält. Verglichen wurden die Ergebnisse mit denen von Rentenpapieren.

Die Ausgangsformulierung für die folgenden Abbildungen lautete immer:

„Das Risiko eine Rendite von weniger als … Prozent p.a. zu erzielen, beträgt bei einem Anlagezeitraum von … Jahren … Prozent.“

Über der jeweiligen Grafik ist die erwartete Rendite p.a. angegeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.4 Ausfallrisiko Aktien vs. Renten bei 6% Rendite

(Quelle: eigene Berechnung aus Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI Factbook 1998, S. 09-3)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.5 Ausfallrisiko Aktien vs. Renten bei 8% Rendite

(Quelle: eigene Berechnung aus Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI Factbook 1998, S. 09-3)

Was natürlich berücksichtigt werden muss, ist die Tatsache, dass bei festverzinslichen Wertpapieren von Emittenten mit erstklassiger Bonität praktisch kein Totalausfallrisiko besteht, was bei Aktien dagegen zumindest theoretisch gegeben ist. Beschränkt man sich allerdings auf Standardwerte wie z.B. Bluechips, geht die Wahrscheinlichkeit eines Totalausfalls ebenfalls gegen Null. Aus den obigen Abbildungen lässt sich eindeutig erkennen, dass die Verlustrisiken bei Aktienengagements mit zunehmender Anlagedauer abnehmen. Umgekehrt steigen die Wahrscheinlichkeiten bei den Rentenpapieren mit höheren Erwartungen an die zu erzielende Rendite. Das Risiko bei Aktien besteht also eher in der Höhe der Opportunitätskosten, für den Fall, dass das Vermögen in andere Anlageformen investiert wird, als in einem tatsächlichen Verlustrisiko. Wichtig ist hier natürlich die Langfristigkeit der Anlage, es ist unbestritten, dass bei kurzfristigen Investitionen in Aktien auch hohe Verluste, bis hin zum Totalverlust realisiert werden können.

Das letzte angeführte Argument gegen den Kauf von Aktien, auf das hier noch eingegangen werden soll, ist die im Vergleich zu anderen Anlageformen zu erzielende Rendite, die nach Meinung eines Teils der Befragten zu niedrig sei. Um diesen Punkt zu widerlegen folgt in der Tabelle 2.9 eine Beispielrechnung, die darstellt, wie sich ein Aktiendepot im Vergleich zu einem Rentendepot über einen Zeitraum von 35 Jahren entwickelt. Dabei wird von einer durchschnittlichen Aktienrendite von 9 % ausgegangen, dies entspricht dem Durchschnitt der Jahre 1954 bis 1996.[11] Die durchschnittliche Rentenrendite wird mit 7 % p.a. angesetzt. Die Anfangsinvestition beträgt jeweils 10000,- €.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2.9 Vergleich Musterdepot

(Quelle: Deutsches Aktieninstitut e.V., DAI-Factbook 1998, S. 09-2)

Selbstverständlich ist die dargestellte Entwicklung eher hypothetischer Natur, da der tatsächliche Wertverlauf von Aktien- und Rentendepots unter mehr oder weniger starken Schwankungen verläuft. Trotzdem zeigt die Aufstellung recht deutlich, dass zum einen kurzfristige Schwankungen mit zunehmender Anlagedauer immer unbedeutender werden, zum anderen, dass durch den Zinseszinseffekt schon bei einem Renditeunterschied von nur 2 % p.a. nahezu eine Verdopplung des Endvermögens eintritt.[12]

Vergleicht man die Wahrscheinlichkeiten, mit verschiedenen Anlageformen über unterschiedliche Anlagezeiträumen eine vorgegebene Mindestrendite zu erzielen, führt auch hier kein Weg an einem Engagement in Aktien vorbei. Exemplarisch sei hier ein Vergleich zwischen Aktien und festverzinslichen Wertpapieren genannt, der auch aus einer Untersuchung der Dr. Pirmin Hotz & Partner AG stammt. Bereits bei einem Anlagezeitraum von fünf Jahren beträgt die Wahrscheinlichkeit mit Aktien eine Rendite von mehr als 10 % p.a. zu erzielen bei 55 %, bei Renten nur bei 8 %. Verlängert man den Zeitraum auf 20 Jahre, ergibt sich ein Verhältnis von 60 % für die Aktie zu 0 % für das Rentenpapier.[13]

Die vorangegangenen Kapitel haben gezeigt, dass die deutschen Anleger der Aktie als Anlageform immer noch skeptisch gegenüberstehen, die dafür aufgeführten Gründe wurden dargelegt und es wurde versucht, sie mit entsprechenden Beispielen zu entkräften.

Im Folgenden werden nun unterschiedliche Methoden aufgezeigt, mit denen der Privatanleger eine Aktienauswahl für sein Portfolio treffen kann.

2.3 Analysemethoden

2.3.1 Fundamentalanalyse nach Graham

2.3.1.1 Das Konzept des inneren Wertes

Die erste, hier behandelte Methode ist eine Form der Fundamentalanalyse, das so genannte „Value Investing“. Gemeinhin wird Benjamin Graham als Vater des Value Investing betrachtet, der diesen Ansatz zusammen mit seinem Mitautor David Dodd erstmals im Jahre 1934 in dem Buch „Security Analysis“ vorstellte. Value Investing bedeutet dabei nichts anderes, als in den vorhandenen Wert eines Unternehmens zu investieren, den Graham als den „inneren Wert“ bezeichnete. Erfunden wurde der Begriff des inneren Werts jedoch bereits im Jahre 1848 von William Armstrong, einem Börsenkommentator, der den inneren Wert als einen der wichtigsten Bestimmungsfaktoren für den Kurs von Wertpapieren bezeichnete.[14]

Ein Investor, der wertorientiert handelt, geht beim Kauf von Aktien immer so vor, als würde er das gesamte Unternehmen erwerben. Dabei stehen Fragen nach der Finanzlage, der Verschuldung, der Zusammensetzung des Kaufpreises, des zu erwartenden Einkommens und der zu erwartenden Rendite sowie das mögliche Wachstumspotential im Mittelpunkt der Betrachtung.[15] Werden alle diese Fragen zufrieden stellend beantwortet und liegt der Kaufpreis, sprich der Kurs der Aktie unter oder nahe am tatsächlichen Wert, stellt das Investment eine Wertanlage dar. Zur Ermittlung des inneren Werts gibt es verschiedene Ansätze. Graham und Dodd führten dazu in ihrer Ausgabe der Security Analysis von 1940 ein Beispiel an, das inzwischen historischen Charakter hat: 1922, lange vor der Hausse in Aktien von Fluggesellschaften, notierte die Wright Aeronautical Corporation an der New Yorker Börse bei nur 8 $, obwohl die Gesellschaft eine Dividende von 1 $ pro Aktie zahlte, seit geraumer Zeit 2 $ pro Aktie verdiente und über mehr als 8 $ liquide Mittel pro Aktie verfügte. Die Analyse dieser Zusammenhänge hätte sofort aufgezeigt, dass der innere Wert der Aktie deutlich über ihrem damaligen Kurs lag.[16] Dieses Beispiel stellt vereinfacht dar, wie Unternehmenszahlen, die für jedermann zugänglich sind, zur Ermittlung des inneren Werts genutzt werden können. Warren Buffet, der wohl berühmteste Schüler Grahams definierte den inneren Wert im Jahresbericht 1994 seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway als die Summe der abgezinsten Geldflüsse, die aus dem Geschäft während seines weiteren Bestehens zu entnehmen sind.[17] Andere Finanzanalysten wiederum konzentrieren sich auf das Nettoumlaufvermögen oder Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Benjamin Graham selbst hat eine Formel entwickelt, die es ihm ermöglichte den inneren Wert aus dem Vergleich der Gewinne eines Unternehmens mit der Rendite erstklassiger Anleihen zu berechnen. Die Formel selbst wird heutzutage kaum noch angewandt, soll hier jedoch der Vollständigkeit halber erwähnt werden:

Innerer Wert = G (2w + 8,5) x 4,4/r

Dabei steht G für die Unternehmensgewinne je Aktie, w für die Wachstumsrate der Gewinne und r für die Rendite erstklassiger Anleihen mit bester Bonität. Die Zahl 8,5 stellt ein von Graham selbst festgelegtes KGV für nicht wachsende Gesellschaften dar. Zu beachten ist hier jedoch, dass diese Formel zu einer Zeit entwickelt wurde, als die KGV´s traditionell niedriger waren als heutzutage, was den Ansatz einer größeren Zahl in einer aktuellen Anwendung angebracht erscheinen lässt.[18] Zur Verdeutlichung kurz eine Anwendung der Formel am Beispiel des General Electric Konzerns aus den USA. Über die Jahre 2001 bis 2003 ergibt sich ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 6,6 %, der Gewinn je Aktie lag im Jahr 2003 bei 1,30 €. Als Rendite für die Anleihen wird der derzeitige Durchschnittszinssatz für zehnjährige deutsche Staatsanleihen von 4,2 % angesetzt. Das KGV für nicht wachsende Gesellschaften wird auf 15 angehoben, dies stellt einen relativ konservativen Wert dar (bei einem Gewinnwachstum von 6,6 % ergäbe sich für 2004 ein Gewinn von 1,38 € je Aktie, bei einem aktuellen Kurs von 25 € ergibt sich ein KGV von 18). Dadurch ergibt sich folgende Formel:

Innerer Wert = 1,3 (2x6,6 + 15) x 4,4/4,2 =

= 1,3 x 28,2 x 1,047619 = 38,41 (gerundet)

Demzufolge läge der innere Wert von General Electric bei einem Kurs von 38,41 € je Aktie. Bei einem aktuellen Kurs von ca. 25 € notiert die Aktie momentan also deutlich unter ihrem inneren Wert und wäre demzufolge ein lohnendes wertorientiertes Investment. Die Ermittlung des inneren Werts anhand einer Formel ist jedoch ein Instrument, das Graham eher nebenbei entworfen hat, sein Hauptaugenmerk lag auf den fundamentalen Daten eines Unternehmens, wie sie aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung abzulesen sind.

2.3.1.2 Der Innere Wert und die Bilanz

Zunächst muss erwähnt werden, dass bereits Benjamin Graham durchaus die Gefahr von Bilanzmanipulationen sah und deswegen zur Vorsicht bei der Beurteilung von Unternehmen nur anhand ihrer Bilanzen riet. Er nannte die Praxis mancher Firmen „kreative Buchhaltung“ und äußerte sich dazu auch kritisch in vielen Veröffentlichungen.[19] Und auch in der jetzigen Zeit ist durchaus eine gewisse Skepsis gegenüber Unternehmenszahlen angebracht, wie die Skandale um Enron, Worldcom oder Parmalat zeigten.

Trotzdem stellen Bilanzen, die nach international anerkannten Maßstäben, wie z.B. US-GAAP aufgestellt werden, ein hilfreiches Mittel dar, Unternehmen und den zugehörigen Aktienkurs zu beurteilen.

[...]


[1] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2001, S. 30.

[2] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2001, S.29.

[3] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2002, S.26.

[4] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2002, S. 27.

[5] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2003, S. 41.

[6] Vgl. Deutsches Aktieninstitut e.V., 1998, S. 08.6-3.

[7] Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 1998, S. 08.7 Japan 2.

[8] Vgl. Deutsches Aktieninstitut, 1998, S. 09-7.

[9] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2001, S. 30.

[10] Vgl. Deutsche Bundesbank, 2001, S. 25.

[11] Vgl. Deutsches Aktieninstitut e.V., 1998, S. 09-2.

[12] Vgl. Deutsches Aktieninstitut e.V., 1998, S. 09-2.

[13] Vgl. Deutsches Aktieninstitut e.V., 1998, S. 09-3.

[14] Vgl. Lowe, 2000, S. 35.

[15] Vgl. Lowe, 2000, S. 20.

[16] Vgl. Lowe, 2000, S. 36.

[17] Vgl. Lowe, 2000, S. 36.

[18] Vgl. Lowe, 2000, S. 88.

[19] Vgl. Lowe, 2000, S. 44.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832497460
ISBN (Paperback)
9783838697468
DOI
10.3239/9783832497460
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2006 (August)
Note
1,3
Schlagworte
wertpapieranalyse benjamin graham value börse chartanalyse
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Titel: Die Problematik der Aktienauswahl bei privaten Anlegern
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