Instrumente zur motivationsfördernden Gestaltung von Arbeitsaufgaben
Zusammenfassung
Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht die Männer zusammen, um Holz zu beschaffen und Werkzeuge vorzubereiten oder die Arbeit einzuteilen und Aufgaben zu vergeben sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem endlosen weiten Meer.
Diese Weisheit zeigt auf, dass Menschen höhere Leistungen erbringen, wenn sie aus ihrer Arbeit heraus motiviert werden, d. h. an ihrer Arbeitsaufgabe Interesse und Freude haben. Je eher die Männer, die das Schiff bauen sollen, ihre Aufgabe als sinnvoll einschätzen und ein Eigeninteresse an der Fertigstellung entwickeln, desto mehr Anstrengungen werden sie in ihre Arbeit stecken. Welche Schlussfolgerungen diese Erkenntnis für die Mitarbeitermotivation durch Aufgabengestaltung hat und welche konkreten Fragen sich daraus für die Gestaltung von Arbeitsaufgaben ergeben, soll in Kapitel 1 erörtert werden. Außerdem wird die Vorgehensweise bei der Beantwortung einer konkreten Fragestellung beschrieben.
Es sei angenommen, dass Unternehmen als Endziel die Gewinnmaximierung vorgeben. Die dazu notwendige Produktivität ist ein unerlässlicher Wettbewerbsfaktor, weil sie die Konkurrenzfähigkeit einer Organisation bestimmt. Daher versuchen Unternehmen, mit ihren Ressourcen, zu denen auch ihre Mitarbeiter zählen, ein Maximum zu erwirtschaften. Viele Mitarbeiter schöpfen ihr eigenes Leistungspotential aber nicht aus, sondern zeigen lediglich so viel Anstrengung, wie nötig ist, um nicht negativ aufzufallen. Die Interessen und Ziele der Mitarbeiter weichen dann vom Unternehmensziel ab. Bei einem unterstellten unausgeschöpften Leistungspotential der Mitarbeiter gibt es also Möglichkeiten, den Unternehmensgewinn zu erhöhen. Mitarbeiter einer Organisation werden umso mehr Leistungsbereitschaft zeigen, je eher sie über ihre Tätigkeit persönliche Bedürfnisse befriedigen können. Daher sollten Unternehmen bei der Aufgabengestaltung die Ziele ihrer Mitarbeiter berücksichtigen, um deren Leistungspotential auszuschöpfen, d. h. sie dazu zu bringen, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse für die Unternehmensziele einzusetzen. Es gilt also, das Verhalten der Organisationsmitglieder auf die Ziele des Unternehmens auszurichten, indem mittels Ausgestaltung der Arbeitsaufgabe Interesse und Engagement, also Motivation, für die Arbeitsaufgabe hervorgerufen werden. Diese steigert die Leistung von Mitarbeitern, weil deren Anstrengung erhöht und auf das Unternehmensziel ausgerichtet wird. Dass Motivation Leistung quantitativ […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen und Definitionen
2.1 Der Begriff der Motivation
2.2 Definitionen und Merkmale der Arbeitsaufgabe
3 Theorien der Motivation
3.1 Job-Characteristics-Theory
3.2 Zielsetzungstheorie
4 Instrumente zur Erhöhung des Motivierungspotentials von Arbeitsaufgaben
4.1 Humanisierung der Arbeit
4.1.1 Aufgabenerweiterung
4.1.2 Rotation
4.1.3 Teilautonome Arbeitsgruppen
4.2 Management by Objectives
4.2.1 Zielsetzung
4.2.2 Partizipation
4.2.3 Rückmeldungskanäle
4.2.4 Transparente Erfolgsbelohnung
4.3 Schlussfolgerungen für eine Gestaltungsempfehlung über die Zusammenstellung motivationsfördernder Instrumentarien
5 Fazit
LITERATURVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1: Bedingungen des Verhaltens
Abb. 2: Die Job-Characteristics-Theory
Abb. 3: Die Zielsetzungstheorie
TABELLENVERZEICHNIS
Tab. 1: Die Wirkung von Motivationsinstrumenten aus der Humanisierung der Arbeit auf Aufgabenmerkmale
Tab. 2: Die Wirkung von Motivationsinstrumenten aus „Management by Objectives“ auf Aufgabenmerkmale
1 Einleitung
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht die Männer zusammen, um Holz zu beschaffen und Werkzeuge vorzubereiten oder die Arbeit einzuteilen und Aufgaben zu vergeben – sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem endlosen weiten Meer“[1].
Diese Weisheit zeigt auf, dass Menschen höhere Leistungen erbringen, wenn sie aus ihrer Arbeit heraus motiviert werden, d. h. an ihrer Arbeitsaufgabe Interesse und Freude haben. Je eher die Männer, die das Schiff bauen sollen, ihre Aufgabe als sinnvoll einschätzen und ein Eigeninteresse an der Fertigstellung entwickeln, desto mehr Anstrengungen werden sie in ihre Arbeit stecken. Welche Schlussfolgerungen diese Erkenntnis für die Mitarbeitermotivation durch Aufgabengestaltung hat und welche konkreten Fragen sich daraus für die Gestaltung von Arbeitsaufgaben ergeben, soll in Kapitel 1 erörtert werden. Außerdem wird die Vorgehensweise bei der Beantwortung einer konkreten Fragestellung beschrieben.
1.1 Ziel der Arbeit
Es sei angenommen, dass Unternehmen als Endziel die Gewinnmaximierung vorgeben. Die dazu notwendige Produktivität ist ein unerlässlicher Wettbewerbsfaktor, weil sie die Konkurrenzfähigkeit einer Organisation bestimmt.[2] Daher versuchen Unternehmen, mit ihren Ressourcen, zu denen auch ihre Mitarbeiter zählen, ein Maximum zu erwirtschaften.[3] Viele Mitarbeiter schöpfen ihr eigenes Leistungspotential aber nicht aus, sondern zeigen lediglich so viel Anstrengung, wie nötig ist, um nicht negativ aufzufallen.[4] Die Interessen und Ziele der Mitarbeiter weichen dann vom Unternehmensziel ab. Bei einem unterstellten unausgeschöpften Leistungspotential der Mitarbeiter gibt es also Möglichkeiten, den Unternehmensgewinn zu erhöhen. Mitarbeiter einer Organisation werden umso mehr Leistungsbereitschaft zeigen, je eher sie über ihre Tätigkeit persönliche Bedürfnisse befriedigen können.[5] Daher sollten Unternehmen bei der Aufgabengestaltung die Ziele ihrer Mitarbeiter berücksichtigen, um deren Leistungspotential auszuschöpfen, d. h. sie dazu zu bringen, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse für die Unternehmensziele einzusetzen. Es gilt also, das Verhalten der Organisationsmitglieder auf die Ziele des Unternehmens auszurichten, indem mittels Ausgestaltung der Arbeitsaufgabe Interesse und Engagement, also Motivation, für die Arbeitsaufgabe hervorgerufen werden.[6] Diese steigert die Leistung von Mitarbeitern, weil deren Anstrengung erhöht und auf das Unternehmensziel ausgerichtet wird. Dass Motivation Leistung quantitativ und qualitativ positiv beeinflusst, ist auch empirisch nachgewiesen.[7]
Motivation erhöht außer der Leistung außerdem auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter.[8] Diese wird von Vertretern der „Human-Relations-Bewegung“ als primäres Ziel der Motivationsinstrumente angesehen. Die sogenannte „kuhsoziologische These“, bei der nach dem Motto „eine glücklichere Kuh gibt mehr Milch“ angenommen wurde, dass Leistung eine Folge von Arbeitszufriedenheit ist, hat sich allerdings als falsche Interpretation von Korrelationsstudien herausgestellt.[9] Weil in dieser Arbeit nach Möglichkeiten zur Leistungssteigerung gesucht wird, die das Unternehmensziel der Gewinnmaximierung unterstützen, wird nur Leistung als Folge von Motivation näher untersucht, was nicht ausschließt, dass einige in der „Human-Relations-Bewegung“ entwickelte Maßnahmen der Arbeitsgestaltung auch motivationsrelevante Aufgabenmerkmale beeinflussen.[10]
Diese Arbeit soll Möglichkeiten der Motivationsförderung durch die Gestaltung von Arbeitsaufgaben aufzeigen. Dabei wird konkret nach Instrumenten gesucht, die das Motivierungspotential von Arbeitsaufgaben steigern. Ziel dabei ist es, eine Gestaltungsempfehlung abgeben zu können, welche Zusammenstellung von Instrumenten geeignet ist, eine Arbeitsaufgabe mit motivationsfördernden Ausprägungen der Aufgabenmerkmale zu gestalten. Weil es Ziel ist, jedes Aufgabenmerkmal motivationsfördernd auszugestalten, ist die Anwendung mehrerer Instrumente notwendig. Weil aber die motivationsfördernde Ausgestaltung eines Aufgabenmerkmals als ausreichend betrachtet wird, sobald ein Instrument dieses Merkmal positiv beeinflusst, kann eine Zusammenstellung der notwendigen Instrumente als vollständig motivationsfördernd hinsichtlich der Arbeitsaufgabe angesehen werden, sobald alle Aufgabenmerkmale durch mindestens ein Instrument abgedeckt sind. Daher sind weitere Instrumente mit ähnlichen Wirkungen auf die Aufgabenmerkmale denkbar und auch praktisch relevant. Wie eine Auswahl der sinnvoll einzusetzenden Instrumente stattfinden kann, soll gezeigt werden.
Motivationssteigerungen können außer über das Motivierungspotential von Arbeitsaufgaben beispielsweise auch durch den Führungsstil oder Maßnahmen, die das Betriebsklima verbessern, hervorgerufen werden.[11] Dann bedarf es allerdings stets einer Betrachtung aller beteiligten Personen. Führungsstil und Betriebsklima sind also nicht unabhängig von Kollegen und Vorgesetzten optimal zu organisieren, sondern entscheiden sich in Abhängigkeit der Charakteristika von den Menschen, zu denen ein Mitarbeiter im Unternehmen Kontakt hat. Motivierungsmöglichkeiten über die Aufgabengestaltung hingegen erfordert lediglich die Betrachtung des Aufgabenträgers. Eine strukturelle Veränderung von Arbeitsaufgaben kann daher als besonders wichtig und einflussreich auf die Mitarbeitermotivation betrachtet werden, weil ihre Wirkungen aufgrund der Unabhängigkeit weiterer Personen langfristiger Natur sind. Diese Arbeit beschäftigt sich daher ausschließlich mit Mitarbeitermotivation über das Motivierungspotential von Arbeitsaufgaben. Motivationsforschung auf dem Gebiet der Merkmale von Arbeitsaufgaben existiert bereits seit vielen Jahrzehnten.[12] Sie ist aber stets aktuell, weil sich wandelnde Umweltbedingungen zu neuen Ansprüchen an Arbeitsaufgaben führen.[13]
Diese Arbeit soll einen Orientierungspunkt für die praxisnahe Motivationsforschung darstellen. Einerseits, weil sie einige empirische Untersuchungen zur Wirkung der Motivationsinstrumente zusammenstellt, und andererseits, weil sie die motivationsfördernden Wirkungen der Instrumente so auf einzelne Aufgabenmerkmale zerlegt, dass eine systematische Schaffung weiterer Motivationsinstrumente als Kombination verschiedener Aufgabenmerkmale mit motivationsfördernder Ausprägung möglich wird.
1.2 Aufbau der Arbeit
Weil sich diese Arbeit mit der motivationsfördernden Gestaltung von Aufgabenmerkmalen befasst, werden zunächst in Kapitel 2 die Begriffe Motivation und Arbeitsaufgabe konkretisiert. Motivation wird im Zusammenhang mit Verhalten in Organisationen als Leistungsbereitschaft beschrieben, durch die das Arbeitsergebnis gesteigert wird und daher dem unterstellten Unternehmensziel der Gewinnmaximierung dienlich ist. Zum besseren Verständnis findet eine Abgrenzung der Begriffe Motiv und Motivation statt. Darüber hinaus werden Definitionen der Arbeitsaufgabe vorgestellt und in Zusammenhang mit Motivation und Leistung gebracht. Eine Beschreibung von Arbeitsaufgaben nach Volpert (1987) soll dieser Arbeit als Ausgangspunkt anschließender Überlegungen dienen. Aus ihr werden Merkmale der Arbeitsaufgabe abgeleitet.
Um die gefundenen Aufgabenmerkmale auf ihre Motivationswirkung prüfen zu können, werden in Kapitel 3 Motivationstheorien im Hinblick auf ihre Aussagen über motivationsfördernde Aufgabenmerkmale vorgestellt. Jede Motivationstheorie betrachtet nur einige wenige Aspekte von Motivation. Daher konnte eine sinnvolle Auswahl aus der Vielzahl vorhandener Motivationstheorien anhand ihrer jeweiligen Aussagen über Arbeitsaufgaben getroffen werden. Konkret findet eine Darstellung der „Job-Characteristics-Theory“ (Kapitel 3.1) und der Zielsetzungstheorie (Kapitel 3.2) statt, weil sich mit Hilfe dieser Theorien der Einfluss der gefundenen Aufgabenmerkmale auf das Motivierungspotential von Arbeitsaufgaben erklären lässt. Viele andere Motivationstheorien beschäftigen sich hingegen gar nicht oder lediglich am Rande mit Arbeitsaufgaben. Daher werden diese nicht für die weiteren Erörterungen benötigt und deshalb auch nicht vorgestellt.
Welche Instrumente geeignet sind, die motivationsfördernden Merkmalsausprägungen von Arbeitsaufgaben abzubilden, ist Inhalt von Kapitel 4. Es wird sowohl theoretisch als auch durch empirische Studien gezeigt, dass die Humanisierung der Arbeit (Kapitel 4.1) und die Anwendung des Management-Konzepts „Management by Objectives“ (Kapitel 4.2) zur motivationsfördernden Gestaltung von Aufgabenmerkmalen beitragen können. Die in Kapitel 3 vorgestellten Motivationstheorien können also indirekt über ihre Aussagen zu den Aufgabenmerkmalen auch die Wirkung der vorgestellten Instrumente auf Motivation erklären. Kapitel 4.3 resümiert die Gedanken von Kapitel 4, indem Schlussfolgerungen für eine sinnvolle Zusammenstellung der Instrumente gezogen werden. Dabei soll deutlich werden, wieso die getroffene Auswahl an Instrumenten ausreicht, um eine Arbeitsaufgabe motivationsfördernd auszugestalten, aber auch, dass weitere Maßnahmen möglich sind. Eine sinnvolle Auswahl der Instrumente soll als von verschiedenen Einflussfaktoren und Nebenbedingungen abhängig beschrieben werden. Diese Auswahlkriterien, die sich aus den Ausführungen dieser Arbeit ergeben werden, sollen verdeutlichen, dass es nicht immer eine beste Lösung bei der Aufgabengestaltung gibt.
In einem Fazit werden die Kernaussagen der Arbeit zusammengefasst. Außerdem soll ein Ausblick für die zukünftige Forschung auf dem Gebiet der Aufgabengestaltung gegeben werden. Als Schwerpunkt wird dabei die Entwicklung weiterer Instrumente für die Aufgabengestaltung gesehen, die sich aus der Kombination der Aufgabenmerkmale entwickeln lassen.
2 Grundlagen und Definitionen
Motivation ist ein Begriff, der in vielen Lebensbereichen mit durchaus unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird. Während er einerseits von sogenannten Motivationstrainern verwendet wird, um den Glauben an die individuelle Leistungsfähigkeit zu stärken, bezeichnet Motivation andererseits das Streben nach beispielsweise sportlichem Erfolg. Motivation wird also sowohl als äußerer Eingriff als auch als psychologischer Zustand des Menschen verwendet. Der Begriff muss im Sinne dieser Arbeit beschrieben und in Zusammenhang mit Arbeitsaufgaben gebracht werden. Dazu werden im Folgenden die Aspekte von Motivation miteinander verknüpft, die sich in der Literatur durchgesetzt haben. Eine vollständige Definition, die alle Bestandteile, Ursachen und Wirkungen von Motivation beinhaltet, existiert nicht und soll auch hier nicht angestrebt werden. Die Beschreibung von Motivation soll ausschließlich dem Verständnis dieser Arbeit dienen und beschränkt sich daher auf den Blickwinkel des Betriebswirts.
Des Weiteren wird in diesem Kapitel der Begriff der Arbeitsaufgabe bestimmt und in Zusammenhang mit Motivation und Leistung gebracht. Ihre Definition wird verwendet, um Aufgabenmerkmale zu generieren, die später auf ihre Motivationswirkung geprüft werden sollen.
2.1 Der Begriff der Motivation
Motivation gilt als ein Auslöser von Verhalten und entsteht durch das Zusammenwirken von situativen und personalen Bedingungen.[14] Abbildung 1 zeigt diesen Zusammenhang auf:[15] In der Person begründet ist zum einen die Leistungsfähigkeit, die sich durch Fähigkeiten und erlernte Fertigkeiten definiert („Können“), und zum anderen die Motivstruktur eines Menschen, die seine Bedürfnisse und Einstellungen reflektiert („Wollen“). Ist eine der personalen Bedingungen gar nicht vorhanden, folgt auch kein Verhalten.[16] In der Situation begründet liegt die Leistungsmöglichkeit, die von Normen und Regelungen der sozialen Umwelt abhängt („soziales Dürfen“), sowie die „situative Ermöglichung“, welche die Anreize darstellt, die eine Situation bietet, um Bedürfnisse zu befriedigen. Liegen keine Anreize vor, entsteht ebenfalls kein Verhalten.
Nur aus dem Zusammenwirken von situativen Bedingungen, also auch von Aufgabenmerkmalen, und personalen Bedingungen, also auch den Motiven eines Mitarbeiters, ergibt sich Motivation, also Verhaltensbereitschaft, die als Leistungsbereitschaft interpretiert werden kann. Motivation resultiert also aus der Aktivierung von Motiven durch bestimmte situative Anreize, wodurch diese verhaltensbestimmend werden.[17] Es wird deutlich, dass strikt zu trennen ist zwischen Motiven und Motivation, weil Motive Einflussfaktoren auf die Motivation sind. Sie werden nur dann zu Motivation, wenn die Situation geeignete Möglichkeiten anbietet, ein Bedürfnis tatsächlich befriedigen zu können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bedingungen des Verhaltens[18]
Der Begriff Motiv entstammt dem Lateinischen „movere“ für Bewegen.[19] In der Motivationspsychologie wird der Begriff als Synonym für Bedürfnis oder Mangelerscheinung benutzt und entspricht damit dem Beweggrund von Tätigkeiten.[20] Der Wunsch, einen Mangel zu beseitigen, gibt demnach den Anstoß zu einer Tätigkeit, die der Bedürfnisbefriedigung dient. Bewusste Motive werden zu Zielen und lösen konkrete zielführende Handlungen aus, die Bestandteil ganzer Tätigkeiten werden.[21] „Jedes Motiv umfasst eine definierte Inhaltsklasse von Handlungszielen“[22]. Solche handlungsauslösende Zielgruppen sind beispielsweise Leistung, Macht oder sozialer Anschluss, wobei jeder Mensch eine persönliche Motivstruktur hat.[23] Anzahl und Intensität der Motive sind also individuell unterschiedlich ausgeprägt, wodurch sich die Motivstruktur eines Menschen als Charakterzug beschreiben lässt. Motive lassen sich aber nicht beobachten.[24] Daher versuchen verschiedene Motivationstheorien, sie als Ursache für das beobachtete Verhalten zu erklären.
Die gegebene Situation bietet Gelegenheiten, Handlungsziele zu erfüllen. Diese Gelegenheit kann nur in Verbindung mit persönlichen Motiven ihre Motivationswirkung entfalten. Durch das Zusammenspiel einer Person mit einer Situation, in der bestimmte Bestandteile so wahrgenommen werden, dass sie zu Anreizen werden, werden Motive aktiviert.[25] Die Aktivierung mehrerer einzelner latenter Motive zu Verhaltensbereitschaft heißt Motivation.[26] Sie beschreibt einen Zustand der Bereitschaft, in einer konkreten Situation eine Handlung in einer bestimmten Richtung, Intensität und Dauerhaftigkeit auszuführen.[27] Die Richtung beschreibt hierbei die Auswahl einer Verhaltensalternative, die Intensität beschreibt die eingesetzte Energie, und die Ausdauer beschreibt die zeitliche Konzentration auf das Ziel.[28] Motivation kommt also nur zustande, wenn die situative Gestaltung Motive aktiviert. Die Merkmalsausprägungen der Arbeitsaufgabe sollten daher dem Aufgabenträger und seiner Motivstruktur angepasst werden.
Unter Arbeitsmotivation wird jener Aspekt der Motivation verstanden, der „mit dem Verhalten von Individuen in hierarchischen und arbeitsteiligen Organisationen verbunden ist“[29]. Es geht also um die „Beweggründe des Individuums zur Arbeitsleistung“[30]. Organisationen können das Verhalten ihrer Mitarbeiter über die Gestaltung der „situativen Ermöglichung“ steuern. Als Situation gelten auch Aufgabenmerkmale, die eine auslösende Funktion haben.[31] Wahrgenommene Merkmale dieser Art sind Anreize, die zu Leistungsbereitschaft führen, wenn sie auf entsprechende Motive im Mitarbeiter stoßen. Anreizsysteme haben die Aufgabe, Mitarbeiter zu Maßnahmen zu motivieren, die zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen.[32] Eine alleinige Betrachtung der Situationsgestaltung ohne Einbeziehung der Bedingungen der Person kann keine begründeten Gestaltungsempfehlungen von Arbeitsaufgaben hervorbringen. Weil sich die Menschen in ihrer Motivstruktur unterscheiden, kann die gleiche Situation unterschiedlich auf mehrere Mitarbeiter wirken.[33] Verschiedene Aufgabenmerkmale und ihre jeweiligen Ausprägungen wirken also auf unterschiedliche Motive im Menschen. Während einige Neugierde ansprechen, sind andere geeignet, Machtbedürfnisse zu befriedigen. Auch Anschlussmotiv und Leistungsmotiv können über Aufgabenmerkmale angesprochen werden.
„Arbeitstätigkeiten kann man auf vielfältige Weise beurteilen, unter anderem auch danach, welche und wie viele unterschiedliche Möglichkeiten zur Erreichung bestimmter Motivziele ihre Ausübung bietet“[34]. Die Erwartung, ein Motivziel zu erreichen, entspricht dem Motivierungspotential der Arbeitsaufgabe.[35] Daher steigt die Motivation und mit ihr die Arbeitsleistung bei steigender Erfolgserwartung, ein Ziel zu erreichen.
Im Weiteren sollen Aufgabenmerkmale identifiziert werden, die als Anreiz eingesetzt werden können. Dabei bleibt stets zu bedenken, dass die Individualität der Menschen und ihrer Motivstruktur sich auf die Stärke der Anreizwirkung auswirkt. Bevor die Motivationsrelevanz von Aufgabenmerkmalen untersucht werden kann, gilt es, verschiedene Aufgabenmerkmale zu generieren. Dazu wird der Begriff der Arbeitsaufgabe zunächst konkretisiert.
2.2 Definitionen und Merkmale der Arbeitsaufgabe
Um ein Unternehmensziel zu erreichen, sind verschiedene Aufgaben zu erledigen. Diese werden durch eine Arbeitsanalyse in Teilaufgaben des Unternehmens zerlegt und durch die Arbeitsgestaltung verschiedenen Stellen zur Bearbeitung zugeordnet.[36] Die „Stellen sind die kleinsten aufbauorganisatorischen Einheiten“[37] des Unternehmens und werden mit Mitarbeitern als Stelleninhaber besetzt. Die Aufgaben eines Stelleninhabers sind Teil seiner Arbeit und lassen sich vom Begriff der Stelle dadurch abgrenzen, dass sie ausschließlich zielführende Handlungen umfassen, während die Stelle zusätzlich die Bedingungen, unter denen Aufgaben auszuführen sind, beschreibt.[38] Die Arbeitsaufgabe ist elementarer Bestandteil der Stelle und besonders wichtig für die Mitarbeiterleistung, weil sie Anforderungen an ihren Träger stellt. Die Aufgaben einer Stelle werden zu den Aufgaben eines Mitarbeiters und haben damit den „Charakter eines ‚Schnittpunktes’ zwischen Organisation und Individuum“[39]. Die Arbeitsaufgabe ist damit zentraler Ansatzpunkt für die Arbeitsgestaltung mit dem Ziel der Abstimmung physischer und psychischer Anforderungen aus der Arbeitsaufgabe an den Menschen.[40] Durch unterschiedliche Anforderungen von Arbeitsaufgaben lassen sich diese differenzieren. Die Unterschiede sollen in den Aufgabenmerkmalen wiederzufinden sein.
Eine Aufgabe lässt sich einerseits beschreiben als eine „Aufforderung an die Aufgabenträger, festgelegte Handlungen wahrzunehmen“[41]. Andererseits kann eine Aufgabe auch als ein Auftrag mit festem Ziel betrachtet werden.[42] Im zweiten Fall gibt das Unternehmen dem Mitarbeiter nur das zu erreichende Ziel, nicht aber Wege und Mittel vor, dieses Ziel zu erreichen.[43]
Wie spezifisch die Zielvorgabe ist, entscheidet darüber, inwieweit der Mitarbeiter selbständig Unterziele bilden muss. So lässt sich die Ansage, den Unternehmensgewinn zu maximieren, für jeden Mitarbeiter unterschiedlich für seine Aufgabe interpretieren, einerseits weil Weg und Mittel zur Zielerreichung nicht vorgegeben werden, andererseits weil kein Zielwert vorliegt. Eine bestimmte Stückzahl in einer bestimmten Zeit zu produzieren, ist hingegen ein konkreteres Ziel. Eine Aufgabe im Management wird weniger spezifische Ziele beinhalten können und daher höhere Anforderungen an den Mitarbeiter stellen, selbst Ziele zu generieren. Sind die Handlungen eines Mitarbeiters durch Arbeitsanweisungen vorgegeben, kann sich die Arbeitsaufgabe dennoch über den Grad der Freiheit, eine Handlung aus mehreren wählen zu dürfen, von anderen unterscheiden. Je nachdem wie komplex eine Aufgabe ist, lässt sich diese nicht mehr durch konkrete Arbeitsanweisungen beschreiben und eröffnen dem Aufgabenträger einen Spielraum bei der Auswahl seiner Handlungen.
Leistung wird über den Grad der Erreichung des Aufgabenziels definiert.[44] Während das Arbeitsergebnis also die Leistung bestimmt, kann von Erfolg nur bei vollständiger Erfüllung der Aufgabe gesprochen werden. Leistung wird erst möglich, wenn der Aufgabenträger das Ziel seiner Aufgabe begreift. Die Arbeitsaufgabe kann zusammenfassend wie folgt bezüglich ihrer Anforderungen beschrieben werden:
„Die Arbeitsaufgabe stellt Handlungsanforderungen, genauer: Regulationserfordernisse, und sie eröffnet oder verschließt damit auch Regulationschancen: einen Spielraum für komplexes Handeln, welches eigenständige Zielbildung und Wegentscheidungen beinhaltet und gleichzeitig, gerade dadurch, aufgaben- und leistungsgerechte Eingriffe ermöglicht“. [45]
Diese Beschreibung von Arbeitsaufgabe lässt die Identifikation von Aufgabenmerkmalen zu. Im Folgenden werden die genannten Beschreibungsinhalte von Arbeitsaufgaben in Aufgabenmerkmale übersetzt. Bei deren Bezeichnung wurden bewusst Begriffe verwendet, die in den Motivationstheorien in Kapitel 3 wiederzufinden sind. Das vereinfacht die spätere Zuordnung der Aufgabenmerkmale in die theoretischen Aussagen zu ihrer Motivationsrelevanz. Trotzdem werden die Aufgabenmerkmale bereits hier ausführlich beschrieben, um die Wirkung der in Kapitel 4 beschriebenen Instrumente auf ihre Ausprägung eindeutiger werden zu lassen.
Beschreibungsinhalt „Spielraum“
Weil Arbeitsaufgaben durch einen Spielraum gekennzeichnet sind, gibt es solche, die dem Mitarbeiter einen größeren Spielraum bieten als andere. Der Spielraum kann sich auf die Art der Tätigkeit (welche Tätigkeiten stehen zur Auswahl) oder auf den Grad der Autonomie (wie können die Tätigkeiten ausgeführt werden) eines Mitarbeiters beziehen. Mit einem hohen Spielraum wird das Leistungsmotiv im Menschen angesprochen, so dass eine solche Aufgabe für Mitarbeiter mit hohem Leistungsmotiv als Anreiz wirkt.[46]
Die Auswahl der Art von Tätigkeiten durch den Mitarbeiter betrifft seine Wahlmöglichkeiten einerseits bezüglich des Einsatzes verschiedener Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten und charakterisiert seine Arbeitsaufgabe damit durch das Merkmal der Anforderungsvielfalt. Sie legt fest, ob jemand viele oder wenige unterschiedliche Tätigkeiten ausführt bzw. viele unterschiedliche Anforderungen dabei erfüllen muss. Bestehende Kompetenzen werden dabei weiterentwickelt und durch neue ergänzt. Anforderungen können einerseits geistiger oder körperlicher Art sein und andererseits fachliche oder soziale Kompetenzen abverlangen. In der deutschen Literatur findet man dieses Aufgabenmerkmal mit der Definition „Wahlmöglichkeiten zum unterschiedlichen aufgabenbezogenen Handeln“[47] unter dem Begriff des Handlungsspielraums.
Andererseits bezieht sich die Auswahl der Art von Tätigkeiten aber auch auf die zur Wahl stehende Phase des Arbeitsprozesses. Wenn sich alle Tätigkeiten eines Mitarbeiters auf ein einziges Ziel beziehen und somit einem Prozess unterzuordnen sind, ist die Arbeitsaufgabe stark im Merkmal der Ganzheitlichkeit ausgeprägt. Eine Aufgabe lässt dann eine eindeutige Identifizierung von Anfang und Ende der Arbeit zu. Ganzheitliche Aufgaben geben Mitarbeitern einen Überblick über die Arbeit des gesamten Unternehmens und erweitern daher ihren Blickwinkel.
Das Merkmal der Autonomie beschreibt den Freiheitsgrad für in der Arbeitsaufgabe liegende Entscheidungen. Der Mitarbeiter wählt bei hoher Autonomie die Mittel zur Erreichung eines vorgegebenen Ziels ebenso selbst wie er seine Vorgehensweise selbst bestimmt und kontrolliert. Darüber hinaus können sich Aufgaben durch die Freiheitsgrade bezüglich freier Zeiteinteilung oder Festlegung der Abfolge von Tätigkeiten unterscheiden.[48] In der Literatur wird dieses Aufgabenmerkmal auch Entscheidungs- und Kontrollspielraum genannt und ergänzt den Handlungs- zum Tätigkeitsspielraum.[49]
Beschreibungsinhalt „Komplexes Handeln“
Komplexität als Aufgabenmerkmal beschreibt den Anforderungsgehalt von Arbeitsaufgaben losgelöst von der Vielfalt der dafür notwendigen Qualifikationen.[50] Eine Arbeitsaufgabe unterscheidet sich daher von einer anderen, wenn sie durch den Anspruch der notwendigen Handlungen eine höhere Qualifikation des Stelleninhabers erfordert.
Beschreibungsinhalt „Eigenständige Zielbildung“
Eine eigenständige Zielbildung des Mitarbeiters erfordert dessen Akzeptanz der Zielvorgabe durch das Unternehmen.[51] Dann verinnerlicht der Aufgabenträger die in seiner Aufgabe liegenden Ziele und bildet sie durch seine individuelle Interpretation neu als persönliche Ziele. Weiterhin bildet er selbständig weitere Unter- oder Zwischenziele zum vorgegebenen Endziel. Diese Zielbildung erfolgt dann offensichtlich eigenständig. Je nach Aufgabenstellung entwickelt ein Mitarbeiter unterschiedlich viele Stufen von Zielen bis er seine Zielvorgabe erreicht.
Damit ein Mitarbeiter ein Unternehmensziel als persönliches Ziel betrachten kann, auf dessen Erreichung er seine Handlungen ausrichten will, muss er die Zielvorgabe eindeutig verstehen. Ein in der Arbeitsaufgabe liegendes Ziel kann daher mehr oder weniger transparent sein, je nachdem ob es sich aus der Arbeitsaufgabe direkt ergibt oder einer externen Erläuterung bedarf. Unterstützt die Aufgabe eine Übereinstimmung von Zielvorgabe und Zielverständnis, liegt starke Zielspezifität vor. Während ein allgemeines Ziel sehr vage formuliert werden muss, um es vielen Aufgabenträgern zugänglich zu machen, kann sich ein spezifisches Ziel der Aufgabe und dem Aufgabenträger anpassen. Konkrete Zahlenwerte oder Zeitlimits sind typisch für stark spezifische Ziele von Aufgaben, weil sie sich durch ihre konkrete Formulierung auf den Interpretationsspielraum von Zielen auswirken.
Die Einschätzung des Ziels als bedeutsam für andere fördert die Angleichung zwischen Unternehmens- und Mitarbeiterzielen. Eine Auswirkung auf die Arbeit anderer Menschen zu bewirken, bedeutet, sich intensiver mit seiner Aufgabe und deren Folgen, also auch dem Unternehmensziel, zu befassen. Die Ausprägung des Aufgabenmerkmals Bedeutsamkeit ist somit ebenfalls entscheidend für die eigenständige Zielbildung.
Ermöglicht die Arbeitsaufgabe dem Aufgabenträger einen Einblick in den aktuellen Stand der Zielerreichung, kann der Mitarbeiter korrigierend in seinen Arbeitsprozess eingreifen und seine Zielsetzung anpassen. Die neue Zielbildung wird daher über das Ausmaß der Rückmeldungen durch die Arbeitsaufgabe bestimmt. Rückmeldungen von außen, z. B. durch den Vorgesetzten, sind nicht Bestandteil der Arbeitsaufgabe.
Zuletzt unterscheiden sich Aufgaben durch die geforderte Zielhöhe. Unabhängig von der Komplexität der Aufgabe kann ein Ziel schwierig oder einfach zu erreichen sein, je nachdem wie hoch der zu erreichende Wert gesteckt ist. Die Zielhöhe ist ein Einflussfaktor auf die Akzeptanz des Ziels. Ob ein Mitarbeiter das vorgegebene Ziel als persönliches Ziel annimmt oder ablehnt, hängt also auch von der Zielhöhe ab.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich jede Arbeitsaufgabe über die Merkmale
- Anforderungsvielfalt,
- Ganzheitlichkeit,
- Autonomie,
- Komplexität,
- Zielspezifität,
- Bedeutsamkeit,
- Ausmaß der Rückmeldungen durch die Arbeitsaufgabe und
- Zielhöhe
charakterisieren lässt.
Über die Motivationsrelevanz der einzelnen Merkmale kann an dieser Stelle noch keine Aussage getroffen werden. Dennoch sei gesagt, dass einige der Aufgabenmerkmale auch bei Ulich (2001) wiederzufinden sind. Er liefert eine Zusammenstellung der in der Literatur als motivationsrelevant befundenen Aufgabenmerkmale und fasst die wesentlichen Ergebnisse der Motivationsforschung im Hinblick auf Aufgaben durch folgende Merkmale zusammen:[52]
- Anforderungsvielfalt,
- Ganzheitlichkeit,
- Möglichkeiten zur sozialen Interaktion,
- Autonomie,
- Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten,
- Zeitelastizität und stressfreie Regulierbarkeit und
- Sinnhaftigkeit.
Diese Auflistung umfasst nicht die 2000 von Kil, Leffelsend und Metz-Göckel als motivationsrelevant benannten Aufgabenmerkmale
- Zielklarheit[53] und
- Rückmeldungen durch andere.[54]
Es soll deutlich werden, dass die gefundenen Aufgabenmerkmale größtenteils in der Literatur auch als solche verwendet werden. Aber nicht alle dort aufgeführten Merkmale können im Sinne dieser Arbeit als Aufgabenmerkmale anerkannt werden. Beispielsweise ist das Merkmal Möglichkeit zur sozialen Interaktion im Sinne dieser Arbeit über das Aufgabenmerkmal Anforderungsvielfalt abgedeckt. Schließlich sind Kommunikation und Kooperation Anforderungen an Träger einer Aufgabe mit Möglichkeiten zur sozialen Interaktion. Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten stellen ebenfalls weitere Anforderungen, z. B. eine hohe Aufnahmefähigkeit. Daher sind auch Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten bereits über das Merkmal der Anforderungsvielfalt abgedeckt. Zeitelastizität und stressfreie Regulierbarkeit können dagegen als Bestandteil des Merkmals Autonomie betrachtet werden. Sie erhöhen die Freiheitsgrade des Aufgabenträgers.
Sinnhaftigkeit und Rückmeldung durch andere sind im engeren Sinne keine Aufgabenmerkmale. Sinnhaftigkeit ergibt sich als Empfindung aus den Aufgabenmerkmalen Ganzheitlichkeit, Anforderungsvielfalt und dem von Ulich nicht aufgezählten Merkmal Bedeutsamkeit, das durch den genannten Zusammenhang dennoch als in der Literatur abgebildet gilt.[55] Rückmeldungen durch andere stammen nicht aus der Aufgabe und stellen somit einen Einfluss auf die Motivation höchstens aus der Führung oder den sonstigen Arbeitsbedingungen eines Stelleninhabers dar, nicht aber aus der Aufgabe.
3 Theorien der Motivation
Kapitel 3 beschäftigt sich damit, die gefundenen Aufgabenmerkmale auf ihre Motivationsrelevanz zu prüfen und zu zeigen, in welcher Ausprägung ein Aufgabenmerkmal motivationsfördernd wirkt. Die in der genannten Literatur nicht als explizit motivationsrelevant aufgezählten Merkmale Komplexität, Ausmaß der Rückmeldungen durch die Arbeitsaufgabe und Zielhöhe müssen in der Prüfung besondere Aufmerksamkeit erhalten. Diese erfolgt mit Hilfe der „Job-Characteristics-Theory“ und der Zielsetzungstheorie.
3.1 Job-Characteristics-Theory
Die „Job-Characteristics-Theory“ (JCT) setzt sich mit Arbeitsmotivation und im speziellen mit Aufgabengestaltung auseinander. Ihr Ziel ist es[56], Auswirkungen verschiedener Aufgabenmerkmale auf intrinsische Motivation („high internal work motivation“), Arbeitszufriedenheit („high satisfaction with the work“), Leistung („high quality work performance“) und Absentismus- und Fluktuationsraten („low absenteeism and turnover“) zu erklären.[57] Um die Fragestellung „How can work be structured so that it is performed effectively and, at the same time, jobholders find the work personally rewarding and satisfying“[58] beantworten zu können, geht die JCT rekursiv vor: Zunächst werden Bedingungen für das Entstehen der gewünschten Ergebnisse aufgestellt, danach werden Gestaltungsmaßnahmen gesucht, die diese Bedingungen herstellen.
Weil sich diese Arbeit mit Motivation auseinandersetzt, wird im Folgenden lediglich intrinsische Motivation, nicht aber Arbeitszufriedenheit, Leistung oder Fluktuation, als gewünschtes Ergebnis genannt. Weil Motivation aber nur als Erklärung für steigende Leistung dient, wird darauf aufmerksam gemacht, dass nach der JCT Aufgabenmerkmale auch direkt zu Leistung führen können.
Der Begriff der intrinsischen Motivation ist in der Literatur nicht eindeutig definiert.[59] Im Sinne der JCT stellt sie einen Zustand der Verhaltensbereitschaft aufgrund von Konsequenzen der Handlung „in sich“ dar.[60] Der Antrieb liegt also in der Arbeit selbst. Liegt intrinsische Motivation bei einem Mitarbeiter vor, wirken gute Leistungen bei der Arbeit als Ansporn, weiterhin Leistung zu zeigen, während schlechte Ergebnisse Anreiz sind, die Leistung zu erhöhen und zukünftig durch gute Leistungen belohnt zu werden.[61] Die Handlung selbst ist Anreiz und wird zum Selbstzweck ausgeführt. Besteht intrinsische Motivation, ist eine zusätzliche äußere Einwirkung auf die Motivation nicht nötig und manchmal sogar kontraproduktiv.[62]
Entwicklung der Job-Characteristics-Theory
Ursprung der JCT ist die 1965 erschienene Arbeit von Lawrence und Turner „Industrial Jobs and the Worker“, in der die Autoren den Zusammenhang von Aufgabenmerkmalen und Verhalten der Mitarbeiter untersucht haben.[63] Für diesen Zweck benutzten sie sechs Merkmale:[64] Vielfältigkeit („amount of variety in the work“), Autonomie („level of employee autonomy in performing the work“), Höhe der erwarteten Interaktion („amount of interaction required in carrying task activities“), Höhe der optionalen Interaktionen („number of opportunities for optional interaction“), benötigte Kenntnisse oder Fähigkeiten („level of knowledge and skill requires“) und Verantwortung („amount of responsibility entrusted in the jobholder“).
Ein wichtiges Ergebnis der Untersuchungen war die Feststellung, dass nicht alle Mitarbeiter in der selben Weise auf eine bestimmte Aufgabe reagieren. Als Ursache dafür konnte zunächst die unterschiedliche Herkunft der Mitarbeiter, also ob jemand aus einer städtischen oder ländlichen Gegend stammt, gezeigt werden.[65] Eine andere Studie fand später als Ursache für unterschiedliches Aufgabenverhalten unterschiedliche Leistungsmotive bei den Menschen.[66] Später berücksichtigte die JCT in ihrer im Folgenden vorgestellten Version von Hackman und Oldham (1980) die individuelle Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen und persönliche Charakteristika als Differenzierungsmerkmale und Erklärung für unterschiedliches Verhalten bei gleichen Aufgaben.[67] Demnach wird je nach Höhe des Bedürfnisses nach Selbstentfaltung („personal needs for growth and development“) unterschiedlich auf Aufgaben reagiert.[68] Mit der Einbeziehung der persönlichen Charakteristika lässt sich die JCT eindeutig als Motivationstheorie erkennen, weil Motivation als Zusammenspiel zwischen persönlichen und aufgabenspezifischen Merkmalen beschrieben wurde.[69]
Aufbau der Job-Characteristics-Theory
Wie in Abbildung 2 zu sehen, nennt die JCT drei Bedingungen für die Entstehung von Motivation:[70] Erstens müssen die Mitarbeiter die Ergebnisse ihrer Arbeit kennen („knowledge of the actual results of the work activities“). Nur das Wissen über die Resultate ihrer Anstrengungen kann eine Bewertung ihrer Leistung ermöglichen. Zweitens müssen sich die Mitarbeiter verantwortlich für die Ergebnisse ihrer Aufgaben fühlen („experienced responsibility for outcomes of the work“). Nur wenn sie ihren Einfluss auf die Ergebnisse hoch einschätzen, haben sie einen Grund, stolz auf ihre Leistung zu sein. Drittens müssen die Mitarbeiter ihre Arbeit innerhalb ihres persönlichen Wertesystems als sinnvoll erleben („experienced meaningfulness of the work“). Nur bei individuell herausfordernden Aufgaben erkennen Menschen einen Sinn ihrer Tätigkeit.
Da diese drei Zustände nicht direkt durch Unternehmen beeinflussbar sind, beschreibt die JCT Einflussfaktoren auf diese psychologischen Zustände, die daher indirekt auf Motivation wirken. Diese Einflussfaktoren sind nach Hackman und Oldham (1980) die Aufgabenmerkmale („job characteristics“):[71]
- Anforderungsvielfalt (V): Anzahl der verschiedenen Aktivitäten und Fähigkeiten, die eine Aufgabe abverlangt („skill variety“)
- Ganzheitlichkeit (G): Grad, zu dem die Person ein zusammenhängendes Stück der Arbeit fertig stellt („task identity“)
- Bedeutsamkeit der Aufgabe (B): Grad, zu dem die Arbeit Auswirkungen auf das Leben und die Arbeit anderer hat („task significance“)
- Autonomie (A): Freiheit und Unabhängigkeit in der Durchführung der Arbeit („autonomy“)
- Rückmeldung (R): Grad, zu dem die Arbeit klare und direkte Informationen über Erfolg und Wirksamkeit der ausführenden Personen liefert („feedback from the job“).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Die Job-Characteristics-Theory[72]
Anforderungsvielfalt, Ganzheitlichkeit und Bedeutsamkeit der Aufgabe wirken sich jeweils auf die erlebte Sinnhaftigkeit der Arbeitsaufgabe aus.[73] Je mehr unterschiedliche Fähigkeiten ein Mitarbeiter in seiner Aufgabe zeigen kann, desto eher wird er die Aufgabe als Herausforderung einschätzen. Je stärker seine einzelnen Handlungen zusammenhängen und ein Ergebnis bilden, desto eher wird er Auswirkungen seiner Aufgabe erkennen, und je größer sein Einfluss auf andere Menschen ist, desto relevanter erscheint seine Aufgabe.
[...]
[1] Diese Metapher wird Antoine Saint-Exupéry zugeschrieben
[2] Vgl. Kleinbeck/Kleinbeck, 1995, S. 37
[3] Die Ressource Mitarbeiter wird in der Literatur als zunehmend wichtiger für den Unternehmenserfolg beschrieben (vgl. Hopfenbeck, 2000, S. 367; vgl. Klose, 2002, S. 109)
[4] Vgl. Hackman/Oldham, 1980, S. 3
[5] Vgl. Kleinbeck, 1996, S. 53; vgl. Jung, 2003, S. 359
[6] Dieses Konzept wird von Ulich als Aufgabenorientierung bezeichnet (vgl. Ulich, 2001, S. 191)
[7] Siehe Locke, 1968; siehe Oldham, 1976
[8] Vgl. Rosenstiel, 1977, S 57; vgl. Kleinbeck, 1997, S. 14
[9] Vgl. Neuberger, 1974, S. 168 f.; vgl. Eckes/Six, 1991, S. 22; vgl. Sandner, 1988, S. 48
[10] Siehe Kapitel 4.1
[11] Vgl. Comelli/Rosenstiel, 2003 a, Vorwort
[12] Siehe z. B. die Arbeit von Lawrence und Turner, 1965, Locke, 1968 oder Hackman, 1969
[13] Vgl. Hacker/Matern, 1980, S. 29; vgl. Bullinger, 1996, S. 4; vgl. Scheffer, 2003, S. 515
[14] Vgl. Heckhausen, 1989, S. 10; vgl. Rosenstiel, 1996, S. 35 ff.; vgl. Comelli/Rosenstiel, 2003 a, S. 1 f.; vgl. Rosenstiel, 2003, S. 55; vgl. Scheffer, 2003, S. 515
[15] Siehe Rosenstiel, 2003
[16] Vgl. Comelli/Rosenstiel, 2003 a, S. 2
[17] Vgl. Rosenstiel, 1977, S. 59
[18] In Anlehnung an Rosenstiel, 2003, S. 55
[19] Vgl. Mowday/Shapiro/Steers, 2004, S. 379
[20] Vgl. Nerdinger, 2003 a, S. 3
[21] Siehe zur Unterscheidung zwischen Handlungen und Tätigkeiten Hacker, 1986, S. 61 ff. oder Ulich, 2001, S. 173; im Folgenden werden die Begriffe nicht trennscharf unterschieden, sondern stets verwendet, um den Vorgang einer Aktivität auszudrücken
[22] Heckhausen, 1989, S. 9
[23] Vgl. Nerdinger, 2003 a, S. 2 f.
[24] Vgl. Rosenstiel, 1977, S. 58
[25] Vgl. Rosenstiel, 2003, S. 77 und S. 388
[26] Vgl. Kleinbeck, 1997, S. 15
[27] Vgl. Rosenstiel, 1977, S. 59; vgl. Comelli/Rosenstiel, 2003 a, S. 1
[28] Vgl. Nerdinger, 2003 b, S. 98
[29] Grunwald/Wunderer, 1980, S. 171
[30] Gabler-Wirtschaftslexikon, 2001, Stichwort „Arbeitsmotivation“
[31] Vgl. Gebert/Rosenstiel, 2002, S. 119
[32] Vgl. Petersen, 1989, S. 6
[33] Vgl. Rosenstiel, 1977, S. 74
[34] Kleinbeck, 1996, S. 33
[35] Vgl. Kleinbeck, 1996, S. 41
[36] Vgl. Bea/Göbel, 1999, S. 223 und S. 229 f.
[37] Krüger, 1994, S. 45
[38] Siehe zur Unterscheidung zwischen der gesamten Situation eines Mitarbeiters und seiner Arbeitsaufgabe Hackman, 1969
[39] Volpert, 1987, S. 14
[40] Vgl. Sury, 1974, S. 23
[41] Gabler-Wirtschaftslexikon, 2001, Stichwort „Aufgabe“
[42] Vgl. Kosiol, 1976, S. 43
[43] Weitere Definitionen verständigen sich auf den Kompromiss, Ziele und Mittel vorzugeben, nicht aber den Weg (vgl. Langen, 1953, S. 460 f.)
[44] Vgl. Langen, 1953, S. 461
[45] Volpert, 1987, S. 19
[46] Vgl. Kleinbeck, 1996, S. 34
[47] Ulich, 2001, S. 175
[48] Vgl. Hacker, 1998, S. 125
[49] Vgl. Ulich, 2001, S. 175; manche Autoren verwenden statt des Tätigkeitsspielraums den Handlungsspielraum als Überbegriff (vgl. Rosenstiel, 2003, S. 105 ff.), was nicht konsistent zur Unterscheidung von Tätigkeiten und Handlungen ist
[50] Vgl. Zapf, 1991, S. 229
[51] Siehe Latham/Locke, 1995
[52] Vgl. Ulich, 2001, S. 193 f.
[53] Die Zielklarheit entspricht hier der Zielspezifität
[54] Vgl. Kil/Leffelsend/Metz-Göckel, 2000, S. 115 ff.
[55] Siehe zum Zusammenhang zwischen Sinnhaftigkeit und einzelnen Aufgabenmerkmalen die Ausführungen zur Job-Characteristics-Theory in Kapitel 3.1
[56] Siehe zu einer umfassenderen, nicht ausschließlich aufgabenmerkmalspezifischen Darstellung Hackman/Oldham, 1980
[57] Vgl. Gagné/Koestner/Senécal, 1997, S. 1224
[58] Hackman/Oldham, 1980, S. 71
[59] Siehe Thierry, 1990
[60] Vgl. Nerdinger, 1995, S. 52 ff.
[61] Vgl. Hackman/Oldham, 1980, S. 72
[62] Vgl. Heckhausen, 1989, S. 461 ff.; vgl. Frey, 1997, S. 19; siehe zum Korrumpierungseffekt von extrinsischer Motivation Kapitel 4.2.4
[63] Vgl. Lawrence/Turner, 1965, S. 1 ff.; vgl. Evans/House/Kiggundu, 1979, S. 354
[64] Vgl. Lawrence/Turner, 1965, S. 19 f.
[65] Siehe Lawrence/Turner, 1965; siehe Blood/Hulin, 1967; neuere Untersuchungen liefern wieder die Herkunft und die damit verbundenen Einstellungen als Ursache (siehe Lee-Ross, 2005)
[66] Siehe Spencer/Steers, 1977
[67] Siehe Oldham, 1976
[68] Vgl. Hackman/Oldham, 1980, S. 60
[69] Siehe Kapitel 2.1
[70] Vgl. Hackman/Oldham, 1980, S. 72 ff.
[71] Vgl. Hackman/Oldham, 1980, S. 77 ff.
[72] In Anlehnung an Hackman/Oldham, 1980, S. 83
[73] Vgl. zu den Zusammenhängen zwischen Aufgabenmerkmalen der JCT und den psychologischen Zuständen Gagné/Koestner/Senécal, 1997, S. 1225
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783956360596
- ISBN (Paperback)
- 9783832497187
- Dateigröße
- 540 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität zu Köln – Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
- Erscheinungsdatum
- 2006 (Juli)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- motivation zielsetzung stelle management objectives
- Produktsicherheit
- Diplom.de