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Die Untersuchungen der täglichen Veränderungen des Erdmagnetfeldes durch Coulomb und Cassini

Nachbau eines Deklinationskompasses, Nachvollzug und physikalische Diskussion der Messungen

©2002 Examensarbeit 141 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
In der vorliegenden Examensarbeit befasse ich mich mit den Untersuchungen von Coulomb und Cassini zur täglichen Veränderung des Erdmagnetfelds. Hierzu habe ich einen Deklinationskompass nachgebaut und mit diesem die Messungen aus dem Jahr 1782 nachvollzogen.
Diese „boussole“ beschreibt Coulomb in „Description d'une boussole, dont l'aiguille est suspendue par un fil de soie“ (Coulomb (1788). Diese Arbeit stellt die Grundlage für den Nachbau dar. Wie aus dem Wort „boussole“ bereits ersichtlich, handelt es sich hierbei um die Veränderung der Deklination. Unter der Deklination wird im Allgemeinen die Missweisung des Kompass von der geographischen Nord-Süd-Richtung verstanden. Das erdmagnetische Feld ist ein Vektorfeld mit drei Komponenten X (nach Norden), Y (nach Osten) und Z (nach unten).
Aus den aufgenommenen Intensitäten der jeweiligen Richtungen werden heute die Totalintensität und die Horizontalintensität bestimmt. Aus diesen Größen lässt sich auch die Deklination berechnen. Bei der vorliegenden Examensarbeit wird die Deklination hingegen direkt durch Ablesen der „boussole“ an mehreren verschiedenen Zeitpunkten bestimmt, beziehungsweise aufgenommen.
Die dieser Examensarbeit zugrunde liegenden Originalmessungen entstanden im Frühjahr 1782. Zu dieser Zeit herrschte in Frankreich eine politische Aufbruchstimmung, die in der französischen Revolution 1789 gipfelte. Auf diese politischen Ereignisse kann ich im Rahmen der Examensarbeit nicht näher eingehen, da dies den Rahmen einer Examensarbeit sprengen würde.
Im Folgenden werden zunächst die Hauptdarsteller der Originalmessungen aus dem Jahre 1782 - Coulomb und Cassini - vorgestellt. Anschließend wird ein kurzer Einblick in die Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus gegeben. In diesem Abschnitt habe ich den Schwerpunkt auf die Darstellung von Arbeiten gesetzt, die Coulomb beeinflusst haben könnten.
Hieran schließt sich ein theoretischer Teil. In einem ersten Abschnitt dieses theoretischen Teils wird die Theorie vorgestellt, auf die Coulomb sich in „Description d'une boussole, dont l'aiguille est suspendue par un fil de soie“ bezieht, und in einem zweiten Abschnitt wird eine aktuelle Theorie beschrieben. Diese aktuelle Theorie beinhaltet die Theorie der Magnetostatik, sowie eine Darstellung über die Entstehung des Erdmagnetfelds.
Im Anschluss daran widme ich mich der Replikation von Cassinis Messungen mit der boussole nach Coulomb. Den Schluss dieser […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Daniel Osewold
Die Untersuchungen der täglichen Veränderungen des Erdmagnetfeldes durch Coulomb
und Cassini
Nachbau eines Deklinationskompasses, Nachvollzug und physikalische Diskussion der
Messungen
ISBN-10: 3-8324-9731-5
ISBN-13: 978-3-8324-9731-6
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland,
Staatsexamensarbeit, 2002
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http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany


I Einleitung
1
INHALTSVERZEICHNIS
I
EINLEITUNG 4
II DIE PROTAGONISTEN
6
II.1
Die Biografien der Protagonisten
6
II.1.1 Charles Augustin Coulomb
6
II.1.2 Jean-Dominique Cassini de Thury
11
II.2
Zusammenarbeit der beiden Protagonisten
17
II.2.1 Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
17
II.2.2 Die
Zusammenarbeit
18
II.2.3 Das Verhältnis der beiden Protagonisten zueinander
20
III EINE GESCHICHTE DES MAGNETISMUS UND DES ERDMAGNETISMUS
23
III.1 Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus vor C. A. Coulomb 23
III.1.1 Im klassischen Altertum
23
III.1.2 Von 500 bis 1500 n. Chr.
25
III.1.3 Nach Kolumbus Entdeckung
28
III.1.4 Aepinus, Musschenbroek und Nollet
31
III.2 Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus nach C. A. Coulomb 33
III.2.1 Mit Oersted in eine neue Dimension
33
IV DER THEORETISCHE TEIL
36
IV.1 Theorie - Coulomb
37
IV.1.1 Die Theorie des Magnetismus nach C. A. Coulomb
37
IV.1.1.1
Grundlegende Definitionen und Prinzipien
37
IV.1.1.2
Formalien, die die wirkenden Kräfte auf die Magnetnadel in der
horizontalen Ebene beschreiben
38
IV.1.1.3
Das Coulombsche Gesetz für Magnetpole
46
IV.1.2 Coulomb und der Erdmagnetismus
46

I Einleitung
2
IV.2 Theorie - aktuell
47
IV.2.1 Eine allgemeine Theorie der Magnetostatik
47
IV.2.1.1
Beobachtungen und Grunderscheinungen
47
IV.2.1.2
Grundlegendes Denkmodell und Definitionen
48
IV.2.1.3 Folgerungen
50
IV.2.1.4 Maßeinheiten
52
IV.2.2 Die Elektrodynamik
53
IV.2.2.1
Die Maxwell'schen Gleichungen
53
IV.2.3 Das Erdmagnetfeld
55
IV.2.3.1
Der ,,Aufbau" der Erde
55
IV.2.3.2
Die Quellen des Erdmagnetfelds
55
IV.2.3.3
Die tagesperiodischen Variationen des Erdmagnetfelds
58
V REPLIKATIONSMETHODE 61
V.1
Die Apparatur
61
V.1.1 Die Entscheidung
62
V.1.1.1
Evolution eines Messgeräts
62
V.1.1.2
Begründung für den Nachbau der boussole der dritten Generation
68
V.1.2 Das Original
71
V.1.2.1 Das
Messgerät
71
V.1.2.2 Apparative
Ergänzungen
74
V.1.3 Der Nachbau
74
V.1.3.1 Das
Messgerät
74
V.1.3.2 Apparative
Ergänzungen
80
V.2
Die Messungen
83
V.2.1 Cassinis Messungen aus dem Jahre 1782
83
V.2.1.1 Vorbemerkung
83
V.2.1.2
Messreihe vom 18. März 1782 bis zum 3. April 1782 und vom 30. April
bis zum 11. Mai 1782
84
V.2.1.3
Messreihe vom 15. Mai 1782 bis zum 26. Mai 1782
85
V.2.1.4
Weitere Messreihen aus dem Jahre 1782
86
V.2.2 Nachvollzug von Cassinis Messungen
87
V.2.2.1 Vorarbeiten
87

I Einleitung
3
V.2.2.2
Ort der Messungen und erste Erfahrungen
89
V.2.2.3 Das
Messverfahren
91
V.2.2.4
Messungen in Meppen/Rühle
91
V.2.2.5 Messungen
mit
elektrostatischen Ladungen
98
V.2.2.6
Messungen im Laborbetrieb
99
V.2.3 Erklärung, Vergleich der Messungen und der Versuch einer physikalischen
Diskussion der Beobachtungen
101
V.2.4 Fehlerbetrachtung
105
V.2.4.1 Systematische
Fehler
105
V.2.4.2 Zufällige
Fehler
108
V.3
Resümee 109
V.3.1 Fazit
109
V.3.2 Reflexion 111
VI FAZIT 116
VII ABBILDUNGSVERZEICHNIS 118
VIII LITERATURVERZEICHNIS 120
IX ANHANG 126
IX.1 Messreihe vom 26. Oktober 2001 bis zum 31. Oktober 2001
126
IX.1.1 Messungen am 28. Oktober 2001
127
IX.1.2 Messungen am 29. Oktober 2001
128
IX.1.3 Messungen am 30. Oktober 2001
129
IX.1.4 Messungen am 31. Oktober 2001
130
IX.2 Messreihe vom 9. November 2001 bis zum 12. November 2001
131
IX.2.1 Messungen am 9. November 2001
132
IX.2.2 Messungen am 10. November 2001
133
IX.2.3 Messungen am 12. November 2001
134
IX.3 Erklärungen 135

I Einleitung
4
I Einleitung
Im Wintersemester 2000/2001 habe ich ein Seminar zur Geschichte der Physik bei Falk
Rieß und Peter Heering belegt. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Physik war
für mich eine sehr interessante Erfahrung, so dass ich mich entschieden habe meine Exa-
mensarbeit in der Arbeitsgruppe Wissenschaftsgeschichte und Hochschuldidaktik der Uni-
versität Oldenburg zu schreiben.
In der vorliegenden Examensarbeit befasse ich mich mit den Untersuchungen von Cou-
lomb und Cassini zur täglichen Veränderung des Erdmagnetfelds. Hierzu habe ich einen
Deklinationskompass
1
nachgebaut und mit diesem die Messungen aus dem Jahr 1782
nachvollzogen. Diese boussole beschreibt Coulomb in Description d'une boussole, dont
l'aiguille est suspendue par un fil de soie (Coulomb (1788)). Diese Arbeit stellt die Grund-
lage für den Nachbau dar. Wie aus dem Wort boussole bereits ersichtlich, handelt es sich
hierbei um die Veränderung der Deklination. Unter der Deklination wird im Allgemeinen
die Missweisung des Kompass von der geographischen Nord-Süd-Richtung verstanden.
Das erdmagnetische Feld ist ein Vektorfeld mit drei Komponenten X (nach Norden), Y
(nach Osten) und Z (nach unten). Aus den aufgenommenen Intensitäten der jeweiligen
Richtungen werden heute
2
die Totalintensität
(
)
2
2
Z
+
und die Hor
2
Y
X
T
+
=
izontalin-
tensität
(
)
2
Y
bestimmt (v
2
X
H
+
=
gl. Raith (1997), S. 38). Aus diesen Größen lässt sich
auch die Deklination
( )
X
Y
D arctan
=
berechnen. Bei der vorliegenden Examensarbeit
wird die Deklination hingegen direkt durch Ablesen der boussole an mehreren verschiede-
nen Zeitpunkten bestimmt, beziehungsweise aufgenommen.
Die dieser Examensarbeit zugrunde liegenden Originalmessungen entstanden im Frühjahr
1782. Zu dieser Zeit herrschte in Frankreich eine politische Aufbruchstimmung, die in der
französischen Revolution 1789 gipfelte. Auf diese politischen Ereignisse kann ich im
Rahmen der Examensarbeit nicht näher eingehen, da dies den Rahmen einer Examensar-
beit sprengen würde.
Im Folgenden werden zunächst die Hauptdarsteller der Originalmessungen aus dem Jahre
1782 - Coulomb und Cassini - vorgestellt. Anschließend wird ein kurzer Einblick in die
Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus gegeben. In diesem Abschnitt habe
1
In den weiteren Ausführungen werde ich den französischen Begriff boussole verwenden.
2
Nach diesem Prinzip bestimmt auch das erdmagnetische Observatorium in Wingst die Deklination (siehe
auch V.2.2.1)

I Einleitung
5
ich den Schwerpunkt auf die Darstellung von Arbeiten gesetzt, die Coulomb beeinflusst
haben könnten. Hieran schließt sich ein theoretischer Teil. In einem ersten Abschnitt dieses
theoretischen Teils wird die Theorie vorgestellt, auf die Coulomb sich in Description d'une
boussole, dont l'aiguille est suspendue par un fil de soie (Coulomb (1788)) bezieht, und in
einem zweiten Abschnitt wird eine aktuelle Theorie beschrieben. Diese aktuelle Theorie
beinhaltet die Theorie der Magnetostatik, sowie eine Darstellung über die Entstehung des
Erdmagnetfelds. Im Anschluss daran widme ich mich der Replikation von Cassinis
Messungen mit der boussole nach Coulomb. Den Schluss dieser Examensarbeit bildet ein
persönliches Fazit.
Zu Beginn eines jeden Kapitels habe ich eine kurze Einführung gegeben, damit der Leser
einen Einblick von dem darauffolgenden bekommt. Den im Fließtext verwendeten Zitaten,
die länger als drei Zeilen sind, wurde ein eigener Absatz zugewiesen. Bei einigen Zitaten
habe ich Anmerkungen zum besseren Verständnis in eckige Klammern gesetzt.
Die Abbildung U1 und U2, die sich auf ausklappbaren Seiten am Ende befinden, zeigen
die Kupferstiche, die der Veröffentlichung von Coulomb (Coulomb (1788)) beigefügt sind,
worauf der angefertigte Nachbau basiert.

II Die Protagonisten
6
II Die
Protagonisten
In diesem Kapitel werden zunächst die beiden Protagonisten der Originalarbeit vorgestellt.
Es stellt sich die Frage, wieso es mehrere Hauptdarsteller gab. Der eine ist Charles
Augustin Coulomb, der die boussole entworfen hat, die im Rahmen der vorliegenden
Arbeit nachgebaut wurde. Ein weiterer Hauptdarsteller ist Jean-Dominique Cassini de
Thury, der mit der boussole gearbeitet und Erfahrungen gemacht hat. Die beiden
angesprochenen Personen sind für die Arbeit entscheidende und wichtige Akteure. Aus
diesem Grund habe ich die Biografien beider an den Anfang dieses Kapitels gesetzt. Der
darauffolgende Abschnitt beschäftigt sich mit der Zusammenarbeit der Hauptdarsteller.
II.1 Die Biografien der Protagonisten
Die Ausführungen zu Coulombs Biografie beziehen sich grundsätzlich auf Gillmor
(1971a), ansonsten werden dementsprechende Literaturhinweise gegeben. Bei Cassinis
Biografie stützen sich die Angaben auf mehrere Quellen.
II.1.1 Charles Augustin Coulomb
Charles Augustin Coulomb wurde am 14. Juni 1736 in
Angoulême (Angoumois) in Frankreich geboren. Seine
Mutter war Catherine Bajet. Über sie ist nur bekannt,
dass sie aus einer wohlhabenden Familie Frankreichs
stammte. Sein Vater Henry Coulomb begann seine
Karriere beim Militär, gab diese allerdings zugunsten
eines unbedeutenden Verwaltungsbeamtenposten bei der
Regierung auf. Die Familie der Coulombs stammte
ursprünglich aus Languedoc, lebte jedoch schon seit
mehreren Generationen in Montpellier. Aufgrund seiner
Tätigkeit wurde Henry Coulomb nach Paris versetzt. Hier begann auch Coulombs
Schulzeit. Seine Mutter wollte, dass er Medizin studierte und aus diesem Grund besuchte
Abbildung 1: Charles Augustin
Coulomb (1736-1806)

II Die Protagonisten
7
Coulomb das collège de Mazarin, eine von Kardinal Mazarin gegründete Privatschule
3
.
Später besuchte er auch noch das collège royal de France und nahm dort insbesondere an
den Mathematikvorlesungen von Pierre Charles Le Monnier
4
teil. Coulomb wusste nun,
dass er Mathematik studieren wolle. Dies führte zu Meinungsverschiedenheiten mit seiner
Mutter, die ihn veranlassten seinem Vater nach Montpellier zu folgen, wohin der Vater
wegen finanziellen Schwierigkeiten gezogen war. Sie lebten fortan wieder bei den
Coulombs in Montpellier. Coulomb wurde durch einen Verwandten in die société royale
des sciences de Montpellier
5
eingeführt. Hier hielt er von 1757 bis 1759 mehrere Vorträge
über Astronomie und Mathematik.
Coulomb musste sich nun entscheiden, was er beruflich machen wollte. Er entschied sich
für eine Ingenieurslaufbahn beim Militär. Hierzu verließ er Montpellier in Richtung Paris,
um dort das École du Génie in Mézières
6
zu besuchen. Um die Aufnahmeprüfung zu
bestehen, belegte er Kurse bei Charles Camus
7
. Diese schloss er erfolgreich ab, und er
konnte somit die Studien am École du Génie mit dem Einzug in Mézières im Februar 1760
aufnehmen. Einer seiner Lehrer war dort Jean Antoine Nollet
8
und ein anderer Charles
Bossut
9
, dieser wurde, ebenso wie sein früherer Lehrer Camus und Jean Charles Borda
10
,
ein guter Freund von Coulomb im Laufe seines Lebens. Im November 1761 schloss
Coulomb die Schule mit dem Rang eines lieutenant en premier dans les Corps du Génie
ab.
Für Coulomb begann nun die Zeit als Ingenieur. Seinen ersten Posten hatte er in Brest, wo
er Küstenarbeiten unter der Leitung von Filley zwischen Brest und La Rochelle
beaufsichtigen sollte. 1764 wurde er jedoch plötzlich auf Martinique berufen. Auf
3
Das collége de Mazarin wurde 1661 von Kardinal Mazarin in seinem letzten Willen als Privatschule
gestiftet. Die Schule wurde 1688 eröffnet, so dass 30 Jungen zwischen 10 und 15 Jahren unterrichtet werden
konnten. Durch eine befohlene Öffnung wurde es immer schwieriger ohne Aufnahmeprüfung angenommen
zu werden. Coulomb selbst war wahrscheinlich kein ordentlicher Schüler, sondern ,,one of the many
martinets" (Gillmor (1971a), S.4)
4
Pierre Charles Le Monnier (1715-1799), war Astronom. Ab 1746 lehrte er Mathematik am collège royale.
Er führte mehrere Beobachtungen von Planeten durch, und war Mitglied der Académie Royale des Sciences
und der Royal Society (vgl. Hankins (1973)).
5
Die société royale des sciences de Montpellier wurde 1706 als zweite wissenschaftliche Gesellschaft Frank-
reichs gegründet.
6
Das École du Génie in Mézières galt damals als ,,the best technical school in Europe" (Gillmor (1971a),
S.7).
7
Abbé Charles Camus (1699-1768) war Mathematiker, theoretischer Physiker und Astronom, führte ab 1748
einen Cours durch, der zur Vorbereitung auf das École du Génie in Mézières diente. Später wurde der Kurs
als Standard zur Aufnahme von Studenten durchgeführt (vgl. Chapin (1971)).
8
Abbè Jean Antoine Nollet (1700-1770) war seit 1753 Professor für Physik in Paris. Er war bekannt für seine
Leçons de physique expérimentale, die er als Sommerkurs in Coulombs erstem Jahr hielt (vgl. Sibum (1997))
9
Abbé Charles Bossut (1730-1814) war Mathematiker und theoretischer Physiker. Er war seit 1746 Professor
für Mathematik am École du gènie in Mézières. Er war Mitglied der Pariser Académie Royale des Sciences
(vgl. Gillmor (1970b)).
10
Jean Charles Borda (1733-1799) Mathematiker und Physiker in der Pariser Académie Royale des Sciences.
Er steht zusammen mit Coulomb für die Wiedergeburt der exakten Physik in Frankreich im 18. Jahrhundert
(vgl. Gillmor (1970a)).

II Die Protagonisten
8
Martinique wurde ihm die Leitung des 6,000,000 livres teuren Baus des Fort Bourbon
11
übertragen. Arbeiter und Ingenieure wurden aufgrund des Klimas auf Martinique häufig
krank. Auch Coulomb erkrankte mehrmals, konnte jedoch weiterarbeiten. Diese häufigen
Erkrankungen führten jedoch dazu, dass er nach seiner Rückkehr 1772 nie wieder richtig
gesund wurde. 1770 war das Fort Bourbon fertig gestellt. 1772 konnte Coulomb
schließlich Martinique verlassen. Nach seiner Rückkehr in Paris legte er der Académie
Royale des Sciences
12
eine Arbeit über die Mechanik vor mit dem Titel: Sur une
application des règles de maximis et minimis à quelques problèmes de statiques, relatifs à
l'architecture (Gillmor (1971b)). Bossut und Borda bearbeiteten diese Eingabe, und
Coulomb wurde Bossuts correspondent. Dieser Titel war eine Vorstufe der Mitgliedschaft
und gab ihm die Möglichkeiten seine Arbeiten in der Académie vorzustellen.
In der Funktion des korrespondierenden Mitglieds von Bossut trug Coulomb siebenmal in
lomb nach Besançon versetzt. Hier schrieb er eine Arbeit über das
Ingenieurwesen. Eine zweite Veröffentlichung wurde allerdings berühmter. Die Académie
sechs Jahren seine Arbeiten in der Académie vor. Von 1774 bis 1776 war Coulomb in
Cherbourg beschäftigt. Hier konnte er seinen Forschungen in der Freizeit nachgehen. Er
verfasste in Cherbourg seine Arbeit mit dem Titel Investigations of the Best Method of
Making Magnetic Needles (Gillmor (1971a), S. 27)
13
. Diese Arbeit erhielt von der
Académie den ersten Preis in einem 1773 ausgesetzten Wettbewerb
14
. Diese Arbeit führte
auch dazu, dass die von Coulomb beschriebene Methode zur Messung der täglichen
Änderung der Deklination des Erdmagnetfeldes im Pariser Observatoire
15
eingesetzt
wurde (mehr dazu siehe II.2.1). Das besondere an dieser Arbeit war, dass in ihr alle später
von ihm verfolgten physikalischen Richtungen schon vorhanden waren. Insbesondere
befasste er sich in dieser Arbeit schon mit der Torsionskraft. Zu dieser Zeit verfasste
Coulomb auch eine Arbeit zur derzeitigen politischen Situation über die Neuordnung des
Corps du Génie.
1777 wurde Cou
11
Nach dem England Martinique zurückgegeben hatte, wollte Frankreich hier ein neues Fort bauen, so dass
es nicht wieder eingenommen werden konnte. Somit wurde der Bau eines zweiten Forts beschlossen, das Fort
Bourbon.
12
Dies ist der Name der Pariser Akademie der Wissenschaften, bis zur Schließung 1793. Im Weiteren wird
sie kurz Académie genannt.
13
Der Originaltitel lautete wie die Preisaufgabe: ,,Quelle est la meilleure manière de fabriquer des aiguilles
aimantées, de les suspendre, de s'assurer qu'elles sont dans le vrai méridien magnétique; enfin, de rendre
raison de leurs variations régulières diurnes".
14
Die Académie setzte nahezu jedes Jahr einen Preis aus. Der hier erwähnte Wettbewerb war 1773 ausge-
schrieben worden und 1775 wurde die Eingabefrist, da noch keine Manuskripte eingegangen waren, um zwei
Jahre bis 1777 verlängert. Coulomb erhielt den Preis zusammen mit Van Swinden, der ein sehr umfangrei-
ches Skript mit sehr vielen Beobachtungen einreichte (vgl. Gillmor (1971a), S. 27/28).
15
Mit Observatoire ist die Pariser Sternwarte gemeint. Im Weiteren wird der französische Begriff Observa-
toire verwendet.

II Die Protagonisten
9
of Rouen veröffentlichte 1779 einen Wettbewerb mit dem Namen: ,,It Is Proposed to Re-
move a Boulder Which is Submerged under Water at All Times and Which Interferes with
Navigation on the Seine near Quillebeuf ..."(Gillmor (1971a), S. 31). Coulomb schrieb zu
dieser Fragestellung eine Arbeit, um an dem Wettbewerb teilzunehmen. Als diese
fertiggestellt war, entschied er, sie nicht mehr einzureichen, sondern sie stattdessen in der
Académie in mehreren Sitzungen vorzutragen. Dies machte er im Mai 1779. Es war
natürlich für seine eigene Karriere in der Académie förderlicher eine Arbeit dort zu
verlesen, als einen Preis in der Provinz zu gewinnen (vgl. Gillmor (1971a), S. 31). Im
selben Jahr wurde er nach Rochefort versetzt um Marquis de Montalembert beim Bau
eines Holzforts zu helfen. Während dieses Aufenthalts fand Coulomb noch Zeit, um in den
Werften in Rochefort seine Studien über Reibung fortzusetzen. Die aus diesen Studien
entstandene Arbeit schickte er zur Pariser Académie als Eingabe für einen Wettbewerb, der
1781 entschieden werden sollte. Bei diesem Wettbewerb wurde er zum Sieger erklärt. Die
Arbeit hatte den Titel Théorie des machines simples und wurde eine der Bedeutensten auf
dem Gebiet der Reibung. Sie wurde zum Standard für Experiment und Theorie bis ins 20.
Jahrhundert hinein (vgl. Gillmor (1971b), S. 442). Des Weiteren trieb dies seine
Bemühungen um die Mitgliedschaft in der Pariser Académie voran, und im Dezember
1781 wurde er ständiges Mitglied.
Das Jahr 1781 ist ein Wendepunkt im Leben von Coulomb, war er bisher eher ein Ingeni-
eur als ein Wissenschaftler, so begann nun seine wissenschaftliche Laufbahn. Er erhielt in
çoise Le Proust Desar-
r sieben Vorträge gehalten hatte, hielt er in der weiteren
diesem Jahr auch einen ständigen Posten in Paris. Dieser Posten war für Coulomb notwen-
dig, damit er Mitglied der Académie werden konnte. Zu dieser Zeit musste man als ständi-
ges Mitglied der Académie seinen Wohnsitz in Paris haben.
Auch in seinem persönlichen Leben änderte sich einiges. Durch den Posten in Paris war
Coulomb bereit eine Familie zu gründen. Er heiratete Louise Fran
neaux. Am 26. Februar 1790 wurde sein erster Sohn Charles Augustin II und am 30. Juli
1797 wurde sein zweiter Sohn Henry Louis geboren. Trotz seiner Familie blieb Coulombs
Lebensschwerpunkt die Physik.
Coulomb konnte sich nun durch den Wechsel in eine feste Position mehr mit der Physik
beschäftigen. Nach dem er bishe
Zeit als Mitglied der Académie Royale des Sciences bzw. als Mitglied des Institut de
France
16
25 Vorträge bis zu seinem Tod 1806. Während seiner Mitgliedschaft hielt er für
16
Nach der Revolution wurde die Académie Royale des Sciences 1795 unter diesem Namen wiedereröffnet.
Im Weiteren wird nur Institut geschrieben.

II Die Protagonisten
10
sechs Monate 1801 den Vorsitz des Instituts inne. In der Zeit in der Académie arbeitete
Coulomb oft sehr eng mit Geometern, Astronomen und Mechanikern zusammen, wie
Borda, Bossut, etc..
1783 wurde Coulomb gegen seinen Willen in die canal commission berufen. Diese fuhr in
ng gründete sie einige Kommission,
bs spätere sieben Veröffentlichun-
1790 beantragte Coulomb die 'Pension', welche 1791 auch bewilligt wurde. Im Zuge der
Französischen Revolution wurde die Académie 1793 geschlossen. Das Terrorregime
die Bretagne, um über ein zu bauendes Kanalsystem zu beraten. Es kam zu heftigen Ausei-
nandersetzungen, wegen Coulombs negativem Gutachten. Coulomb reiste frühzeitig ab
und durch unglückliche Umstände kam es schließlich zu einer kurzzeitigen Inhaftierung.
Diese war jedoch eher ein Versehen. Der Umstand der Inhaftierung führte keineswegs zu
geringeren Wertschätzungen seines Ingenieurwissens in der Wissenschaftlergemeinde,
allerdings war es seine letzte Tätigkeit als militärischer Ingenieur. Wegen seiner exzellen-
ten Berichte über Kanäle- und Wassersysteme und seines breiten Wissens in diesem Be-
reich wurde er Intendant des eaux et fontaines du roi (vgl. Gillmor (1971a), S. 60). Es war
damals üblich, dass Wissenschaftler der Académie in Positionen am königlichen Hof ge-
setzt wurden, damit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Diese Position bekleidete
Coulomb bis zur Revolution. Außerdem war er in der Krankenhausreform tätig. Das zeigte
sich in der Planung von öffentlichen Gesundheitssystemen. Diese Tätigkeit begann durch
die Académie, die in dieser Zeit ein soziales Engagement entwickelte. In dieser Funktion
kam Coulomb 1787 nach England. Bei dem Besuch traf er sich mit Black
17
und Watt
18
.
Die Académie verfolgte am Ende des 18. Jahrhunderts das Ziel, einheitliche Gewichte und
Messverfahren einzuführen. In diesem Zusammenha
wie beispielweise die für Gewichte und Messungen. Auch Coulomb gehörte dieser Kom-
mission an, er war allerdings nicht überaus aktiv.
1784 veröffentlichte er in der Académie eine Abhandlung über die Torsionskraft von Me-
tallfäden. Dieses Werk legte den Grundstein für Coulom
gen über die Elektrizität und den Magnetismus, die er in der Zeit von 1785 bis 1791 in der
Académie las. In diesen Arbeiten beschreibt er die berühmte Torsionswaage und auch das
nach ihm benannte Gesetz über die Anziehungs- bzw. Abstoßungskraft von elektrostati-
schen Ladungen. Des Weiteren beschreibt er in den Arbeiten den Ladungsverlust und die
mit dem elektrostatischen Gesetz vergleichbaren Gesetze des Magnetismus.
17
Joseph Black (1728-1799) war Chemiker, Mathematiker und Mediziner, er war auch Mitglied der Royal
Society of London. Er gilt als der Begründer der modernen quantitativen Chemie und gilt als Entdecker der
latenten und spezifischen Wärme (vgl. Guerlac (1970)).
18
James Watt (1736-1819) war Ingenieur und Chemiker und gilt als Erfinder der Dampfmaschine (vgl. Dorn
(1976)).

II Die Protagonisten
11
begann nun auch Wissenschaftler zu verfolgen, im Allgemeinen jedoch nicht wegen ihrer
wissenschaftlichen Tätigkeiten, sondern eher wegen ihrer beruflichen Karrieren, aus diem
Grund entschied Coulomb samt Familie nach Blois in der Loire zu gehen, da er als
riser Sternwarte
19
, er
bekam später den Posten des Direktors. Seine Mutter war Charlotte-Jeanne Drouin de
Vandeuil, die Tochter des ehemaligen Parlamentspräsidenten von Toulouse (vgl. Delacour
ier auf und besuchte in Paris die Schule. Seine Schullaufbahn begann er im
ehemaliges hochrangiges Mitglied des Militärs auch gefährdet war.
Im Dezember 1795 wurde schließlich das Institut de France gegründet, Coulomb wurde
ständiges Mitglied der Experimentalphysik. Er machte weiterhin Veröffentlichungen, ins-
besondere zum Thema der Flüssigkeitsreibung.
In den letzten Jahren seines Lebens war Coulomb als Generalinspektor des französischen
Unterrichtswesens unterwegs. Er starb am 23. August 1806 in Paris.
II.1.2 Jean-Dominique Cassini de Thury
Jean-Dominique Cassini (Cassini IV) wurde am 30. Juni 1748 in Paris geboren. Sein Vater
César-François Cassini de Thury (Cassini III) war Leiter der Pa
(1853), S. 67).
Der französische Teil der cassinischen Familie wurde durch Cassini I gegründet, der 1669,
aufgrund seiner astronomischen Forschungen, nach Frankreich kam. Zunächst wollte er
nur für eine befristete Zeit bleiben und dann in die italienische Heimat zurückkehren. Es
wurde ein längerer Aufenthalt und die Cassinis zogen 1672 in das Pariser Observatoire.
Cassini wuchs h
Alter von 10 Jahren am collège du Plessis in Paris. Er wechselte später die Schule und
besuchte das oratorien collège in Juilly. In Juilly beginnt auch die literarische Arbeit von
Cassini, er schreibt Gedichte, die in der Klasse vorgelesen werden. Seine Mitschüler sind
von seinen literarischen Fähigkeiten beeindruckt (vgl. Delacour (1853), S. 68). Am Ende
seiner Schulausbildung in Juilly besuchte er 1765 den course de physique von Nollet. Zu
dieser Zeit wurde er in Mathematik von Maudait
20
unterrichtet (vgl. Delacour (1853), S.
19
Der Vater von Jean-Dominique Cassini (Cassini IV) war der dritte Cassini, der das Observatoire leitete.
Die Dynastie der Cassinis am Pariser Observatoire begann mit Jean-Dominique Cassini (Cassini I (1625-
rofessor für Geometrie am collège in Paris (vgl. Poggendorf
1712)) im Jahre 1672. Sein Sohn Jacques Cassini (Cassini II (1677-1756) setzte die Tradition fort. Jacques
Cassini entdeckte im Jahr der Geburt von Jean-Dominique Cassini einen Planeten (Delacour (1853), S. 67).
Die Familientradition der Cassinis am Observatoire wurde von César-François Cassini ((Cassini III) 1714-
1784) weitergeführt. Jean-Dominique Cassini, in der Literatur auch Cassini IV genannt, war der letzte in
dieser Tradition (vgl. Nielsen (1929), S. 55).
Im weiteren Verlauf der Examensarbeit, ist mit Cassini immer Cassini IV gemeint.
20
Antoine Remi Maudait (1731-1815) war P
(1863), S. 84)

II Die Protagonisten
12
68). Cassinis Interesse für die Astronomie wurde durch die sich bietenden Möglichkeiten,
wie die Nutzung der Instrumente und Bücher, im Observatoire gefördert. Zusätzlich wurde
er von Giovanni Maraldi und Jean-Baptiste Chappe d'Auteroche unterrichtet
21
.
Im Jahre 1768 brach Cassini auf Befehl des Königs nach Amerika und Nordafrika auf, um
Experimente mit einem ,,marine chronometer" von Pierre le Roy
22
(vgl. Taton (1971), S.
106) im Auftrag der Pariser Académie durchzuführen. Cassini wurde zum commissaire
pour l'épreuve des montres marines benannt (Delacour (1853), S. 69). Cassini genoss
schon in jungen Jahren einen guten Ruf unter den Wissenschaftlern (vgl. Delacour (1853),
S. 69), da viele Wissenschaftler bereits im Pariser Observatoire mit ihm
zusammengearbeitet hatten. Zusätzlich führte auch das gute Verhältnis zwischen Chappe
d'Auteroche und seinem Vater dazu, dass er an dieser Reise teilnehmen sollte. Mitgefahren
waren unter anderen auch Le Roy selbst und Chappe d'Auteroche. Der letztgenannte blieb
für weitere Untersuchungen in Kalifornien und starb dort. Cassini hatte im Jahre 1770
bereits als 22-jähriger in der Académie von der Reise nach Kalifornien berichtet und seine
Messergebnisse vorgestellt (vgl. Delacour (1853), S. 71). Er wurde von der Pariser
Académie im Jahr 1770 zum adjoint ernannt und somit Mitglied der selbigen. Nebenbei sei
erwähnt, dass er 1785 zum associé ernannt wurde und in der Zeit von 1773 bis 1804
veröffentlichte er 25 Publikationen in den Mémoires. 1770 wurden ihm nach seiner
Mitgliedschaft in der Académie die Unterlagen Chappe d'Auteroche zur Verfügung
gestellt, mit der Aufforderung diese zu veröffentlichen. Cassini kam der Aufforderung im
Jahre 1771 nach und veröffentlichte Voyage en Californie (siehe Taton (1971), S. 106).
Dieser Veröffentlichung fügte er eine Geschichte zur Sonnenparallaxe bei.
Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten, half er bei der Fertigstellung der Karte von
Frankreich, die alle Cassinis bisher bearbeitet hatten
23
. Hierbei schulte er weiterhin seine
künstlerischen Fertigkeiten, indem er Zeichnungen und Kupferstiche herstellte (vgl. Dela-
cour (1853), S. 68).
21
Giovanni Domenico Maraldi (1709-1788) war Astronom und Geodät. Er ist der Neffe vom Giacomo Filip-
po Maraldi (1665-1729), der wiederum der Schwager von Cassini I ist. Er war bis 1771 im Pariser Observa-
toire angestellt und arbeitete für Cassini II und Cassini III (vgl. Taton (1974), S. 90), ebenso wie Jean-
n in ihrer gemeinsamen Zeit im Observatoire zusammen (vgl. Woolf (1971), S. 197f).
Baptiste Chappe d'Auteroche (1728-1769). Der letztgenannte war ebenfalls Astronom. Die erwähnten Astro-
nomen arbeitete
22
Pierre le Roy (1717-1785) war Uhrmacher in Paris. Er hatte noch drei weitere Brüder, die zu dieser Zeit
wissenschaftlich tätig waren (vgl. Poggendorf (1863), S. 1431f).
23
1683 hatte Cassini I mit den Vermessungen für eine große Karte von Frankreich begonnen. Seit dem haben
die Cassinis die Arbeit daran fortgesetzt (vgl. Gaspari/Bertuch (1801), S. 265). Als 1756 die Regierung diese
Arbeit nicht weiter finanzieren wollte, wäre die Arbeit zu Ende gewesen, wenn nicht Cassini III im Juli eine
Gesellschaft gegründet hätte. Diese finanzierte mit festgelegten Zahlungen die weiteren Arbeiten an der Kar-
te (vgl. Gaspari/Bertuch (1801), S. 266f.).

II Die Protagonisten
13
Cassini hatte bis 1771 die Arbeiten im Pariser Observatoire organisiert (vgl. Delacour
(1853), S. 71). Im Jahre 1771 ernannte Ludwig XV Cassinis Vater zum Direktor des
Observatoires, bis dahin gab es diesen Posten nicht. Cassinis Rolle im Observatoire blieb
dieselbe wie vorher. Die einzige Änderung war, dass er nun schrittweise immer mehr
iele Messungen
tägliche Veränderung der Deklination
4 übernahm Cassini die Leitung bei der Fertigstellung der
anisation war die Katalogisierung des Inventars und der
Prüfung des Bestands von Messgeräten. Der Bestand war nicht bekannt, da jeder
Verantwortung bei der Leitung und Führung des Observatoires übernahm.
1773 heiratet Cassini Claude-Marie-Louise de la Myre-Mory und hatte mit ihr 5 Kinder.
Seine Frau starb im Jahre 1791. Mit seinem Sohn Alexandre Henri Gabriel Cassini (1781-
1832) starb der französische Teil der Cassinis aus.
Bis zu seiner Ernennung zum Direktor des Observatoires führte Cassini v
durch und veröffentlichte die Ergebnisse und teilweise eigene Verbesserungsvorschläge.
Ein Beispiel sei hier die Zusammenarbeit mit Coulomb aus den Jahren 1781/82
24
. Hier
beobachtete Cassini im Auftrag der Académie die
des Erdmagnetfelds mit einem von Coulomb konstruierten Kompass. Im Anschluss an die-
se Arbeiten veröffentlichte er im Jahre 1791 die Messergebnisse und einen veränderten
Kompass, sowie seine Messerfahrungen unter den Titel De la déclinaison et des variations
de l'aiguille aimantée. Diese Veröffentlichung beinhaltet einen Brief über die Veränderung
der Deklination von 1784, in dem zunächst Messungen zu der Problematik aus den Jahren
1781-1783 durchgeführt und verglichen wurden. Ebenfalls enthält der Brief eine Darstel-
lung eines DeklinationsKompass, der dem von Coulomb (Gegenstand dieser Arbeit) sehr
ähnlich ist. Diese Publikation hat er im August 1791 in der Académie gelesen. Die zusätz-
lichen Aufsätze beziehen sich auf Datenmaterial von 1777 bis 1791. Daraus folgt, dass
Cassini noch nach der Zusammenarbeit mit Coulomb die tägliche Veränderung der Dekli-
nation aufgezeichnet hat.
Cassini leistete schon in der Zeit bis 1784 viel Pionierarbeit für das Observatoire. Er
sprach immer wieder beim zuständigen Minister de Breteuil vor, um Gelder für den In-
strumentenbau zu beschaffen.
Nach dem Tod seines Vaters 178
Karte Frankreichs und wurde Direktor des Pariser Observatoires. In diesem Jahr konnte er
auch eine Reorganisation und eine Restauration des Observatoires bei König Ludwig XV
durchsetzen. Ein Teil der Reorg
Wissenschaftler, der im Observatoire oder für die Académie arbeitete seine Geräte hier
abstellte, beziehungsweise Geräte entlieh oder mitnahm zu Forschungszwecken (vgl.
24
Eine etwas ausführlichere Darstellung der Zusammenarbeit in II.2.

II Die Protagonisten
14
Chapin (1990), S. 235f). Eine weitere Forderung von Cassini war die Einrichtung einer
Bibliothek und die Beschaffung bzw. Herstellung mehrerer Messinstrumente für das
Observatoire. Diese Forderungen wurden von Ludwig XVI 1785 bewilligt (vgl. Chapin
(1990), S. 235f). Zusätzlich bekam er Gelder für drei Schüler bewilligt, die Planeten
beobachten sollten (vgl. Delacour (1853), S. 72).
In der Zeit als Direktor der Sternwarte, veröffentlichte er regelmäßig Berichte über die
Beobachtungen am Pariser Observatoire. Diese Berichte, die in den Mémoires de
l'Académie Royale des Sciences veröffentlicht wurden, beschrieben die durchgeführten
Arbeiten des jeweiligen Jahres. Ein großer Teil wurde den Planetenbeobachtungen gewid-
met, da diese Beobachtungen hauptsächlich von den Beschäftigten des Observatoires im
Auftrag von anderen Wissenschaftlern durchgeführt wurden
25
. Die Berichte hatten im All-
gemeinen den Charakter eines Rechenschaftsberichts.
a jonction des observatoires de
Cassini steckte am Ende der 1780er Jahre viel Zeit in die Fertigstellung der Karte von
Frankreich. Zusätzlich zu dieser Arbeit wurde er mit Legendre
26
und Méchain
27
in eine
Kommission berufen, die die Aufgabe hatte, die Verbindung der Meridiane von Paris und
Greenwich zu erarbeiten (oder: ,,..., die Mittagslinien von London und Paris zu verbinden"
(Gaspari/Bertuch (1801), S. 362)). Die Initiative für dieses Projekt ging von
Großbritannien aus. Die Arbeiten an diesem Vorhaben veröffentlichten sie zusammen im
Exposé des opérations faites en France en 1787, pour l
Paris et de Greenwich. Das Ziel dieser Arbeit war, eine Zusammenarbeit der Sternwarten
zu erhalten
28
.
1788 untersuchte Cassini die Temperatur im Keller des Observatoires mit Thermometern,
die von Lavoisier
29
entwickelt und ihm zur Verfügung gestellt wurden. Er veröffentlichte
seine Messergebnisse in Mémoire sur la température des souterrains de l`Observatoire
25
Diese Berichte haben den Titel: ,,Extrait des observations Astronomiques et Physique, faites à
l'Observatoire, en l'année 1785-1791".
26
Andrien-Marie Legendre (1752-1833) war in erster Linie Mathematiker. Er nahm an diesem Projekt teil als
Mitglied der Académie und wurde im Zuge des Projekts auch Mitglied in der Royal Society (siehe auch Itard
(1973)).
27
Pierre-François-André Méchain (1744-1804) war Geograph und Astronom. Mit seinen astronomischen
Entdeckungen in den Jahren 1781 und 1782 gewann er jeweils den Preis der Académie. Später war er am
nde dieser starb er in Spanien (siehe auch Gingerich (1974)).
-Laurent Lavoisier (1743-1794) war ein vielseitig interessierter Wissenschaftler, er veröffentlichte
Ende des 18. Jahrhunderts Direktor des Observatoires. Er bemängelte die fehlerhafte Breite von Barcelona
und brach zu einer Expedition auf. Am E
28
Ein primäres Ziel war die Zusammenlegung der vorhandenen Karten, um die Küstenregionen von Calais
und Dover einheitlich beschreiben zu können.
29
Antoine
Schriften als Chemiker, Geologe, Physiologe und Ökonom, sowie Schriften zur sozialen Reform. Er gilt
jedoch in erster Linie als ,,genialer" Chemiker. Er ist bekannt geworden durch seine Entdeckung, welche
Rolle der Sauerstoff in chemischen Reaktionen spielt und als Architekt einer Reform der Chemie (siehe auch
Guerlac (1973), S. 66ff).

II Die Protagonisten
15
royal. Diese Arbeit war sehr interessant, da sie als Ergebnis hatte, dass sich die Temperatur
von 9°C im Laufe eines Jahres nahezu konstant blieb und sich lediglich um ca. 1°C
According to them [die Revolutionäre], the underground vaults of the Observa-
tory were magazines of powder, flour and guns that I was hiding; my tele-
scopes, cannons that I was levelling on Paris; and the towers were I had light
during the night in order to make observations, were nothing else but salons
where I was assembling aristocrats. (Chapin (1990), S. 241)
Am 16. Juli 1789 wurde das Observatoire von 300 Revolutionären auf der Suche nach
diesen
alle
Messinstrumente zu zerstören , indem er sie durch das Gebäude führte. Im Oktober wurde
das Observatoire wiederum nach Lebensmitteln durchsucht, diese Kontrollen waren für
Cassini nachher schon normal (vgl. Chapin (1990), S. 241). Am Anfang der Revolution
te dazu, dass die neuen Autoritäten im Lande eine Reform im Observatoire
durchführen wollten
32
und diese per Dekret am 31. August 1793 verfügten. Cassini konnte
dieser Reform nicht zustimmen und machte dem Regime das Angebot, nur einige
änderte, im Gegensatz zu den anderen Räumen im Observatoire.
Im Zuge der Revolution rückten alle öffentlichen, vorrevolutionären Einrichtungen in den
Verdacht von the Parisian populace, so auch das Observatoire. Cassini hatte jedoch keine
Angst und machte folgende Aussage:
Lebensmitteln 'gestürmt'. Cassini konnte die Revolutionäre davon abhalten,
30
musste Cassini einigen neuen politische Verpflichtungen nachgehen und beaufsichtigte
somit die Erstellung von Verwaltungskarten. Außerdem wirkte er in der Kommission zur
Erarbeitung eines neuen meteorologischen Systems mit (vgl. Taton (1971), S. 106). Trotz
der zusätzlichen Verpflichtungen trieb er die Anfertigung der Karten von Frankreich weiter
voran.
In dieser Zeit waren die Lehrlinge weiterhin bei Cassini beschäftigt. Aufgrund der von ihm
eingeführten und aufrechterhaltenen Hierarchie
31
kam es zu Unstimmigkeiten mit dem
zweiten Lehrling. Diese Unstimmigkeiten gipfelten schließlich darin, dass der zweite
Lehrling sich über den Zustand im Observatoire beschwerte (vgl. Chapin (1990), S. 242f.).
Es führ
Tätigkeiten wie in der Vergangenheit auszuführen, da er aufgrund seines Alters und der
30
Bei der 'Erstürmung' trafen sie Cassini im Keller an, dabei wurden die meisten Messinstrumente im Keller
umgeworfen, wie beispielsweise Kompasse und Thermometer (siehe auch Chapin (1990), S. 241).
31
Cassinis Hierarchie war so strukturiert, dass er die Lehrlinge auf drei verschieden Stufen stellte (obwohl
sie alle drei in etwa gleich lang eingestellt waren) und sie dementsprechend auch bezahlte.
32
Die Reform sah vor, dass es vier gleichberechtigte Astronomen in dem Observatoire geben sollte und nicht
wie bisher einen Astronom und drei Beobachter (vgl. Chapin (1990), S. 249).

II Die Protagonisten
16
Gesundheit nicht mehr alle Tätigkeiten erfüllen könne (vgl. Chapin (1990), S. 249). Im
September 1793 wurden Cassini die Rechte an der von ihm fertiggestellten Karte
Frankreichs aberkannt
33
(siehe auch Gaspari/Bertuch (1801), S. 271). Am 4. Oktober 1793
musste Cassini das Observatoire, das seit 122 Jahren die Heimat der ,,französischen"
Cassinis darstellte, wegen des Dekrets verlassen (vgl. Chapin (1990), S. 251). Auch
während dieser politisch schwierigen Zeit führte Cassini weiterhin astronomische
Messungen durch, beispielsweise die Vermessung der Höhen von der Sonne und den
Sternen mit dem reflecting circle von Borda (vgl. Chapin (1990), S. 243).
Nach einer öffentlichen Anzeige beim revolutionary committee of Beauvais wurde Cassini
am 14. Februar 1794 in Paris verhaftet. Im August 1794 wurde er wieder freigelassen und
zog sich auf das Familienanwesen in Thury im Département Oise in Nordfrankreich zu-
rück.
In der Oise beschränkte sich Cassini zunächst auf die Ausbildung seiner Kinder. Er betei-
ligte sich an den regionalen Angelegenheiten als Mitglied der Prüfungskommission of the
primary schools and of the École Centrale de l'Oise (vgl. Taton (1971), S. 106). Er lehnte
in den Jahren 1795 und 1796 die Möglichkeit ab, in das neu gegründete Institut aufge-
nd am 24. Juli 1799 wurde er Mitglied der astronomischen Abteilung des Institut.
sini. In diesem Werk beschreibt er die Tätigkeiten im Observa-
Oktober 1845.
nommen zu werden.
Cassini entschied sich 1798 dazu seine wissenschaftliche Laufbahn fortzusetzen. Er akzep-
tierte seine Ernennung zum associé der experimentalphysikalischen Abteilung am 24. Ap-
ril 1798 u
Er verzichtete jedoch in dieser Zeit auf größere Arbeiten. Er nahm die Präsidentschaft von
der Conseil Général de l'Oise an und bekleidete diese Position von 1800-1818. Des Weite-
ren wurde er von Napoleon und Ludwig XVIII ausgezeichnet. Zusätzlich veröffentlichte er
1810 Mémoires pour servir à l'histoire des sciences et à celle de l'Observatoire de Paris,
suivis de la vie de J. D. Cas
toire sowie die dort vorhandenen Messinstrumente bis 1793. Im Anhang schreibt er eine
Biografie seines Großvaters. Seine übrigen späteren Werke sind eher literarischer Natur. In
den letzten Jahren seines Lebens widmete er sich dem Schreiben von Gedichten und dem
Verfassen von polemischen Aufsätzen auf dem Familiensitz in Thury. Cassini starb am 18.
33
Gegen diesen Befehl erhob Cassini des öfteren Widerspruch, allerdings war dieser nicht erfolgreich und
die Rechte an der Karte blieben beim Staat. Für eine genauere Darstellung der Umstände um die Besitzver-
hältnisse der Karte von Frankreich, sowie eine ausführlichere Darstellung der Probleme bei der Fertigstel-
lung, siehe Gaspari/Bertuch (1801).

II Die Protagonisten
17
II.2 Zusammenarbeit der beiden Protagonisten
An dieser Stelle wird die Zusammenarbeit von Coulomb und Cassini beschrieben. Dies ist
meiner Meinung nach erforderlich, da hieraus zum einen die Rolle von Cassini bei den
Experimenten klar wird, und zum anderen ein Trend für Coulombs spätere Arbeiten
abgeleitet werden kann. In einigen Punkten wird deutlich, dass die mir zur Verfügung
stehenden Quellen diese Zusammenarbeit teilweise unterschiedlich interpretieren,
beziehungsweise darstellen.
Diesen Abschnitt ist in drei Teile unterteilt. In dem ersten Teil wird dargestellt, wie es zu
der Zusammenarbeit kam. In dem dann folgenden Teil wird die Zusammenarbeit beschrie-
91 stützen, da hier ein
Brief angeführt ist, den er 1784 an den Herausgeber des Journal de Physique geschickt hat.
ls Coulombs Veröffentlichung Coulomb (1788) (Gegenstand
Coulomb hat, wie bereits in seiner Biografie beschrieben, einen Wettbewerb gewonnen.
Die Aufgabenstellung lautete: ,,Quelle est la meilleure manière de fabriquer des aiguilles
aimantées, de les suspendre, de s'assurer qu'elles sont dans le vrai méridien magnétique;
enfin, de rendre raison de leurs variations régulières diurnes". In der gleichnamigen
Arbeit beschreibt er einen Deklinationskompass, mit dem er die tägliche Veränderung des
Erdmagnetfelds beobachten konnte . Hierzu hat er eine neue Befestigung der
Magnetnadel diskutiert. Coulomb führte hierfür eine Aufhängung an einem Seidenfaden
ein, der durch sein Torsionsverhalten besser geeignet war als andere Methoden die
Magnetnadel zu lagern (vgl. Coulomb (1780) S. 212). Im Observatorium hat man bis dahin
ben. Dabei kann ich mich auf die Veröffentlichung Cassinis von 17
Dieser Brief mit der Beschreibung eines DeklinationsKompass, ähnlich dem in der vorlie-
genden Arbeit nachgebauten Deklinationskompass, befasst sich mit den Umständen der
Messungen und beschreibt auch in einem gewissen Maße die Zusammenarbeit der beteilig-
ten Protagonisten. Diese Arbeit stellt die Zusammenarbeit aus einem anderen Blickwinkel
dar als die Veröffentlichungen von Licoppe (1996) und Gillmor (1971a). Im Gegensatz zu
Cassinis Arbeit steht ebenfal
der Arbeit), in der von einer Zusammenarbeit sowie den Schwierigkeiten nichts erwähnt
wird (vgl. Blondel (1994), S. 107f). Der dritte Teil befasst sich mit dem Verhältnis der
beiden Hauptdarsteller zueinander.
II.2.1 Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
34
34
Die tägliche Veränderung meint hierbei innerhalb eines Tages.

II Die Protagonisten
18
die Kompasse von Le Monnier genutzt, die eine herkömmliche Lagerung der Magnetnadel
hatten
35
. Im August 1780 hat Cassini den Gebrauch der Kompasse von Le Monnier
eingestellt, da die Beobachtungen mit diesen Kompassen abgeschlossen waren. Cassini
bestellte (O.P. , AD 5-33 folder II, nach Gillmor (1971a), S. 146) beziehungsweise ließ
solche nach dem Vorbild von Coulombs Kompass bauen. Diese Deklinationskompasse
ließen ein größeres Potential als die Herkömmlichen vermuten, da die neue Aufhängung
der Magnetnadel eine größere Sensibilität und eine größere Freiheit geben konnte (vgl.
Cassini (1791), S. 9). Es traten trotzdem - oder eben deswegen - Schwierigkeiten bei der
Durchführung der Messungen auf. Cassini machte drei Serien von Experimenten in der
Zeit vom August 1780 bis September 1781. Bei diesen Experimenten traten Probleme auf,
die er sich durch Vibrationen, hervorgerufen durch vorbeifahrende Kutschen, sowie der
derzeitigen Wetterumstände, wie Luftdruck, Windrichtung und andere Umstände des
Luftzustandes erklärte (vgl. Cassini (1791), S. 9).
Nachdem Cou
b in der Académie einen Vortrag über die Art und Weise der
Durchführung von magnetischen Beobachtungen hielt (siehe auch V.3.2 Tabelle 5), und er
zudem im Dezember 1781 Mitglied der Académie wurde, konnte und sollte er Cassini bei
der Behebung der Probleme helfen (vgl. Gillmor (1971a), S. 147).
kt auszuschließen. Zu diesem Zweck
36
37
lom
II.2.2 Die Zusammenarbeit
Im Frühjahr 1782 (die Messungen aus dem Jahre 1782 werden in V.2.1 genauer
beschrieben) regte Coulomb an, dass zwei identische boussolen mit identischen
Magnetnadeln gefertigt werden sollten und es somit möglich wäre durch unterschiedlich
starke Magnetisierungen den Luftwiderstandseffe
wurde die zweite Magnetnadel nur ein Zehntel so stark magnetisiert wie die erste. Ein
weiterer Vorschlag von Coulomb war, die boussolen in den Keller zu schaffen, da sie hier
nicht den äußeren und inneren Einflüssen im Observatorium ausgesetzt wären
38
. Diesen
35
Die herkömmliche Lagerung lässt sich als ein Spitzenlager beschreiben, d. h. die Magnetnadel wurde im
Schwerpunkt auf einer Spitze gelagert.
ur Verfügung stehenden Sekundärliteratur
thèque et Archives de l'Observatoire de Paris, AD 5-33, folder II-IV,
influssen könnten.
36
Es war mir im Rahmen der Examensarbeit und den der mir z
nicht möglich herauszufinden, wer das Gerät gefertigt hatte oder wo es gefertigt wurde.
37
O.P. heißt bei Gillmor (1971a): Biblio
IX-XII (diese Bezeichnung sind vergleichbar mit der von mir eingeführten Abkürzung (A.O.) siehe auch
Fußnote 46)
38
Mit den äußeren Einflüssen sind Winde gemeint, welche durch geöffnete Fenster die Magnetnadeln stören
könnten. Mit den inneren Einflüssen sind Personen gemeint, die durch das Vorbeigehen ebenfalls die Mag-
netnadeln bee

II Die Protagonisten
19
Vorschlag versuchte Cassini abzuwehren
39
, indem er Coulomb davon überzeugte, dass die
boussolen genauso gut in Räumen in der Nähe von Cassinis Appartement stehen könnten.
Diese Räume wären auch geeignet, da sich dort ebenfalls niemand außer ihm selbst
aufhalten würde oder arbeiten müsste . Coulomb willigte ein. Allerdings kamen auch hier
die erwarteten Messergebnisse nicht zustande , so dass Cassini die boussolen doch in den
Keller bringen musste (vgl. Licoppe (1996), S. 273). Hier sah Coulomb auch die
Möglichkeit, dass durch die gleichbleibende Temperatur Effekte durch thermische
Strömungen nahezu ausgeschlossen werden (Licoppe (1996), S. 273). Ein weiteres
Argument für Coulomb war, dass durch die höhere Feuchtigkeit, Ladungen im Raum
besser abfließen könnten (vgl. Cassini (1791), S. 13). Cassini führte die Messungen im
Keller vom 15. bis zum 26. Mai 1782 durch. Die Messungen mit den boussolen waren
nicht erfolgreich . Die Variation der Deklination war nicht ein gleichmäßiger Tagesgang,
sondern war größeren Variationen unterworfen (vgl. Cassini (1791), S. 13f). Die
Magnetnadel schlug aus, beziehungsweise bewegte sich, sobald Cassini in die Nähe der
Apparatur kam (vgl. Licoppe (1996), S. 274). Coulomb folgerte, dass diese Variationen
daher rührten, dass der Körper des Experimentators statisch geladen sein müsste. Zunächst
forderte Coulomb vom Experimentator, dass er sich längere Zeit in einem Vorraum
aufhalten sollte, damit diese Ladung von den Körpern abfließen könnten (vgl. Gillmor
(1971a), S. 148). Coulomb selbst suchte weitere Verbesserungen durch Veränderungen der
Magnetnadel. Er fertigte neue Magnetnadeln an und magnetisierte diese bis zur Sättigung.
Er versuchte diesen Problemen durch möglichst stark magnetisierte Nadeln
entgegenzuwirken (vgl. Cassini (1791), S. 14f). Coulomb beschäftigte sich scheinbar mit
40
41
42
39
In der Veröffentlichung von Cassini wird von diesem Einspruch nichts erwähnt, hier lässt sich die
Verlegung der boussolen in die Räume im oberen Geschoss und dann in den Keller als eine gewollte
Reihenfolge interpretieren (vgl. Cassini (1791), S. 10-13). Es wird auch nicht erwähnt, dass Coulomb bereits
vor dem Umzug in die Räume im oberen Geschoss den Umzug in den Keller favorisierte (vgl. Licoppe
(1996), S. 273).
40
Ein weiterer Grund scheint für Cassini gewesen zu sein, dass er befürchtete, für jedes Experiment 171
Stufen in den Keller gehen zu müssen (vgl. Licoppe (1996), S. 273).
41
Es stellt sich die Frage, welche Erwartungen Coulomb hatte. Mit dem Wissen der damaligen Zeit erwartete
er wahrscheinlich, dass innerhalb von Minuten keine Änderungen von mehreren Grad zustande kommen
könnten. Des Weiteren hatte Coulomb aus der Arbeit von Van Swinden (vgl. Van Swinden (1780), S. 541-
544) und aus eigenen Untersuchungen (siehe Coulomb (1780), S.260) bestimmte Referenzwerte, die er bei
diesen Messungen erwartete. Insbesondere in der Arbeit von Van Swinden werden Messergebnisse von Cotte
aus dem Jahr 1773 beschrieben, in denen eine Variation der Deklination innerhalb des Tages festgestellt wird
(vgl. Van Swinden (1780), S. 541-544). Van Swinden selbst hatte in seiner Arbeit die Variationen der Dekli-
nation von Tag zu Tag an mehreren Orten genauer untersucht (besonders im 2. Teil seiner Arbeit). Eine wei-
tere Erwartung war meines Erachtens, dass die Magnetnadeln simultan vergleichbare Messergebnisse anzei-
gen sollten.
42
Nach den Äußerungen von Gillmor (1971a) und Licoppe (1995/1996) waren sie nicht erfolgreich. Meines
Erachtens bewertet Cassini diese Messungen anders (mehr in V.2).

II Die Protagonisten
20
der Verbesserung der Magnetnadeln
43
und Cassini kümmerte sich um den Aufbau. Aus
diesen Arbeiten entstand 1783 ein Aufbau bei dem der Windschutz aus Blei bestand und
der Kompass auf eine Steinplatte montiert war (vgl. Cassini (1791), S. 16f)
44
. Diese
Messungen wurden wiederum in Räumen im Obergeschoss in der Nähe von Cassinis
Appartement gemacht, da der Standort Keller keine Besserungen brachte bei den
Untersuchungen mit der schwach magnetisierten Nadel (vgl. Cassini (1791), S. 15). Auch
bei dieser Konstruktion gab es wiederum die altbekannten Probleme. Nach den 1783
Messungen scheint die Zusammenarbeit nach Cassini (1791) beendet zu sein, da in Cassini
(1791) über die Zeit danach Coulomb nicht mehr erwähnt wird, sondern nur noch eine
Korrespondenz zwischen Cassini und Cotte
45
beschrieben wird. In diese Zeit müsste dann
der Brief von Coulomb fallen, in dem er schreibt, dass man als Aufhängung einen
Metallfaden nutzen könnte (vgl. Coulomb: Brief an Cassini (A.O.)
46
). Nach Gillmor
(1971a) wird eine von Coulombs boussolen an Cotte geschickt der sich in der späteren Zeit
weiter damit beschäftigte. Es war jedoch voraussichtlich Coulomb nicht vergönnt eine
funktionstüchtige boussole
47
an Cotte zu schicken (vgl. Gillmor (1971a), S.149). Es ist
jedoch klar, dass diese Schwierigkeiten und schließlich auch die Zusammenarbeit an den
boussolen Coulomb zu der in Fußnote 47 erwähnten Arbeit motiviert haben könnten.
II.2.3 Das Verhältnis der beiden Protagonisten zueinander
Die zuvor beschriebene Zusammenarbeit von Coulomb und Cassini ist nicht vergleichbar
mit einem Teamwork. Sie arbeiteten zusammen an einem Problem, jedoch waren sie
43
Diese Vermutung liegt nahe, da Coulomb sich später noch mit Magnetnadeln von verschiedenen Dimensi-
onen und Materialien beschäftigte. Diese magnetisierte er bis zur Sättigung und setzte sich mit ihrer Rück-
kehr in den magnetischen Meridian auseinander. In dieser Arbeit untersuchte er auch die ,,magnetische In-
d der Biegsamkeit.
S. 435). Es wurde ihm eine boussole zugeschickt, um
tensität jedes Punktes" der Magnetnadel (Coulomb (1795), S. 301) und versuchte die Grenzen der Hypothese
der Anziehung und Abstoßung im Vergleich der Theorie und der Erfahrung aufzuzeigen. In einem weiteren
Abschnitt widmete er sich einer neuen Methode der Magnetisierung von Magnetnadeln (vgl. Coulomb
(1795), S. 301ff.).
44
Cassinis Idee mit dem bleiernen Windschutz rührte meines Erachtens daher, dass er von einer besseren
Abschirmung gegenüber statischen Ladungen durch Blei ausging. Ein weiterer Vorteil von Blei war die ein-
fachere Verarbeitung, aufgrun
45
Louis Cotte (1740-1815) beschäftigte sich mit meteorologischen Erscheinungen. 1758 trat er in einen Or-
den ein und unterrichtete später in Juilly. Cotte wurde 1769 zum Korrespondent der Académie ernannt. 1803
wurde er Mitglied des Instituts (vgl. Taylor (1971),
seine Ergebnisse mit denen von Cassini zu vergleichen (nach Cassini (1791), S. 20). Cotte war nach Ansicht
Cassinis ein ,,habile Observateur"(Cassini (1791), S. 20).
46
A.O. steht als Abkürzung für Manuskripte, die sich im Archive de l'Observatoire in Paris unter der Signa-
tur D
5
33 befinden. Die Manuskripte sind meines Erachtens hauptsächlich von Cassini niedergeschrieben
worden. Andere Autoren erwähne ich namentlich.
47
Laut Gillmor (1971a, S. 149f) hatte Coulomb wegen der nicht bekannten Torsionskraft des Metallfadens
Bedenken ihn zu verwenden. Dies erwähnt er ansatzweise in Recherches théorétiques et expérimentales sur
la force de torsion, et sur l'élasticité des fils de métal von 1784.

II Die Protagonisten
21
meines Erachtens nicht gleichberechtigte Partner. Das Verhältnis lässt sich eher
vergleichen mit dem Verhältnis eines Chefs zu seinem Angestellten. Coulomb respektierte
Cassinis Arbeit und er zog auch seine Anmerkungen und Erfahrung für seine Beurteilung
der Messungen hinzu.
n, damit sie die
tägliche Variation der Deklination aufzeichnen konnte. Meines Erachtens gingen beide
Magnetnadeln zu perfektionieren. Diese Arbeit ließ er auch nicht von Cassini machen,
tzes, als der Lösung der Probleme an der boussole. Den Zweck den
lich, dass er nach seiner Ernennung zum Mitglied der
, Cassini helfen sollte, die
beugt sich jedoch kurze Zeit später Coulombs Forderungen.
lu .. les ob-
servations sur nos aiguilles aimantées. elles sont faites avec une intelligence et un soin qui
promet le plus grand succès..." (Coulomb (A.O.)). Zusätzlich unterstützt auch folgende
A
Das Problem bestand darin, die boussole funktionstüchtig zu mache
anders an die Lösung der Probleme heran. Cassini versuchte das Gerät zum Funktionieren
zu bringen. Er entwickelte einen verbesserten Windschutz. Auf der anderen Seite ging
Coulomb mit der Problembeseitigung anders um. Er versuchte die Magnetisierung der
sondern führte sie selbst durch. Ich denke Coulombs Interesse galt eher der Findung eines
allgemeingültigen Gese
die boussole für Coulomb erfüllen sollte, hatte sie bereits erfüllt. Er hatte sie am 26. April
1780 in der Académie vorgestellt (vgl. Gillmor (1971a), S. 232) und kurze Zeit später, wie
oben erwähnt, wurde diese boussole von Cassini für Beobachtungen im Observatoire be-
reits eingeführt. Diese Einführung gab Coulomb ein gewisses Renommee, dass er noch
brauchte, um seine Bemühungen um eine Mitgliedschaft voranzutreiben. Vor seiner Er-
nennung zum Mitglied der Académie las er eine Arbeit über die Art und Weise, magneti-
sche Beobachtung vorzunehmen (vgl. Gillmor (1971a), S. 232) So war es nicht verwunder-
Académie
boussole funktionstüchtig zu machen. Jedoch war meines Erachtens für Coulomb nun die
theoretisch wissenschaftliche Arbeit wichtiger, als die praktische und gerätebezogene Ar-
beit, um sein persönliches Renommee weiter zu verbessern.
Diesen Gegensatz erkennt man schon in der stark ausgeprägten hierarchischen Struktur der
Zusammenarbeit. Cassini ist der Beobachter bzw. der Experimentator. Coulomb hingegen
stellt die theoretischen Grundlagen zur Verfügung. Coulomb lässt sich die Messergebnisse
von Cassini geben und interpretiert sie. Der einzige Moment in dem diese Hierarchie zu
brechen droht, ist der Disput über die Verlagerung der boussolen in den Keller. Zunächst
behält es sich Cassini vor, wie beschrieben, die boussolen nicht in den Keller zu schaffen,
Ein Punkt der zeigt, dass Coulomb Cassini respektiert ist die Äußerung: ,,J'ay
ufzeichnung von Coulomb diese Annahme: ,,..., puisque monsieur De Cassini a presque

II Die Protagonisten
22
toujours trouvé [qu'en] touchant même insensiblement le micromètre l'aiguille oscilloit et
changeoit du place ..." (Coulomb (A.O.)). Diese beiden Zitate zeigen zum einen den
Respekt Coulombs vor der Persönlichkeit Cassini und zum anderen auch vor den
experimentellen Fertigkeiten Cassinis.
Trotz des Respekts den Coulomb Cassini entgegenbringt, ist die hierarchische Struktur
auch nach der Zusammenarbeit deutlich erkennbar. Dies wird daran deutlich, dass in Cou-
lomb (1788) Cassini überhaupt nicht erwähnt wird, obwohl eindeutig die Zusammenarbeit
der beiden zu der dort beschriebenen boussole führte. Die Entwicklung dieser boussole
kann man in der Veröffentlichung von Cassini deutlich erkennen, in der die Zusammenar-
beit mit Coulomb ausführlich dokumentiert ist (vgl. Cassini (1791)). Ein weiteres Indiz für
diese Annahme ist die Ähnlichkeit der boussole in Coulomb (1788) mit der von Cassini
beschriebenen (Nach Blondel (1994), S. 108 ist es sogar die selbe.). Anhand diesen Dar-
stellungen ist meines Erachtens das zu Anfang beschriebene Angestellten-Chef-Verhältnis
festzumachen.

III Eine Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus
23
III Eine Geschichte des Magnetismus und des
Erdmagnetismus
Dieses Kapitel wurde bewusst in zwei Teile unterteilt. Zum einen in die Zeit vor Coulomb
und zum anderen in die Zeit nach Coulomb. Diese Unterteilung ist meines Erachtens sinn-
voll, da Coulombs Arbeiten eine Art Wendepunkt in der Geschichte dieser Phänomene
darstellen. Seine Veröffentlichungen auf diesem Gebiet zeigen eine Verwandtschaft dieser
Phänomene, die erst nach Coulomb durch Oersteds Entdeckung deutlich wird.
III.1 Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus vor
C. A. Coulomb
In dieser Vorgeschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus sollen die für Coulomb
wichtigen Resultate kurz dargestellt werden. Auf die Theorien, die Coulomb direkt beein-
flusst haben (Lehrer oder bekannte Physiker, die kurz vor oder noch mit ihm zusammen
gewirkt haben) werde ich etwas detaillierter eingehen. Zunächst werden die wichtigsten
Erkenntnisse und Entdeckungen aus dem klassischen Altertum, der Zeit von 500 bis 1500
und der Neuzeit ab 1500 erwähnt. Diese sind vor den Abschnitt über die Lehrer und Vor-
läufer Coulombs gesetzt worden, um die Entwicklung des Magnetismus aufzuzeigen.
III.1.1
Im klassischen Altertum
it den Erkenntnissen des Thales von Milet
Die Geschichte des Magnetismus beginnt m
(624-546 v. Chr.), die uns überliefert wurden durch Aristoteles und Diogenes Laertius.
Thales nahm als erster den Magnetismus wahr und berichtete über die Anziehung von Ei-
sen. Etwa zur selben Zeit wurde, nach heutiger Auffassung, der Magnetismus auch in Chi-
na entdeckt
48
. In dieser Zeit war bekannt, dass der Magnet (oder auch Magnetstein) eine
anziehende Wirkung auf Eisen hat. Die Richtungskraft des Magneten war noch unbekannt.
e Richtungskraft ausnutzendes Navigationsgerät (siehe auch Kloss (1994), S.29-30).
48
Die Geschichte vom magnetischen Wagen aus dem Jahre 2634 v. Chr., die durch den Orientalisten Hein-
rich Julius Klaproth (1783-1835) wissenschaftlich untermauert wurde, konnte zu Beginn des 20. Jahrhunderts
widerlegt werden. Nachforschungen ergaben, dass dieser Wagen eher ein mechanisches Kunstwerk war, als
ein di

III Eine Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus
24
In Europa wurden einige Theorien entwickelt, welche die Wirkung des Magneten erklären
sollten. Eine Theorie war die Beseeltheit des Magneten, die dem Magneten eine Seele
daß aufgrund der Ausflüsse, die vom Magneten und Eisen stattfinden, und auf-
grund der Poren des Magneten, die den Ausflüssen des Eisens symmetrisch
Man
undert bei Descartes und
Euler (vgl. Kloss (1994), S. 14).
alisch deuten, sondern nutzte dieses Phänomen als Veran-
nten 'Magnetischen Löffel', 'Magnetischen
zuschrieb. Aus diesem Grund wirkte der Magnet anziehend, da laut damaliger Auffassung
hinter jeder Bewegung die Wirkung der Seele stand (vgl. Kloss (1994), S. 11). Eine andere
Theorie war die sogenannte Porentheorie, deren Annahme noch lange anhielt. Diese
stammte von Empedokles von Akragas (490-430 v. Chr.), wurde allerdings erst im 3.
Jahrhundert n. Chr. in den Kommentaren des Alexander Aphrodisias zu Aristoteles
schriftlich wiedergegeben. Er schrieb, dass Empedokles behauptet,
sind, sich das Eisen auf den Magneten zubewege. Denn dessen Ausflüsse sto-
ßen die Luft fort, die auf den Ausgängen der Poren des Magneten lagert, und
setzen die porenverstopfte Luft in Bewegung. Wenn diese verdrängt sei, dann
folgt das Eisen seinem Ausfluss, der nun in seiner Gesamtheit auf einmal erfol-
ge. (nach Alexander Aphrodisias, Kloss (1994), S. 14)
findet die Grundzüge dieser Theorie sogar noch im 17. Jahrh
Des Weiteren entdeckte Platon (427-348 v. Chr.) die magnetische Kette
49
, konnte und
wollte sie allerdings nicht physik
schaulichung der menschlichen Seele.
In China waren spätestens im 2. Jahrhundert v. Chr. die Richtkraft des Magneten
bekannt
50
. Allerdings waren die dort erwäh
Fische' oder 'Magnetischen Schildkröten' zum Navigieren nicht geeignet, sondern wurden
zum Wahrsagen genutzt (Kloss (1994), S. 32)
51
. Weiter kann man noch Lucretius Carus
(97-55 n. Chr.) aufführen, ein römischer Dichter und Anhänger der Ausströmungstheorie,
bei dem erste Hinweise auf Eisenspanversuche gefunden wurden. Außerdem beschreibt er
49
Die magnetische Kette entsteht dadurch, dass ein Magnet ein Stück Eisen anzieht und dieses Stück Eisen
wiederum ein neues Stück Eisen anzieht und so weiter. Am Ende erhält man eine Kette von Eisenstücken.
gestehen möchte, so müsste
tkraft des
Diese Wirkung auf die Eisenstücke hat der Magnet nur so lange er sie berührt. Um die Eisenstücke zu mag-
netisieren, müsste man sie mehrmals bestreichen (vgl. Kloss (1994), S. 19).
50
Das offizielle China spricht dabei von einem Vorläufer des Kompass (vgl. Kloss (1994), S. 32).
51
Wenn man aus diesem Wissen den Chinesen die Entdeckung des Kompass zu
auch den Wikingern die Entdeckung Amerikas zugeschrieben werden. Die Chinesen haben die Rich
Magneten gekannt, allerdings konnten sie diese Erkenntnis nicht nutzen, um den Kompass schon zu dieser
Zeit zu entwickeln. Ähnlich verhält es sich mit den Wikingern, die zwar lange vor Kolumbus in der neuen
Welt landeten, sie jedoch nicht entdeckten. Es stellt sich hier natürlich die Frage, hat Kolumbus die Neue
Welt wirklich entdeckt, wenn er doch sein ganzes Leben glaubte in Indien gelandet zu sein. Eine Frage die
ich hier nicht beantworten kann, jedoch finde ich den Vergleich passend.

III Eine Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus
25
die Fähigkeit der Magnetkraft Holz zu durchdringen und es findet sich ein Hinweis auf die
Entdeckung der abstoßenden Wirkung des Magneten (vgl. Stoner (1934), S.2).
Zu dieser Zeit wurden viele Hypothesen betreffend des Magneten aufgestellt. Als ein Bei-
spiel sei hier erwähnt, dass Knoblauchsaft oder Diamanten in der Nähe eines Magneten,
eilkraft besäße (vgl. Balmer
itergegeben. In den folgenden Jahrhunderten bis zum Mittelalter
Zu Beginn dieser Epoche gibt es keine nennenswerten Aufzeichnungen zu dieser Thema-
ieren Hinweise auf die Nutzung der magnetischen Richtungskraft zum Navigie-
reibt folgendes:
..., noch wunderbarer ist es, daß dieser [der Magnetstein] den Schiffern bei
Nacht und Nebel den sicheren Weg weist, denn wenn man mit ihm eine Nadel
dessen Kraft verdängen sollten (vgl. Balmer (1956), S. 46).
Auch die Mediziner interessierten sich für den Magnetstein. Es wurde untersucht, ob der
Magnetstein Krankheiten an sich ziehe und somit eine H
(1956), S.46). Ein Arzt dieser Zeit war Hippokrates von Kos (460-370 v. Chr.), der unter
Zuhilfenahme des Magneten die Unfruchtbarkeit einiger Frauen bekämpfen wollte (vgl.
Kloss (1994), S. 17)
52
.
Das bis hierhin angehäufte elementare Wissen über den Magnetismus wurde von Jahrhun-
dert zu Jahrhundert we
gibt es keine Aufzeichnungen darüber, ob etwas Neues entdeckt wurde.
III.1.2
Von 500 bis 1500 n. Chr.
tik.
Erst im 11. Jahrhundert können Hinweise auf neue Entdeckungen gefunden werden. In
China exist
ren bei Schen Kuo (1031-1095). Nach Kloss ist man sich darüber einig, dass der Kompass
in China keine große Verbreitung fand, da zum einen in den nachfolgenden Jahrhunderten
keine weiteren Hinweise auf die Nutzung von Kompassen gefunden werden konnten und
zum anderen die Missionare des 16. und 17. Jahrhunderts ebenfalls keine Kompasse vor-
fanden (vgl. Kloss (1994), S. 43).
In Europa wird der Kompass als erstes von Alexander Neckam (1157-1217)
53
in seinem
Werk De naturis rerum um 1190 erwähnt. Er sch
52
Er empfiehlt folgendes Mittel: ,,Wenn die Gebärmutter den Samen nicht bei sich behält, dann nimm Blei,
und von dem Stein, welcher das Eisen anzieht, mach davon ein feines Pulver,..." (Kloss (1994), S. 17).
53
Alexander Neckam war ein englischer Mönch, der in Frankreich von 1180-1186 lehrte.

III Eine Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus
26
in Berührung bringt und diese dann zur Ruhe kommen läßt, so zeigt sie stets
nach Norden (Lippmann (1953), S. 159)
54
.
r bei Neckam gibt es noch weitere Quel
Auße
in denen der Kompass beschrieben wird.
In Frankreich scheint er den Quellen nach eine größere Verbreitung zu haben. Es ist
n 1000 Jahre
55
.
rt als Antwort auf dessen Frage
len
dennoch unbekannt, wo der Kompass erstmalig hergestellt wurde beziehungsweise
erstmalig vorkam (Balmer (1956), S. 50).
Die Erfindung des Kompass in dieser Zeit gilt für Francis Bacon (1561-1626) 1620 als eine
der wichtigsten drei Erfindungen der letzte
Ein wichtiger Meilenstein in der Wissenschaft vom Magneten ist der Brief von Pièrre de
Maricourt
56
, den er an seinen Freund Syger de Foucaucou
nach der Kraft des Magnetsteins schickte. Aus diesem Brief konnten einige neue
Erkenntnisse über den Magnetismus gewonnen werden. Pièrre de Maricourt schrieb, dass
auch Magnetsteine sich auf dem Wasser in eine bestimmte Richtung einstellen. Er
vergleicht den Magneten mit dem Himmel und überträgt auch die Begriffe Nord- und
Südpol auf ihn. Anschließend schliff er einen Magneten in Kugelform. Dieser ist nach
Pièrre de Maricourts Verständnis dem Himmel ähnlich (vgl. Balmer (1956), S. 59)
57
.
Weiter entdeckte er die Grundsätze des Magnetismus, nämlich Abstoßung und Anziehung
der Magnetpole und, dass es keine Monopole gibt (vgl. Balmer (1956), S. 62). In seinem
Brief beschreibt er auch die Möglichkeiten, einen künstlichen Magneten durch Berührung
herzustellen. Im Weiteren widerspricht er den Fabeln vom Magnetbergen, die die
magnetischen Körper lenken würden. Er meint, dass dies durch die Himmelspole
geschieht. Für ihn steht außer Frage, dass der Himmel sich dreht und die Erde still steht. In
seinem Brief werden auch technische Geräte beschrieben: Eine Art Schwimmkompass,
eine Bussole
58
und eine tragbare magnetische Sonnenuhr, mit der man die Zeit ablesen
konnte.
54
Kloss ((1994), S.43) folgert hieraus, dass Neckam möglicherweise nie einen Kompass gesehen hat. Aller-
dings wird in der Fußnote bei Lippmann darauf hingewiesen, dass diese Beschreibung einen Schwimmkom-
den Alten völlig
und die Magnetnadel.
56
R
rt.
Üb
re de Maricourt ist nichts überliefert worden. Es ist bekannt, dass er den Brief am 8.
, die als
(1956), S. 61).
pass der damaligen Form schildert (,,...magnetisierte Nadel, ... durch ein Hölzchen gesteckt, und so dann auf
dem Wasser schwimmen gelassen wurde." (Lippmann (1953), S. 159)).
55
Er bewertet die technologische Entwicklung der Menschheit folgendermaßen:
Um den hohen Stellenwert der Erfindungen zu würdigen, sehe man einmal jene drei,
unbekannten, ins Auge. Wir meinen: die Buchdruckkunst, das Schießpulver
Diese drei haben den ganzen Zustand der Dinge in der Welt durchaus umgewandelt. (nach Bacon,
Kloss (1994), S. 42)
oger Bacon, ein Zeitgenosse, hinterließ die naturwissenschaftlichen Kenntnisse des Pièrre de Maricou
er das Leben von Pièr
August 1269 in Lucera verfasste, wo er als Kreuzritter auf dem Kreuzzug war. Sein Name als Kreuzritter war
Petrus Peregrinus, dieser Name wird auch häufig in der Literatur genannt (vgl. Kloss (1994), S. 49).
57
Gilbert verglich als erster 1600 den Kugelmagneten mit der Erde.
58
Bussolen (lat.: bussola; deut.: Schächtelchen) nannte man damals Schachteln mit Magnetnadeln
Richtungsweiser auf Land und zur See einsetzbar waren (vgl. Balmer

III Eine Geschichte des Magnetismus und des Erdmagnetismus
27
Als letztes Ereignis in dieser Epoche ist die Entdeckung der örtlichen Änderung der
Deklination
59
durch Christoph Kolumbus (1446-1506) im Jahre 1492 zu erwähnen
60
.
Osten
Hierbei ist interessant, dass der Kompass eine auf Papier aufgezeichnete Windrose war
unter der ein gekrümmter magnetisierter Draht befestigt wurde (siehe Abbildung 2). Diese
Papierscheibe ruhte auf einem Stift (vgl. Balmer (1956), S.79). Die Drähte waren schon zu
Kolumbus Zeiten teilweise verschoben. Kolumbus selbst hatte mehrere Kompasse an Bord.
Er konnte Unterschiede zwischen seinen Kompassen aus Genua (seiner Heimatstadt) und
denen aus Flandern feststellen (vgl. Balmer (1956), S. 80f), denn in verschiedenen Ländern
gab es auch verschieden starke Deklinationen
61
. Diese Entdeckung führte dazu, dass man
neue Erklärungen über die Magnetpole suchte. Man suchte jedoch diesen anziehenden Ort
am Himmelgewölbe, so wie es Pièrre de Maricourt tat.
Abbildung 2: links: Windrose mit einer Lilie im Norden und einem Kreuz im
rechts: ein gekrümmter magnetischer Draht
59
Er hatte damit eigentlich die Deklination entdeckt, da man bis dato davon ausging, dass die Magnetnadel
immer auf den Polarstern zeigt (vgl. Balmer (1956), S. 80).
60
Es war bereits bekannt, dass die Kompasse gegenüber dem Polarstern eine Abweichung aufwiesen, aller-
dings war nicht bekannt, dass diese sich von Ort zu Ort unterschied. Erst Kolumbus entdeckte auf seiner
Fahrt über den Atlantik, dass die Abweichung sich verschob. Aus diesem Grund konnte man nun die Abwei-
chung vom Polarstern nicht mehr auf Fertigungsfehler oder ähnliches zurückführen (vgl. Kloss (1994), S.
71).
61
Die Kompasse wurden damals nach dem Polarstern ausgerichtet.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832497316
ISBN (Paperback)
9783838697314
DOI
10.3239/9783832497316
Dateigröße
3.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg – Fakultät V - Mathematik und Naturwissenschaften, Physik
Erscheinungsdatum
2006 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
magnet apparatur messgerät replikation physik
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Titel: Die Untersuchungen der täglichen Veränderungen des Erdmagnetfeldes durch Coulomb und Cassini
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