Lade Inhalt...

Erstellung einer Strukturbilanz bei der Bilanzanalyse aus Gläubiger-, Aktionärs- und Controllingperspektive

©2005 Diplomarbeit 80 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Jahresabschluss soll über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens informieren. Jedoch entspricht er in der veröffentlichten Form selten den Anforderungen der Leser. Um die Aussagekraft des Jahresabschlusses zu verbessern und seine Vergleichbarkeit mit früheren Jahren bzw. anderen Unternehmen zu gewährleisten, ist eine Aufbereitung der veröffentlichten Daten erforderlich. Hierzu wird in der Bilanzanalyse das Instrument Strukturbilanz eingesetzt.
Als Strukturbilanz wird eine nach der Zielsetzung und den Aufgaben der Bilanzanalyse aufbereitete und umgestaltete Originalbilanz bezeichnet. Der Begriff Bilanzanalyse umfasst die Aufbereitung und die Auswertung von Informationen, mit denen Erkenntnisse über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer Unternehmung gewonnen werden können. Das Ziel der Bilanzanalyse liegt darin, Aussagen über die mögliche oder wahrscheinliche zukünftige finanzielle Entwicklung eines Unternehmens zu machen, mit deren Hilfe die Bilanzadressaten Entscheidungen im Zusammenhang mit dem bilanzierenden Unternehmen treffen können.
Gang der Untersuchung:
Eine Strukturbilanz dient traditionell der banküblichen Finanzierungsanalyse. In der vorliegenden Arbeit wird ihre adressatenspezifische Eignung und Gestaltung analysiert. Die Perspektiven der Gläubiger und Aktionäre werden schwerpunktmäßig thematisiert. Die Fokussierung auf die externen Kapitalgeber erfolgt, da diese im Gegensatz zum internen Controlling in der Regel auf den Jahresabschluss als einzige Informationsquelle über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens angewiesen sind. Ihre Aufbereitungsmöglichkeiten sind daher von den Vorschriften der Rechnungslegung abhängig.
Aus diesem Grund wird in Kapitel 2 zunächst das Informationsangebot untersucht, das der Jahresabschluss nach den beiden Rechnungslegungssystemen IFRS und HGB bereitstellt.
Daran anschließend erfolgt in Abschnitt 3 die Darstellung des Informationsbedarfs der Kapitalgeber.
Kapitel 4 dieser Arbeit beschäftigt sich zu Beginn mit den Funktionen, die eine Strukturbilanz für die beiden untersuchten Regelungskreise erfüllen kann. Nachfolgend werden Aufbereitungsmaßnahmen zur Erstellung einer adressatenspezifischen Strukturbilanz getrennt für IFRS- und HGB-Abschlüsse analysiert.
In Abschnitt 5 wird dann der Frage nachgegangen, welche Aufbereitungsmaßnahmen aus Sicht des Controllings zu einer besseren Abbildung der Unternehmenslage führen. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
I
Abkürzungsverzeichnis III
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis VI
1.
Einleitung
1
2. Informationsangebot des Jahresabschlusses
2
2.1. Qualitative Anforderungen an das Informationsangebot
2
2.2. Informationsangebot der Regelwerke IFRS und HGB
3
2.3. Ziele und Instrumente der Jahresabschlusspolitik
5
3. Informationsbedarf aus Kapitalgeberperspektive
7
3.1. Methoden zur Bestimmung des Informationsbedarfs
7
3.1.1.
Deduktive
Ansätze
7
3.1.2. Empirisch-induktive Ansätze
8
3.2. Spezifischer Informationsbedarf der
Gläubiger
9
3.2.1. Deduktive Ableitung
9
3.2.2. Empirische Erkenntnisse 12
3.3. Spezifischer Informationsbedarf
der
Aktionäre
14
3.3.1. Deduktive Ableitung 14
3.3.2. Empirische Erkenntnisse 18
3.4. Zusammenfassung der Ergebnisse
18
4. Adressatenspezifische Strukturbilanz
19
4.1.
Grundlagen
19
4.2. Funktionen der Strukturbilanz
20
4.2.1. Basis für die Kennzahlenberechnung
20
4.2.2. Schaffen von Vergleichbarkeit 21
4.2.3. Bereinigung von Jahresabschlüssen
23
4.3. Strukturbilanz für IFRS-Abschlüsse
25
4.3.1. Gliederungsvorschriften 25
4.3.2 Latente
Steuern 26
I

4.3.3 Immaterielle
Vermögenswerte 30
4.3.4 Sachanlagevermögen
34
4.3.5 Aktivierung
von
Fremdkapitalkosten
37
4.3.6 Langfristige
Fertigungsaufträge
38
4.3.7 Eigene
Anteile 39
4.3.8 Rückstellungen und Verbindlichkeiten
40
4.3.9 Zusammenfassung 41
4.4. Strukturbilanz für HGB-Abschlüsse
43
4.4.1. Latente Steuern 43
4.4.2.
Aktivposten 44
4.4.3 Passivposten
46
4.4.4 Rechnungsabgrenzungsposten 48
4.4.5 Zusammenfassung 49
5. Bilanzaufbereitung aus Controllingperspektive
51
5.1.
Informationsangebot
und
Informationsbedarf 51
5.2.
Aufbereitung
am
Beispiel
der
EVA-Ermittlung
52
6. Schlussbetrachtung
54
Anhang 1: Angesprochene Kennzahlen
56
Anhang 2: Aufbereitungsbuchungen - Vorgehensweise
57
Anhang 3: Leasingverpflichtungen in der
IFRS-Strukturbilanz
63
Anhang 4: Economic Value Added (EVA)
65
Literaturverzeichnis
66
II

Abkürzungsverzeichnis
aA
anderer
Auffassung
Abs. Absatz
AktG
Aktiengesetz
Art. Artikel
Aufl.
Auflage
BB
Betriebs-Berater
(Zeitschrift)
Bd.
Band
BddW
Blick
durch
die
Wirtschaft (Zeitschrift)
BFH Bundesfinanzhof
BFuP
Betriebswirtschaftliche
Forschung und Praxis (Zeitschrift)
BRD
Bundesrepublik
Deutschland
bspw.
beispielsweise
BStBl.
Bundessteuerblatt
BW Buchwert
CVA
Cash
Value
Added
DAX
Deutscher
Aktienindex
DB
Der
Betrieb
(Zeitschrift)
DBW
Die
Betriebswirtschaft
(Zeitschrift)
ders. derselbe
DRS Deutscher
Rechnungslegungsstandard
DSR Deutscher
Standardisierungsrat (Gremium des Deutschen
Rechnungslegungs
Standards
Commitee)
DStR
Deutsches
Steuerrecht
(Zeitschrift)
ebd. ebenda
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
EGHGB Einführungsgesetz
zum
Handelsgesetzbuch
EK
Eigenkapital
EStG
Einkommensteuergesetz
EStR
Einkommensteuer-Richtlinien
EU
Europäische
Union
EVA
Economic
Value
Added
III

f.
folgende
FB
Finanz-Betrieb (Zeitschrift)
ff.
fortfolgende
FK
Fremdkapital
Fn.
Fußnote
F&E Forschung
und
Entwicklung
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
GoB Grundsätze
ordnungsgemäßer
Buchführung
GuV Gewinn-
und
Verlustrechnung
h.
M.
herrschende
Meinung
HdR Handbuch
des
Rechnungswesens
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg.
Herausgeber
IAS International
Accounting
Standard
IFRS
International Financial Reporting Standards
IFRS F.
IFRS Framework
InsO Insolvenzordnung
i. d. R.
in der Regel
i. H. d.
in Höhe der/ des
i. H. v.
in Höhe von
i. V. m.
in Verbindung mit
Komm. Kommentar
KoR Kapitalmarktorientierte
Rechnungslegung
(Zeitschrift)
KWG
Kreditwesengesetz
m. w. N.
mit weiteren Nennungen
Mio. Millionen
NOPAT
Net Operating Profit after Taxes
Nr.
Nummer
o.
g. oben
genannt
RWZ
Österreichische Zeitschrift für Recht und Rechnungswesen
Rz.
Randziffer
S.
Seite
s.
siehe
seiV selbst
erstellte
immaterielle
Vermögenswerte
IV

Sp.
Spalte
SW Steuerwert
Tz.
Textziffer
USA
United States of America
Vgl. Vergleiche
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift)
WISU
Das
Wirtschaftsstudium
(Zeitschrift)
Wpg Die
Wirtschaftsprüfung
(Zeitschrift)
ZfB Zeitschrift
für
Betriebswirtschaft
ZfbF Zeitschrift
für
betriebswirtschaftliche Forschung
V

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Instrumente der Bilanzpolitik
6
Abbildung 2: Grobgliederung einer Strukturbilanz
19
Abbildung 3: Aufbereitungsmaßnahmen zur Erstellung einer Strukturbilanz
20
Abbildung 4: Steuerabgrenzung nach
IFRS
27
Abbildung 5: Ermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens nach dem
EVA-Ansatz
53
Tabelle 1:
Allgemeine Charakteristika von IFRS und HGB
5
Tabelle 2:
Zusammenstellung der adressatenspezifischen Aufbereitung
eines
IFRS-Abschlusses
42
Tabelle 3:
Zusammenstellung der adressatenspezifischen Aufbereitung
eines
HGB-Abschlusses
50
VI

1. Einleitung
Der Jahresabschluss soll über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unter-
nehmens informieren. Jedoch entspricht er in der veröffentlichten Form selten den Anfor-
derungen der Leser. Um die Aussagekraft des Jahresabschlusses zu verbessern und seine
Vergleichbarkeit mit früheren Jahren bzw. anderen Unternehmen zu gewährleisten, ist ei-
ne Aufbereitung der veröffentlichten Daten erforderlich. Hierzu wird in der Bilanzanalyse
das Instrument Strukturbilanz eingesetzt.
Als Strukturbilanz wird eine nach der Zielsetzung und den Aufgaben der Bilanzanaly-
se aufbereitete und umgestaltete Originalbilanz bezeichnet.
1
Der Begriff Bilanzanalyse
umfasst die Aufbereitung und die Auswertung von Informationen, mit denen Erkenntnisse
über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer Unternehmung gewonnen werden
können.
2
Das Ziel der Bilanzanalyse liegt darin, ,,Aussagen über die mögliche oder wahr-
scheinliche zukünftige finanzielle Entwicklung eines Unternehmens zu machen"
3
, mit de-
ren Hilfe die Bilanzadressaten Entscheidungen im Zusammenhang mit dem bilanzieren-
den Unternehmen treffen können.
Eine Strukturbilanz dient traditionell der ,,banküblichen Finanzierungsanalyse"
4
. In der
vorliegenden Arbeit wird ihre adressatenspezifische Eignung und Gestaltung analysiert.
Die Perspektiven der Gläubiger und Aktionäre werden schwerpunktmäßig thematisiert.
Die Fokussierung auf die externen Kapitalgeber erfolgt, da diese im Gegensatz zum inter-
nen Controlling in der Regel auf den Jahresabschluss als einzige Informationsquelle über
die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens angewiesen sind. Ihre Auf-
bereitungsmöglichkeiten sind daher von den Vorschriften der Rechnungslegung abhängig.
Aus diesem Grund wird in Kapitel 2 zunächst das Informationsangebot untersucht, das
der Jahresabschluss nach den beiden Rechnungslegungssystemen IFRS und HGB bereit-
stellt. Daran anschließend erfolgt in Abschnitt 3 die Darstellung des Informationsbedarfs
der Kapitalgeber. Kapitel 4 dieser Arbeit beschäftigt sich zu Beginn mit den Funktionen,
die eine Strukturbilanz für die beiden untersuchten Regelungskreise erfüllen kann. Nach-
folgend werden Aufbereitungsmaßnahmen zur Erstellung einer adressatenspezifischen
Strukturbilanz getrennt für IFRS- und HGB-Abschlüsse analysiert. In Abschnitt 5 wird
dann der Frage nachgegangen, welche Aufbereitungsmaßnahmen aus Sicht des Control-
1
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., Bilanzanalyse (2004), S. 55f.
2
Vgl. Coenenberg, A. G., Jahresabschluss (2003), S. 917.
3
Born, K., Bilanzanalyse (2001), S. 4.
4
Ballwieser, W./ Hachmeister, D., Abschlussanalyse, in: Lachnit, L./ Freidank, C. (Hrsg.), Unternehmens-
publizität (2000), S. 579.
1

lings zu einer besseren Abbildung der Unternehmenslage führen. Kapitel 6 fasst die ge-
wonnen Erkenntnisse zusammen.
2. Externe Aufbereitung von Jahresabschlüssen
2.1 Qualitative
Anforderungen
an das Informationsangebot
An das Informationsangebot, das die Unternehmensleitung den Kapitalgebern zur Ent-
scheidungsfindung zur Verfügung stellt, werden in der Literatur zur betriebswirtschaftli-
chen Theorie verschiedene Anforderungen gestellt. Zwei Ansprüche werden zum Er-
folgsausweis geltend gemacht.
5
Die Forderung nach Entscheidungsverbundenheit bein-
haltet, dass der Erfolgsausweis in der Periode stattfinden soll, in der der Erfolg durch das
unternehmerische Handeln verursacht worden ist.
6
Daneben wird der Anspruch auf die
Objektivierbarkeit
7
von Jahresabschlussinformationen geäußert um sicherzustellen, dass
es für die Unternehmensleitung unmöglich ist, Informationen durch eine unerkannte, die
Kapitalgeber schädigende Unternehmenspolitik zu manipulieren.
8
Die Unternehmensleitung muss über die zukünftig erzielbaren Cash Flows z. B. zur
Bewertung von Investitionsprojekten informieren, um den Investoren eine rationale Ent-
scheidung zu ermöglichen.
9
Hierfür sind subjektive Einschätzungen über künftige Ent-
wicklungen unvermeidbar. Die Beziehung zwischen Kapitalgebern und Management ist
jedoch durch Informationsasymmetrie gekennzeichnet,
10
denn die Unternehmensleitung
wird über künftig zu erwartende Erfolge besser informiert sein. Daher besteht die Gefahr,
dass erstere unzutreffende oder lückenhafte Informationen erhalten. Das Management
könnte versuchen, die Entscheidungen der Kapitalgeber in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Folglich werden die Kapitalgeber ein nachprüfbares Informationsangebot fordern.
11
Da
die von der Unternehmensleitung vorgenommene, unvermeidbare Einschätzung der zu-
künftigen Einkommens- und Vermögenslage aufgrund der Subjektivität wiederum nicht
nachprüfbar ist, ergibt sich ein Konflikt zwischen beiden Anforderungen, die an das In-
formationsangebot gestellt werden.
5
Vgl. Hax, H., Periodenerfolgsmessung, in: Delfmann, W. (Hrsg.), Integrationsgedanke (1989), S. 162f.
6
Vgl. Hartmann-Wendels, T., Rechnungslegung (1991), S. 215.
7
Vgl. Lutz, R., Jahresabschlussanalyse (2000), S. 72.
8
Vgl. Hax, H., Periodenerfolgsmessung, in: Delfmann, W. (Hrsg.), Integrationsgedanke (1989), S. 163, da
bezeichnet als Prinzip der Manipulationsfreiheit.
9
Vgl. Lutz, R., Jahresabschlussanalyse (2000), S. 72.
10
Vgl. Kiener, S., Principal-Agent-Theorie (1990), S. 23ff.
11
Vgl. im folgenden Lutz, R., Jahresabschlussanalyse (2000), S. 73.
2

Aufbauend auf den beiden dargestellten Prinzipien lassen sich verschiedene Theorien
der Gewinnermittlung unterscheiden. Die Gewinnermittlung auf Basis des Bilanzansatzes
zum Tageswert verfolgt das Ziel, Informationen über die Erfolgswirksamkeit unterneh-
merischer Entscheidungen zu beurteilen und die Prognosekraft der Jahresabschlussdaten
zu gewährleisten.
12
Hingegen steht bei der Gewinnermittlung auf Basis des Anschaf-
fungswertes die Berechnung eines vorsichtig bemessenen Jahresüberschusses im Vor-
dergrund.
13
Nachrangig soll ebenfalls die Funktion der Bereitstellung von Unternehmens-
informationen erfüllt werden. In der zerschlagungsstatischen
14
Ausprägung des Anschaf-
fungswertprinzips wird von einer fiktiven Unternehmenszerschlagung zum Bilanzstichtag
ausgegangen. Dies soll der Ermittlung des Betrages dienen, der den Gläubigern im Insol-
venzfall zur Befriedigung ihrer Ansprüche zur Verfügung steht. Die Theorie der Fortfüh-
rungsstatik geht dagegen von der Unternehmensfortführung aus, falls diese wahrschein-
lich ist.
15
Die dynamische Bilanz nimmt gewissermaßen eine Mittlerposition zwischen
den beiden sich gegenüberstehenden Wertkonzepten ein. Sie geht zwar ebenfalls von den
Anschaffungs- und Herstellungskosten als Höchstgrenze der Bewertung aus,
16
nimmt a-
ber ,,Verfälschungen des Vermögensausweis in Kauf, um dadurch einen aussagekräftigen
Gewinn zu erhalten"
17
.
2.2 Informationsangebot der Regelwerke IFRS und HGB
Zwischen den IFRS, welche durch die angloamerikanische Rechnungslegungsphiloso-
phie geprägt sind, und dem aus der kontinentaleuropäischen Rechnungslegungstradition
gewachsenen HGB bestehen erhebliche Differenzen.
18
Der für diese Arbeit relevante und
grundsätzliche Unterschied betrifft die Zielsetzungen der Regelwerke.
Das einzige Ziel der IFRS-Abschlüsse ist die Bereitstellung von entscheidungsrelevan-
ten Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens für
Investoren (IFRS F.12-F.14), wobei der Forderung nach einem den tatsächlichen Verhält-
12
Vgl. Coenenberg, A. G., Jahresabschluss (2003), S. 1162.
13
Vgl. im folgenden ebd., S. 1150ff.
14
Statisch deshalb, weil Harmonie zwischen Vermögens- und Erfolgsermittlung besteht und der Gewinn
innerhalb der Bilanz als Reinvermögenszuwachs ermittelt wird.
15
Dieses Prinzip hat auch Eingang in das HGB (§ 252 Abs. 1 Nr. 2) und die IFRS (IAS 1.23) gefunden.
16
Vgl. Schmalenbach, E., Bilanz (1962), S. 106f.
17
Coenenberg, A. G., Jahresabschluss (2003), S. 1154. Für die dynamische Bilanztheorie ist eine gleichzei-
tige Ermittlung von Gewinn und Vermögen nicht möglich.
18
Vgl. u.a. Heuser, P./ Theile, C., IAS/IFRS (2005), Rz. 101.
3

nissen entsprechenden Bild ein hoher Stellenwert eingeräumt wird.
19
Die Ausgestaltung
dieses Ziels erfolgt durch die Betonung der periodengerechten Gewinnermittlung als do-
minierendem Rechnungslegungsprinzip. Dies kommt u.a. in der percentage of completi-
on-Methode und im eingeschränkten Imparitätsprinzip, bspw. realisiert durch das Verbot
von Aufwandsrückstellungen, zum Ausdruck.
20
Zudem wird die ausschließliche Anschaf-
fungskostenorientierung durch die vorgeschriebene oder im Rahmen eines Wahlrechtes
ermöglichte Bewertung mit dem Zeitwert in Frage gestellt. Dies erlaubt einen, in Bezug
auf die Periodenzugehörigkeit, zutreffenderen Erfolgsausweis.
Die Konzeption der Rechnungslegung nach HGB verfolgt mehrere Ziele. Hier steht
die Ermittlung eines vorsichtig bemessenen, umsatzrealisierten und ausschüttbaren Ge-
winns unter Beachtung von Gläubigerschutzkriterien im Mittelpunkt.
21
Die Begrenzung
von Ausschüttungen nimmt einen übergeordneten Stellenwert ein, weil Gläubigern ein
Mindestkapital als Verlustpuffer verbleiben soll.
22
Dies wird durch das Realisations- und
das Imparitätsprinzip erreicht.
23
Gemäß ersterem sind Erlöse erst ausweisfähig, wenn die
ihnen zugrundeliegende Leistung vollzogen ist. Dagegen werden Verluste imparitätisch
behandelt, d. h. nicht erst bei Realisation, sondern bereits bei ausreichender Wahrschein-
lichkeit berücksichtigt.
24
Diese Grundsätze entsprechen einer vorsichtigen Bilanzierung
(Vorsichtsprinzip), die sich z. B. in der ausschließlichen Zulässigkeit der Anschaffungs-
bzw. Herstellungskostenmethode, dem Niederstwertprinzip, dem Verbot des Ansatzes
von selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen und dem Ansatzwahlrecht
für Aufwandsrückstellungen zeigt.
Daneben ist der HGB-Jahresabschluss nach § 5 Abs. 1 EStG für die Steuerbilanz maß-
geblich und hat die Funktion der Informationsbereitstellung,
25
was sich aus § 264 Abs. 2
HGB zumindest für Kapitalgesellschaften ergibt. Nachfolgende Tabelle soll die für diese
Arbeit relevanten Charakteristika von IFRS und HGB zusammenfassend darstellen:
19
Vgl. IFRS F.46, zum Stellenwert eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendem Bildes vgl.
KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft, IFRS (2004), S. 16f.
20
Vgl. im folgenden Havermann, H., Rechnungslegung, in: Ballwieser, W. u. a. (Hrsg.): Bilanzrecht und
Kapitalmarkt (1994), S. 663; Heuser P./ Theile, C., IAS/IFRS (2005), Rz. 116f.
21
Vgl. Moxter, A., Bilanzlehre (1984), S. 157f; Rückle, D., Bewertungsprinzipien, in: Chmielewicz, K./
Schweitzer, M., HdR (1993), Sp. 196ff.
22
Vgl. Heuser, P./ Theile, C., IAS/IFRS (2005), Rz. 4.
23
Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, Coenenberg, A. G., Jahresabschluss (2003), S. 39ff.
24
Vgl. Coenenberg, A. G., Jahresabschluss (2003), S. 42.
25
Vgl. u. a. ebd., S. 14.
4

Regelwerk IFRS
HGB
Haupt-
Funktion(en)
Informationen für wirtschaft-
liche Entscheidungen
· Zahlungsbemessung (Steuerzah-
lung, Ausschüttung)
· Information
Dominierendes
Prinzip
Periodengerechte Gewinner-
mittlung
Vorsichtsprinzip (ausgedrückt in Rea-
lisations- und Imparitätsprinzip)
Tabelle 1: Allgemeine Charakteristika von IFRS und HGB.
Aus dieser Betrachtung folgt, dass die IFRS mit ihrer Zielsetzung und Ausgestaltung
dem Prinzip der Entscheidungsverbundenheit näher stehen als das HGB, in dem der Ver-
such zum Ausdruck kommt, den Jahresabschluss zu objektivieren.
2.3 Ziele und Instrumente der Jahresabschlusspolitik
Unter Jahresabschlusspolitik wird die ,,willentliche und hinsichtlich der Unterneh-
mensziele zweckorientierte Einflussnahme auf Form, Inhalt und Berichterstattung des ...
Jahresabschlusses im Rahmen der durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen"
26
ver-
standen. Ihre monetären Ziele umfassen die unmittelbare Beeinflussung des Periodener-
folgs samt der an diesen anknüpfenden Rechtsfolgen sowie die mittelbare Beeinflussung
des Verhaltens der Jahresabschlussadressaten.
27
An einen Jahresabschluss nach IFRS knüpfen derzeit weder Gewinnverwendungsent-
scheidungen noch steuerliche Folgen an.
28
Daher reduzieren sich aufgrund der Primär-
funktion Information die bilanzpolitischen Ziele auf die mittelbare Verhaltensbeeinflus-
sung der Adressaten. Die Kapitalgeber nehmen in diesem Zusammenhang eine Schlüssel-
rolle für die Unternehmen ein. Der ,,Eindruck einer liquiden, ertragstarken und insgesamt
kreditwürdigen Unternehmung"
29
soll erweckt werden, um die Finanzierungsmöglichkei-
ten und -konditionen zu beeinflussen. Zu beachten ist allerdings, dass die Bilanzpolitik
eine langfristige negative Entwicklung des Unternehmens auf Dauer nicht verschleiern
kann.
30
Die Ziele der Bilanzpolitik im HGB-Abschluss sind durch die größere Anzahl seiner
Funktionen vielfältiger. Neben die Verhaltensbeeinflussung der Kapitalgeber treten auf-
26
Küting, K., Spannungsverhältnis (DStR 1996), S. 935.
27
Vgl. ebd. Nicht monetäre Ziele der Bilanzpolitik werden in dieser Arbeit außer Acht gelassen.
28
Vgl. Küting, K./ Wohlgemuth, F., Internationale Bilanzanalyse (DStR 2004), S. 4.
29
Fuchs, M., Jahresabschlußpolitik (1997), S. 48.
30
Vgl. Küting, K./ Wohlgemuth, F., Internationale Bilanzanalyse (DStR 2004), S. 5.
5

grund der Maßgeblichkeit bilanzpolitische Überlegungen zur Optimierung der Steuerzah-
lungen.
31
Weiterhin kann die Höhe von Ausschüttungen vom handelsrechtlichen Jahres-
überschuss abhängen.
32
Schließlich soll noch darauf hingewiesen werden, dass für die
Analyse der Jahresabschlüsse von nach HGB bilanzierenden Unternehmen die folgende
Hypothese Gültigkeit beansprucht:
33
erfolgreiche Unternehmen bilanzieren konservativ
und weisen dadurch einen geringen Jahresüberschuss aus; Unternehmen, die progressiv
bilanzieren oder nicht eindeutig über ihre Bilanzierung informieren, sind daher eher er-
tragsschwach. Dieser Zusammenhang wird jedoch wegen der zunehmenden Angleichung
der Rechnungslegungsnormen kritisch gesehen.
34
Die zum bilanzpolitischen Einsatz zur Verfügung stehenden Maßnahmen können, wie
in Abbildung 1 veranschaulicht, systematisiert werden:
Abbildung 1: Instrumente der Bilanzpolitik.
35
Sachverhaltsgestaltung
Ansatz
Bewertung
Erläuterung
Gliederung
formell
Sachverhaltsabbildung
materiell
bilanzpolitische Instrumente
Ausweis
explizite Wahlrechte
gesetzliche
abnehmende
Konkreti-
sierung
faktische Wahlrechte
Ermessensspielräume
Auf der ersten Ebene werden Instrumente der Bilanzpolitik in zeitlicher Hinsicht in
Sachverhaltsgestaltungen und -abbildungen differenziert, wobei erstere vor dem Bilanz-
stichtag, letztere danach zur Anwendung kommen.
36
Sachverhaltsgestaltungen verändern
31
Vgl. Bitz, M./ Schneeloch, D./ Wittstock, W., Jahresabschluß (2000), S. 515.
32
Vgl. § 58 Abs. 2 AktG. Diese Vorschrift hat jedoch nur im Falle fehlender diesbezüglicher Regelungen
im Gesellschaftsvertrag praktische Auswirkungen. Vgl. ebd., S. 514.
33
Vgl. Küting, K./ Weber C.-P., Bilanzanalyse (2004), S. 413.
34
Vgl. Hüttche, T., Typologische Bilanzanalyse (KoR 2005), S. 321.
35
Quelle: Küting, K./ Wohlgemuth, F., Internationale Bilanzanalyse (DStR 2004), S. 5.
36
Vgl. Küting, K./ Wohlgemuth, F., Internationale Bilanzanalyse (DStR 2004), S. 5.
6

die abzubildenden realen Tatbestände entweder durch unternehmerisches Handeln, bspw.
die Verlagerung von geplanten Geschäftsvorfällen in ein anderes Wirtschaftsjahr (Ter-
minpolitik), oder durch die Ausgestaltung von Rechtsgeschäften (Transaktionspolitik).
37
Für externe Bilanzleser sind sie in der Regel nicht zu erkennen, solange die Unternehmen
nicht über Vertragsinhalte berichten müssen.
38
Sachverhaltsabbildungen, oder jahresab-
schlusspolitische Maßnahmen im engeren Sinne,
39
werden zunächst in formelle und mate-
rielle Parameter unterschieden. Zu den formellen jahresabschlusspolitischen Maßnahmen
werden Ausweis-, Erläuterungs- und Gliederungswahlrechte gezählt, die jeweils keine
Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben.
40
Hingegen kann der Erfolg mit mate-
riellen Sachverhaltsabbildungen, den Ansatz- und Bewertungswahlrechten, gezielt beein-
flusst werden. Neben expliziten Wahlrechten, die dem Bilanzierenden konkrete Alternati-
ven hinsichtlich des Ansatzes oder der Bewertung vorgeben, existieren ebenfalls faktische
Wahlrechte und Ermessensspielräume. Zum faktischen Wahlrecht wird ein Rechnungsle-
gungsgebot oder -verbot durch mangelnde Überprüfbarkeit. Ermessensspielräume eröff-
nen dem Unternehmen Auswahlentscheidungen innerhalb einer Bandbreite von zulässi-
gen Wertansätzen und ermöglichen dem Bilanzierenden durch die nicht realisierbare Spe-
zifikation der Rechnungslegungsnorm bzw. durch ungeregelte Sachverhalte zahlreiche
Freiheitsgrade.
Auf die Instrumente der jeweiligen Regelwerke und ihre Auswirkungen wird in den
Abschnitten 4.3 und 4.4 bei der Untersuchung der Aufbereitungsmaßnahmen eingegan-
gen. In Kapitel 3 wird nun der Informationsbedarf der Kapitalgeber untersucht.
3. Informationsbedarf aus Kapitalgeberperspektive
3.1 Methoden zur Bestimmung des Informationsbedarfs
3.1.1 Deduktive Ansätze
Das traditionelle Vorgehen bei der Ermittlung und Begründung von Rechnungsle-
gungsvorschlägen seitens des Gesetzgebers ,,besteht darin, ein Abbildungsziel für das
Rechnungslegungsinstrument zu formulieren, das im vermuteten Interesse konkretisierter
37
Vgl. Heinhold, M., Instrumente (WiSt 1984), S. 450f; Küting, K./ Wohlgemuth, F., Internationale Bilanz-
analyse (DStR 2004), S. 5.
38
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., Bilanzanalyse (2004), S. 412. Daher werden diese nur angesprochen, wenn
durch Pflichtangaben Aufbereitungen durchführbar sind. Vgl. z. B. Abschnitt 4.3.4. zum Leasing bei IFRS.
39
Vgl. Bitz, M./ Schneeloch, D./ Wittstock, W., Jahresabschluß (2000), S. 532.
40
Vgl. im folgenden Küting, K./ Wohlgemuth, F., Internationale Bilanzanalyse (DStR 2004), S. 6.
7

Adressaten liegt, und, daran anknüpfend, entsprechende Abbildungsregelungen abzulei-
ten".
41
Hierin kommt der Versuch zum Ausdruck, den Informationsbedarf verschiedener
Gruppen mit Hilfe von Plausibilitätsüberlegungen zu deduzieren.
42
Dabei wird aber als
fraglich angesehen, ob der ermittelte Informationsbedarf der Realität entspricht. Weiter-
hin wird kritisch angemerkt, dass die Zielformulierungen eher allgemein gehalten sind
und damit nicht operationalisiert werden können.
43
Die traditionelle Vorgehensweise hat
deswegen eine lediglich beschränkte Aussagekraft im Hinblick auf die Frage nach adres-
satenspezifischen Aufbereitungsregeln.
Die jüngere Literatur beschäftigt sich mit dem entscheidungsmodellorientierten Ansatz
der Ableitung des Informationsbedarfs von Bilanzadressaten. Hierbei werden die Jahres-
abschlussleser als Entscheidungsträger verstanden. Aus den verschiedenen sozialen Rol-
len und den untersuchten Entscheidungssituationen ergibt sich ein unterschiedlicher Be-
darf an Informationen aus dem Jahresabschluss.
44
Kritisch wird auch für diese neueren
Ansätze die stark vereinfachende Typisierung der einzelnen Adressaten gesehen.
45
Da-
durch werde die Heterogenität innerhalb bestimmter Gruppen von Entscheidern vernach-
lässigt. Diesem Kritikpunkt ist jedoch entgegenzuhalten, dass eine Berücksichtigung
sämtlicher individueller Informationswünsche im Rahmen einer solchen Untersuchung
unmöglich ist und trotz der Vereinfachung für die untersuchten Gruppen nützliche, spezi-
fische Erkenntnisse gewonnen werden können.
3.1.2 Empirisch-induktive Ansätze
Die empirisch-induktiven Ansätze verfolgen u. a. das Ziel, die tatsächliche Nutzenstif-
tung und Wirkung der Rechnungslegung als formales Instrument der Informationsproduk-
tion und -verteilung zu erfassen.
46
Es existieren drei Varianten der empirisch-induktiven
Vorgehensweise für eine Ableitung des Informationsbedarfs.
Erstens wird versucht, eine Ableitung mittels individueller Befragung der Unterneh-
mensbeteiligten als Benutzer von Unternehmensinformationen durchzuführen, wofür Me-
41
Ballwieser, W., Begründbarkeit (ZfbF 1982), S. 773.
42
Vgl. Lange, C., Jahresabschlussinformationen (1989), S. 77.
43
Vgl. Lutz, R., Jahresabschlussanalyse (2000), S. 38ff.
44
Vgl. Kupfernagel, S., Generalnorm (1991) S. 64f; Lange, C., Jahresabschlussinformationen (1989),
S. 87ff. Neben finanziellen Informationen aus dem Jahresabschluss können auch nicht-finanzielle Kriterien
die Entscheidungen der Adressaten beeinflussen. Diese bleiben im Folgenden unberücksichtigt.
45
Vgl. Ballwieser, W., Begründbarkeit (ZfbF 1982), S. 778; Lange, C., Jahresabschlussinformationen
(1989), S. 87f.
46
Vgl. Coenenberg, A. G./ Haller, A., Empirische Forschung, in: Chmielewicz, K./ Schweitzer, M., HdR
(1993), Sp. 506f.
8

thoden der empirischen Sozialforschung wie Fragebögen oder Interviewtechniken genutzt
werden.
47
Zwar bestätigen die gewonnenen Befragungsergebnisse in Form einer Rangfol-
ge der benötigten Informationen die große Bedeutung des Jahresabschlusses für die Ent-
scheidungsfindung, sie weisen aber sowohl zwischen, als auch innerhalb der Befragungs-
gruppen erhebliche Differenzen auf. Denn zum einen sind die Fragebögen und Interviews
durch unterschiedliche Strukturen gekennzeichnet und nicht notwendigerweise vollstän-
dig, was zwangsläufig zu inkonsistenten Ergebnissen führt. Zum anderen erscheint zwei-
felhaft, ob die Befragten überhaupt in der Lage sind, einen aus ihren Zielen abgeleiteten
Informationsbedarf detailliert anzugeben.
Ein zweiter Weg ist die Durchführung von Entscheidungsexperimenten.
48
Hierbei
wird das Verhalten von Testpersonen, z. B. Bankmitarbeitern, Analysten oder Studenten
der Betriebswirtschaftslehre, bei hypothetischen Aktienanlage- oder Kreditvergabeent-
scheidungen im Hinblick auf die Entscheidungsrelevanz bestimmter Jahresabschlussdaten
untersucht. Neben die bereits bei der Charakterisierung der Befragung angeführten Kri-
tikpunkte tritt bei dieser Methode die Vermutung, dass das Verhalten der Versuchsperso-
nen unter künstlichen Laborbedingungen vom tatsächlichen Entscheidungsverhalten ab-
weichen wird.
Schließlich kommt zur Vermeidung der Nachteile der beiden Vorgehensweisen die
empirische Beobachtung des Kapitalmarktverhaltens auf Unternehmensinformatio-
nen in Betracht.
49
Da derartige Untersuchungen bislang nur für die Gruppe der Aktionäre
vorliegen, erfolgt eine kurze Betrachtung in Abschnitt 3.3.2 dieser Arbeit.
Ausgehend von den beschriebenen Ansätzen werden im Folgenden deren Erkenntnisse
hinsichtlich des Informationsbedarfs von Gläubigern und Aktionären dargestellt.
3.2 Spezifischer
Informationsbedarf der Gläubiger
3.2.1 Deduktive Ableitung
Gläubiger benötigen Informationen über das Kreditnehmer-Unternehmen, um dessen
Fähigkeit beurteilen zu können, die vereinbarten Zinsen sowie die Tilgung eines Kredits
47
Vgl. im folgenden Lange, C., Jahresabschlussinformationen (1989), S. 77ff.
48
Vgl. im folgenden Gebhardt, G., Insolvenzprognosen (1980), S. 71ff; Lange, C., Jahresabschlussinforma-
tionen (1989), S. 82f; Kupfernagel, S., Generalnorm (1991), S. 62.
49
Vgl. Coenenberg, A. G./ Haller, A., Empirische Forschung, in: Chmielewicz, K./ Schweitzer, M., HdR
(1993) Sp. 509ff; Lange, C., Jahresabschlussinformationen (1989), S. 83ff.
9

fristgerecht zu leisten.
50
Es sollen Hinweise gewonnen werden, die eine Prognose der
Wahrscheinlichkeit einer künftigen Insolvenz sowie die Höhe der in diesem Falle zu er-
wartenden Kreditverluste ermöglichen.
51
Diese Informationen dienen im Rahmen der
Kreditwürdigkeitsprüfung zur Entscheidung über die Kreditvergabe.
Die Gläubiger partizipieren nicht an positiven Unternehmensentwicklungen, da ihre
Ansprüche dem Zeitpunkt und der Höhe nach vertraglich fixiert sind. Für sie genügt es al-
so, dass eine hinreichend gute Unternehmenspolitik durchgeführt wird und dadurch die
Sicherheit des Kredits gewährleistet ist.
52
In einem großen Teil der Literatur zur Bilanz-
analyse wird daher die Ansicht vertreten, die Gläubiger seien vor allem an Informationen
zur finanziellen Stabilität des Unternehmens interessiert, weshalb die Analyse der Finanz-
lage, also der Kapitalverwendung und -aufbringung sowie der Liquidität, im Vordergrund
stehe.
53
Die strikte Zuordnung dieses Interessenschwerpunktes erweitern einige Autoren
allerdings um die Betrachtung der Ertragslage im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprü-
fung,
54
denn die ,,ordnungsgemäße Verzinsung und Tilgung eines Kredites [ist] auf Dauer
nur durch ertragsstarke Unternehmungen gewährleistet"
55
. In diesen beiden Betrach-
tungsweisen kommen unterschiedliche Fristigkeiten der Kreditgewährung zum Ausdruck.
Während bei einem kurzfristigen Darlehen die Finanzlage im Mittelpunkt stehen sollte,
verschiebt sich der Analyseschwerpunkt bei einer Entscheidung über eine langfristige
Kapitalüberlassung mehr in Richtung der Ertragslage.
56
Für Gläubiger ist es geboten, rechtzeitig Aufschluss über eine Gefährdung ihrer An-
sprüche zu erhalten. Eine solche ist wahrscheinlich, wenn das um die Steuerbelastung ge-
kürzte leistungswirtschaftliche Vermögen nicht mehr ausreicht, um die Festbetragsan-
50
Vgl. Küting, K./ Weber, C.-P., Bilanzanalyse (2004), S. 10; Lange, C., Jahresabschlussinformationen
(1989), S. 78. Zum Teil werden neben Zins- und Tilgungszahlungen noch die Gebührenzahlungen für Leis-
tungen der Banken angeführt.
51
Vgl. Lange, C., Jahresabschlussinformationen (1989), S. 78. Für Kreditinstitute schreibt § 18 KWG vor,
dass diese Kredite in Höhe von mehr als 750.000 bzw. von mehr als 10 % des haftenden Eigenkapitals des
Kreditinstituts nur vergeben dürfen, wenn sie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer, ins-
besondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lassen. Das Gesetz enthält allerdings keine Vor-
schrift, nach welchen Kriterien die Risikoeinschätzung und damit die Kreditgewährung erfolgen sollte. Vgl.
Bock, H., in: Boos, K.-H. u. a. (Hrsg.), Komm. zu § 18 KWG (2000), Tz. 4.
52
Vgl. Hartmann-Wendels, T., Rechnungslegung (1991), S. 142.
53
Vgl. u. a. Born, K., Bilanzanalyse (2001), S. 39; Coenenberg, A. G., Jahresabschluss (2003), S. 921;
Kerth, A./ Wolf, J., Bilanzanalyse (1992), S. 29.
54
Vgl. Endriss, H. W./ Hennies, U., Jahresabschlussanalyse, in: Endriss, H. W. u. a., Jahresabschluss
(2002), S. 380; Weigel, K., Informationsverhalten (1980), S. 73; vgl. auch bereits Kappler, E., Informati-
onsverhalten (1972), S. 128ff, der diese Entwicklung bei Kreditvergabeentscheidungen seinerzeit auf den
(Eigen-) Kapitalmangel in der BRD in der Nachkriegszeit zurückführt.
55
Weigel, K., Informationsverhalten (1980), S. 73. Hervorhebung im Original, [ist] wurde durch den Ver-
fasser eingefügt.
56
So auch Heimann, J., Jahresabschlussanalyse (2002), S. 23.
10

sprüche der Gläubiger zu decken.
57
In diesem Fall benötigen Gläubiger Informationen
über die Höhe der Haftungsmasse.
58
Ihr Informationsbedarf richtet sich also auf die Risi-
koeinschätzung und die Untersuchung der Schuldendeckungsfähigkeit.
59
Erstere be-
steht aus einer ,,vorsichtigen Beurteilung"
60
der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage,
letztere untersucht das Vermögen des Schuldners hinsichtlich seiner Liquidierbarkeit.
Nachfolgend sollen beide Teilbereiche des Informationsbedarfs von Gläubigern kurz be-
schrieben werden.
Im Rahmen der Risikoeinschätzung muss die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen
Kreditausfalls, das Insolvenzrisiko, beurteilt werden. Dieses besteht bei drohender Zah-
lungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Aktiengesellschaft (§§ 16 ff. InsO). Das In-
solvenzrisiko setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen.
61
Das leistungswirtschaftliche
Risiko bezeichnet die Gefahr des Vermögensverlustes eines Kapitalgebers bei einem
schuldenfreien Unternehmen, bspw. durch Ausgabenüberhänge.
62
Diese können durch un-
ternehmensexterne Entwicklungen wie steigende Beschaffungspreise oder Nachfrage-
schwankungen, auf die die Unternehmensleitung keinen Einfluss hat, aber auch durch die
Investitionsentscheidungen des Managements, welche das Produktprogramm, die Produk-
tionsstruktur und die Unternehmungskapazität für die Dauer des Investitionszykluses in
wesentlichem Maße determinieren, verursacht werden. Das Kapitalstrukturrisiko entsteht
bei einem verschuldeten Unternehmen zusätzlich zum leistungswirtschaftlichen Risiko
durch Erhöhung des Verschuldungsgrades bei gleichbleibender Eigenkapitalhöhe.
63
Das
Eigenfinanzierungsrisiko schließlich bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, dass die Eigen-
kapitalausstattung ihre Aufgabe als Verlustpuffer nicht mehr erfüllen kann.
64
Eine Erhö-
hung dieser Risikoausprägung kann eine Folge von andauernden Verlusten oder überhöh-
ten Ausschüttungen an die Anteilseigner sein.
Zu Zwecken der Beurteilung der Schuldendeckungsfähigkeit ist das leistungswirt-
schaftliche Vermögen des Kreditnehmers zu untersuchen, welches für Fremdkapitalgeber
57
Vgl. Lutz, R., Jahresabschlussanalyse (1993), S. 67.
58
Diese Überlegung trifft zu, falls ein ungesicherter Kredit vorliegt oder die Höhe der Kreditsicherheit nicht
zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche eines Gläubigers ausreicht. Zwar wird ein Teil der Gläubiger
ihre Kredite besichert haben. Doch auch in diesem Fall sollte eine laufende Kreditüberwachung stattfinden,
vgl. Volk, G., Jahresabschluß (1990), S. 47.
59
Vgl. Küting, K./ Wohlgemuth, F., Internationale Bilanzanalyse (DStR 2004), S. 10.
60
Ebd., S. 10.
61
Vgl. Schneider, D., Theorie (Wpg 1989), S. 638f.
62
Vgl. im folgenden Lutz, R., Jahresabschlußanalyse (2000), S. 50.
63
Vgl. Drukarczyk, J., Finanzierung (1993), S. 304; Schneider, D., Theorie (Wpg 1989), S. 638f.
64
Vgl. Lutz, R., Jahresabschlußanalyse (2000), S. 53; Schneider, D., Theorie (Wpg 1989), S. 638f.
11

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783956360671
ISBN (Paperback)
9783832497361
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Chemnitz – Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2006 (August)
Note
1,3
Schlagworte
jahresabschluss kapitalgeber ifrs
Zurück

Titel: Erstellung einer Strukturbilanz bei der Bilanzanalyse aus Gläubiger-, Aktionärs- und Controllingperspektive
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
80 Seiten
Cookie-Einstellungen