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Die einkommensteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte einer Arbeitnehmerentsendung in die Schweiz

©2006 Diplomarbeit 104 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die Entsendung von Arbeitskräften gewinnt aufgrund der Globalisierung immer mehr an Bedeutung. Das hat zur Folge, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich mit speziellen einkommensteuer-, lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beschäftigen müssen. Die Beachtung und Anwendung der maßgeblichen Normen von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und Sozialversicherungsabkommen werfen in der Praxis Probleme auf.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen gemeinsam Überlegungen anstellen, wie etwa eine doppelte lohnsteuerliche Belastung des Arbeitnehmers im In- und Ausland vermieden oder wie der Sozialversicherungsschutz im Heimatland aufrecht erhalten werden kann, wenn eine unselbständige Erwerbstätigkeit im Ausland ausgeübt wird. Gegenstand dieser Arbeit ist, diesen vielseitigen Themenbereich darzustellen.

Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit besteht aus drei Teilen. In Teil I gebe ich zunächst eine Einführung in das Thema. Ich erläutere, was unter einer Arbeitnehmerentsendung zu verstehen ist und welche Ziele Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit einer Entsendung verbinden. In Teil II werde ich die einkommensteuerrechtlichen Aspekte einer Arbeitnehmerentsendung in die Schweiz behandeln. Zunächst werde ich auf die Grundzüge des deutschen und des schweizerischen Einkommensteuerrechts eingehen.
Ich werde zeigen, wie die beschränkte sowie die unbeschränkte Steuerpflicht in der Schweiz und in der Bundesrepublik Deutschland entsteht. In beiden Staaten wird eine unbeschränkte Steuerpflicht durch einen Wohnsitz im jeweiligen Staat und eine beschränkte Steuerpflicht durch den gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Ausgehend davon werde ich darstellen, dass durch eine gleichzeitige Steuerpflicht in zwei Staaten Doppelbesteuerungsprobleme entstehen und, dass diese entweder durch einseitige nationale Maßnahmen oder durch Doppelbesteuerungsabkommen beseitigt werden können. Im Mittelpunkt von Teil II stehen die Entstehung und die Vermeidung von Doppelbesteuerungsproblemen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
In Teil III befasse ich mich mit den sozialversicherungsrechtlichen Aspekten einer Arbeitnehmerentsendung in die Schweiz. Ausgangspunkt für diesen Themenbereich sind die Grundzüge des deutschen Sozialversicherungsrechts. Nach deutschem Sozialversicherungsrecht sind in erster Linie alle gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigten Personen in Deutschland sozialversicherungspflichtig. Demnach würde bei einem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

I. Einleitung
1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2. Der Begriff der Entsendung
2.1 Arbeitgeber-Ziele einer Entsendung
2.2 Arbeitnehmer-Ziele einer Entsendung

II. Die einkommensteuerrechtlichen Aspekte einer Entsendung
1. Grundzüge des deutschen Einkommensteuerrechts
1.1 Die unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 EStG
1.1.1 Wohnsitz
1.1.2 Gewöhnlicher Aufenthalt
1.2 Die beschränkte Steuerpflicht nach § 4 EStG
2. Grundzüge des schweizerischen Einkommensteuerrechts
2.1 Steuerhoheit
2.1.1 Steuerhoheit des Bundes
2.1.2 Steuerhoheit der Kantone und Gemeinden
2.2 Einkommensteuerpflicht
2.2.1 Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit
2.2.1.1 Steuerrechtlicher Wohnsitz
2.2.1.2 Steuerrechtlicher Aufenthalt
2.2.1.3 Unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund der Heimatzugehörigkeit
2.2.2 Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit
2.2.3 Quellenbesteuerung bei beschränkter Steuerpflicht
2.2.4 Beginn und Ende der Steuerpflicht
3. Das Problem der Doppelbesteuerung
3.1 Das Zustandekommen von internationalen Doppelbesteuerungen
3.2 Interkantonale Doppelbesteuerung
3.3 Unilaterale Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
3.3.1 Anrechnungsmethode
3.3.2 Abzugsmethode
3.4 Bilaterale Maßnahmen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung
3.4.1 Was sind Doppelbesteuerungsabkommen?
3.4.2 Die Stellung der DBA im deutschen Steuerrecht
3.4.3 Die Zuordnung der Besteuerungsrechte
3.4.4 Ansässigkeit
3.4.5 Zuweisung des Besteuerungsrechts
3.4.5.1 Die Grundregel: Das Arbeitsortprinzip
3.4.5.2 Die 183-Tage-Regel
3.4.5.3 Die Grenzgänger-Regel
3.4.5.4 Vermeidung der Doppelbesteuerung bei Einkünften aus unselbständiger Arbeit
3.4.6 Vermeidung der Doppelbesteuerung bei unbeschränkter Steuerpflicht in beiden Vertragsstaaten
3.4.7 Rückfallklauseln
3.4.8 Auswirkungen auf den Lohnsteuerabzug
3.4.8.1 Lohnsteuerabzug bei unbeschränkter Steuerpflicht
3.4.8.2 Lohnsteuerabzug bei beschränkter Steuerpflicht

III. Die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte einer Entsendung
1. Grundzüge des deutschen Sozialversicherungsrechts
1.1 Versicherter Personenkreis
1.2 Territorialprinzip
1.3 Die Ausstrahlung
1.3.1 Entsendung
1.3.2 Beschäftigungsverhältnis in Deutschland
1.3.3 Zeitliche Begrenzung im Voraus
1.3.4 Folgen der Ausstrahlung
1.3.5 Beendigung der Ausstrahlung
2. Grundzüge des schweizerischen Sozialversicherungsrechts
2.1 Die staatliche Vorsorge
2.2 Die berufliche Vorsorge
2.3 Die private Vorsorge
2.4 Unfallversicherung
2.5 Krankenversicherung
2.6 Arbeitslosenversicherung
3. Die EWG-Verordnung Nr. 1408/71
3.1 Geltungsbereich
3.2 Zuweisungsregelungen
3.2.1 Verlängerung
3.2.2 Ausnahmevereinbarung
3.3 Beschäftigung in mehreren Mitgliedstaaten
4. Deutsch-schweizerisches Abkommen über Soziale Sicherheit
4.1 Persönlicher Geltungsbereich
4.2 Sachlicher Geltungsbereich
4.3 Zuweisungsregelungen
4.4 Grenzgänger
5. Folgen bei Weitergeltung der deutschen Sozialversicherungsvorschriften
5.1 Krankenversicherung
5.2 Rentenversicherung
5.3 Pflegeversicherung
5.4 Unfallversicherung
5.5 Arbeitslosenversicherung

IV. Fazit

Verzeichnis der Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsanweisungen

Rechtsprechungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Systematik von Art. 15 DBA D/CH

Abbildung 2: Das schweizerische Drei-Säulen-Konzept

Abbildung 3: Versicherter Jahreslohn im Rahmen der beruflichen Vorsorge

Abbildung 4: Sozialversicherungsrechtliche Zuweisung innerhalb der Mitgliedstaaten

Abbildung 5: Prüfungsreihenfolge der anzuwendenden Rechtsvorschriften

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bundessteuern

Tabelle 2: Direkte Staats- und Gemeindesteuern

Tabelle 3: Besitzes- und Aufwandsteuern der Kantone und Gemeinden

Tabelle 4: Entstehung von Doppelbesteuerungen

Tabelle 5: Mitgliedstaaten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Einleitung

1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Die Entsendung von Arbeitskräften gewinnt aufgrund der Globalisierung immer mehr an Bedeutung. Das hat zur Folge, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich mit speziellen einkommensteuer-, lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beschäftigen müssen. Die Beachtung und Anwendung der maßgeblichen Normen von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und Sozialversicherungsabkommen werfen in der Praxis Probleme auf. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen gemeinsam Überlegungen anstellen, wie etwa eine doppelte lohnsteuerliche Belastung des Arbeitnehmers im In- und Ausland vermieden oder wie der Sozialversicherungsschutz im Heimatland aufrecht erhalten werden kann, wenn eine unselbständige Erwerbstätigkeit im Ausland ausgeübt wird. Gegenstand dieser Arbeit ist, diesen vielseitigen Themenbereich darzustellen.

Die vorliegende Arbeit besteht aus drei Teilen. In Teil I gebe ich zunächst eine Einführung in das Thema. Ich erläutere, was unter einer Arbeitnehmerentsendung zu verstehen ist und welche Ziele Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit einer Entsendung verbinden. In Teil II werde ich die einkommensteuerrechtlichen Aspekte einer Arbeitnehmerentsendung in die Schweiz behandeln. Zunächst werde ich auf die Grundzüge des deutschen und des schweizerischen Einkommensteuerrechts eingehen. Im Mittelpunkt von Teil II stehen die Entstehung und die Vermeidung von Doppelbesteuerungsproblemen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

In Teil III befasse ich mich mit den sozialversicherungsrechtlichen Aspekten einer Arbeitnehmerentsendung in die Schweiz. Ausgangspunkt für diesen Themenbereich sind die Grundzüge des deutschen und des schweizerischen Sozialversicherungsrechts. Anschließend gehe ich auf Sozialversicherungsabkommen insbesondere die EWG-Verordnung 1408/71 und das deutsch-schweizerische Abkommen über Soziale Sicherheit ein.

2. Der Begriff der Entsendung

Der Begriff „Entsendung“, im Fachjargon auch als „Expatriation“ bezeichnet,[1] hat seinen Ursprung im deutschen Sozialversicherungsrecht. Danach beinhaltet eine Entsendung die weisungsgemäße Aufnahme einer Tätigkeit in einem anderen Land als der Bundesrepublik Deutschland für einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses.[2] Eine Entsendung kann nicht nur von der Bundesrepublik Deutschland ins Ausland erfolgen. Auch Arbeitnehmer aus dem Ausland können von ihren ausländischen Arbeitgebern nach Deutschland entsandt werden.[3]

In der Regel handelt es sich bei einer Entsendung um eine zeitlich befristete Tätigkeit.[4] Die zeitliche Befristung kann sich einerseits aus der Eigenart der Beschäftigung ergeben, wenn ein bestimmtes Projekt fertig gestellt werden muss. Andererseits kann die zeitliche Befristung aber auch vertraglich vereinbart werden entweder im Arbeitsvertrag oder in einer zusätzlichen Vereinbarung über den Auslandseinsatz. Eine bestimmte feste Zeitgrenze gilt für den Umfang der Befristung nicht. Der Zeitraum muss lediglich überschaubar sein.[5] Eine Entsendung liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer bereits im Ausland lebt und dort von einem deutschen Unternehmen für eine dort ausgeübte Tätigkeit eingestellt wird.[6]

In der vorliegenden Arbeit werden die einkommensteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte einer Arbeitnehmerentsendung dargestellt. Entsandt werden können sowohl Arbeitnehmer als auch Führungskräfte. Allerdings macht es aus rechtlicher Sicht einen erheblichen Unterschied, ob eine Führungskraft oder ein Arbeitnehmer entsandt wird, da die anzuwendenden Normen bezüglich des Inhalts des Beschäftigungsverhältnisses sehr unterschiedlich sind.[7]

2.1 Arbeitgeber-Ziele einer Entsendung

Die Ziele einer Entsendung können für Arbeitgeber sehr vielseitig sein. Häufig werden mit entsandten Arbeitnehmern (Expatriates) nicht besetzte Stellen im Ausland besetzt, da lokales Personal nicht verfügbar ist oder aber das verfügbare Personal im Ausland einen zu geringen Ausbildungsgrad aufweist. Diese Situation ist vor allem in weniger gut entwickelten Ländern anzutreffen.[8]

Bei der Gründung einer Niederlassung im Ausland kann es für einen Arbeitgeber notwendig sein, einen Mitarbeiter aus dem Inland vor Ort im Ausland zu beschäftigen, um die lokalen Kräfte in die unternehmensspezifischen Arbeitsabläufe und Handlungsweisen einzuführen. Darüber hinaus geht es beim grenzüberschreitenden Personaleinsatz häufig auch darum, das Know-how der Heimatgesellschaft und ihrer Arbeitnehmer in die ausländische Gesellschaft zu transferieren. Dazu zählen die Einweisung der lokalen Arbeitnehmer in bestimmte Herstellungsmethoden, um vorgegebene Qualitätsstandards sicherzustellen sowie die Einweisung in die Bedienung komplizierter technischer Anlagen.[9] Ziel ist, dass die Arbeitnehmer im Ausland den entsandten Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Entsendung vollwertig ersetzen können.[10]

Weitere Gründe für einen Auslandseinsatz sind die Durchsetzung einer im Inland bewährten Unternehmenspolitik, Vermittlung der Unternehmensphilosophie des Mutterunternehmens und der im Heimatland geltenden Güterkriterien sowie die Sicherung der Unternehmensinteressen vor Ort.[11]

2.2 Arbeitnehmer-Ziele einer Entsendung

Arbeitnehmer verbinden ebenfalls mehrere individuelle Ziele mit einer Auslandsentsendung. Einerseits reizt sie häufig die Aussicht auf mehr Verantwortung und selbständigere Arbeit im Ausland. Andererseits wollen sie ihre Qualifikationen wie Fremdsprachenkenntnisse, Führungsfähigkeiten oder soziale Kompetenzen verbessern. Oftmals spekulieren Arbeitnehmer auch darauf, ihre beruflichen Aufstiegschancen innerhalb des Unternehmens zu erhöhen. Ein höherer Verdienst, ein höherer gesellschaftlicher Status im Gastland, die Gelegenheit zum temporären Leben im Ausland oder die Erweiterung des persönlichen Horizonts können weitere Arbeitnehmer-Ziele einer Entsendung sein.[12]

II. Die einkommensteuerrechtlichen Aspekte einer Entsendung

In Teil II der vorliegenden Arbeit werden die einkommensteuerrechtlichen Aspekte einer Arbeitnehmerentsendung behandelt. Ausgangspunkt für eine internationale Doppelbesteuerung ist die Besteuerung nach innerstaatlichem Recht. Aus diesem Grund werden zunächst die Grundzüge des deutschen und des schweizerischen Einkommensteuerrechts dargestellt. Daran anschließend wird auf Doppelbesteuerungsprobleme bei Einkünften aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit eingegangen.

1. Grundzüge des deutschen Einkommensteuerrechts

Ursache für eine internationale Doppelbesteuerung ist die gleichzeitige Steuerpflicht in mehreren Staaten. Daher werden in Punkt 1.1 und 1.2 die unbeschränkte und die beschränkte Steuerpflicht nach deutschem Einkommensteuerrecht erläutert. Neben der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht gibt es im deutschen Einkommensteuerrecht noch Sonderformen der Steuerpflicht: die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 2 EStG, die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 3 EStG und die erweiterte beschränkte Steuerpflicht gem. § 2 AStG.[13]

Erweitert unbeschränkt steuerpflichtig sind deutsche Staatsangehörige, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen.[14] Gemäß § 1 Abs. 3 EStG werden auf Antrag natürliche Personen als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben. Allerdings nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 v. H. der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte weniger als 6.136 € im Kalenderjahr betragen. Erweitert beschränkt steuerpflichtig sind unter bestimmten Voraussetzungen natürliche Personen, die in einem Niedrigsteuerland ansässig sind und wesentliche wirtschaftliche Interessen im Geltungsbereich des deutschen Einkommensteuergesetzes haben.[15]

1.1 Die unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 EStG

Nach § 1 Abs. 1 EStG sind natürliche Personen, die einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, in Deutschland unbeschränkt einkommen-steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche inländischen und ausländischen Einkünfte soweit für bestimmte Einkünfte keine abweichenden Regeln, etwa in Doppelbesteuerungsabkommen oder anderen zwischenstaatlichen Vereinbarungen bestehen.[16] Die sich auf das gesamte in- und ausländische Einkommen und Vermögen erstreckende Steuerpflicht wird als Welteinkommensprinzip bezeichnet. Arbeitnehmer, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und bei denen die Entsendung daran nichts ändert, bleiben mit ihrem gesamten Welteinkommen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig[17] und zwar unabhängig davon, wo das Einkommen in der Welt erwirtschaftet wurde.[18]

Unter die unbeschränkte Steuerpflicht fällt somit grundsätzlich auch der Arbeitslohn, den ein Arbeitnehmer von seinem deutschen oder schweizerischen Arbeitgeber für eine Tätigkeit bezieht, die in der Schweiz ausgeübt wurde.[19] Bei einer unbeschränkten Steuerpflicht in mehreren Staaten droht eine Mehrfachbesteuerung aller Einkünfte eines Arbeitnehmers.[20]

1.1.1 Wohnsitz

Die unbeschränkte Steuerpflicht wird durch einen Wohnsitz in Deutschland begründet. Einen Wohnsitz hat nach § 8 AO jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob ein Wohnsitz im Sinne des § 8 AO vorliegt, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei kommt es auf die tatsächliche Gestaltung der äußeren Verhältnisse an.[21] Die bloße Absicht des Steuerpflichtigen, einen Wohnsitz zu begründen oder aufzugeben, hat keine unmittelbare steuerliche Wirkung.[22] Mit einer Wohnung sind Wohnräume gemeint, die objektiv zum Wohnen geeignet sind. Eine bescheidene Bleibe wird prinzipiell als ausreichend angesehen.[23] Ein verheirateter Steuerpflichtiger, der nicht dauernd getrennt lebt, hat seinen Wohnsitz grundsätzlich dort, wo sich seine Familie aufhält, auch wenn er selbst gelegentlich woanders übernachtet.[24] Für eine Wohnsitzbegründung nach § 8 AO ist es nicht erforderlich, dass es sich um die einzige Wohnung oder den einzigen Wohnsitz des Steuerpflichtigen handelt.[25] Der Steuerpflichtige kann durchaus auch mehrere Wohnsitze haben und auch Wohnsitze in verschiedenen Staaten. Wer einen Wohnsitz im Ausland begründet und seine Wohnung in Deutschland beibehält, hat auch in Deutschland einen Wohnsitz im Sinne des § 8 AO.[26]

Es ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige die Wohnung innehat. Das bedeutet, er muss tatsächlich über sie verfügen können und darf sie nicht nur vorübergehend als Bleibe benutzen.[27] Als ausreichend gilt, wenn die Wohnung über mehrere Jahre hinweg jährlich regelmäßig zweimal zu bestimmten Zeiten über einige Wochen benutzt wird.[28] Wer von vornherein eine Wohnung mit der Absicht nimmt, sie nur vorübergehend, das heißt weniger als sechs Monate, beizubehalten und zu benutzen, begründet damit keinen Wohnsitz.[29] Ein Wohnsitz im Sinne des § 8 AO besteht nicht mehr, wenn die inländische Wohnung aufgegeben wird. Wie etwa bei Kündigung und Auflösung einer Mietwohnung.[30]

1.1.2 Gewöhnlicher Aufenthalt

Neben dem Wohnsitz begründet auch der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland die unbeschränkte Steuerpflicht. Solange eine natürliche Person über einen inländischen Wohnsitz verfügt, ist es unerheblich, wo sich ihr gewöhnlicher Aufenthalt befindet. Erst wenn kein inländischer Wohnsitz mehr besteht, kann der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland eine unbeschränkte Steuerpflicht begründen.[31]

Nach § 9 Satz 1 AO hat jemand dort den gewöhnlichen Aufenthalt, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen, wobei kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben.[32] Für die Beurteilung, wo ein gewöhnlicher Aufenthalt anzunehmen ist, sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend.[33] Dabei muss beachtet werden, dass eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt an nur einem Ort haben kann.[34] Grenzgänger haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt grundsätzlich in ihrem Wohnsitzstaat.[35]

Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland ist aufgegeben, wenn der Steuerpflichtige zusammenhängend mehr als sechs Monate im Ausland lebt, es sei denn besondere Umstände lassen darauf schließen, dass die Beziehung zum Inland bestehen bleibt.[36] Dabei ist entscheidend, ob der Steuerpflichtige den persönlichen und geschäftlichen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt hat und ob er seinen Willen, nach Deutschland zurückzukehren, endgültig aufgegeben hat.[37] Beurteilungskriterien können die familiären, beruflichen und gesellschaftlichen Bindungen sein.[38] Hält sich ein Steuerpflichtiger zusammenhängend länger als ein Jahr im Ausland auf, ist grundsätzlich eine Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland anzunehmen.[39]

1.2 Die beschränkte Steuerpflicht nach § 4 EStG

Neben der unbeschränkten Steuerpflicht gibt es im deutschem Einkommen-steuerrecht eine beschränkte Steuerpflicht. Die Steuerpflicht ist insoweit beschränkt als insbesondere der sachliche Umfang der Einkünfte begrenzt ist, die der deutschen Besteuerung unterliegen.[40]

Gemäß § 1 Abs. 4 EStG sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, in Deutschland beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht wird nicht auf das gesamte Welteinkommen abgestellt, sondern nur auf die in Deutschland erzielten Einkünfte gem. § 49 EStG. Die Besteuerung bei beschränkter Steuerpflicht erfolgt auf Grundlage des Quellen- oder Territorialitätsprinzips.[41] Zu den in § 49 EStG abschließend[42] aufgezählten inländischen Einkünften gehören etwa gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a) EStG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 EStG, wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Die in § 49 EStG genannten Einkunftsarten sind grundsätzlich identisch mit den Einkunftsarten im Sinne des § 2 EStG. Im Falle der beschränkten Steuerpflicht muss aber ein in § 49 EStG genau beschriebener Bezug zum Inland vorliegen.[43]

Das deutsche Besteuerungsrecht für die in Deutschland erzielten Einkünfte gem. § 49 EStG kann durch die Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt werden. Sind die DBA-Voraussetzungen für die deutsche Besteuerungshoheit nicht erfüllt, bleibt das Besteuerungsrecht beim ausländischen Wohnsitzstaat.[44]

Die beschränkte Steuerpflicht ist für einen Arbeitnehmer insofern vorteilhaft, als nicht mehr das Welteinkommensprinzip gilt, und er mit den im Ausland erzielten Einkünften im Inland nicht steuerpflichtig ist. Die ausländischen Einkünfte unterliegen in der Regel im Quellenstaat einer Besteuerung. Die Nichterfassung der ausländischen Einkünfte kann unter Umständen wegen des in Deutschland progressiv gestalteten Steuersatzes zu einer erheblich geringeren steuerlichen Belastung führen. Zunichte gemacht wird dieser Vorteil allerdings dadurch, dass viele steuerlich günstige Vorschriften, die an die unbeschränkte Steuerpflicht geknüpft sind,[45] auf beschränkt Steuerpflichtige nicht anwendbar sind.[46] Die persönlichen Verhältnisse einer beschränkt steuerpflichtigen Person werden in der Veranlagung nicht, oder nur in begrenztem Umfang berücksichtigt. Mit der Folge, dass Abzüge, die bei der unbeschränkten Steuerpflicht aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zulässig sind, im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt werden können.[47] So wird etwa der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG bei beschränkter Steuerpflicht nicht gewährt.[48]

2. Grundzüge des schweizerischen Einkommensteuerrechts

In diesem Abschnitt wird in Grundzügen das schweizerische Einkommensteuerrecht für natürliche Personen dargestellt. Die Schweiz ist ein Bundesstaat bestehend aus 26 Kantonen und rund 2.900 Gemeinden.[49] Zunächst wird in Punkt 2.1 erläutert, wie in der Schweiz die Steuerhoheit unter dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden aufgeteilt ist. Anschließend wird in Punkt 2.2 ein Überblick darüber gegeben, unter welchen Voraussetzungen eine natürliche Person in der Schweiz einkommensteuerpflichtig ist. Die Ausführungen zur Steuerpflicht erfolgen auf Grundlage des schweizerischen Bundesrechts.

2.1 Steuerhoheit

Steuern können nur solche Gemeinwesen erheben, die Steuerhoheit besitzen.[50] Steuerhoheit bedeutet, dass ein Gemeinwesen die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat Steuern zu erheben.[51] Die Steuerhoheit wird den Gemeinwesen durch die Rechtsordnung eines Staates eingeräumt. In der Regel handelt es sich bei den Steuerhoheitsträgern um öffentlich-rechtliche Körperschaften, die Gebietshoheit haben. Das heißt, sie dürfen verbindliche Weisungen für alle auf ihrem Gebiet befindlichen Personen erlassen[52] und somit die der Gebietshoheit unterstehenden Personen zur Steuer heranziehen.[53] Die Steuerhoheit umfasst die Kompetenz zur Gesetzgebung, die Kompetenz zur Einziehung der Steuern sowie die Kompetenz zur Verwendung der Steuererträge.[54]

Viele Staaten weisen mehr als einen Hoheitsträger auf. Neben dem Staat können unter Umständen auch Bezirke, Kreise, Kantone oder Gemeinden die Steuerhoheit besitzen. So steht in einem Bundesstaat die Steuerhoheit in der Regel nicht nur dem Bund, sondern auch den Gliedstaaten zu.[55] Hauptmerkmal des schweizerischen Steuersystems ist die Aufteilung der Steuerhoheit auf drei Gebietskörperschaften: auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden. Diese drei Hoheitsträger erheben teils unterschiedliche und teils gleichartige Steuern.[56] Das Recht der einzelnen Gemeinwesen, Steuern zu erheben, ist verfassungsmäßig beschränkt. Die Bundesverfassung der Schweiz spricht dem Bund das Recht zur Erhebung bestimmter Steuern zu. Den Kantonen dagegen spricht sie dieses Recht ab.[57] In der Regel ist die Ertragshoheit, also die hoheitliche Befugnis zur Verfügung über einen Steuerertrag, maßgebend für die Zuweisung der Steuern an ein Gemeinwesen. Daher werden die dem Bund zufließenden Steuern als „Bundessteuern“ und die den Kantonen oder Gemeinden zufließenden Steuern als „Staatssteuern“ oder „Gemeindesteuern“ bezeichnet.[58]

2.1.1 Steuerhoheit des Bundes

Die Steuerhoheit muss dem Bund ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft übertragen werden. Gemäß Art. 42 Abs. 1 BV erfüllt der Bund die Aufgaben, die ihm die Bundesverfassung zuweist. Die Übertragung der Steuerhoheit geschieht mit Bezug auf einzelne Steuerarten. Somit darf der Bund eine bestimmte Steuer nur erheben, wenn sie ihm durch eine Verfassungsvorschrift zugeteilt wird.[59]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Bundessteuern

(in Anlehnung an: Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 17)

Die Besteuerungsbefugnisse des Bundes sind limitiert entweder durch Eingrenzung der Steuerobjekte, durch Höchststeuersätze oder durch eine zeitliche Befristung der Erhebung. Tabelle 1 gibt einen Überblick darüber, welche Besteuerungsbefugnisse dem Bund eingeräumt werden. Die Besteuerungsbefugnisse sind abschließend in der schweizerischen Bundesverfassung aufgelistet.[60]

Die wichtigsten und aufkommensstärksten Steuern sind die direkte Bundessteuer und die Mehrwertsteuer. Die Befugnis des Bundes zur Erhebung der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer ist bis Ende 2006 befristet.[61]

2.1.2 Steuerhoheit der Kantone und Gemeinden

Nach Art. 3 BV sind die Kantone der Schweiz insoweit souverän, wie ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist. Die Kantone üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind. Bezogen auf die Erhebung von Steuern bedeutet dies, dass die Kantone und Gemeinden dazu befugt sind, jene Steuern zu erheben, die nicht aufgrund der Verfassung dem Bund vorbehalten sind. Dabei ist die Kompetenzabgrenzung von Kanton zu Kanton verschieden.[62] Die kantonale Steuerhoheit erstreckt sich in räumlicher Hinsicht auf das Gebiet des Kantons und erfasst alle Personen und Gemeinden, die damit im Sinne der Gebietshoheit in Berührung kommen.[63]

Zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben schafft das kantonale Recht Gemeinden und stattet diese mit bestimmten Rechten und Kompetenzen aus. Die Steuerhoheit muss einer Gemeinde von ihrem Kanton ausdrücklich verliehen werden.[64] Hat eine Gemeinde die Steuerhoheit, darf sie nur im Rahmen der ihr von ihrem Kanton ausdrücklich erteilten Ermächtigung Steuern erheben.[65] Die Gemeinden sind befugt, entweder nach eigenem Ermessen Gemeindesteuern zu erheben oder im Rahmen der kantonalen Grundtarife bzw. der geschuldeten Kantonssteuer Zuschläge zu beschließen.[66]

In Kantonen, die verschiedene Gemeindearten nebeneinander kennen (z. B. Einwohner- und Schulgemeinden), kann es vorkommen, dass einigen Gemeinden die Steuerhoheit erteilt wird und einigen nicht. Die Steuerhoheit der Gemeinden unterliegt den gleichen bundesrechtlichen Beschränkungen wie die kantonale Steuerhoheit.[67]

Die verfassungsmäßige Steuerhoheit des Bundes schränkt die Steuerhoheit der Kantone ein. Nach Art. 134 BV dürfen Kantone und Gemeinden nicht das mit gleichartigen Steuern belasten, was die Bundesgesetzgebung als Gegenstand der Mehrwertsteuer, der besonderen Verbrauchssteuern, der Stempelsteuer und der Verrechnungssteuer bezeichnet oder für steuerfrei erklärt. Das bedeutet, dass die erwähnten Steuerobjekte, sowie Steuerobjekte, die dem Bund zwar grundsätzlich zur Besteuerung zustehen, die er aber aufgrund spezieller Vorschriften für steuerfrei erklärt, nicht mit vergleichbaren kantonalen oder kommunalen Steuern belastet werden dürfen.[68] Dagegen bestehen im Bereich der Einkommen- und Vermögenssteuern sowie der Gewinn- und Kapitalsteuern parallele Besteuerungskompetenzen. Das heißt, der Bund, die Kantone und die Gemeinden dürfen dieselben Objekte gleichermaßen einer Besteuerung unterwerfen.[69] In den folgenden Tabellen werden die Staats- und Gemeindesteuern aufgelistet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Direkte Staats- und Gemeindesteuern

(in Anlehnung an: Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 18)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Besitzes- und Aufwandsteuern der Kantone und Gemeinden

(in Anlehnung an: Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 18)

Die Kantone und Gemeinden erheben mehrheitlich die gleichen Steuern. Die wichtigsten Steuereinnahmequellen sind die von den natürlichen Personen erhobenen kantonalen und kommunalen Einkommen- und Vermögenssteuern sowie die von den juristischen Personen erhobenen Gewinn- und Kapitalsteuern.[70] Die Gemeinden erheben die Steuern im Allgemeinen als Zuschläge zur kantonalen Steuer.[71]

Jeder der 26 Kantone hat sein eigenes Steuergesetz und belastet Einkommen, Vermögen, Erbschaften, Kapital- und Grundstückgewinne sowie andere Steuerobjekte höchst unterschiedlich.[72] Die Freiheit der Kantone in der Ausgestaltung ihrer Steuerhoheit hat zur Folge, dass sich die Steuergesetzgebung zwischen den einzelnen Kantonen unterscheidet[73] und die verschiedenen kantonalen Steuersätze teilweise zu großen Unterschieden in der Steuerbelastung führen.[74]

Um wenigstens bei den direkten Steuern eine Angleichung der kantonalen Steuergesetzgebung zu erzielen, hat der Bund das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz) erlassen.[75] Laut Art. 129 Abs. 1 BV ist der Bund befugt Grundsätze über die Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden festzulegen. Die Harmonisierung erstreckt sich auf die Steuerpflicht, den Gegenstand der Steuern, die zeitliche Bemessung der Steuern, auf das Verfahrensrecht sowie auf das Steuerstrafrecht.[76] Von seiner Befugnis hat der Bund mit dem Erlass des Steuerharmonisierungsgesetzes Gebrauch gemacht.[77] Das Gesetz trat am 1. Januar 1993 in Kraft und ist nach Ablauf einer achtjährigen Anpassungsfrist seit 1. Januar 2001 voll wirksam.[78] Seit Ablauf dieser Frist findet das Bundesrecht direkt Anwendung, sollte ihm das kantonale Steuerrecht widersprechen.[79]

Mit Hilfe dieses Gesetzes soll die horizontale Harmonisierung der kantonalen Steuern untereinander und die vertikale Harmonisierung der Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden verwirklicht werden.[80] Es bestimmt die von den Kantonen zu erhebenden Steuern und legt die Grundsätze fest, nach denen die kantonale Gesetzgebung zu gestalten ist.[81] Von der Harmonisierung ausgenommen bleiben die Steuertarife, die Steuersätze und die Steuerfreibeträge.[82] Diese können die Kantone selbst festlegen.[83] Allgemeine Schranken der Steuererhebung ergeben sich aus den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grund- und Freiheitsrechten (Rechtsgleichheit, Wirtschaftsfreiheit, Eigentumsgarantie)[84] und dem Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung gem. Art. 127 Abs. 3 BV.[85]

2.2 Einkommensteuerpflicht

Das Schweizer Einkommensteuerrecht unterscheidet zwei Arten der Steuerpflicht. Die unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit und die beschränkte Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit.[86] Sonderformen der Steuerpflicht kennt das schweizerische Einkommensteuerrecht nicht.[87] Der schweizerischen Einkommensteuer unterliegen nur natürliche Personen.[88] Im folgenden Abschnitt wird erläutert unter welchen Voraussetzungen eine natürliche Person in der Schweiz unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig ist.

2.2.1 Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit

Zur Begründung einer Steuerpflicht in der Schweiz aufgrund persönlicher Zugehörigkeit müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Gemäß Art. 3 Abs. 1 DBG sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit in der Schweiz steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben.

Bei persönlicher Zugehörigkeit ist die Steuerpflicht unbeschränkt[89] und umfasst insoweit Inlands- und Auslandseinkünfte wie es sich nicht um Einkünfte aus im Ausland belegenen Geschäftsbetrieben, Betriebsstätten oder Grundstücken handelt.[90] Die natürlichen Personen, die nur für einen Teil ihres Einkommens in der Schweiz steuerpflichtig sind, entrichten die Steuer für die in der Schweiz steuerbaren Werte nach dem Steuersatz, der ihrem weltweiten Einkommen entspricht.[91] Das heißt, Einkünfte aus im Ausland belegenen Geschäftsbetrieben, Betriebsstätten oder Grundstücken müssen im Rahmen eines Progressionsvorbehalts bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt werden.[92]

2.2.1.1 Steuerrechtlicher Wohnsitz

Einen steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz hat eine Person, wenn sie sich dort mit der Absicht des dauernden Verbleibens aufhält oder wenn das Bundesrecht dieser Person einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz zuweist.[93]

Die Absicht des dauernden Verbleibens an diesem Ort ist durch Schlussfolgerung aus den bestehenden tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Person zu ermitteln. Aus diesen Schlussfolgerungen muss sich ergeben, dass der betreffende Ort den Mittelpunkt der Lebensbeziehung einer Person bildet.[94] Der Mittelpunkt der Lebensbeziehung einer Person, ist der Mittelpunkt seiner persönlichen und wirtschaftlichen Interessen. Im Allgemeinen ist der Mittelpunkt der persönlichen Interessen dort, wo sich die Familie des Steuerpflichtigen befindet. Mit dem Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen ist der Arbeitsort gemeint. Stimmt der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen einer Person nicht mit dem Mittelpunkt der persönlichen Interessen überein, so hat in der Regel der Mittelpunkt der persönlichen Interessen Vorrang.[95]

Charakteristisch für das schweizerische Steuerrecht ist, dass niemand an mehreren Orten gleichzeitig einen Wohnsitz haben kann.[96] Existieren mehrere Orte, die je für sich allein geeignet sind, die Voraussetzungen einer Wohnsitzbegründung zu erfüllen, so gilt der Ort als steuerrechtlicher Wohnsitz, zu dem der Steuerpflichtige die stärksten Beziehungen hat.[97]

2.2.1.2 Steuerrechtlicher Aufenthalt

Neben dem steuerrechtlichen Wohnsitz kann auch der steuerrechtliche Aufenthalt eine unbeschränkte Steuerpflicht begründen. Allerdings kommt dem Ort des steuerrechtlichen Aufenthalts in der Regel neben dem Wohnsitz nur subsidiäre Bedeutung zu.[98] Einen steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz hat eine Person, wenn sie sich dort ungeachtet vorübergehender Unterbrechung

- während mindestens 30 Tage aufhält und eine Erwerbstätigkeit ausübt oder
- wenn sie sich dort ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit während mindestens 90 Tage aufhält.[99]

Mit einer vorübergehenden Unterbrechung sind kurze Auslandsaufenthalte gemeint, die nicht den Zusammenhang der Aufenthaltsdauer in der Schweiz unterbrechen. Wenn die zeitlichen Bedingungen erfüllt sind, wird eine unbeschränkte Steuerpflicht vom ersten physisch in der Schweiz verbrachten Aufenthaltstag an begründet.[100]

Eine Person, die ihren Wohnsitz im Ausland hat und sich in der Schweiz lediglich zum Besuch einer Lehranstalt oder zur Pflege in einer Heilstätte aufhält, begründet keinen steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt,[101] somit ist diese Person auch nicht in der Schweiz steuerpflichtig.[102]

2.2.1.3 Unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund der Heimatzugehörigkeit

Für Auslandsbeamte sowie deren in ungetrennter Ehe lebende[103] Ehegatten und Kinder[104] ergibt sich die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht[105] ausnahmsweise aus der Heimatzugehörigkeit zur Schweiz.[106] Gemäß Art. 3 Abs. 5 DBG i. V. m Art. 6 Abs. 4 DBG sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit am Heimatort steuerpflichtig, wenn sie im Ausland wohnen und dort mit Rücksicht auf ein Arbeitsverhältnis zum Bund oder zu einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt der Schweiz aufgrund völkerrechtlicher Verträge von den Einkommensteuern ganz oder teilweise befreit sind. Ist der Steuerpflichtige an mehreren Orten heimatberechtigt, so ergibt sich die Steuerpflicht nach dem Bürgerrecht, das er zuletzt erworben hat. Hat er das Schweizer Bürgerrecht nicht, ist er am Wohnsitz oder am Sitz des Arbeitgebers steuerpflichtig.[107]

2.2.2 Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit

Natürliche Personen, die keinen steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben, können eine Steuerpflicht in der Schweiz aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit begründen. Die wirtschaftliche Zugehörigkeit einer natürlichen Person zu einem Gemeinwesen liegt dann vor, wenn sie mit bestimmten wirtschaftlichen Interessen der Gebietshoheit unterworfen ist.[108]

Eine natürliche Person ist aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit in der Schweiz steuerpflichtig, wenn sie:

- Inhaber, Teilhaber oder Nutznießer von Geschäftsbetrieben in der Schweiz ist,
- in der Schweiz Betriebsstätten unterhält,
- an Grundstücken in der Schweiz Eigentum, dingliche oder diesen wirtschaftlich gleichkommende persönliche Nutzungsrechte hat,
- in der Schweiz gelegene Grundstücke vermittelt oder damit handelt,[109]
- als Mitglied der Verwaltung oder Geschäftsführung von juristischen Personen mit Sitz oder Betriebsstätte in der Schweiz Tantiemen [...] oder ähnliche Vergütungen bezieht,
- Gläubiger oder Nutznießer von Forderungen ist, die durch Grund- oder Faustpfand auf Grundstücken in der Schweiz gesichert sind,
- Pensionen, Ruhegehälter oder andere Leistungen erhält, die aufgrund eines früheren öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisses von einem Arbeitgeber oder einer Vorsorgeeinrichtung mit Sitz in der Schweiz ausgerichtet werden,
- Leistungen aus schweizerischen privatrechtlichen Einrichtungen der beruflichen Vorsorge oder aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge erhält, oder wenn sie
- für Arbeit im internationalen Verkehr an Bord eines Schiffes oder eines Luftfahrzeuges oder bei einem Transport auf der Straße Lohn oder andere Vergütungen von einem Arbeitgeber mit Sitz oder Betriebsstätte in der Schweiz erhält.[110]

Die wichtigste Voraussetzung für die wirtschaftliche Zugehörigkeit vor dem Hintergrund einer Arbeitnehmerentsendung in die Schweiz ist Art. 5 Abs. 1 Buchst. a. DBG. Danach sind natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben. Die Steuer wird in diesem Fall in der Regel an der Quelle erhoben.[111]

Bei wirtschaftlicher Zugehörigkeit beschränkt sich die Steuerpflicht auf die Teile des Einkommens, für die nach Art. 4 und 5 DBG eine Steuerpflicht in der Schweiz besteht. Dabei ist mindestens das in der Schweiz erzielte Einkommen zu versteuern.[112] Die Steuersatzermittlung erfolgt unter Progressionsvorbehalt. Das heißt, zur Steuersatzermittlung müssen die weltweiten Einkünfte herangezogen werden.[113]

Die Besteuerungsansprüche der Schweiz werden durch die von der Schweiz mit anderen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen teilweise eingeschränkt. Soweit das nicht der Fall ist, verpflichten die Abkommen den Partnerstaat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.[114]

2.2.3 Quellenbesteuerung bei beschränkter Steuerpflicht

Während in Deutschland die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG grundsätzlich dem Quellensteuerabzug unterliegen, wird in der Schweiz nur bei bestimmten Personengruppen vom Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit eine Quellensteuer erhoben.[115] Dazu gehören insbesondere natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz, die für kurze Dauer oder als Grenzgänger oder Wochenaufenthalter in unselbständiger Stellung in der Schweiz erwerbstätig sind.[116] Die Quellensteuer umfasst sowohl die Kantons- und Gemeindesteuer als auch die direkte Bundessteuer.[117]

Die Quellensteuer wird von den Bruttoeinkünften berechnet und erstreckt sich auf alle Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Nebeneinkünfte und Naturalleistungen, sowie auf die Ersatzeinkünfte.[118] Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die vom Arbeitnehmer geschuldete Quellensteuer vom Bruttoeinkommen zurückzubehalten oder sie bei Naturalleistungen und Trinkgeldern vom Arbeitnehmer einzufordern.[119] Des weiteren muss der Arbeitgeber die Steuer periodisch (monatlich, vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich)[120] bei der zuständigen Steuerbehörde abliefern.[121] Für diese Leistung erhält er eine Bezugsprovision.[122] Die Einkommensteuer von Kantonen und Gemeinden sowie die direkte Bundessteuer gelten damit als abgegolten.[123]

2.2.4 Beginn und Ende der Steuerpflicht

Die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit beginnt grundsätzlich mit der Geburt oder der Erlangung der Volljährigkeit.[124] Darüber hinaus beginnt sie mit dem Tag, an dem der Steuerpflichtige in der Schweiz einen steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt nimmt.[125] Die Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit beginnt mit der Begründung einer steuerrechtlich relevanten Beziehung, also mit dem Bezug bestimmter Leistungen[126] oder dem Erwerb steuerbarer Werte.[127] Die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit endet mit dem Tod oder dem Wegzug des Steuerpflichtigen aus der Schweiz. Die Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit endet mit dem Wegfall der in der Schweiz steuerbaren Werte[128] oder mit dem Wegfall der Bezüge aus den steuerbaren Werten.[129]

3. Das Problem der Doppelbesteuerung

In diesem Teil der Arbeit wird auf Doppelbesteuerungsprobleme im Rahmen einer Arbeitnehmerentsendung eingegangen. Zunächst wird erläutert, was eine internationale Doppelbesteuerung ist und wie internationale Doppelbesteuerungen im Rahmen einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmertätigkeit entstehen. Darüber hinaus wird in Punkt 3.2 auch ansatzweise die Entstehung einer interkantonalen Doppelbesteuerung beschrieben. Daran anschließend erfolgt eine Darstellung der Methoden mit deren Hilfe internationale Doppelbesteuerungen verhindert werden können. Dabei muss zwischen unilateralen und bilateralen Methoden zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung unterschieden werden.

3.1 Das Zustandekommen von internationalen Doppelbesteuerungen

Es gibt zahlreiche Versuche, den Begriff der internationalen Doppelbesteuerung zu definieren. Eine einheitliche Definition des Begriffs Doppelbesteuerung existiert bislang jedoch nicht.[130] Im Allgemeinen versteht man unter einer internationalen Doppelbesteuerung, dass der gleiche Steuerpflichtige wegen des gleichen Steuertatbestandes für den gleichen Zeitraum eine gleichartige Steuer an mehrere verschiedene Staaten entrichten muss. Sie kommt insbesondere dadurch zustande, dass Staaten nach ihrem nationalen Steuerrecht neben inländischen Wirtschaftsvorgängen und Vermögenswerten nach dem Quellenprinzip auch im Ausland geschehende Wirtschaftsvorgänge und gegebenenfalls im Ausland liegende Vermögenswerte besteuern, falls deren Ergebnisse einer inländischen natürlichen oder juristischen Person zugute kommen (Wohnsitzprinzip).[131] Die Problematik der Doppelbesteuerung resultiert somit vor allem aus dem Welteinkommensprinzip. Nahezu jeder Staat besteuert neben inländischen Wirtschaftsvorgängen auch ausländische, vorausgesetzt die daraus resultierenden Einkünfte fließen einer in ihrem Staatsgebiet ansässigen Person zu.[132] Eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Person wird in Deutschland mit ihrem Welteinkommen erfasst. Gleichzeitig wird auch der ausländische Staat nach dem Prinzip der Quellenbesteuerung nicht auf die Besteuerung von Einkünften dieser Person verzichten.[133]

Geht man von konzeptionell übereinstimmenden Steuersystemen aus, dann lassen sich Doppelbesteuerungen im internationalen Verhältnis im wesentlichen auf die Kumulation von Steuerpflichten zurückführen.[134] Eine Doppelbesteuerung kommt dadurch zustande, dass sich die Besteuerungsansprüche von mindestens zwei Staaten überschneiden. Mit Hilfe der folgenden Tabelle wird gezeigt, wie durch eine Steuerpflicht in zwei Staaten Doppelbesteuerungen entstehen können.

Es werden drei verschiedene Fälle dargestellt. In jedem dieser Fälle wird davon ausgegangen, dass es sich um einen deutschen Arbeitnehmer handelt, der ausschließlich in der Schweiz unselbständig erwerbstätig ist. Durch Variation seines Wohnsitzstaates wird veranschaulicht, wie Doppelbesteuerungen entstehen können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Entstehung von Doppelbesteuerungen

(Quelle: Eigener Entwurf)

In Fall A und B kommt es zu einem Aufeinandertreffen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht. In Fall C besteht in zwei Staaten eine unbeschränkte Steuerpflicht.

Eine Konstellation wie in Fall A ist denkbar bei Grenzgängern. Die Person unterliegt in Deutschland einer unbeschränkten Steuerpflicht und somit wird ihr gesamtes Einkommen in Deutschland besteuert. Es ist unerheblich, ob das Einkommen im Ausland oder in Deutschland erzielt wurde. Da gleichzeitig für die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit in der Schweiz eine beschränkte Steuerpflicht im Quellenstaat besteht, kommt es zu einer doppelten Besteuerung dieser Einkünfte.

Fall B liegt vor, wenn ein in die Schweiz entsandter deutscher Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in Deutschland während der Entsendung aufgibt. Die Person ist aufgrund ihres Wohnsitzes in der Schweiz unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Das bedeutet, die Schweiz besteuert das gesamte Welteinkommen. Wohnsitzstaat und Tätigkeitsstaat stimmen in diesem Fall überein, so dass es nicht zu einer doppelten Besteuerung der Einkünfte aus der Tätigkeit in der Schweiz kommt. Dennoch kann auch in diesem Fall eine Doppelbesteuerung auftreten, sofern die Person inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG hat und dadurch in Deutschland beschränkt steuerpflichtig ist. Die betreffenden Einkünfte müssen zum einen in Deutschland besteuert werden, zum anderen werden diese Einkünfte auch von der Schweiz im Rahmen des Welteinkommensprinzips berücksichtigt.

In Fall C werden in zwei Staaten die Anknüpfungspunkte für die unbeschränkte Steuerpflicht verwirklicht.[135] Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Schweiz besteuern das Welteinkommen, somit wird das gesamte Einkommen eines Steuerpflichtigen von einer doppelten Besteuerung erfasst. Zu einem derartigen Sachverhalt kann es bei einem „Doppelwohnsitz“ kommen,[136] also wenn ein in die Schweiz entsandter Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in Deutschland während der Entsendung beibehält und einen zweiten Wohnsitz in der Schweiz begründet.

3.2 Interkantonale Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungen können nicht nur im internationalen Bereich entstehen, sondern auch im interkantonalen Bereich, wenn steuerrechtliche Sachverhalte mehrere Kantone der Schweiz gleichzeitig betreffen. Dabei kommt es häufig zu einer Überschneidung der kantonalen Steuerhoheiten, weil etwa die kantonalen Steuergesetze immer noch nicht vollständig aufeinander abgestimmt sind oder die kantonalen Steuergesetze zwar gleich lauten, aber nicht übereinstimmend ausgelegt werden.[137] Eine Kollision der Steuerhoheiten mehrerer Kantone wird als interkantonale Doppelbesteuerung bezeichnet.[138] Die interkantonale Doppelbesteuerung ist untersagt. Der Bund trifft die erforderlichen Maßnahmen, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern.[139]

Im Rahmen seiner Steuerharmonisierungskompetenz gem. Art. 129 BV kann der Bund auch Regelungen anordnen, die sich auf die Besteuerung im interkantonalen Verhältnis beziehen und Doppelbesteuerungen vermeiden. Zwar steht die Vermeidung der Doppelbesteuerung bei der Harmonisierung des kantonalen Steuerrechts nicht im Vordergrund, aber aufgrund der Harmonisierungskompetenz ist der Bund wenigstens befugt, den Kantonen Regeln vorzuschreiben, die interkantonale Kollisionen vermeiden.[140] Das StHG enthält Normen, die auf Steuerpflichtige mit Beziehungen zu mehreren Kantonen Bezug nehmen und die, die kantonale Steuerhoheiten gegeneinander abgrenzen.[141] Entscheidend aber ist, dass das StHG den Kantonen im Rahmen seiner Ge-staltungsfunktion teilweise Schranken im interkantonalen Verhältnis setzt.[142]

3.3 Unilaterale Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Unilaterale Maßnahmen sind autonome Maßnahmen des Wohnsitzstaates eines Steuerpflichtigen, die durch einseitigen Steuerverzicht dieses Staates eine Doppelbesteuerung vermeiden oder mildern. Im Mittelpunkt dieses Abschnitts steht die Vermeidung einer Doppelbesteuerung nach deutschem Einkommensteuerrecht.

3.3.1 Anrechnungsmethode

Erzielt ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland Einkünfte aus einer nichtselbständigen Arbeit in einem Staat, mit dem Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, stehen wie bereits oben erläutert, sowohl Deutschland aufgrund des aus der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht resultierenden Welteinkommensprinzips als auch dem ausländischen Staat angesichts des Quellenprinzips das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte zu. Es würde somit zu einer Doppelbesteuerung kommen. Das deutsche Einkommensteuerrecht beinhaltet Bestimmungen zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung. Entsprechende Bestimmungen sind in § 34c EStG verankert. Danach wird eine Doppelbesteuerung entweder durch Steueranrechnung oder -abzug vermieden.

Gemäß § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Diese Steueranrechnung erfolgt von Amts wegen.[143]

[...]


[1] Vgl. Fischlmayr (2004), S. 7.

[2] Vgl. Förster/Heidenreich/Heuser (2002), S. 3.

[3] Vgl. Höreth/Vogel (2001), S. 5.

[4] Vgl. Förster/Heidenreich/Heuser (2002), S. 3.

[5] Vgl. ebenda, S. 58.

[6] Vgl. ebenda, S. 55.

[7] Vgl. Förster/Heidenreich/Heuser (2002), S. 4.

[8] Vgl. Fischlmayr (2004), S. 25.

[9] Vgl. Hofmann/Nowak/Rohrbach (2002), S. 8.

[10] Vgl. Fischlmayr (2004), S. 25.

[11] Vgl. Blankenheim (2003), S. 1.

[12] Vgl. Höreth/Vogel (2001), S. 7.

[13] Vgl. Heinicke, in: Schmidt (2004), § 1 Rz. 2.

[14] Vgl. § 1 Abs. 2 EStG.

[15] Vgl. § 2 AStG.

[16] Vgl. H 1 EStR 2003.

[17] Vgl. Höreth/Vogel (2001), S. 83.

[18] Vgl. ebenda, S. 86.

[19] Vgl. ebenda, S. 83.

[20] Vgl. Hofmann/Nowak/Rohrbach (2002), S.131.

[21] Vgl. BFH-Urteil v. 10.11.1978 – VI R 127/76 – BStBl. 1979 II S. 335.

[22] Vgl. BFH-Urteil v. 14.11.1969 – III R 95/68 – BStBl. 1970 II S. 153.

[23] Vgl. AEAO Nr. 3 Satz 1 zu § 8.

[24] Vgl. BFH-Urteil v. 6.02.1985 – I R 23/82 – BStBl. 1985 II S. 331.

[25] Vgl. BFH-Urteil v. 10.08.1983 – I R 241/82 – BStBl. 1984 II S. 11; vgl. BFH-Urteil v. 19.03.1997 – I R 69/96 – BStBl. 1997 II S. 447.

[26] Vgl. BFH-Urteil v. 4.06.1975 – I R 250/73 – BStBl. 1975 II S. 708.

[27] Vgl. BFH-Urteil v. 24.04.1964 – VI 236/62 U – BStBl. 1964 III S. 462; vgl. BFH-Urteil v. 6.03.1968 – I 38/65 – BStBl. 1968 II S. 439.

[28] Vgl. BFH-Urteil v. 23.11.1988 – II R 139/87 – BStBl. 1989 II S. 182.

[29] Vgl. BFH-Urteil v. 30.08.1989 – I R 215/85 – BStBl. 1989 II S. 956.

[30] Vgl. AEAO Nr. 6 Satz 1 und 2 zu § 8.

[31] Vgl. Höreth/Vogel (2001), S. 91.

[32] Vgl. § 9 Satz 2 AO.

[33] Vgl. Höreth/Vogel (2001), S. 91.

[34] Vgl. AEAO Nr. 3 Satz 1 zu § 9.

[35] Vgl. AEAO Nr. 2 Satz 2 zu § 9.

[36] Vgl. AEAO Nr. 4 Satz 1 zu § 9.

[37] Vgl. BFH-Urteil v. 27.07.1962 – VI 156/59 U – BStBl. 1962 III S. 429.

[38] Vgl. AEAO Nr. 4 Satz 3 zu § 9.

[39] Vgl. AEAO Nr. 4 Satz 4 zu § 9.

[40] Vgl. Grotherr, in: Grotherr/Herfort/Strunk (2003), S. 100.

[41] Vgl. ebenda, S. 100.

[42] Vgl. ebenda, S. 101.

[43] Vgl. Höreth/Vogel (2001), S. 154.

[44] Vgl. Schmitz (1998), S. 533.

[45] Vgl. Förster/Heidenreich/Heuser (2002), S. 126.

[46] Vgl. von Bornhaupt (1985), S. 5.

[47] Vgl. Grotherr, in: Grotherr/Herfort/Strunk (2003), S. 125.

[48] Vgl. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG.

[49] http://www.swissworld.org/ger/swissworld.html?siteSect=701&sid=4223670&rubricId=15010 (Abrufdatum: 6. Januar 2006).

[50] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 29 Rz. 15.

[51] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 43.

[52] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 29 Rz. 15.

[53] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 43.

[54] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 29 Rz. 16.

[55] Vgl. ebenda, S. 38 Rz. 5.

[56] Vgl. Wagner/Plüss (2004), S. 419.

[57] Vgl. Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 10.

[58] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 68 Rz. 88.

[59] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 44.

[60] Vgl. ebenda, S. 47.

[61] Vgl. Art. 196 Ziff. 13 und 14 BV.

[62] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 70 Rz. 98.

[63] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 49.

[64] Vgl. ebenda, S. 50.

[65] Vgl. Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 11.

[66] Vgl. ebenda, S. 6.

[67] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 50.

[68] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 48.

[69] Vgl. ebenda, S. 49.

[70] Vgl. Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 19.

[71] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 71 Rz. 99.

[72] Vgl. Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 6.

[73] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 49.

[74] Vgl. Bischoff/Kotyrba (2002), S. 382.

[75] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 49.

[76] Vgl. Art. 129 Abs. 2 BV.

[77] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 71 Rz. 99.

[78] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 50.

[79] Vgl. Informationsstelle für Steuerfragen (2005), S. 31.

[80] Vgl. Mennel/Förster (2005), S. 8 Rz. 17.

[81] Vgl. Art. 1 Abs. 1 StHG.

[82] Vgl. Art. 129 Abs. 2 BV.

[83] Vgl. Art. 1 Abs. 3 StHG.

[84] Siehe hierzu Art. 8 BV, Art. 26 BV, Art. 27 BV und Art. 94-107 BV.

[85] Vgl. Wagner/Plüss (2004), S. 419.

[86] Vgl. Ruch (2002), S. 257.

[87] Vgl. Mennel/Förster (2005), S. 11 Rz. 35.

[88] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 269 Rz. 11.

[89] Vgl. Art. 6 Abs. 1 DBG.

[90] Vgl. Mennel/Förster (2005), S. 9 Rz. 24.

[91] Art. 7 Abs. 1 DBG.

[92] Vgl. Mennel/Förster (2005), S. 9 Rz. 24; vgl. Locher (2005), S. 58.

[93] Vgl. Art. 3 Abs. 2 DBG.

[94] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 58.

[95] Vgl. Ruch (2002), S. 259.

[96] Vgl. ebenda, S. 260.

[97] Vgl. Locher (2003), S. 48.

[98] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 276 Rz. 25.

[99] Vgl. Art. 3 Abs. 3 DBG.

[100] Vgl. Ruch (2002), S. 260.

[101] Vgl. Art. 3 Abs. 4 DBG.

[102] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 276 Rz. 26.

[103] Vgl. ebenda, S. 277 Rz. 27.

[104] Vgl. Art. 3 Abs. 5 letzter Satz DBG.

[105] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 290.

[106] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 277 Rz. 27.

[107] Art. 3 Abs. 5 DBG.

[108] Vgl. Blumenstein/Locher (2002), S. 63.

[109] Vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a.-d. DBG.

[110] Vgl. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b.-f. DBG.

[111] Vgl. Art. 91 DBG i. V. m. Art. 83-86 DBG.

[112] Vgl. Art. 6 Abs. 2 DBG.

[113] Vgl. Art. 7 Abs. 1 DBG.

[114] Vgl. Höhn (1988), § 41 Rz. 18.

[115] Vgl. Ruch (2002), S. 272.

[116] Vgl. Art. 91 DBG.

[117] Vgl. Ruch (2002), S. 272.

[118] Vgl. Art. 84 DBG.

[119] Vgl. Art. 100 Abs. 1 Buchst. a. DBG.

[120] Vgl. Ruch (2002), S. 272.

[121] Vgl. Art. 100 Abs. 1 Buchst. c. DBG.

[122] Vgl. Art. 100 Abs. 3 DBG.

[123] Vgl. Art. 99 DBG.

[124] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 284 Rz. 41.

[125] Vgl. Art. 8 Abs. 1 DBG.

[126] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 284 Rz. 42.

[127] Vgl. Art. 8 Abs. 1 DBG.

[128] Vgl. Art. 8 Abs. 2 DBG.

[129] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 284 Rz. 44.

[130] Vgl. Hick (2004), S. 34; vgl. Niess (1989), S. 88.

[131] Vgl. BMF (2004), S. 65.

[132] Vgl. Hick (2004), S. 35.

[133] Vgl. ebenda, S. 36.

[134] Vgl. Locher (2005), S. 53.

[135] Vgl. Hick (2004), S. 36.

[136] Vgl. Locher (2005), S. 54.

[137] Vgl. Locher (2003), S. 27.

[138] Vgl. Höhn (1988), § 38 Rz. 1.

[139] Vgl. Art. 127 Abs. 3 BV.

[140] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 802 Rz. 8.

[141] Vgl. Höhn/Waldburger (2001), S. 803 Rz. 10.

[142] Vgl. ebenda, S. 804 Rz. 11.

[143] Vgl. Grotherr, in: Grotherr/Herfort/Strunk (2003), S. 84.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783956360459
ISBN (Paperback)
9783832496906
Dateigröße
881 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bergische Universität Wuppertal – Fachbereich B - Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2006 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
doppelbesteuerung sozialversicherungsabkommen ewg-verordnung ausstrahlung einkommensteuer-gesetz
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Titel: Die einkommensteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte einer Arbeitnehmerentsendung in die Schweiz
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